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Geführte Meditationen & Bonusmaterial

Einige Übungen aus diesem Buch habe ich im Studio eingesprochen. Sie können sich von mir also auch durch eine Hörversion führen lassen. Gehen Sie dazu bitte auf meine Webseite www.kimfleckenstein.com und klicken Sie unter der Rubrik „Bücher“ auf „10 Minuten für die Selbstliebe“. Dort geben Sie bitte das Passwort „Selbstliebe“ ein und gelangen so zu den Übungen, die Sie auch auf Ihren Computer herunterladen können.

Woche 1 – Selbstwahrnehmung:

Tag 1 – Schlagen Sie Wurzeln wie ein Baum

Tag 3 – Mehr Liebe, weniger Angst

Tag 7 – Nehmen Sie sich bewusst wahr

Woche 2 – Akzeptanz:

Tag 1 – Die Peace-Finger

Tag 4 – Ganz leicht weg vom Perfektionismus

Tag 5 – Ich bin bereit

Tag 6 – Üben Sie sich in Dankbarkeit

Tag 7 – Hallo Gefühl, hallo Gedanke

Woche 3 – Selbstbewusstsein:

Tag 2 – Ein Blick aus der Sternenperspektive

Tag 3 – Knipsen Sie Ihr inneres Licht an

Tag 5 – Return to Sender

Tag 7 – Sie sind so viel mehr

Woche 4 – Selbstliebe:

Tag 1 – Atmen Sie die Schwere weg

Tag 5 – Ihre Selbstliebe-Meditation

Tag 6 – Gönnen Sie sich eine Auszeit

Online warten außerdem noch zwei weitere Meditationen als Bonusmaterial auf Sie. Lassen Sie sich überraschen.

Kim Fleckenstein

„Altes loslassen, Neues zulassen“ lautet das Credo von Kim Fleckenstein. Das ist keine Floskel, sondern ein Grundsatz, nach dem sie ganz bewusst lebt und Entscheidungen trifft. Nach einer langjährigen Karriere als Führungskraft in der Textilbranche realisierte sie ihren wirklichen Berufstraum: andere Menschen bei persönlichen Herausforderungen zu unterstützen – und nicht nur bei der Kleiderwahl. Kim Fleckenstein absolvierte daraufhin Ausbildungen zur Hypnosetherapeutin und zum NLP-Coach. Sie ist Heilpraktikerin für Psychotherapie und zertifizierte Meditationstrainerin.

Kim Fleckenstein lebt und arbeitet in München. Sie hält Seminare ab und verkauft seit 2012 unter ihrem Namen Hypnose- und Meditations-Apps. Von Kim Fleckenstein gibt es bereits drei weitere Bücher: Ab heute stresst mich gar nichts mehr, Ab heute schlaf ich richtig gut und Ab heute lass ich endlich los. In ihrem Podcast „Selbstläufer“ dreht sich alles um das „Selbst“: wie man es findet, akzeptiert und wertschätzt.

Mehr über die Autorin erfahren Sie auch auf ihren Websites www.kimfleckenstein.com und training.kimfleckenstein.com, wo sie ein 12-Wochen-Onlinetraining zu den Themen „Panik stoppen“ und „Ängste stoppen“ anbietet.

Für unser verletztes inneres Kind

Inhalt

Lieben lernen in nur zehn Minuten – geht das?

Meine Geschichte

Woche 1
Selbstwahrnehmung
Mal ganz anders als bisher

Wer sind Sie und woher kommt das?

Tag 1: Welche Maus nagt an Ihrem Lebensbaum?

Tag 2: Das Ja-Nein-Experiment

Tag 3: So kriegen Sie Ihre Erwartungsangst klein

Tag 4: Drehen Sie Ihren inneren Kritiker leiser

Tag 5: Hören Sie auf mit dem Mit-Leid

Tag 6: Wie Ihre Familiengeschichte Sie heute noch beeinflusst

Tag 7: Ziehen Sie Ihr Fazit für diese Woche

Woche 2
Akzeptanz
Lernen Sie, Dinge gelassen hinzunehmen

Welche Denkmuster stören Ihr Glück?

Tag 1: Nehmen Sie sich so an, wie Sie sind

Tag 2: Raus aus dem Drama-Dreieck

Tag 3: Lehnen Sie die Ablehnung nicht ab

Tag 4: Was wollen Sie sich oder anderen verzeihen?

Tag 5: Sind Sie bereit, sich zu verändern?

