Buchcover

Max Nortic

Sexblättriges Kleeblatt

1

Married Tramp

Als Sherry King an diesem Morgen gegen zehn Uhr dreißig erwachte, war sie — um es kurz und bündig mit ihren eigenen Worten auszudrücken — bereit, sich vergewaltigen zu lassen. Kaum hatte sie die Augen aufgemacht, da wußte sie auch schon, daß heute einer dieser Tage sein würde. Ihr Verstand registrierte augenblicklich das schwache, ruhelose Klopfen in ihren Oberschenkeln, das vage Prickeln rund um ihre geschwollenen Brustwarzen … eben dieses nervös-gereizte Gefühl, das sich im Laufe des Tages immer weiter verstärken würde.

Sie fluchte leise, stieg aus dem Bett, reckte ihren kleinen, nackten Körper und gähnte ausgiebig. Als sie endlich halbwach war, ging sie — immer noch splitternackt — nach unten in die Küche, spähte in den Kaffeetopf, grinste vor Zufriedenheit und stellte ihn auf den Herd.

Ihr Mann Sam hatte frischen Kaffe gekocht, bevor er heute morgen zur Arbeit gegangen war. Sam trank keinen Kaffee.

Sherry hatte drei Wochen gebraucht, um ihrem Mann beizubringen, sich das Frühstück selbst zuzubereiten, das Geschirr sauber im Spülbecken aufgeschichtet zurückzulassen und stets einen Topf frischen Kaffee für sie zu kochen, bevor er am Morgen zur Arbeit ging.

Sherry — immer noch splitternackt — zündete sich eine Zigarette an und setzte sich an den Küchentisch.

Vielleicht würde sie den Clown auch noch so weit abrichten können, daß er den Haushalt und die Wäsche versorgte.

Nach viermonatiger Ehe hatte sie ihn dahin gebracht, praktisch fast alles zu tun … mit einer Ausnahme — seine Fantasie im Bett ein bißchen anzustrengen.

Das Dumme ist eben, dachte sie trocken, daß man einen Clown nicht zum Künstler ausbilden kann.

Sams Talent beschränkte sich auf seine Fähigkeit, mit einer Kamera und mit einer Bowlingkugel umzugehen. Er war der beste Fotograf beim The Ferris Journal und der Kapitän seiner Bowling-Mannschaft. Aber davon abgesehen war Sam — wie Sherry einmal ihrer besten Freundin anvertraut hatte — eine komplette Niete.

Sherry stand auf, schenkte sich eine Tasse Kaffee ein und setzte sich wieder hin.

An Wochenenden bestand sie darauf, splitternackt im Haus herumzulaufen, auch wenn Sam etwas dagegen hatte und immer wieder betonte, daß die Nachbarn sie so sehen könnten.

„Na und?” pflegte Sherry auf solche Vorhaltungen zu antworten. „Zum Teufel, was gibt’s denn an mir schon groß zu sehen, he?”

Oberflächlich betrachtet, nicht sehr viel, wie sie sich selbst eingestehen mußte.

Sherry war eine kleine Frau mit kleinen Brüsten, schlanken Hüften und langen Beinen. Wie viele Frauen mit kleinen Brüsten hatte auch sie große Warzen mit großen Aureolen,- die dunkelbraune Färbung bildete einen auffallenden Kontrast zu ihrer milchweißen Haut. Das Gesicht war klein und oval; es wies delikate Züge und große, grüne Augen auf. Das hellblonde Haar war sehr kurz geschnitten.

Auf den ersten Blick hin sah Sherry aus wie ein zierliches, zerbrechliches junges Mädchen.

Doch beim zweiten Blick verschwand diese Illusion.

Ihre grünen Augen glitzerten in hartem Licht, das eine eigenartige Wirkung auf Männer und Frauen hatte.

Männer pflegten sie anzustarren; anfangs neugierig und dann mit wachsender Erregung, wenn sie den intensiven Sexappeal spürten, der von dem kleinen, zierlichen, sinnlichen Körper ausgestrahlt wurde. Die meisten Männer begriffen schon nach wenigen Sekunden, daß Sherry King alles andere als zerbrechlich oder mädchenhaft war. Sie war eine beunruhigend attraktive Frau.

Sherry verstand es meisterhaft, Männer in Erregung zu versetzen; sie brauchte nur den Mund zum Anflug eines Lächelns zu verziehen oder ihren Blick auf einen Mann zu richten und ihn damit auf unmißverständliche Art zu verschlingen.

Auf Frauen hatte Sherry eine ganz andere Wirkung; diese war subtiler, aber nicht weniger effektiv.

Sherry faszinierte Frauen.

Manche Frauen klammerten sich unwillkürlich etwas fester an den Arm ihres Mannes, als wollten sie auf diese Weise Schutz suchen. Andere dagegen starrten sie wie hypnotisiert an und verspürten so etwas wie seltsame, atemlose Erregung, wenn sie den Blick der jungen Frau auf sich gerichtet sahen. Und Sherry konnte sehr verwegen und zwingend dreinsehen, so daß manche Frau dabei schwache Knie bekam.

