Über den Autor
Michel, Michel
Jahrgang 1949, Studium zum Wirtschaftsingenieur, Studium der Volkswirtschaft, Soziologie, Politikwissenschaft, Philosophie und Ethik, arbeitete jahrelang bei einer internationalen Organisation, davon 5 Jahre weltweit in Wasserprojekten, sowie einer europäischen Organisation und in mehreren internationalen Beratungsunternehmen.
Autor von mehreren Werken, u.a.
“Abenteuer Deutschland – Bekenntnisse zu diesem Land”
“Ich denke oft…. an die Rue du Docteur Gustave Rioblanc – Versunkene Insel der Toleranz” ”
„Deutsche Identität: Quo Vadis?
„Danke Gertrud – oder das Schicksal einer stolzen vertriebenen Oberschlesischen Bauerntochter“
„2005-2017 Deutschlands Verlorene 12 Jahre Teil ... und sie schlafen den Schlaf der Gerechten“
sowie verschiedene Beiträge in Fachzeitschriften
Bonn, im September 2017
Dieses Buch richtet sich an alle kritischen Bürger.
Es ist der Minderheit der Journalisten gewidmet, die trotz erheblichem Druck und persönlichen Konsequenzen ihre krtiischen Beiträge zu Merkel und ihrer Ära geleistet haben.
Eine besondere Widmung gilt allen Mahnern und einsamen Rufern, denen das Wohlergehen unserer Gesellschaft am Herzen liegt. Jeder kritische Geist ist einsam und gehört zu einer Minderheit. Die Minderheit von heute kann jedoch die Mehrheit von morgen sein.
Dieses Buch ist auch meiner Frau Marlene gewidmet, für ihre kritischen und klugen Ratschläge, die mich durch mein Leben begleitet haben und die immer eine gute Ratgeberin war.
Besonderer Dank gilt Frau Marie Hangebrauck für ihre tatkräftige Hilfe und ihre kritische Begleitung.
Bonn im September 2017
Michel
Teil 1
oder
Angela Merkel
Die falsche Frau
An der falschen Stelle
Zur falschen Zeit
© 2017 Michel Michel
Verlag: tredition GmbH, Hamburg
ISBN
978-3-7439-5116-7 (Paperback)
978-3-7439-5117-4 (Hardcover)
978-3-7439-5118-1 (e-Book)
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„An der Dummheit der Völker und ihrer politischen Führern ist der Herrgott gescheitert“ pflegte der Philosophielehrer des Autors stets seine Philosophiestunden zu beginnen. Der Soziologielehrer des Autors pflegte zu sagen: „Völker sind Schafherden, es kommt auf den Schäfer an“.
Nach 50 Jahren Betrachtung und Begleitung der wirtschaftlichen und politischen Elite Deutschlands ist der Autor zu der Überzeugung gekommen, dass in diesen Sprüchen 5g Wahrheit liegen. Nach der Ära von Kohl war der Autor überzeugt, dass kein anderer Kanzler so lange an seinem Stuhl kleben würde wie Kohl, insbesondere als Angela Merkel damals zusicherte, dass sie, für den Fall, dass sie Kanzlerin würde, für einen frühzeitigen Abgang sorgen würde. Zwölf Jahre ist die sogenannte alternativlose Kanzlerin an der Macht. Nicht nur, dass sie historische Vergleiche für sich beansprucht, denn wir hatten bereits einen Kanzler, der sich von der „Vorsehung geschickt“ sah, sie will zusätzlich noch eine Kanzlerschaft auf Lebenszeit anstreben.
Betrachtet man politische Entwicklungen hinsichtlich sogenannter Anti-System-Bewegungen (Populisten), so kennzeichnen sich alle durch fünf Kriterien, die sich sehr ähnlich sind. Sie kommen zuerst legal an die Macht, danach entledigen sie sich allen möglichen Widersachern und Kontrahenten aus der eigenen Partei. Sie versuchen anschließend, einem Teil der Gesellschaft ein Wohlgefühl zu vermitteln, indem sie sich als Problemlöser für Alles stilisieren („Mutti“ Merkel löst alle Probleme) und neutralisieren kritische Medien und die Presse, indem sie die kritischen Journalisten entweder ins Gefängnis stecken oder sich mit diesen verbünden und anschließend korrumpieren. Sie wollen ewig an der Macht bleiben. Wenn man diese fünf Kriterien betrachtet, so erkannte der Autor mit Schrecken, dass alle diese Kriterien auf Angela Merkel zutreffen.