Tag 6: Heute ist Ihr Glückstag

Tag 7: Ziehen Sie Ihr Fazit für diese Woche

Woche 3
Selbstbewusstsein
Verwandeln Sie einen Mangel in Ihre große Stärke

So pushen Sie Ihr echtes Selbstbewusstsein

Tag 1: Ihre Ziele für ein neues Ich

Tag 2: Lob stimmt

Tag 3: Schenken Sie sich ein Lächeln

Tag 4: So viel Kraft steckt schon in Ihnen

Tag 5: Ihre Formeln für eine positive Zukunft

Tag 6: Verlassen Sie Ihre Komfortzone

Tag 7: Ziehen Sie Ihr Fazit für diese Woche

Woche 4
Selbstliebe
Es ging nie um etwas anderes

Verlieben Sie sich neu – in sich selbst

Tag 1: Ihr Leben kann leichter sein, als Sie denken

Tag 2: Ihre Schönheit kommt von innen

Tag 3: Blicken Sie Ihren Ängsten ins Gesicht

Tag 4: Treue ohne Reue

Tag 5: Kümmern Sie sich um Ihr inneres Kind

Tag 6: Diese Quelle können Sie immer anzapfen

Tag 7: Ziehen Sie Ihr Fazit für die letzte Woche

Ein Selbstliebe-Gedicht

Geführte Meditationen & Bonusmaterial

Impressum

Lieben lernen in nur zehn Minuten – geht das?

Schwimmen kann man lernen. Fahrrad fahren auch. Aber Selbstliebe? Die liegt vor uns wie der Mount Everest. Riesig und angsteinflößend. Wo sollen wir da nur anfangen? Eine unmögliche Herausforderung. Was, wenn ich Ihnen sage, dass Sie es doch schaffen können – indem Sie Schritt für Schritt den Berg in sich erklimmen. Mit diesem Buch drücke ich Ihnen alle Hilfsmittel in die Hand, die Sie auf dem Weg zu einem starken Ich benötigen. Sie brauchen in den kommenden Wochen nur zehn Minuten täglich in sich selbst zu investieren und werden so Ihren inneren Kritiker und Ihre Selbstzweifel los. Und ohne diesen Ballast im Gepäck schaffen Sie’s auch locker auf den Mount Everest …

KLEINE AUFGABE

Sie müssen keine Auszeit nehmen, um Ihr Leben zu verändern. Lesen Sie ein Kapitel pro Tag und nehmen Sie sich die Zeit für eine – oder wenn Sie möchten – zwei Übungen. Keine dauert länger als zehn Minuten.

Auch ich bin diesen Weg gegangen. Meine Selbstliebe war früher nämlich so winzig wie ein Stecknadelkopf. Wie es dazu kam, lesen Sie gleich im Kapitel „Meine Geschichte“. Ich muss zugeben: Beim Schreiben kamen mir die Tränen. Denn ich schildere minutiös Situationen und Emotionen aus meiner Kindheit, die dafür sorgten, dass es mir später über Jahrzehnte hinweg an Selbstliebe mangelte. Was habe ich mir nur alles gefallen lassen. Wie habe ich mich verbogen. Was habe ich alles nicht gezeigt, nur um die Fassade zu wahren, von der ich meinte, sie mache mich vielleicht liebenswert.

Stellen Sie die richtigen Fragen

Ich spreche in diesem Buch übrigens immer von mangelnder und nicht von fehlender Selbstliebe. Denn ich glaube, dass wir alle aus Liebe heraus in diese Welt kommen und uns die Selbstliebe von Anfang an mitgegeben wird. Als Erwachsene dürfen wir uns daran erinnern. Wir dürfen ein verkümmertes Gefühl wieder aufwecken und wachsen lassen.

Es bedarf einer Portion Mut, sich den Lebensfragen zu stellen. Und die fangen zunächst mit einem Warum an. Warum bin ich so unglücklich? Warum verhalte ich mich so? Warum bringt mich XY auf die Palme? Und warum habe ich bisher noch nichts dagegen getan? Dann sind die Wie-Fragen dran: Wie schaffe ich es, mich in Zukunft mehr zu lieben? Wie reiße ich Blockaden ein? Wie werde ich Verhinderer los? Ich helfe Ihnen, Antworten auf diese Fragen zu finden. Helfe Ihnen zu erkennen, was Ihnen guttut und was nicht.

Finden Sie heraus, was Glück für Sie bedeutet. Was macht Sie wirklich glücklich? Was wollen Sie im Leben erfahren und zum Ausdruck bringen, um daran Ihren Selbstwert abzulesen? Sind Sie nur glücklich, wenn alles nach Ihren Wünschen verläuft? Was passiert mit Ihnen und Ihrem Selbstwertgefühl, wenn es mal nicht so verläuft wie erhofft?

