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BILDUNG

Wirksame Coaching- und Beratungstools

Bewährte Praxis für Professionals

Stefanie Schönbach-Fuleda

Die Autorin

Stefanie Schönbach-Fuleda, Jahrgang 1967, promovierte in Pädagogik und Psychologie. Sie arbeitet in der Personalauswahl, als Trainerin und Coach. Zuvor war sie als Führungskraft in einem internationalen Konzern und als Projektleiterin in der Wissenschaft tätig. Ihr Unternehmen ‚Karrierewege‘ hat sich auf Karriere und Persönlichkeitsentwicklung spezialisiert.

Die Autorin bereitet Bewerber auf Personalauswahlverfahren in Wirtschaft und Wissenschaft vor, begleitet berufliche und persönliche Veränderungsprozesse und berät in Konflikten und in schwierigen Kommunikationssituationen.

In den Projektkooperationen „Profs Only“, „Exzellente Lehre“, ausgezeichnet vom Stifterverband und „Pro Exzellenzia – Frauen in Führungspositionen“ berät Sie Professoren und Professorinnen, Führungskräfte und Frauen.

Sie ist zertifizierte Coach und Expertin in den Bereichen Hochschuldidaktik, Kommunikation, Präsentation, Stressprophylaxe und Interviewtechnik. Als Dozentin führt sie Seminare an Hochschulen durch und begutachtet Abschlussarbeiten.

Sie ist Autorin und Herausgeberin für die Zeitschrift Grundlagen der Weiterbildung – Arbeitshilfen für Berater, Coachs, Führungskräfte und Personalverantwortliche. In den weiteren ausgewählten Veröffentlichungen spiegeln sich ihre Praxisfelder wider. „Kommunikation aktiv – Basiswissen, Beispiele und Übungen für das selbstorganisierte Training“; „Moderation und Präsentation“; „Coaching an Hochschulen. Auf dem Weg zur Exzellenz“; „Coaching als Türöffner für gute Lehre“; „Das Telefoninterview“; „Karriere Coaching – Höher, schneller, weiter?“

Das Buch „Wirksam coachen und beraten. Bewährte Praxis für Professionals“ ist das erste Tool-Buch. Im zweiten Buch stehen Coaching und Beratung an Hochschulen im Fokus.

Kontakt:

info@fuleda-karriere.de

www.fuleda-karriere.de

Inhaltsverzeichnis

Einleitung –
Wirksame Coaching- und Beratungstools

Der Coachingprozess

Veränderungen anregen und begleiten

Persönlichkeitsentwicklung

„Wenn Menschen so weit sind, verändern sie sich.

Vorher tun sie das nicht und manchmal sterben sie sogar, bevor sie so weit sind.

Man kann sie nicht dazu bringen sich zu verändern, wenn sie das nicht wollen,

so wie man sie auch nicht daran hindern kann, wenn sie es wollen“.

(Andy Warhol)

Bausteine des Selbstwerts – Den eigenen Wert erkennen

Innere Blockaden lösen – Die unerhörte Geschichte

Inneres Team – Befragen Sie Ihr Inneres Team

Johari-Fenster – Eigen- und Fremdwahrnehmung

Reframing – Erlebens- und Handlungsspielräume erweitern

Werte- und Entwicklungsquadrat – Verhaltensrepertoire ausbauen

Familienskulptur – Systemisch gut aufgestellt

Selbst- und Zeitmanagement

„Es ist gut, wenn uns die verrinnende Zeit nicht als etwas erscheint, das uns verbraucht oder zerstört, sondern als etwas, das uns vollendet“.

(Antoine de Saint-Exupéry)

Achtsamkeit – Die Gesundheit im Blick behalten

Stress lass nach – Ordnungstherapie

Burnout-Prophylaxe – Ein Managementthema

Zeitmanagement – Zeit ist endlos und endlich zugleich

Wahrnehmung – Augenblick mal

Kommunikation und Konfliktklärung

„Das Gespräch ist die einzige Brücke zwischen den Menschen“.

(Albert Camus)

Kommunikation von A bis Z – Ein Überblick

Die Unmöglichkeit, nicht zu kommunizieren – Pragmatische Axiome

Körpersprache – Ich sehe, was Du sagst

Stimme und Wirkung – Versteckte Botschaften

Das Eisberg-Modell – Inhalts- und Beziehungsebene beachten

Gelungene Gespräche – Die Kunst guter Gesprächsführung

Gewaltfreie Kommunikation – Die Sprache des Herzens

Transaktionsanalyse – Ich bin o.k. – Du bist o.k.

Zirkuläres Fragen – Systemische Frageform

Sprachspiele – Zugang zu Lebenswelten

Konfliktmanagement – Konstruktive Lösungen finden

Konfliktmoderation – Bewegung in Positionen bringen

Konstruktives Feedback – Was Feedback leisten kann

Das Harvard-Konzept – Sachbezogenes Verhandeln

Teamprozesse begleiten

„Wenn wir nicht zusammenarbeiten werden wir für unsere Probleme keine Lösungfinden“.

(Dalai Lama)

Teamentwicklung – Wie spät ist es im Team?

Themenzentrierte Interaktion –
Den Kommunikations- und Kooperationsstil verbessern

Moderationsmethode – Gemeinsam Prozesse gestalten

Riemann-Thomann-Modell – Unterschiede wertschätzen

Psychodrama – Veränderungen spielend lernen

Kollegiale Beratung – Phasenweise gut beraten

Karrierewege gestalten

„Der wahre Beruf des Menschen ist, zu sich selbst zu kommen“.

(Hermann Hesse)

KarriereCoaching – Höher, schneller, weiter?

