Cover

Über dieses Buch:

Eigentlich hat die Journalistin Brenda nichts dagegen, für ihre Kollegin einzuspringen. Und tatsächlich würde sie sich unter normalen Umständen sogar darauf freuen, einen Bestsellerautor zu interviewen. Aber muss sie dafür wirklich ihr geliebtes New York verlassen, um nach Texas zu fliegen und dort diesen speziellen Autor zu treffen? Frank Connors ist mit Westernromanen bekannt geworden – und Brenda hat wenig Interesse an Cowboys und Indianern. Doch diese Vorbehalte sind wie weggeblasen, als sie Frank das erste Mal gegenübersteht. Als ihr die Knie weich werden. Und als klar wird, dass auch er von ihr fasziniert ist …

Die Romantic-Kiss-Romane bei dotbooks: Große Liebesgeschichten und prickelnde Flirts für die schönsten Lesestunden.

Über die Autorin:

Isabelle Wallon, geboren 1957, schreibt seit 20 Jahren Romane in den unterschiedlichsten Genres. Sie lebt und arbeitet in Hessen. Bei dotbooks erscheinen ihre folgenden Romantic-Kiss-Romane: Urlaub – Liebe inbegriffen / Der Geliebte aus Texas / Zu viel Liebe – gibt es das? / Immer wenn ich von dir träume / Verführung in Caracas / Liebe, so stürmisch wie das Meer / Ein total verrücktes Wochenende / Halt mich fest in deinen Armen / Bleib heute Nacht bei mir / Mit dir in meiner Hängematte / Traumfrau ohne Trauschein / Paris-New York mit Turbulenzen

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Überarbeitete Neuausgabe Februar 2014

Copyright © der Originalausgabe 1987 by Bastei-Verlag, Gustav H. Lübbe GmbH & Co.

Copyright © der überarbeiteten Neuausgabe 2014 dotbooks GmbH, München

Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlages wiedergegeben werden.

Titelbildgestaltung: init | Kommunikationsdesign, Bad Oeynhausen, unter Verwendung eines Motiv von thinkstockphotos, München

ISBN 978-3-95520-477-8

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Isabelle Wallon

Der Geliebte aus Texas

Ein Romantic-Kiss-Roman

dotbooks.

Kapitel 1

Der Mann mit dem Texashut grinste breit, als er sich an der Gepäckausgabe an Brenda Cummings vorbeidrängelte und ihr dabei auf die Füße trat. Ihre Augen funkelten vor Wut, aber das schien ihn überhaupt nicht zu kümmern. Seelenruhig schnappte er sich seinen Koffer vom Band und eilte auf den Ausgang des International Airport von Fort Worth zu.

Brenda brauchte einige Sekunden, um sich wieder zu beruhigen. Da lobte man die sprichwörtliche Höflichkeit der Texaner, und dabei waren sie in Wirklichkeit Rüpel.

Hoffentlich ist das kein schlechtes Omen, dachte Brenda und nahm ebenfalls ihren Koffer vom Band. Sie warf einen kurzen Blick auf die Armbanduhr und stellte fest, dass es schon auf Mittag zuging. Höchste Zeit, dass sie sich um ein Hotelzimmer kümmerte, bevor sie Frank Connors anrief.

Bei dem Gedanken an ihn war ein Seufzer nicht zu unterdrücken. Frank Connors war ein Bestsellerautor, dessen Romane in der Gunst des Publikums seit gut eineinhalb Jahren ganz oben standen. Man nannte seinen Namen in einem Atemzug mit Louis L’Amour, Gordon D. Shirrefs oder William W. Johnstone. Die Verkaufszahlen dieser Autoren zeigten eindeutig, dass die Leser mochten, was sie schrieben – und das waren Westernromane. Ein Genre, mit Brenda noch nie etwas hatte anfangen können. Und ausgerechnet sie sollte diesen Frank Connors interviewen. Das war jedenfalls die Aufgabe, die ihr Chef Conrad Haskins ihr übertragen hatte. Aber die Kollegin, die dafür eigentlich prädestiniert gewesen wäre, befand sich zurzeit im Urlaub, also musste sie notgedrungen einspringen.

Als sie an einem Buchladen vorbeikam, fiel ihr zufällig ein Werk von Frank Connors ins Auge, das in der Auslage ganz vorn stand. Es trug den Titel »Duell in Sonora« und zeigte auf dem Titelbild einen Showdown zwischen zwei wüst aussehenden Burschen.

