Cover

Über dieses Buch:

Spanien im 15. Jahrhundert – eine gefährliche Zeit für alle, die nach der Wahrheit suchen. Nach jahrelangen Bemühungen ist der Forscher Adam Quintero endlich am Ziel: Er kann die Existenz einer höheren Macht beweisen! Doch er ist sich sicher, bei dieser kann es sich nicht um Gott handeln … und diese frevelhafte Behauptung macht ihn zum verfolgten Ketzer.

Wird er es schaffen, dem grausamen Zorn der Kirche zu entkommen? Und hat die gefährliche Entdeckung womöglich sogar die Kraft, die Zukunft zu verändern?

Der spannender Thriller auf zwei Zeitebenen jetzt als fesselndes Serial: Band 7 von 8

Über den Autor:

Mattias Gerwald ist das Pseudonym des Erfolgsautors Berndt Schulz, dessen Kriminalreihe rund um den hessischen Ermittler Martin Velsmann ebenfalls bei dotbooks erscheint: Novembermord, Engelmord, Regenmord und Frühjahrsmord. Er lebt in Frankfurt am Main und in Nordhessen.

Unter dem Namen Mattias Gerwald veröffentlichte er historische Romane, in denen entweder eine außergewöhnliche Persönlichkeit oder ein ungewöhnliches historisches Ereignis im Mittelpunkt steht. Er gilt als Experte für die Geschichte der europäischen Mönchsritterorden.

Für die Tempelritter-Saga schrieb Mattias Gerwald folgende Bände:

Die Tempelritter-Saga – Band 5: Die Suche nach Vineta
Die Tempelritter-Saga – Band 8: Das Grabtuch Christi
Die Tempelritter-Saga – Band 9: Der Kreuzzug der Kinder
Die Tempelritter-Saga – Band 18: Das Grab des Heiligen
Die Tempelritter-Saga – Band 20: Die Stunde des Rächers
Die Tempelritter-Saga – Band 24: Die Säulen Salomons


***

Überarbeitete Neuausgabe Dezember 2015

Die überarbeiteten Neuausgaben der Romane »Das Geheimnis des Ketzers« von Mattias Gerwald, die bei dotbooks in acht Bänden erscheinen, beruhen auf dem Roman »Der Ketzer«, der erstmals 1998 bei Bastei-Verlag Gustav H. Lübbe GmbH & Co., Bergisch Gladbach, veröffentlicht wurde.

Copyright © der Originalausgabe 1998 bei Autor und Bastei-Verlag Gustav H. Lübbe GmbH & Co., Bergisch Gladbach

Copyright © der Neuausgabe 2015 dotbooks GmbH, München

Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlages wiedergegeben werden.

Titelbildgestaltung: Nele Schütz Design unter Verwendung des sog. Erpho-Kreuz aus der Ausstellung »Das Reich der Salier (1992)«

ISBN 978-3-95824-565-5

***

Wenn Ihnen dieser Roman gefallen hat, empfehlen wir Ihnen gerne weiteren Lesestoff aus unserem Programm. Schicken Sie einfach eine eMail mit dem Stichwort Das Geheimnis des Ketzers an: lesetipp@dotbooks.de

Gerne informieren wir Sie über unsere aktuellen Neuerscheinungen und attraktive Preisaktionen – melden Sie sich einfach für unseren Newsletter an: http://www.dotbooks.de/newsletter.html

Besuchen Sie uns im Internet:

www.dotbooks.de

www.facebook.com/dotbooks

www.twitter.com/dotbooks_verlag

http://instagram.com/dotbooks

http://blog.dotbooks.de/

Mattias Gerwald

Das Geheimnis des Ketzers – Band 7

Roman

dotbooks.

Die handelnden Personen:

1493

Adam Quintero, Arañador der katholischen Könige Spaniens

Eva, seine Frau

Ferdinand II., König von Aragon und Sizilien

Isabella, Königin von Kastilien

Luis de Santangel, Schatzmeister von Kastilien

Gabriel Sanchez, Schatzmeister von Aragon

Diego Lopez de Losa, Maler

Tomas de Torquemada, Großinquisitor

Abbo de Cuenca, Mönch des Hieronymiten-Ordens

Christophorus Columbus, Entdecker

Don Santiago, alter Müller in Aranjuez

Der Adelantado des Königs

Jerónimi, Gitano

Cesar de Cortez, Großmeister des Santiago-Ordens

Fray Antonio de Montesino, Mönch

Juan Pérez, Abt von La Rábida

Ferdinando, Portero der Alhambra

Matias, Hausbesorger

Moreno, Moslem

Don Ibn Amid, königlicher Beauftragter

Hidalgos, Folterknechte, Kardinäle, Priester, Padres, Meuchelmörder, Ermordete, Staatsbeamte, Wollhändler, Kaufleute, Flagellanten, Soldaten, Hieronymiten, Franziskaner, Benediktiner, Dominikaner, Conquistadoren, Päpste, Gitanos, Juden, Morisken, Mauren, Conversos, Ketzer, Santiagoritter, Tagelöhner, Bürger, Inquisitoren – und Kreuzspinnen.