Assessment Center Training – Fordern und Fördern

Telefoninterviews professionell führen – Gewusst wie

Führungsinstrumente – Die zehn wichtigsten spielen lernen

Projektmanagement – Ein Projekt endet in der Regel so, wie es begonnen hat

Projekte erfolgreich steuern – Basiswissen Projektmanagement

Profile Dynamics – Antriebsmuster und Widerstände erkennen

Glossar

Dank

Für Jan und meinen Sohn Jan Luca

„Ich glaube daran, dass das größte Geschenk, das ich von jemanden empfangen kann, ist, gesehen, gehört, verstanden und berührt zu werden. Das größte Geschenk, dass ich geben kann, ist, den anderen zu sehen, zu hören, zu verstehen und zu berühren. Wenn dies geschieht, entsteht Beziehung.“

(Virgina Satir)

Einleitung – Wirksame Coaching- und Beratungstools

Das Anliegen des Buches ist der professionelle und persönliche Einsatz der Coaching- und Beratungstools in einer wertschätzenden Beziehung zwischen Coach und Coachee. Lassen Sie sich von den Impulsen der Tools inspirieren, die Ressourcen der Coachees zu stärken und sie in die Selbstwirksamkeit zu führen.

Die fünf Kapitel – Persönlichkeitsentwicklung, Selbst- und Zeitmanagement, Kommunikation und Konfliktklärung, Teamprozesse begleiten, Karrierewege gestalten – spiegeln die Themenschwerpunkte der Coachees meiner Praxis wieder.

Im Kapitel Persönlichkeitsentwicklung geht es um Tools, die im Coaching und in der Beratung geeignet sind, um sich seiner selbst bewusst zu werden und die eigene Persönlichkeit gut einschätzen zu können: Wie sehe ich mich selbst? Wie sehen mich andere? Wie gestalte ich Beziehungen? Welche Blockaden verhindern den Zugriff auf meine Ressourcen und persönliche Entwicklungen? Welche Einstellungen, Handlungsprinzipien und Werte leiten mein Handeln?

Die Tools im Kapitel Selbst- und Zeitmanagement begleiten die Anliegen hinsichtlich der eigenen Leistungsfähigkeit und dem Wohlbefinden: Wie achtsam gehe ich mit meinen Gefühlen, Bedürfnissen und mit meiner Gesundheit um? Wie setze ich Achtsamkeit im Alltag um? Wie finde ich meine Stressfaktoren heraus und mit welchen Methoden gelingt Stressprophylaxe? Die Analyse der Zeitverwendung und Prioritäten zeigt mir Ansatzpunkte für Veränderungen in der Zeitplanung auf. Von besonderer Bedeutung für das persönliche Erleben beruflicher und privater Belastungen ist die Subjektivität der Wahrnehmung und Bewertung.

Das Kapitel Kommunikation und Konfliktklärung beschreibt, klärt und skizziert Kommunikation in der Vielfalt des Gelingens und im Umgang mit Schwierigkeiten. Hier werden Methoden, Modelle und Theorien dargestellt, die Kommunikationsprozesse der Coachees verbessern: Was teile ich durch Körpersprache und meine Stimme mit? Wie sende ich eindeutige Botschaften auf der Inhalts- und Beziehungsebene? Welche einschränkenden Annahmen, Glaubenssätze, Normen und Werte zeigen sich in meiner Sprache? Welchen Konfliktstil habe ich? Wie gelingen konstruktive Konfliktlösungen? Wie verhandele ich sachbezogen mit dem Ziel einer ‚Win-Win-Situation‘?

In den Tools im Kapitel Teamprozesse gestalten wird der Bedarf der Teamentwicklung und der Verbesserung der Zusammenarbeit in den Blick genommen: Welche Aufgaben hat die Teamleitung in unterschiedlichen Phasen? Wie kann das Team die Zusammenarbeit gestalten und Regeln zur Verbesserung der Kommunikation und Kooperation umsetzen? Wie fließt die Wertschätzung der Unterschiedlichkeit von Teammitgliedern gewinnbringend in den gemeinsamen Arbeitsprozess ein? Wie kommt ein Team in schwierigen Situationen zu guten Lösungen?

Im Kapitel Karrierewege gestalten ist guter Rat und Prozesswissen erwünscht: Wofür ist ein KarriereCoaching nützlich? Welche Antriebsmuster und Verhaltensmotive beeinflussen meinen beruflichen Erfolg und meine Zufriedenheit? Was wird im Assessment Center getestet? Wie werden Telefoninterviews professionell geführt? Welche Führungsinstrumente brauche ich als Führungskraft? Wie organisiere, plane und steuere ich erfolgreich Projekte?

Dieses Buch richtet sich an Coachs und Berater, die in den Praxisfeldern Wirtschaft und Wissenschaft tätig sind. Auch Führungskräfte, Personalverantwortliche und Lehrende finden in den Coaching- und Beratungstools praktische Impulse für ihre Arbeit. Alle anderen Interessierten bekommen einen Einblick in die professionelle Praxis von Coaching und Beratung. Angereichert durch Begriffsdefinitionen, Übungen und aktuelle Literatur bietet das Buch reichhaltige Zugänge für die Arbeit an den Anliegen Ihrer Coachees.

Die Piktogramme leiten Sie durch die Tools.

Der Notizblock nimmt die Kernfragen zu dem Tool auf

Der Lehrende definiert Begriffe und Modelle

Der Übende beschreibt Praxisübungen

Die Bücher verweisen auf ausgesuchte und verwendete Literatur

Viel Erfolg beim Ausprobieren der Coaching- und Beratungstools. Anregungen zu dem Buch und Ideen für weitere wirksame Tools nehme ich gerne auf. Bei Erwerb des Buches stelle ich Ihnen die Grafiken als pdf-Datei zur Nutzung in Präsentationen zur Verfügung.

