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Cover

Rückentext

Wie einzigartig ist das Universum?

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kurzgeschichte: Der Flug nach Eden

Nachwort

Impressum

PERRY RHODAN – die Serie

 

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Band 30

 

SOS aus dem Weltall

 

Perry Rhodan startet zum Mond – eine alternative Welt tut sich auf

 

Clark Darlton

 

 

 

Pabel-Moewig Verlag GmbH, Rastatt

Tief unter der STARDUST zieht die kahle, durch Krater verwüstete Mondoberfläche vorbei. Noch glaubt Perry Rhodan, der Kommandant der Mondexpedition, an eine kleine technische Panne. Auch ahnt er nicht, dass für ihn und seine Gefährten das aufregendste Abenteuer ihres Lebens bevorsteht ...

Im Jahr 1966 wurde zum ersten und bislang einzigen Mal die PERRY RHODAN-Serie verfilmt. Zu diesem Film gibt es einen Roman, den Clark Darlton, einer der beiden Väter der Serie, 1967 geschrieben hat und der weitaus stärker den Geist der Serie atmet als der Film. Seit damals wurde der Roman nie wieder aufgelegt – bis er nun, zum ersten Mal seit fast 50 Jahren, wieder verfügbar ist.

Als »Bonus« enthält dieses Taschenheft zudem die Geschichte »Die Reise nach Eden« aus dem Jahr 1979. Hier schließt Clark Darlton eine wichtige Lücke in der PERRY RHODAN-Geschichte ...

Wie einzigartig ist das Universum?

 

Im Jahr 2404 alter Zeitrechnung wurden Tako Kakuta und die Woolver-Zwillinge von einem Raum-Zeit-Transmitter der Meister der Insel in den Hyperraum geschleudert. Seitdem wissen wir, wie das Standarduniversum aussieht: Es besteht aus Millionen von Galaxien, die in der Form eines Möbiusbandes angeordnet sind. Seine größte Ausdehnung beträgt rund 30 Milliarden Lichtjahre. Die Tiefe trennt das Universum von seinen Nachbaruniversen, die in einem Abstand von jeweils 500 Milliarden Lichtjahren liegen. Auch diese bestehen aus Galaxien, die ein Möbiusband bilden.

Rund eine Milliarde solcher Universen bilden zusammen eine Kugel, das sogenannte Hauptuniversum oder Multiversum. Dieses bewegt sich mit Lichtgeschwindigkeit zusammen mit anderen Hauptuniversen, die Billionen von Lichtjahren voneinander getrennt sind, bis ans Ende der Zeit im Hyperraum.

Jedes Universum besitzt wiederum viele verschiedene potenzielle Vergangenheiten und potenzielle Zukünfte. Diese bilden Paralleluniversen, die nur geringfügig durch verschiedene Geschichtsverläufe voneinander abweichen. Sie unterscheiden sich jedoch nicht durch unterschiedliche Naturgesetze bzw. physikalische Konstanten voneinander.

Die terranische Menschheit ist bislang mit solchen Paralleluniversen nur sehr selten in Kontakt geraten. Das wohl bekannteste dürfte das sogenannte Anti-Universum aus dem »Kosmischen Schachspiel« zwischen ES und ANTI-ES sein. Dort traf die Besatzung der MARCO POLO auf ihre zum »Negativen« hin gespiegelten Doppelgänger.

Der Mutant Ernst Ellert ist auf seinen Reisen durch ein Paralleluniversum sowie ein darin eingelagertes Zeitmauer-Universum gestreift, und der seinerzeitige Solarmarschall Julian Tifflor durchwanderte nach einem Parachron-Attentat mehrere Paralleluniversen. Nicht zuletzt aufgrund seiner Erlebnisse spricht man in der Wissenschaft auch von »parachronen«, also »nebenzeitigen« Universen.

Wie häufig sind solche Universen? Entstehen sie natürlich, oder kann man sie von außen beeinflussen, gar erschaffen? Beim Anti-Universum beispielsweise handelt es sich wohl um ein massiv von kosmischen Überwesen manipuliertes Paralleluniversum.

