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EXTRA

 

 

Galaktisches Garrabo

 

Perry Rhodan und Bostich I. – die beiden mächtigsten Männer der Milchstraße in Gefahr

 

Verena Themsen

 

 

 

Pabel-Moewig Verlag KG, Rastatt

 

Cover

Vorspann

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Impressum

PERRY RHODAN – die Serie

 

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Auf der Erde und den zahlreichen Planeten der Milchstraße, die von Menschen besiedelt sind, ist das Jahr 1341 Neuer Galaktischer Zeitrechnung angebrochen – dies entspricht dem Jahr 4928 alter christlicher Zeitrechnung. Seit Perry Rhodan mit einer schlichten Rakete ins All vorgestoßen ist und der Menschheit dabei den Zugang zu den Sternen erschloss, sind fast dreitausend Jahre vergangen.

Längst bildet die Erde – oder Terra, wie man allgemein sagt – das Zentrum eines blühenden Sternenreiches aus Tausenden von Planeten. In der Liga Freier Terraner leben nicht nur Menschenabkömmlinge, sondern auch Angehörige anderer Völker. Der Mausbiber Gucky ist für viele ein typisches Beispiel; außer ihm gibt es zahlreiche Fremdwesen auf den wichtigsten Welten der Liga.

Die einflussreichste Macht in der Milchstraße ist allerdings das Huhany'Tussan, das »Göttliche Imperium« der Arkoniden, das von Imperator Gaumarol da Bostich absolutistisch geleitet wird. Die politische Lage ist derzeit, zehn Jahre nach dem Hyperimpedanz-Schock von 1331 NGZ, angespannt.

In dieser Situation kommt es zu einem Geheimtreffen zwischen den beiden mächtigsten Männern der Milchstraße – und dieses entwickelt sich zu einem GALAKTISCHEN GARRABO ...

1.

6. Tonta des 24. Prago der Hara

21.455 da Ark

Nachtschwingen

 

Ein Schmetterling durchstieß im Taumelflug die Grenze der nächtlichen Schatten in der Tiefe des Trichterbaus. Schillernd brach sich das Morgenlicht auf seinen schwarzen Flügeln, während er weiterstieg, bis er die oberste der Terrassenstufen passiert hatte. Eine frische Brise erfasste den Falter und trieb ihn über eine mit strenger Geometrie angelegte Parkanlage hinweg zur Außenkante des Trichters. Mehrere hundert Meter tiefer bewegte die gleiche Brise die Wipfel dichter Bäume, deren Grün ihn magisch anzog.

Der Falter sank ab, nur um im nächsten Moment gegen eine unsichtbare weiche Mauer zu stoßen, die ihn zurückwarf. Nach mehreren weiteren Versuchen gab er auf. Stattdessen folgte er einem anderen Zug, denn ein helles Schimmern hatte seine Aufmerksamkeit erregt. Er wendete und flog in unregelmäßigen Pendelbewegungen auf eine weiß leuchtende Brüstungsmauer zu.

Für die kunstvolle Ausführung des filigran durchbrochenen Mauerwerks hatte er wenig Sinn – für ihn war es lediglich ein perfekter Platz, um sich auszuruhen und die Kälte der Nacht aus seinem Körper treiben zu lassen.

Er landete, verkrallte die Füßchen in dem porösen Gestein und breitete seine Flügel aus, um die Wärme der rötlich leuchtenden Sonnen aufzunehmen. Das Tier kümmerte es nicht, dass sie ebenso künstlich waren wie seine gesamte Umgebung. Es war zufrieden, und auch die Nähe dreier großer Zweibeiner irritierte es nicht im Mindesten.

 

*

 

Lilafarbener Stoff wehte durch die Luft, als einer der dryhanischen Leibdiener des Imperators seine dürren Arme hochwarf und die Hände vor den Mund schlug. Doch er konnte den erstickten Aufschrei nicht ganz unterbinden, den das Auftauchen des handtellergroßen schwarzen Schmetterlings hervorgerufen hatte.

»Ein Nachtseidenweber«, hauchte der andere Dryhane, die Augen geweitet. Seine überschlanke Hand schloss sich so fest um den für den Imperator bestimmten Becher mit Camána, dass die Knöchel weiß hervortraten. »Ein Unglücksbote ...«

Die Lippen Bostichs I. wurden schmal, und sein kantiges Kinn trat noch eine Spur schärfer hervor. Der Blick seiner roten Augen sezierte das Insekt auf der Mauer förmlich. Er nahm den fingerdicken schwarzen Körper wahr, die wehenden Tasthärchen, die ihn umgaben, das Schillern und die filigrane Struktur der Flügel. Ein schönes Tier an sich. Und doch ein Störfaktor.