Fühlt sich der Selbstwert zu gering an, machen Sie bitte nicht andere Menschen dafür verantwortlich. Andere geben Ihnen zwar ein Feedback darüber, wie Sie im Alltag wahrgenommen werden. Aber das darf nicht entscheidend sein für die Richtung, in die Sie sich entwickeln wollen. Denn unsere Mitmenschen wissen oft selbst nicht, wer sie sind oder wer sie sein möchten. Wie kann Ihnen dann ihr Feedback weiterhelfen? Es verunsichert Sie oft nur, anstatt Ihnen weiterzuhelfen.

Wenn die Selbstliebe schrumpft

Es gibt viele Situationen, die uns verzweifeln lassen und ins Straucheln bringen. In die meisten Fallen tappen wir aus ein und demselben Grund: weil wir uns selbst nicht genug lieben. Weil wir an andere Erwartungen haben, die sie nicht erfüllen – weil sie diese Erwartungen gar nicht kennen oder sie schlichtweg nicht erfüllen wollen.

Wer keine Nähe zu sich selbst aufbauen kann, schafft das auch nicht in Beziehungen mit seinen Mitmenschen. Nur wer mit sich selbst zumeist im Reinen ist, kann sich verbunden fühlen. Kann ehrliche und respektvolle Beziehungen aufbauen. Kann sich selbst lieben – inklusive aller Widrigkeiten. Muss nichts verbergen oder sich zwanghaft schuldig fühlen.

Ich weiß nicht, ob Sie sich schon einmal vorgestellt haben, wie es wohl sein wird, wenn Sie am Ende Ihres Lebens noch einmal eine Rückschau halten. Mir ist das definitiv zu spät, daher mache ich es zwischendurch immer mal wieder. Ein Sprichwort besagt, dass wir im Angesicht des Todes nicht das bereuen, was wir gemacht haben – sondern nur das, was wir nicht getan haben. Und ich habe mir schon vor Jahren versprochen, dass ich am Ende meines Lebens einen Satz nicht sagen möchte: „Hätte ich mich doch bloß mehr geliebt.“

Mein Weg zu mir selbst begann vor über zehn Jahren, als ich eines Abends todunglücklich im Bett lag. Eigentlich gab es keinen Grund dafür: Ich hatte einen lukrativen Job in einer tollen Stadt, war körperlich gesund und von guten Freunden umgeben. Doch wenn das immer reichen würde, dürften Menschen mit viel Geld und Besitz niemals klagen. Sie tun es aber trotzdem, und das hat einen einfachen Grund. Egal, wie viel jemand besitzt, wie groß sein Bekannten- und Freundeskreis ist, wie topfit er laut seinem Arzt ist: Wenn die Selbstliebe in sich zusammenschrumpft, wird man immer einen bohrenden Schmerz und ein immenses Mangelgefühl spüren. Was nutzt der größte Reichtum, wenn man sich einsam fühlt? Was der größte Erfolg, wenn einem keiner wirklich nahesteht?

Hören Sie Ihrem inneren Kind zu

Die Wurzeln für dieses Problem liegen oft in der Kindheit. Darum werde ich in den kommenden Wochen häufig über das „innere Kind“ sprechen. Ich möchte Ihnen kurz erklären, was es damit überhaupt auf sich hat, aber so viel vorweg: Das innere Kind steht für den Teil unseres Gehirns, der Gefühle, Erinnerungen und Erfahrungen aus unserer Kindheit gespeichert hat.

MEISTENS IST DER FRÜHESTE ZEITPUNKT UNSERER KINDHEIT, AN DEN WIR UNS ERINNERN, DAS ALTER VON DREI JAHREN. ES GIBT NUR WENIGE MENSCHEN, DIE SICH NOCH WEITER ZURÜCKERINNERN KÖNNEN.