Bedenkt man, dass Angela Merkel gleichzeitig zwei Wahlkämpfe mit nicht einem einzigen Sachthema sondern nach dem Motto „Ihr kennt mich, dann wählt mich“ bestritten hat, so muss gefragt werden, warum die gesamte Presse- und Medienlandschaft sich nicht die Mühe machte, Bilanzen ihrer Regierungszeiten herzustellen.
Während dieser letzten 12 Jahre hat Merkel, begünstigt durch eine relativ stabile Wirtschaft mit einem kleinen Wachstum, davon profitiert, dass ihr Vorgänger Gerhard Schröder die Flexibilisierung der Arbeitsplätze zu Lasten größter Teile der Arbeiterschaft durchgesetzt hat und seit dem Zeitpunkt ein rein neoliberales Wirtschaftsmodell installiert hat, dass nicht nur auf der Wirtschaft allein, sondern auch auf der Gesellschaft beruht. Damit verbunden war auch, dass ein Teil der kritisch denkenden Bevölkerung sich ins Innere Exil begeben hat und der größte Teil der Presse sich in vorausschauendem Gehorsam diesem Diktat unterwarf.
Mit dem Aufstieg Angela Merkels dank des Verrats der SPD an ihrem damaligen Kanzler hat sie alles daran gesetzt, um sich wohlgesonnene Eliten der Presse zu ihrem Sprachrohr zu machen. Seit diesem Zeitpunkt wurde Angela Merkel von der Presse hochgelobt und nie kritisch hinterfragt. Somit verlor die Presse ihre Rolle als „vierte Macht“ des Staates.
Die zügellose Stellung der Wirtschaft über den Primat der Demokratie, oder wie Angela Merkel sagte eine „marktkonforme Demokratie“, brachte zwar Erfolg im Bereich der Schaffung der Arbeitsplätze, aber welche Art von Arbeitsplätze wurde dabei geschaffen? Der größte Teil dieser Arbeitsplätze waren zeitbefristet oder im Niedriglohnsektor angesiedelt und sehr wenige wurden als normale Arbeitsplätze geschaffen. Damit bewaffnet versuchte sie nun die Erfolge in der Wirtschaft aufzuzeigen, die eigentlich die Erfolge Gerhard Schröders sind.
Ihre Wohlfühlpolitik, verknüpft mit dem geistigen Diebstahl der Themen anderer Parteien, und ihre Beliebigkeit, ständig ihre Meinung nach Meinungsumfragen zu wechseln, führte dazu, dass eine Beschädigung der Demokratie im Kern erreicht worden ist. Die alleinstehenden Merkmale der Parteien, das heißt die unterschiedlichen Gesichtspunkte zwischen SPD, CDU, Grüne und Linke, verschwammen. Somit hatte der Wähler keine reale Chance, eine Partei aufgrund dieser Merkmale zu wählen. Mit diesem Typ von Politik hat Angela Merkel auch erreicht, dass ein Teil der Gesellschaft nach einem ähnlichen Prinzip verfährt. So ist die sogenannte „Generation Merkel“ entstanden, die für alles und nichts steht, nur das eigene Vorankommen im Sinn hat und billigend in Kauf nimmt, dass die Gesellschaft zerfällt.
Der Autor hat diese Entwicklung eine sehr lange Zeit lang beobachtet und beschloss, nach 12 Jahren eine reale Bilanz zu erstellen, denn wenn Merkel ankündigt, nach ihrer Wahl Reformen anzugehen, so muss dies mit höchster Skepsis betrachtet werden, denn Angela Merkel hat noch nie eine Vision für eine zukünftige moderne deutsche Gesellschaft gehabt. Visionen zu haben und damit verbunden Konzeptionen für den Weg zu entwickeln ist ihr zu lästig. Daher hat der Autor sich entschlossen, eine kleine Bilanz der zwölf Jahre zu erstellen.