1993

Eluard van Endles, deutscher Informatiker

Rita, seine Frau, Biologin

Alf Quint, Computerkünstler

Vera Quint, seine Frau, begabtes Medium

Aramov, Sibirjake

Baumeister, Spionageexperte

Dr. Ulert, Schweizer Astrophysiker

Dr. Scriba, Schweizer Astrophysiker

Dr. Kern, Deutscher Astrophysiker

Pater Marcellinus, Abt von Seligenthal

Agenten, Hotelbesitzer, Journalisten, Firmeninhaber, Wissenschaftler, Computerspezialisten, Gläubige, Ungläubige – und Kreuzspinnen.

8. Kapitel
Die Spinnen von Aranjuez

(Anfang September 1493)

»Nuestras vidas son como los ríos, que desaguan en el mar, que es la muerte … Unser Leben gleicht Flüssen, die in das Meer münden, das der Tod ist.«

Jorge Manrique

Über den Schieferfelsen der Alpujarras, die an den Himmel zu stoßen schienen, ging eine strahlende Sonne auf.

Ferdinando, der ehemalige Portero der Alhambra, trat in die warme, klare Luft hinaus.

Vor hier oben hatte man einen prächtigen Blick über die Gipfel der Berge, die im Norden noch immer schneebedeckt waren. Er überblickte die Höhen des Mulhacén und des Pico Veleta, und ganz unten im Tal lag das Barrio de Santiago, eine Siedlung im Südosten des kleinen Guadix mit weißen Kuben und seltsamen Schornsteinen. Es war mehr zu ahnen als zu sehen. Über die Hänge der Sierra fächelte der würzige andalusische Wind. Der feine Staub des Sandbodens, der unten im Tal ständig in der Luft lag, war hier oben nicht zu spüren.

In den Höhlenwohnungen ringsum rührte sich etwas. Die weitverstreuten in den weichen Fels hineingehauenen Behausungen waren durch ihre Lage auf einem ins jenseitige Tal weisenden Felssporn abgeschirmt gegen neugierige Blicke und ohnehin nur Eingeweihten bekannt. Der Zutritt von den Tälern her war deshalb nicht zu befürchten. Die untereinander mit Strickleitern verbundenen Höhlen waren mit einzelnen Menschen oder Familien belegt, die Grund genug hatten, sich zu verstecken. Man zeigte sich nur untereinander, wenn man sich gegenseitig helfen und das gemeinschaftliche Leben organisieren mußte. Sonst blieb jeder mit seinen Erinnerungen allein.

Der klagende Gesang eines koranmächtigen Muezzins, der die wenigen Glaubensgenossen unter den hier Lebenden zum zweiten Gebet rief, stieg empor. Ferdinando, der keiner Religion angehörte, nahm es als feierliches Geräusch unter anderen Geräuschen, die ihre Gemeinschaft hier verursachte. Er sah sich um, weil in diesem Moment Doña Quintero heraustrat, einen Milchkrug in der Hand, auf dem Weg in ein Wäldchen, das die Ziegenherde beherbergte.

Einige Menschen, die vor die Wohnhöhlen traten, grüßten einander, andere starrten regungslos über die Gipfel, als könnte ihr sehnsüchtiger Blick in die Ferne das Meer erreichen oder den Fahnenschlag irgendeiner langersehnten, erlösenden Botschaft. Die Gesellschaft der Flüchtigen war eine Notgemeinschaft. Aber manche von ihnen konnten gar nicht mehr woanders existieren als hier, in der Freiheit der Gipfel, auch wenn es eine traurige, weil erzwungene Freiheit war.

Ein Hieronymit gesellte sich zu Ferdinando. Gemeinsam gingen sie zu Adam Quintero hinüber. Der Mönch war kräuterkundig und hatte den Todkranken versorgt.

Jetzt war Quintero längst auf dem Wege der Besserung. In wenigen Wochen würde, abgesehen von Narben an Hand- und Fußgelenken, nur noch wenig an sein Martyrium erinnern.

