Cover

Fabian Kaiser / Roman Simscheck

Prince2 Agile

UVK Verlag · München

Inhalt

Vorwort

Verehrte Leserin, verehrter Leser,

 

danke, dass Du Dich zum Kauf dieses Buches entschieden hast. Vielleicht hast Du dieses Exemplar auch im Zuge eines Trainingsbesuches bei uns erhalten. Auch dafür danken wir Dir sehr, für dein Vertrauen.

Wie Du bereits gemerkt hast, duzen wir unsere Leser. Wir sind der Meinung, dass in der aktuellen schnellen Welt, in der wir leben, das Du einfacher zu schreiben und zumindest hier in diesem Buch die richtige Wahl ist.

Agilität ist ein Megatrend. Woher kommt das? Alle großen, die Welt dominierenden Tech-Unternehmen wie Google, Facebook, Amazon und Spotify nutzen alle die Kunst der Agilität. Ist das Zufall oder besteht eine Korrelation von Agiltiät und Erfolg in der aktuellen Zeit?

Und falls ja, welche Methoden wenden diese Top-Unternehmen an? Wie kombinieren diese Player klassisches mit agilem Projektmanagement? Dieser Antwort wollen wir im diesem Buch – PRINCE2 Agile – nachkommen.

Vorab möchten wir darauf hinweisen, dass PRINCE2 Agile kein eigenes Framework ist, wie es das klassische PRINCE2-Framework ist. Vielmehr ist es eine Art Toolbox für Dich, in Deinen Projekten herauszufinden, wie klassische und agile Arbeitsweise zusammenpassen und welche Techniken und Tools aus beiden Welten es gibt. Es ist damit eine Anpassung bzw. eine Weiterentwicklung aus dem bestehenden Framework PRINCE2.

Dieses Buch ist eine Weiterentwicklung unseres bestehenden PRINCE2-Buches. Um alle Leser jedoch auf denselben Wissensstand zu heben, sind die ersten Teile dieses Buches mit grundlegender PRINCE2-Terminologie ausgestattet. Benötigst Du noch Input zu PRINCE2 oder möchtest Du nochmal ein Freshup machen, dann empfehlen wir Dir unser Buch „PRINCE2 – Die Erfolgsmethode einfach erklärt“, welches auf dem Level PRINCE2-Foundation die PRINCE2-Terminologie vollumfänglich erklärt.

Das Buch ist wie folgt strukturiert:

Solltest Du Fragen haben, kannst Du Dich jederzeit gerne an uns wenden:

 

Fabian Kaiser fkaiser@agile-heroes.de

Roman Simschek rsimschek@agile-heroes.de

 

Beide sind wir telefonisch erreichbar unter 069 9999 15 911.

Herzlichsten Dank und viel Erfolg

 

Fabian Kaiser / Roman Simschek

Frankfurt am Main, November 2019

1 Grundlagen

1.1 Die Geschichte von PRINCE2

PRINCE2 wurde 1989 von der britischen Regierungsabteilung „Central Computer and Telecommunications Agency“ als eine Art „Wissensmanagement-Projekt“ in Auftrag gegeben, um die Erfahrungen der bis dato gemachten Projekterfahrungen zu sammeln, zu bewerten und daraus ein Framework zu entwickeln, welches dabei helfen sollte, bei zukünftigen Projekten bereits bekannte Fehler zu vermeiden. Hier­aus entstand die erste Best Practice Projektmanagement-Methodik PRINCE; damals noch ohne die Versionsangabe „2“. PRINCE stand und steht für PRojects IN Controlled Environments.

Zum damaligen Zeitpunkt war das Framework für IT-Projekte entwickelt worden. Es sollte als Regierungsstandard für Projektmanagement gelten. Schon bald jedoch fanden die darin enthaltenen Methoden auch außerhalb von IT-Projekten eine weite Verbreitung.

