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Cover

Vorspann

Die Hauptpersonen des Romans

1.

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3.

4.

5.

6.

7.

8.

9.

Glossar

Impressum

PERRY RHODAN – die Serie

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Nr. 2354

 

Kolonnen-Geometer

 

Widersacher in der Sequin-Doar – die Oahm’Cara proben den Ernstfall

 

Arndt Ellmer

 

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Wir schreiben das Jahr 1345 Neuer Galaktischer Zeitrechnung – dies entspricht dem Jahr 4932 alter Zeitrechnung. Die Milchstraße ist von der Terminalen Kolonne TRAITOR besetzt, einer gigantischen Flotte der Chaotarchen.

Ihr Ziel ist es, aus Welten der Galaxis einzelne »Kabinette« für einen Chaotender zu formen, eines der machtvollsten Instrumente des Chaos schlechthin: Dieser Chaotender soll einmal VULTAPHER heißen und das Territorium einer entstehenden Negasphäre sichern. Eine Negasphäre wiederum ist eine Brutstätte des Chaos, die normale Lebewesen als absolut lebensfeindlich empfinden.

Perry Rhodan und die Menschheit sind im Solsystem bisher sicher vor dem Zugriff der Terminalen Kolonne. Der TERRANOVA-Schirm schützt das System gegen Angriffe, unterstützt durch den Nukleus, ein sogenanntes Geistwesen, das aus menschlichen Mutanten hervorgegangen ist. Innerhalb der Galaxis gibt es weitere kleine Widerstandsgruppen.

Währenddessen aber schreiten TRAITORS Pläne weiter voran. Nachdem erste Welten durch Dunkle Obelisken markiert wurden, tritt nun ein hochspezialisiertes Volk in Aktion: Es sind die KOLONNEN-GEOMETER …

Die Hauptpersonen des Romans

 

 

Jaghiro Ackan – Der junge Oahm’Cara aus Ackan-Höhe trainiert seinen Geometer-Sinn.

Ovo Ynshuune – Die junge Frau durchlebt die Ausbildung zum Kolonnen-Geometer.

Arfyss E’lhacc – Der Kolonnen-Geometer pocht auf seine Herkunft.

Die Mutter aller Eier – Der erste Nachwuchs im Bereich des neuen Nega-Ziels kündigt sich an.

1.

 

Sechs Tage ohne eine Begegnung mit Arfyss E’lhacc, das war für Jaghiro Ackan Erholung pur. In der langen Zeit ihrer gemeinsamen Ausbildung hatte sich gezeigt, wie aufdringlich, ja geradezu aufsässig dieser Kerl sein konnte. Zeitweise war Arfyss ihm ständig nachgelaufen, obwohl Jaghiro deutlich seine Abneigung signalisiert hatte. Vergebens.

Jetzt schien Arfyss übergangslos das Interesse an ihm verloren zu haben, ein Trugschluss, wie Jaghiro bald merkte.

Wieder stellte Arfyss ihm nach, lauerte hinter Schachtmündungen und Bogengängen auf ihn, als hätte er nichts Besseres zu tun. Vielleicht stimmte das sogar, denn nach wichtigen Prüfungen gewährte das Zentrum den Auszubildenden Phasen der Ruhe und Erholung, die sie individuell nutzten.

So wie jetzt.

Während Jaghiro den Schnellbogen von Ackan-Höhe zum Kommunikationskessel entlangeilte, ertappte er sich mehrmals dabei, wie er nach Arfyss Ausschau hielt. Tatsächlich entdeckte er nach einer Weile hinter den zahllosen Öffnungen drüben im Hauptbogen eine schattenhafte Gestalt, die sich in dieselbe Richtung bewegte wie er. Seltsam lautlos dazu …

Auf der Verteilerplattform vor den Bögen war niemand zu sehen gewesen.

Jaghiro zog daraus den einzig möglichen Schluss. Der andere hatte bereits im Hauptbogen gesteckt, vermutlich in einer Servicenische verborgen. Jetzt versuchte er, mit ihm Schritt zu halten.

Renn nur!, dachte Jaghiro. Es ist sinnlos, was du tust. Selbst wenn du eher am Ziel bist als ich, bleibt es mein Ziel, nicht deines.

Er bewegte die vier Beine noch schneller und rhythmischer, setzte zusätzlich die Arme ein. Der Schatten blieb zurück, ein lautloser Verfolger, der seine spitzen Klauen vermutlich mit Wolltüchern umwickelt hatte, damit man ihn nicht hörte.