Er kam ihnen schon entgegen und begrüßte sie mit einem Lachen. »Seht Ihr! Ich kann schon ganz allein gehen. Bald werde ich alle Berge hier in der Gegend besteigen!«

»Sachte, sachte«, mahnte der Mönch, erfreut über die Fortschritte seines Patienten. »Und wie geht es mit der Arbeit voran?«

Quinteros Gesicht, in das sich die Spuren seiner Leidenszeit eingegraben hatten, wurde sofort betrübter. »Nicht so geschwind wie mit der körperlichen Genesung, Pater Ezekiel. Es sträubt sich etwas in meiner Seele, all diese Dinge aufzuschreiben. Es ist, als wollte sie mich vergessen machen, nicht erinnernd.«

»Verliert nicht die Geduld, Meister«, meine Ferdinando. »Am Ende werdet Ihr es schon fertigbringen.«

Quintero seufzte. Er sah den ehemaligen Portero der Zitadelle freundlich an. Nie würde er dem Mann vergessen, was er für ihn getan hatte. In Gedanken daran, daß Ferdinando und seine Genossen ihr Leben für ihn aufs Spiel gesetzt hatten und danach aus Granada ebenso fliehen mußten wie er selbst, durchströmte ihn ein warmes Gefühl. Es war schön, mit freien Menschen zusammenzusein, die zu aufrichtiger Freundschaft fähig waren.

Quintero sah Eva entgegen, die in diesem Moment mit der frisch gemolkenen Milch vor die Höhle trat. Sie sah bekümmert aus. »Nichts klappt«, klagte sie, »alles fehlt hinten und vorn! Selbst die Ziegen müssen geschlagen werden, damit sie Milch geben.«

Alle lachten. »Eva!« sagte Quintero. »Dafür werden wir nicht geschlagen!«

»Ja, ja, schon gut. Ich beklage mich ja nicht. Aber wie lange wollen wir hier noch leben? Mit fehlt so viel von dem, was mich froh macht! Und dem kleinen Rodriguez fehlt um so mehr!«

Wie auf Kommando ertönte aus der Höhle das Schreien eines hungrigen Neugeborenen. »Siehst du!« sagte Eva, stellte den Milchkrug, der für die Gemeinschaft bestimmt war, ab und verschwand im Innern der schmalen Behausung.

Eine andere junge Frau kam und nahm den Krug auf.

»Ja, sie ist unzufrieden, ich kann es verstehen«, meinte Adam Quintero zu seinen Begleitern. »Aber sie will nicht begreifen, daß es auch für unser Kind die einzige Chance ist! Wo sollen wir hin? Nach Aranjuez zurück? Nach Almeria, in ihr Elternhaus? Nach Granada? Überall lauert man doch nur auf unser Erscheinen. Nein. Wir haben keine andere Wahl, wir müssen hierbleiben.«

»Zumindest so lange, bis Ihr ganz gesund seid, Quintero«, sagte der Mönch milde.

»Und Eure Arbeit zu Ende geschrieben habt, Meister«, ergänzte Ferdinando.

»Nun, darum ist mir am wenigsten bang! Die wird fertig werden, wenn es an der Zeit ist – alles erfüllt sich ja in seiner eigenen Zeit. Aber mir macht die Unruhe meiner Frau Sorge. So war sie nie zuvor. Etwas treibt sie, und sie sagt es mit nicht.«

»Sie wird es selbst nicht genau wissen, Quintero«, sagte der Mönch nachdenklich. »Die Frauen sind nun einmal so, sie reagieren instinktiv auf die Welt – und dennoch steckt viel Richtiges in ihrem Tun.«

»Nein, so ist Eva nicht«, erwiderte Quintero. »Jedenfalls nicht im allgemeinen. Sie drückt sind ganz präzis aus und hilft mir auch ungemein bei meiner Arbeit. Es muß etwas Besonderes dazugekommen sein, daß sie so launisch ist.«

In der Ferne war eine Gestalt vor einem Wäldchen aufgetaucht, die heftig winkte. Es war der Wächter der Höhlenwohnungen, der in den Resten der Alcazaba wohnte, der von den Mauern gebauten und in der Reconquista vor hundert Jahren zerstörten Burg auf halber Höhe der Höhlen. Er hatte wohl etwas Verdächtiges ausgemacht. Ein Bewohner des Ortes machte die anderen mit einem kurzen Ruf darauf aufmerksam und, man trat gemeinsam ins Freie. Ferdinando hatte anscheinend die schärfsten Augen. Er legte die Hände wie ein Dach an die Stirn und sagte dann: »Martin bedeutet uns, daß zwei Männer kommen …«

Quintero verspürte sofort einen Anflug von Panik »Zwei Männer? Was für Männer!«

»Das weiß er noch nicht.«