Warum nur können selbst Zehntausende Jahre der Raumfahrt die Köpfe der denkenden Wesen nicht von solchem Firlefanz befreien? Auch wenn gerade die Kultur Arkons auf manchem basiert, das mystisch wirkt – es sollte doch einen für klares Denken erkennbaren Unterschied zwischen den Fähigkeiten der Dagoristas und Zhy-Famii und dem Auftauchen eines schwarzen Schmetterlings geben!

Er schüttelte den Kopf und strich sein noch vom morgendlichen Schwimmen feuchtes weißes Haar nach hinten. Kleine Tröpfchen fielen auf den dunkelroten Stoff seines langen Mantels.

»Für irgendjemanden wird der Falter ganz sicher Unglück bedeuten«, stellte er fest. »Auch wenn es mir widerstrebt, dass auf abergläubische Ängste Rücksicht genommen werden muss, um ein reibungsloses Funktionieren meines Stabes zu gewährleisten ...«

Bostich drehte den Kopf zur Seite, und seine Leibdiener, ohnehin schon ein gutes Stück kleiner als er, duckten sich unwillkürlich noch etwas tiefer,

»Dieses Tier hat hier nichts zu suchen. Es hätte längst von den Gartensonden entdeckt und ausgerottet werden müssen. Nulugmar, finde heraus, wer dafür verantwortlich ist. Sorge dafür, dass so etwas nicht wieder passiert. Majanden ...«

Bostich streckte dem Diener zu seiner Rechten die Hand entgegen. Unverzüglich ging dieser auf die Knie und reichte ihm mit gesenktem Blick den Camána-Becher. Schweigend nahm der Imperator das heiße dunkle Getränk entgegen, den Blick wieder auf die Landschaft unter ihnen gerichtet.

Der Dryhane erhob sich und verschwand nach einer Verbeugung in Richtung des Tisches hinter ihnen. Klappern von Geschirr bezeugte, dass Service-Robots dort den Rest des Frühstücks für den Imperator anrichteten, während zu Bostichs Linken Nulugmar leise Gespräche über sein Kontrollarmband führte.

In seine eigenen Gedanken vertieft, genoss der Imperator einen Schluck Camána und ließ seinen Blick schweifen. Unwillkürlich lächelte er. Obwohl er den Ausblick vom Trichterrand schon unzählige Male genossen hatte, war es einer, der ihn immer wieder neu mit Befriedigung erfüllte.

Jenseits der von seinem Standort aus nicht sichtbaren Gleiterlandeplätze und Parks um den Stumpf des Baus begann ein Waldgebiet, das sanft gewellt in beide Richtungen bis in die Schatten zweier niedrigerer Trichterbauten reichte. Jenseits dieser Gebäude schloss sich auf der einen Seite eine Seenlandschaft an, deren Gewässer im Morgenlicht funkelten; auf der anderen luden grüne Wiesen und Bäche zu Ausflügen ein.

In gerader Linie vom Palast aus bedeckte der Wald die Landschaft etwa einen halben Kilometer weit, um dann abrupt an einer scharf gezogenen Bogenlinie zu enden. Ein sanftes rötliches Schimmern erfüllte dort die Luft: das Schimmern eines Prallfeldschirmes, der sich über die gesamte 1,7 Kilometer durchmessende Plattform spannte, auf der Palastanlage und Landschaft aufgebaut waren. Es war der innerste Schutzschirm des GWALON-Schlachtschiffes GOS'TUSSAN, auf dem die Plattform mit dem fliegenden Kristallpalast ruhte.

Sollen sie alle sehen und staunen, was wir zu schaffen in der Lage sind. Wir mögen schwierige Zeiten durchmachen, wie auch alle anderen, aber trotzdem bleiben wir nicht stehen. Der Hyperimpedanz-Schock – für viele Völker katastrophal, und auch für uns ein harter Schlag gewesen, und doch: Am Ende ist er nur ein Stein auf unserem Weg, schon so gut wie überwunden. Die GWALON-Raumer und die GOS'TEAULTOKAN sind eindrucksvolle Symbole dafür. Und solange ich lebe, wird nichts unseren Weg zur Dominanz aufhalten.