Irgendwann muss ich ja mal damit anfangen, dachte Brenda seufzend, und kaufte sich das Buch. Heute Abend wollte sie es lesen, bevor sie Frank Connors anrief. Im Grunde genommen freute sie sich jetzt schon darauf, so schnell wie möglich wieder nach New York zurückzukommen, denn das, was sie bis jetzt von Texas mitbekommen hatte, war wahrhaftig nicht atemberaubend.

***

Beim Verlassen des Flughafengebäudes schlug Brenda brütende Hitze entgegen. In New York herrschten schon sommerliche Temperaturen, aber das war nichts gegen diesen Backofen. Sofort brach ihr der Schweiß aus, während sie sich nach einem Taxi umsah. Aber merkwürdigerweise war keins zu entdecken, wohin sie auch blickte.

Schweren Herzens nahm sie ihren Koffer und machte sich auf den Weg zum Busbahnhof, der sich unglücklicherweise genau auf der anderen Seite der Ankunftshalle befand.

Langsam wurde Brenda wütend. Sie war müde und erschöpft von dem Flug. Es hatte unterwegs etliche Turbulenzen gegeben und deshalb über eine Stunde Verspätung.

Der Koffer erschien ihr immer schwerer, als sie die große Ankunftshalle durchquerte, bis sie endlich den Ausgang auf der anderen Seite erreicht hatte.

Der Busbahnhof war gut fünfzig Meter entfernt. Brenda holte noch einmal tief Luft und machte sich mitsamt ihrem schweren Koffer auf den Weg.

Es dauerte etwas, bis sie den richtigen Bus gefunden hatte. Brenda stieg ein, bezahlte den Fahrpreis und ließ sich dann erleichtert auf einen der Sitze fallen. Zum Glück gab es hier Klimaanlage, so dass sie wenigstens für kurze Zeit der brütenden Hitze entfliehen konnte.

Brenda brauchte nicht lange zu warten, bis der Bus endlich abfuhr. Nach einer knappen Viertelstunde ging es los in Richtung Stadtzentrum.

Sie sehnte sich nach einer kalten Dusche und einem Drink. Anschließend wollte sie sich ein wenig die Stadt ansehen, bevor sie mit ihrer Arbeit begann. Eine Tätigkeit, die ihr immer noch ziemliches Kopfzerbrechen bereitete. Es war eine Sache, dass sie noch nie einen Western gelesen hatte – und eine ganz andere, dass sie trotzdem sehr konkrete Vorstellungen besaß, wie ein Autor dieses Genres aussah. Sie rechnete damit, von einem älteren und dicken Texaner empfangen zu werden, der sie mit umgeschnallten Colts begrüßte. Etwas, vor dem man in New York in der Regel sicher war.

***

Nach einer kalten Dusche verließ Brenda wieder das Hotel. Das »Texas Inn« war eine kleine Pension in der Nähe des Einkaufszentrums.

Nachdem Brenda in Jeans und ein ärmelloses T-Shirt geschlüpft war, machte sie sich auf den Weg zu einem kleinen Stadtbummel. Shopping zählte nämlich mit zu ihren Lieblingsbeschäftigungen. Und tatsächlich: Selbst hier, am gefühlten Ende der Welt, konnte eine Frau dabei gute Laune bekommen.

Vergnügt registrierte sie die bewundernden Blicke einiger Männer auf der anderen Straßenseite. Einer von ihnen machte große Augen und stieß einen lauten Pfiff aus. Aber das, was er zu sehen bekam, verdiente wirklich einen längeren Blick. Brenda besaß eine schlanke und zugleich sportlich durchtrainierte Figur. Die langen roten Haare, die ihr bis in den Rücken fielen, umrahmten ein hübsches, ebenmäßiges Gesicht, dessen Augen sehr beeindruckend waren. Brenda Cummings war mit ihren sechsundzwanzig Jahren eine Frau, nach der sich fast jeder Mann umdrehte.

Während sie den Boulevard entlangschlenderte, warf sie einige Blicke in die verschiedenen Schaufenster. Plötzlich konzentrierte sich ihr Interesse auf einen kleinen Laden auf der anderen Seite, in dessen Schaufenster sich ein Kleid von so raffiniertem Schnitt befand, dass Brenda beschloss, es sich aus der Nähe anzusehen. Sie vergewisserte sich kurz, dass die Straße frei war, dann marschierte sie los.