Dieses Buch hat nicht das Ziel, Angela Merkel zu diffamieren oder zu diskreditieren. Es bewertet vielmehr nüchtern ihre Bilanz aus verschiedenen Sichtweisen sowie ihre Überzeugung der neoliberalen Wirtschafts- und Gesellschaftspolitik. Sollte sich irgendeine Personengruppe oder Person des Öffentlichen Lebens sowie Politiker und Persönlichkeiten sich in ihrer Ehre oder in ihrer Person getroffen fühlen, so war das nie die Absicht des Autors und er bittet um Nachsicht. Der Autor versichert, dass er in diesem Buch auf keine Informationen, die er aus seinem beruflichen Werdegang gewonnen hat, zurückgegriffen hat, er hat alle Informationen aus öffentlich zugänglichen Quellen bezogen.
Bei der Betrachtung des politischen Systems in Deutschland hat der Autor sehr schnell festgestellt, dass das System der indirekten Demokratie zwar sehr viele Vorteile hat, leider aber auch gewisse Nachteile birgt, die letztendlich ihren Niederschlag in der Schwerfälligkeit der politischen Abstimmungsprozesse finden. Diese Schwerfälligkeit ist in der heutigen Zeit jedoch mit erheblichen Kosten verbunden, die zunehmend nicht mehr dargestellt werden können.
Die Väter des Grundgesetzes wollten im Prinzip die Rechtsstaatlichkeit in Deutschland wiederherstellen und haben de facto ein System mit Primat des Rechtes geschaffen. Im Prinzip ist dies auch richtig, jedoch sind die Regulierungswut der Abgeordneten - sei es im Bundestag oder im Landtag - sowie die starren Ausführungsbestimmungen der Gesetze ein Grund dafür, dass der Bürger sich überfordert fühlt. Selbst Bürger mit akademischen Abschlüssen sind nicht in der Lage, verschiedene Gesetze und ihre Vorzüge nachzuvollziehen. So ein Staatssystem erschwert jedoch die Reaktionsfähigkeit des Staates und ist zudem kostenintensiv. Diese beiden Eigenschaften jedoch stoßen auf die ständige Evolution der Welt. Damit verbunden ist, dass Deutschland mögliche Rückschritte innerhalb der Weltgemeinschaft zu ertragen hat. Es ist daher notwendig, Verfassung und Gesetze periodisch zu bearbeiten, mögliche Gesetze nur auf Zeit zu beschließen, mit einem automatischen Verfallsdatum zu versehen sowie die Sprache der Gesetze zu vereinfachen, sodass sie jedermann lesen und verstehen kann.
Im Jahr 1949 haben die Mütter und Väter des Grundgesetzes, geprägt von deren Erfahrungen in der Weimarer Republik und dem Nationalsozialismus, unter „Anleitung“ der Siegermächte das Grundgesetz geschrieben. Dabei haben sie darauf geachtet, dass die Stellung des Bundespräsidenten geschwächt ist, wohingegen die Stellung von Bundesregierung und Bundeskanzler deutlich gestärkt wurde. Sie waren überzeugt, dass das Grundgesetz auf ewig festgeschrieben werden müsste und haben daher festgelegt, dass Änderungen mit Zweidrittelmehrheit des Bundesrates und des Bundestages erfolgen müssen. Manche Teile des Grundgesetzes haben sogar eine Art „Ewigkeitsklausel“, das heißt diese Teile des Grundgesetzes kann man überhaupt nicht ändern oder entfernen.
Das Grundgesetz wurde nicht neu geschaffen, sondern war eher eine Erfahrung aus der Weimarer Zeit und knüpfte auch an die Frankfurter Reichsverfassung von März 1849 an. Es wurde zusätzlich mit neuen Kontrollorganen versehen, wie zum Beispiel dem Bundesverfassungsgericht, das in keiner anderen westlich-orientierten Verfassung steht. Festzuhalten ist jedoch folgendes: dass wie in keiner anderen Verfassung moralische Gesichtspunkte in der Verfassung beziehungsweise im deutschen Grundgesetz verankert sind. Dies betrifft die Grundrechte und befindet sich in den Artikeln 1-19 des Grundgesetzes.