Am liebsten hätte Jaghiro ihm etwas zugerufen, ihn ob der verplemperten Zeit mit ein paar Missklängen Spott überschüttet. Aber das wäre schon wieder zu viel des Guten gewesen, zu viel Aufmerksamkeit für den Gleichaltrigen.

Als Jaghiro kurz darauf den Kessel erreichte, ließ er die Mündung des Hauptbogens nicht aus den Augen. Aber sosehr er sich auch verrenkte, Arfyss E’lhacc kam nicht.

Jaghiro Ackan umrundete den Kessel. Auf diese Weise behielt er alle Mündungen im Blick. Zur Mitte des Kessels hin führte der Boden sanft abwärts. Zwischen den Kommunikationstürmen verliefen schmale, gerade Gassen – Einbahnstraßen, eine hinab, die nächste hinauf.

Wo steckte Arfyss? Er hätte längst da sein müssen.

Endlich tauchte er auf. Ein schrilles Kreischen seiner Klauen kündigte ihn an. Er schnellte sich aus dem Hauptbogen in die Gasse, die Geräusche des wuchtigen Körpers waren unvermeidlich. Jaghiro zweifelte keinen Augenblick daran, dass er der Schatten gewesen war. Sein Verfolger hatte Zeit gebraucht, um die Lappen an seinen Klauen zu entfernen.

Der Oahm’Cara verschwand zwischen den Türmen und ihren weitläufigen Auslegern.

Was will er?, überlegte Jaghiro. Ausspionieren, wonach ich in den Datenbänken des Zentrums suche?

Das hätte er auch einfacher haben können. Jedes Terminal erteilte ihm darüber Auskunft.

Der junge Oahm’Cara beendete seine Umrundung. Er suchte sich eine der Gassen aus, stakste ein wenig unbeholfen bergab bis zu einem freien Ausleger. Ein roter Lichtstrahl scannte seine Plakette.

»Wie kann ich dir helfen, Jaghiro Ackan?«, erkundigte sich eine nüchterne Automatenstimme.

»Ich benötige historische Informationen …« Er stockte. Die winzigen Härchen an seinem Hinterkopf richteten sich auf, er spürte die Vibrationen einer statischen Aufladung. Jaghiro stemmte das mittlere Extremitätenpaar fest gegen den Boden, während er mit dem hinteren hastige Trippelschritte vollführte. Schwungvoll drehte er sich um die eigene Achse.

»Was willst du?« Seine Mundzangen schlugen aneinander, das Knirschen zeigte mehr als nur Unwillen an.

Der andere ließ sich dadurch nicht beeindrucken. Der Beutel an seiner oberen Einschnürung zappelte hin und her, ein Flickwerk aus zahllosen Mustern und Farben. Der Zipfel eines Lappens ragte hervor.

»Wo bleibt dein Gruß, Jaghiro?«, zischte Arfyss böse.

»Du bist der Ankömmling, nicht ich.«

»Deine Kinderstube muss ein schimmliger Bau gewesen sein«, schmähte Arfyss E’lhacc. »Sonst würdest du mich so behandeln, wie es mir zusteht.«

»Ach, und wie ist das? Soll ich dich anspucken?«

Der andere knarzte wild und zitterte vor Erregung. »Kennst du meine edle Herkunft noch immer nicht? Ich entstamme einer der Csepan-Sippen, die noch Nester bauten.«

Jetzt war es heraus, und es bestätigte Jaghiros lang gehegte Vermutung. Arfyss hielt sich für etwas Besseres.

»Nester?«, wiederholte er, als könne er sich nur schwerlich entsinnen. »Ach, Nester. Ja, die habe ich in alten Aufzeichnungen gesehen. Schrecklich primitive Dinger, findest du nicht? Wie dumm, sich auf so was zu verlassen. Jeder kleine Sturm hat sie zerstört, oft wurde die Brut darin vernichtet. Ein Wunder, dass noch Nachkommen am Leben sind.«

Arfyss stieß mit dem Kopf in seine Richtung. »Hüte deine Zangen, du könntest sie verlieren. Dieses eine Mal will ich Nachsicht walten lassen. In Zukunft dulde ich nicht mehr, dass du mir die Ehrerbietung verweigerst, die mir zusteht.«

