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WILLENLOS UND DOCH FREI

Menschen, die in sich selbst gefangen sind, über ihre Grenzen nicht hinwegsehen können.

Liebe am Wendepunkt zwischen Erfüllung und Preisgabe, der Taumel nach Glück und Hingabe, die tiefe Sehnsucht, dem erdrückenden Alleinsein zu entkommen, die Macht der Gefühle, die entweder zärtlich sein kann – oder grausam bis in den Tod.

Menschen auf der Flucht vor sich selbst, Menschen auf der gewagten Jagd nach zweifelhaften Abenteuern, Menschen im Zwielicht ihrer Leidenschaften, Menschen, die sich selbst einsam machen, weil sie nicht lieben können. Immer unterliegt der wahrhaft Liebende, und immer wieder trägt der Verrat den Sieg davon. Immer leidet der eine, der liebt, während der andere gleichgültig Schluss macht. Die verborgenen und verhaltenen Wege der suchenden, irrenden, glücklichen und unglücklichen Seele werden hier aufgedeckt und schonungslos wahr festgehalten. Ein greller Spiegel unserer vereinsamten, egoistischen Gesellschaft ? Was zählt heute wirklich, und woran gehen wir bedenkenlos vorbei ?

Sinnlich und absurd, erschütternd und peinlich, gewissenlos und überraschend – so geben sich die 18 frappierenden Menschenporträts dieser Prosastücke, die geprägt sind von realistischer Aufrichtigkeit, doch keiner falschen Scham. Offen und analytisch werden die Spielarten von Egoismus und Liebe eindringlich dargestellt, einmal ergreifend, einmal abstoßend, aber immer hinreißend und voller Bedenken.

Packende Literatur, die den Leser gefangen hält und ihn zur Stellungnahme zwingt.

„Wie könnte man Zeit

zum Stillstand zwingen ?“

„Konserviere sie einfach

in ein paar Geschichten.“

 

Für Rosmarin,

meine geliebte Frau.

In allem ist sie

unbeirrbar Liebe.

CHRISTIAN SCHOLZ

Nachtdenken

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MEIST SCHAMLOSE
KURZGESCHICHTEN

INHALTSVERZEICHNIS

Ein Märchen aus der Südsee

Eine ganz normale Liebesgeschichte

Abschied

Verliebt, verlobt, verheiratet

Folgerichtig

Das Galadiner

Persönlich gesehen

Armut kennt Grenzen

Alles Gute zum Geburtstag

Muttertag

Von der Poesie des Lebens

Erinnerung

Das Pflegekind

Ein Kind spricht

Hingabe

Der Mond hält seine Wacht

Im Atem des Meeres

Wer rettet die Welt ?

Scham

Anerzogene menschl. Unlustreaktion (sog. Sch.gefühl),
die sich häufig auf die Verletzung der Intimsphäre bezieht,
daneben aber auch andere soziale Bereiche

(Ansehen bzw. Geltung, Erfolg usw.) betreffen kann.

Grundlage der Sch. ist das Bewusstsein,
durch bestimmte Handlungen oder Äußerungen
sozialen Erwartungen nicht entsprochen bzw.
gegen wichtige Normen oder Wertvorstellungen
dieses Bereichs verstoßen zu haben.

Sch. kann sich durch Senken des Blicks, Erröten,

Herzklopfen u. ä. äußern.

MEYERS GROSSES UNIVERSALLEXIKON,

letztgültige Ausgabe 1981 - 1986
Bibliographisches Institut AG,

Mannheim, Wien, Zürich

 

„Man wählt sein Thema nicht.
Man ist durchaus nicht frei,
dieses oder jenes zu schreiben.“

GUSTAVE FLAUBERT

Ein Märchen
aus der Südsee

Am weiten Strand, im Angesicht der ruhigen See, hatte ein Fischerknabe seine kleine, karge Hütte errichtet. Hinter den hohen Palmen lebten die anderen Inselbewohner, doch er wollte dem sachten Spiel der Wellen und Wogen, die er so sehr liebte, besonders nahe sein, und auch der Sonne, die ihm die Wärme des Lebens spendete.

Wind fegte über die Inseln und vertrieb die glühende Mittagshitze. Und der Knabe lag vor seiner Behausung und betrachtete die gelben, winzigen Sandkörner und den dunstigen Streifen am Horizont, wo sich die unendlichen Wasserfluten mit dem Blau des Himmels mengten. Aber er fühlte sich sehr einsam inmitten der Schönheit der Natur, und nur wenn die Sonne blutrot versank, erwachte er aus seinem Nachdenken, denn dies waren die stillen Minuten seines Glücks. Und er sehnte sich alle Stunden des Tages nach der sanften Berührung des letzten Sonnenlichts.

Er war ein Träumer. Und während sich andere Fischer mit Harpune, Segel und Tauen rüsteten, um ihre Nahrung aus der See zu holen, saß er still in seinem Boot, in den Anblick der Brandung versunken. Er beobachtete die kleinen, dunklen Seeschwalben, die unbeirrbar umherflogen und ausspähten und suchten und kaum einmal etwas fanden und doch niemals aufgaben. Und er machte sich darüber viele Gedanken.