Definieren wir vom terranozentrischen Standpunkt aus das »Standard-Universum« als jenes, in dem Perry Rhodan am 19. Juni 1971 zum Mond flog, bietet sich als wichtige Möglichkeit zur künstlichen Erschaffung paralleler Universen eine Änderung genau an dieser Stelle an. So könnte Rhodan nicht 1971, sondern erst 2036 zum Mond geflogen sein. Oder er wäre nicht als Pilot der American Space Force, sondern einer privaten Gesellschaft geflogen. Selbst kleine Änderungen dieser Art legen die Grundlage für immer größere Abweichungen, die sich schließlich bis zur völligen Unkenntlichmachung hochschaukeln können ...

 

(Aus: Hoschpians unautorisierte Chronik des 13. Jahrhunderts NGZ; Kapitel 1.2.4. Das Multiversum und seine extrauniversalen Räume)

Kapitel 1

Es war so weit.

Während draußen auf dem Startgelände die riesige Mondrakete auf den Befehl zum Abheben wartete, drängten sich im Konferenzraum der Intercosmos-Gesellschaft die Reporter.

»Aber, meine Herren, bitte mehr Ruhe!« Neben einer Projektionswand, auf der ein Foto des Mondes zu sehen war, stand Mr. Moreland, der Pressereferent der Gesellschaft. »Hier ist der Newcomb-Krater, in dessen Nähe unser Schiff aufsetzen wird. Wir wissen, dass es kein besseres Gelände geben kann.«

»Was ist der Zweck Ihres Fluges zum Mond?«, rief ein Journalist dazwischen.

Moreland ließ sich nicht aus der Fassung bringen. »Erforschung des Gebietes rund um den Krater und des Mare Nubium.«

»Und wer hat was davon?«, bohrte der Journalist weiter.

»Es handelt sich um einen wichtigen und gefährlichen Auftrag«, wich Moreland aus.

Allgemeines Gemurmel ließ erkennen, dass niemand mit der Antwort zufrieden war. Die Intercosmos schickte keine vier Männer zum Mond, um sie dort Forschungen betreiben zu lassen. Dahinter steckte mehr.

»Wer ist dieser Perry Rhodan?«, erkundigte sich jemand.

Moreland war sichtlich froh, das Thema wechseln zu können.

»Er ist der Kommandant der STARDUST und zugleich Leiter der Expedition. Als ehemaliger Chef-Astronaut der NASA verfügt Major Rhodan über erstklassige Erfahrungen. Er landete bereits zweimal auf dem Mond und hat einmal den Mars umkreist. Sein Kopilot ist Captain Bull, ein Triebwerksspezialist mit Weltraumerfahrung. Funker ist Captain Flipper, und Dr. Manoli sorgt für die ärztliche Betreuung der Männer.«

»Dann kann ja nichts passieren!«, rief ein junger Reporter spöttisch.

Moreland überhörte den Zwischenruf.

»Ich glaube«, sagte er, »ich habe Sie nun so ausführlich wie möglich über das Projekt unterrichtet, und hoffe ...«

»Ich finde, Sie haben reichlich wenig gesagt«, unterbrach ihn der erste Journalist. »Eigentlich haben Sie überhaupt nichts gesagt.«

»Ich habe alles gesagt, was ich sagen durfte.«

»Aha!«

Das Telefon schrillte. Moreland hob den Hörer ab und meldete sich. Nach einigen Sekunden nickte er. »Danke, General.« Er legte den Hörer auf.

Der Pressereferent blickte in Richtung der Reporter. »Der Countdown läuft fehlerlos. Der Start findet in genau dreißig Minuten statt.«

 

Das Mondschiff hatte den Namen STARDUST erhalten. Es besaß nicht mehr viel Ähnlichkeit mit jenen ersten Raketen, mit denen Menschen auf dem Mond gelandet waren. Der Pilotenraum war größer und bot vier Männern bequem Platz.

Major Rhodan und seine drei Begleiter hatten sich auf den Andruckliegen festgeschnallt und warteten. Bis zum Start waren es noch zehn Minuten. Bislang hatten keine technischen Mängel den Countdown verzögert.