»Hättest du nur längst etwas gesagt. Ich zolle Gill Ashgu Respekt, unserem Mentor und Zugführer. Und Ehrerbietung der Mutter aller Eier sowie den Brutammen in meinem Bau. Aber nicht dir, Arfyss E’lhacc, und wenn du ein goldenes Ei aus einem silbernen Nest wärst! Ehrerbietung verdient man sich, man bekommt sie nicht geschenkt!«

Jaghiro nahm sich fest vor, so bald wie möglich aktuelle Informationen über die Csepan-Sippen einzuholen, wenn es welche gab. Arfyss E’lhacc konnte seinen umständlichen Namen auch anderswo erhalten haben, im Büro der Namenlosen etwa. Aber diese Vermutung behielt Jaghiro für sich. Er wollte den Artgenossen nicht noch mehr reizen.

»Wie kannst du es wagen!« Arfyss schnaubte wütend. Er schien völlig die Beherrschung zu verlieren.

»In der Terminalen Kolonne zählt keine Herkunft und kein Titel, sondern nur die Befähigung im Beruf«, kanzelte Jaghiro ihn ab. »Entweder du bist ein guter Kolonnen-Geometer oder ein schlechter. Das hängt allein von der Stärke deines ›speziellen Sinnes‹ ab. Und von sonst nichts.«

»Du … du … Pah!« Arfyss schnaubte noch mehrmals böse, aber Jaghiro sah, dass er bereits nervös mit seinen Klauen auf dem griffig grauen Boden schabte. Anzeichen des Rückzugs?

Jaghiro wandte sich wieder dem Ausleger zu. Ein roter Lichtstrahl scannte seine Plakette.

»Wie kann ich dir helfen, Jaghiro Ackan?«, erkundigte sich die nüchterne Automatenstimme.

»Ich benötige historische Informationen der Klasse Zwei …«

»Die Datenströme werden soeben unterbrochen«, lautete die Antwort. Gleichzeitig veränderte sich das Licht im Kessel von einem hellen Grün zu einem milchigen Gelb. Die Konturen der Türme und Ausleger verloren viel von ihrem Kontrast, mit einem Mal erschien alles leicht verschwommen.

Einen Augenblick lang erfasste Schwindel Jaghiro. Eine wichtige Nachricht des Zentrums!, erkannte er. Was haben die Kalbarone dieses Mal mitzuteilen?

Augenblicke später erlosch das Licht vollständig.

 

*

 

Glitzernde Perlen hingen im All, aufgereiht an unsichtbaren Schnüren. Ihre absolut geometrische Anordnung ließ keinen Irrtum zu: Es handelte sich um künstliche Himmelskörper. Sie markierten einen zylinderförmigen Sektor mit einem Durchmesser von mehreren Lichtsekunden.

Jaghiro Ackan erstarrte vor Ehrfurcht. Noch nie hatte er eine Sequin-Doar in der Finsternis des intergalaktischen Leerraums gesehen – ein vollständiges Fabrikensemble der Terminalen Kolonne TRAITOR, bestehend aus 88 Kolonnen-Fabriken, 22 TRAICAH- und 66 TRAIGOT-Modellen. Auch ohne den Kommentar des Ganschkaren aus dem Zentrum begriff er, dass es sich um die Aufnahme ihrer eigenen Sequin-Doar handelte, die der Projektor auf die Oberfläche der Kuppelwandung warf.

Ein seltsames Kribbeln durchzog die Weichteile seines Körpers. In einer der TRAIGOT-Fabriken lag seine Heimat, das Bautenland. Jaghiro fragte sich, welchen Grund es gab, diese Aufnahme der Sequin-Doar mitten im All zu zeigen. Er strengte die vielen tausend Sehzellen seiner Facettenaugen an, um das Dunkel innerhalb des Zylinders zu durchdringen. Aber da war nichts, keine Dienstburg eines Progress-Wahrers, keine Kolonnen-Fähre – nichts.

Schade! Sein Körper entspannte sich in dem Bewusstsein, dass für ihn und alle anderen der schnöde Alltag in der Kolonnen-Fabrik weiterging.

»… zwanzig Millionen Lichtjahre zurückgelegt«, hörte er den Ganschkaren die TraiCom-Worte klappern. »Die Sequin-Doar beginnt in Kürze mit der vorletzten Etappe auf dem Weg zum Nega-Ziel.«

Jaghiro hob ruckartig den Oberkörper an, stemmte die Arme gegen den Boden. Ein Nega-Ziel, und das zu Lebzeiten seiner Generation. Nicht morgen, aber irgendwann in naher Zukunft.