Die Bezeichnung „inneres Kind“ ist eine Metapher, die in der Psychologie oft verwendet wird. Auch ich mache das. Denn egal, wie groß und erwachsen wir alle sind – das Kind in uns wird es immer geben. Je nachdem, wie unsere jungen Jahre verlaufen sind, steckt ein eher fröhliches, selbstbewusstes und glückliches Kind in uns oder ein eher trauriges, unsicheres und ängstliches. Und auch wenn eine Kindheit oberflächlich betrachtet gut verlaufen ist, gibt es eventuell dunkle Stellen, die genauer betrachtet werden dürfen. Denn unser inneres Kind steuert maßgeblich, wie wir uns verhalten. Wir sind uns dessen nur nicht bewusst. Es sorgt dafür, dass wir einen Streit anzetteln, dass wir uns vor einem Neuanfang fürchten oder nicht genug an uns selbst glauben. Und das tut es so lange, bis wir ihm in die Augen blicken und fragen: „Wo liegen deine Zweifel, deine Sorge, dein Mangel oder deine Angst? Und woher kommt das?“ Erst durch dieses Zwiegespräch ist eine „Heilung“ im Inneren und somit auch im Außen möglich.

WENDEN SIE SICH IN DIESEM BUCH ALSO IHREM INNEREN KIND ZU UND HÖREN SIE GENAU HIN, WENN ES ANFÄNGT ZU ERZÄHLEN.

Entwerfen Sie Ihr neues Ich

Sehen Sie sich nicht als Massenprodukt, das bei möglichst vielen Menschen gut ankommen soll. Auf dieser Welt laufen schon zu viele Kopien herum. Mit Ihrer Selbstliebe entfaltet sich auch Ihre Originalität.

Nutzen Sie dieses Buch als Bauplan für das Selbst, das Sie gestalten und verfeinern wollen. Von welchen Bauherren haben Sie sich bisher reinreden lassen? Auf welche wollen Sie weiterhin hören, auf welche nicht mehr? Schreiben und zeichnen Sie alles in dieses Buch, das Ihnen dabei helfen kann, sich von dem zu befreien, was Sie nicht mehr wollen oder nicht mehr brauchen.

Natürlich können Sie Ihre Selbsterfahrung weiterhin aufschieben, kein Problem. Aufschieben geht immer. Die Frage ist nur, wohin diese Schieberei Sie führen soll. Wie sieht Ihr Leben dann in drei, sechs oder zwölf Monaten aus? Wie in fünf Jahren? Glauben Sie, dass es besser wird, wenn Sie weiterhin verdrängen, was Sie nicht anschauen wollen? Wie viel Leid wollen Sie noch ertragen?

Auch wenn Sie am Anfang nur kleine Schritte machen, machen Sie sich bewusst: Mit jeder achtsamen und liebevollen Minute, die Sie sich selbst schenken, kommen Sie Ihrem Ziel ein Stück näher.

LEGEN SIE LOS!

Wenn nicht jetzt, wann dann?

Auch meine Klienten, die ich in diesem Buch erwähne, sind ihrem Ziel ein gutes Stück nähergekommen. Ihre Namen habe ich zwar geändert, die Erfahrungen entsprechen aber der Wirklichkeit – so traurig es manchmal ist. Ich konnte allen einen essenziellen Denkanstoß geben. Hoffentlich gelingt mir das auch bei Ihnen. Zu Ihrer eigenen Sicherheit möchte ich Sie allerdings darauf hinweisen, dass dieses Buch keinen Arztbesuch, keine Therapie oder medizinische Hilfsmittel ersetzt.

Ich bedanke mich dafür, dass Sie zu meinem Buch gegriffen haben. Sollten Sie mir schreiben wollen, so können Sie das gerne tun. Sie erreichen mich unter info@kimfleckenstein.com. Es kann sein, dass es etwas dauert, bis ich antworte. Aber ich schreibe Ihnen auf jeden Fall zurück.

UND DENKEN SIE IMMER DARAN:

Ohne (Selbst-)Liebe ist alles nichts.

Herzlichst

Meine Geschichte

Mit 25 Jahren hatte ich einen schweren Autounfall. Man sagt ja immer, dass bei einem solchen Nahtoderlebnis das ganze Leben an einem vorbeizieht. Aber als ich damals eingeklemmt in meinem völlig zerstörten Wagen festsaß, blutend und vor Schmerz schreiend, ging mir nur eines durch den Kopf: Ich muss meinem Vater unbedingt sagen, dass ich nicht schuld an diesem Unfall bin.

Ich verlor die Besinnung und erwachte irgendwann allein zwischen piepsenden Maschinen auf der Intensivstation eines Krankenhauses. Auch in diesem Moment dachte ich an meine Eltern: Ich wäre fast gestorben. Jetzt MÜSSEN sie mir endlich sagen, dass sie mich lieben.

ICH LIEBE DICH!

Diese drei Worte habe ich weder von meiner Mutter noch von meinem Vater jemals gehört. Auch nach diesem Unfall nicht. Obwohl ich mir nichts sehnlicher wünschte.

