Cover

Über dieses Buch:

Mit viel Witz und Sympathie erzählt Barbara Noack von den kleinen Helden, die jeden Alltag zum Abenteuer werden lassen:

Von dem dreijährigen Daniel, der liebend gern Papas Auto mit Mamas Badeanzug putzt und dabei seinen ersten richtigen Freund kennenlernt; von Anette, die es mit ihren ausschweifenden Überredungskünsten schafft, das ganze Dorf in den Wanderzirkus zu locken. Und von Max, der kurz vor Schulbeginn ganz dringend ein Entschuldigungsschreiben braucht – und es dann doch auf dem Küchentisch liegen lässt.

Mit ihren heiteren Geschichten erinnert Barbara Noack alle Eltern daran: Kinder sind was Wunderbares – doch Flöhe hüten ist um einiges leichter.

Über die Autorin:

Barbara Noack, geboren 1924, hat mit ihren fröhlichen und humorvollen Bestsellern deutsche Unterhaltungsgeschichte geschrieben. In einer Zeit, in der die Männer meist die Alleinverdiener waren, beschritt sie bereits ihren eigenen Weg als berufstätige und alleinerziehende Mutter. Diese Erfahrungen wie auch die Erlebnisse mit ihrem Sohn und dessen Freunden inspirierten sie zu vieler ihrer Geschichten.
Ihr erster Roman »Die Zürcher Verlobung« wurde zweimal verfilmt und besitzt noch heute Kultstatus. Auch die TV-Serien »Der Bastian« und »Drei sind einer zu viel«, deren Drehbücher die Autorin verfasste, brachen in Deutschland alle Rekorde und verhalfen Horst Janson und Jutta Speidel zu großer Popularität.

Barbara Noack veröffentlichte bei dotbooks bereits ihre Romane »Die Zürcher Verlobung«, »Der Bastian«, »Danziger Liebesgeschichte«, »Drei sind einer zuviel«, »Brombeerzeit«, »Das Leuchten heller Sommernächte«, »Die Melodie des Glücks«, »So muss es wohl im Paradies gewesen sein«, »Jennys Geschichte«, »Der Duft von Sommer und Oliven«, »Der Zwillingsbruder«, »Das kommt davon, wenn man verreist«, »Auf einmal sind sie keine Kinder mehr«, »Was halten Sie vom Mondschein?«, »Valentine heißt man nicht«, »Der Traum eines Sommers« und »Eine Handvoll Glück« sowie »Ein Stück vom Leben«, die auch im Doppelband »Schwestern der Hoffnung« erhältlich sind. Auch bei dotbooks erschienen ihre Erzählbände »Eines Knaben Phantasie hat meistens schwarze Knie« und »Ferien sind schöner« sowie der Sammelband »Valentine heißt man nicht & Der Duft von Sommer und Oliven«.

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eBook-Neuausgabe Dezember 2016

Copyright © der Originalausgabe 1980 by Albert Langen – Georg Müller Verlag GmbH, München

Copyright © der Neuausgabe 2016 dotbooks GmbH, München

Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlages wiedergegeben werden.

Titelbildgestaltung: Nele Schütz Design unter Verwendung von shutterstock/ESB Professional und ThinAir

eBook-Herstellung: Open Publishing GmbH

ISBN 978-3-95824-894-6

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Barbara Noack

Flohe hüten ist leichter

Heitere Geschichten

dotbooks.

Für Carola nebenan

Rudi, der Modeberater

Ein Geschäft für Damenoberbekleidung. An seiner Rückseite befinden sich die Umkleidekabinen. In der links außen probiere ich Kleider an.

In der Kabine neben mir langweilt sich ein Kind. »Mama, wie lange dauert das noch – du hast gesagt, nur zwei Minuten, du wolltest bloß mal gucken – jetzt ziehst du schon das fünfte Kleid an, ich will hier raus – Mamaaaaü!«

Darauf die Mutterstimme: »Quengel nich, Rudi, wir gehn ja gleich.«

Und Rudi: »Ich kenn dein ›gleich‹, das dauert immer ewig, wozu brauchst du überhaupt ein neues Kleid, du hast doch schon drei zu Hause.«

»Die sind aber unmodern.«

»Was is unmodern?«

»Komm, nerv mich nich, Junge, steh lieber auf. Du kannst hier nicht auf dem Boden rumliegen – kann ja keiner treten …«

Rudi: »Auaaa!«

Mutter: »Siehste!«

Die Verkäuferin reicht ihr ein neues Kleid in die Kabine. »Wo ist hier vorn und hinten?« höre ich die Mutter fragen. Nach kurzer Gebrauchsanweisung zieht sie es an. Aufschrei: »Na, wahnsinnig! Das ist ja wahnsinnig super! Diese irren Farben!«

»Wie ein Klohn«, sagt Rudi.

»Das heißt nicht Klohn, sondern Clown – wie Klaun, Herrgottnochmal!«

»Frau Heinze sagt aber immer Klohn«, sagt Rudi stur.

Die Verkäuferin, pikiert: »Na, hör mal, Bubi, wie kannst du so was sagen!«

Mutter, entschuldigend: »Clown ist für ihn was Schönes, nicht wahr, Rudi?«

Rudi: »Kaufst du es nun? Können wir dann gehn?«

Seine Mutter kauft es nicht. Es ist zu teuer. Verzagt begibt sich Rudi auf die Wanderschaft. Besucht die Kundinnen in den anderen Kabinen, erschießt sie, pengpengpeng, wird von keiner zum Verweilen aufgefordert. Zieht schließlich meinen Kabinenvorhang mit einem Ruck auf und gibt den allgemeinen Blick auf mich in Unterwäsche frei.

»Mach sofort zu«, zische ich, aber Rudi hört nicht, er starrt voller Entsetzen auf meine bloßen Füße.

»Deine Zehen bluten!«

Ich erschrecke ebenfalls, bis ich begreife: Er meint meine rotlackierten Fußnägel.

Rudi: »Warum machst du das? Damit man den Dreck nich so sieht?«

»Ich habe saubere Nägel!!«

»Warum tust du’s dann?«

Ja, warum eigentlich? »Weil es viel schöner aussieht.«

»Es sieht aber nich schöner aus«, sagt Rudi.

Jetzt endlich beginnt seine Mutter ihn zu vermissen. Sie steckt den Kopf aus ihrer Kabine: »Komm sofort hierher – stör die Dame nich – entschuldigen Sie bitte – Rudi!!!«

Der hört nicht. Er schurrt in meinen hochhackigen Pumps in den Verkaufsraum hinein: »Achtung! Achtung! Hier kommt eine Dame!«

Rudi produziert sich. Sein Publikum hat nur Mißbilligung für ihn übrig, ihn stört’s nicht. Er ist nichts Anderes gewöhnt.

Mit einem fahrbaren Ständer voller Blusen rollt er den Mittelgang hinunter, hinein in die Röcke.

Das geht nun wirklich zu weit. Hat dieses Kind denn keine Mutter????

Doch. Hat es. Sie kommt gerade, einen Mantel um ihre Blöße schlagend, aus der Kabine gefegt auf der Suche nach ihrem Rudi.

Entnervt zischend, kleine Hand im eisernen Griff, schleift sie ihn hinter sich her.

Rudi schreit prophylaktisch: »Aua!«

Aber seine Mutter tut ihm nichts, sie will keine Szene, nur unsanft mit ihm sein, los, rein in die Kabine, da setz dich hin! Du sollst dich setzen!!! Na, auf den Hocker! Wieso nicht? Dann nimm die Kleider runter – nein! Nicht auf den Boden schmeißen, nun gib sie schon her und halt den Rand, wenn ich noch einen Piep von dir höre …

Ich habe gerade ein hochmodisches Kleid übergestreift. Zu modisch für mich, finde ich, aber die Verkäuferin sagt, das sind falsche Hemmungen, gnä Frau, Sie müssen mal von Ihrer sportlichen Note runter und was Extravagantes …

»Es steht Ihnen wahnsinnig gut«, versichert Rudis Mutter, als sie mir meine Pumps wiederbringt, mit denen Rudi auf Tournee gewesen ist. »Sie können so was echt tragen. Bei Ihrem Typ!«

Obgleich noch immer voller Zweifel, bin ich natürlich echt wahnsinnig geschmeichelt: »Meinen Sie wirklich?«

Hinter seiner Mutter taucht Rudi auf und guckt an mir rauf und runter.

