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Von derselben Autorin:

Inannas Rückkehr – Die »Götter« der Plejaden in neuem Licht

INANNA ÜBER-LICHT

Eine transluzide Reise

Teil 1

Blick aus der Leere

Teil 2

Das Land der Ellipse

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von
V. S. Ferguson

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2. Auflage 2006

Inanna Über-Licht

von V. S. Ferguson

Teil 1: Blick aus der Leere

Teil 2: Das Land der Ellipse

Aus dem Englischen von Andreas Lentz.

Copyright © 1996 by V. S. Ferguson

Das Buch erschien unter dem Titel INANNA HYPER-LUMINAL

1996 by Thel Dar Publishing Company, Seattle.

Copyright für die deutsche Ausgabe

© 1998 bei Neue Erde GmbH

Alle Rechte vorbehalten.

Titelseite: Dragon Design, GB

Satz und Typographie: Dragon Design

Gesetzt aus der Galliard

eISBN 978-3-89060-207-3

ISBN 978-3-89060-317-9

Neue Erde GmbH

Cecilienstr. 29 · 66111 Saarbrücken

Deutschland · Planet Erde

www.neue-erde.de

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Dieses Buch ist all jenen gewidmet,
die sich nach Freiheit sehnen.

INHALT

Danksagung

Einführung

Liste der Charaktere

Teil 1: Blick aus der Leere

1Davontreiben

2Befreie meine Seele

3Ihre roten Haare

4Abendessen

5Wurmloch

6Gebrochene Herzen

7Der Flug

8Schule

9Die zauberische Berührung

10Die Bande

11Film

12Die Verwandlung

13Abendessen und Tod

14Einkaufen und Verschwinden

15Lichtschiffe

16Eingebildete Hierarchien

17Antworten

Zwischenspiel: Die Lebenswasser

Teil 2: Das Land der Ellipse

1Die innere Erde

2Erschaffen

3Die Schau des Herzens

4Verbannung

5Feste

6Zwei Drachen

7Wahre Liebe

8Quantensprung

9Gespräche

10Der Handel

11Moorbrand

12Der Besuch

13Umwandlung und Hingabe

14Eingehüllter Raum

15Begehren

16Der Mut zu wissen

17Ein Familienfrühstück

18Der Einsame

19Hunger

20Schneelicht

21Freunde

22Der Ruf

Freundliche Wegbegleiter bei Inanna Hyper-Licht

DANKSAGUNG

Zuerst und vor allem möchte ich all jenen danken, die »Inannas Rückkehr« gelesen haben und insbesondere denen unter Ihnen, die mir diese wunderbaren Briefe geschrieben haben. Ihre Anteilnahme an dem Buch hat mir manches Mal die Tränen in die Augen getrieben. Inanna hat Sie berührt, und Sie waren so freundlich, es mir mitzuteilen.

Auch möchte ich den vielen Leuten danken, die zu meinen Vorträgen kamen. Von Ihnen habe ich so viel gelernt; und auf vielfältige Weise haben Ihre erhellenden Fragen diese Fortsetzung »Inanna Hyper-Licht« erst möglich gemacht. Mit großer Freude habe ich erfahren, wieviele von Ihnen »erwachen« und multidimensionale Erfahrungen haben.

Ich möchte Zecharia Sitchin für seine Unterstützung bei meinem ersten Buch danken. Ohne Sitchins unermüdliche Arbeit an der Übersetzung der Keilschrifttafeln, ohne sich dabei um überkommende Meinungen zu kümmern, hätte ich meine Abenteuer mit der schönen und unbändigen Inanna nie gehabt.

Ich möchte auch meinem Mann Charles für all seine Hilfe danken; Tracey Cooper für ihre Unterstützung; Quentin dafür, dass er seinen Abschluss der Ingenieurwissenschaft geschafft hat; Anne und Gary für ihre Verbindung nach Mexiko; Sharon und Gary dafür, dass sie mich mit dem Kommandanten und der Herrin des Granats bekannt gemacht haben; Angela danke ich , dass sie ein strahlender Engel war; Noh-Ra Amrani für die Enki-Connection; Debbi und ihren wunderbaren Kindern Nicole, Michael und Justin, dass sie sich erinnert haben.

Ich möchte meinen Dank auch wieder auf Tera Thomas ausdehnen – die auf so vielfältige Weise dazu beigetragen hat, das erste Buch, »Inannas Rückkehr«, ans Licht der Welt zu bringen. Ich danke auch Barbara Marciniak, die es in ihrem Rundbrief The Plejadian Times vorgestellt und empfohlen hat. Ich erkenne jetzt zur Gänze, wieviel Mut diese beiden Frauen haben.

Ich danke auch Barb Ferguson für ihr tolles graphisches Design und ihren erstklassigen Kundendienst, und Sara Lehman für die Computerarbeit.

Auch möchte ich Pat Welch danksagen für ihr erstaunliches Gedächtnis; ihre intuitive Fähigkeit, Inanna und ihre Freunde zu verstehen, und die Inbrunst, mit der sie die redaktionelle Arbeit bewältigte, haben Inanna, Thel Dar, Gracie und all die anderen sehr zu schätzen gewusst.

EINFÜHRUNG

Inanna Über-Licht vermittelt dem Leser die Erfahrung, multidimensional zu sein. Die Möglichkeit, Zugang zu Wirklichkeiten in unterschiedlichen Dimensionen zu finden, liegt in einem jeden von uns schlummernd verborgen. Als wir unser Abenteuer in dem Zeit-Raum-Kontinuum begannen, wussten wir noch, wer wir waren. In der jetzigen Phase im Zeitzyklus haben wir einfach vergessen, wie wir uns jenseits der Wahrnehmung unserer fünf Sinne fortbewegen können. Da nun dieses Zeitalter sich unaufhaltsam seinem Ende nähert und die Schleier sich heben, werden wir diese Gabe wieder erlangen.