Was ich erst später erfuhr: Als mein Vater nachmittags von meinem Unfall hörte, wartete er bis zum frühen Abend und holte meine Mutter wie geplant von der Arbeit ab. Er fuhr mit ihr zum Einkaufen und sagte ihr erst dann, dass sie noch in die Klinik müssten, weil ich einen schweren Autounfall gehabt hätte.

Was sind wir nur für eine Familie? Diese Frage stellte ich meiner Mutter vor einigen Jahren. Daraufhin sagte sie: „Wir sind keine Familie und wir waren nie eine.“

Eines möchte ich klarstellen: Es geht mir nicht darum, meine Eltern an den Pranger zu stellen. Mir ist heute sehr wohl bewusst, dass sie so gehandelt haben, weil sie es für richtig hielten. Es hätte andere Möglichkeiten gegeben, aber die haben sie nicht gewählt. Die Gründe dafür sind vielfältig: mangelnde Einsicht, Ablehnung elementarer Gefühle, die Angst davor, sich selbst zu hinterfragen – und vor allem eine zu geringe Selbstliebe. Denn auch meine Eltern sind von ihren Eltern geprägt und waren deren Erziehung verfallen.

Meine Mutter sagte mir einmal, dass sie die drei Worte „Ich liebe dich“ für die verlogensten der Welt hält. Sie und mein Vater stammen aus Familien, in denen es so etwas wie Liebe oder Selbstliebe kaum gab. Und es ist schwierig, etwas von jemandem einzufordern, das derjenige selbst nie erfahren hat.

All das durfte und musste ich lernen zu akzeptieren. Ansonsten wäre ein Leben, so wie ich es heute führe, nicht möglich gewesen. Ich musste lernen loszulassen. Von den Erwartungen, die ich an meine Eltern stellte. Und von der Hoffnung, jemals ihren Erwartungen zu entsprechen. Denn das tue ich bis heute nicht. Diese Gedanken musste ich zulassen, um mich mit meiner Vergangenheit auseinandersetzen zu können. Denn nur wenn ich das tue, kann ich auch liebevoll in der Gegenwart leben. Um mit mir als Person, mit meiner Kindheit, meiner Jugendzeit und auch mit meinen Eltern Frieden schließen zu können.

Dieses Kapitel ist keine Abrechnung, sondern eine Erzählung meines bisherigen Lebens. So wie ich es gesehen habe und wie ich es heute sehe. Ich muss Ihnen von einigen wichtigen Erlebnissen berichten, damit Sie mein Buch verstehen können. Damit Sie wissen, warum ich von manchen Geschehnissen in einer Art berichte, die sich vielleicht hart anhört. Aber ich habe nun mal alles genauso empfunden. Und ich habe keine Lust, meine Gefühle aus irgendwelchen gesellschaftlichen Konventionen heraus anders darzustellen.

Es geht hier nicht darum zu jammern, sondern darum, Ihnen zu zeigen, wie ich zu dem Menschen wurde, der ich heute bin: selbstreflektiert und achtsam, aber alles andere als perfekt. Und das ist für mich völlig okay so.

MEINE ERKENNTNIS

Wir alle tragen seit unserer Geburt ein Päckchen mit Chancen zur Persönlichkeitsentwicklung in uns. Ich habe es aufgemacht, alles rausgenommen und bin dabei, es bis aufs letzte Fitzelchen zu verarbeiten.

Auf der Suche nach meinem inneren Kind

Es fiel mir lange schwer, mich an meine Kindheit zurückzuerinnern. Mein Gehirn spuckte nur Fragmente aus. Das kommt daher, weil ich mich in unserer Familie nie richtig wohlgefühlt und vieles verdrängt habe. Erst als ich anfing, mich ausführlich mit meinem inneren Kind zu beschäftigen, konnte ich mich an Situationen erinnern, die mich verstehen ließen, weswegen ich mein damaliges Leben im wahrsten Sinne zum Kotzen fand. Und warum das zu einer jahrelangen Bulimie-Erkrankung führte. Aber dazu später …

Ich habe einen älteren Bruder und eine Halbschwester aus der ersten Ehe meiner Mutter. Mein Vater sagte einmal: „Wenn deine Mutter und ich noch mal wählen könnten, würden wir nie wieder drei Kinder bekommen.“ Ich war die Jüngste und nie geplant.

Ich träumte von liebevollen Eltern. Da ich die nicht hatte, wäre ich als Zwölfjährige am liebsten aufs Internat gegangen. Doch das wurde mir untersagt. Meine Mutter und mein Vater arbeiteten beide und so wuchs ich als Schlüsselkind auf. Nach der Schule zog ich durch unsere Wohngegend und lud mich selbst bei Freunden zum Mittagessen ein.