Aus einem Lautsprecher kam eine mechanisch zählende Stimme. »Neun Minuten bis null ... neunundfünfzig ... achtundfünfzig ...«

»Bin froh, wenn wir endlich oben sind«. Captain Bull, den seine Freunde einfach Bully nannten, klang fast so, als würde er knurren. »Das Warten geht mir schon an die Nieren.«

Dr. Clark Manoli sah in seine Richtung. »Werde mir eine Diät für Sie überlegen«, drohte er scherzhaft.

Der Funker, Captain John Flipper, lag unter der schwenkbaren Kontrolltafel seiner Geräte. Zwischen ihm und Rhodan schwebte das Mikrofon an einem Teleskophalter. Ein Bildschirm war so an der Vorderwand angebracht, dass alle ihn ständig beobachten konnten.

Aus einem zweiten Lautsprecher kam eine dröhnende, fast jovial klingende Stimme. »Alles klar, Major?«

»Hoffentlich sind wir bald unterwegs, General«, erwiderte Rhodan. »Alles klar!«

General Pounders saß am Kommandopult der Raketenleitzentrale. Der Countdown war bei »Fünf Minuten bis null« angelangt.

Und dann – schneller, als er geglaubt hatte – waren es nur noch fünf Sekunden.

Der Präsident der Intercosmos stand neben Pounders, als die Trägerrakete der STARDUST gezündet wurde. Beide Männer verfolgten auf den Bildschirmen das Abheben des Mondschiffes und atmeten erleichtert auf, als alles glatt vor sich ging. Während der grelle Lichtfleck am Himmel verschwand, gab Captain Flipper die ersten Daten durch.

»Erste Stufe abgeworfen. Atomstrahltriebwerk der zweiten Stufe gezündet. Der Reaktor arbeitet einwandfrei.«

General Pounders' Gesicht drückte Zufriedenheit aus. Er nickte dem Präsidenten zu und justierte sein Funkgerät. Seine Bewegungen waren schnell und sicher. Man sah, dass er es tausendmal geübt hatte. »Geschwindigkeit?«, fragte er.

Aus dem Lautsprecher kam die Antwort. »Sechsunddreißigtausend.«

»Beschleunigung?«

»Konstant. Geschwindigkeit siebenunddreißigtausend.«

Wieder nickte General Pounders. Alles schien glatter zu laufen, als er gedacht hatte. Wenigstens musste der Präsident der Intercosmos diesen Eindruck haben.

»Was ist mit dem Kurs?«

Captain Flipper antwortete: »Keine Abweichungen.«

»Ausgezeichnet! Melden Sie sich zur vereinbarten Zeit wieder. Viel Glück!«

Pounders legte einen Hebel um und lehnte sich im Sessel zurück. Als er den Präsidenten ansah, lächelte er.

»Gratuliere!«, sagte der Präsident. »Das war wieder einmal ein Musterstart, General.«

Pounders lächelte noch immer.

»Vielen Dank, Herr Präsident. Aber das war erst der Anfang. Hoffentlich verläuft alles andere genauso glatt. Ich will ja nicht behaupten, dass ich unter Ahnungen leide, aber ich kann nicht abstreiten, dass ich bei diesem Unternehmen ein komisches Gefühl habe. Doch man soll den Teufel nicht an die Wand malen ...«

»Da haben Sie vollkommen recht«, sagte der Präsident. »Die technische Seite dieser Expedition ist Ihre Angelegenheit. Ich habe in dieser Hinsicht andere Sorgen. Mir geht es darum, dass niemand erfährt, warum wir diese Expedition gestartet haben. Sie wissen selbst, dass der Zweck geheim ist und geheim bleiben muss.«

General Pounders lächelte jetzt nicht mehr.

»Wer sollte denn davon erfahren? Außer dem engsten Gremium und der Besatzung weiß niemand etwas über den Zweck dieser Expedition.«

Der Präsident blickte auf die lange Reihe der Bildschirme, die noch außer Betrieb waren.

»Hoffentlich haben Sie recht«, murmelte er dann.

