Cover

Cornelia Franz

Luis & ich
und der Ferienmops

Mit Illustrationen
von Annette Swoboda

Rowohlt Digitalbuch

Inhaltsübersicht

Über Cornelia Franz

Cornelia Franz wurde 1956 in Hamburg geboren. Nach dem Studium der Germanistik und Amerikanistik, vielen abenteuerlichen Reisen sowie diversen Jobs machte sie eine Ausbildung zur Verlagsbuchhändlerin und arbeitete mehrere Jahre als Verlagslektorin für Reiseführer und Kunstbücher. Seit 1993 schreibt sie vor allem Jugend- und Kinderbücher sowie Reiseführer. Sie lebt mit ihrer Familie in Hamburg.

 

Annette Swoboda studierte Arts plastiques in Aix-en-Provence und Grafik-Design in Mannheim. Sie arbeitet für verschiedene Kinderbuchverlage und zählt wegen ihres einfühlsamen und humoristischen Stils zu den gefragtesten Illustratoren Deutschlands. Annette Swoboda lebt mit ihrer Familie auf einem Bauernhof in der Friesischen Wehde.

Über dieses Buch

Die Sommerferien stehen vor der Tür, und Carlotta und Luis wollen mit Papa in den Schwarzwald fahren. In der Zeit soll sich Mama mit Baby Henri richtig schön ausruhen. Als die Eltern ihnen eröffnen, dass das neue Haus viel zu viel Geld verschluckt und deswegen der Urlaub gestrichen ist, sind die beiden natürlich ganz schön enttäuscht. Kurzerhand beschließen sie, das Geld für den Urlaub selbst aufzutreiben. Und zwar mit Hilfe von Ballerina, dem Hund des Nachbarn … Ob das wohl gutgeht?

 

Der vierte Band von «Luis & ich» – mit Illustrationen von Annette Swoboda

Impressum

Rowohlt Digitalbuch, veröffentlicht im Rowohlt Verlag, Reinbek bei Hamburg, März 2013

Copyright © 2013 by Rowohlt Verlag GmbH, Reinbek bei Hamburg

Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt, jede Verwertung bedarf der Genehmigung des Verlages

Umschlaggestaltung any.way, Barbara Hanke/Cordula Schmidt

Umschlag- und Innenillustrationen Annette Swoboda

Schrift DejaVu Copyright © 2003 by Bitstream, Inc. All Rights Reserved. Bitstream Vera is a trademark of Bitstream, Inc.

ISBN Buchausgabe 978-3-499-21663-3 (1. Auflage 2013)

ISBN Digitalbuch 978-3-644-48901-1

www.rowohlt-digitalbuch.de

ISBN 978-3-644-48901-1

Das ist mein Bruder Luis. Er ist fünf, und manchmal hat er ein paar ziemlich verrückte Ideen.

Das bin ich. Ich heiße Carlotta, und ich bin immer zwei Jahre älter als Luis. Er schafft es einfach nicht, mich einzuholen.

Das ist Henri. Er ist noch ein Baby, und immer muss man Rücksicht auf ihn nehmen …

Das ist Papa. Er sagt manchmal Sachen, die man falsch verstehen kann.

Das ist Mama. Sie wollte eigentlich einen Wellnessurlaub machen – ohne Hund.

Das ist Ballerina. Sie ist ein sehr netter Mops, aber leider gehört sie unserem Nachbarn.

Was ist mit dem Haus los?

Luis, was machst du da?» Ich linste von meinem Hochbett hinunter und versuchte zu erkennen, was da unten los war. Eigentlich schläft Luis im Bett unter mir. Aber jetzt tappte er im Kinderzimmer herum. Ich streckte den Arm aus und zog den Vorhang ein Stückchen zur Seite. Das Mondlicht schien durchs Fenster. Direkt auf Luis’ empörtes Gesicht.

«Mann, hast du mich erschreckt», flüsterte er. «Sei leise, Carlotta!»

«Was machst du denn da? Mitten in der Nacht.»

«Nichts.»

«Doch!» Ich zog den Vorhang noch ein wenig weiter auf. Und weil Vollmond war, konnte ich jetzt ziemlich gut erkennen, was Luis da tat. Aber ich wusste trotzdem nicht, was das sollte.

Luis kniete mitten auf dem Teppich und hatte seinen Kuschelwal vor sich liegen.

«Ich krieg das olle Ding nicht auf», schimpfte er leise vor sich hin. Er zerrte an dem Reißverschluss herum, mit dem man das Fell von dem Walfisch aufmachen kann. Das ist praktisch, weil Luis immer und überall mit ihm kuschelt, auch wenn er Marmeladenfinger hat oder einen Schokoladenmund. Und dann steckt Mama oder Papa ihn einfach in die Waschmaschine. Den Wal, meine ich.

Ich kletterte vom Bett hinunter und hockte mich neben Luis. «Willst du ihn aufmachen?», fragte ich.

«Das siehst du doch, Carlotta.»

«Und warum?»

«Das ist ein Geheimnis», murmelte Luis und fummelte weiter an dem Reißverschluss herum. «Mist, der klemmt», fluchte er.

Jetzt entdeckte ich Luis’ Sparelefanten, der neben ihm lag. Luis und ich, wir haben beide von Oma Winterhude so einen Elefanten bekommen. Meiner ist rot, und der von Luis ist grün. Immer, wenn Oma uns besucht, tut sie da ein paar Münzen hinein. Und sogar Henri hat schon einen Elefanten, in Gelb, obwohl er noch ein Baby ist und erst drei Monate alt.