Ihre

Stefanie Schönbach-Fuleda

Tool | Der Coachingprozess

Veränderungen anregen und begleiten

Was ist Coaching?

Auf welchen Grundsätzen basiert Coaching?

Wie ist der Ablauf eines Coachingprozesses?

Der Begriff Coaching umfasst die Begleitung von Veränderungsprozessen von einzelnen Personen bzw. einer bestimmten Anzahl von Personen in Teams und in Organisationen. Coaching basiert auf den Grundsätzen der ‚Freiwilligkeit‘, ‚Akzeptanz‘, ‚Vertraulichkeit‘, ‚Ressourcenorientierung‘.

Coaching-Übung: Anliegen klären

Ein Coachee kommt mit dem Anliegen zu Ihnen, dass er im Übergang auf eine Führungsposition Unterstützung möchte. Nun geht es darum zu klären, was der Coachee genau mit dem Anliegen verbindet. Sie geben den Impuls mit einer offenen Einstiegsfrage und der Coachee beginnt zu erzählen. Die Hauptaufgabe des Coachs ist das Aktive Zuhören.

„Wofür möchten Sie das Coaching nutzen?“

„Was ist das Wichtigste, das ich über Sie, über Ihre Situation oder Ihr Anliegen wissen sollte?“

Rauen, Christopher (2014): Coaching (Praxis der Personalpsychologie, Bd. 2). Hogrefe Verlag.

Fischer-Epe, Maren (2011): Coaching: Miteinander Ziele erreichen. rororo Verlag.

Greif, Siegfried (2008): Coaching und ergebnisorientierte Selbstreflexion. Theorie, Forschung und Praxis des Einzel- und Gruppencoachings. Hogrefe Verlag.

Offermanns, Martina/Steinhübel, Andreas (2006): Coachingwissen für Personalverantwortliche. Campus Verlag.

Tool | Der Coachingprozess

Veränderungen anregen und begleiten

Coaching ist ein oft bedeutungsgleich verwendeter Begriff für unterschiedliche Prozesse in Arbeits- und Bildungsbereichen. Gleichgesetzt wird Coaching oftmals mit Beratung und Training. Für den Coachingprozess ist die spezifische Charakterisierung des Coachings unerlässlich, um als professioneller Interaktionspartner und Wegbegleiter handeln zu können. Ursprünglich kommt der Begriff aus dem Sportbereich und umfasst neben der Beratung und Betreuung der Sportler auch die Förderung ihrer Motivation. In dem weiten Verständnis einer Beratungsform wird Coaching als Begleitung von Veränderungsprozessen von einzelnen Personen bzw. einer bestimmten Anzahl von Personen in Teams und Organisationen beschrieben. Die Wurzeln des Coachings lassen sich nicht auf eine charakteristische Theorie zurückführen. Sie wurden vielmehr von vielfältigen Konzepten beeinflusst. Der folgende Text beantwortet Ihnen Fragen nach den Ursprüngen des Coachings, den verschiedenen Arten von Coaches, den Anlässen, die zu einem Coaching führen, den charakteristischen Merkmalen eines Coachings, den Grundsätzen im Coaching, die Voraussetzung für einen tragfähigen Coachingprozess sowie nach dem schematischen Ablauf eines Coachingprozesses.

Quelle: Rauen, Christian (2003): Coaching (3. Aufl.). Hogrefe Verlag.

Welche Arten von Coaches gibt es in einem Coaching?

Im Bereich Coaching gibt es externe und interne Coaches, wenngleich der externe Coach in der Praxis der ‚Normalfall‘ ist.

Quelle: Rauen, Christian (2003): Coaching (3. Aufl.). Hogrefe Verlag.

Welche Anlässe gibt es für ein Coaching?

Die Gründe, warum sich Personen für ein Coaching entscheiden, zeigen die Ergebnisse der Trigon Coaching-Befragung von 2012 auf:

• 21% Karriere, Selbstwert und berufliche Entwicklung

• 14% Kommunikation und Gesprächsführung

• 14% Konflikte und Beziehungsklärung

• 12% Arbeitsorganisation und Selbstmanagement

• 10% Alltags- und aktuelle Themen

Welche spezifischen Merkmale beschreiben einen Coachingprozess?

Coaching ist eine Beratungsform, die anhand bestimmter Merkmale beschrieben werden kann. Coaching ist ein interaktiver und personenzentrierter Begleitungsprozess, in dem …

• berufliche oder private Anliegen des Coachees im Fokus stehen,

• eine vertrauensvolle Beziehung zwischen Coach und Coachee grundlegend ist,

• die eigenständige Lösungsfindung des Coachees angeregt wird,

• der Coachingprozess auf einem gemeinsam abgeschlossenen Vertrag beruht,

• die Interventionen und Methoden für den Coachee transparent sind,

• die Wahrnehmung, Selbstreflexion und Handlungsverantwortung des Coachees gefördert werden,

• die eigenständige Lösungsfindung des Coachees angeregt wird,

• die konkret formulierten Ziele des Coachees und die Verbesserung der Selbstmanagementfähigkeiten angestrebt werden.

Auf welchen Grundsätzen basiert ein Coaching?

Freiwilligkeit

Der Coachee ergreift die Initiative für ein Coaching aufgrund eines bestimmten Anliegens. Er wünscht den Beratungs- und Begleitungsprozess aus eigenem Interesse.

Akzeptanz und Vertraulichkeit

Die gegenseitige Akzeptanz von Coach und Coachee ist die Basis für eine transparente und vertrauensvolle Zusammenarbeit. Der Coachee kann sich darauf verlassen, dass sein Anliegen und die bearbeiteten Inhalte nicht an Dritte berichtet werden.