Aus der Erkenntnis heraus, dass PRINCE auch auf andere Projekte anwendbar ist, wurde die Methodik nochmal stark verschlankt, vereinfacht und schließlich 1996 als allgemeine Projektmanagement-Methode PRINCE2 veröffentlicht. Seitdem wurde die PRINCE2-Methodik zunehmend populärer. Neben der PMBok (PMI) und ICB

(IPMA, GPM) zählt PRINCE2 zu den weltweit am häufigsten verwendeten Projekt­management-Methodiken. In über 50 Ländern wird PRINCE2 geschult, zertifiziert und angewandt. In Großbritannien gilt PRINCE2 sogar als De-Facto-Projekt­manage­ment-Standard. Hier achten Unternehmen in der Tat darauf, dass Projektleiter und Projektmanager eine eingetragene PRINCE2-Zertifizierung haben. Mehr dazu in Kapitel 6 – Prüfung und Zertifizierungen. Die Anforderung nach einem Zertifikat einer anerkannten Projektmanagement-Methodik wie PRINCE2 lässt sich immer mehr auch im D-A-CH-Raum verfolgen. Das liegt nicht zuletzt daran, dass die Eigenschaft, ein richtig guter Projektmanager zu sein, aufgrund der aktuellen Änderungsbereitschaft der Unternehmen gefragter ist denn je zuvor.

Oft fragt man sich in diesem Zusammenhang, wie PRINCE2 eigentlich eine Allzwecklösung für diese ganz verschiedenen Projekte bieten kann. Die Antwort darauf ist simpel: PRINCE2 ist so generisch wie nötig, jedoch so konkret wie möglich, um als 360º-Methodik, also als ganzheitliche Projektmethodik, wahrgenommen zu werden.

Das bedeutet zuallererst, dass die Methoden-Guideline an sich so allgemein formuliert ist, dass daraus kein fachlicher Hintergrund eines Projekts herauszulesen ist.

PRINCE2 beschreibt nicht, dass Du jeden Tag mit Deinen Entwicklern zusammen die neu programmierte Software-Funktionalität testen sollst.

Vielmehr beschreibt PRINCE2, dass Du als Projektmanager Dich in einem von Dir zu wählenden Turnus mit Deinen Teilprojektleitern austauschen sollst und diese so organisierst, dass sie mit ihren fachlichen Teams die Produkterstellung vorantreiben.

Die Methodik gibt die Empfehlungen und Eckpunkte vor, anhand derer Du den Rhythmus für Deine Meetings finden kannst. Du erhältst Hinweise, welche Inhalte ein Bericht enthalten soll.

Im Grunde genommen geht es darum, aus der Sicht des Projektmanagers Dir zu jedem Zeitpunkt im Projekt die richtigen Werkzeuge an die Hand zu geben, welche Dir dabei helfen sollen, jederzeit die richtigen Entscheidungen treffen zu können. Und das so generisch wie möglich. Daher ist eines der wichtigsten Grundprinzipien der PRINCE2-Terminologie die sogenannte „Anpassung an die Projektumgebung“. Ohne vorwegzugreifen ist in diesem Kontext ersichtlich, weshalb dieses Grundprinzip als derart wichtig eingestuft wird.

Um diese eben beschriebene generische Anwendbarkeit auf Dauer aufrechtzuhalten, ist PRINCE2 keineswegs im Jahre 1996 stehen geblieben. Die heutigen Rechte­inhaber, AXELOS, bestehend zu 51 % aus Capita (privates Unternehmen in GB) und zu 49 % aus Cabinet Office (Behörde in GB), sind mehr denn je damit beschäftigt, die Methodik weiterhin dem Geist der Zeit anzupassen. Dies geschieht durch die regelmäßig stattfindenden Updates.

1.2 Der Gedanke von PRINCE2 Agile

Wie der Hintergedanke der PRINCE2-Methodik ist, sollte nun klar sein. PRINCE2 Agile hingegen ergänzt sich zum Teil von der generischen Sichtweise des „klassischen“ PRINCE2.

