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Nr. 1269

 

Ein Auftrag für die SOL

 

Carfesch erscheint – die neue Mission beginnt

 

von Detlev G. Winter

 

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Auf Terra und den anderen Menschheitswelten schreibt man den Frühsommer des Jahres 429 NGZ. In den Monaten zuvor sind im Solsystem viele Dinge geschehen. Da war zum Beispiel der Angriff der beiden letzten Elemente des Dekalogs. Doch er wurde abgewehrt, und das Chronofossil Terra konnte aktiviert werden.

Damit ergab sich eine neue Lage: Die Endlose Armada machte sich auf den langen Weg in Richtung Behaynien. Perry Rhodan ging auf die Suche nach EDEN II. Die Reste des Virenimperiums ballten sich im Raum Terra zusammen. Und viele Menschen begannen, die Auswirkung der Aktivierung Terras zu spüren, indem sie sich als Galaktiker empfanden und von akutem Fernweh ergriffen wurden.

Dieses Fernweh wird durch die Virenschiffe gestillt. Sie nehmen Kurs in die Unendlichkeit und bieten ihren Passagieren eine Fülle von Abenteuern, die sich mitunter kaum verkraften lässt.

Auch die SOL, nach ihrer langen Odyssee inzwischen gründlich umgerüstet, ist wieder aus der Heimat verschwunden. Sie wurde zusammen mit der Endlosen Armada in Richtung Behaynien in Marsch gesetzt.

Während des Fluges erscheint Carfesch, der Abgesandte der Kosmokraten, überraschend an Bord. Was er überbringt, ist EIN AUFTRAG FÜR DIE SOL ...

Die Hauptpersonen des Romans

 

 

Brether Faddon – Der neue Kommandant der SOL.

Surfo Mallagan und Zyita Ivory – Sie befehligen die SOL-Zellen.

Erdeg Teral – Pilot der SOL.

Carfesch – Der Abgesandte der Kosmokraten hat einen neuen Auftrag für die SOL.

Reihumgrün – Ein Fremdwesen verlässt die SOL.

1.

 

»Die Augen verschließen, das könnt ihr! Anstatt die Wirklichkeit zu akzeptieren, schwelgt ihr in frommen Träumen. Und wozu das alles? Damit ihr einen Grund habt, diese dreimal verdammten Koordinaten anzufliegen. Aber es gibt keinen Grund, sage ich, wir haben dort nichts verloren. In Wahrheit ist alles ein billiger Vorwand, und ihr wisst es. Jen Salik und Atlan sind tot, und sie werden durch bloßes Wunschdenken nicht wieder lebendig.«

Resolut wie immer, energisch, beherzt und ohne ein Blatt vor den Mund zu nehmen: Zyita Ivory, Kommandantin der SOL-Zelle 1. Selten, dass sie ihre Meinung weniger erregt vortrug. Ihr blasses Gesicht mit den zerzausten braunen Haaren schwebte als holografische Projektion über einer Konsole der Hauptzentrale im Mittelteil der SOL.

Brether Faddon warf seinem Piloten einen hilfesuchenden Blick zu.

»Schalte ab«, riet Erdeg Teral achselzuckend. »Schalte einfach ab, anders wirst du sie nicht los. Und sag ihr, dass du sie erst wieder anhörst, wenn sie etwas Rouge auflegt.«

Kurz und trocken lachte Brether auf. Im Grunde war ihm nach Scherzen nicht zumute, zumindest nicht in diesem Fall. Als er sich seiner Gesprächspartnerin wieder zuwandte, bewies seine Miene, dass er ihre Einwände durchaus ernst nahm.

»Und was sollen wir also tun – deiner Meinung nach?«

»Wenn es nach mir geht, verdrücken wir uns einfach.« Zyita Ivory machte eine umfassende Handbewegung. »Die Armada braucht uns nicht, und den Toten können wir nicht mehr helfen. Wir gehen unseren eigenen Weg. Wir sind niemandem verpflichtet.«

»Frag sie, wohin sie gehen will«, zischte Erdeg Teral neben ihm. »Wahrscheinlich hat sie einen ernsthaften Schaden im Hirn. Sie denkt gar nicht an die Konsequenzen, die ihr Vorschlag auslösen würde. Sie provoziert wieder einmal, weiter nichts. Heiße Luft, du verstehst?«

Brether verstand vor allem eines: Wann immer sich die Gelegenheit dazu bot, zog der Pilot über die Kommandantin der SZ-1 her. Ihre Aufmüpfigkeit (wie er es nannte) war ihm ein Dorn im Auge, und er befand sich fast ständig mit ihr im verbalen Clinch. Brether erkannte in seinem Verhalten so etwas wie Hassliebe.