Ressourcenorientierung

Der Coachingprozess knüpft an den Stärken des Coachees an, um die Ressourcen für Veränderungen anzuregen.

Wie gehe ich in einem Coachingprozess vor?

Quelle: Rauen, Christian (Hrsg.) (2005): Handbuch Coaching. Hogrefe Verlag.

Tipp

Coaching ist eine spezifische Interaktion zwischen Coach und Coachee. Die innovative Idee des Coachings ist die Verknüpfung bestehender Theorien und Modelle in einem neuen Bezugsrahmen. Das Ziel von Coaching ist, die Ressourcen des Coachees zu stärken, um eigenständige Veränderungsprozesse anzuregen und zu begleiten.

Tool | Bausteine des Selbstwerts

Den eigenen Wert erkennen

Was versteht die Psychologie unter dem Selbstwertgefühl?

Welche Rolle spielt die Beziehungsgestaltung für das Selbstwertgefühl?

Was stabilisiert das Selbstwertgefühl?

Das Selbstwertgefühl manifestiert sich in den Meinungen, die wir im Laufe des Lebens über uns selbst herausgebildet haben. Wir bewerten unsere persönlichen Eigenschaften und in der Summe entsteht ein Konzept von uns selbst. Die Bewertung erfolgt kognitiv, affektiv und handelnd. Mit unseren als positiv bewerteten persönlichen Eigenschaften identifizieren wir uns leichter als mit den von uns negativ bewerteten persönlichen Eigenschaften.

Übung: Gespräch mit den Inneren Kritiker

Der Coach arbeitet in dieser Übung mit der Stuhlmethode, wie sie klassisch in beratenden Settings eingesetzt wird. Zunächst führt er den Coachee in das Konzept des Inneren Kritikers kurz ein. Der Coach bittet den Coachee sich auf den Stuhl des Inneren Kritikers zu setzen und setzt sich auf den Stuhl des Coachees. Nun spricht der Coach den Inneren Kritiker an.

Coach: „Ich will, dass Du mich in Ruhe lässt. Ich will genauso erfolgreich sein wie meine Kollegen.“

Coachee (Innerer Kritiker): „So schnell wirst Du mich nicht los. Du bist eben nicht gut genug. Die anderen können sich viel besser durchsetzen.“

Coach: „Warum kritisiert Du mich so hart?

Coachee (Innere Kritiker): „Ich will Dich davor schützen, dass die anderen Dich anfechten.“

Coach: „Und wie alt bist Du eigentlich?“

Der Coachee erfährt, dass die Stimme seines Inneren Kritikers sehr jung ist und früher eine Schutzfunktion für ihn hatte, die er jetzt nicht mehr braucht und die ihn in seiner Entwicklung hemmt. Eine weitere positive Absicht des Inneren Kritikers liegt in dem Ansporn, etwas zu leisten, um Erfolg zu haben. Nachdem der Coach genügend Antworten des Inneren Kritikers gehört hat, wechseln Coach und Coachee die Stühle und der Coach übernimmt die Rolle des Inneren Kritikers. Die Aufgabe des Coachees ist es nun, sich von dem Inneren Kritiker zu befreien, indem er ihn versteht und ihn in sein Inneres Team als ein Teil seiner Persönlichkeit integriert. Der Coach verhindert, dass der Coachee den Inneren Kritiker nur loswerden will und verhandelt eine neue, positive Funktion für den kritischen Anteil. Beispielsweise kann er ihn zum ‚Sorgenden Qualitätsmanager‘ ernennen und lernen, selbst wertschätzend mit sich umzugehen, sich realistische Ziele zu setzen und sich vom Perfektionismus zu verabschieden.

Am Schluß der Stuhlübung, die meistens sehr emotional ist, werden die Rollen aufgelöst, z.B. indem der Coach den Coachee kurz am Arm berührt und mitteilt, dass die Übung nun zu Ende ist. Damit die Intensität des Erlebten im alltäglichen Handeln nicht verloren geht, erarbeiten sie mit dem Coachee Strategien, wie und wann er beispielsweise den Qualitätsmanager einsetzen möchte.

Rohwetter, Angelika (2015): Den Inneren Kritiker zähmen. Strategien und Übungen für ein gutes Selbstwertgefühl. Klett-Cotta Verlag.

Satir, Virgina (2015): Selbstwert und Kommunikation: Familientherapie für Berater und zur Selbsthilfe – Leben lernen. Klett-Cotta Verlag.

Schütz, Astrid (2005): Je selbstsicherer, desto besser? Licht und Schatten positiver Selbstbewertung. Beltz Verlag.

Branden, Nathaniel (2003): Die 6 Säulen des Selbstwertgefühls. Piper Verlag.

Tool | Bausteine des Selbstwerts

Den eigenen Wert erkennen

Unser Selbstwert ist eine zentrale Größe für unser Wohlbefinden und ein häufiges Thema im Coaching. Das Anliegen, das Selbstwertgefühl stärken zu wollen ist verbunden mit der Vorstellung, dass uns damit einiges besser gelingen würde, sei es eine Präsentation, der nächste Karriereschritt oder die Fähigkeit, gute Beziehungen aufbauen und führen zu können. Doch was genau verbirgt sich hinter dem Selbstwert, dem Erfolg im Beruf und in Beziehungen zugeschrieben wird?

Vereinfacht dargestellt wird der Selbstwert in der psychologischen Forschung als ein Konstrukt aus drei Komponenten des Selbst angenommen:

• kognitiv: Welche Bilder/Urteile habe ich von mir (Selbstkonzept)?
Beispiele: Ich bin hilfsbereit, ich bin umtriebig, ich bin harmoniebedürftig, etc.