Wir leben im Zwielicht des Zeitalters des Widerstreits oder, wie es im Sanskrit genannt wird, des Kali-Yuga. Dies ist der letzte von vier Zyklen, die im Geist Gottes zusammen einen Tag ergeben, ein Kalpa. Weil die Schleier der Illusion in diesem Zyklus so dick und dicht sind, wie es nur geht, bietet uns das Zeitalter des Widerstreits die Gelegenheit, den wirklichen Schatz des Lebens zu heben: Weisheit.

Das erste oder goldene Zeitalter ist das Zeitalter der Weisheit. Die Urquelle (Urschöpfer) spaltet sich in ihrem Wunsch, sich selbst zu erfahren, in viele Schöpfergottheiten auf. All die Gottheiten manifestieren sich in ihren gewünschten Formen und wissen dabei, dass sie gleichwertige Teile der Urquelle sind. In diesem Zeitalter drücken sie sich frei aus, wissend und sich stets eingedenk seiend, wer sie sind. Nach und nach projizieren die Gottheiten Teile von sich in datensammelnde Fahrzeuge, die sie geschaffen haben – das heißt, sie verkörpern sich, um ihre Schöpfung selbst zu erfahren. Dann bekommen sie ein Gefühl des Verlustes und sehnen sich nach ihrem ursprünglichen Zustand.

Im zweiten Zeitalter, dem Zeitalter der Rituale oder Treta-Yuga, beginnen die Schwingungsfrequenzen des geschaffenen Universums sich zu verlangsamen, und die Götter ringen miteinander um schöpferischen Raum. Sie trachten nach Macht über einander und sinnen darauf, die anderen Götter dazu zu bringen, ihr Spiel zu spielen.

Sie entwickeln Rituale, um eine Brücke zu schaffen zwischen der unerschöpflichen ungeformten Welt und der Welt der Formen. Ursprünglich erlauben die Rituale den Göttern, die in der Welt der Gestaltungen spielen, aus dem Ungeformten, der Leere, Rohmaterial oder ungeformte Energie zu gewinnen. Auch wenn es nur eine abgeschwächte Form von bewusst ausgerichteten Gedanken ist, wird das Ritual das mechanische Vermittlungswerkzeug, mit dem die Schöpferkraft in die Form gebracht wird.

Wenn die Frequenzen weiter abnehmen, entdecken einzelne Götter, wie sie Macht über andere bekommen können. Indem sie die Rituale ausnutzen, bringen sie die anderen Götter dazu, ihnen zu huldigen, und auf diese Weise erzeugen sie eine Fülle von Energie, die sie dazu benutzen, alle Arten von fantastischen illusionären Welten zu schaffen. Diese schlauen Götter bauen sich unsterbliche Geistkörper, um damit in den hierarchischen Welten zu leben, die sie erschaffen. Sie inkarnieren nicht mehr in physischen Körpern, sondern erfreuen sich an den Erlebnissen jener, die sich inkarnieren.

Im dritten Zeitalter, dem Zeitalter des Zweifels oder Dvapara-Yuga, werden die Frequenzen immer dichter. Die zu körperlicher Gestalt gewordenen Götter beginnen zu zweifeln; aufgrund ihrer Zweifel verlieren sie ihre Erinnerung und vergessen, wer sie sind. Sie können die Götter noch sehen, die nicht in der dreidimensionalen Welt sind, doch weil sie vergessen haben, beginnen sie, ihnen zu huldigen.

Die listigen Götter, die aufgehört haben, sich zu inkarnieren, fahren damit fort, illusionäre Welten aufzubauen, die eingebildeten Hierarchien von Himmeln und Höllen. Während die Gestalt gewordenen Götter sich in den Zyklen der Wiedergeburt verfangen, vergessen sie, wer sie sind und zweifeln an ihrer eigenen Göttlichkeit.

Das vierte Zeitalter, das Zeitalter des Widerstreits oder Kali-Yuga, ist jene Zeitspanne, in der wir seit 3.600 vor Christus leben. Die Zeitfrequenzen haben sich weiter verlangsamt, und die sichtbare Welt ist von einem dichten Netz aus Schläfrigkeit umgeben. Unsere Wahrnehmung von Zeit ist verändert; jedoch die eingebildeten Welten sind für all jene von uns unsichtbar geworden, die in dieser körperlichen Newton’schen Welt leben. Heute ist nur eine ganz kleine Anzahl von Menschen in der Lage, die sogenannte unsichtbare Welt zu sehen; ihre Fähigkeit zu sehen haben sie geerbt, denn sie wurde nicht aus ihrer DNS gelöscht. In anderen Zeitzyklen war diese »Sicht« unser gottgegebenes Recht; aber im Kali-Yuga werden die Vorhänge fest zugezogen.

Weil die Götter ihre Fähigkeit verloren haben zu wissen und sich zu erinnern, wurde die Schrift – selbst ein Symptom des Kali-Yuga – als ein Mittel, Wissen zu vermitteln, entwickelt. Deswegen gibt es von den vorangehenden Zyklen keine schriftlichen Zeugnisse – man brauchte sie nicht. Was wir wissen, beruht auf mündlichen Überlieferungen, die während des Kali-Yuga in Schriftform festgehalten worden sind. Wissen wurde von Generation zu Generation mündlich überliefert. Unsere heutige Gedächtnisleistung ist, verglichen mit der der frühen Menschen, armselig. Nur in den ältesten Texten wie den Puranas, dem Mahabharata und gewissen taoistischen und tibetischen Schriften erhaschen wir einen Blick auf die vorangegangenen drei Zyklen.

Das Mahabharata und die Puranas enthalten ausführliche Vorhersagen darüber, wie das Kali-Yuga beschaffen sein würde; sie sprechen sogar von der Verfügbarkeit von »Fast Food« – ein weiteres Symptom dieses dunklen Zeitalters.