Jaghiro bewegte sich hüpfend auf der Stelle. Welch eine Gnade des Schicksals!

Deshalb kann es Gill Ashgu in letzter Zeit nicht schnell genug gehen, dachte er. Die Dunklen Ermittler haben ein Nega-Ziel ausgemacht!

Die Sequin-Doar befand sich auf dem Weg dorthin. Nicht allein, wie Jaghiro wusste. Andere Flotten der Terminalen Kolonne TRAITOR näherten sich auf anderen Routen ihrem neuen Bestimmungsort.

In der Sequin-Doar lebten sie seit vielen Generationen für dieses Ziel, die Mor’Daer, die Ganschkaren, die Yong Dreq und all die anderen, vor allem aber die Oahm’Cara in ihrem festen Gefüge des Bautenlands, wie sie ihren Bezirk zwischen den äußeren Großhangars nannten, der die Ebenen acht bis zwölf umfasste und insgesamt in vierzig Etagen unterteilt war. Doppelt so viele Oahm’Cara-Völker hätten darin Platz gehabt, als ihn tatsächlich bewohnten. Aber das Zentrum untersagte ihnen eine übermäßige Vermehrung.

Gill Ashgu wiegelte ab, wenn einer aus dem Jahrgang eine diesbezügliche Frage stellte.

»Das ist eben so«, hatte er letztes Mal gesagt. »Die Population unseres Volkes muss konstant bleiben. Sie darf nicht zu groß, aber auch nicht zu klein sein. Das gilt für jede Sequin-Doar in jedem Segment der Terminalen Kolonne.«

Jaghiro Ackan kannte es nicht anders, sein Brutvater kannte es nicht anders, und die Mutter aller Eier kümmerte sich um ihre aktuelle Brut und sonst um nichts. Es war schon immer so gewesen. Ein geflügeltes Wort besagte, die Oahm’Cara seien gleichzeitig mit den Kolonnen-Fabriken entstanden.

Vielleicht stimmte das sogar. Biologisch war es durchaus möglich.

Obwohl – geflügelte Worte gab es viele, und Jaghiro hielt sie nicht für besonders beweiskräftig. Sie sagten mehr über die Vergangenheit seines Volkes als Bewohner der Lüfte aus als über sonst etwas.

»Die vorletzte Etappe …«

Jaghiro lauschte, aber die Stimme aus dem Zentrum lieferte keine weiteren Informationen. Augenblicke später erlosch die Darstellung. Das hellgrüne Licht kehrte stufenweise zurück, aus dem Nichts schälten sich die Türme und ihre Ausleger. Der Oahm’Cara sah sich nach dem anderen um, aber Arfyss E’lhacc war verschwunden. Er hatte sich im Schutz der Dunkelheit aus dem Staub gemacht.

»Wag es nicht noch einmal, mir zu nahe zu treten«, murmelte Jaghiro mit einem entschiedenen Klacken seiner Mundzangen. Er hoffte, Arfyss wäre noch in der Nähe und hörte ihn. Ob es allerdings etwas nützte … Jaghiro glaubte es nicht.

Ich sollte irgendwann mit Gill Ashgu darüber reden. Der Ausbilder und Mentor ihres Jahrgangs achtete auf das Verhalten seiner Schüler. Ein gestrenger, aufmerksamer Lehrmeister war er, von vielen Generationen verehrt.

Davon gab es derzeit knapp hundert im Bautenland.

Jaghiro sah den roten Scannerstrahl, der nach seiner Plakette tastete.

»Danke«, sagte er und wandte sich ab. »Ich komme ein andermal wieder.«

 

*

 

Ackan-Höhe unter ihrem milden Orangelicht eignete sich immer gut als Blickfang für Kamerasonden, wenn in der Kolonnen-Fabrik über den Lebensraum der Oahm’Cara berichtet wurde. Das geschah nicht oft und immer nur dann, wenn sie im Zentrum meinten, wieder einmal auf das Volk der Kolonnen-Geometer hinweisen zu müssen.

Ein einziges Mal, seit Jaghiro denken konnte, war einer der Kalbarone hier gewesen und hatte der Mutter aller Eier seine Aufwartung gemacht. Mehr Aufmerksamkeit schien die Fabrik einem einzelnen Stamm nicht widmen zu wollen.

