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© 2017 Judith Hohmann

Verlag:tredition GmbH, Hamburg
ISBN Taschenbuch:978-3-7439-1025-6
ISBN Hardcover:978-3-7439-1026-3
ISBN e-Book:978-3-7439-1027-0

Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages und der Autorin unzulässig. Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Ich danke Lidija, Dani, meiner Kollegin Andrea, aber auch einem weiteren kleinen Kreis von guten Freunden dafür, dass sie für mich in einer schweren Zeit da waren und dabei halfen, ins Leben zurückzufinden… Danke, dass es euch gibt!

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Im Chaos der Gefühle

© 2017 Judith Hohmann

Die Erfolgsautorin Andrea lernt bei einer Lesung die zwanzig Jahre jüngere Melanie kennen. Es ist Liebe auf den ersten Blick.

Nach Anlauf einer wunderschönen Romanze taucht ihre Ex auf und fängt an Andrea zu stalken. Sie setzt Andrea wegen des Altersunterschiedes zu Melanie seelisch zu. Und Andrea beginnt sich tatsächlich Gedanken darüber zu machen, ob es das Richtige ist was sie tut. Zudem hat sie nach einer großen Enttäuschung Angst vor einer festen Beziehung.

Sie versucht es Melanie zu erklären und bittet um eine Auszeit. Aber die Liebe scheint ihr einen Strich durch die Rechnung zu machen.

Unter Zeitdruck des Verlages, bald ihr neues Buchprojekt einzureichen, flüchtet sie kurzerhand nach Spanien in eine kleine Finca, die sie sich vor Jahren zusammen mit ihrer damaligen Lebensgefährtin gekauft hat.

Andrea möchte dort Ruhe finden, das Buch beenden und sich über ihre Gefühle klarwerden.

Das Chaos ist vorprogrammiert: Ihre Ex und Melanie tauchen in der Finca auf…

Im Chaos der Gefühle

von Judith Hohmann © 2017

Einleitung

Während meiner Lesung bemerkte ich diesen Blick, der die ganze Zeit über schon auf mir ruhte. In der vorletzten Reihe hinten links saß sie: lange blonde Haare, schmales Gesicht – und stechend blaue Augen. Sie visierte mich mit einem Blick an, der mir Gänsehaut bereitete. Mehrfach las ich dieselbe Zeile, und ich war nicht in der Lage, mich richtig darauf zu konzentrieren. Sie brachte mich vollends durcheinander.

Es fiel mir im Grunde recht schwer Lesungen zu halten. Endlich konnte ich es annähernd, und nun kam das! Folglich hob ich meinen Kopf, und wir sahen uns für einen Augenblick tief in die Augen. So etwas hatte ich noch nie zuvor erlebt. Es war so bewusst, ging tief unter die Haut.

Ich verwarf es jedoch schnellstens wieder.

Nun hatte ich mein Kapitel beendet, und alle, die dieser Lesung beiwohnten, fingen gedämpft an zu klatschen.

Die junge Frau, die vom Alter her locker meine Tochter hätte sein können, schaute weiterhin zu mir hinüber.

Langsam fing ich an sichtlich nervös zu werden.

Nachdem ich nun das letzte Buch signiert hatte, erhob ich mich vom Stuhl und stellte mich ein wenig abseits der kleinen Gesellschaft. Mit der Hand hielt ich mein Glas und beobachtete die Runde.

Viele standen in kleinen Gruppen beieinander und unterhielten sich. Gelegentlich stieß eine Frau zu mir, und wir sprachen kurz über mein zuletzt erschienenes Werk.

Während meiner Smalltalks, die ich hin und wieder führte, ruhte der Blick dieser wunderschönen Frau weiterhin auf mir.

Und ich konnte nicht umhin, als sie ebenfalls anzuschauen. Sie stand etwas weiter hinten, war wie ich auch immer wieder in kleinere Gespräche vertieft. Und immer wieder sah sie zu mir hinüber. Einmal hob sie sogar ihr Glas und nippte mit einem anreizenden Blick daran. Nach einer Weile löste sie sich von der kleinen Gruppe, zu der noch weitere drei Frauen gehörten.