Am Abend, wenn Vater und die Brüder zurückkamen, schlich er sich zu den Feuerplätzen, damit er wohl einen gebratenen Fisch oder ein wenig Maisbrei erhielte. Doch die meisten Essenden trieben ihn gleich zornig zurück, und ein alter Mann sagte böse: „Geh weg, Haurani ! Du bist jung und hast kräftige Muskeln, und du kannst dich selbst versorgen.“

Haurani nickte traurig.

„Was sollen wir mit diesem Knaben, der nur von Sternen und vom Himmel träumen kann ?“ rief ein anderer Mann. „Wir müssen arbeiten und unser hartes Leben so gut wie möglich leben und erfüllen, aber wir alle dürfen nicht den ganzen Tag lang träumen !“

„Das ist wahr“, bekräftigte ein junger Fischer mit heller Stimme. „Ohne zu fischen und Beute zu machen kann man nicht essen, und ohne zu essen kann man nicht leben. Das ist eine unumstößliche Tatsache.“

Haurani blickte ihn mit großen Augen ernst an. „Doch wozu leben wir ?“ fragte er.

„Sei kein Narr, Haurani !“ ermahnte ihn sein Vater und kam näher. „Du versuchst, bloß mit dem Betrachten der Sonne glücklich zu werden. Aber Glück findet sich nicht in der Sonne, sondern hier auf Erden. Komm nach Hause von schwerer Arbeit und finde die verdiente Ruhe in deiner Hütte, grüße dein Weib und deine Kinder, sei müde und doch stolz nach den Kämpfen mit der wütenden See und den tosenden Stürmen und suche Geborgenheit in deinem Heim. Dann wirst du in deinem Herzen stets wundersames Glück verspüren.“

„Ich habe kein Heim“, entgegnete Haurani.

„Dann suche dein Heim, wo dein Herz schlägt.“

„Ich habe nicht Liebe, und ich versuche gar nicht, glücklich zu werden“, erklärte Haurani.

„O Knabe, Knabe“, warf der Älteste des Stammes jetzt ein. „Jeder Mensch strebt nach Glück im ganzen Leben. Aber es ist nicht leicht zu erlangen. Meist muss man warten. Und nur wenige sind dazu erwählt.“

„Dieser Knabe braucht nicht schöne Worte, sondern harte Arbeit“, erklärte ein anderer.

„Wir werden ihm Arbeit geben, damit er sich bewähren kann“, endete Hauranis Vater. „Schon morgen. Er soll ab sofort wie wir alle sein Essen selbst verdienen. Und er wird sicherlich ein guter Fischer werden. Andernfalls muss er unsere Insel verlassen.“

„Ja, er muss unsere Insel verlassen !“ schrieen fast alle der Versammelten und sprangen aufgebracht hoch. Nur der alte Mann blieb ruhig sitzen und betrachtete die rastlosen Flammen des Feuers.

Entmutigt wandte sich Haurani ab.

Lange Stunden der Nacht vergingen. Doch diese Nacht umschmiegte ihn mit ihrer sanften Dunkelheit zärtlich und liebevoll. Und im Licht des tröstenden Mondes ging er hin und verweilte noch einmal an allen jenen Plätzen der kleinen Insel, die er besonders gerne aufgesucht hatte.

Als er zu seiner Hütte zurückkam, begann sich die Sonne bereits zu heben. Er besaß nichts außer seinem kleinen Boot. Und indem er den kahlen Raum verließ, spürte er das Blut in seinen Schläfen pochen. Langsam schritt er unter den Palmen dahin, um sein Boot zu erreichen, sich hineinzusetzen und fortzurudern.

Plötzlich waren Geräusche hinter ihm, und er wandte sich erschrocken um. Er sah tiefschwarzes Frauenhaar.

„Ich gehe jetzt“, sagte er verwirrt.

„Ich verstehe dich, mein Sohn. Doch dein Weg wird der Weg des Schmerzes und des Kummers sein.“ Und zu diesen Worten reichte sie ihm einen Bastkorb, gefüllt mit Fischen und Mais und Kokosnüssen.

„Danke, Mutter“, sagte er bewegt und schloss das Bündel in seine Arme. „Danke“, sagte er nochmals und küsste seine Mutter auf die Stirn und war beschämt und lief davon, um seine Tränen zu verbergen. Aber nur in diesem einzigen Augenblick hatte er die Liebe seiner Mutter wie noch niemals zuvor gespürt.

Ein kühle, wohltuende Brise blies über die See. Haurani setzte sein Segel. Er handelte ohne zu denken, denn der Instinkt des Inselbewohners gehorchte allen Anforderungen der Natur. Er fühlte sich leer und ausgebrannt, und er saß bewegungslos im Heck des Bootes und schaute hinauf zu den Wolken, die sich wie Berge türmten und aneinanderreihten. Und er schlief ein und träumte vom Aufgehen der Sonne und einer seltsamen, wunderbaren Perle.

