Dunkelheit
Anthologie der Vampire
Twilight-Line Medien GbR
Obertor 4
D – 98634 Wasungen
Deutschland
www.twilightline.com
redaktion@twilightline.com
ISBN: 978-3-941122-21-5
2. Auflage / Januar 2016
© 2008-2016 Twilight-Line Medien GbR
Alle Rechte vorbehalten.
Covergestaltung:
Peter Steinbauer, nach einer Vorlage von Dorian Cleavenger
Inhalt
Vorwort
Weißes Blut
Konkurrenzdruck
Die Agentur
Dumas
Hauptgewinn
Alte Freunde
Striptease
Atem in der Nacht
Null Negativ
Der Vampir
Übermorgen komme ich und hole mir sein Blut!
Blutnacht
Der Jäger
Vorwort
Werte Leserinnen und Leser,
„Vampire erheben sich in der Nacht aus ihren Gräbern“, schrieb 1733 der Gelehrte John Heinrich Zopft, „überfallen Menschen, die ruhig in ihren Betten schlafen, saugen ihnen alles Blut aus dem Körper und bringen sie um.“
Laut Mythologie gibt es nur eine Möglichkeit einen gefangenen oder ausgegrabenen Vampir zur Strecke zu bringen: Man muss ihm einen Pfahl durch sein schwarzes Herz treiben. Der Vampir stößt dann einen grässlichen Schrei aus und das von seinen Opfern ausgesaugte Blut spritzt aus ihm heraus. Die blutgetränkte Leiche muss anschließend verbrannt werden. Nach dieser Vorschrift richteten sich auch die Mitglieder einer serbischen Regierungskommission, die 1732 in einem Dorf nahe Belgrad Gerüchte über eine Vampirinvasion zu überprüfen hatte. Hierbei wurden 13 Gräber von jüngst verstorbenen geöffnet. Nur drei der exhumierten Leichen waren in Verwesung übergegangen, die anderen hatten noch festes Fleisch und eine rosige Gesichtsfarbe, so dass die Kommission zu der Überzeugung gelangte, dass es sich bei diesen zehn Leichnamen um Vampire handeln müsse. Eine Leichenöffnung ergab, dass sie frisches Blut in den Adern hatten. Die Kommission ließ die Untoten enthaupten und verbrennen.
Vorfälle dieser Art sprachen sich in ganz Europa herum und lieferten dem Vampirmythos den Grund, den Vampirglauben in der Bevölkerung zu festigen. Andere Umstände, die an das Wirken von Vampiren denken ließen, waren Berichte von Massenmorden, von Pest- und Choleraepedemien oder über die Beerdigung von Scheintoten.
Vampire wurden zu einem bevorzugten Objekt vieler Dichter und Schriftsteller. Unter anderem befassten sich Goethe, Tolstoi, Lord Byron, Théophile Gautier und Alexandre Dumas der Ältere mit diesem Thema.
1847 erschien eine Serie von Kolportageromanen unter dem Titel „Varney the Vampire or the Feast of Blood“ (Varney der Vampir oder das Fest des Blutes) von Thomas Prest.
Erst 50 Jahre nach dieser erfolgreichen Veröffentlichung schrieb der irische Autor Bram Stoker seinen Vampirroman „Dracula“, welcher neue Maßstäbe setzte. Dracula war eine Phantasiegestalt, aufbauend auf der Lebensgeschichte einer historischen Persönlichkeit: Vlad Basarab, um 1430 in der siebenbürgischen Stadt Schäßburg (Sighisoara) als Sohn Vlads II. von der Walachei geboren. Diesem Vlad II. hatte man wegen seiner Grausamkeit den Spitznamen Dracul gegeben, was so viel wie Drache bedeutet, angelehnt an seine Mitgliedschaft im Drachenorden. Sein Sohn wurde demzufolge Draculea (Sohn des Dracul) genannt. Draculea war mehrmals Fürst der heute zu Rumänien gehörenden Walachei. Er galt nicht nur als tapferer Krieger, sondern auch als grausamer Mörder, der seine Opfer auf Pfähle spießen ließ und deshalb Vlad Tepes (Vlad der Pfähler) genannt wurde. Bei den Exekutionen seiner Feinde sah er mit Vorliebe zu und beteiligte sich selbst daran. Es heißt, dass bei einer solchen Blutorgie mehr als 30.000 Menschen ihr Leben lassen mussten. Draculeas Reich unterlag jedoch dem Ansturm der Türken. Da er sich weigerte dem türkischen Sultan Tribut zu zahlen, kam es zu einer Schlacht, in dessen Verlauf Draculea getötet wurde. Seinen Kopf brachte man als Siegeszeichen nach Konstantinopel, wo dieser als Siegeszeichen auf einen Pfahl gespießt und öffentlich ausgestellt wurde.