Lange Zeit dachte ich, dass ich das getan hätte, weil es bei uns mittags nichts Warmes zu essen gab. Aber daran lag es nicht. Ich entkam dadurch vielmehr der beklemmenden Atmosphäre zu Hause. Die wurde geprägt durch die Kühle, die emotionale Distanz und die große Strenge meines Vaters. Gekuschelt oder geschmust wurde bei uns so gut wie nie.

Belohnt wurde ich nur für Leistung. Ich weiß noch, dass ich mir einen Plattenspieler wünschte und ihn auch bekam, weil ich einen bestimmten Notendurchschnitt erreicht hatte. Mein Vater wollte unbedingt, dass seine Kinder Abitur machen und dass mindestens eines von ihnen studiert – weil ihm selbst als junger Mann beides verwehrt geblieben war.

Allerdings war ich kein Überflieger und so mangelte es mir an Anerkennung. Die hätte ich sowieso viel lieber für mich als Person bekommen anstatt für meine Schulnoten. Ich hatte oft schlechte Laune, weil ich innerlich mit allem so unzufrieden war. Ich war mies drauf, weil ich einfach nur das Gefühl der Anerkennung und des Willkommenseins haben wollte.

Ein vorsätzlicher Liebesentzug

Ich war ein impulsives Kind, das seine Gefühle und Gedanken frei äußerte. Dadurch eckte ich in meiner Familie an. Vor allem bei meinem Vater, der einer Generation angehört, die es nicht gelernt hat, über ihre Gefühle zu sprechen. Die typische Schutzstrategie meines Vaters ist das Macht- und Kontrollstreben; meines war Angriff und Attacke.

Unsere Auseinandersetzungen liefen stets nach dem gleichen Muster ab: Ich hatte eine andere Meinung als mein Vater und wagte es, diese auch zu äußern. Das passte ihm überhaupt nicht, woraufhin er mich scharf zurechtwies. Damit hätte ich leben können. Aber er setzte eine noch weitere Taktik ein, die mir an die Substanz ging: Er tat so, als sei ich Luft.

Unsere Diskussionen fanden meist beim gemeinsamen Abendessen statt. Mein Vater ignorierte mich danach üblicherweise eine ganze Woche lang. Anfangs wiederholte ich brav mein „Gute Nacht“ oder „Guten Morgen“, weil ich dachte, er hätte mich nicht gehört. Aber schließlich erkannte ich, dass er mich absichtlich nicht wahrnahm. Als wir das nächste Mal wieder im Clinch lagen, verzichtete ich von vornherein auf einen Gruß. Das wiederum ließ mein Vater nicht zu. Wenn er nach Hause kam, musste ich ihn mit einem „Guten Abend“ begrüßen. Er selbst blieb stumm.

Ich kann verstehen, dass man ab und zu sauer auf jemanden ist. Ich kann verstehen, dass man auch mal keine Lust hat, über etwas zu reden. Aber dieser vorsätzliche Liebesentzug war unglaublich schlimm für mich.

War die Woche um, grüßte mein Vater mich wieder, wenn ich aus meinem Zimmer getrottet kam. Zunächst zwar noch sehr reserviert – doch zumindest war ich wieder anerkannt. Der Streit an sich wurde nie mehr thematisiert, es gab bei uns keine Aussprachen. Deswegen habe ich es als Kind zum Beispiel nicht gelernt, wie man konstruktives Feedback gibt.

Falls Sie sich fragen, was meine Mutter zu all dem zu sagen hatte: nicht viel. Und wenn, dann änderte es nichts. Mein Vater war der Patriarch, seine Meinung und seine Laune zählten. Alle hatten sich nach ihm zu richten. Auch meine Mutter.

Immer wieder Tadel statt Trost

Mit 14 blieb ich nach dem Unterricht noch gerne mit Klassenkameraden auf dem Schulgelände. Eines Tages spielte ich mit ein paar Jungen Fußball. Das Wetter wurde immer schlechter, aber das störte uns nicht. Erst als die Wolken bedrohlich dunkel wurden und mit einem Mal ein unglaubliches Gewitter ausbrach, flüchteten wir vom Fußballplatz. Einige von uns fanden es sinnvoll, eine Abkürzung zu nehmen. Sie führte über einen hohen Eisenzaun mit zentimeterlangen Eisenspitzen. Wir kletterten hoch – was natürlich extrem dumm von uns war, aber so leichtsinnig waren wir als Jugendliche eben – und es passierte, was passieren musste: Ich rutschte am pitschnassen Zaun ab und eine der Eisenspitzen, an denen ich mich hochgezogen hatte, bohrte sich zwischen Ring- und kleinem Finger meiner rechten Hand ins Fleisch.