Die Sonne stand im Mittag, als er erwachte. Und es schmerzte seine Augen nicht mehr, nach Osten zu blicken, woher er gekommen war. Doch kein Land war nun noch sichtbar, nur weites, endlos scheinendes Meer. Im ersten Augenblick überfiel ihn Angst. Er war noch niemals so weit alleine auf offener See gewesen. Und er kannte sehr wohl die Gefahren, die harten Wogen und den unbarmherzigen Sturm. Und er wusste auch, dass selten ein unerfahrener Fischer von solcher Fahrt zurückgekehrt war. Und er war unerfahren.

Aber die Sonne schien heiß, und die tiefblaue See war glatt und ruhig. Haurani fasste Mut. Und mit kräftigen Armen verbesserte er die Stellung des rauen Segels und bestimmte dadurch seinen Kurs.

Er spürte den Druck der Wellen gegen die Bootsplanken und fühlte sich wohl und froh und tauchte eine Hand ins Wasser. Erfrischende Kühle strömte durch seinen Körper. Er bespritzte sein Gesicht mit dem angenehmen Nass. Und indem er zu rudern begann, gewann er Freude an seinen kraftvollen Schlägen und seinem starken Körper. Er hätte nicht rudern brauchen, denn er hatte das Segel, aber er ruderte, bis er erschöpft und müde war.

Dann aß er Fisch und trank die Milch einer Kokosnuss. Die Sonne brannte jetzt glühend heiß, obwohl leichter Wind wehte. Doch nirgends war Land zu sehen.

Und den ganzen Tag über erspähte er nirgends Land. Aber Haurani hoffte. Er gab nicht auf, an eine Insel zu glauben, auf er der sich niederlassen würde.

Es wurde Abend, und das Boot bewegte sich still vorwärts durch die Fluten. Da plötzlich bemerkte Haurani besorgt düstere Gewitterwolken am Horizont. Und gerade als es jetzt rasch zu dunkeln begann, fielen die ersten schweren Tropfen. Schnell holte er behände das Segel ein und vertäute es geschickt am Bug.

Zuckender Blitz und grollender Donner und düstere Nacht überfielen ihn. Die aufgewühlte, brausende See ließ das Boot bedenklich schwanken, und es schien, als ob es bersten würde. Haurani wurde auf die Planken niedergeschmettert, und mit weit geöffneten Augen starrte er auf die wilden, blendenden Blitze und spürte die drohenden, tobenden Wogen.

Die Elemente warfen ihn gewaltig von einer Bootswand zur anderen. Verzweifelt versuchte er sicheren Halt zu finden. Vergebens. Vielleicht wäre es ohne Mast besser, dachte er. Und mit Anstrengung torkelte er auf und holte den Mast ein. Wieder wurde er auf den Boden des Boots geschleudert, und mit ihm der Mast. Haurani spürte einen Schlag, dann stechenden, kurzen Schmerz auf seinem Hinterkopf. Bitte, Himmel, rette mich, flehte er, ich werde dein sein mit ganzem Herzen. Doch einige Augenblicke später spürte er nichts mehr.

Als er erwachte, berührte Sonnenlicht seinen Nacken. Er öffnete die Augen und war erstaunt, sich ausgestreckt im weichen Sand einer breiten Küste zu finden. Er wandte den Kopf und bemerkte sein Boot, das auf der schroffen Kette des Riffs nahe vor dem Strand aufgelaufen war.

Er stand auf. Er fühlte keinen Schmerz. Selbstsicher und mutig beschloss, erst einmal das Innere des Landes oder der Insel zu erforschen.

Vom steten Wind gebeugte Palmen und üppiges tropisches Unterholz wucherten ihm entgegen, doch nahm er kaum Tiere oder sonstiges Leben wahr, ausgenommen den zierlichen Vögelchen, welche die Spitzen und Äste der Bäume bevölkerten und lärmten und flatterten, gerade unter dem Himmel. Und es gab auch genügend essbare Früchte und eine gute Stelle, eine Hütte zu errichten und Schutz vor Stürmen und Regen zu finden. Begeistert erklärte Haurani diesen Platz als sein künftiges Heim.

Die Tage vergingen schnell mit der Arbeit an einer kleinen Hütte und dem Fischfang für die Mahlzeiten. Und als dann Haurani seine einfache Behausung fertiggestellt hatte, zimmerte er gleich geschickt ein neues Boot, und hierauf errichtete er aus spitzen Stäben Fallen, um Fische leichter fangen zu können. Und er sammelte wohlschmeckende Beeren und häufte Kokosnüsse an, um Vorräte zu schaffen.

Im Wipfel der höchsten Palme baute er eine Aussichtswarte, um die weite, geheimnisvolle See zu beobachten. Und ebenso formte er aus den Korallenresten und verschiedenfarbigen Steinen, die er fröhlich gesammelt hatte, ein buntes Mosaik, in dem sich das Sonnenlicht farbenprächtig brach. Er hatte ein Ziel: sich mit eigener Hand zu ernähren und sich an seinem Leben beständig zu erfreuen.

Und wenn er ruhte, müde vom Arbeiten, bewunderte er die wechselnden Spiele der See und die sinkende Sonne und den Wind in den Palmblättern. Und er schlief sanft ein, bevor ihn dunkle, düstere Gedanken überkamen.