Unwillkürlich tastete er mit der freien Hand über sein linkes Schlüsselbein, unter dem sein Zellaktivatorchip den Altersverfall seines Körpers verhinderte. Ein leichtes Lächeln umspielte seine Mundwinkel.

Und das wird eine sehr, sehr lange Zeit sein. Eine Zeit, in der ich noch viele Leute zurück in ihre Schranken weisen werde, die auch jetzt wieder glaubten, mit Arkon nicht mehr rechnen zu müssen – angefangen mit Perry Rhodan und seinen Terranern.

Kaum merklich drehte Bostich den Kopf in Richtung seines Leibdieners. Seide raschelte leise, als der Dryhane umgehend einen Schritt näher trat und auf die Knie sank.

»Wie kann ich Euch dienen, Euer Erhabenheit?«

»Wie lange noch, bis wir unser Ziel erreichen, Nulugmar?«

»Die momentane Linearetappe wird noch etwas mehr als eineinhalb Tontas dauern, Höchstedler«, antwortete der Dryhane mit einer Präzision der Aussprache, die einem Roboter alle Ehre gemacht hätte. »An ihrem Ende benötigen wir noch weitere ein bis zwei Tontas bis zum Erreichen des Treffpunktes. Wenn das Treffen etwa eine Tonta dauert, werden wir Marlian nach einer letzten Linearetappe am späten Nachmittag Arkonzeit erreichen.«

Der Dryhane warf einen kurzen Blick auf die Anzeige seines breiten Multifunktionsarmbands, ehe er fortfuhr: »Marlians Hauptstadt Envelin ist zu diesem Zeitpunkt allerdings gerade mitten in der Nachtzone. Es ist also zu empfehlen, dass Ihr die Zeit zwischen Eurem Treffen und dem Sonnenaufgang über Envelin als Ruhezeit nutzt. So könnt Ihr frühzeitig zur Oberfläche hinunterfliegen und die Vorbereitungen der Übergabezeremonie wohlwollend in Beschau nehmen, ehe Ihr Euch mit dem Kolonialrat trefft.«

Bostichs Mundwinkel zuckten. »Wohlwollend in Beschau nehmen. Das wollen wir wohl tun, wenn Bürger einer ursprünglich terranischen Kolonie aus freien Stücken den Einfluss der Liga abschütteln und stattdessen den Schutz des Göttlichen Imperiums von Arkon erbitten. Wann wird der Terraner da sein?«

»Nach den letzten Daten, die wir über die Flugbahn der LEIF ERIKSSON II haben, müsste Perry Rhodan etwa drei Tontas vor uns eintreffen. Es ist allerdings zu bezweifeln, dass der Kolonialrat ihn empfangen wird, ehe Ihr ebenfalls zugegen seid.«

Der Imperator legte auch die zweite Hand um den Camána-Becher. »Das wäre auch eine ungeeignete Art, das Wohlwollen des neuen Herrschers zu gewinnen. Was glaubt man, warum ich selbst mich um diese unbedeutende Kolonie kümmere?«

»Die Kolonisten selbst glauben, dass Ihr zeigen wollt, wie sehr selbst die einfachsten Bauern dem Imperator von Arkon am Herzen liegen. Die LFT-Spezialisten rätseln weiter und drehen mit Spezialortern und Suchgeräten jeden Stein des Planeten und jedes Trümmerstück der äußeren Asteroidenwolke um. Sie hoffen, einen verborgenen Rohstoff oder eine von den ursprünglichen Bewohnern des Sternenozeans von Jamondi verlassene Station zu finden.«

Bostich schüttelte den Kopf. »Sie kennen mich eben nur als einen Mann, der nichts tut, das nicht einen angemessenen Gegenwert bringt. Womit sie durchaus recht haben. Allerdings werden sie wohl nie herausfinden, woraus er in diesem Fall bestand. Doch ich hoffe sehr, dass er wirklich ausreichend ist. Wenn ich bei unserem Zwischenhalt nicht Informationen von wirklicher Brisanz erhalte, wird jemand für meine Zeit bezahlen müssen.«

Nulugmar senkte den Kopf. »Eure Gerechtigkeit ist sprichwörtlich, Euer Erhabenheit.«

Der Imperator nickte und wandte sich um. Die Vorbereitungen auf dem Tisch in der Mitte der mit hellem Naturstein gefliesten Terrasse wirkten nahezu abgeschlossen. Das Frühstück zwischen den Beeten des Dachgartens würde der letzte ruhige und entspannte Zeitraum sein, ehe das Tagesgeschäft eines riesigen Sternenimperiums ihn wieder in Anspruch nahm.