«Aha», sagte ich. «Was denn für ein Geheimnis?»

Luis schaute mich an und legte den Kopf schief. Luis kann ziemlich viel für einen fünfjährigen Jungen. Aber Geheimnisse für sich zu behalten, das schafft er nie im Leben. «Ich will den Elefanten verstecken», flüsterte er. «Im Bauch von meinem Wal. Ist das ein gutes Versteck, Carlotta?»

Ich zuckte mit den Schultern. «Was soll das denn, Luis? Hast du Angst vor Einbrechern?» Misstrauisch schaute ich zum Fenster. Vielleicht hatte Luis ja verdächtige Geräusche gehört.

«Nee, nicht vor Einbrechern …»

Ich runzelte die Stirn. «Du glaubst doch wohl nicht etwa, dass ich dir dein Geld klaue, oder?»

Luis antwortete nicht. Stattdessen rutschte er ganz dicht an mich ran. «Es ist wegen dem Haus», flüsterte er mir ins Ohr.

Ich rutschte ein Stückchen zurück. «Wegen welchem Haus? Meinst du unser Haus, das neue?»

Kurz vor Weihnachten sind wir in ein neues Haus gezogen, Mama, Papa, Luis und ich. Und kaum dass wir drin wohnten, kam Baby Henri zur Welt. Seitdem herrscht bei uns das Chaos, sagt Mama. Weil man mit einem neuen Baby und einem neuen Haus nicht so viel schafft, wie man sich vorgenommen hat. Deshalb ist der Flur noch nicht tapeziert, und in den Keller kommt man nicht rein, weil er total vollgerümpelt ist.

Luis verzog das Gesicht. «Ja, das neue», antwortete er mit einer ganz kläglichen kleinen Stimme. Er sah sich um, als ob uns jemand hören könnte. «Meinst du, wir können hier bald wieder ausziehen, Carlotta?»

«Aber warum denn?» Ich schaute ihn erstaunt an. Luis war derjenige in unserer Familie, der unsere alte Wohnung am allerwenigsten vermisste. Außer Henri natürlich. Mama, Papa und ich, wir haben manchmal schon noch ein bisschen Heimweh nach der Friedensallee, wo wir früher gewohnt haben. Aber Luis nicht. Beim Abendbrotessen war er noch froh und glücklich darüber, dass wir hier wohnen. Irgendwas musste seitdem passiert sein. Vielleicht hatte er etwas Schlimmes geträumt?

Ich drückte ihm seinen Kuschelwal in den Arm. «Leg dich mal wieder hin, Luis», sagte ich, «und schlaf weiter.»

Doch Luis riss ängstlich die Augen auf. «Nein, Carlotta! In diesem Haus schlaf ich keine einzige Minute mehr.»

«Wieso denn nicht? Was ist denn los mit dem Haus?»

Luis antwortete nicht und schaute nur finster. Er schnappte sich seinen Sparelefanten und klemmte ihn sich unter den anderen Arm. Und dabei machte er ein Gesicht, als ob er die ganze Nacht auf dem Teppich sitzen bleiben wollte.

Ich kletterte wieder in mein Hochbett und sah ihm eine Weile von oben beim Sitzen zu. «Mann, Luis», sagte ich. «Das ist aber ganz schön unbequem.»

«Mir doch egal», brummte Luis und seufzte laut.

Ich zog den Vorhang wieder zu, weil Mama immer sagt, der Vollmond macht einen ganz kribbelig, wenn er ins Zimmer scheint. Aber davon hab ich nichts gemerkt. Und Luis wohl auch nicht. Denn als Papa uns am nächsten Morgen weckte, schlief er immer noch tief und fest auf dem Teppichboden.

Sicher ist sicher

Morgens ist es bei uns immer ein bisschen ungemütlich, finde ich. Mama ist müde, weil Baby Henri komischerweise immer mitten in der Nacht Hunger hat. Papa ist auch müde. Aber gleichzeitig ist er schrecklich in Hektik, weil er doch Lehrer ist und schon um acht vor seiner Klasse stehen muss. Ich muss auch um acht vor der Klasse stehen. Dann schließt Frau Johannsen nämlich auf, und wir dürfen reingehen. Aber ich bin längst nicht so hektisch wie Papa.

Am meisten trödelt Luis herum. In seinem Kindergarten nimmt man das nicht so genau mit dem Anfangen. Aber an diesem Morgen war Luis der Allerschnellste. Er war schon angezogen, als ich noch meinen Kakao austrank.

«Luis», sagte Mama, die mit Henri auf dem Arm in der Küche auf und ab marschierte. «Jetzt zieh mal deine Jacke wieder aus und setz dich hin.»

Luis schüttelte den Kopf. «Ich brauch kein Frühstück. Ich geh jetzt los.»

Das ist für Luis das Tollste an unserem neuen Zuhause: Er kann ganz allein zum Kindergarten gehen, denn der ist nur ein paar Meter von unserem Haus entfernt.

Mama winkte ihn zu sich. «So ein Quatsch, Luis. Ohne Frühstück kommst du mir nicht aus dem Haus.» Sie klopfte Henri auf den Rücken, damit er sein Bäuerchen machte.

«Das wirst du schon sehen», antwortete Luis und versuchte, die Haustür aufzuschließen. Da kam Papa aus dem Badezimmer. Er nahm Luis den Rucksack ab und schob ihn an den Schultern in die Küche und auf die Bank neben mich.