Aber schon bald hatte sich Haurani alles geschaffen, was ein Fischer auch nur benötigen konnte. Hatte er Hunger, leerte er die Fallen oder nahm von den Vorräten, war er schläfrig, legte er sich auf seine Matte, tobte der Sturm, floh er in seine feste Hütte. Er hatte alles.

Und die Tage wurden lange, zu lange für ihn. Stundenlang beobachtete er das Meer, sinnend durchquerte er oftmals die Insel, sehnend wartete er auf den Sonnenuntergang. Er fühlte sich einsam und verlassen, so wie er sich in seiner früheren Heimat auch einsam und verlassen gefühlt hatte. Und er konnte kaum mehr Gefallen an der Schönheit der Natur finden. Mit dem Morgengrauen bedrängten ihn Fragen, und wenn die ersten Sterne erschienen, hatte er noch keine Antworten finden können. Er schlief unruhig.

Eines Morgens, beim Auftauchen der Sonne aus dem Meer, rannte er an den Strand, hoffnungslos und geplagt von Zweifeln. Mit schmerzvollem Gesicht und weit ausgestreckten Armen machte er eine sehnsüchtige, bittende Bewegung im Antlitz der Sonne. Und er sank nieder und kniete im Sand und beugte den Kopf und hatte die Augen geschlossen und dachte nur daran, warum das alles so sein musste.

Die Wasser der Flut zerrannen und zerschäumten. Und auf jeder Spitze der heranrollenden Wellen saß eine silberne Krone. Die ersten Strahlen der Sonne glänzten auf den Wogen. Aber Haurani sah nichts von all dieser Pracht und Schönheit. Mit seiner Frage nach dem Sinn des Seins im Herzen hielt er den Kopf gesenkt, die Hände vors Gesicht geschlagen. Nur das zarte Schimmern des Sonnenlichts half ihm allmählich, den Kopf zu heben. Und er schaute wieder auf, voll neuer Hoffnung erfüllt.

Und er sah eine wunderbare Muschel, von den Wellen auf den Strand gespült.

Überrascht hielt er den Atem an, wagte keine Bewegung.

Und die Muschel öffnete sich, und eine strahlendschöne Perle lag da im Sonnenlicht.

„Perle“, flüsterte er verzückt. „Perle, bleibe bei mir !“

Zögernd und behutsam legte Haurani das Geschenk der Sonne in seine Hand. Er betrachtete es. Und in der Perle sah er die Sonne und die See und sich selbst. Er setzte sich benommen in den Sand, seinen Schatz vorsichtig in der Schale seiner beiden Hände bergend.

„Ich bin dein“, sagte die Perle.

„Du kannst mit mir sprechen ?“ fragte Haurani erstaunt und mit ein wenig Angst.

„Ich bin nicht bei dir, sondern in dir“, erklärte die Perle.

„Aber, Perle, du bist so strahlend schön. Wie habe ich eine solch wunderbare Gabe verdient ?“

„Versuche mich zu verdienen, und beweise, dass du mich verdienst.“

„Wie kann ich das tun ?“

„Du hast allen Schmerz ertragen, der dein Herz zu überwältigen schien. Lerne nun aus deinem Schmerz heraus die Wahrheit zu erkennen, und du wirst mutig und gerecht in die Welt gehen.“

„Wer bist du ?“ fragte Haurani atemlos.

„Ich bin die Weisheit der Liebe.“

„Und du kennst alle meine Sorgen und Bedenken ?“

„Du brauchst mich nur anzusehen.“

„Warum leben wir ?“

„Leben heißt unentwegt lieben.“

Lange dachte Haurani nach, bis er schließlich sagte: „Perle, ich verstehe jetzt, warum ich nicht glücklich sein konnte.“

„Man muss beständig in Liebe leben, selbst wenn man nicht geliebt wird. Nur wer Liebe gibt, wird Liebe fühlen. Liebe geben ist wesentlicher, als Liebe zu bekommen.“

„So segle ich wieder zurück in meine Heimat !“

Die Perle strahlte mit voller Kraft.

Also setzte Haurani im Mittag voll die Segel und ließ seine Einsamkeit hinter sich. Er wandte sich nicht mehr um nach seiner Vergangenheit.

Die Sonne führte ihn, und er wurde um so glücklicher, je näher er seiner Heimat kam. Früher hatte er Sonnenlicht auf den Wellen und Wogen bewundert, jetzt trug er es in seinem Herzen.

Mit der wunderbar glänzenden Perle in der Hand erfreute sich Haurani reinen Herzens so sehr wie bisher noch niemals an den glitzernden Schaumkronen und dem sanften Wind und den wandernden Wolken am Horizont und an der verinnerlichten Stimmung, als das Meer nach dem flammenden Abendrot seine leuchtende Farbe in dumpfes Schlummern wandelte.

Haurani wusste jetzt um Hell und Dunkel.

Im Licht der Sterne stellte er seine letzte Frage: „Weshalb bin ich auserwählt, dieses Glück empfinden zu können ?“

„Frage nicht weiter, lebe. Und gib all das, was du erhalten hast. Wer ausersehen ist, gibt alles, unermüdlich und ohne zu fragen, und der Sinn des Lebens erfüllt sich.“

Haurani bedachte alles, was er von der Perle vernommen hatte und schlief schließlich mit dem Ausdruck des tiefen Friedens auf seinem Gesicht ein.

Die Sonne weckte ihn am frühen Morgen. Und bald schon konnte er die Umrisse seiner Heimatinsel im zarten Schleier des ersten Lichts erkennen. Mit bangem Herzen näherte er sich der Insel.

„Deine Zeit ist gekommen“, flüsterte die Perle.

Langsam trieb das Boot an Land. Und Haurani bemerkte, wie die Menschen unter den Palmen auf ihn aufmerksam wurden und zu jubeln begannen und mit Blättern in den Händen winkten und auf ihn zugelaufen kamen. Und mit Tränen der Freude sah er auch seine Mutter und seinen Vater und seine Brüder unter all den fröhlichen Fischern mit ihren Familien und Angehörigen.

Er landete. Und sein Gesicht war das Gesicht eines Engels.

Sie umringten ihn und riefen ihm die freudigsten Worte des Willkommens und des Wiedersehens zu, und bedächtig trat der Stammesälteste an ihn heran und blickte ihn voll Bewunderung an und reichte ihm gerührt die Hand und sagte: „Du bist auserwählt, und deine Arbeit kann künftig nicht das Fischen und Hüttebauen sein, lehre uns vielmehr das Wesen der Liebe, damit wir alle unser Glück finden können !“

Und Haurani übergab ihm lächelnd die Perle und bat: „Lasst uns einander lieben, wie uns auch die Sonne liebt und Tag für Tag glücklich macht..“

Eine ganz normale
Liebesgeschichte

Die beiden Zeiger auf der großen weißen Uhr auf dem Bahnsteig lagen fast übereinander, zehn Minuten vor zehn Uhr nachts. Der Zug fuhr an.

Er schob das Fenster hinauf und ließ sich auf den mit rotem Plüsch gepolsterten Winkel neben dem Fenster erleichtert zurückfallen. Er war allein in dem Abteil und schlug das geöffnete Buch zu, das er vorhin neben sich gelegt hatte, bevor er zum offenen Fenster hinaus gesehen hatte, und schloss müde die Augen.

Er hörte auf das gleichmäßige Rattern der rollenden Räder und spürte das kurze, ruckartige Wanken, wenn der Zug über einen Schwellenstoß holperte.

Er dachte an die Frau, die er verlassen hatte, er hatte einfach die Flucht ergriffen, ohne noch lange herumzustreiten oder ein weiteres Wort zu sagen oder sie noch einmal zu umarmen, er hatte sie mit einem Mal ohne viel Aufhebens einfach verlassen, war folgerichtig fortgegangen wie ein automatisches Uhrwerk, das sich nicht kümmert, was mit der Zeit geschieht. Er hatte sie verlassen.

Die Türe des Abteils wurde von außen geöffnet und der schwere rote Vorhang beiseite geschoben.

„Guten Abend“, sagte sie förmlich und musterte ihn kurz.

Er beobachtete sie kurz aus den Augenwinkeln heraus, nickte nur und sah zum Fenster hinaus.

„Entschuldigen Sie bitte, wenn ich störe“, sagte sie, „aber ich habe im Schlafwagen keinen Platz mehr bekommen.“

Er schwieg und griff nach seinem Buch und schlug es auf und begann zu lesen.

„Ich störe Sie wirklich“, sagte sie achselzuckend. „Es tut mir schrecklich leid.“

Er sah sie flüchtig an und bemerkte: „Dann sind wir eben ab sofort Reisegefährten.“ Und er vertiefte sich in sein Buch.

Zögernd nahm sie ihm gegenüber Platz auf dem gepolsterten Winkel neben dem Fenster und legte ihre Handtasche neben sich.

Er blickte belustigt auf und sah sie an. „Kein Gepäck, keinen Koffer ?“ fragte er.

Sie schüttelte den Kopf.

Er las wieder in seinem Buch, legte es nach einer Weile neben sich und vergrub sich mit geschlossenen Augen in seinem Winkel.

„Wir werden etwas über fünf Stunden fahren“, sagte sie, „bis Bologna.“

Er öffnete die Augen und blickte sie an.

„Sie scheinen sehr müde zu sein“, meinte sie lächelnd.

Er musterte sie ungeniert und stellte dann fest: „Sie sehen bezaubernd aus.“

Sie verzog amüsiert die Mundwinkel.

Die Abteiltüre wurde kräftig aufgestoßen und der Vorhang beiseite gezerrt. Der Schaffner trat wortlos ein, kontrollierte die Tickets und wünschte eine gute Nacht. Der Vorhang fiel hinter ihm zu.

„Mögen Sie, dass der Vorhang offen bleibt ?“ fragte er.

Sie lächelte. „Ich glaube, der Vorhang hat sein Eigenleben“, sagte sie. „Er fällt immer wieder von sich aus zu.“

Er blickte sie unverwandt an. „Sie sind tatsächlich eine sehr hübsche Frau !“ bemerkte er.

„Gerade waren Sie kalt und abweisend“, meinte sie, „und jetzt überschütten Sie mich geradezu mit Komplimenten.“

Er wiegte den Kopf und sah sie flüchtig an und griff nach seinem Buch, ließ das Buch aber sofort wieder sinken und vergrub sich umständlich erneut in seinen Winkel und schloss die Augen.

Nach einer Weile öffnete er sehr langsam und vorsichtig die Augen und musterte sie. Sie hatte jetzt ihre Augen geschlossen und den Kopf auf die Polsterung zurückgelegt. Sie hatte ein schmales Gesicht und war nur um die Augen herum geschminkt, eine zierliche Nase und volle Lippen, ein leichtes, pastellfarbig gelbes Sommerkleid über ihrem schmächtigen Körper, das lose über ihre festen Brüste und ihre Oberschenkel fiel. Ihre Beine, sie hatte wunderschöne Beine, nackt, etwas sonnengebräunt, ihre Füße in tiefgelben Sandalen, zarte Fesseln, anmutig lange, glatte Unterschenkel, kaum knochige Knie unter dem Saum ihres dünnen Kleides, das die Konturen ihrer Oberschenkel recht reizvoll erkennen ließ und in der Mitte ihres Körpers eine tiefe Furche bis zum Ansatz ihres Bauchs bildete.

Er schreckte hoch und fühlte sich ertappt und starrte ihr ins Gesicht.

Sie blickte ihn lächelnd an.

„Sie haben wunderschöne Beine“, sagte er verlegen.

Sie lächelte.

„Entschuldigen Sie bitte“, sagte er und wandte sich ab.

Der Zug schnaubte durch die Nacht, draußen war es jetzt stockdunkel, nur manchmal zuckten kurz helle, blendende Lichter vorbei.

„Wollen Sie mich haben ?“ fragte sie.

Er sah sie an und schwieg.

„Es macht mir nichts aus“, erklärte sie und schob ihr Hinterteil bis ganz nach vorne auf die Bankrundung und spreizte ihre Schenkel einladend auseinander.

Er zögerte.

Sie zog den Saum ihres dünnen Kleids bis über die Knie hoch und sah ihn abwartend an.

Er rührte sich nicht.

Sie nickte lächelnd.

Er sah ihr in die Augen und zögerte und überlegte und sah ihr in die Augen und ließ dann seine Hand langsam auf der Innenseite ihres warmen Schenkels nach oben gleiten und spürte ihre Feuchtigkeit und sah ihr in die Augen und drang mit zwei Fingern in sie ein und rieb oben an der Innenwand ihres Geschlechts und sah ihr in die Augen.

Nach einer Weile fragte sie: „Haben Sie genug ?“

Er zog die Hand zurück und blickte beiseite.

„Wollen Sie jetzt auch noch meine Brüste begrapschen, und soll ich Ihren Schwanz lutschen ?“

Er schwieg und blickte zum Fenster hinaus in die Nacht.

„Sie brauchen sich nicht genieren“, sagte sie lächelnd. „Ich verstehe Sie, ich habe auch oft Lust auf Sex und auf all das Getue, aber um das alles zu genießen, brauche ich erst das Gefühl, mit jemandem verbunden zu sein.“

Er nickte und senkte den Kopf und sah sie nicht an.

„Fahren Sie auch nach Bologna ?“ fragte sie.

„Ja“, antwortete er, „ja !“ Und er legte den Kopf zurück in die Polsterung und sah an ihr vorbei.

„Wie sagten Sie doch ?“ fragte sie. „Dann sind wir eben Reisegefährten !“

Er erwiderte ihren Blick und zwinkerte ihr verlegen zu und schloss die Augen und lehnte sich ganz zurück, vergrub sich in seinem Winkel.

Dann sah er sie nochmals an. Und plötzlich trafen sich ihre Blicke und blieben aneinander hängen und verweilten und regten sich nicht und waren voneinander gefangen und verwoben und blieben ineinander verhaftet.

Er schloss die Augen.

Und da war wieder die Frau, die er verlassen hatte. Verlassen. Sie hatte schlohblondes Haar, beinahe weiß, und kleine, zarte Ohren, an denen sie sehr gerne riesengroße Ohrringe befestigte. Sie hatte oft gesagt, dass sie ihn liebte, und sie hatte ihn dabei stets mit weit geöffneten Augen angesehen, als würde sie die Unendlichkeit einfangen und für ewig bewahren wollen. Sie hatte sich an ihn geschmiegt und beteuert, dass er der Sinn ihres Lebens sei. Er hatte gelacht und sie an beiden Armen gepackt und ihr gesagt, dass er auch nur ein ganz gewöhnlicher Mann sei, dem sie einfach gefiele und der ein bisschen Leben mit ihr haben wolle. Ein bisschen Leben, hatte sie traurig wiederholt, nur ein klein bisschen. Und er hatte sie geküsst und gemeint, sie sollte nicht traurig sein, man müsse danach trachten, jeden Tag im Leben glücklich zu sein, alles sei vergänglich, und nichts könne man für ewig gewinnen. Sie hatte an seiner Schulter geschluchzt, und er hatte sie auf Stirn und Wangen und Hals geküsst und hatte mit der Hand über ihre Brüste gestrichen.

„Willst du mich berühren ?“ fragte sie plötzlich. „Magst du über meine Brüste streichen und ein bisschen zärtlich zu mir sein, willst du mich küssen und mich ganz innig an dich drücken ?“

Er schlug die Augen auf und blickte die Frau gegenüber überrascht an. Sie hatte sich in ihrem Winkel nur ein wenig aufgesetzt und sich zu ihm geneigt.

„Ich bin verzweifelt“, erklärte sie. „Was tut man nicht alles, wenn man verzweifelt ist !“

Er nickte benommen und wusste nicht, was er tun sollte, er fühlte sich wie ein gefangenes Tier.

„Ich fühle mich entsetzlich einsam“, begann sie. „Er hat mich verlassen, und jetzt bin ich auf dem Weg zu ihm, ich kann einfach nicht Schluss mit ihm machen, ich brauche ihn, und ich spüre das in meinem ganzen Körper, ich will ihn niemals verlieren, verstehst du das ?“

Er sah sie nachdenklich an.

„Verstehst du das wirklich ?“ fragte sie. „Warst du auch schon einmal einsam, wirklich einsam, meine ich ? Es ist jetzt neun Tage her, seitdem er sich von mir getrennt hat, und ich halte das überhaupt nicht aus, es ist ein Schmerz, der mich völlig überrollt, der mich gefangen hält und nicht ruhen lässt.“

„Auch ich habe meine Frau verlassen“, sagte er. „Jetzt tut es mir ziemlich leid, dass ich sie verlassen habe, aber ich werde nicht umkehren, ich kann einfach nicht umkehren.“

Sie sank in ihren Winkel zurück.

„Man tut eben oft etwas, das man gleich wieder bereut“, sagte er.

Sie richtete sich auf und nickte.

Er fasste nach ihren Händen und lächelte und sagte: „Also sind wir nicht bloß Reisegefährten, wir haben das gleiche Schicksal.“

Sie lachte und setzte sich ganz auf.

„Du bist eine schöne Frau“, sagte er bewundernd.

Sie drückte seine Hände und hielt ihn an den Händen.

„Ich fliehe, und ich weiß nicht, wohin“, sagte er zögernd.

„Nimm es nicht ganz ernst“, sagte sie, indem sie ihm direkt in die Augen sah, „aber ich möchte ganz aufrichtig sein, selbst wenn es ganz dumm klingt.“ Sie machte eine Pause und wandte den Blick nicht von ihm und setzte mutig fort: „Du hast mir von Anfang an so gut gefallen, schon als ich das Abteil betrat und dich in deiner Ecke ganz verlassen sitzen sah, es ist so etwas wie Liebe auf den ersten Blick, verstehst du, wenn man daran glauben will !“

Er blickte sie mit großen Augen an.

„Ich habe dich gefunden“, erklärte sie lächelnd.

Er zog seine Hände zurück und versank in seinem Winkel.

„Gib mir wieder deine Hände“, bat sie leise.

„Ist das so einfach ?“ fragte er.

„Nein“, antwortete sie, „aber es ist so !“

Sie lachten beide.

„Glaubst du, du kannst mich lieben ?“ fragte sie.

„Du bist eine hinreißende Frau“, sagte er ehrlich. „Aber ich spiele oft nur allzu gerne Theater, einfach Theater, um vor mir selbst wegzurennen. Ich habe soeben meine Frau verlassen, verlassen und zurückgelassen, ich habe sie schon weit hinter mir zurück gelassen. Ich weiß nicht, ob ich überhaupt lieben kann.“

Sie nickte traurig und sagte: „Ich kann dich gut verstehen.“

Er drückte ihre Hände und wandte den Kopf zum Fenster und blickte in die Nacht hinaus und schwieg.

„Ich spüre, dass ich dir gehöre“, sagte sie.

„Letztlich ist alles immer Nacht“, erklärte er achselzuckend und blickte sie verstört an. „Liebe ich die Nacht ?“

„Jetzt möchte ich dich in mir spüren“, sagte sie und sah ihm offen in die Augen. „Ich möchte dich unendlich gerne warm und zärtlich und fordernd in mir spüren, und ich möchte mich dir ganz, völlig ineinander versunken hingeben.“ Sie schwieg und blickte zu Boden. „Aber es ist zu spät,“ fuhr sie fort, „ich werde mich wieder mit ihm treffen, mich mit ihm wortreich versöhnen, mit ihm tanzen und lachen und lieben, und alles wird wieder von vorne beginnen, und wir werden Glück und Frohsinn spielen, und nach bloß ein paar Tagen werde ich erneut unglücklich sein.“

„Wir könnten es miteinander versuchen“, sagte er zögernd.

„Glaubst du an uns ?“ fragte sie.

„Ich weiß nicht“, antwortete er.

Sie lächelte. „Und dann würden wir anfangs glücklich sein und froh miteinander über die Wiese hüpfen und lachen und uns aneinander drücken, und dann würden wir bald zu streiten beginnen, und nach ein paar Tagen wären wir beide ohnehin wieder unglücklich.“

„Wie Liebe eben ist“, sagte er mürrisch.

„Wie ist denn Liebe ?“, fragte sie.

Er zuckte die Achseln und sah sie an.

Sie hielten einander an den Händen.

Nach einer Weile stand er auf und setzte sich neben sie und zog sie fest an sich und küsste sie auf die Stirn und die Wangen und die Lippen. Sie schmiegte sich an ihn und schloss die Augen.

Draußen vor dem Fenster eilte die Nacht vorüber.

„Willst du mit mir schlafen ?“ fragte er.

Sie nickte heftig und schlang ihre Arme um ihn.

„Dann steigen wir in Bologna Hand in Hand aus und gehen schnurgerade in das nächstbeste Hotel“, sagte er.

„Einverstanden“, lachte sie.

„In Bologna wird es ohnehin drei Uhr morgens sein, eine gute Zeit, um ein Hotel zu suchen.“

Sie nickte und drückte ihren Kopf an seine Schulter und schloss die Augen.

Er streichelte über ihr Haar und spürte die Wärme ihres Körpers an sich und schloss die Augen und schlief ein.

Kurz vor Bologna rüttelte der Schaffner an der Tür und schrie herein, dass der Zug in ein paar Minuten in Bologna stehen bleiben würde.

Sie lösten sich verschlafen voneinander, lachten einander an, blickten sich stumm in die Augen und küssten einander langsam und zärtlich auf den Mund.

„Das war ein sehr guter Guten-Morgen-Kuss“, sagte sie fröhlich, „und schmeckt nach wesentlich mehr.“

Er küsste sie nochmals innig.

„Müssen wir uns beeilen ?“ fragte sie.

„Der Zug hält in Bologna üblicherweise über eine Stunde“, sagte er.

„Steigen wir aus oder fahren wir weiter ?“

„Wir werden beide aussteigen“, sagte er.

Er drückte das Fenster nach unten, und der kalte Nachtwind sprang in das Abteil. Sie schrie leise auf, und er schloss das Fenster wieder.

„Dabei ist es doch Sommer !“ sagte sie verwundert.

Sie standen aneinander gelehnt am Fenster und blickten hinaus und beobachteten die Lichter, die immer dichter wurden und blendeten.

Schließlich hielt der Zug in Bologna.

Sie nahm ihre Handtasche, und er reckte sich hinauf und holte seinen leichten Handkoffer aus der Ablage und verschloss sein Buch darin.

„Wir reisen beide mit leichtem Gepäck“, lachte sie. „Einmal da und einmal da.“

Er stieß die Abteiltüre auf, und sie gingen hintereinander den Gang entlang zum Ausstieg. Nur ein einziger Reisender stand ihnen im Weg und zog sich mürrisch in sein Abteil zurück, bevor sie an ihm vorübergingen.

Er stieg zuerst die beiden Metallstufen hinunter und half ihr beim Aussteigen.

Auf dem Bahnsteig standen sie einander gegenüber.

„Ich liebe dich“, sagte er.

„Ich liebe dich auch“, sagte sie schlicht und sah ihn dabei zärtlich an.

Die Durchsage kreischte in den Lautsprechern und tönte durch den leeren Bahnhof, der überall mit gelben Lichtern ausgeleuchtet war. Jetzt stiegen müde auch noch ein paar weitere Reisende aus dem Zug und nahmen ihre Koffer auf und blickten sich nach dem Schild USCITA um.

„Ciao“, sagte sie, ohne ihn anzusehen und wandte sich um und ging davon.

„Alles Gute !“ rief er ihr nach und umklammerte den Griff seines Handkoffers.

Abschied

„Du bist schön“, sagte er.

„Willst du mich ?“ fragte sie.

„Bist du deshalb zurückgekommen ?“

Sie musterte ihn nachdenklich und schweigend und blickte dann ausdruckslos an ihm vorbei auf die kahle Wand des Zimmers.

Sie lagen nackt ausgestreckt nebeneinander auf dem sehr breiten Doppelbett, das nur mit einem großen weißen, glatten Laken bespannt war. Die beiden Flügel des Fensters waren weit geöffnet, und es war kühl im Raum, obwohl draußen der heiße Sommer angebrochen war.

„Du bist schön“, wiederholte er und streichelte zärtlich über ihr Haar, ihre Wange und ihre Schulter.

Sie sah ihn an und blickte dann beiseite.

Er berührte ihre nackten Brüste und spielte mit ihren Brustwarzen, die rasch groß und hart wurden. Sie lag regungslos vor ihm und sah ihn an. Und seine Hand glitt über ihren Bauch und ruhte auf ihrem Nabel und glitt dann weiter und berührte den Ansatz ihrer Schambehaarung.

Sie wand ihren Körper beiseite und bat: „Lass mich einfach nur neben dir liegen.“