KERSTIN VON DER LINDEN

Mein süßes Leben

ohne Zucker

KERSTIN VON DER LINDEN

Mein süßes Leben

ohne Zucker

INHALT

VORWORT

MEIN VORHABEN

BYE, BYE INDUSTRIEZUCKER:

WAS MACHT ZUCKER SO MIES?

BEVOR ES LOSGEHT

VERTRAGSWERK

DIE GRUNDLAGEN.

DAS ZUCKER-ABC

DAS SÜSSSTOFF-ABC

DAS ALTERNATIVEN-ABC

DIE SIEBEN-WOCHEN-ZUCKERFREI-CHALLENGE

KEINE AUSREDEN MEHR

WOCHE EINS – LANGSAM EINGROOVEN

WOCHE ZWEI – JETZT WIRD ES ERNST

WOCHE DREI – STIMMUNG: MIES

WOCHE VIER – HINFALLEN, AUFSTEHEN, KRÖNCHEN RICHTEN

WOCHE FÜNF – ETAPPENSIEG: DIE HÄRTESTEN KRITIKER ÜBERZEUGT 85

WOCHE SECHS – STIMMUNG: HERVORRAGEND.

WOCHE SIEBEN – GESCHAFFT!

MEIN FAZIT

DIE REZEPTE FUR DIE SIEBEN-WOCHEN-ZUCKERFREI-CHALLENGE

FRÜHSTÜCK

SALATE

SUPPEN UND HAUPTGERICHTE

SNACKS, DIPS UND BROTE

DESSERTS

DRINKS.

REZEPTREGISTER

FOODREGISTER

DER DANK

SINNVOLLE SEITEN

ANMERKUNGEN

BILDNACHWEIS

VORWORT

Ich sitze am Schreibtisch, zwei Caramel Macchiato intus, die Kekspackung zur Hälfte leer. Mit vollem Mund und schlechtem Gewissen beschließe ich: Das muss anders werden!

So fängt es an: mein Projekt »Mein süßes Leben ohne Zucker«. Erst nur als diffuse Idee, dann als kleiner Tagesversuch zu Hause. Schließlich als Sieben-Wochen-Challenge mit Checkliste der Vorräte, gezieltem Einkauf und Rezeptideen. Ende offen übrigens – ich weiß nicht, was mich erwartet.

Vorab habe ich das gemacht, was man im digitalen Zeitalter so macht: Bücher gelesen – ha, analog. Google zu allen möglichen Seiten geschickt. Blogs und Foren durchforstet und dabei vor allem eins festgestellt: Es existiert unfassbar viel Mist zum Thema. Behauptungen, Vermutungen und Ernährungsumstellungen, die völlig am Alltag vorbeigehen. Es gibt viele Menschen, die sagen, dass sie komplett zuckerfrei leben. Sie haben meine ungeteilte Aufmerksamkeit. Gepaart mit einer gehörigen Portion Skepsis, wie sie denn zuckerfrei definieren und ob sie das wirklich 24/7 durchhalten.

TV-Versuche sind auch schwer in Mode: Familien oder Einzelpersonen, die einen bestimmten Zeitraum ohne Zucker leben sollen. Meist wird dabei suggeriert, wie wahnsinnig umständlich ein zuckerfreies Leben sei und wie problematisch im Alltag. Außerdem finde ich Tipps von Leuten, die ohne Familienanhang unterwegs sind. Oder aus gesundheitlichen Gründen auf Zucker verzichten müssen – so streng muss es bei mir nicht sein.

Nur zum Hintergrund: Ich bin eine voll berufstätige, verheiratete Mutter von Zwillingen. Ich ernähre mich weder vegan noch vegetarisch noch nach dem Paläoprinzip. Letzteres kannte ich gar nicht: Steinzeiternährung. Viel Fleisch, Fisch, Gemüse. Wenig Obst. Kein Getreide, keine Milch, kein Öl und eben kein Zucker. Wo bleibt denn da der Spaß?

Ich bin kein Gesundheitsapostel, nicht krank und auch sonst ein lieber Mensch. Ich möchte weder meine Familie noch meine Freunde belehren oder nachhaltig verstören. Vielleicht irre ich mich, aber auf Dauer wäre es wahrscheinlich einem gesellschaftlichen Leben eher abträglich, wenn man sein Essen zu Einladungen ständig in der Tupperbox mitbringt.

Tatsache aber ist: Ich esse zu viel Zucker. Ich liebe Schokolade, Kekse, Lakritz und Gummibärchen. Zu meinem Frühstück gehören Marmelade und Nutella. Zum Mittag das leckere Salatdressing aus dem Kühlregal. Zwischendrin der Müsliriegel, die Limo oder das Milchbrötchen. Abends Aufschnitt oder Heringssalat. Von Brühe, Soßenbinder und Früchtetees ganz zu schweigen.

Es hilft nichts: Wenn ich alles aufrechne, komme ich pro Tag auf mindestens 30 Teelöffel Zucker. Mehr als sechs Teelöffel sollten es laut Weltgesundheitsorganisation aber nicht sein. Die WHO geht im Schnitt von 36 Kilo Zucker pro Jahr und Mensch aus.1 Das ist zu viel. Das muss weniger werden.