In diesem Augenblick zerriss das schrille Quietschen von Bremsen die Stille. Sekundenbruchteile später schoss ein metallicgrüner Wagen um die Straßenecke, genau auf Brenda zu. Der Fahrer machte überhaupt keine Anstalten, den Fuß vom Gaspedal zu nehmen.

Für endlose Augenblicke wirkte Brenda wie gelähmt. Doch dann reagierte sie instinktiv. Im letzten Moment machte sie einen gewagten Satz zur Seite und geriet dabei so sehr ins Taumeln, dass sie das Gleichgewicht verlor und sich an einem parkenden Wagen festhalten musste, sonst wäre sie unweigerlich gestürzt.

Fassungslos blickte Brenda dem Wagen nach. Der Mann am Steuer musste wahnsinnig sein! Er hätte sie fast über den Haufen gefahren! Solchen Verrückten sollte man die Fahrerlaubnis entziehen. Die bedeuteten eine Gefahr für die Allgemeinheit.

Sie stellte fest, wie der Wagen mit einem neuerlichen schrillen Quietschen abbremste und kurz vor der Einfahrt zu einem Supermarkt zum Stehen kam. Sekunden später öffnete sich die Wagentür, und ein Mann in Jeans und einem breitkrempigen Hut stieg aus. Sein Ziel war der Supermarkt, in dem er kurz darauf verschwand.

So einfach kommst du mir nicht davon, dachte Brenda und machte sich sofort auf den Weg zum Supermarkt. Hinter sich vernahm sie die Stimme einer alten Frau, die ihr etwas zurief. Aber sie achtete nicht darauf. Ihre Gedanken beschäftigten sich mit dem rüpelhaften Burschen, der sich um nichts zu kümmern schien. Nun, mit dem würde sie ein Hühnchen rupfen!

***

Brenda brauchte nicht lange zu warten, bis der Straßenrowdy wieder auftauchte. Unter dem Arm trug er eine große braune Tüte. Lässig schlenderte er auf seinen Wagen zu und blieb erstaunt stehen, als ihm Brenda in den Weg trat.

»Mister, sind Sie eigentlich noch ganz bei Trost?«, ereiferte sich Brenda. »Sie hätten mich fast über den Haufen gefahren. Ich hätte gute Lust, Sie anzuzeigen!«

Der Mann nahm die Sonnenbrille ab und schaute Brenda erstaunt und amüsiert zugleich an. Sie blickte in ein sonnengebräuntes, markantes Gesicht. Als sie ihm in die Augen sah, spürte sie eine winzige Spur von Unsicherheit – warum eigentlich?

Es vergingen endlose Sekunden, bis sich der Mann endlich dazu entschloss, den Mund aufzumachen.

»Lady, ich befürchte, ich habe Sie gar nicht gesehen«, erwiderte er zu Brendas Erstaunen. »Es tut mir leid, wenn ich Sie erschreckt habe. Aber ich hatte es höllisch eilig, weil ich noch eine Menge erledigen muss …« Er schaute zu der Papiertüte in seinem Arm. »Heute Abend findet bei mir eine große Grillparty statt, und da muss ich einige Vorbereitungen treffen. Wie sieht’s aus – können Sie mir noch mal verzeihen, oder wollen Sie tatsächlich die Polizei rufen?«

Brenda war so verwirrt, dass sie im ersten Augenblick zu keiner Antwort fähig war. Ein Mann wie dieser war ihr noch nie begegnet. Einer, der die Straße von Fort Worth für die Rennstrecke von Indianapolis hielt und dabei noch nicht einmal bemerkte, wie sehr er mit seiner Fahrweise andere Leute gefährdete.

»Lady, weshalb sehen Sie mich so merkwürdig an?«, fragte er mit seiner angenehmen Stimme weiter. »Oder haben Sie noch nie einen Junggesellen beim Einkaufen gesehen? Eine höllische Arbeit, kann ich Ihnen sagen!« Er grinste, bevor er fortfuhr: »Übrigens, wenn Sie nichts dagegen haben, darf ich mich vorstellen – ich heiße Frank Connors.«

Diese Neuigkeit wirkte auf Brenda so, als hätte vor ihren Füßen ein Blitz eingeschlagen. Sie wurde abwechselnd rot und blass und schlug die Augen nieder.

Das durfte doch nicht wahr sein! Dieser Mann sollte der Westernautor Frank Connors sein? Manchmal spielte einem das Schicksal aber wirklich seltsame Streiche.