 

Homer Arkins Landhaus lag inmitten einer riesigen Parkanlage. Eigentlich war die Bezeichnung »Landhaus« nicht zutreffend, denn es handelte sich um eine feudale Villa, die inmitten dieses Parks stand. Am südlichen Teil des Hauses erstreckte sich eine flache Terrasse weit in den Garten. Sie reichte fast bis zum Swimmingpool, der von einem gepflegten Rasen umgeben war. Das ganze Grundstück war von einer Mauer abgegrenzt. Einige Palmen ließen darauf schließen, dass man sich in tropischem Klima befand.

Homer Arkin lag in einem Liegestuhl auf der Terrasse. Er war nur mit einer Badehose und einem bunten Hemd bekleidet. Vor ihm kniete eine bildhübsche junge Frau und manikürte seine linke Hand.

Homer Arkin war etwa vierzig Jahre alt und sah sehr gut aus. In diesem Augenblick galt sein Interesse nicht dem Mädchen, sondern einem kleinen Transistorfernsehgerät, das auf einem Tischchen neben ihm stand. Unter dem Tisch befand sich ein Tonbandgerät.

Auf dem Bildschirm sah man, wie die STARDUST vom Boden abhob und im Himmel verschwand.

Arkin beugte sich ein wenig nach rechts und schaltete das Gerät ab. Er seufzte und ließ sich in den Stuhl zurücksinken.

Erst jetzt schien er sich wieder an den Mann zu erinnern, der links von ihm stand. Es war ein kräftiger Kerl mit mongolischen Gesichtszügen.

»Ein Raketenstart ist doch immer wieder ein sehenswertes Ereignis, nicht wahr, lieber Fung?« Homer griff nach dem Whiskyglas, das halb voll auf einem Barwagen stand. »Aber dieser hier hat mich ganz besonders gefreut.«

Arkin lachte leise und zufrieden.

Fung sagte gar nichts. Er grinste nur hintergründig.

Vom Swimmingpool her erklangen Schritte. Ein Mann im hellen Tropenanzug, der es sehr eilig zu haben schien, näherte sich der Terrasse. Er umrundete den Swimmingpool, in seiner Hand eine kleine Ledertasche.

Inzwischen hatte die junge Frau ihre Arbeit beendet. Sie packte ihr Werkzeug zusammen und erhob sich. Homer Arkin streichelte ihr kurz über das Haar, dann blickte er dem Neuankömmling interessiert entgegen.

»Hallo, Mr. Ferguson! Was gibt's?«

Der Mann im Tropenanzug hatte inzwischen die Terrasse erreicht. Er hielt die Ledertasche hoch und feixte dabei.

»Es hat geklappt, Mr. Arkin. Hier ist die Bandaufnahme der Geheimsitzung.«

Homer Arkin nickte. »Die Aufnahme der Geheimsitzung des engsten Gremiums der Intercosmos, hoffe ich. Das war es, was wir wollten.«

»Genau, Mr. Arkin. Aber ich kann Ihnen versichern, dass es nicht einfach war.«

»Kann ich mir denken. Lassen Sie einmal hören!«

Ferguson setzte sich auf einen freien Stuhl, packte das Tonband aus und legte es in das Gerät auf dem Boden ein. Dann schaltete er auf Wiedergabe. Die Aufnahme war nicht von besonderer Qualität, aber man konnte das Gesprochene verstehen. Wahrscheinlich hatte der Mann, der das Aufnahmegerät in die Sitzung geschmuggelt hatte, das Mikrofon unter dem Rock versteckt gehalten. Die Stimmen klangen gedämpft.

Homer Arkin beugte sich vor, um besser hören zu können.