Ich bin mir sicher: Wenn Ihr diese Zeilen lest, geht es vielen von Euch ähnlich. Habt Ihr Lust, was zu verändern? Jetzt? Na, dann los!

Ach ja, nicht, dass es wichtig wäre, aber fürs Protokoll: 61,2 Kilo. Mein Lebendgewicht.

Kerstin von der Linden

MEIN VORHABEN

Ich habe mir vorgenommen, Industriezucker aus meiner Ernährung zu verbannen. Heißt: Keine Fertigprodukte, viele selbst gemachte Mahlzeiten, frische Lebensmittel, mehr auf die natürliche Süße bauen. Ganz ehrlich: Das reicht für den Anfang. Da verzichte ich gerne auf Fleißsternchen für »Milch weglassen« oder »kaum Früchte essen«, wie es oft bei zuckerfreier Ernährung geraten wird.

Wer Zucker allerdings in jeder Form vermeiden möchte, der muss radikal werden. Milch, Obst, Kohlenhydrate wie Nudeln und Brot stehen dann auf dem Index. Denn sie verwandeln sich im Körper in Zucker. Wer das vermeiden möchte, setzt auf Gemüse, Hülsenfrüchte, Eiweiß. Das finde ich beim schnellen Frühstück und dem Hunger zwischen Konferenzen, Sportverein, Waschmaschine und Schulfest auf Dauer kaum praktikabel. Und bitte: Wenn ich schon keinen Zucker mehr in den Kaffee schütten darf, dann doch wenigstens Milch …

Insofern ist mein Plan:

WEISSER RAFFINADEZUCKER, ABER AUCH BRAUNER UND ROHROHRZUCKER SOWIE SÄMTLICHE SÜSSSTOFFE RAUS. NATÜRLICHE SÜSSE REIN.

Dafür braucht man am Anfang:

✓ Den Willen, es zu versuchen.

✓ Die Bereitschaft, sich auf einen anderen Geschmack einzulassen.

✓ Die Bereitschaft, mehr über Lebensmittel zu lernen.

✓ Die Zeit, Dinge auszuprobieren.

✓ Die Zeit, zumindest anfangs, anders einzukaufen.

✓ Verständnisvolle, tolerante und geduldige Mitmenschen. Okay, vielleicht der schwierigste Punkt …

Dazu gibt es in diesem Buch sieben Fragen, sieben Antworten und die Sieben-Wochen-Challenge. Hier gleich die sieben Fragen, die nach dem Lesen dieses Buchs keine mehr sind:

1. Wo ist Zucker drin?

2. Welche Zuckerarten gibt es?

3. Kann ich das alles einfach so weglassen?

4. Was muss ich umstellen, was kann ich umstellen?

5. Wodurch kann ich Zucker ersetzen?

6. Was tun, damit Familie und Freunde keinen Anfall bekommen?

7. Was passiert mit meinem Körper?

WICHTIG IST MIR: ALLES KANN – NICHTS MUSS!

Industriezucker ist in fast allen Fertiggerichten enthalten. Er hat viele Namen, mehr dazu im Kapitel »Bevor es losgeht …« ab Seite 21. Eigentlich hatte ich gedacht, dass ich gar nicht so viel Zucker esse. Bis ich mir die Mühe gemacht habe, die Etiketten der Lebensmittel genau zu lesen und auch die vielen Namen von Zucker richtig einzuordnen. Besonders der Zuckergehalt in Gemüsebrühe, Senf, dem teuren Essig, im Lieblingsfrüchtetee und in der Wurst hat mich überrascht. In meinem Bioladen um die Ecke gibt es über 80 Wurstsorten. Nur elf kommen laut Zutatenliste ohne Zucker aus, darunter meist gekochte Aufschnittsorten wie Geflügelfleischwurst oder Fleischkäse und luftgetrocknete Ware wie Schinken. Nachfragen lohnt sich übrigens beim Einkaufen, denn die Zuckerangaben sind oftmals verklausuliert und unverständlich. Zucker steckt in hohen Mengen zum Beispiel in diesen Lebensmitteln, frisch gecheckt zu Hause in unserem Vorratsschrank.

BYE, BYE INDUSTRIEZUCKER

Der gewöhnliche Haushaltszucker besteht aus zwei Teilen: Glucose und Fructose. Beide beeinflussen den Stoffwechsel, wobei vor allem die Fructose nicht der allerbeste Freund unserer Gesundheit ist. Obwohl sie doch nach »Frucht« und »gesund« klingt.