• affektiv: Wie bewerte ich die Bilder von meiner Person (Selbsteinschätzung)?
Bewertung: Finde ich es positiv oder negativ, dass ich so bin?

• handelnd: Welches Bild vermittele ich von mir (Selbstdarstellung)?

Der Selbstwert ist entsprechend kein Gefühl im eigentlichen Sinne, sondern eine Bewertung der persönlichen Eigenschaften. Die Summe der Bewertungen macht schließlich das Selbstwertgefühl aus. Um zu solchen Urteilen über sich selbst zu kommen, nutzen wir verschiedene Informationen: Die Selbstbeobachtung, den Vergleich mit anderen und die Spiegelung durch andere. Dabei ist jeder Mensch bemüht, sein Selbstwertgefühl zu erhalten oder es zu erhöhen. Menschen mit geringem Selbstwertgefühl haben dabei ein stärker ausgeprägtes Bedürfnis nach Selbstwertschutz oder Selbstwerterhöhung als Menschen mit einer positiv gerichteten Selbstbewertung.

Als selbstwertförderliche Strategie dient zum einen das Filtern von Informationen. Wir wählen uns aus, was wir hören wollen, je nachdem ob sie unseren Selbstwert schützen oder bedrohen. Das bedeutet, der Mensch beurteilt positive Bewertungen durch sich selbst oder andere eher als zutreffend als negative Bewertungen. Ein Beispiel dafür ist das Feedback nach einer Leistungssituation, sei es im Beruf oder im Sport. Die positiven Rückmeldungen schreiben sich die meisten selbst zu, weil sie hart gearbeitet oder trainiert haben, talentiert sind oder eine neue Technik gelernt haben. Die kritischen Rückmeldungen werden eher äußeren Bedingungen zugeschrieben, wie zum Beispiel zu geringen Ressourcen, einem unfairen Wettkampf oder dem Markt oder schlechtem Material. Eine weitere selbstwertfördernde Strategie ist es, unsere als positiv bewerteten Bilder zu überschätzen und die negativ bewerteten Bilder zu unterschätzen. So schätzen zum Beispiel viele gut ausgebildete Frauen ihre Einsatzbereitschaft und Kooperationsfähigkeit für ihren beruflichen Erfolg höher ein als die fehlenden Eigenschaften der Risikobereitschaft und des Durchsetzungsvermögens. Prinzipiell neigen Menschen mit geringem Selbstwertgefühl eher dazu, negative Informationen über ihr Selbst aufzunehmen, Menschen mit höherem Selbstwertgefühl nehmen eher die positiven Informationen auf.

Die Forschung zum Selbstwert zeigt interessante neuere Ergebnisse: Es gibt keinen messbaren Zusammenhang zwischen Selbstwertgefühl und Erfolg im Leben (Roy Baumeister). Da ein besseres Selbstwertgefühl unmittelbar auf unser Gesamtempfinden wirkt, bleibt uns das Bedürfnis danach jedoch erhalten.

Im Coachingtool „Die Bausteine des Selbstwerts – Den eigenen Wert erkennen“ geht es darum, mit Unterstützung eines Coachs, das Gefühl vom eigenen Wert wahrnehmen und reflektieren zu können. Dabei spielt die Kenntnis der Beziehungsbedürfnisse eine wichtige Rolle. Denn so können Sie prüfen, welche selbstwertbeeinflussenden Bedürfnisse erfüllt sind und welche Spannungszustände (Dissonanzen) hervorrufen.

Die 8 Beziehungsbedürfnisse

Unser Selbstwert hat sich zum großen Teil durch die Befriedigung von elementaren Bedürfnissen in der Kindheit entwickelt (Jonathan Brown, Richard Erskine und Rebecca Trautmann). Die selbstwertrelevanten Erfahrungen in unserer weiteren Entwicklung wirken nicht gleichermaßen wie diejenigen in der ersten Phase unseres Lebens. Hilflos und auf andere angewiesen müssen Erwachsene die Beziehungsbedürfnisse erfüllen, damit Babys sich in der Zuwendung und Liebe des anderen spiegeln können. Bleiben sie unbefriedigt, nehmen bereits Babys Schutzhaltungen ein, die ihnen das Überleben zwar sichern, sie jedoch emotional ruhig stellen. Die Ursprungserfahrungen legen den Grundstein für die Fähigkeit, sich lieben lassen zu können, sich selbst zu lieben und andere lieben zu können. Als Erwachsener sind wir allerdings in der Lage, uns die eigenen, inzwischen dysfunktionalen Schutzhaltungen bewusst zu machen und uns zu öffnen. Wir können Beziehungen gestalten, Einfluss nehmen und Beziehungen beenden, die Beziehungsbedürfnisse fundamental missachten.

Bestätigung

• Annahme durch andere

• in meinen Gefühlen und Bedürfnissen durch andere gespiegelt werden

• andere glauben mir

Einfluss

• einen Eindruck hinterlassen

• etwas bei anderen bewirken können

Einmaligkeit

• anders als andere sein dürfen

• in meinem anderssein gesehen und angenommen werden

Geben

• anderen etwas geben können

• andere nehmen das an, was ich gebe

Grenzen

• in Schutz genommen werden vor Überforderungen

• mich davor bewahren, dass ich mich selbst schädige

Initiierung

• Anregung und Aktivierung durch andere

• andere gehen auf mich zu

• andere machen mir Angebote

Sicherheit

• feste Vereinbarungen

• Regeln

• Wissen, woran ich beim anderen bin

Vergewisserung

• Stabilität durch den anderen

• Halt und sich anlehnen können

• Bindung

• Rituale

Die sechs Säulen des Selbstwert(gefühls)