Jemand sagte: »... ich weiß nicht, was Sie wollen. Vor einem halben Jahr haben wir eine Forschungssonde zum Mond geschickt ...«

Eine andere Stimme unterbrach; sie klang energischer und lauter: »Das wissen wir bereits, Herr Professor. Kommen Sie doch endlich zur Sache!«

»Dann lassen Sie mich wenigstens zu Wort kommen. Die Sonde kam also heil auf dem Mond an, und seitdem sendet sie regelmäßig Messdaten. Wir haben diese Daten ausgewertet. Sie lassen den berechtigten Schluss zu, dass unter einer dünnen Oberflächenschicht aus Stein ein reines Metalllager vorhanden sein muss, welches das mehrfache Atomgewicht von Uran oder Kobalt hat. Wir wissen nicht, um welches Metall oder Element es sich handelt. Wenn aber die Daten stimmen, würde es sich um einen Fund von unvorstellbarem Wert handeln. Die Ausbeute wäre so groß, dass sich alle Kosten amortisieren würden.«

»Mare Nubium, sagten Sie?«

»Genau dort.«

In dem allgemeinen Stimmengewirr, das nun entstand, waren die einzelnen Worte nicht mehr zu unterscheiden. Aber Homer Arkin hatte genug gehört. Er schaltete das Tonbandgerät ab. Um seine Lippen spielte ein Lächeln.

»Ich glaube, das dürfte genügen.«

Fung sagte: »Unser Mann hat uns also richtig informiert.«

»Ich möchte ihm auch nichts anderes geraten haben«, sagte Homer Arkin. In seiner Stimme schwang ein drohender Klang, der nur allzu deutlich verriet, wie gefährlich dieser Mann sein konnte. »Nun bin ich gespannt, was er uns zurückbringen wird.«

Er griff zu seinem Whiskyglas und leerte es mit einem Zug. Auch Ferguson bediente sich.

Etwas unsicher fragte Fung: »Und wenn sie das Gestein oder Metall, oder was immer es auch ist, wirklich finden? Was machen wir dann?«

»Dann werden wir es uns holen – nicht die Intercosmos, das dürfte doch wohl klar sein«, erwiderte Homer Arkin entschlossen.

»Und wie wollen wir das Zeug vom Mond herunterholen?«

Homer Arkin antwortete nicht sofort. Er öffnete eine silberne Zigarrenkiste und holte eine Havanna hervor. Genießerisch schnupperte er daran und schob sie dann zwischen die Lippen. Fung beeilte sich, ihm Feuer zu geben.

Als die Zigarre endlich brannte, warf Homer Arkin seinen beiden Komplizen einen undefinierbaren Blick zu und sagte langsam: »Das, meine Herren, ist eine Sache der Organisation. Und die haben wir ja wohl, nicht wahr ...?«

Die beiden sahen ihn an. Nun lächelten auch sie.

Kapitel 2

 

Die Kommandozentrale der STARDUST, die gleichzeitig der Aufenthaltsraum der Piloten war, bot vier Männern bequem Platz.

Nachdem die Startrakete abgeworfen und der Strahlantrieb eingeschaltet worden war, schnallte sich Perry Rhodan ab. Der ständige Schub erzeugte eine leichte künstliche Gravitation, die für einen längeren Aufenthalt im Raum geeigneter war als völlige Schwerelosigkeit.

Reginald Bull, der Kopilot, folgte Rhodans Beispiel. Er schnallte sich ab und stand auf. Er war noch etwas unsicher auf den Beinen und musste sich an der Spezialliege festhalten.

»Da wären wir also unterwegs«, sagte er und grinste.

Rhodan stellte die Liege hoch, sodass sie zum Pilotensessel wurde. Er beschäftigte sich mit den Kontrollgeräten.

Der Funker John Flipper hingegen blieb liegen. Seine Instrumente waren so angebracht, dass er sie liegend leicht mit den Händen erreichen konnte. Wenn er seine Liege zum Sitz hochklappte, würden die Kontrollen ebenfalls herunterklappen und vor ihm liegen.

Auch der Bordarzt, Dr. Clark Manoli, schnallte sich ab. Er tippte John Flipper gegen die Brust.

»Aufstehen, mein Lieber. Sie sind nicht zur Erholung hier. Ein bisschen Bewegung kann Ihnen nicht schaden.«

Flipper seufzte und drückte auf einen Knopf an seiner Seite. Seine Liege schnappte hoch – und mit ihr der Funker. Ohne sich bewegt zu haben, saß er nun vor seinen Geräten, immer noch angeschnallt.