Im Zeitalter des Widerstreits vergessen die Götter, wer sie sind, und sie verlieren die in ihnen angelegte Fähigkeit, zu ihrer eigenen innewohnenden Göttlichkeit Zugang zu finden. Ironischerweise sind jene trickreichen Götter in ihren eingebildeten Hierarchien genauso gefangen wie jene, die sich in der physischen Welt mit ihrem Unbill und ständigen Wiederholungen inkarniert haben – doch, wie vorhersehbar, weigern sie sich, ihre Macht aufzugeben und sich zu verändern.

Um dem nächsten Zyklus, einem neuen Zeitalter der Weisheit, den Weg zu bahnen, kommen strahlende Lichtwesen von außerhalb des Universums zu uns und brechen bestehende Wirklichkeiten auf, und, in der letzten Phase des Kali-Yuga, wagen sie es, all jenen Göttern beizustehen, die sich nach ihrer Freiheit sehnen. Diese Wesen begleiten uns hilfreich bei der Geburt eines fortgeschrittenen datensammelnden Fahrzeugs, das wir in dem kommenden goldenen Zeitalter benutzen werden, wenn wir uns wieder daran erinnern, wer wir sind.

Wer will auf immerdar in einer geschaffenen Wirklichkeit leben, die in Stillstand erstarrt und gefroren ist?

Wie immer, Urschöpfer bewegt sich weiter!

V. S. Ferguson
Seattle, 1996

LISTE DER CHARAKTERE

Thel Dar: Ein Bewusstsein, das als Hyper-Licht-Gedanke in der immerwährenden Leere wohnt und sich selbst als ein strahlendes Lichtwesen darstellt.

Inanna: Eine von Thel Dars Projektionen; die Liebesgöttin vom künstlichen plejadischen Planeten Nibiru und Mitglied der Familie von Anu.

Gracie: Eines von Inannas multidimensionalen Selbsten; sie lebt im Zwielicht des Kali-Yuga auf dem Planeten Erde.

Olnwynn: Ein weiteres von Inannas multidimensionalen Selbsten; der inzwischen gestorbene König aus dem alten Irland.

Diana: Olnwynns Frau aus dem alten Irland und in Gracies gegenwärtigem Leben ihre Mutter.

Brent: Olnwynns Bruder aus dem alten Irland und Dianas vor kurzem gestorbener Ehemann.

Tathata: Ein Hyper-Licht-Gedankenwesen aus strahlendem Licht, das ebenfalls in der immerwährenden Leere wohnt und Thel Dars Freund ist.

Jehran: Eine Projektion von Tathata und Inannas Herr Richtig.

Wolfi: Der berühmte Komponist Wolfgang Amadeus Mozart; eine Projektion von Tathata.

Clarissa: Eine neue Freundin von Gracie und ein multidimensionales Selbst der Herrin des Granats (die Frau des Kommandanten und Inannas Freundin).

Michael: Clarissas wahre Liebe und ein multidimensionales Selbst des Kommandaten.

Anu: Patriarch der Familie von Anu und Inannas Urgroßvater.

Antu: Anus plejadische Schwester und Ehefrau.

Id: Anus Geliebte; Prinzessin der Drachenleute aus dem Erdinnern; Enkis Mutter.

Enlil: Sohn von Anu und Antu.

Enki: Sohn von Anu und Id; Genetiker.

Ninhursag: Eine Genetikerin und die Tochter von Anu und einer berühmten Ärztin von Altair.

Erfüllt-von-Sternen: Anus multidimensionales Selbst.

Mondwasser: Ids multidimensionales Selbst und Frau von Erfüllt-von-Sternen.

Kevala, Karuna und Kha: Drei Über-Licht-Gedankenwesen aus strahlendem Licht, die auf fortgeschrittene datensammelnde Fahrzeuge warten.

TEIL 1: BLICK AUS DER LEERE

DAVONTREIBEN

Thel Dar lag still in der endlosen Finsternis der immerwährenden Leere schwebend im Geist Gottes. Als Über-Licht-Bewusstsein hatte Thel Dar Zugang zur umfassenden Gesamtschau der sich durchdringenden Schichten der überhaupt nur möglichen Welten in der gesamten Unendlichkeit. Kein Teil der Schöpfung war so unbedeutend, als dass er ihn nicht liebevoll beobachtete.

Im Zwielicht des Kali-Yuga hatte Thel Dar an einem fortgeschrittenen Datensammler, einem Körperfahrzeug gearbeitet, durch das andere strahlende Lichtwesen Leben erfahren und ausdrücken könnten. Als sich nun Thel Dar drei Wesen näherten, die Thel Dar recht ähnlich sahen – zuerst erschienen sie als Hyper-Licht-Gedanken und danach als blendend strahlende Lichtwesen –, wusste Thel Dar, weshalb sie gekommen waren.

»Meine lieben Freunde«, sprach Thel Dar, »ich tue mein bestes. Bald wird es zumindest drei Sätze von Erbgut geben, die weit genug entwickelt sind, um euch Freude zu machen.«

Die drei, zustimmend nickend, lächelten in freudiger Erwartung. Da ihre Frage beantwortet war, entfernten sie sich. Thel Dar blieb allein zurück, um seine Bemühungen zu vollenden.

Sich in der reichen potenten Schwärze emporkräuselnd, atmete Thel Dar ein und richtete seine Aufmerksamkeit auf einen Ort in der dritten Dimension von Planet Erde: den pazifischen Nordwesten der USA.

Clarissa, unfähig ihren Kopf vom Kissen zu heben, starrte in die weiße Leere, die sie umgab. Das früher kuschelige Doppelbett sah jetzt riesig aus, verlassen. Michael war zu einer Visionssuche nach Peru gefahren, und nur die Götter, wer sie auch sein mochten, wussten, wann er zu ihr zurückkommen würde. Sie fühlte sich im Stich gelassen und einsam; ihr Bett war ein einziges Durcheinander, und in ihr sah es genauso aus.