Männer betrachtete Sherry ohne jede Heuchelei oder Verspieltheit, und das war auch bei Frauen nicht anders; jedenfalls nicht, seit sie mit Sam King verheiratet war.

Jetzt saß Sherry nachdenklich am Küchentisch, trank Kaffee und zündete ihre zweite Zigarette an. Sie überlegte wieder einmal, welcher Teufel sie eigentlich geritten haben mochte, als sie Sam King geheiratet hatte.

Sherry war jetzt einundzwanzig Jahre alt und schon an einen Mann gebunden, der fast doppelt so alt war wie sie selbst. Zu seinen Gunsten hatte er an sich weiter nichts aufzuweisen als ein sicheres Einkommen, eine Leidenschaft für die Kamera und eine beinahe hündisch ergebene Verehrung und Bewunderung für seine junge Frau. Letzteres erfüllte Sherry jedoch nur mit Verachtung. Was sie brauchte, war temperamentvolle Aktion. Viel Aktion.

Als Sam sie geheiratet hatte, war er ganz in Ordnung gewesen. Nicht gerade ein sprühender Feuerball, aber doch einigermaßen ausreichend. Im Laufe der Wochen waren jedoch Sherrys erbarmungslose Anforderungen sprunghaft gewachsen, während Sams Energie im gleichen Maße abzunehmen schien.

In letzter Zeit war Sherry manchmal vor Verlangen beinahe verrückt geworden. Sie war morgens damit aufgewacht und abends damit eingeschlafen. Ihre Lenden schmerzten, und ihr Körper war gespannt wie ein bis zum Zerreißen straff angezogenes Kabel.

Selbst die hastigen nächtlichen Intermezzi, die sie ihrem Mann mit Mühe abgerungen hatte, waren keine große Hilfe gewesen. Am Ende war sie allenfalls noch stärker frustriert, während Sam erschöpft und erstaunt war.

Sherry dachte daran, daß Sam selbst der Grund für ihre so plötzlich entflammte Leidenschaftlichkeit sein könnte; daß die sture Monotonie, die Langweiligkeit des allnächtlichen Rituals ihr auf die Nerven ging.

Es wurde sehr bald ein gemeiner Teufelskreis, weil Sam einfach nicht imstande war, sich zu beherrschen. Bei ihm ging es immer so verdammt schnell; fast so wie bei einem Wettrennen. Danach biß sie sich auf die Lippen, verkrallte die Hände im Bettzeug und kochte innerlich vor Wut auf ihn. Doch je mehr sie von ihm verlangte, desto mehr quälte sie sich selbst. Sie wußte, daß sie es nicht mehr lange aushalten würde. Sie brauchte endlich Aktion … sehr bald. Sie mußte einfach Aktion haben, wenn sie nicht den Verstand verlieren wollte.

Sherry stand auf, ging zum Spülbecken und spülte ihre Tasse aus. Dann blickte sie aus dem Fenster und beobachtete ihre nächste Nachbarin beim Rasensprengen, eine junge Hausfrau mit unschuldigem, fröhlichem Gesicht und plumpen, üppigen Brüsten. Sie trug ein leichtes Sommerkleid.

Sherry beobachtete sie eine Minute und sah, wie die Sonne das lange, dunkle Haar schimmern ließ. Beinahe fasziniert starrte Sherry auf den runden, prallen Hintern der anderen Frau, wenn diese sich einmal bückte, so daß sich das dünne Kleid straff über den Wölbungen spannte. Schmuck, entschied Sherry. Nicht gerade eine atemberaubende Schönheit, aber im großen und ganzen eben doch sehr schmuck. Wie ein derbes Mädchen vom Lande.

Sherry bekam plötzlich einen trockenen Hals und beleckte sich die Lippen, während sie beobachtete, wie die andere Frau sich wieder aufrichtete. Der etwas plumpe, rundliche, weiche Körper zeichnete sich im strahlenden Sonnenschein ziemlich deutlich unter dem fast durchsichtigen Sommerkleidchen ab.

Sherry sah, daß die Nachbarin keinen Büstenhalter und auch kein Höschen anhatte.

Jetzt ging die andere auf ihre Haustür zu.

Sherry lehnte sich weit nach vorn und beobachtete höchst interessiert, wie sich die großen Arschbacken unter dem knappen Kleid bewegten.

Als die Nachbarin in ihrem Haus verschwunden war, schauerte Sherry zusammen und holte tief Luft, während sie versuchte, das wilde Hämmern ihres Herzens und das drängende Klopfen in ihren Lenden zu beruhigen.

Sherry kämpfte energisch das Verlangen nieder, jetzt einfach in einen Bademantel zu schlüpfen und der Nach’ barin einen freundschaftlichen Besuch abzustatten. Sie traute sich zu, die andere anheizen zu können. Die Möglichkeit dazu war sicher vorhanden. Sherry war fest davon überzeugt, mit ihrem Sexappeal auf Frauen genau wie auf Männer zu wirken. Sie kannte eine Vielzahl von kleinen Tricks für Frauen … alle sehr subtil, alle von offensichtlich unschuldiger, harmloser Freundlichkeit … und alle dazu angetan, bei Frauen wahnwitziges Verlangen zu wecken.