Die sechs Säulen des Selbstwertgefühls entwickelte der amerikanische Psychologe und Psychotherapeut Nathaniel Branden. Im Coaching sind sie als Bild zu nutzen, was die Stabilität des Selbstwerts ausmacht. Gehen Sie als Coach gemeinsam mit Ihrem Coachee die Bedeutung der Säulen durch und lassen Sie ihn auf einer Skala von eins bis zehn skalieren, wie er sich selbst zu den einzelnen Aspekten einschätzt. Die Prüffrage ist, „Was ist der fehlende Teil zwischen ihrer Einschätzung und der zehn?“

1. Bewusst leben

Führen Sie sich regelmäßig vor Augen, was Sie tun, was für eine Absicht Sie haben und welche Gefühle deutlich werden. Denken Sie darüber nach, was Ihnen wichtig ist und ob Sie danach leben. Schreiben Sie sich auf, was Sie tun, denken und fühlen, da unser Inneres zu Verdrängung und zur Vermischung neigt. Nehmen Sie an, was Sie wahrnehmen – auch negative Handlungen oder Gefühle und akzeptieren Sie, dass es in dem Moment so ist.

2. Sich selbst annehmen

Verweigern Sie ein „feindschaftliches Verhältnis zu sich selbst” (Branden). Nehmen Sie sich voll und ganz an, lassen Sie positive und negative Gefühle zu.

3. Eigenverantwortlich leben

Überlassen die Verantwortung für Ihr Leben nicht anderen. Sorgen Sie für sich so, dass Sie ihr Leben gestalten und steuern können.

4. Sich selbstsicher behaupten

Selbstsicherheit bedeutet, nach den eigenen Überzeugungen und Werten zu handeln und nicht nach den Erwartungen anderer.

5. Zielgerichtet leben

Ziele leiten Ihr Handeln, nutzen Sie diese Energie. Entwickeln Sie sich weiter, indem Sie sich auf den Weg machen, aktiv leben und das erreichen, was Ihnen wichtig ist.

6. Persönliche Integrität

Achten Sie auf Stimmigkeit in Ihrem Leben, auch wenn es manchmal schwierig ist. Bleiben Sie sich selbst treu in dem, was Sie sagen und was Sie tun.

Tipp

Das Coachingtool „Bausteine des Selbstwerts – Den eigenen Wert erkennen“ zeigt, wie sich der Selbstwert bildet. Wir haben ein Gefühl für unseren Selbstwert, wissen aber häufig nicht, wie er sich begründet. „Das Gefühl vom eigenen Wert“ (Harriett Brown) hat sich in Beziehungen gebildet und ist ein Leben lang auf Beziehungen angewiesen. Nutzen Sie die Beziehungsorientierung im Coaching und geben Sie dem Coachee die Möglichkeit, den Selbstwert zu reflektieren, zu stärken und in eine Versöhnung mit sich selbst zu führen!

Tool | Innere Blockaden lösen

Die unerhörte Geschichte

Wie kommt es zu inneren Blockaden?

Wie wirken innere Blockaden auf das Handeln?

Womit löse ich innere Blockaden?

Innere Blockaden entstehen durch alte negative Erfahrungen, die das Unbewusste gespeichert hat. Kommen Sie nun in eine ähnliche – auch selbstgewählte – Situation, sagt Ihr Kopf, dass alles ok ist, dass Unbewusste blockiert jedoch Ihre Handlungsfähigkeit. Es signalisiert Ihnen, dass Sie das besser lassen sollten, um die alten Gefühlen nicht wieder hervorzuholen. Mit dem Ergebnis, dass die Blockade eine Eigendynamik entwickelt.

Übung: Blockaden lösen

Denken Sie an Situationen, die bei Ihnen Blockaden auslösen. Beispielsweise vermeiden Sie den Konflikt mit Ihrem Kollegen oder Vorgesetzten. Vielleicht haben Sie Angst vor Präsentationen oder Sie können nicht Nein-Sagen. Vielleicht wollen Sie sich beruflich verändern, doch Sie fühlen sich nicht in der Lage, in den Bewerbungsprozess zu gehen. Vielleicht wünschen Sie sich, eine für Sie ungute Beziehung zu beenden. Wählen Sie eine Situation aus und spüren Sie Ihren Gefühlen nach. Wie fühlen Sie sich, wenn Sie an die Situation denken? Ängstlich, traurig, verletzt, wütend? Nehmen Sie Ihre negativen Gefühle genauso an wie die positiven Gefühle, beispielsweise die Liebe, Freude und Gelassenheit. Sprechen Sie laut aus: „Alle meine Gefühle gehören zu mir. Sie sind aus meinen Erfahrungen entstanden. Das kann ich erkennen und akzeptieren. Und manche Gefühle brauche ich heute nicht mehr. Sie kommen aus der Vergangenheit und dürfen nun Platz für neue Gefühle machen. Ich akzeptiere und liebe mich selbst, mit meiner Angst (neu verletzt zu werden) vor Präsentationen oder vor dem Nein-Sagen. Ich verzeihe denen, die mich verletzt haben. Und ich erlaube mir, anderen zu sagen, was ich möchte und was nicht. Ich erlaube mir auch, Neues auszuprobieren und Unerwartetes zu tun. Auch wenn ich andere enttäusche, akzeptiere und liebe ich mich selbst.

Wagner, Angelika C. (2012): Gelassenheit durch Auflösung innerer Konflikte. Mentale Selbstregulation und Introvision (2., vollst. überarb. Aufl.). Kohlhammer Verlag.

Weil, Thomas (2010): Endlich frei von Stress: Innere Blockaden lösen mit ROMPC (3. Aufl.). Ariston Verlag. MEW-Medienedition Weil e.K. Verlag.