Sie fühlte sich auch krank. Die Ärzte hatten ihr zwar gesagt, dass mit ihr alles in Ordnung sei; die Untersuchungen waren ergebnislos geblieben. Doch jeden Tag spürte Clarissa ein unerklärliches »Blubbern« in sich. Verwirrt und verängstigt fragte sie sich, ob das Unwohlsein etwas mit der Welle zu tun hatte, von der alle redeten, und seit kurzem hatte sie Angst, die Jahrtausendwende nicht mehr zu erleben.

Das nahende Ende des Jahrtausends machte die Menschen toll; in ihrer Angst vor dem kommenden Weltuntergang, suchten sie verzweifelt nach Antworten. Manche sagten, dies sei das Ende des Kali-Yuga, das Endstadium materialistischer Illusionen und geistiger Verdunkelung auf dem Planeten Erde. Das kommende neue Zeitalter würde alles verändern. Da sie die Veränderungen näherkommen spürten, versuchten die Menschen, sich auf sie einzustellen. Manche klammerten sich krampfhaft an die Vergangenheit und ihren materiellen Besitz, während andere ganz plötzlich ihr Zuhause und ihre Familien verließen und sich Kulten und Sekten anschlossen. Andere gingen einfach in die Wüste, um mit ihrem Gott allein zu sein.

Die Welle wurde als ein Energiefeld in Form eines endlosen Stromes von Photonen verstanden – ein Meer aus Plasma, das aus den Tiefen des Raumes kommt und ein hochfrequentes Bewusstsein abstrahlt, wenn es die Erde eindeckt. Es hieß, dass jenen, die sich entschlossen, sich der Welle zu öffnen, bei der Anpassung an die kommenden Veränderungen geholfen werden würde. Die Welle würde ihre Zellen auf eine höhere Frequenz heben und die schlummernde DNS in ihnen aufwecken.

Sich widerstrebend aus ihrem Bett erhebend, beschloss Clarissa, einen Spaziergang zu machen. Vielleicht würde die feuchte, diesige Luft etwas Klarheit in ihren Kopf bringen. Die Gegend, in der sie und Michael lebten, war voller Bilderbuchhäuser. Die baumbestandenen Straßen schienen sicher; dies war ein idealer Platz, um Kinder großzuziehen.

Clarissa sehnte sich danach, von Michael Kinder zu bekommen. Sie hatten sich an der Universität kennengelernt und sich gleich verliebt; Clarissa war noch nie mit einem anderen Mann zusammengewesen. Sie liebte ihn aus ganzen Herzen, und nun, da er fort war, hatte sie das Gefühl, als fehle ihr eine Hälfte.

»Wo war er jetzt?« fragte sie sich und versuchte, sich Machu Picchu oder ein Stehcafé in Lima vorzustellen. Fuhr er gerade in einem rumpelnden Zug durch die Berge oder trank er ein duftendes Pilzgebräu mit einem Schamanen? Sie hatte Michael nichts davon gesagt, dass ihre Zellen »blubberten«. Wann würde er wieder nach Hause kommen?

Clarissas Blick fiel auf einen weißen Lattenzaun. Dahinter waren dicht mit Löwenmaul bewachsene Beete mit duftendem weißem Steinkraut und tiefblauen Lobelien eingefasst, der Art, deren Schönheit fast den Augen wehtat.

Clarissa verhielt den Schritt, gebannt vom Anblick des Gartens. Da gab es alte Rosen, Damaszener- und Moosrosen mit ihren berauschenden Düften, und Kräuter aller Art, Basilikum, Lavendel und Pfefferminze. Clarissa fühlte sich von dem Zauber des Gartens angezogen.

Sie blickte zum Haus hinauf und sah eine Frau auf der Veranda sitzen, die ihre beiden großen Hunde mit kleinen Leckerbissen fütterte. Die riesenhaften Hunde sahen wie Wölfe aus, schienen aber freundlich zu sein und wedelten mit den Schwänzen.

»Hallo!« rief die Frau.

»Hallo. Ich habe gerade Ihren Garten bewundert. Er ist wunderschön.«

»Kommen Sie nur herein und essen Sie ein paar Kekse mit uns«, lud die Frau sie ein. »Keine Angst, die Hunde tun nichts; sie mögen alle!«

Clarissa musterte die herrlichen Geschöpfe und ihr harmloses Betragen; sie kam zu dem Schluss, dass sie sich tatsächlich gefahrlos nähern konnte. (Sie selbst hatte Katzen lieber, mochte aber alle Tiere.) Also öffnete sie die Tür und ging auf das Haus zu, das ihr mit einem Mal merkwürdig vertraut vorkam.

»Ich heiße Clarissa.«

»Und ich bin Gracie, und diese beiden Hunde sind Bär und Rhiannon. Hier, nimm dir einen Keks. Ich wollte mir gerade einen Kaffee machen. Willst du auch einen?«

Clarissa lächelte und nickte; als sie Gracies Hand schüttelte, hatte sie das unheimliche Gefühl, dass sie sich irgendwo schon einmal begegnet waren; dass sie sich irgendwie schon immer gekannt hatten. Als Gracie sich in die Küche begab, vernahm Clarissa die Worte eines sehr alten Liedes, das aus Gracies Haus erklang.

» … befreie meine Seele … und treib dahin.«

Weit entfernt, in der Nähe des Mittelpunkts der Galaxis, stand Inanna, eine schöne blauhäutige Frau von den Plejaden, in der Großen Halle des Intergalaktischen Föderationsrates und wartete auf den Beginn einer wichtigen Sitzung. Der Mann, dem zu begegnen sie sich schon so lange erträumt hatte, hatte gerade ihre Hand in seine genommen.