Ich schrie und blutete ganz fürchterlich. Meine Mutter wurde gerufen und brachte mich ins Krankenhaus. Dort schnitt man den Ring, den ich damals trug, auf. Denn meine Hand war so angeschwollen, dass er nicht mehr runterging. Die fünf Zentimeter lange Wunde musste genäht werden.

Mit einem dicken Verband wurde ich nach Hause geschickt und setzte mich dort aufs Sofa. Ich dachte, mein Vater würde mich in irgendeiner Form trösten, wenn er heimkäme. Schließlich war ich nicht absichtlich hängen geblieben. Als er die Diele betrat, blickte er fragend auf meinen Verband. „Was ist passiert?“ Nachdem ich ihm die Kurzversion erzählte hatte, atmete er völlig entnervt aus, schmiss seinen Autoschlüssel in die Schale und hielt mir einen Vortrag über Dummheit.

Ich weiß, dass Eltern in so einer Situation oft wütend reagieren, weil sie sich Sorgen machen und daran denken, was noch alles hätte passieren können. Aber das war mir damals erstens nicht bewusst und zweitens half mir diese Standpauke überhaupt nicht weiter. Mir ging es dadurch nur noch schlechter. Nicht nur, weil die Wunde pochte, sondern weil mir der dringend benötigte Trost fehlte.

Flucht in die Bulimie

Das Wort „Sucht“ kommt von „suchen“. Mit 17 suchte ich vor allem nach Liebe. Ich war schon als Kind sehr dünn und wurde oft auf mein Gewicht angesprochen. Das empfand ich nicht als unangenehm. Im Gegenteil: Ich genoss die Aufmerksamkeit, die ich dadurch erhielt. Ich wog damals rund 40 Kilo und kontrollierte täglich mein Gewicht.

Eines Abends ging ich mit einer Freundin aus und lernte einen Jungen kennen. Wir unterhielten uns stundenlang und ich fand ihn ziemlich gut. Auch er fragte mich, wie viel ich denn wiege, und ich erzählte ihm, wie wichtig mir mein Gewicht sei.

Am nächsten Tag besuchte ich ihn mit meiner Freundin im Geschäft seiner Eltern. Ich erinnere mich noch genau an die Szene: Er schaute mich an und fragte zur Begrüßung, wie viel ich denn heute wiegen würde. Ich antwortete „40,5 Kilo“. „500 Gramm mehr als gestern? Fette Sau!“

Das war wohl als Scherz gemeint. Doch ich nahm seine Bemerkung bitterernst. Als ich wieder zu Hause war, steckte ich mir zum ersten Mal in meinem Leben den Finger in den Hals, um so viel Essen zu erbrechen, wie ich nur konnte.

Mein Selbstwertgefühl maß sich jahrelang an meinem Gewicht und dem Aussehen meines Körpers. Ich machte den Erfolg oder das Scheitern eines Tages daran fest, welche Zahl auf der Waage stand. Manchmal stieg ich bis zu dreimal am Tag auf die Waage.

Bulimie hat viel mit Kontrolle zu tun. In meinem Leben lief einiges aus dem Ruder – aber mein Gewicht und das, was ich in meinen Körper ließ, konnte ich steuern. So fühlte ich mich einerseits sehr stark, dann aber auch wieder unendlich schwach – nämlich in den Momenten, in denen ich völlig unkontrolliert Essen in mich hineinschlang. Es war ein ständiges Auf und Ab der Gefühle. Genau deshalb aber hatte mich die Sucht auch so gut im Griff, bestimmte sie doch lange Zeit meine Gefühle. Und zwar die Gefühle einer vermeintlichen Kontrolle.

In den folgenden Jahren spezialisierte ich mich geradezu darauf, hochkalorische Gerichte zuzubereiten. Schließlich wusste ich, dass ich hinterher alles wieder auskotzen würde. Das war und blieb mein Geheimnis, ich verriet es niemandem. Insgeheim jedoch hoffte ich, dass mich meine Eltern auf den sauren Geruch im Bad oder in meinem Zimmer ansprechen würden. Oder dass sie mich fragen würden, warum ich abends nach dem Essen noch so oft rausging, um den Müll runterzubringen.