Es waren also keineswegs Zweifel am Erfolg, die Sherry davon abhielten, nach nebenan zu gehen. Sie wußte, daß sie leicht die Selbstbeherrschung verlieren könnte. Ihre eigene überwältigende Erregung hinderte sie an dem beabsichtigten Besuch. Sie wollte nicht riskieren, daß der Mann ihrer Nachbarin heute abend wütend an die Tür klopfen würde … und das könnte leicht passieren, wenn Sherry in ihrer Ungeduld den Annäherungsversuch verpatzen sollte. Der Mann ihrer Nachbarin …

Hm, wenn sie es recht überlegte, so war eigentlich auch er ganz schmuck!

Sherry seufzte resigniert und beschloß, jetzt erst einmal ein Bad zu nehmen und sich dann anzuziehen. Sie mußte das Haus in Ordnung bringen, einkaufen gehen, die Wäsche fertigmachen… kurzum, sie hatte sich zu benehmen wie die typische kleine, allzeit fröhliche Hausfrau, die zu sein sie nun einmal so verabscheute. Doch was half’s? Im Moment konnte sie nichts anderes tun.

Sherry wollte gerade die Treppe hinaufgehen, als es an der Haustür läutete.

„Einen Moment!” rief sie, holte rasch ihren Hausmantel aus dem Schlafzimmer, streifte ihn über und überlegte dabei, ob es wohl irgend so ein Handelsvertreter oder Hausierer sein mochte. Was immer er auch zu verkaufen haben mochte … sie würde ihm etwas abkaufen! Vorausgesetzt natürlich, daß er noch jung und vor allem auch bereitwillig genug war. Heute setzte Sherry die Altersgrenze auf vierzig Jahre fest. An jedem anderen Tage hätte diese Grenze bei dreißig gelegen, aber heute war Sherry einfach nicht in der Laune, allzu kleinlich oder penibel zu sein.

Als Sherry die Haustür öffnete, riß sie aber doch vor Staunen die Augen auf und hielt unwillkürlich den Atem an. Der Mann vor der Tür blickte grinsend auf sie hinab. „Hallo! Ist Sam zu Hause?”

„Nein. Er ist in der Redaktion.”

„Ich bin ein Freund von ihm. Aus Chikago. Ray Jenkins. Wir waren zusammen in der Army. Nun, dann komme ich wohl am besten heute abend noch einmal wieder …” „Nein, nein!” rief Sherry rasch und riß die Tür weit auf. „Kommen Sie nur herein! Ich bin Sams Frau … Sherry. Und ein Freund von Sam ist natürlich jederzeit willkommen.”

Er kam herein.

Sherry machte die Tür hinter ihm zu, ließ dabei ihren Blick über seine breiten Schultern und schmalen Hüften wandern und spürte, wie das Verlangen mit ungewohnter Heftigkeit, ja geradezu lodernder Wut in ihr auf stieg. Herrgott … etwas Besseres hätte sie ja wirklich kaum verlangen oder erwarten können!

Der Mann war fast einsneunzig groß, hatte ein gutgeschnittenes Gesicht, dichtes, schwarzes Haar, blaue Augen und so stark sonnengebräunte Haut, daß seine Zähne beinahe erschreckend weiß blitzten, wenn er den Mund zu einem gutmütigen Grinsen verzog.

Sherry überlegte ganz instinktiv, daß ein Mann von derartig gutem Aussehen zweifellos auch über viel Erfahrung im Bett verfügen mußte. Auf einen solchen Typ flogen doch die Frauen geradezu!

Jawohl, dieser Mann war die Antwort auf ihre wildesten Fantasien … dieser einmalige, unerwartete Glücksfall, um den sie schon seit langem gebetet hatte.

Sherry führte ihn ins Wohnzimmer.

„Bitte, nehmen Sie doch Platz”, forderte sie ihn freundlich auf. „Möchten Sie vielleicht eine Tasse Kaffee?”

„Gern.”

Sherry ging rasch in die Küche. Hinter ihrer Stirn jagten sich die Gedanken fieberhaft. Es war jetzt elf Uhr. Sam kam üblicherweise gegen elf Uhr fünfundvierzig zur Mittagspause heim. Sie mußte also jetzt sehr schnell handeln … und Sams Freund innerhalb fünfundvierzig Minuten ins Bett rein und wieder raus bekommen! Sie spürte, wie ihr Herz schneller schlug … wie ihre Schenkel vor Erwartung brannten.

Sherry wußte, daß sie es mit Leichtigkeit in der zur Verfügung stehenden Zeit schaffen könnte.

Klar … in fünfundvierzig Minuten würde sie eine ganze Fußballmannschaft ins Bett rein und wieder raus bekommen!