PRINCE2 Agile ist eine Form der Anpassung der PRINCE2-Methodik; eine Anpassung für die agile Welt des Projektmanagements. PRINCE2 lebt davon, sich an die Bedürfnisse der jeweiligen Projekte anzupassen. So auch an die Welt agiler Projekte. Dass Agilität immer wichtiger wird, haben nicht zuletzt auch die offiziellen Rechte-Inhaber von PRINCE2 bemerkt, weshalb sie sich mit Agilitätsexperten zusammengetan haben, um dieses Framework zu generieren.

Zu sagen ist, dass auch diese Variante von PRINCE2 keinen Anspruch auf Vollständigkeit erhebt. Vielmehr geht es darum, dem Anwender und schließlich auch Dir als Leser dieses Buches eine Vorstellung davon zu vermitteln, in welchen Ausprägungen die agile Anpassung dieser Weltmethodik PRINCE2 mög­­lich und vielleicht sogar nötig ist, um erfolgreiche (agile bzw. hybride) Projekte im aktuellen Zeitalter zu managen.

1.3 Charakteristika eines Projekts

Bevor wir uns gleich den ersten Inhalten von PRINCE2 Agile widmen, möchten wir an dieser Stelle erst mal mit ganz allgemeinen fachlichen Grundlagen des Projekt­managementwissens beginnen.

Generell gilt: Ein Projekt ist eine für einen befristeten Zeitraum geschaffene Organisation, die mit dem Zweck eingerichtet wird, einen oder mehrere Produkte in Übereinstimmung mit einem Business Case zu vereinbarter Qualität zu liefern.

Ein Projekt wird hierbei in fünf Dimensionen unterschieden:

Einzigartig1): Vergleicht man ein Projekt mit einer Aufgabe in Linie, wird klar, dass es sich hierbei um nicht wiederholende Tätigkeiten handelt. In der Linie macht man hingegen – stark vereinfacht gesagt – jeden Tag annähernd dasselbe. Als Controller vergleicht man Berichte und berät sich mit dem Management, als Risikomanager identifiziert man Risiken und bewertet sie, als Sachbearbeiter bearbeitet man Auftragseingänge.

Im Projekt hingegen erwartet einen täglich eine neue Herausforderung. Man entwickelt und entwirft neue Dinge. Es kommen ständig neue Aspekte zum Vorschein, die im Vorhinein überhaupt nicht klar waren. Die „Einzigartigkeit“ kann man sogar und gerade in der digitalen Welt, in der wir uns befinden, noch viel weiter spannen. Agilität kommt aus der Welt der Software-Entwicklung/-Technologie. Eine Welt, die bis vor 20 bis 30 Jahren vollkommen neu war. Eine Sache hat diese Welt jedoch bis heute behalten:

Jede Software und jede Technologie sind absolut einzigartig in ihrer Zusammensetzung verschiedenster Unter-Technologien, manchmal sogar so einzigartig, dass es sich hierbei um eine komplett neue Technologie handelt, die vorher noch nie existiert hat.

Das ist eine interessante Art der Einzigartigkeit, galt doch vorher, im klassischen Projektmanagement, lediglich die Einzigartigkeit, dass das Projekt in der Konstellation noch nie durchgeführt wurde.

Beispiel Klassisches Projektmanagement

Ein Hausbau wurde von Anfang bis Ende geplant. Die Art und Weise, wie ein Haus gebaut wird, verändert sich nur sehr langsam, da wir Häuser bereits seit einer Ewigkeit bauen können und heute einen hohen Standard erreicht haben. Das Ziel eines Hausbaus war immer gleich → Wohnen.

Beispiel Agiles Projektmanagement

Software-Entwicklung existiert erst seit wenigen Jahrzenten. Die Verwendung der verschiedenen Software ist schier unendlich. Die Art und Weise, WIE eine Software gebaut wird, ändert sich regelmäßig.

Hinzukommt, dass eine Änderung bei einem Hausbau in der Regel mit vielen Kosten und einem hohen zeitlichen Aufwand verbunden ist. Eine Software hingegen kann deutlich schneller angepasst werden.