Folgenden wird der Autor zur Erinnerung die Struktur des Grundgesetzes kurz aufführen. Die Rechte und Pflichten des Bundes und der Länder werden in den Artikeln 20-37 festgehalten, die Rechte und Pflichten des Bundestages sind in den Artikeln 38-48 zu finden, die Rechte des Bundesrates in den Artikeln 50-53, die Rechte und Pflichten des Gemeinsamen Ausschusses in Artikel 53a, die Rechte und Pflichten des Bundespräsidenten werden in den Artikeln 54-61 erläutert. Weiterhin gibt es die Rechte und Pflichten der Bundesregierung in den Artikeln 62-69, die Rechte der Gesetzgebung des Bundes in den Artikeln 70-82, die Ausführung der Bundesgesetze und Verwaltung in den Artikeln 83-91, die Rechte und Pflichten der Gemeinschaftsaufgabe der Verwaltung von Bund und Ländern in den Artikeln 91a-e, die Rechtsprechung in den Artikeln 92-104, das Finanzwesen in den Artikeln 104-115 sowie die Erläuterung des Verteidigungsfalls in den Artikeln 115a-l, der Übergangs- und Schlussbestimmungen in den Artikeln 116-146 und Religion und Gesellschaft in den Artikeln 138-141. Die Präambel liest sich wie folgt:
„Im Bewusstsein [sic] seiner Verantwortung vor Gott und den Menschen, von dem Willen beseelt, als gleichberechtigtes Glied in einem vereinten Europa dem Frieden der Welt zu dienen, hat sich das deutsche Volk kraft seiner verfassungsgebenden Gewalt dieses Grundgesetz gegeben. Die Deutschen in den Ländern Baden-Württemberg, Bayern, Berlin, Brandenburg, Bremen, Hamburg, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Saarland, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein und Thüringen haben in freier Selbstbestimmung die Einheit und Freiheit Deutschlands vollendet. Damit gilt dieses Grundgesetz für das gesamte deutsche Volk.“ 1
Das deutsche Grundgesetz ist Kind seiner Zeit. Das Jahr 1949 markierte das Ende des zweiten Weltkrieges mit all seinen Gräueltaten und der Glauben herrschte, dass das deutsche Volk sehr leicht durch Demagogen beeinflussbar wäre. Insoweit stufen Historiker, wie unter anderem Heinrich August Winkler, das Grundgesetz als eine „Verfassung der Angst“ ein. Betrachtet man die Beschreibung der Exekutive genau, insbesondere die Stellung des Bundeskanzlers, so muss man feststellen, dass die Stellung des Kanzlers und der Bundesregierung sehr stark ausgeprägt sind. Gleichzeitig wurde die Anzahl der Legislaturperioden eines Kanzlers nicht begrenzt. Dies ist aus Sicht vieler Politologen, Soziologen und Ökonomen ein Grundfehler des Grundgesetzes, denn die Stärkung des Kanzlers sowie die Nichtbegrenzung der Anzahl der Regierungsperioden sind die Ursache für „Die ewige Kanzlerschaft“. Gerade dies wollte das Grundgesetz eigentlich verhindern.
Weiterhin ist anzumerken, dass mit 141 Artikeln das Grundgesetz nicht geschaffen ist, um vom Durchschnittsbürger gelesen oder gekannt zu werden. Damit fängt eines der grundsätzlichen Probleme an, denn wenn die Bevölkerung die Verfassung nicht kennt, kann die Verfassung nicht der Maßstab für die Bevölkerung sein. Eine Verfassung heißt das Festlegen der einzelnen Grundregeln in denen ein Staat, eine Gemeinschaft und ein Volk leben kann und leben muss. Die Anzahl dieser Grundregeln soll für jeden sichtbar, verständlich und in einer überschaubaren Anzahl vorhanden sein.
Das deutsche Grundgesetz beinhaltet sogar die Grundfestlegung der Bezahlung der Beamten. Diese Brüche zwischen Menschenrecht, Struktur des Staates, Bund und Länder, dem Staatsablauf und der Besoldung von Beamten stellen in den Augen von Soziologen, Philosophen und Ökonomen den Versuch dar, alle Lebensbereiche des Staates auf Verfassungsebene regeln zu wollen. Gleichzeitig ist mit der Festlegung von demokratischen Prozessen die Entmündigung der einzelnen Bürger festgeschrieben.
Es ist dabei auch nicht zu vergessen, dass das Grundgesetz zu keinem Zeitpunkt dem deutschen Volk zur Annahme vorgelegt wurde, es wurde lediglich den Abgeordneten der Konstituierten Versammlung vorgelegt.