»Erlaube mir, dass ich mich vorstelle. Mein Name ist Jehran«, sprach er sanft. Inanna fühlte sich in seine Augen hineingezogen; und in demselben Augenblick hörte sie in den entfernten Gängen ihres Geistes Klänge, die sie als Rock’n Roll von der Erde erkannte.

» … befreie meine Seele … und treib dahin.« Inanna durchforschte ihr Bewusstsein und begegnete Gracie, einem ihrer multidimensionalen Selbste, die auf dem Planeten Erde lebte, im Zeit-Raum-Kontinuum des 20. Jahrhunderts. In letzter Zeit kam der Impuls von Gracies Lebenskraft als eine sehr starke Frequenz bei ihr an. Schnell hatte Inanna sich vergewissert, dass es Gracie gut ging und sie keine unmittelbare Unterstützung brauchte, und richtete ihre ganze Aufmerksamkeit wieder auf ihre Gegenwart und ließ sich in den feurig dunklen Augen des Mannes aufgehen, der sich ihr gerade als Jehran vorgestellt hatte.

Während sie sich in einer Art Trance treiben ließ, dachte Inanna daran, wie lange sie darauf gewartet hatte, ihrem Herrn Richtig zu begegnen; und jetzt stand er endlich vor ihr. Ihre mühselige Reise durch die schwankende Unsicherheit der dichten stofflichen Ebenen der Erde hatte sie von Angesicht zu Angesicht vor Jehran geführt.

Angetrieben von ihrer Liebe zur menschlichen Rasse, die von ihrer selbstbezogenen Familie genetisch verändert worden war, hatte Inanna sich in dem heldenmütigen Versuch, die verborgenen Erbanlagen der Menschen zu aktivieren, selbst in diese Rasse projiziert.

Andere Mitglieder ihrer Familie – der Familie von Anu, ihres Urgroßvaters – waren Inanna in die Verletzlichkeit von Fleisch und Blut hinab gefolgt. Indem sie sich einschalteten, hofften sie, die beschädigten menschlichen Erbanlagen wiederherzustellen.

Vor etwa 500.000 Jahren hatten Mitglieder der Familie von Anu die Erde kolonisiert, um dort Gold für die beschädigte Atmosphäre ihres Planeten Nibiru zu gewinnen. Ihre obersten Wissenschaftler, Ninhursag und Enki, verschmolzen die Gene einer wilden irdischen Kreatur, des Homo erectus, mit den plejadischen Genen, und auf diese Weise schufen sie eine Sklavenrasse, die in den Goldminen arbeitete.

Im Laufe der Jahrhunderte störten die verwickelten Machtkämpfe innerhalb der Familie von Anu immer wieder die natürliche Entwicklung der menschlichen Rasse. Die Söhne von Anu – Enlil und Enki – und ihre Söhne lagen ständig im Streit miteinander und benutzten die Erdbewohner als Soldaten in verheerenden Kriegen.

Enlil, Anus Lieblingssohn, nahm schließlich zu einer Waffe Zuflucht, die entsetzlich und furchtbar war, zur großen Gandiva. Die von ihr augelöste massive Zerstörung sandte Wellen tödlicher Strahlung aus, die die ganze Galaxis alarmierte. Daraufhin wurde die Familie von Anu vom Intergalaktischen Föderationsrat zu einer Konferenz vorgeladen, wo sie für ihre unverantwortlichen Taten zur Rechenschaft gezogen wurde. Wiedergutmachung wurde gefordert; das Gleichgewicht sollte wieder hergestellt werden. Der Rat verfügte, dass den Menschen die Möglichkeit, sich weiterzuentwickeln, wieder zurückgegeben werden sollte, und dass ihre DNS, die künstlich »ausgestöpselt« worden war, wieder in den Stand ihrer ganzen Möglichkeiten gesetzt werden sollte. Bis dies erreicht war, würde die ganze Familie von Anu sich von der Wand eingeschlossen finden – ohne die Möglichkeit, sich weiterzuentwickeln und eingefroren in einem Zustand der Langeweile und des Stillstands.

Diese Lage wurde durch den reptilischen Tyrannen Marduk weiter kompliziert. Als störrischer Sohn von Enki, hatte Marduk sich geweigert, mit dem Rat zusammenzuarbeiten. Er hatte bereits die Erde und ein Gutteil des plejadischen Sternensystems erobert. Da er nicht das Bedürfnis hatte, sich weiterzuentwickeln, hatte Marduk nicht die Absicht, seiner Familie zu helfen. Er war es völlig zufrieden, in seiner überheblichen Tyrannei gegenüber allem und jedem, den er in seine gierigen Klauen kriegen konnte, zu verharren.

So hatte Inanna als erste den verzweifelten Schritt unternommen, ein Teil von sich in viele multidimensionale Selbste, die in verschiedenen Zeiten lebten, buchstäblich einzuklinken. Glücklicherweise gab es bei diesem Abenteuer nun die ersten Anzeichen für einen Erfolg; eines von Inannas Selbsten, eine Frau des 20. Jahrhunderts namens Gracie, schien ihre verborgenen Erbanlagen zu aktivieren.

Zuguterletzt hatten Inanna und ihre Familie dem Rat nun gute Nachrichten vorzutragen. Sie hofften, die auf so geheimnisvolle Weise mächtigen Ätherischen zu überzeugen, die tückische unsichtbare Wand zu entfernen, die das Leben in der letzten Zeit so langweilig hatte werden lassen.

Inanna fand es schwierig, sich noch an irgend etwas zu erinnern, als sie Jehran ihre Hand nehmen ließ. Jehran … selbst sein Name klang wunderbar. Beide schwebten in der Stille, als sie sich in die Augen sahen. Für Inanna war es Liebe auf den ersten Blick, und seinem Gesichtsausdruck nach schien Jehran genau dasselbe zu empfinden. Die versammelte Menge verschiedenster Außeriridischer, die Intergalaktische Halle, ja selbst die Sterne über ihnen, alles schien zu verschwinden. Zuguterletzt hatte Inanna ihren Ebenbürtigen gefunden.