»Warum sehen Sie mich denn so erstaunt an?« Er blieb hartnäckig. »Haben Sie noch nie einen Texaner beim Einkaufen gesehen, oder was ist los? Sie sind nicht von hier. Habe ich recht?«

Brenda nickte. »Ich heiße Brenda Cummings«, sagte sie. »Ich komme aus New York, vom Writer’s Magazine und …«

Sie brach plötzlich ab, als Frank schallend zu lachen begann.

»Ha, das gibt es doch nicht! Sie sind doch nicht etwa die Reporterin, die mir vor einigen Tagen telefonisch angekündigt wurde?« Als Brenda bestürzt nickte, fuhr er fort: »Und ausgerechnet auf diese Weise lernen wir uns kennen? Na, wenn das nichts zu bedeuten hat!« Er schmunzelte bei diesen Worten, und seiner Miene war nicht anzusehen, was er gerade dachte.

»Mr. Connors, ich glaube, ich muss mich bei Ihnen entschuldigen«, versuchte es Brenda erneut, weil sie befürchtete, dass das Interview bereits geplatzt war.

»Jetzt hören Sie endlich auf!«, schnitt ihr Frank das Wort ab. »Sie haben ja ganz recht, dass Sie mir die Meinung sagen. Es stimmt, ich bin viel zu schnell gefahren. Und dass Ihnen beinahe etwas passiert wäre, tut mir ganz besonders leid. Wie kann ich das nur wiedergutmachen?« Er grübelte, während er die Papiertüte mit den Lebensmitteln auf dem Rücksitz des Wagens deponierte. »Ich sag Ihnen was! Was halten Sie davon, wenn Sie mich gleich zu meiner Ranch begleiten? Dann können Sie heute Abend bei der Party mit dabei sein und heute sogar noch Ihr Interview mit mir machen? Nun sagen Sie ja nicht nein! Es ist doch klar, dass Sie mitgehen, oder?«

Bei diesen Worten lächelte er sie so charmant an, dass sie gar nicht ablehnen konnte und es auch gar nicht wollte. So nickte sie und schlug die Augen nieder. Die Gegenwart dieses Mannes verwirrte sie zusehends.

»Ich muss erst noch zurück ins Hotel, meinen Fotoapparat holen«, sagte sie.

»Dann fahren wir am besten gleich dorthin«, schlug Frank ihr vor. »Steigen Sie ein, Lady!«

Kapitel 2

Brendas Herz klopfte wie wild, als sie vor dem Hotel ausstieg und hinauf in ihr Zimmer hastete, während Frank im Wagen wartete. Sie war so aufgeregt wie ein Schulmädchen bei seiner ersten Verabredung, und das alles wegen Frank Connors. Der Mann sah nicht aus wie einer dieser weltfremden Schriftsteller, die sich den ganzen Tag hinter ihrem Computer versteckten. Im Gegenteil!

Die Art, wie er sie angesehen hatte, brachte sie ziemlich aus dem Gleichgewicht. Seine Augen hatten etwas Anziehendes an sich, das Brenda nicht beschreiben konnte. Sie fühlte sich in seiner Gegenwart irgendwie unsicher, und das, obwohl sie ganz gewiss kein unbeschriebenes Blatt mehr war.

In der Hektik fand sie den Fotoapparat nicht gleich. Sie entdeckte ihn schließlich neben dem Bett, wo sie ihn liegengelassen hatte. Dann betrachtete sie sich noch im Spiegel und fuhr sich mit der Bürste durch die roten Haare. Dass sie unter dem ärmellosen T-Shirt keinen BH trug, konnte man deutlich erkennen. Die Höfe der Brustwarzen schimmerten durch den Stoff hindurch. Bestimmt war das Frank Connors nicht entgangen, wie sein Blick zeigte.

Insgeheim ertappte sie sich bei dem Gedanken, wie es wohl war, wenn sie sich mit ihm auf einen Flirt einließ. Noch in der gleichen Sekunde schob sie diesen Gedanken beiseite. Wie kam sie nur darauf? Schließlich war sie keine Frau, die auf ein ungewisses Abenteuer aus war. Und doch wäre sie bereit gewesen, in Franks Gegenwart alle guten Vorsätze über den Haufen zu werfen.

Sie griff sich die Tasche mit der gesamten Fotoausrüstung und verließ auf schnellstem Wege ihr Zimmer. Sie wollte Frank nicht so lange warten lassen. Bestimmt schaute er unten im Wagen ungeduldig auf die Uhr.