Im Zusammenhang mit der Wiedervereinigung ist auch eine Chance zur gründlichen Überarbeitung des Grundgesetzes sowie des Schaffens einer neuen Verfassung verpasst worden, da die politischen Parteien nicht bereit waren, einen Teil ihrer Macht abzugeben.
Liest man das ganze Grundgesetz durch, so kommt man nicht umhin festzustellen, dass das Grundgesetz von einer Elite des Volkes geschrieben worden ist. Es ist auch festzuhalten, dass die Strukturen des gesamten Grundgesetzes eine elitäre Denkweise beinhalten, die den einzelnen Bürger mit einer durchschnittlichen Ausbildung überfordert. Die Texte einer Verfassung dürfen jedoch einen Durchschnittsbürger mit einer Durchschnittsausbildung nicht überfordern. Die Grundregeln einer Verfassung müssen schlicht von allen Bürgern verstanden, bekannt und verinnerlicht sein.
Zudem enthält das Grundgesetz in Artikel 21 §1 den Satz: „Die Parteien wirken bei der politischen Willensbildung des Volks mit.“2 Aus diesem Satz entwickelte sich eine totale Beherrschung des politischen Lebens durch die Parteien, sei es bei der Auswahl der einzelnen Mitglieder des Bundestages, sei es in der Mitwirkung bei der Auswahl der einzelnen vorgeschlagenen Bundestagsabgeordneten, sei es bei der Auswahl des Bundeskanzlers. Dieser ständige Mangel an demokratischen Abläufen kann auf Dauer die Parteidemokratie und die Demokratie selbst infrage stellen. Eine Veränderung und Präzisierung des Mitwirkens der Parteien an der politischen Willensbildung ist eine unabdingbare Voraussetzung zur Abwehr von autokratischen Tendenzen (das heißt die Vorstufe von autoritären Systemen).
Der Autor ist fest davon überzeugt, dass der größte Teil der deutschen Bevölkerung das Grundgesetz in seiner Gesamtheit nicht kennt und nicht versteht. Dies kann auf Dauer nicht hingenommen werden. In vielen anderen westlichen Demokratien wird die Verfassung in der Schule gelehrt. Das allein ist ein Hinweis darauf, dass das Vorhandensein des Grundgesetzes nicht dessen Legitimation sein kann. Das Grundgesetz muss überarbeitet und dem gesamten Volk zur Annahme vorgelegt werden.
Die Artikel 1-19 im Grundgesetz, oder die moralischen Grundregeln, stellen lediglich einen Teil der Grundrechte dar, denn Grundrechte setzen Verantwortung voraus. Das Prinzip der Verantwortung ist, bis auf den ersten Artikel des Grundgesetzes, nicht ausdrücklich im Grundgesetz beschrieben. Vergleicht man das deutsche Grundgesetz mit anderen Verfassungen, so muss man feststellen, dass das Gewissen und moralische Grundsätze in keiner anderen Verfassung vorkommen. Entscheidet man sich für den moralischen Ansatz eines Grundgesetzes, so muss ein Teil des deutschen Grundgesetzes umgeschrieben werden beziehungsweise in andere Gesetzesformen umgewandelt werden. Zudem sind zumindest Einzelteile des Grundgesetzes nicht frei von Widersprüchen. So ist der Schutz des Eigentums in Artikel 14 §1 festgeschrieben und in Artikel 14 §2 wird das Eigentum automatisch zur sozialen Verpflichtung. Betrachtet man dies, so muss man sich fragen: Was heißt „dem Wohl der Allgemeinheit dienen“?
Solche Artikel müssen auf Dauer neu geregelt werden. Sollte man sich für den moralischen Ansatz entscheiden, so muss das Grundgesetz so geändert werden, dass der moralische Ansatz durchgehend klargestellt wird.
Während des Wiedervereinigungsprozesses in Deutschland (in den Jahren 1989-1993), mit der darin beinhalteten Angliederung der DDR an die Bundesrepublik Deutschland, wurde die Chance vertan, eine gründliche Umarbeitung des Grundgesetzes vorzunehmen, mit dem Hinweis „dies würde mehr Unruhe in die Bevölkerung tragen“. Dies hält der Autor für falsch. Es hätten damals Fehlentwicklungen des Grundgesetzes verhindert werden und das Grundgesetz hätte auf den neusten Stand gebracht werden können. Zugleich hätte die Mitwirkung des Volkes an den demokratischen Prozessen mehr Berücksichtigung erhalten müssen.