Sein Blick wanderte von dem Tisch weiter zu den Wachen, die selbst hier, auf einem waffenstarrenden Schlachtschiff inmitten des Linearraumes, nicht von seiner Seite zu denken waren. Die eindrucksvollen Gestalten zweier Naats flankierten den Ausstieg des Gravoliftes, durch den Bostich und seine Begleiter nach oben gelangt waren. Ihre Schutzanzüge betonten noch die Fülligkeit der drei Meter hohen Körper, doch wer dahinter Trägheit vermutete, lag falsch.

Alles an den Naats – die drei aufmerksamen Augen über dem ovalen Mund, ihre Lederhaut, ihre untrüglichen Instinkte, gepaart mit Kraft, und die Reaktionsschnelle – prädestinierte sie zu Kämpfern. Darum waren sie jahrtausendelang die Leibwachen der Imperatoren gewesen und stellten auch im neuen Imperium wieder mit die loyalsten Verteidiger des Throns.

Bostichs Blick wanderte weiter zu den anderen sichtbaren Leibwächtern. Zwei Männer in den zweckmäßigen Kampfanzügen der Kralasenen standen bei den beiden von der Terrasse wegführenden Wegen, die durch dicht bewachsene Pflanzengitterbogen im Schatten gehalten wurden. Eine Frau in der gleichen Montur war neben einem Busch postiert und behielt von dort aus den Park im Auge. Dazu wusste Bostich zwei weitere Kralasenen auf Patrouille.

Naats und Kralasenen. Zwei unserer wiederbelebten Symbole der Stärke und Unüberwindlichkeit. Und die Kralasenen sind meine Kreaturen, von mir aus den Schatten der Geschichte gezerrt und wieder als Institution erschaffen. Fünfzehntausend Elite-Kämpfer, jeder einzelne persönlich auf mich eingeschworen. Zweihundert davon an Bord der GOS'TUSSAN und hier, auf der GOS'TEAULTOKAN.

Noch einmal atmete Bostich tief durch und rollte die Schultern, ehe er seine Gedanken schließlich dem Tagesgeschäft zuwandte. »Nulugmar?«

»Euer Erhabenheit?«

Die Antwort war mit leichter Verzögerung erfolgt. Mit einem Stirnrunzeln stellte der Imperator fest, dass der Dryhane erneut seine Aufmerksamkeit auf den Schmetterling auf der Brüstung gerichtet hatte.

»Nach dem Frühstück will ich als Erstes den Entwurf für die Rede bei der Übergabezeremonie sehen, damit noch Zeit für Überarbeitungen ist. Und ich brauche eine Zusammenfassung von Ka'Marentis Aktakuls wichtigsten Forschungsprojekten. Kümmere dich darum, dass ich diese Daten vor unserem Eintreffen auf Marlian habe. Ich will keine Gelegenheit auslassen, den Terraner noch weiter an der Nase herumzuführen. Wenn er schon einmal an meinen Schnüren zappelt und durch den halben galaktischen Sektor reist, ohne zu wissen, warum, dann werde ich das auch weidlich ausnutzen. Und, Nulugmar ...«

»Ja, Höchstedler?«

Bostich hob eine Hand, und der Mann zuckte zusammen, als erwarte er einen Schlag. Doch stattdessen sauste die Handfläche auf die Brüstung herunter, schneller, als der dort sitzende Falter auch nur die Flügel heben konnte. Ein leises Knacken begleitete das Ende seines Lebens.

»Es ist nur ein Schmetterling.«

Nulugmar senkte den Kopf, so bleich wie die Steine der Terrasse, auf der er kniete. »Ja, Euer Erhabenheit.«

In diesem Moment erloschen die Kunstsonnen über ihnen.

2.

12. Oktober 1341 NGZ, 18.10 Uhr

Teufel in Weiß

 

Seufzend löste Perry Rhodan den Blick seiner grauen Augen von der Holoprojektion des Marlath-Systems und rieb sich die Lider.

Nichts in der dreidimensionalen Darstellung konnte ihm verraten, was ihn am Ziel der nächsten Linearetappe erwartete. Vielleicht hatten die Agenten des Liga-Dienstes doch noch etwas herausgefunden. Er hatte gehofft, während der Orientierungspause neue Daten zu bekommen, doch von den Verbindungsleuten vor Ort war keine Nachricht eingegangen. Die nächste Linearetappe würde ihn aber bereits ins Herz des Geschehens tragen.