Jaghiro kehrte mit leeren Zangen zum Bau zurück und war so schlau wie zuvor. Schon von weitem hörte er die Stimmen der Jüngeren, hell und schrill, ab und zu unterbrochen vom unrhythmischen Klacken der Halbwüchsigen-Zangen. Die waren noch nicht ausgewachsen, viel zu weich, um sie mit voller Wucht zu benutzen. Halbstarke, die es gegen den Rat der Älteren dennoch taten, erkannte man später an den verbogenen oder eingedellten Mundwerkzeugen. Diese Zangen ließen sich nicht mehr optimal einsetzen. Manche klemmten sogar. Ihre Träger fristeten ein Leben als Behinderte.

Dies und das Getuschel der Soldaten und Wissenschaftler bildeten lediglich zwei Indizien für das, was Jaghiro Ackan sich ebenso wie jeder andere nach und nach erarbeiten musste. Oahm’Cara hatten es nicht leicht. Nicht in diesem Koloss namens TRAIGOT 1982.

Unter dem Eingang des weiten Areals blieb Jaghiro stehen. Er wippte mit dem Hinterleib zum Gruß, legte die Klauen seiner Arme aneinander und holte tief Luft. Dabei entstand ein leises Surren, das sich bis zum Bau ausbreitete. Das empfindliche Gehör der Oahm’Cara nahm es sofort wahr. Viele hundert hielten inne und wandten sich ihm zu.

»Dem Gesang nach ist es Jaghiro«, hörte er einen zaghaften Ruf, der aufgenommen und weitergetragen wurde. Ein Teil der Jungen eilte ihm entgegen, stürzte sich in waghalsigen Sprüngen den Hang herab.

Wuchtig und einem Gebirge ähnlicher als einem Haus, ragte Ackan-Höhe auf, ein Kegel mit ausgedehnter Grundfläche, die fast bis an die Grenzen der weiten Halle reichte. Das obere Ende des flach ansteigenden Kegels berührte beinahe die Decke der zehnten Ebene. Wenn man oben auf dem flachen Abschluss stand, schien sie zum Greifen nah.

Mit der Zeit und über viele Generationen hinweg hatten die Oahm’Cara des Ackan-Stammes angebaut. Der Bau war nach und nach wuchtiger geworden. In die Höhe hatte man nicht beliebig erweitern können, also war er in die Breite gewachsen bis zum Baustopp durch die Kalbarone.

Seither befolgten die Mütter der Stämme den Ruf des Zentrums und unterzogen sich bei jeder Eireife einer Unterweisung und geistigen Konditionierung. Auch wenn die oberste Brüterin seines eigenen Volkes immer von der Freiwilligkeit sprach, mit der sie dem Ruf ins Zentrum folgte, hielt Jaghiro es für einen Zwang, den die Kalbarone und ihre Soldaten auf die Mütter aller Eier ausübten.

Beim Geometer-Sinn!, zürnte er. Wieso mussten mir diese Übertragung und dieser Aufschneider Arfyss in die Quere kommen?

Mit dem vollständigen Wissen um die Geschichte seines Volkes unter besonderer Berücksichtung der langen Zeit in TRAIGOT 1982 hätte er sich viele Fragen nicht zu stellen brauchen.

»Ich grüße dich, großer Bruder!«, schallten ihm die ersten Worte entgegen.

Jaghiro schätzte, dass sich über hundert Ackan-Nachkommen im Freien aufhielten, allesamt jünger und kleiner als er. Er wartete, bis die erste Gruppe ihn erreichte. Die Jugendlichen umringten ihn, sie gaben ihm das Geleit bis zum vorderen Eingang des Baus. Zwei alte Männer hielten mit gekreuzten Lanzen Wache, aus Tradition und weil es zum guten Ton gehörte. Ein Stamm, der etwas auf sich hielt, pflegte solche Traditionen, obwohl gerade diese im Bereich der Terminalen Kolonne überflüssig war. Es existierte keine Gefahr, also brauchte man auch keine Wächter.

Ausgerechnet jetzt dachte Jaghiro wieder an Arfyss E’lhacc und das Nest, aus dem dieser angeblich stammte. Demnächst behauptete er womöglich, seine Vorfahren hätten die Kunst des Fliegens beherrscht.

»Ein langes Leben!«, grüßte Jaghiro die beiden Wächter. »Wie geht es unserer Mutter?«

»Sie schläft und sammelt Kraft. Willkommen, Jaghiro. Du warst nicht besonders lange weg.«