Als sie das Hotel verließ, winkte Frank ihr zu.

»Tut mir leid, es hat ein wenig länger gedauert«, versuchte sie zu erklären, aber er winkte ab.

»Spielt keine Rolle«, meinte er. »Hauptsache, Sie kommen überhaupt mit. Wenn wir erst auf meiner Ranch sind, können Sie mich nach Belieben ausquetschen. Ich bin gern bereit, Ihnen Rede und Antwort zu stehen …«

***

Brenda lehnte sich weit in den ledernen Sitz zurück und genoss es, wie der Wind mit ihren langen Haaren spielte. Kurz bevor der Wagen auf den nächsten Freeway fuhr, fiel Brenda eine große Leuchtreklame auf, die auf die Stockyards hinwies. Er bemerkte ihren fragenden Blick.

»Sagen Sie nur, Sie haben von den Stockyards noch nie was gehört!«, meinte er kopfschüttelnd. »Sie sind ein Überbleibsel aus alten Tagen, Lady. Hier fanden früher die großen Viehauktionen statt. Das ist zum Teil auch heute noch der Fall. Es ist eine Welt für sich. Sie finden dort alles, was das Herz eines Texaners höherschlagen lässt: Bars, Saloons, Restaurants, hübsche Mädchen und Country Music. Das sollten Sie sich unbedingt ansehen.«

»Sie können es mir ja zeigen«, erwiderte Brenda mit kokettem Lächeln. »Ich kenne mich hier ohnehin nicht aus, Mr. Connors.«

»Lassen Sie doch dieses alberne Mr. Connors, und sagen Sie Frank zu mir«, antwortete er. »Das tut jeder hier. Also gut, wenn Sie noch ein paar Tage länger bleiben, gehe ich mit Ihnen in die Stockyards. Wann müssen Sie denn wieder zurück nach New York?«

»Schon in zwei Tagen, Mr. Connors – ich meine, Frank«, fügte sie noch schnell hinzu. Sie war eine so rasche Vertrautheit mit einem fremden Mann einfach nicht gewohnt. Aber in Texas schien man manche Dinge völlig anders zu sehen als in New York. »Sie sehen also, es bleibt mir nicht viel Zeit für besondere Unternehmungen. Mein Chef legt Wert auf ein gutes Interview, sonst wird er mir was anderes erzählen …«

»Das wird er nicht«, sagte Frank schnell. »Ich werde ihm nämlich sagen, dass Sie was von Ihrer Arbeit verstehen, wenn er Ihnen Schwierigkeiten machen sollte. Sie sind mit Abstand die reizendste Reporterin, die jemals auf meine Ranch gekommen ist.«

Brenda spürte, wie sie bei seinen Worten errötete. Dieses Kompliment kam zu überraschend für sie, so dass ihr wieder einmal die Worte fehlten. Verwirrt blickte sie aus dem Fenster und auf die braune und staubige Landschaft zu beiden Seiten der Straße, die schnurgerade nach Westen führte. Das einzige Fahrzeug, das ihnen bis jetzt begegnet war, war ein riesiger Kenworth-Truck gewesen, der mit dröhnenden Hupsignalen in Richtung Fort Worth fuhr.

»Sie könnten mir ja schon was über sich und Ihre Romane erzählen, Frank«, schlug Brenda vor. »Ich kann mir während der Fahrt ein paar Notizen machen. Dann nehme ich wenigstens nicht Ihre kostbare Zeit in Anspruch. Sie müssen doch noch Vorbereitungen für heute Abend treffen, oder?«

»Das dauert nicht lange«, erwiderte Frank. »Pilar, meine mexikanische Köchin, würde mich steinigen, wenn ich ihren Job übernähme. Sie ist da ein wenig eigen, verstehen Sie?«

Also lebte Frank nicht allein da draußen. Im Stillen fragte sich Brenda schon seit etlichen Minuten, wie sein Zuhause wohl aussah. Schließlich musste sie in ihrem Interview auch darauf eingehen.

Lange brauchte sie sich nicht mehr den Kopf zu zerbrechen, denn schon eine Viertelstunde später tauchte am Horizont ein Weg auf, der von der Straße abzweigte. Frank bremste ab und bog ein.