BEFREIE MEINE SEELE

Ein atemberaubendes, himmlisches Musikstück, eine Hymne an die Urquelle, verkündete den Beginn der Intergalaktischen Ratssitzung. Inanna wusste, sie musst sich zu ihrem Urgroßvater Anu und den übrigen Familienmitgliedern setzen. Widerstrebend ließ sie Jehrans Hand los.

»Ich werde dich finden, wenn die Sitzung vorbei ist«, flüsterte er ihr zu. »Wollen wir zusammen zu Abend essen?«

Inanna nickte mit einem Lächeln und eilte davon; sie war glücklich und erregt, aber sie konnte Anu und ihren Großvater Enlil nicht warten lassen. Sie musste dem Rat Bericht erstatten. Die Geschichte von Gracie würde die Zukunft der Erde tatsächlich in einem helleren Licht erscheinen lassen. Inanna war stolz, dass es ihr möglich gewesen war, der menschlichen Rasse zu helfen, die sich nun endlich zu entwickeln begann. Aber es erwies sich als unmöglich, Jehrans Augen und seine Berührung aus ihrem Geist zu verbannen. Inanna seufzte tief.

Anu stand auf und wandte sich an die Versammlung. Er begann mit dem Bericht vom plejadischen Sternensystem und der Bereitschaft seiner Truppen, ihre Befreiung von seinem Enkel Marduk zu betreiben. Anu und Enlil hatten sich mit allen plejadischen Führern verbündet, die von dem reptilischen Tyrannen besiegt worden waren. Diese Vertriebenen waren bereit, bei den ersten Anzeichen, dass die Mehrheit der Menschheit sich über die Tyrannei hinausentwickelt hatte, in ihre rechtmäßige Heimat zurückzukehren, und endlich auch bereit, sich mit der übrigen Föderation zusammenzutun.

Olnwynn, eines von Inannas multidimensionalen Selbsten, hatte sie zur Intergalaktischen Halle begleitet. Nachdem er als irdischer Mensch ziemlich tot war, fand es Olnwynn nicht schwer, sein Bewusstsein an Inannas anzukoppeln und mit ihr umherzureisen. Dieser Kriegerkönig des alten Irland war von der Architektur der Halle und der Vielzahl von fremdartigen Lebensformen aus anderen Welten, die hier versammelt waren, ganz in Bann geschlagen.

Zum Beispiel konnten die Ätherischen, obwohl Olnwynn ein körperloser Geist war, ihn sehr gut sehen; andere Wesen gingen stracks durch ihn hindurch, als gäbe es ihn gar nicht. Er gewöhnte sich langsam an solche Dinge, genauso wie er sich daran gewöhnt hatte, »tot« zu sein oder zumindest außerhalb eines festen Körpers zu leben. In vielem musste er sich umstellen und auch lernen, in der Zeit zu reisen, aber er war klug und passte sich gut an.

Ganz gewiss war er in einem besseren Zustand als am ersten Tag, als er sich Inanna gegenübergesehen hatte, die Kehle aufgeschlitzt von Ohr zu Ohr. Es hatte einige Zeit gedauert, bis er sich eingestand, dass er sich damals im zweiten Jahrhundert sehr brutal verhalten hatte; wenn er ein besserer Ehemann gewesen wäre, hätte sich seine Frau vielleicht nicht seinen Bruder als Geliebten auserkoren und die beiden hätten sich nicht gegen ihn verschworen, um ihn durch seinen eigenen Sohn ermorden zu lassen.

Als Anu zum Rat zu sprechen anhub, bemühte Olnwynn sich sehr, genau zuzuhören. Er bewunderte Anu und wollte diesem interstellaren Herrn nacheifern; wie Olnwynn war Anu ein ausgezeichneter Führer und dazu noch sehr ansehnlich. Doch Olnwynns Gedanken glitten weit fort von der Halle in den tiefen Raum zu seinem verlorenen Leben auf der Erde, wieder zu seiner Burg im alten nördlichen Irland, zurück zu seiner hübschen Frau und seinem gewaltsamen Tod. Er vermisste seine Frau; er liebte sie noch immer und wünschte, er könne Wiedergutmachung leisten für die schrecklich grausame Art und Weise, wie er sie behandelt hatte. Er verspürte ihr gegenüber keinen Zorn mehr; eigentlich war er es, der sie zur Mörderin gemacht hatte, und er hatte ihr jetzt voll und ganz vergeben. Er suchte nicht Rache; er wollte Vergebung. Er wollte ihr sagen, dass er sie und ihren gemeinsamen Sohn noch immer liebe.

Olnwynns dunkelgrüne Augen fingen an zu blinzeln. Er wie Gracie, beide waren sie Teile von Inannas multidimensionalem Selbst, und weil er sich leicht in Gracies Leben projizieren konnte, tat er das auch oft; es war kein Problem, seine Frau ausfindig zu machen, die jetzt im 20. Jahrhundert lebte – ironischerweise als Gracies Mutter.

Inannas multidimensionale Selbste und deren Geliebte waren häufig zusammen und ihre Leben auf erstaunliche Weise durch die Zeiten hindurch verwoben. Gracies Mutter, Diana, hatte Brent geheiratet, der im zweiten Jahrhundert Olnwynns Bruder gewesen war. Ihr gemeinsamer Sohn war die Wiedergeburt von Dianas und Olnwynns Sohn. Inanna hatte Olnwynn einmal erklärt, dass die drei – Diana, Brent und ihr Sohn – miteinander verbunden waren durch den Mord, den sie begangen hatten. Ein mächtiger Magnetismus, dem man nicht entrinnen konnte, beeinflusste den Fluss des Lebens und die Entscheidungen, die jemand traf.