Das sogenannte „Kooperationsverbot“ von Bund und Ländern stellt nach Ansicht des Autors einen falsch verstandenen Föderalismus dar, insbesondere der Artikel 91b des Grundgesetzes mit seinen engen Ausnahmefällen. Insbesondere im Bereich der Bildung und hinsichtlich der Finanzierung unter anderem der Schulen und anderen länderspezifischen Aufgaben stellt dies ein großes Hindernis zur modernen Staatsführung dar. Dieses sogenannte Kooperationsverbot wurde zwar durch die Föderalismusreform von 2006 verändert, stellt jedoch manche Länder vor erhebliche finanzielle Probleme. Dies hat zum Ergebnis, dass den Kindern in manchen Bundesländern aufgrund der schlechten finanziellen Kraft des Landes eine schlechtere Ausbildung zuteilwird. Zumindest aus ökonomischer Sicht ist nicht mehr einzusehen, dass diese künstliche Aufteilung der Finanzen und Aufgaben rigoros durchgeführt wird und keine Rücksichtnahme auf die Zustände der Länder beziehungsweise der staatlichen Aufgaben genommen wird. Für den Wähler, für Ökonomen, für einen Teil der Politikwissenschaftler, der Philosophen und der Soziologen ist nicht mehr einzusehen, dass in verschiedenen Aufgaben eine Schwächung des zentralen Staats zu Gunsten eines Föderalstaats vorgenommen wird. Es ist daher höchste Zeit, dass dieser Paragraph ersatzlos gestrichen wird, um die Flexibilisierung der gesamten Aufgaben (Zentralstaat + Föderalismus) zu bewirken, damit nicht bei jeder notwendigen Kooperation das Grundgesetz jeweils für den Ausnahmefall geändert werden muss. Dies kann von dem allgemeinen Wähler weder verstanden noch akzeptiert werden.
Für den Wähler steht fest, dass die staatliche Aufgabe gelöst werden muss. Wer dies finanziert ist zweitrangig. Da Steuern und Abgaben vom Staat angenommen werden, sei es vom Bund oder den Ländern, erwecken diese unterschiedlichen Bewertungen beim größten Teil der Bevölkerung das Gefühl, dass eine politische Klasse aus Fürstentümern gefestigt werden muss, um die Pfründe der politischen Parteien zu erhalten.
Aufgrund der Veränderung des Gesamtumfelds sowie angesichts der bevorstehenden technischen Revolutionen und deren unüberschaubaren Konsequenzen, ist eine Umarbeitung des Grundgesetzes dringender denn je. Eine Hauptforderung ist die Berücksichtigung von publizitären Grundsätzen, sowie die Einschränkung der Macht von politischen Parteien und der Amtszeit des Kanzler sowie die Verhinderung einer beruflichen politischen Klasse zu ermöglichen. Die Durchlässigkeit zwischen der politischen Klasse und dem Rest des Volks muss erheblich erhöht werden. Die Lesbarkeit des Grundgesetzes und der Gesetze müssen in einer verständlichen Sprache für einen durchschnittlich gut ausgebildeten Einwohner möglich sein. Es kann nicht angehen, dass Gesetze und teilweise das Grundgesetz so geschrieben sind, dass sogar akademisch ausgebildete Bürger nicht in der Lage sind, diese zu lesen und zu verstehen. Es kann nicht angehen, dass Urteile, die durch Gerichte gefällt wurden, nur mithilfe von Juristen verständlich sind. Da wir auf dem Weg zu einer Informationsgesellschaft sind, muss die Verfassung hinsichtlich der Nutzung, Vermittlung, und Bereitstellung von Informationen hohe Hürden errichten. Angesichts einer veralteten Gesellschaft müssen die Rechte von schutzbedürftigen Teilen der Bevölkerung (Alte, Demenzkranke usw.) durch die Verfassung besser geschützt werden.