Meine Güte, sie kam direkt auf mich zu. Eine Frau, die ganz sicher jede haben konnte. Ich bemerkte, dass ich rot wurde.

Mein Hals war trocken und um meine Mundwinkel zuckte es. Zittrig hielt ich das Glas umgriffen. Ich riss mich zusammen.

Als wir uns nun dicht gegenüberstanden, versuchte ich meinen Kloß runter zu schlucken.

Nur nichts Falsches sagen, schoss es mir durch den Kopf. Nun ja, möglicherweise meint sie ja gar nicht dich oder will sich einfach nur über dieses Buch unterhalten.

Ich ertappte mich dabei, dass mein Blick zu ihren Lippen wanderte. Sinnliche Lippen, die dazu einluden sie küssen zu wollen. Meine Handinnenseiten wurden feucht. Am liebsten wäre ich im Erdboden versunken.

„Dein Buch ist echt toll“, sagte sie. „Ich habe es längst gelesen. Als ich mitbekam, dass du hier im Café eine Lesung abhältst, musste ich kommen. Ich wollte wissen, wie die Autorin dazu aussieht, die den Roman verfasste.“

Sie sprach mit mir. Sie sprach tatsächlich mit mir. Meine Knie waren butterweich geworden. Ich klebte weiterhin an diesen Lippen. Obwohl es mir schwerfiel, riss ich mich davon los und sah ihr ins Gesicht. Verdammt noch mal! Von den Lippen hin zu diesen wunderschönen Augen. Das geht nicht, ermahnte ich mich. Reiß dich zusammen!

„J-ja“, stammelte ich. „Danke für das Kompliment.“ Es gelang mir gerade so, diese wenigen Silben herauszubringen. Zu mehr war ich nicht in der Lage.

„Wäre es für dich denkbar, mit mir was trinken zu gehen?“, fragte sie unvermittelt.

Jetzt tat sich der Boden unter mir auf. Flutsch und weg! Das hätte ich mir jetzt am liebsten gewünscht. Einfach weg. Sie konnte NICHT mich gemeint haben. Ausgeschlossen! Ich drehte mich verdattert zur Seite, suchte nach denen die sie meinte. Aber da war ausschließlich ich. Also Nein, ich war gemeint. Ging nicht anders.

Das, was ich dann aus mir herausbrachte, ließ mich über mich selbst erschrecken. „Ich würde dich gerne küssen.“

Mein Gegenüber starrte mich nicht wenig überrascht an. Aber geschockt war sie auch nicht darüber. Sie gewann an Farbe, wandte sich aber nicht ab. Weiter ruhte ihr Blick auf mir.

„Melanie“, sagte sie mit sanfter Stimme und streckte mir ihre Hand entgegen. „Ich heiße Melanie.“

Ich wäre am liebsten tot umgefallen. Dass ich mal so rangehen würde?

Ich war keine Zwanzig mehr, hatte zudem Jahre keine Beziehung mehr gehabt. Und nun stand ich hier, dachte bis Dato, dass ich total eingestaubt sei mit Gefühlen und allem was damit zusammenhing. Und nun sprach ich etwas aus, was ich früher niemals gewagt hätte auszusprechen. War ich doch eher zurückhaltend.

Melanie stellte ihr Glas auf dem kleinen Beistelltisch neben uns ab. Sie machte einen Schritt auf mich zu und stand nun direkt vor mir.

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Keine dreißig Zentimeter mehr weit entfernt. Wie gut sie roch. Ich hob meine rechte Hand und strich ihr zittrig durch die langen Haare.

Sie beugte sich vor. „Möchtest du es denn gleichtun, oder sollen wir erst einmal von hier verschwinden?“, hauchte sie mir ins Ohr.

Um uns herum knisterte es - die Stimmung hoch erotisch.

„Ich kann eigentlich gerade hier nicht weg“, sagte ich kaum hörbar.

Mein Herz schlug heftig. Meine Güte, hoffentlich bemerkte sie es nicht. Und in meinen Schläfen pochte es. Ich schloss leicht meine Augen und spürte, wie sie mit ihren Lippen meinen Hals berührten und ihn zärtlich küsste.