Draculeas Bluttaten legen den Gedanken nahe ihn für einen Vampir zu halten. Doch es gibt keinen handfesten Beweis dafür, das Draculea jemals Blut seiner Gegner in irgendeiner Form zu sich nahm, abgesehen von jenem Umstand, dass er oftmals ein großes Mahl inmitten seiner gepfählten Gegner einzunehmen pflegte.
Hundert Jahre nach Draculea sollte jedoch die siebenbürgische Gräfin Elisabeth Barthory in die Geschichte eingehen. Sie trank nicht nur das Blut ihrer Opfer, sondern badete auch darin, um hierdurch Kraft und Schönheit zu erlangen. Als man eine Abteilung Soldaten schickte, um das Mordnest der Gräfin auszuheben, wurden in der näheren Umgebung des gräflichen Schlosses mehr als 50 Leichen ausgegraben - die sterblichen Überreste junger Mädchen, denen die Gräfin das Blut für ihre Orgien abgezapft hatte.
Einen echten Grafen Dracula als blutsaufenden Vampir hat es niemals gegeben, doch ist damit die Geschichte und das Rätsel um die Vampire noch lange nicht gelöst. Auch in unserer modernen Zeit gibt es immer wieder Hinweise auf Vampirismus - besonders in bezug auf rituelle Hintergründe...
Mit dieser Anthologie möchten wir uns also in eine lange Tradition einreihen und die Geschichten der Vampire und des Vampirismus erweitern.
Weisses Blut
von Eva Magdalena Weber
Des Vampirs Gier wird durch rotes Blut geweckt, prägte mein Großvater mir ein. Rot ist das Leben und Rot ist der Tod. Beides vereint, nie getrennt. Rot waren heute auch die kalten Schmucksteine von Patricias Ohrringen. Tote Gegenstände, welche lebhaft an ihren lebendigen Körper baumelten. Dieses Rot war faszinierend, es zog mich an. Wie ein Zielrohr eines Gewehrs markierten sie ständig einen roten Punkt an ihrem Hals. Ich starrte sie an. Das warme Wetter bekam mir heute nicht, ich schwitzte. Sie schwitzte. Ständig griff sie sich in die Haarsträhnen, um sie hinter ihren Ohren zu verstecken, um sie aus ihrem Gesichtsfeld verschwinden zu lassen. Um zwölf rief der Chef zu einem Meeting. Die letzten, unserer Artikel über die neusten Skandale zum Thema Schönheits-OP’s und ihre Pfuscher gefielen ihm nicht. Es handelte sich um eine Reihe merkwürdiger Vorfälle, aus denen berichtet wird, dass Patientinnen wegen seltsamer Spuren am Körper klagten, nachdem sie sich bei einigen Schönheitschirurgen unter deren Skalpell legten. Man berichtete von Löchern und offenen Riesenporen. Unsere Berichte waren ihm zu oberflächlich, zu gleichgültig, zu emotionslos. Das fand ich auch. Viel zu erhaben ist jeder Schnitt auf einem fremden Körper, um ihn mit diesen drei Attributen zu bestrafen. Patricia klinkte sich ein, in die heiße Diskussion um totes Fleisch, welches gnadenlos mit kaltem Skalpell und warmen Händen entfernt worden ist. Alles der Schönheit zuliebe. „Meiner Meinung nach sollten wir wenig Mitleid mit den verunstalteten Frauen zeigen, die vorher keinen Gedanken an Referenzen und Zweitmeinungen verloren haben. Ich meine wir sprechen hier über eine Luxusdienstleitung, da darf man erwarten, dass die Frauen die dort Geld investieren auch mal mitdenken. Zeigen wir Mitleid mit ihnen, sagen wir gleichzeitig, dass sie im Recht sind, so zu handeln, dass es egal ist sich vorher zu informieren. Nicht wir sind oberflächlich, gleichgültig und emotionslos, das sind diese Frauen schon selbst.“