»Ich fürchte, du machst es dir zu einfach«, sagte er zu Zyita. »Wir können uns nicht davonstehlen und den Rest der Welt unbeachtet lassen. Ich habe Perry Rhodan zugesagt, die Armada zu begleiten. An diese Zusage fühle ich mich gebunden. Und wenn es auch nur den geringsten Hauch einer Chance gibt, dass Atlan und Salik noch am Leben sind – bei Gott, dann werden wir tun, was in unserer Macht steht, um die beiden zu unterstützen. Das ist unsere Verpflichtung. Ich denke nicht daran, mich ihr zu entziehen.«

Zyita holte tief Luft.

»Du und ich, wir gehen von unterschiedlichen Voraussetzungen aus. Ich sage es deshalb noch einmal: Ihr träumt, wenn ihr darauf hofft, die beiden Männer könnten noch leben. Mach dir nichts vor, Brether – die Vision, die Rhodan hatte, war eindeutig. Da gibt es nichts zu interpretieren und nichts zu beschönigen. Sie sind tot!«

Brether bemerkte die Feuchtigkeit, die in ihren Augen glänzte. Innerlich war sie längst nicht so abgeklärt, wie sie sich gab.

»Das ist bitter«, fuhr sie fort, »verdammt bitter. Speziell der Arkonide hat viel getan für uns und die SOL. Nun aber lebt er nicht mehr, und unser Blick muss nach vorn gerichtet sein. Wir haben nichts zu suchen bei der Armada und am Urstandort des Frostrubins. Wir sind ein Haufen Leute, der im Grunde nirgendwo hingehört ... und ... zum Teufel damit, macht von mir aus, was ihr wollt!«

Das Hologramm erlosch, und für einen Moment herrschte eisiges Schweigen in der Hauptzentrale der SOL. Brether Faddon lehnte sich wortlos zurück, während Erdeg Teral ins Leere starrte.

In gewisser Weise spiegelte Zyitas Verhalten etwas von der Zerrissenheit wider, die unter der Besatzung herrschte. Die Meinungen über den künftigen Kurs des Schiffes waren geteilt, die persönlichen Perspektiven jedes einzelnen unterschiedlich. Ein seltsames Gefühl der Desorientierung, teilweise sogar regelrechter Zukunftsangst, zog sich quer durch alle Lager.

Dabei waren sie mit einem halbwegs klar definierten Auftrag unterwegs, zu dessen Übernahme niemand gezwungen worden war. Sie begleiteten die Endlose Armada auf dem Weg von der heimatlichen Milchstraße zu jenem Raumsektor, der als ursprünglicher Standort des Frostrubins galt; über die schier unvorstellbare Distanz von mehr als 200 Millionen Lichtjahren. Dort sollten sie nach Möglichkeiten suchen, Jen Salik und Atlan, die in der Tiefe verschollen waren, Beistand zu leisten. Sofern sie noch lebten.

Perry Rhodan selbst hatte den Flug der SOL veranlasst. Er, der in einer Vision der Superintelligenz ES den Tod der beiden Freunde geradezu hautnah miterlebt hatte, der als konsequenter Realist galt – er weigerte sich zu glauben, dass für seine langjährigen Gefährten jede Hilfe zu spät kam. Zweckoptimismus unter relativ Unsterblichen? Verdrängung der geheimsten Ängste eines Aktivatorträgers, der Furcht, das Schicksal könnte auch ihn völlig unerwartet ereilen?

Welche Motive ihn auch leiten mochten, Perry Rhodan gab die Hoffnung nicht auf. Er baute darauf, dass die beiden alten Freunde noch am Leben waren und gerettet werden konnten. Deshalb verpflichtete er die SOL als Begleitschiff der Endlosen Armada. Das Menschenmögliche wollte er getan wissen.