Manoli lachte und überprüfte den Inhalt seines Medikamentenschrankes. Zu seiner Freude war alles heil geblieben.

Reginald Bull setzte sich neben Rhodan. »Alles in Ordnung, Perry?«

»Scheint so.«

Er drückte auf einen Knopf, und ein Bildschirm leuchtete auf. Er zeigte einen Ausschnitt des sternenübersäten Weltalls. Rhodan beugte sich vor und drehte an einigen Skalen. Das Bild verschob sich, nun konnte man die Erde sehen. Riesig groß schwebte sie im All. Die Umrisse der Kontinente waren trotz der Wolkendecke deutlich zu erkennen.

»Da ist sie, unsere gute alte Erde.«

»Was ist mit der Funkverbindung, Flipper?«, fragte Bully.

Man nannte Reginald Bull nur Bully. Das war sein Spitzname. »Was macht unser lieber General?«

Flipper drehte an verschiedenen Knöpfen, bis es im Lautsprecher knackte. Es dauerte einige Minuten, ehe er die Frequenz richtig eingestellt hatte.

»Hallo, hier STARDUST! Können Sie uns hören?«

Eine Weile kam gar nichts, dann sagte die Stimme des Funkers aus der Raketenleitzentrale: »Wir empfangen Sie gut, STARDUST. Alles in Ordnung?«

Flipper nickte unwillkürlich. »Bei uns alles in Ordnung. Der Flug verläuft planmäßig. Ich gebe Ihnen die Daten durch. Teilen Sie uns bitte mit, ob wir im richtigen Winkel zur Umlaufbahn stehen.«

Er übermittelte einige Zahlen und wartete. Endlich kam die Antwort: »Kurs richtig. Bitte nicht ändern. Melden Sie sich wieder, wenn Sie die vereinbarte Entfernung erreicht haben. Ende.«

Flipper schaltete das Gerät ab.

Rhodan hatte inzwischen die Kontrollinstrumente überprüft. Er schien mit dem Ergebnis zufrieden zu sein. Aufatmend lehnte er sich zurück und ließ den Bildschirm nicht aus den Augen. Die Erde war merklich kleiner geworden.

»Wir beschleunigen konstant. Das atomare Triebwerk ist eine großartige Sache. Hätte nie gedacht, dass es so gut funktionieren würde.«

»Es hat mit den Testraketen niemals Ärger gegeben«, sagte Bully. »Zu dumm, dass wir zum Starten und Landen immer noch konventionellen Treibstoff benutzen müssen. Aber das wird sich auch einmal ändern. Dann gehören die Sterne uns.«

Rhodan lachte.

»Die Sterne ...? Jetzt übertreibst du aber, Bully. Sagen wir einmal, dann gehören uns die Planeten. Damit können wir fürs Erste zufrieden sein.«

Dr. Manoli wandte sich zu ihnen um. »Ich bin von Natur aus ein bescheidener Mensch, Major. Ich bin schon zufrieden, wenn uns der Mond gehört – besonders das Mare Nubium mit seinem Reichtum.«

»Haben Sie Geduld«, riet Rhodan gelassen.

Die Stunden vergingen. Die Männer wurden es bald satt, ständig auf die Bildschirme zu starren. Der eine Schirm zeigte die immer kleiner werdende Erde, der andere die hell beleuchtete Mondscheibe. Sie war größer geworden. Deutlich waren die Krater und die von den Ringwällen geworfenen Schatten zu erkennen. Der dritte Schirm zeigte nur Sterne.

Die Männer schliefen abwechselnd. In regelmäßigen Abständen nahmen sie Funkverbindung mit der Raketenleitzentrale auf. Mehrmals meldete sich General Pounders und erkundigte sich nach dem Stand der Dinge. Er schien fast enttäuscht zu sein, dass der Flug so reibungslos verlief. Wahrscheinlich kam er sich ein wenig überflüssig vor.