Die nachfolgende Diskussion wurde immer hitziger. Ich schwieg und genoss. Patricias Wangen wurden wieder von diesem Rot erfüllt. Sie verteidigte ihr Wort. In ihrem Blusenausschnitt bemerkte ich bald die ersten schwitzenden Poren. Meine Gier und Lust bäumte sich auf, ich wollte es nicht zulassen, kämpfte dagegen an. Gegen Ende des Meetings hatte ich mich unter Kontrolle. Beim Herauslaufen aus dem Meetingraum beabsichtigte ich sie zu touchieren. Mein Arm traf ihren. Ihr Hals war nah bei mir, da hypnotisierten mich wieder diese roten, kalten Schmucksteine ihrer Ohrringe. Ich blieb für einen Moment stehen und sie lief weiter. „Willst du einen Sekt“, fragte ich sie, zurück im Büro. „Es ist so heiß, da ist was Kaltes aus dem Kühlschrank jetzt genau richtig. Übrigens ich bin voll deiner Meinung. Ich finde sogar, Frauen haben so etwas gar nicht nötig, die Natur hat sie schon schön genug gestaltet. Sieh dich an, würdest du an dich ein Skalpell heranlassen?“
Meine Frage war herausfordernd, provokativ und erregte mich im selben Moment. Patricia war erstaunt über meine Frage bejahte aber mein Angebot für ein Glas Sekt. „Ich bin erstaunt, dass du mich so etwas fragst. Gerade du, der jedem schlanken, heißem Rock hinterher schaut.“
Ihre Antwort bekam durch ihre schnell wechselnden Gesichtszüge einen verwirrten bis selbstbewussten Charakter.
„Tue ich das?“ Ich provozierte genauso selbstbewusst weiter.
„Ja, aber es stört mich nicht.“
Ich habe gehofft sie aus der Reserve zu locken, sie blieb aber kalt, konzentriert und beherrscht. Ich liebte diese Eigenheiten, doch blockierten sie gerade mein Vorhaben. Meine Geduld hatte aber ihre Grenzen erreicht. Vermeintlich aus Versehen ließ ich mein Sektglas fallen. Das kalte Glas zersprang im Nu in Hunderte Bruchstücke. Vorsorglich übergoss sich der kalte Sekt über mein Hemd. Patricia sprang auf, ging zur Kaffeetheke und holte Besen, Schaufel und ein sauberes Geschirrtuch, welches sie mir beim Hereinkommen ins Büro ohne weitere Beachtung zuwarf. Gebeugt über dem Scherbenhaufen sammelte und fegte sie die Glasteile zusammen. Meine Hoffnung, sie würde sich schneiden, war groß. Plötzlich entdeckte ich, dass sie unter ihrem schwarzen Rock einen roten Slip trug, wahrscheinlich einen Tanga. Ich starrte auf dieses kleine entblößte Stückchen weißes Fleisch und erregte mich erneut. Ich merkte gar nicht, wie meine zuvor gehegte Hoffnung in die Tat umgesetzt wurde. Sie stand auf, schüttete das zerbrochene Glas in den Müllkorb, schmiss die Schaufel mit dem Besen daneben und lief, ohne mich weiter zu bemerken, zum Erste-Hilfe-Kasten. Ich war verwirrt, so viele Reize auf einmal. Ich wurde gierig. Eine der Kolleginnen eilte zu ihr. „Mein Gott, du blutest ja. Wie hast du das denn geschafft?“
Entsetzen brach in mir aus. Sie blutete und ich sah nichts. Ich sah kein Rot. Kein Rot im Blut. Alles weiß. Schrecklich kalt, weiß. Nur mir war vergönnt diese Wahrheit gerade zu sehen. Ich erstarrte. Totes Blut, kalt, verdorben, in eine zornige Hülle verpackt. Patricia kam auf mich zu. „Kannst du kein Blut sehen, oder was ist los mit dir? Du bist so weiß im Gesicht?“