Das Referendum auf Marlian war nach allem, was man wusste, regulär verlaufen. Er hätte die Entscheidung auch anstandslos akzeptiert, wäre da nicht der Umstand gewesen, dass der Imperator von Arkon der Angelegenheit genug Wichtigkeit beimaß, um persönlich den symbolischen Schlüssel zum System entgegenzunehmen.

Bostich war kein Mann großzügiger Gesten, das wusste Perry Rhodan aus eigener Erfahrung nur zu gut. Für etwas, wovon er sich nicht etwas für sich selbst oder sein Reich versprach, rührte er keinen Finger. Nicht zuletzt hatte er auf diese Weise in einem Pokerspiel um das Schicksal mehrerer Völker seinen Zellaktivatorchip erhalten. Rhodan konnte nicht glauben, dass ausgerechnet dieser Mann auf einmal eine Goodwill-Tour quer durch den halben galaktischen Sektor und eines der gefährlichen Hypersturmgebiete machen sollte, nur um ein paar Bauern in seinem Reich willkommen zu heißen – anfeuernde Symbolik hin oder her.

Mit beiden Händen fuhr der Terranische Resident durch sein kurz geschnittenes blondes Haar und seufzte erneut.

»Abendessen?«

Er sah nach unten, von wo eine einen Meter große aufrecht stehende Maus mit Biberschwanz ihm eine Hand entgegenstreckte. »Ich biete den Expresstransport zur Messe.«

Rhodan lächelte. »Hallo, Gucky! Erhoffst du dir davon etwa eine Extraportion Karotten?«

Der Ilt zog die Lippe über dem einzelnen Nagezahn etwas hoch, während seine Mundwinkel nach unten wanderten. »Ihr tut alle gerade so, als würde ich nichts als dieses Wurzelgemüse essen und dafür alles tun. Aber ich mag auch andere Sachen sehr gern.«

»Vurguzz?«

»Bäh, bleib mir mit dem Zeug weg. Oder willst du in der nächsten Schiffswand materialisieren? Du weißt doch, wie Alkohol auf mich wirkt.«

»Also gut. Wie steht es dann mit frischen Erdbeeren?«

»Schon besser. Aber vorher schnappe ich mir das Spargelgemüse, das der Smutje mir versprochen hat. Ich hoffe, er hat die Spitzen gut behandelt. Und du solltest auch mal Pause machen.«

»Klingt nach einem Plan.« Wie schon so oft in ihrer beider langen Leben legte Perry Rhodan die Hand in die des Mausbibers. Ehe der letzte Gedanke zu Ende gedacht war, standen sie bereits in einer Bordmesse. Niemand fand noch etwas Besonderes daran, wenn der Kopf der Liga Freier Terraner mit seinem Freund Gucky mittels Teleportersprung irgendwo auftauchte.

Ohne zu zögern, bewegte der Ilt sich auf einen der freien Tische zu und tippte seine Bestellung ein. Rhodan folgte ihm etwas langsamer, die Gedanken schon wieder bei dem, was ihn auf diese Reise gebracht hatte.

»Immer noch keine neuen Erkenntnisse darüber, was Bostich dieses Mal für eine Schurkerei im Schilde führen könnte?«, fragte Gucky, als er mit seiner Eingabe fertig war.

Rhodan schüttelte den Kopf und setzte sich ebenfalls. »Das Marlath-System wurde zwar vor der terranischen Besiedelung wie üblich gründlich untersucht, aber es wurde nichts gefunden.« Ohne langes Nachdenken traf er eine Wahl aus dem Essensangebot.

»Ich hatte Bostich im Verdacht, sich dort Hinterlassenschaften der Motana oder eines der anderen Völker des Sternenozeans sichern zu wollen. Aber nichts deutet darauf hin, dass irgendeiner der vier Planeten jemals zuvor besiedelt gewesen ist oder man das System in anderer Weise genutzt hat. Der Liga-Dienst wird trotzdem so lange, wie wir uns dort aufhalten dürfen, alles absuchen. Und falls wir etwas finden, werde ich, wenn möglich, dafür sorgen, dass Bostich es nicht alleine wird nutzen können. Aber ich glaube nicht richtig daran.«

»Ressourcen? Khalumvatt? Neue Hyperkristallarten?«

Rhodan winkte ab. »Das war eines der ersten Dinge, die wir überprüft haben. Fehlanzeige. Das System liegt außerdem weit außerhalb aller interessanten Handelsrouten, hat keinerlei strategische Bedeutung, und es gibt nicht einmal besondere kulinarische Spezialitäten. Das Klima ist aufgrund der relativ starken Bahnexzentrizität dermaßen wechselhaft, dass nur äußerst widerstandsfähige Flora gedeihen kann. Die ist meist zäh und fad, wenn man sie nicht lange garen oder gären lässt.«

Gucky verzog erneut das Gesicht. »Schon wieder Alkohol: Was habt ihr nur alle mit dem Zeug?«

»Wenn man sich in einem langen Winter alles abfriert, kommt es einem manchmal wie der Lebensretter vor. Der Schein trügt zwar, denn die Wärme ist nur vorübergehend, aber trotzdem erfreut Alkohol sich gerade auf solchen Planeten hoher Beliebtheit.«

»Das verstehe, wer will«, murmelte der Ilt. Jeglicher weitere Kommentar wurde jedoch von der Ankunft ihrer Mahlzeit auf der Oberseite eines schwebenden Servoroboters unterbunden. Gucky schnappte sich seinen Teller mit Spargelgemüse in Kräuter-Sahne-Sauce, der eine Garnierung aus geringelten Karottenspänen aufwies. Ohne Umschweife machte er sich ans Essen.

»Warum siedeln überhaupt irgendwelche Leute auf so einem Planeten?«, fragte er schließlich kauend, während Rhodan abwartete, bis der Roboter den zweiten Teller vor ihm abgestellt hatte.

»Es gab zwei Siedlergruppen«, antwortete der Resident und musterte das riesige Steak, die Rosmarinsüßmerlis und das nach Algen aussehende Gemüse auf seinem Teller. Er konnte sich nicht erinnern, das bestellt zu haben, aber er hatte schließlich nicht auf seine Eingabe geachtet. Seufzend nahm er sein Besteck auf und erzählte zwischen einzelnen Happen weiter.

»Die ersten Siedler waren eine Gruppe von Exzentrikern und Eigenbrötlern aus verschiedenen Gegenden der LFT, die sich den Planeten gezielt ausgesucht hatten, um unter sich zu bleiben. Später strandete ein arkonidisches Kolonistenschiff wegen der Hyperstürme in der Nähe, und die Arkoniden ließen sich in Ermangelung echter Alternativen ebenfalls vorübergehend dort nieder. Viele sind später wieder gegangen, einige aber auch geblieben. Es gab eine erstaunlich reibungslose Kooperation, vor allem vermutlich, weil man sich aus dem Weg ging. Irgendwann aber haben die Arkoniden die Entscheidung des ursprünglichen Kolonialrates angefochten, den Planeten zu einer assoziierten LFT-Welt zu erklären. Ein Referendum wurde gefordert. Den Ausgang kennst du. Wie eigentlich den Rest auch, oder?«

Gucky wedelte mit der Gabel. »Ja, klar, aber du weißt doch, wie sehr ich es liebe, wenn du mir in einfachen Worten solche Sachverhalte erklärst. Also weiter: Es gab keine Einflussnahme?«

Rhodan schüttelte den Kopf. »Das Ergebnis ist dadurch erklärbar, dass die Arkoniden nahezu vollzählig am Referendum teilnahmen, während von den Nachkommen der ursprünglichen Kolonisten kaum mehr als die Hälfte eine Stimme abgab. Dazu votierten die Arkoniden nahezu geschlossen für das Imperium, während die Terraner durchaus geteilter Meinung waren. Manipulation ist nicht nachzuweisen.«

»Seltsame Leute«, murmelte Gucky. »Also das Letzte, was ich riskieren würde, wenn ich weggegangen bin, um endlich meine Ruhe zu haben, wäre die Bevormundung durch irgendeinen aufgeblasenen arkonidischen Miniadligen.«

»Da der Hayok-Archipel seit Ascari da Vivos Tod unter direkter imperialer Verwaltung steht und Marlian in Zukunft zu diesem Lehen gehören wird, müssen sie da kaum etwas befürchten. Vermutlich ...« Ein Summen des Armbandkoms unterbrach Rhodan. Mit leicht gefurchter Stirn hörte er die Nachricht ab.

Gucky sah von seinem fast leeren Teller auf. »Probleme?«