Weil, Thomas/Erfurt-Weil, Martina (2010): Selbstwirksamkeit und Performance: ROMPC®-Kompendium. Theorie- und Trainingshandbuch. MEW-Medienedition Weil e.K. Verlag.

Hartzema, Robert (2007): Der Weg zur inneren Freiheit: Ängste entdecken – Blockaden auflösen – Sicherheit finden. Urachhaus Verlag.

Tool | Innere Blockaden lösen

Die unerhörte Geschichte

Die unterschiedlichen Anliegen im Einzelcoaching, beruflich wie privat, haben eine grundlegende Gemeinsamkeit: Die Coachees kommen in das Coaching, weil sie sich in ihrer Handlungsfähigkeit blockiert fühlen. Sie wollen etwas verändern, stehen vor konkreten Problemen, möchten sich weiterentwickeln, doch sie kommen alleine nicht weiter. Blockaden entstehen aus Gefühlen, die der Coachee nicht spüren oder nicht nochmal erleben möchte. Wie beispielsweise Lampenfieber bei Präsentationen, fehlende Überzeugungskraft in der Mitarbeiterführung, sowie die Auseinandersetzung im Konflikt. In jedem dieser Anliegen steckt eine diffuse Angst, die sich unterschiedlich bemerkbar macht. Entweder in dem Wunsch, aus der Situation raus zu wollen, als Ärger, oder in der Antriebslosigkeit bis hin zur Resignation. Die Blockaden wirken eigendynamisch im Unterbewusstsein und verfestigen sich durch die Nichtannahme des Gefühls. Der gewünschten Handlungsfähigkeit fehlt die Energie, da diese auf die Ablehnung der unerwünschten Gefühle verwendet wird.

Das Coaching-Tool „Die unerhörte Geschichte – Innere Blockaden lösen“ ist ein tiefenpsychologisch wirksames Tool, welches unsere mehr oder weniger starken seelischen Erschütterungen aus früheren Erfahrungen und nicht erfüllten Beziehungsbedürfnissen in frühen Entwicklungsphasen auflöst (aber Achtung: Coaching ist nicht mit der psychotherapeutischen Behandlung von Traumata gleichzusetzen). Was sich genau auflöst, sind die Verschaltungen zwischen bestimmten Neuronen, die sich in der Kindheit aufgrund wiederkehrender emotionaler Erlebnisse gebildet haben. Hat ein Coachee in der Kindheit beispielsweise kontrollierendes Verhalten, Zurückweisung oder Vernachlässigung erlebt, bildet dieses Erleben eine starke Verschaltung. Der Coach gestaltet die Beziehung zu dem Coachee antithetisch und ermöglicht dadurch neue Beziehungserfahrungen von Autonomie, Zuwendung und Bestätigung. Die emotionale Wirkung in der Gegenwart verändert das Erleben des Coachee, die Synapsen feuern nicht mehr. Neue Handlungsmöglichkeiten können im Dialog mit dem Coachee entwickelt werden.

Was sich so einfach anhört, ist das Ziel einer intensiven Zusammenarbeit zwischen Coach und Coachee. Das Tool „Die unerhörte Geschichte – Innere Blockaden lösen“ hilft herauszuarbeiten, was den Coachee in seinem Handeln begrenzt. Der Coach nutzt dafür phänomenologische Fragetechniken, um die vielfältigen Dimensionen des inneren Erlebens seines Coachees zu erfassen. Er setzt an den missachteten Beziehungsbedürfnissen und den einschränkenden Grundüberzeugungen des Coachees an.

Quelle: Weil, Thomas/Erfurt-Weil, Martina (2010): Selbstwirksamkeit und Performance: ROMPC®-Kompendium.

An einem Beispiel werden die Schritte beschrieben, wie der Coach vorgeht. In der Phase der Auflösung der Blockade arbeitet der Coach mit hypnotischen Sprachmustern und Entkoppelungstechniken. Der Einsatz dieses Tools setzt ein Beziehungsverständnis von Coach und Coachee voraus, welches weg von der professionellen Distanz geht hin zu einer professionellen Beziehung. In der Coaching-Beziehung wird sich relativ schnell die Art und Weise abbilden, wie der Coachee Beziehungen gestaltet. Der Coach in seiner Professionalität erkennt die Beziehungsbedürfnisse und reagiert angemessen darauf, um dem Coachee gegenteilige Erfahrungen zu ermöglichen (antithetische Beziehungsgestaltung).

Die Dimensionen inneren Erlebens

Ein Beispiel aus dem Einzelcoaching: Der Coachee wurde zur Führungskraft benannt, zweifelte aber daran, ob er für eine Führungsposition überhaupt geeignet sei. „Diese Beförderung setzt mich so stark unter Druck, dass ich nicht mehr schlafen kann. Ich habe versucht, mich über Führung zu informieren und ein Buch darüber gelesen. Das hat meinen Zweifel eher verstärkt, weil ich die vielen Anforderungen an eine Führungskraft als teilweise widersprüchlich wahrnehme. Außerdem habe ich einige Kompetenzen nicht, wie zum Beispiel Konfliktlösungsfähigkeit und Gesprächsführungstechniken.“

Phänomenologische Fragetechnik

Der Coach beginnt nun horizontal zu fragen, um die Dimensionen des inneren Erlebens des Coachees zu erfassen und sich damit der unerhörten Geschichte in ihrer Komplexität anzunähern.