Es wäre nicht das erste Mal, dass sich die Nachricht über den Tod eines Zellaktivatorträgers im Nachhinein als Irrtum herausstellte. Insofern war Rhodans Hartnäckigkeit nicht nur verständlich, sondern notwendig. Oft genug gab es Überlebenschancen nur deshalb, weil scheinbar unsinnige Vorkehrungen im entscheidenden Moment als Rettungsanker dienten.

Auch die rund 10.000 Besatzungsmitglieder der SOL wussten das. Sie übernahmen den Auftrag aus Überzeugung. Wenn sie gebraucht wurden, wollten sie zur Stelle sein.

Je länger der Flug jedoch dauerte, desto mehr Menschen begannen sich zu fragen, ob das Unternehmen tatsächlich einen Sinn ergab – oder ob es nicht vielmehr lediglich der sprichwörtliche Griff nach dem Strohhalm war. Die Stimmen wurden lauter, die nach einer Umkehr riefen, die dafür plädierten, einen eigenen, unabhängigen Weg zu gehen.

Getreu dem Motto: »Atlan ist ohnehin tot, und mit den Problemen der Milchstraße hat die SOL nichts zu schaffen.«

Brether Faddon schüttelte unwillig den Kopf. Solange er das Schiff kommandierte, würde sich diese Maxime nicht durchsetzen; dafür wollte er sorgen. Die Gesamtproblematik verkannte er freilich nicht. Den Menschen an Bord fehlte eine weitreichende Zukunftsperspektive, ein längerfristiges Ziel als das, was sie momentan vor Augen hatten.

»Wir treiben in sehr trübem Wasser«, brummte der Betschide nachdenklich, »und es kommt mir so vor, als müssten wir jeden Moment auf eine Sandbank auflaufen.«

Erdeg Teral beugte sich zur Seite und boxte ihm freundschaftlich gegen den Arm.

»Übertreib's nicht«, meinte er. »Ganz so dramatisch ist unsere Lage nun auch wieder nicht.«

Brether kannte sich gut genug, um zu wissen, dass er dazu neigte, seine Stimmungen zu sehr zu pflegen. Manchmal war er seinen Mitmenschen dankbar, wenn sie ihn darauf aufmerksam machten.

Er wandte den Kopf und musterte die Kapselod-Strahl-Frau, die sich mit Kommentaren bisher zurückgehalten hatte.

»Was ist deine Meinung, Reihumgrün? Welchen Rat würdest du mir geben?«

Die ehemalige Anführerin der Armadaeinheit 3812 wedelte unsicher mit ihren vier Tentakeln. Komprimierte Luft zischte aus den Stummelbeinen und trug den federleichten Körper, der die Form eines Konus hatte, ein Stück weiter auf Brether zu. Drei Augen und zwei Münder prägten die Physiognomie dieses ungewöhnlichen Wesens, dessen gleichmäßig zartgrüne Haut ihm seinen Namen verliehen hatte.

Seit der Rettung ihrer Armadaeinheit vor einer Barbarenwelle befand sich Reihumgrün an Bord der SOL. Spontaneität und Einfallsreichtum, Logistik und die Fähigkeit zur Extrapolation waren die hervorstechenden Eigenschaften jedes einzelnen Kapselod-Strahls – Eigenschaften, die gewöhnlich an Interessenten anderer Völker vermietet wurden, mit nicht unerheblichem Profit. Reihumgrün dagegen hatte sich auf unbestimmte Zeit den Solanern zum Geschenk gemacht, aus Dankbarkeit. Ohne das Eingreifen der SOL existierten von der Armadaeinheit 3812 nur noch ausgeglühte Trümmer. Mit ihrer Anwesenheit honorierte sie die Hilfe, die ihrem Volk zuteil geworden war.

»Ich rate dir, dich nicht beirren zu lassen«, antwortete sie auf Brethers Frage. »Noch weiß niemand, was mit Atlan und Salik geschehen ist, ob die Situation, die Perry Rhodan gesehen hat, tatsächlich zu ihrem Tod führte. Wenn sie aber noch leben sollten, dann sind wir ihnen effektive und vor allem schnelle Hilfe schuldig.«

Der Betschide nickte langsam. Natürlich entbehrte auch Reihumgrüns Ansicht nicht einer gewissen Subjektivität. Zu Atlan musste dieses Wesen ein besonderes Verhältnis haben, denn damals, als die Einheiten der SOL die Barbarenwelle vertrieben, führte der Arkonide das Kommando auf dem Schiff. Trotzdem hielt Brether ihre Auffassung für vernünftig, und zwar nicht nur, weil sie der gleichen Meinung war wie er.