»Na, du?« spreche ich ihn an. »Wie gefällt dir mein Kleid?«

Glücklich, dass ihn endlich einer nicht nur als Störenfried ernst nimmt, sagt er: »Du hast ein schönes Nachthemd an.«

»Ist ja gar nicht wahr!« stöhnt die Verkäuferin. »Bitte hören Sie nicht auf den Bengel, gnä Frau. Das Modell kleidet Sie fa-bel-haft!«

Rudis Mutter beutelt ihren Rudi, versichert, dass ihre Geduld nun am Ende sei, Rudi schreit, seine schon lange – darauf sie: »Ich nehm dich nie mehr mit, wenn ich was kaufen geh!« Und er: »Ich will auch ga nich mit, nie mehr!«

Ohne etwas gekauft zu haben, mit schief sitzendem Rock und aufgetrenntem Saum, weil zu hastig beim Anziehen hineingetreten, verläßt die Mutter mit Rudi das Geschäft.

Ich gehe zur Kasse und schreibe einen Scheck aus. Das Kleid behalte ich gleich an. Es ist erstaunlich, wie sich ein neuer Fummel aufs Wohlbefinden auswirkt. Mein abblätterndes Selbstbewußtsein fühlt sich darin wie frisch gestrichen.

Mein Sohn ist bereits aus der Schule zurück, als ich nach Hause komme, und hungrig wie ein Wolf. Ich habe zwar kein Mittag für ihn, aber dafür eine hinreißende Laune.

Beim Mantelausziehen guckt er mich an und fragt: »Neu?«

»Ja. Schick, nicht?« Und drehe mich ein bißchen.

Und er: »Teuer?«

»Es geht. Warum?«

»Sieht aus wie’n Nachthemd«, sagt er.

Es muss wohl an ihren modisch unverbildeten Augen liegen. Rudi und mein Sohn sehen nicht den aktuellen Schick, sie sehen bloß das, was sie wirklich sehen, und das sieht eben wie ein Nachthemd aus.

Meine Enttäuschung tut meinem Sohn leid, und er will gutmachen: »Die Farbe steht dir, Mami. Und das Kleid ist spitze, wenn es ’ne lange Dünne trägt…« Wenn er gutmachen will, macht er alles nur noch schlimmer.

»Du hast ja recht«, sage ich und mache ihm Spiegeleier.

Einzelkind

Zu Ostern in einer Familienpension: Vater, Mutter und elfjähriger Sohn warten darauf, dass es zu gießen aufhört.

Vater liegt auf dem Bett und liest Zeitung. Mutter schreibt Ansichtskarten, auf denen der Himmel blau ist.

Sohn leidet.

»Mir is vielleicht langweilig, Mannohmann, is mir langweilig.«

»Dann beschäftige dich«, sagt die Mutter, »wir tun’s ja auch.«

»Was soll ich denn machen? Könnt ihr mir das mal sagen?«

»Lies ein Buch.«

»Hab schon.«

»Dann spiel.«

»Aber was?«

»Irgendwas. Du hast ja genügend da.«

»Spielt ihr mit mir Rommé?«

»Schon wieder? Wir haben doch erst gestern!«

»Oder Stratego?«

»Junge, dein Vater will mal richtig ausspannen. Er hat’s nötig.«

»Spielst du dann mit mir, Mutti?«

»Später. Erst muss ich meine Karten … du musst auch an Tante Hertha schreiben und dich für das Geschenk bedanken.«

»Jadoch.«

»Jadochjadoch. Immer sagst du jadoch.«

»Ich schreib ihr morgen.«

»Geschenke willst du haben, aber bedanken willst du dich nicht.«

»Ich hab gesagt, ich schreib ihr morgen.«

Der Junge leidet aus dem Fenster auf große Kastanienblätter, die ganz tief vor Regen hängen. »Das nennt sich nu Ferien. Freut man sich das ganze Jahr drauf.«

»Haben wir vielleicht das Wetter bestellt?«

»Nein. Sag ich ja gar nicht.«

»Übrigens erholt man sich bei Regen viel besser.«

Der Junge will sich nicht erholen, er will spielen. Und seufzt.