Olnwynn beschloss, seiner Frau im 20. Jahrhundert einen Besuch abzustatten, aber zuerst wollte er bei Gracies neuem Haus vorbeischauen, um zu sehen, wie es ihr und ihren schwarzen »Wölfen« ging. Olnwynn liebte die Hunde und fühlte sich als Beschützer von Gracie.

Er bildete einen Lichttunnel, indem er ihn sich im Geiste genau vorstellte, und dann warf Olnwynn sein Bewusstsein den Tunnel hinab und landete auf Gracies Veranda. Dort fand er Gracie glücklich mit einer neuen Freundin beisammensitzen. Die beiden genossen ein heißes Getränk, von dem Olnwynn wusste, dass er nie davon gekostet hatte. Er sah sich nach einem Bier um oder etwas anderem Alkoholischem, aber es gab nur dieses neumodische Zeug, das Gracie »Kaffee« nannte. Für einen Augenblick wünschte Olnwynn, er hätte noch all seine fünf großartigen Sinne, damit er die Flüssigkeit in den Tassen der Mädchen schmecken könne. Doch ohne einen dreidimensionalen Körper aus Fleisch und Blut konnte er nicht mehr tun, als sich an der Erinnerung an all die Biere zu laben, die er in seinem kurzen aber ausschweifenden Leben genossen hatte.

Nachdem er gesehen hatte, dass Gracie und ihre Hunde wohlbehalten waren, begab Olnwynn sich in jene Gegend, wo Gracie aufgewachsen war, um seiner hübschen, wenn auch etwas ehrgeizigen Frau, einen Besuch abzustatten.

Diana schaute mit leerem Blick auf ihr riesiges Luxusauto. Brent hatte es ihr gekauft, kurz bevor er seinem Herzanfall erlegen war. Auch wenn seine Reizbarkeit Diana dazu getrieben hatte, bei verschiedenen Beruhigungsmitteln und Stimmungsaufhellern Zuflucht zu suchen, war sie doch jetzt ohne Brent ziemlich verloren. Ihr ganzes Leben hatte sich um einen Mann gedreht, der alles kontrollierte, was sie tat. Sie wusste nicht, was sie ohne ihn tun sollte; und jetzt, da sie allein war, merkte sie, dass sie keine wirklichen Freunde hatte.

Brent und Diana waren sehr reich gewesen und ihr gesellschaftliches Leben hatte sich ganz um Brents äußerst erfolgreiches Geschäft gedreht. Sie waren immer zu den Parties der gehobenen Stände eingeladen, und zu jedem Weihnachtsfest hatten sie Hunderte von Karten von Geschäftsfreunden und Angestellten bekommen. Doch in den zwei Jahren seit Brents Tod musste Diana lernen, dass niemand eine einsame Witwe einlud, und zu den Festtagen kamen vielleicht ein halbes Dutzend Karten. Was war geschehen? Wo waren all die Freunde aus den geschäftigen und festlichen Tagen abgeblieben?

Diana ließ ihre Hand über die goldenen Zierleisten ihres großen Autos gleiten, dann stieg sie ein. Sie wollte eine Rundfahrt machen – egal wohin, Hauptsache hinaus aus dem Haus. Was gab es noch für sie zu tun, außer einkaufen zu gehen? Ihre Kleiderschränke waren voll mit ungetragenen Kleidern; zuletzt hatte sie sogar aufgehört, ihre Einkäufe überhaupt auszupacken. Wozu auch? Sie ging nie irgendwo hin und hatte keinen Grund, irgend etwas von den Sachen anzuziehen.

Letzte Woche, als sie auch auf so einer Rundfahrt war, hatte sie sich auf der Heimfahrt verfahren. Ihr ganzes Leben hatte sie in derselben Gegend gelebt. Warum kam ihr ihre Heimatstadt mit einem Mal fremd und gespenstisch vor?

Olnwynn erspähte Diana in ihrem Auto und projizierte sich auf den Rücksitz; auf dem Beifahrersitz saß schon Brent.

Brent hielt sich noch bei Diana auf, weil er sie immer noch liebte und weil er sich noch nicht entschließen konnte, wo er nach seinem fatalen Herzanfall hingehen sollte. Er war damit beschäftigt, Diana zu sagen wie und wo sie fahren sollte und machte ihr Vorhaltungen, dass sie zu viel Geld ausgab; weil Brent jedoch körperlich tot war und Diana nicht glaubte, dass sie ihn sehen oder hören könne, sah und hörte sie ihn nicht.

Brent wandte sich ärgerlich an Olnwynn und sagte: »Was, zum Teufel, machst du denn hier?« Es dauerte einen Augenblick, bis die beiden Brüder einander erkannten. Dann, als Reaktion auf seine Erinnerung an Olnwynn, verwandelte Brent sich in die körperliche Erscheinung, die er im 2. Jahrhundert in Irland innehatte, denn sein ganzes dortiges Leben kehrte in sein Gedächtnis zurück.

»Hallo, mein Bruder!« begrüßte Olnwynn Brent. »Bei den Göttern, du hast ja echt Probleme, deine Gestalt beizubehalten.«

Brent verwandelte sich wieder in den Körper aus dem 20. Jahrhundert, doch sein Geist war überflutet von den Bildern aus der Vergangenheit. Er hatte seinen Bruder vom ersten Tag an beneidet, da er vom Mut und der Waffenkunst Olnwynns gehört hatte. Dessen eingedenk, wie er seinem Bruder Burg, Königreich und Frau geraubt hatte, fühlte sich Brent im Angesicht seines Opfers etwas unbehaglich. Wenn du keinen physischen Körper bewohnst, ist es unmöglich, deine Gedanken oder Gefühle zu verbergen. Der Tod macht Heimlichkeit zu einem Anachronismus; wenn du nichts hast, hast du nichts zu verbergen.