»Also gut«, entschied er. »Wir werden die Initiative ergreifen und uns von der Endlosen Armada abkoppeln. Wir fliegen voraus!«

»Ich würde das nicht tun«, sagte eine krächzende Stimme.

Brethers Kopf ruckte herum. Auf einem Videoschirm erkannte er das Gesicht Surfo Mallagans, der sich soeben zugeschaltet hatte. Noch immer wirkte Mallagan geschwächt, auch nach dem Verschwinden des Spoodie-Pulks hatte sich der Körper von den Strapazen der Symbiose nicht vollständig erholt. Brether blickte in tiefliegende, trübe Augen, er sah eingefallene Wangen und schmale Lippen.

»Ich an deiner Stelle«, fuhr Surfo fort, »ich würde die Armada nicht verlassen. Es ist zu gefährlich.«

»Warum?«, versetzte Brether barsch. »Traust du SENECA nicht zu, das Schiff sicher ins Ziel zu fliegen?«

»Darum geht es nicht. Du weißt nicht, was uns erwartet – am Ziel oder während eines Orientierungsmanövers. Mit der Armada im Rücken können wir uns geschützt fühlen. Ohne sie sind wir ein Staubkorn im Nichts.«

»Das hat uns bisher nie gestört – und die SOL wusste sich noch immer zu wehren. Warum plötzlich diese übertriebene Vorsicht?«

»An dem Ort, den wir ansteuern, soll in Kürze der Frostrubin wieder erscheinen«, erinnerte Surfo. »Ich rechne damit, dass die Mächte des Chaos alles unternehmen, um die beabsichtigte Reparatur des Moralischen Kodes zu verhindern. Machst du dir überhaupt eine Vorstellung davon, mit welchen Kräften wir es dort zu tun haben werden? Allein mit der SOL, ohne jede Unterstützung durch die Armada, möchte ich mich ihnen jedenfalls nicht stellen müssen.«

Brether hatte einen bissigen Kommentar auf der Zunge, aber er schluckte ihn hinunter.

»Okay«, sagte er nur, »ich werde noch einmal darüber nachdenken.«

In Wahrheit, schätzte er, ging es Surfo darum, Zeit zu gewinnen – Zeit zur Erholung seines geschwächten Körpers, und Zeit, um mit sich selbst ins reine zu kommen. Falls er Atlan begegnete, wollte er diesem als ein Mann gegenübertreten, der seine Aufgabe bewältigt und alle Krisen gemeistert hatte. Surfo Mallagan hatte damals den Arkoniden als Orakel von Krandhor abgelöst, aber es war ihm nie gelungen, die Symbiose mit den Spoodies in ähnlich souveräner Weise zu durchleben wie sein Vorgänger. Geschwächt und nur noch ein Schatten seiner selbst, hatte er sich bis zuletzt geweigert, sich von dem Spoodie-Pulk zu trennen. Vielleicht wollte er damit etwas beweisen, vielleicht war es ihm darum zu tun gewesen, eine mit Atlan vergleichbare innere Größe zu erlangen ...? Erst die Selbstauflösung der Spoodies im Zuge der Umkonstruierung des Virenimperiums hatte diesen Versuch beendet. Nun wollte er nicht als Verlierer dastehen, und deshalb brauchte er Zeit.