Es kribbelte. Und mein Atem wurde schwerer. Dass mir so etwas mal passieren würde? Wie aus heiterem Himmel machte es >Peng<, und es traf mich wie ein Blitz. Auf einmal existierte nur noch diese Frau für mich. Es war, als würde eine Tür eingetreten, die bisher verschlossen war.

Melanie, ein bildschöner Name. Er passte einfach zu ihr. Meine Buchveröffentlichung war unerwartet bedeutungslos und in weite Ferne gerückt. Diese junge Frau hatte mich total verwirrt.

Kapitel 1

Melanie betrat die Wohnung, und ich schloss die Tür hinter ihr. Sie ging an mir vorbei ins Wohnzimmer. Dann drehte sie sich zu mir um.

„Darf ich dir etwas zu trinken anbieten?“, fragte ich und ging in die Küche. „Einen Tee vielleicht? Es ist November, draußen ist es nasskalt, und er würde uns einfach guttun.“

Was tat ich hier? Was versprach ich mir hiervon? Diese Frau war mir fremd, und ich lud sie wahrhaftig zu mir in die Wohnung ein.

Nach einem „Ja, sehr gerne“ stellte ich den Wasserkocher an. Ich wusste mir keine Antwort darauf zu geben. Ich war total eingestaubt was die Riten jemanden kennenzulernen angingen. Fühlte mich wie ein kleines Kind, das seine ersten Gehversuche startete. Ich wusste nicht mehr, wie man eine Frau ansprach, sie näher kennenlernte, einfach das gesamte Programm, das An-die-andere-näherherantasten. Ich lächelte in mich hinein. Aber hier habe ich mich doch richtig gut geschlagen.

Ich war zu Melanie ins Wohnzimmer zurückgekehrt und stellte die beiden Tassen auf den modernen Couchtisch. Es dampfte und duftete verlockend.

Melanie hatte es sich währenddessen auf dem Sofa bequem gemacht. Ich muss irgendetwas unternehmen. Mein Herz schlägt so schnell. Hoffentlich bleiben mir meine Worte nicht noch im Hals stecken. Die Zubereitung des Tees in der Küche hat mir nicht gerade dabei helfen können mich wieder zu normalisieren. Gott sei Dank lebt wenigstens der Wasserkocher noch. Ich sah ihn bereits auf dem Boden liegen.

„Du hast eine sehr geschmackvoll eingerichtete Wohnung“, sagte sie.

Was eine wunderschöne attraktive Frau. Die reinste Versuchung. Und abermals diese Lippen, nach denen ich mich sehnte. Ich wollte sie mit meinen berühren, sie küssen. Ich schluckte. Meine Lippen waren trocken.

So setzte ich mich gegenüber von ihr in meinen Ohrensessel und nahm eine Tasse.

„Wolltest du mich nicht küssen?“, fragte sie unverblümt und stellte die Tasse auf den Tisch zurück. Ein sinnlicher Blick traf mich aus ihren Augen und löste heißes Verlangen aus.

Ich hob meine Augenbrauen und zuckte zusammen. Bevor der Tee über den Rand schwappen konnte, stellte ich das Behältnis Hals über Kopf auf die Tischplatte zurück.

Es knisterte förmlich vor Spannung zwischen uns.

Melanie erhob sich von dem Sofa, ging um den Tisch herum und stand nun direkt vor mir. Sie trug ein kurzes schwarzes Bustierkleid, das ihre schlanke Figur und langen Beine zur Geltung brachte. Und sah atemberaubend darin aus. Ihre blonden Haare fielen ihr auf die Schultern.

Schließlich reichte sie mir formvollendet ihre Hand und forderte mich auf aufzustehen.

Wir standen jetzt so dicht voreinander, dass sich unsere Körper berührten. Ihr herbsüßer Duft holte mich wieder ein. Ich sah, wie ihr Atem schneller ging und ihre Lippen sich öffneten. Meine Lust auf sie war nun endgültig geweckt.

„Du bist eine wunderschöne Frau“, sagte ich unwiderleglich. Dass ich das überhaupt in diesem Zustand über meine Lippen brachte, ohne zu stottern, war fürwahr verwunderlich. „Aber ich denke, das weißt du sicherlich.“ Ich strich ihr eine Haarsträhne zurück.