Als die STARDUST etwas mehr als die Hälfte der Gesamtstrecke zurückgelegt hatte, schaltete Rhodan den Antrieb aus. Mit Hilfe der Gyroskope wurde das Schiff so gedreht, dass nun das Heck zum Mond zeigte.

Eine Stunde später schaltete Rhodan den Antrieb wieder ein. Nun bremste das Schiff die Geschwindigkeit ab. Zwei Wachen später trat der Flug in die entscheidende Phase.

Die STARDUST näherte sich dem Mond. Das Schiff zog in geringer Höhe über die zerklüftete Oberfläche dahin und überquerte den Pol.

»Drei Umkreisungen«, schallte Pounders Stimme aus dem Lautsprecher. »Dann Landung. Fernkontrolle rechtzeitig einschalten!«

»Geht klar«, sagte Rhodan. Seine Stimme klang ruhig und gelassen. »In zehn Sekunden verlassen wir den Funkwellenbereich. Wir melden uns wieder, sobald wir die Rückseite des Mondes umrundet haben. Ende.«

 

Unten auf der Erde sah General Pounders auf die Projektionswand. Ein heller Fleck wanderte auf den Mondrand zu, blieb scheinbar für Sekunden stehen – und verschwand dann. Die STARDUST war hinter dem Mond und konnte durch Funk nicht mehr erreicht werden.

Pounders wusste, wie lange das Schiff für eine halbe Umkreisung benötigte. Die errechnete Zeit verstrich, aber der helle Punkt tauchte nicht wieder auf. Ein Funkkontakt kam auch nicht mehr zustande.

Zuerst glaubte Pounders an eine Täuschung, aber bald musste er erkennen, dass alle Geräte fehlerfrei funktionierten. Es lag also nicht an der Technik vor Ort.

Es lag ganz einfach daran, dass die STARDUST auf der Rückseite des Mondes verschwunden war – und verschwunden blieb.

Alle Versuche, Funkverbindung mit dem Schiff zu bekommen, scheiterten.

Was war geschehen?

 

Vor Rhodan leuchtete eine rote Lampe auf.

Von nebenan rief Flipper erregt: »Die Steuerkontrolle versagt!«

Die zweite Hiobsbotschaft kam von Bully: »Bordautomatik ausgefallen!«

Rhodan blieb äußerlich ruhig, obwohl er genau wusste, was eine Notlandung auf dem lebensfeindlichen Mond bedeutete.

»Wir landen mit Handsteuerung. Stabilisierungskreisel einschalten!«

Bully nickte und drückte einen Knopf ein. »Nach uns die Sintflut.«

Wie die anderen schrak er zusammen, als das Raumschiff zu schlingern begann. Auf dem Bildschirm zog die kahle Kraterlandschaft vorbei. Doch der Flug stabilisierte sich schnell, das Schlingern hörte auf. Mit dem Heck voran sank die STARDUST der Mondoberfläche entgegen. Die Erde, die eben noch als grünblauer Ball dicht über dem Horizont gestanden hatte, verschwand.

Dann landete das Schiff auf seinen hydraulischen Teleskopstützen auf der Rückseite des Mondes, die noch niemals zuvor von einem Menschen betreten worden war.

Als der Antrieb verstummte und das Vibrieren aufhörte, richtete Rhodan sich auf. Bully war ein wenig blass um die Nasenspitze, aber er lächelte mühsam. Auch Flipper löste nun seinen Haltegurt.

»Da wären wir, bloß an der falschen Stelle«, sagte Rhodan. »Frage: Wie konnte das passieren?«

Flipper überprüfte die Kontrollen der Steueranlage und der Bordautomatik. Er schüttelte den Kopf. »Alles in Ordnung. Das verstehe ich nicht.«

Dr. Manoli saß auf der Liege und sah auf den Bildschirm. Die STARDUST stand in einer Ebene, die von einem Ringwall umschlossen war.

»Ist euch schon einmal der Gedanke gekommen«, fragte er mit unsicherer Stimme, »dass uns jemand zur Landung gezwungen haben könnte?«

Die drei Männer starrten ihn an.