Weitere zehn Minuten vergingen, bis hinter einer Biegung ein Gebäude auftauchte. Eine leibhaftige Ranch aus Pioniertagen! Das Hauptgebäude stand auf einem soliden steinernen Fundament, sonst war es ganz aus Holz. Daneben ein Stall und ein Korral. Salbei- und Mesquitebüsche sowie Kandelaber-Kakteen umrahmten das Ganze und verliehen der Ranch einen wildromantischen Charakter.

»Nun, wie gefällt es Ihnen?«, erkundigte sich Frank lächelnd, während er den Wagen vor dem Haupthaus zum Halten brachte. »Liegt zwar ein wenig einsam, aber ich liebe es so, wie es ist.«

Brenda staunte. Die kleine Ranch gefiel ihr auf Anhieb. Für eine Städterin, die sie nun mal war, war das etwas völlig Neues.

Noch bevor sie ausgestiegen war, trat eine ältere Frau mit gebräunter Haut aus dem Haus und ging auf Frank zu.

»Señor Frank!« Sie warf ihm anklagende Blicke zu. »Warum haben Sie mir nicht gesagt, dass Sie schon einen Gast mitbringen? Ich habe mich für heute Abend eingerichtet.«

»Das war nicht geplant, Pilar«, erwiderte Frank lächelnd und drückte ihr die Papiertüte in die Hand. »Mit dem Besuch habe ich auch nicht gerechnet. Es kam alles ein wenig plötzlich. Aber das braucht nicht Ihre Sorge zu sein, Pilar! Ich werde die Lady höchstpersönlich bewirten.«

Die mexikanische Köchin murmelte etwas vor sich hin, was Brenda nicht ganz verstand. Dann nickte sie ihr freundlich zu und verschwand wieder im Haus.

»Worauf warten Sie noch, Brenda?«, sagte Frank. »Kommen Sie mit in mein Arbeitszimmer! Dann gebe ich Ihnen das Interview.«

Sie folgte ihm ins Haus. Sie musste sich jetzt ganz auf das Interview konzentrieren, und das bereitete ihr ziemliches Kopfzerbrechen. Schließlich kannte sie sich mit Western Storys überhaupt nicht aus. Und was noch schlimmer war – es war ihr noch nicht einmal möglich gewesen, sich das Buch aus dem Flughafen-Shop näher anzusehen. Hoffentlich merkte Frank nicht, dass sie nicht viel Ahnung hatte. Sich zu blamieren wäre ihr peinlich gewesen. Dieser Mann war ihr nämlich sehr sympathisch, wie sie sich eingestand.

***

»Schießen Sie los, Brenda!«, forderte Frank Brenda auf, nachdem er in einem bequemen Sessel hinter einem wuchtigen Tisch aus Mooreiche Platz genommen hatte. »Oder möchten Sie zuvor noch einen Drink? Ich habe alles da, von Johnnie Walker bis zu Jack Daniel’s!«

Brenda schüttelte den Kopf, während ihr Blick durch das Zimmer wanderte. Hinter dem Schreibtisch befand sich ein großes Regal voller Sachbücher und Romane. An der gegenüberliegenden Wand hing – direkt über dem offenen Kamin – ein Indianergemälde, umrahmt von zwei Winchester-Gewehren.

»Ein Gemälde von Frederic Remington«, sagte Frank, als er Brendas Blicke bemerkte. »Seine Themen gefallen mir immer wieder.«

Brenda seufzte. Sie hatte noch nie etwas von Frederic Remington gehört.

»Sehr interessant«, meinte sie und zückte ihren Notizblock. »Fangen wir mit dem Interview an, Frank. Wie sind Sie überhaupt zum Schreiben gekommen? Erzählen Sie ein bisschen etwas über Ihren Werdegang, okay?«

»Ich war schon als Kind eine Leseratte«, erzählte Frank, stand auf und ging zur Bar. Er schenkte zwei Gläser Jack Daniel’s ein und stellte eines davon vor Brenda auf den Tisch. »Die alten Schmöker über Hopalong Cassidy. Vielleicht liegt es daran, dass ich mich dafür zu interessieren begann …«

Während Frank von seiner Jugend sprach, hing Brendas Blick an seinen Augen, die einfach unergründlich tief waren. Auch wenn seine Züge markant, teilweise sogar ein wenig hart erschienen, so verhießen diese Augen doch viel Wärme und Menschlichkeit.

»… sie mich verließ, da setzte ich mich hin und begann zu schreiben. Rede ich zu schnell, Brenda? Sie müssen es mir sagen, wenn Sie nicht mitkommen!«