»Sitz nicht so anklagend herum. Macht einen ganz nervös. Andere Kinder beschäftigen sich ja auch!«

»Andere Kinder haben auch Geschwister«, sagt der Junge.

»Na und?«

»Ich hab keine.«

»Machst du uns das vielleicht zum Vorwurf?«

»Ich mein ja bloß.«

»Schau, ich war auch ein Einzelkind und hab mich trotzdem nie gelangweilt«, sagt die Mutter.

»Der Hansi, mein Freund, hat drei Geschwister. Bei denen ist immer was los«, sagt der Junge.

»Wir waren auch drei zu Hause und haben pausenlos gestritten«, erinnert sich der Vater.

»Ihr habt wenigstens jemand zum Streiten gehabt.«

»Junge, du bist undankbar. Du hast doch uns.«

»Ja.«

»Wenn du Geschwister hättest, könnten wir uns diese Reise gar nicht leisten. So fängt’s mal an.«

Scheißreise, denkt der Junge.

»Außerdem müßtest du alles, was du jetzt allein besitzt, mit ihnen teilen.«

»Freunde sind viel angenehmer als Geschwister«, sagt der Vater. »Freunde kann man sich wenigstens aussuchen. Geschwister nicht.«

»Hier hab ich keinen Freund.«

»Du wirst schon noch einen finden.«

»Und warum hab ich keine Geschwister?«

»Du kannst einem wirklich den Nerv töten.«

»Und warum hab ich keine?«

Die Eltern sehen sich an. »Ja, weil – na ja, als du geboren wurdest, ging’s uns finanziell ziemlich mies. Dazu die unsicheren Zeiten … Da haben wir uns gesagt, eins kriegen wir immer durch, aber mehr?«

»Hansis Eltern waren auch noch nie reich, und ihre Zeiten sind auch nicht sicherer als eure. Trotzdem haben sie vier Kinder.«

»Das sind doch Traumtänzer«, sagt der Vater. »Vier Kinder in heutiger Zeit! Kriegst ja nicht mal ’ne Wohnung, wenn du mit denen umziehen willst. Vier Kinder! Wer tut sich denn das heute noch an! Opfert man ihnen seine schönsten Jahre, schuftet sich ihretwegen ab – und was ist der Dank? Sie kommen einem frech.«

»Aber Weihnachten …« sagt der Junge.

»Wieso Weihnachten? Wie kommst du denn jetzt auf Weihnachten, sei froh, dass wir noch Ostern haben!«

»Weihnachten ist vielleicht was los bei Hansis«, sagt der Junge. »Da laden sie immer noch ein paar Kinder ein, die keine Eltern haben. Dann ist ihre Bude richtig voll und ein irre schöner Krach. Sagt Hansi.«

»Bei uns ist es Weihnachten doch auch schön oder nicht?«

»Ja, sehr, aber …«

»Aber was?«

»Wir sind dann bloß immer wir drei.«

»Ist Arbeit genug für deine Mutter.«

»Ja, natürlich.«

»Weißt du«, sagt die Mutter, »man wünscht sich im Leben immer das, was man nicht hat.«

»Kann sein.«

»Was glaubst du, wie gern der Hansi manchmal ein Einzelkind wäre.«

Der Junge überlegt einen Augenblick. »Glaub ich nicht«, sagt er dann. »Ich glaub, der wünscht sich höchstens manchmal ein Einzelzimmer.«

Was sind das überhaupt für Gespräche! Wenn bloß bald der Regen aufhörte!

Beifahrer

Betrachtungen eines mitfahrenden Sohnes

Nie kommen wir rechtzeitig fort, weil meine Mutter ihre Autoschlüssel nicht finden kann. Dabei hat sie sie eben noch gehabt, sagt sie. Und ich sage: »Dein halbes Leben verbringst du mit dem Suchen nach Schlüsseln!« Sie widerspricht mir lebhaft: »Das stimmt nicht. Mein halbes Leben verbringe ich mit dem Suchen nach meinen Schlüsseln und meinen Brillen!«

Sie schnallt sich bereits in der Garage an, aber ihr Gurt ist meistens verheddert und rutscht von der Schulter. Sicherheit geht ihr über alles!