Nur keine Provokation. Lass dir nichts anmerken, was du gerade gesehen hast, sonst bist du in Gefahr. Ich rang mit den Worten, kämpfte für jedes einzelne, um es aus meinem Mund zu befördern. Ein toter, zorniger Vampir stand vor mir. Bereit um zu töten, auch andere, auch seines Gleichen. Nur den Tod bejahend, das Leben verachtend, eine alte Spezies, die mit Ugior dem Dreizehnten ausgerottet schien. Die roten Schmucksteine ihrer Ohrringe brannten plötzlich in meinen Augen, als wäre ich nun das Zielobjekt des Gewehrs. Ich verließ das Büro umgehend. Lief zu meinem Auto. Ich lief schnell. Der Schlüssel steckte schnell im Schloss. Eine kalte Hand fasste nach meiner Schulter. Patricia. „Wovor hast du Angst. Was hast du gesehen?“
Ihre Stimme war bedrohlich, provokativ und beherrscht. „Mir ist schlecht, ich mach heute früher Schluss.“
Ohne sie zu beachten, setzte ich den ersten Fuß in meinen Wagen, um endlich fortzufahren. Ihr Handgriff ließ aber nicht los. Ich hatte panische Angst. Schweißperlen stiegen auf meiner Hautoberfläche empor. Sie roch das Leben, sie roch auch meine Gier, die ich ihm Meetingraum zu kontrollieren versuchte. Sie roch an meinem Hals. „Weiß ist die Unendlichkeit, die den Tod umrahmt. Nichts dringt heraus, nichts dringt hinein. Nur ein ugiorischer Kuss öffnet das Tor. Deine Gier, mein Freund, hat dich heute verraten.“
„Tu mir nichts.“ Kein Flehen konnte sie davon noch abbringen, ihrem diabolischen Instinkt zu folgen.
Ihre Umarmung war kalt. Als ihre Lippen seinen Hals erreichten, erstarrte sein Schweiß zu kleinen Eisperlen. Seine Lippen wurden blau, ein letzter Hauch wich aus seinem offenen Mund. Auf seinem Hals zwei groß geöffnete Poren.
Konkurrenzdruck
von Wolfgang Schroeder
Mein Erwachen war wie das Auftauchen aus einem tiefen, schwarzen Ozean. Zunächst war nur Dunkelheit um mich herum. Jede einzelne Zelle meines Körpers schrie nach Sauerstoff. Der Versuch, möglichst viel Luft in meine malträtierten Lungen einzusaugen, ließ mich krampfhaft husten. Tränen schossen mir in die Augen und wuschen einen Teil der Dunkelheit hinweg. Japsend wie ein Neugeborenes nahm ich meinen nächsten Atemzug. Luft! Ich konnte wieder atmen!
Erneut übermannte mich ein Hustenanfall. Doch diesmal schien er mir schon nicht mehr die Lungen zerreißen zu wollen. Gut! Nächster Schritt. Warum konnte ich nicht richtig sehen? Mit meiner linken Hand wollte ich mir die Augen reiben, feststellen, ob sie in Ordnung waren. Nichts geschah. Verdammt, ich konnte weder meine Hand noch meine Finger bewegen, geschweige denn meine Arme. Nichts! Vom Kopf abwärts hatte ich kein Gefühl, spürte meinen Körper nicht mehr. War da überhaupt noch etwas?
Unbändige Panik stieg in mir auf, schnürte meine Kehle zu und ließ meinen Hilferuf in einem krächzenden Flüstern enden. Was zum Teufel war hier los? Wo war ich und warum konnte ich mich nicht bewegen? Die nächste Panikattacke überrollte mich, ich versuchte zu schreien, verschluckte mich dabei. Ruhig….., du musst dich beruhigen, sonst bist du gleich ganz tot, der Gedanke ließ mich hysterisch kichern.
Und dann kam die erste Erinnerung. Durst! Ein unbändiger Durst war das Letzte was ich empfunden hatte, bevor ich in diesen Zustand fiel. Ich horchte in mich hinein; der war jetzt weg, verschwunden wie der Rest meines Körpers. OK, dann hatte mein Zustand zumindest etwas Positives. Als nächstes tauchte ein Name aus den Tiefen meines Gedächtnisses auf: Dr. Peters.