Ich habe Jahre später, als ich zu meiner Bulimie stehen und darüber reden konnte, von Verwandten erfahren, dass meine Eltern von meiner Erkrankung wussten. Ich selbst habe nie mit ihnen über meine Sucht sprechen können. Ich hatte zu große Angst vor dem Satz: „Wir haben das damals schon vermutet.“ Denn dann hätte ich sie fragen müssen: „Warum habt ihr nichts getan?“

Wie ich die Sucht stoppte

Es gibt Geburtstagsgeschenke, die möchte man einfach nicht haben, bekommt sie aber trotzdem. Als ich 18 wurde, eröffnete mir meine Mutter, sie werde sich von meinem Vater trennen. Schließlich sei ich nun volljährig – nur darauf habe sie gewartet. Sie setzte ihr Vorhaben nie in die Tat um. Dafür gibt es mehrere Gründe. Mit Liebe haben sie meiner Meinung nach allerdings nichts zu tun, denn ich weiß ja, wie meine Mutter zu diesem Gefühl steht.

Im Laufe der Jahre machte ich meine ersten Beziehungserfahrungen, die alle katastrophal verliefen. Rückblickend wundert mich das überhaupt nicht: Entweder tat ich mich mit jungen Männern zusammen, die eine ähnlich dominante Persönlichkeit hatten wie mein Vater. Oder sie waren das genaue Gegenteil von ihm – und dann butterte ich sie unter. Heute weiß ich außerdem, dass meine Beziehungsprobleme immer etwas mit der Beziehung zu mir selbst zu tun hatten.

Mit 22 Jahren hatte ich einen Freund, dessen Familie gut betucht war. Wir gingen mindestens drei bis vier Mal pro Woche mit seinen Eltern chic essen. Natürlich wollte ich nicht jedes Mal im Restaurant auf die Toilette gehen und mich übergeben. Ich schämte mich wahnsinnig für meine Sucht. So sehr, dass ich beschloss, damit aufzuhören. Ich tat es von einem auf den anderen Tag.

Das hört sich für Sie jetzt vielleicht völlig utopisch an. Aber es war so. Ich bin ein sehr rationaler Mensch. Und ich glaube, man braucht manchmal eine gehörige Portion Rationalität, um einen besseren Abstand von persönlichen Problemen zu bekommen. Ich machte mir damals ganz klar bewusst: Ich will mir nicht mehr den Finger in den Hals stecken. Und wenn für mich Schluss ist, ist Schluss.

MEINE ERKENNTNIS

Ich bin überzeugt davon, dass jeder Mensch ein ungewünschtes Verhalten einstellen kann. Und zwar sobald er selbst es wirklich will – nicht, wenn andere versuchen, ihm das einzureden. Er selbst muss seine Entscheidung als unumstößliche Tatsache akzeptieren. So wie ich. Mein Beschluss lautete: Ich erbreche mich nicht mehr. Punkt!

Ich beschränkte mich von da an darauf, im Restaurant möglichst wenig zu essen. Die Sucht, wieder zu erbrechen, konnte ich so zwar erfolgreich beenden. Aber mein starkes Verlangen nach Liebe bekam ich nicht in den Griff. Ich versuchte erneut, es auf die falsche Art und Weise zu stillen – führte damit aber nur eine Suchtverlagerung herbei.

Mit 23 verliebte ich mich in einen Mann, der mich immer wieder spüren ließ, wie toll er mich fand. Ich bekam endlich all die Aufmerksamkeit, die ich mir wünschte, und sagte daher auch Ja, als er mich um meine Hand bat. Obwohl ich tief in mir drin wusste, dass er nicht der Richtige für mich war.

Ich ging zu meinen Eltern, um sie über meine bevorstehende Hochzeit zu informieren. Ich hoffte, sie würden mich davon abhalten. Mir endlich sagen, wie sehr sie mich liebten. Und mir versprechen, mit mir zusammen meine Probleme anzugehen. Ich wollte sie wachrütteln, doch das funktionierte nicht. Stattdessen kam nur ein knappes: „Hast du dir das auch gut überlegt?“

Nein, das hatte ich natürlich nicht. Noch auf dem Standesamt fragte ich mich: Warum machst du das nur? Nach nur anderthalb Jahren war die Ehe am Ende. Mittlerweile habe ich mich bei meinem Exmann für mein Handeln damals entschuldigt und ihm erklärt, warum unsere Liebe von vornherein zum Scheitern verurteilt war. Er ist wieder verheiratet und ein glücklicher Vater. Ich freue mich von Herzen für ihn.

Mein Aufbruch zu mir selbst