• DENKEN: Kognitive Dimension

„Was denken Sie, warum ist das so, dass Sie daran zweifeln, für eine Führungsposition geeignet zu sein?“

• FÜHLEN: Emotionale Dimension

„Wie fühlt sich das an, wenn Sie diesen Zweifel haben, für eine Führungsposition geeignet zu sein?“

• VERHALTEN: Behaviorale Dimension

„Was tun Sie mit Ihrem Zweifel und was würden Sie statt dessen lieber tun?“

• KÖRPER: Physiologische Dimension

„Wo spüren Sie den Zweifel im Körper und wie fühlt sich dieser an?“

• SINN: Spirituelle Dimension

„Welchen Sinn macht es zu zweifeln. Wofür ist es gut?“

Nun fragt der Coach, welche Dimension dem Coachee am meisten zu schaffen macht. Ist es der Zweifel, die körperliche Reaktion, nicht mehr schlafen zu können oder die fehlenden Kompetenzen? Diese Dimension spricht der Coachee hauptsächlich an und sie ist damit die „Tür“, die er dem Coach zunächst öffnet. Übergeht der Coach dieses Beziehungsangebot und will durch eine geschlossene Tür, wird der Coachee erneut auf die offene Tür aufmerksam machen oder es kommt zu einem Beziehungsabbruch („Falltür“). Durch die geöffnete Tür kann der Coach jedoch zu den anderen Türen gelangen. Der Coachee entscheidet, welche weiteren Türen er öffnen möchte. Der Coach achtet auf die Sprache des Coachees, um aus seinen Worten und der Art und Weise, wie er etwas sagt, die Selbstüberforderung zu erkennen. In diesem Beispiel ist es der Anspruch, die Erwartungen seiner Kollegen und seines Vorgesetzen erfüllen zu wollen, eine starke Führungspersönlichkeit zu sein und Konflikte reibungslos lösen zu können (Superlativistische Selbstansprüche: „Ich bin nur in Ordnung, wenn ich die Erwartungen erfüllen kann, stark bin, kompetent bin…“). Nicht mehr schlafen zu können, war eine Folge seiner schlimmsten Befürchtungen (Galoppierenden Gruselfantasien: „Was halten andere von mir, was denken sie, wie reagieren sie und wohin führt das? Ich schaffe es nicht, andere sehen, dass ich unfähig bin, keiner will mehr mit mir zusammenarbeiten und schlimmstenfalls wenden die Kollegen sich von mir ab“). Seine einschränkenden Grundüberzeugungen („Wie sehe ich mich, die anderen und das Leben?“) waren: „Ich bin ein Blender, andere können mich so nicht liebenswert finden, das Leben ist oft eine Überforderung“. Der Coach fragt den Coachee, woher er das kennt, ob er das selbst als Kind so erlebt hat oder ob es ein übernommenes Gefühl von einer Bezugsperson ist. Er fragt, was er in dieser Situation gebraucht hätte und kann auch Hypothesen über erfahrene Beziehungsdefizite des Coachees äußern.

In der professionellen Beziehung zwischen Coach und Coachee erlebt der Coachee, dass er seine „unerhörte Geschichte“ erzählen kann, dabei seine Gefühle ausdrücken darf, jemand mitfühlt, er sich verstanden fühlt, aber auch, dass die Situation ihn bedrückt. Die gewünschte Veränderung des Coachees setzt nicht an der Einsicht an, sondern an seinem inneren Erleben.

Hypnotische Sprachmuster und Entkopplungstechniken

Mit hypnotischen Sprachmustern führt der Coach den Coachee in die Selbstannahme. Er bittet den Coachee ihm nachzusprechen, was er sagt: „Ich akzeptiere mich voll und ganz, auch in dem Glauben, dass ich den Anspruch an mich habe, allen Erwartungen gerecht werden und stark sein zu müssen, auch darin, dass ich denke, ich sei ein Blender … akzeptiere ich mich voll und ganz.“ Während der Coach die „Stressfaktoren“ des Coachees aktualisiert (Stress anschalten), entstört er den Stressor durch entkoppeln. Dabei nutzt der Coach Entkopplungstechniken wie beispielsweise das Klopfen aus der Körperarbeit und Kinesiologie. Auch „natürliche“ Entkopplungstechniken, die der Coachee uns anbietet, können wir als Reiz nutzen (beispielsweise Räuspern, Lachen, Tief durchatmen). Die Wirkung der rhythmischen Reize ist die Harmonisierung im Sinne einer Ent-Störung einer Störung, die die Ausschüttung von Hormonen zur Folge hat (Oxytocin = Beziehungs- und vertrauensbildend, Serotonin = Selbstberuhigung und Gelassenheit).

Nach dieser Intervention prüft der Coach die emotionale Entlastung des Coachees durch Nachfragen („Und wie geht es Ihnen jetzt im Zusammenhang mit Ihrem Zweifel, ob Sie als Führungskraft geeignet sind?“) und achtet auf Mimik (Entspannung und Lächeln) und Atmung (tiefes Durchatmen). Der Coachee kann zusätzlich auf einer Skala von eins bis zehn festlegen, wie groß der Zweifel noch ist. Ist noch Restzweifel da, fragt der Coach nach und führt die Intervention mit den dazu gekommenen Informationen erneut durch – bis der Coachee signalisiert, dass er „entstört“ ist und in die dritte Phase der Entwicklung von Handlungsalternativen übergehen kann.

Tipp

Das Coaching-Tool „Die unerhörte Geschichte – Innere Blockaden lösen“ eignet sich für die Arbeit an starken Belastungssituationen Die Wirkfaktoren in diesem Tool sind die horizontale und vertikale Fragetechnik, die antithetische Beziehungsgestaltung und die Entkopplungstechniken. Nutzen Sie Ihre Professionalität als Coach, eine ehrliche, zugewandte und produktive Beziehung in kurzer Zeit aufbauen und gestalten zu können als Beziehungsangebot für Ihren Coachee.