Wenn Ihnen mittags ein Auto mit angeschalteten Scheinwerfern begegnet, können Sie sicher sein: Das ist meine Mutter, die frühmorgens durch einen Tunnel fuhr, ohne mich auf dem Beifahrersitz.

»Ich versteh das nicht, Junge«, erzählt sie mir später. »Die Fußgänger haben mir pausenlos Zeichen gemacht, entgegenkommende Autos haben mich angeblinkt – ich war ganz irritiert. Hatte ich meine Tür nicht richtig zu? Hatte ich einen Platten? Aber nein, alles war in Ordnung. Es hat auch nicht brenzlig gerochen. Was wollten die Typen denn bloß von mir –?!«

Bis meine Mutter sämtliche Knöpfe und Hebel in ihrem Auto beherrscht, ist ihre Karre bereits durchgerostet. Aber mir erlaubt sie nicht, an irgendwas zu drehen. Die Fummelei mache sie ganz nervös, schreit sie. Und ob ich im Radio nicht mal einen einzigen Sender lassen könnte!?

Am vertrauensvollsten steigt unsere Hündin bei ihr ein. Lehnt im Fond und gähnt blasiert aus dem Fenster, während wir mit abgesoffenem Motor am Berg hängen, eine mordlustige Autoschlange hinter uns.

Wo andere Wagen zehnmal vergebens um den Block schleichen, findet meine Mutter auf Anhieb eine Parklücke. Sie hat nur meistens nichts von ihr, denn sie kann nicht einparken. Weil sie nicht optisch abmessen kann, entschuldigt sie sich, und außerdem wär’ ihr ganz schwindlig.

Vielleicht liegt es daran, dass sie ihre Lesebrille aufhat.

Auf der Autobahn fährt sie zügig, geradezu sportlich, solange es hell ist. Nach Einbruch der Dunkelheit kann sie jede lahme Ente überholen, weil sie nachtblind ist wie ein Huhn. Das Beste wäre, es ging einer mit einer Laterne vor ihrem Kühler her.

Ach, wär’ ich doch schon achtzehn!!!!

Betrachtungen einer mitfahrenden Mutter

Zum ersten Mal sitzt mein Junge am Steuer und ich auf dem Beifahrersitz. Äußerlich gelassen, bin ich innerlich ins Polster verkrallt, bremse mit den Hacken. Ziehe nur manchmal Luft durch Zähne.

»Ist was?« fragt mein Sohn.

»Du fährst so rechts!«

»Stell dir vor, das war das erste, was wir in der Fahrstunde gelernt haben«, sagt er.

»Na schön, aber sooo rechts? Wir streifen gleich die Chausseebäume.«

»Du kannst wirklich nicht abmessen«, sagt er. Nun wird er kühn. Greenhorn, ich muss dich warnen: »Fahr vorsichtig. Selbst wenn du den Wagen technisch beherrschst, dir fehlt die Praxis. Du musst auch mit den Fehlern der anderen rechnen, und bitte, bitte, rase nicht –!! Ich hab dich neulich durch die Hauptstraße fegen sehen –!«

Er, verwundert: »Seit wann erkennst du dein Auto?«

Solange ich den Wagen allein fuhr, genügte mir ein Radio mit Wackelkontakt. Nicht so meinem neuen Teilhaber. Er hat mir nach und nach eine Stereoanlage aufgeschwatzt mit Kassettenrecorder, 8 Lautsprechern, 120-Watt-Verstärker und einem Equalizer. (Weiß der Teufel, was das ist.) Um einen schrecklichen Mangel zu beheben, hat er auch noch eine Echomaschine eingebaut. Der Kölner Dom ist nun wirklich ein Schmarrn gegen unser Auto, was die Akustik anbelangt. Leider vermag ich den ganzen technischen Schnickschnack nicht zu bedienen.

Ach, wie oft denke ich an mein altes Radio mit Wackelkontakt zurück. Ein Hieb dagegen und schon funktionierte es.