Ja! Dr. Peters, Psychiater und Facharzt für Neurologie. Ihn hatte ich besucht, wegen des Durstes und….., da war noch etwas, eine Erinnerung, die ich aber nicht greifen konnte. Gut, nicht aufhören, weiter…, wahrscheinlich war ich immer noch in seiner Praxis. Ich blinzelte heftig, versuchte damit den Schleier vor meinen Augen zu vertreiben.
Endlich konnte ich wieder etwas klarer sehen. Mein starrer Blick fiel auf eine weiß getünchte Decke, an der in regelmäßigen Abständen Halogenstrahler angebracht waren. Also lag ich wahrscheinlich in einem Bett oder auf einer Liege. Aus den Augenwinkeln bemerkte ich, dass die Wände bis zur Decke gefliest waren. Nicht gerade das typische Interieur für ein Sprechzimmer. Wo war ich nur und was war mit mir geschehen?
Wieder versuchte ich, um Hilfe zu rufen. Und diesmal erhielt ich eine Antwort.
*****
Ich hatte die Praxis von Dr. Peters wenige Stunden zuvor betreten. Der Arzthelferin, die mich freundlich anlächelte, gab ich meine Krankenversicherungskarte. „Mein Name ist Arens, Thomas Arens. Ich habe um 18.00 Uhr einen Termin bei Dr. Peters.“
Sie schaute in einen aufgeschlagenen Tageskalender auf ihrem Schreibtisch und lächelte mich dann wieder bezaubernd an. „Das ist richtig, Herr Arens. Wenn nichts dazwischen kommt, sind Sie heute unser letzter Patient. Allerdings sind Sie etwas zu früh dran, der Doktor hat noch einen anderen Besucher. Darf ich Sie daher bitten, kurz im Wartezimmer Platz zu nehmen?“
„Kein Problem.“
Und das hatte ich tatsächlich nicht. Gab mir die Verzögerung doch die Möglichkeit, noch einmal die Geschehnisse der letzten Zeit Revue passieren zu lassen.
Vier Monate waren jetzt seit dem Überfall vergangen. Sechzehn Wochen, in denen Schmerzen, anstrengende Rehabilitationsmaßnahmen und fürchterliche Albträume, die mich regelmäßig quälten, mein Leben bestimmten. Aber eigentlich war es stets der gleiche Albtraum, der mich nicht mehr ruhig schlafen ließ: Ich gehe abends durch einen unbeleuchteten Park, in dem selbst die nächtlichen Geräusche verstummt sind. Nach der Hektik eines anstrengenden Tages tut mir die Stille gut. Das Gras unter meinen Füßen ist von blaugrüner Farbe und wiegt sich sanft in einer leichten Brise. Nur gelegentlich reißt die Wolkendecke auf und enthüllt einen Vollmond, der mich in sein Licht taucht.
In Gedanken versunken bemerke ich die hinter mir aufklingenden Schritte zunächst gar nicht. Doch als diese immer näher kommen, schrecke ich auf. Eine schemenhafte Gestalt nähert sich mir mit schnellen Schritten. Mit einem dunklen Fauchen stürzt sie auf mich zu, wirft mich zu Boden.
Übelriechender Atem trieft mir ins Gesicht. Geifernd wälzt sich der Angreifer über mich, nagelt mich am Boden fest. Wieder und wieder versuche ich, mich vom Gewicht meines Gegners zu befreien, als ein höllischer Schmerz meinen linken Arm durchfährt.
Der Angreifer hat seine Zähne oberhalb des Handgelenks in mein Fleisch vergraben, schleudert den Arm wie eine Gliederpuppe hin und her. Säuft gierig mein Blut.
Trotz der entsetzlichen Schmerzen kann ich mich nicht aus der Umklammerung befreien. Mit vor Schreck geweiteten Augen muss ich mit ansehen, wie der Angreifer mehrmals die Zähne in meinen Arm schlägt, ihn zerfleischt und in Fetzen reißt.
Erstaunlicherweise kann ich weder das Gesicht noch die Gestalt des Angreifers genau erkennen. Nur seine roten Augen, die in der Nacht zu brennen scheinen, fallen mir auf. Dann ist da nur noch rettende Dunkelheit.