Als Brent eine halbherzige Entschuldigung vorbrachte, wurden die beiden Männer plötzlich nach vorne geschleudert. Diana fuhr nicht so, wie sie sollte; sie hatte ein Stopschild übersehen und stieg auf die Bremse, um nicht in einen großen Lastwagen mit Bier zu rasseln. Olnwynn sah ein riesiges Bierglas auf der Seite des Lastwagens, und das machte ihn sehr durstig. Die beiden Männer erinnerten sich mit einem Mal an die langen Abende, die sie mit Trinken und Zechen verbracht hatten; es hatte also auch etwas Gutes gegeben.

Diana war erschüttert. Nur knapp vermiedene Unfälle waren für sie in der letzten Zeit fast etwas Normales geworden. Sie fuhr schnell auf das Gelände eines Einkaufszentrums, parkte das Auto ein und blickte mit leeren Augen vor sich hin. Nach ein paar Augenblicken fielen ihr große rote Buchstaben in einem Schaufenster auf – »AUSVERKAUF« –, und von dieser Ankündigung getröstet, stieg Diana aus und ging in den Laden.

Ein ganzes Meer von Möbeln erstreckte sich vor Diana. Du meine Güte, sie hatte nie so viele Möbel gesehen. Diese neuen Geschäfte waren alle so groß, wie sollte man sich da entscheiden? Es gab einfach zu viel zu sehen.

Olnwynn und Brent schwebten über Diana. Ihre Liebe zu dieser einst schönen, jetzt alternden femme fatale hatte sie wieder zusammengebracht. Im hinteren Teil des Ladens schnarchte ein Verkäufer vor sich hin. Die gewisse bodenständige Männlichkeit des Mannes, der Anfang sechzig sein mochte, ließ ihn wie dafür geschaffen erscheinen, gelangweilten, einsamen Hausfrauen Möbel zu verkaufen. Er war gut in seinem Beruf, aber heute war er über die Fleisch-Enchiladas und die drei Pizzen, die er zum Mittag verspeist hatte, eingeschlafen.

Olnwynn sah seine Gelegenheit und übernahm für eine Zeitlang den Körper des schlafenden Verkäufers. Kaum darinnen, stand er auf und ging auf Diana zu.

Sie war noch immer wunderschön auf eine anmutig dahinschwindende Weise. Ihr Designerkleid betonte ihre Figur, die schon immer gut ausgestattet war. Sie sprach leise vor sich hin. »Was, um alles in der Welt, tue ich hier? Ich habe haufenweise Möbel.«

Der gutaussehende Möbelverkäufer kam auf sie zu. »Madam, wir sehen heute sehr gut aus. Was für eine schöne Frau Sie sind!«

Diana errötete. Sie dachte: »Dieser Mann ist nett; nun, stattlich und zugleich so männlich.« Diana vermisste einen »richtigen« Mann in ihrer Nähe. Der Verkäufer bat sie, sich zu setzen und bot ihr eine Cola an. Diana hatte es gerne, wenn ihr Männer sagten, was sie tun sollte; das erinnerte sie an Brent. Bereitwillig setzte sie sich hin.

Diana sah dem Fremden in die Augen und erblickte darin ein vertrautes Leuchten. Liebe strömte aus seinen Augen in ihre. Die beiden redeten eine Weile über das Wetter, ihre Kinder, gutes mexikanisches Essen; wirklich, nichts von Belang. Diana fühlte sich entspannt und irgendwie frei; ihre Hormone kamen wieder in Fluss. Durch diese Erfahrung fühlte sie sich insgesamt leichter, jünger und, zum ersten Mal seit Brents Tod, glücklich.

Nach einer Weile wurde Diana klar, dass sie gehen musste. Widerstrebend sagte sie diesem freundlichen, gutaussehenden Mann, der ihr wieder das Gefühl gegeben hatte, eine begehrenswerte Frau zu sein, auf Wiedersehen.

Als Diana davonging, wachte der verwirrte Verkäufer mit leichten Kopfschmerzen auf und versuchte, sich an ein Gespräch zu erinnern, das er gerade geträumt hatte. Aber war es ein Traum? Hatte er mit der Frau gesprochen, die gerade den Laden verließ? »Oh nein«, dachte er voll Gier, »die sieht richtig nach Geld aus; ich hätte ihr den ganzen Laden verkauft.«

Olnwynn und Brent stiegen mit Diana wieder in den Wagen, und ein jeder war auf seine Art traurig; sie hatten beide diese Frau sehr gern. Gefühle wie Eifersucht und Wut schienen nun, da sie nicht mehr in ihrem physischen Körper waren, nicht mehr so wichtig zu sein. Was auch immer Brent und Diana Olnwynn in einer weit zurückliegenden Zeit angetan hatten, machte in dem großen Bild nicht viel aus. Der Tod war tatsächlich der große Gleichmacher. Olnwynn verzieh Brent und umarmte den Mann, der einstmals sein Bruder gewesen. Er beschloss auch, wieder zu Diana zurückzukehren; das war genau das, was Olnwynn brauchte, um sich zu befreien.

IHRE ROTEN HAARE

Gracie kam mit einem Tablett mit frischen Keksen und zwei dampfenden Kaffeetassen auf die Veranda zurück. Sie lächelte Clarissa zu, denn sie bemerkte die Spuren des Kummers in den Augen der jüngeren Frau.

»Willst du ein bisschen reden?« fragte sie.

Clarissa war keineswegs überrascht, dass eine Fremde ihren derzeitigen Gemütszustand so genau erfassen konnte. Sie fühlte deutlich, dass Gracie die richtige Person war, der sie ihre Sorgen erzählen konnte.

Tränen strömten Clarissas hübsche Wangen hinab und in ihre Kaffeetasse. Gracie hörte still und geduldig zu, als Clarissa berichtete, wie sie und Michael sich an der Universität kennengelernt hatten und wie sie instinktiv gewusst hatte, dass Michael der einzige Mann für sie war und sie niemals einen anderen lieben würde. Mehrere Jahre waren sie zusammen glücklich gewesen.