Bully knurrte: »Gezwungen? Wer denn? Mondkälber vielleicht?«

Dr. Manoli blieb ernst. »Vielleicht nicht gerade Kälber ...«

Perry Rhodan stand auf und machte einige unsichere Schritte.

»Wollen Sie andeuten, Doktor, dass Sie es für möglich halten, es könnte jemand auf dem Mond sein, und wir wissen nichts davon? Die Russen vielleicht, die Chinesen ...?«

»Ich dachte an niemanden von der Erde. Ich dachte an Außerirdische.«

Bully verzog das Gesicht. »Wohl zu viel Zukunftsromane gelesen, Doktorchen?«

Rhodan ging zur Luftschleuse, ohne das Thema weiter zu behandeln.

»Wir holen das Mondauto aus dem Laderaum und setzen es ab. Flipper und Manoli bleiben im Schiff. Bully und ich werden eine Erkundungsfahrt unternehmen. Der Störsender, der unsere Kontrollen lahmlegte, muss an einer Stelle stehen, von der aus die Erde zu sehen ist. Wir können also Funkkontakt zur Leitzentrale und zu Pounders aufnehmen.«

»Wie lange wird es dauern, bis Sie zurück sind?«

Rhodan sah auf die Uhr. »In drei Stunden melden wir uns.«

Zehn Minuten später rollte das Raupenfahrzeug durch das unwegsame Gelände. In der drucksicheren Kabine hatten Rhodan und Bully die Raumhelme geöffnet.

Die Sicht nach außen war frei. Es war ein gespenstiger Anblick. Große und kleine Steine bedeckten den unebenen Boden, der an manchen Stellen von tiefen Spalten durchzogen war. Der Ringwall, von der Sonne angestrahlt, stach grell gegen den schwarzen Himmel ab. Es gab nur Schatten und Licht, keine noch so geringen Übergänge. Die Atmosphärelosigkeit verwischte alle Nuancen zwischen hell und dunkel.

Das Raupenfahrzeug erklomm den Ringwall. Am Horizont lag ein Gebirge, sehr hoch und mit zerklüfteten Gipfeln. Dazwischen erstreckte sich eine Ebene, in der das Mondauto gut vorankam. Trotzdem dauerte es noch zweieinhalb Stunden, ehe Rhodan endlich anhalten konnte.

Sie hatten eine Anhöhe erreicht, von der aus sie zum ersten Mal wieder die Erde sehen konnten. Wolkenfelder bedeckten einen großen Teil der Oberfläche, aber man konnte die Umrisse der Kontinente erkennen.

»Die liebe Mutter Erde«, sagte Bully fast glücklich und seufzte.

»Parabolantenne ausfahren!«, befahl Rhodan knapp.

Aus dem Heck des Fahrzeugs schob sich ein silberner Stab. Seine Spitze verwandelte sich in einen Fächer.

»Fertig, Perry.«

Rhodan nahm das Mikrofon.

Seine Stimme war ruhig wie immer, als er hineinsprach: »Hier Major Rhodan, Mondexpedition der Intercosmos. Ich rufe Leitzentrale und General Pounders. Bitte melden, bitte melden!«

Er schaltete auf Empfang, aber außer einem gleichmäßigen Rauschen war nichts zu hören. Manchmal knackte es, aber das mussten die normalen Störungen durch die Sonne sein.

»Hier Major Rhodan, Mondexpedition. Ich rufe dringend die Leitzentrale. Benötigen Hilfe. Bitte melden!«

Wieder keine Antwort.

»Ob es am Gerät liegt?«, fragte Bully flüsternd, als scheue er sich, laut zu sprechen. »Kann ich mir eigentlich nicht denken ...«

Er stockte, denn außerhalb der Kabine des Mondautos entstand plötzlich ein grünes, fluoreszierendes Licht. Es wurde so grell, dass die beiden Männer unwillkürlich die Augen schlossen.

Und so konnten sie nicht sehen, dass die Parabolantenne in dem grünen Feuer schmolz und verdampfte. Gleichzeitig ertönte im Lautsprecher ein infernalisches Heulen und Krachen.

Dann erlosch das Licht. Die Antenne war verschwunden.