»Man hat es nicht leicht, wenn man einen Schiffsverband befehligt, der aus drei souveränen Komponenten besteht.« Reihumgrüns Bemerkung lenkte Brethers Gedanken von dem unerfreulichen Thema ab. »Man muss zu viele Meinungen unter einen Hut bringen, nicht wahr?«

»So kompliziert ist das gar nicht«, warf Erdeg Teral ein. »Solange die SOL als Einheit operiert, solange geht die Kommandogewalt von hier aus. Mit anderen Worten: Brether Faddon entscheidet, was passiert.«

»Brether Faddon aber«, sagte dieser, »ist ein Mensch, der immer versucht, möglichst alle Meinungen zu berücksichtigen und den goldenen Mittelweg zu wählen. Das ist das eigentliche Problem.«

Er seufzte vernehmlich. Zunächst, beschloss er, wollte er die Reihen der Endlosen Armada nicht verlassen. So vorgeschoben ihm die Argumente Surfo Mallagans auch erschienen, hatte sie doch eine Menge für sich. Das berücksichtigte er bei seiner Entscheidung. Gleichwohl legte er die Idee, den Zielort in einem Alleinflug schneller zu erreichen, noch nicht zu den Akten. Spätestens beim nächsten Normalraummanöver würde er hierüber neu nachdenken müssen. Ganz und gar nicht einverstanden war er dagegen mit Zyita Ivorys Ansinnen, völlig andere Wege einzuschlagen.

Zehntausend Menschen an Bord der SOL, dachte er, aufgeteilt in drei unterschiedlich starke Fraktionen, von denen jede ein anderes Vorgehen favorisierte. Die Besatzung war gespalten, jetzt schon, und je länger der Flug dauerte, desto tiefer konnten die Gräben werden. Konflikte zeichneten sich ab, Unruheherde. Die Ungewissheit über die nähere Zukunft würde ihren Tribut fordern.

Das war die Situation Mitte März des Jahres 429 NGZ – drei Tage, bevor Carfesch auftauchte.

 

*

 

Stahl, Beton, Glas und Kunststoff.

Geformte Natur in eng abgesteckten Grenzen, künstlich. Nur wenige urtümlich gebliebene Zonen, und selbst die geplant.

Verkehrssteuerung, Wetterkontrolle, jedem Bedarf gerechtes Serviceangebot.

Eine Erde, wie er sie sich in seinen pessimistischsten Vorstellungen nicht ausgemalt hatte.

Ganz im Gegenteil, er hatte sich gefreut darauf, ja geradezu danach gefiebert, die Heimatwelt seiner Urahnen zu betreten, jenen Planeten zu sehen, der letztlich auch die Wiege der Betschiden war.

Die Enttäuschung jedoch war groß.

»Ein System«, raunte er, »ein in sich geschlossenes, perfekt funktionierendes System, das dazu dient, seinen Bewohnern den Wohlstand zu erhalten ... So habe ich mir das nicht vorgestellt.«

»Was hast du erwartet?«, fragte Scoutie nüchtern. »Eine Welt wie Chircool?«

Den Vergleich mit seiner Heimat hatte Brether bislang noch nicht gezogen, doch wahrscheinlich lag hierin tatsächlich sein Unbehagen begründet. Auf Chircool lebten die Menschen mit der Natur, sie waren eines ihrer Bestandteile. Hier dagegen war die Natur dem Menschen untertan, sie nur noch ein Teil von ihm, und auch das nur, soweit er es zuließ.

Brether blieb stehen und hob den Kopf. Er blickte hinaus auf das flache Land, das einst eine öde Wüste gewesen sein sollte. Heute galt die Region Gobi als eine der angenehmsten Klimazonen der Erde – sie war von den Menschen dazu gemacht worden. Hier, im Vorfeld Terrania Citys, gedieh üppige Vegetation, vielfältige Pflanzenarten wuchsen in diesem Gebiet, von einfachen Sträuchern bis hin zu prachtvoll blühenden Stauden und mächtigen Bäumen – alles nur scheinbar naturbelassen, vielmehr nachträglich angesiedelt und kultiviert. Weiter östlich zeichnete sich die kalte Skyline der irdischen Metropole über dem Horizont ab, Sinnbild für eine hochtechnisierte, in fast allen Belangen perfektionierte Zivilisation.

»Ein komisches Gefühl«, gab Brether beklommen zu. »Ich hatte so viel erwartet von dem Besuch auf der Erde; als wir hier ankamen, war es wie die Erfüllung eines langgehegten Traums. Und nun, wo ich diese Luft atme und auf diesem Boden stehe, ist alles ganz anders.«

»Die Faszination des Geheimnisvollen weicht der Realität«, sagte Scoutie. »Das geht einem oft so im Leben. Aus der Nähe betrachtet, verliert manches seinen Reiz.«

steril.