GLUCOSE

Glucose ist ein sogenannter Einfachzucker, besteht also chemisch gesehen aus einem Baustein. Es ist ein anderer Begriff für Traubenzucker, der in Früchten, aber auch in Honig oder bestimmten Kohlenhydraten steckt. Glucose in den verschiedenen Zuckerarten wandert munter in unsere Blutbahn, und unser Körper reagiert mit dem Anstieg eines Hormons: Insulin. Ab auf die Inseln: die Langerhans’schen Inseln. Auch wenn es nach Südsee klingt, befinden die sich in unserer Bauchspeicheldrüse. Dort wird Insulin produziert und hat daher auch seinen Namen. Es ist seit Jahrtausenden dafür verantwortlich, dass die Energie schnell in die Zellen transportiert wird. Dabei hat Insulin ganz wunderbare Eigenschaften: Es schützt die Zellen, Mineralstoffe können aufgenommen werden. Im Gewebe fördert Insulin aber auch die Aufnahme von Fett aus dem Blut. In unserer Muskulatur wird durch Insulin der Traubenzucker gespeichert, um später eingesetzt zu werden.2 Ein ständig zu hoher Insulinspiegel allerdings kann Fettleibigkeit, Diabetes, Bluthochdruck und Herz-Kreislauf-Erkrankungen bewirken. Kurzum: Ein wenig Insulin ist gut, zu viel davon schädlich.

FRUCTOSE

Zucker besteht außerdem aus Fructose (Fruchtzucker), ebenfalls ein Einfachzucker. Obwohl Fructose in Früchten von Natur aus enthalten und in dieser Form für gesunde Menschen unbedenklich ist, gilt sie als der eigentliche Übeltäter, wenn es um Erkrankungen und Folgeschäden geht. Nur zu zehn Prozent kann Fructose im Körper verwertet werden und überfordert in der Folge unseren Stoffwechsel. Der Überschuss landet in der Leber und wird für Stoffwechselstörungen, Fettleibigkeit und Fettleber verantwortlich gemacht. Der US-amerikanische Ernährungswissenschaftler Prof. John Yudkin hat vor Jahrzehnten auf diesen Zusammenhang aufmerksam gemacht. Er wurde von Industrie und Wissenschaftskollegen jedoch diskreditiert, die den Grund für Gewichtszunahme im Fett sahen. Als Folge entstand der Markt für Light-Produkte, die wenig Fett, aber viel Zucker enthielten und zur Gewichtsreduzierung nicht nennenswert beitrugen. In einer Neuauflage brachte Robert H. Lustig, Kinderarzt und Professor für Neuroendokrinologie (die Wissenschaft des Hormon- und Nervensystems), Yudkins Buch zum Thema wieder heraus.3

WAS MACHT ZUCKER SO MIES?

Zucker hat unter anderem die Eigenart, Moleküle an sich zu binden. Das nennt sich wissenschaftlich Glykation. Einfach gesagt, verkleben Gewebe und Zellen durch Zucker dauerhaft. Es entstehen sogenannte Advanced Glycation Endproducts, kurz AGEs. Sie stören die Zellfunktion, was sich auch am Hautbild bemerkbar machen kann. Hautärzte berichten von Entzündungsreaktionen und Verhärtungen der Kollagenfasern. Die Elastizität lässt nach, Falten und Risse bilden sich schneller.

Karies kann ebenfalls eine Folge von Zucker sein. Dabei spielt die Art des Zuckers eine große Rolle: Haushaltszucker und Traubenzucker geben den Bakterien im Mund Nahrung, anders als kohlenhydrathaltige Lebensmittel wie Nudeln, Brot oder Kartoffeln. Diese Kohlenhydrate müssen im Körper erst in ihre einzelnen Stoffe wie z.B. Zucker zerlegt werden – und das passiert noch nicht im Mund.4

Nicht viel Gutes drin im Haushaltszucker! Allerdings ist er für die Lebensmittelindustrie ein Milliardengeschäft und hat auch in Deutschland eine sehr starke Lobby. Nur als Beispiel: Die Wirtschaftliche Vereinigung Zucker e.V. finanziert den vermeintlich wissenschaftlichen Informationsdienst Mundhygiene und Ernährungsverhalten (IME). Er verharmloste jedoch in der Vergangenheit den Zusammenhang zwischen Zucker und Karies. Die Verbraucherzentrale Hamburg sieht genau solche Tarnvereine sehr kritisch, verschleiern sie doch unter dem Deckmantel der Wissenschaftlichkeit die eigentlichen Interessen – in diesem Fall ein positives Image für Zucker.5

Hilft also nichts. Man muss selbst schauen, wie man sich gesund ernähren kann. Die einzelnen Zuckerarten, ihre Wirkung und wo sie drinstecken gibt es ebenso wie gute und schlechte Alternativen im nächsten Kapitel.

ZUCKER, SPEZIELL FRUCTOSE, WIRD NACH DR. ROBERT LUSTIG IN VERBINDUNG GEBRACHT MIT:

Der Amerikaner Robert Lustig ist Kinderarzt und Professor für Neuroendokrinologie. Er gilt als Vorreiter der Low-Carb-Bewegung. Lustig vertritt die These, dass nicht das Fett hauptverantwortlich für Adipositas ist, sondern der Zucker. Das belegt auch eine Studie der Standford University von 2013. Diese kam zu dem Ergebnis, dass dort, wo Menschen mehr Kalorien aus Zuckerquellen zu sich nehmen als aus anderer Nahrung, die Zahl der Diabetiker elfmal schneller steigt, und zwar unabhängig davon, wie viel Sport die Menschen treiben oder wie hoch ihr Body-Mass-Index ist.6