Der Autor hat sich mit dieser Frage sehr intensiv beschäftigt und fand trotzdem keine richtig befriedigende Antwort darauf. Betrachtet man das Grundgesetz und die Entwicklung der politischen Klasse, so muss man feststellen, dass die politische Klasse und die Gesetze dem Volk schlicht misstrauen. Im Gegenzug ist ein steigendes Misstrauen der Bevölkerung gegenüber „denen da oben“ (die politische Klasse und politische Eliten sowie die Presse) zu verzeichnen. Diese Entwicklung ist gefährlich und kann die Grundlage der Demokratie für lange Zeit zerstören. Wenn gleichzeitig Mahner und Kritiker des Zustandes diffamiert werden, so muss die Frage nach dem Zustand der Demokratie gestellt werden.
Versteht man Demokratie richtig, so muss man glauben, dass die politischen Entscheidungen, die ein Parlament und eine Regierung treffen, durch das Volk gewollt und auf das Wohl des Volkes ausgerichtet sind. Betrachtet man dies genau, so muss man feststellen, dass das Volk äußert wenig Einflussmöglichkeiten auf das Zustandekommen des Parlaments hat. Die Parteien stellen von ihnen gewählte Parteifunktionäre auf, die gewählt oder nicht gewählt werden. Über die Auswahl dieser Parteifunktionäre hat das normale Volk keinerlei Entscheidungsmöglichkeit, lediglich Parteimitglieder haben die Möglichkeit über den Weg der Abgeordneten und Funktionäre zu entscheiden. In diesen Parteigremien, selbst auf lokaler Ebene, spielen sehr oft die Regeln der fairen Demokratie keine Rolle sondern eher eine Art „Klüngelei“. Insoweit ist die Mitwirkung des Einzelnen äußert beschränkt.
Dem gegenüber steht der Lobbyismus, das heißt die Vertretungen von Industrie und Wirtschaft. Diese bekommen eine immer wichtigere Rolle beim Zustandekommen von Gesetzen und Vorschriften. Der Lobbyismus oder die Einflussnahme zum Wohl dieser Organisationen hat sich insoweit perfektioniert, als dass manche der Bundestags-/ Landtagsabgeordneten Mitarbeiter von großen Konzernen oder Verbänden sind. Insoweit ist die Einflussmöglichkeit des Einzelnen noch eingeschränkter. Der Einzelne kann sich nicht ohne die Mitwirkung in einer Partei zur Wahl stellen. Insoweit haben Parteien die Monopolstellung im politischen Betrieb. Zur Erinnerung: in keiner Stelle des Grundgesetzes steht etwas über die Möglichkeit der Übermacht und Beherrschung des politischen Betriebs durch Parteien. Insoweit ist nach Ansicht des Autors das Leitmotiv „durch das Volk und für das Volk“ im heutigen politischen Betrieb Deutschlands verfehlt.
Der Begriff der politischen Klasse ist genau definiert und zwar als „Jene, die durch den politischen Betrieb ihren Lebensunterhalt bestreiten“. Insoweit ist im Laufe der Jahre der Beruf des Politikers entstanden, das heißt es sind jene, die gezwungenermaßen im politischen Betrieb arbeiten müssen. Von einfachen Stadtabgeordneten bis Bundestagsabgeordneten, sie alle verbindet das Festhalten an der Organisation der Parteien und dass sie sich insoweit an die opportunistische Führung der Partei richten sollen. Dieser Zustand schafft Abhängigkeiten und damit wird ein Netz von Gleichgesinnten mit einem einzigen Interesse geschaffen. Ziel dieses Netzes ist nicht das Wohl des Volkes, sondern lediglich, um jeden Preis die Wiederwahl zu ermöglichen. Die Wiederwahl sollte man mit einem Minimaleinsatz an Mitteln erreichen. Damit ist gesagt, dass die Nennung von gesellschaftlichen Problemen und deren Lösung, die oft mit unpopulären Maßnahmen möglich ist, Tabuthemen sind. Dadurch werden Probleme in die Zukunft verlagert und die Wiederwahl gesichert.
Für die politische Klasse gilt: Immer eine kurzfristige Sicht der Probleme und deren Lösungen haben, da sie angeblich zu viele Problem zu lösen hätten. Die Wahrheit besteht jedoch darin, dass sehr wenig Politiker Visionen und Konzepte für die Entwicklung der Gesellschaft haben. Insbesondere in den letzten zwölf Jahren hat sich die politische Ebene mehr oder weniger durch Lavieren ausgezeichnet. So werden notwendige Diskussionen in der Gesellschaft abgewürgt und zeitnahe Lösungen vermieden.