Begrenzt2): Ein Projekt ist von Natur aus begrenzt. In erster Linie natürlich zeitlich, da ein klar definiertes Ende geplant ist. Natürlich sind auch die anderen Projektdimensionen, wie Budget, Qualität etc., begrenzt.

Bereichsübergreifend3): Ein Projekt stellt in seiner Vollkommenheit seine Interdisziplinarität, also sein fachspezifisch übergreifendes Know-how, unter Beweis. In einem Projekt treffen viele unterschiedliche Fachexperten, oft aus verschiedenen Unternehmen, aus verschiedensten Ländern und Kulturen, manchmal sogar zu völlig unterschiedlichen Zeitzonen, aufeinander. Der einzige gemeinsame Nenner dieser Mitarbeiter ist nur das Projekt. Das bedeutet auch, dass Menschen, die aus so unterschiedlichen „Welten“ aufeinanderstoßen, ein enormes Konfliktpotenzial mit sich bringen. Wenn sich jedoch dieses neue Projektteam, die verschiedensten Entwickler, die unterschiedlichsten Berater, sich erst einmal eingeschwungen haben, ist die Produktivität enorm.

Unsicher4): In der Annahme, dass ein Risiko in der betriebswirtschaftlichen Welt nicht per se als negativ, sondern vielmehr „wertfrei“ hinzunehmen ist, bezieht sich die Beschreibung „unsicher“ in erster Linie auf die Zielerreichung, die durch viele Bedrohungen, also der negativen Ausprägung einer Unsicherheit, sowie einigen Chancen, den positiven Ausprägungen einer Unsicherheit, gekennzeichnet ist. Das Thema „Risiko“, das sich dahinter vereint, wird in der Geschichte des strukturierten Projektmanagements inzwischen als „Dauerbrenner“ erkannt. Das Gute: Fast alle Projektmanager wissen inzwischen, wie wichtig es ist, überhaupt Risikomanagement zu betreiben. Das Schlechte: Von einem effektiv effizienten Risikomanagement ist der Großteil der Projekte noch sehr weit entfernt. Natürlich, im Daily Business ist es oft stressig. Und natürlich rücken dort Themen, die auf den ersten Blick nicht sehr viel zur Projekt­umsetzung beitragen, oft sehr schnell in den Hintergrund. Jedoch sollte man sich als Projektmanager in diesem unsicheren Umfeld, in dem man sich im Projekt-Business naturgemäß bewegt, unbedingt mit dem stiefmütterlich behandelten Thema Risiko­managament mehr als nur ein bisschen auseinandersetzen.

Verändernd5): Der Grund für die Durchführung eines Projekts ist, einem aktuellen Zustand entgegenzuwirken und/oder einen anderen Zustand herzustellen. Ein Projekt ist somit mit dem Ziel eingerichtet, eine Veränderung herbeizuführen.

1.4 Die vier integrierten Bausteine von PRINCE2

Nachdem wir uns im letzten Kapitel den Grundlagen des Projektmanagements, angehaucht mit einigen PRINCE2-Merkmalen, angeschaut haben, gehen wir nun in die Methodik PRINCE2.

PRINCE2 kann man im Grunde in vier einfache Bestandteile gliedern: Grundprinzipien, Themen, Prozesse und die Anpassung an die Projektumgebung. Jeder der vier Bausteine hat eine wichtige Daseinsberechtigung in unterschiedlicher Ausprägung. Im Folgenden gehen wir auf die einzelnen Bausteine ein, bevor diese dann Kapitel für Kapitel näher aufgearbeitet und verknüpft werden.

1.5 Tailoring PRINCE2

Wir haben gelernt, dass PRINCE2 Agile eine Tailoring Guidance des bestehenden PRINCE2-Frameworks ist. Doch wie und vor allem wo wird das Framework in der bestehenden Terminologie angepasst?

Dies geschieht in PRINCE2 Agile vor allem durch: