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Nr. 51

 

Vorstoß in die Schattenzone

 

von Paul Wolf

 

 

 

Pabel-Moewig Verlag KG, Rastatt

Seit dem Tag der Wintersonnenwende, dem Tag der Schlacht, die auf dem Hochmoor von Dhuannin zwischen den Streitern der Lichtwelt und den Kräften des Dunkels ausgetragen wurde, sind Monde vergangen. Mit der Unterstützung Drudins, des obersten Dämonenpriesters, der die Kräfte der Finsternis mobilisierte, haben die eroberungssüchtigen Caer über die Kämpfer der Lichtwelt triumphiert und die große Schlacht für sich entschieden.

Damit halten Tod und Verderben ihren Einzug auch in solchen Ländern, die bisher vom Krieg verschont geblieben sind. Massen von Menschen, unter ihnen die demoralisierten Besiegten der Schlacht, streben in heilloser Flucht nach Süden, die Herzen von Trauer und Hass erfüllt.

Auch Mythor zieht südwärts. Ziel der Reise des jungen Helden der Lichtwelt ist Logghard, die Ewige Stadt und der siebte Fixpunkt des Lichtboten.

Mythor erreicht Logghard zum 250. Jahrestag der Belagerung und zum Zeitpunkt der größten Bedrohung – zum Zeitpunkt nämlich, da die Mächte der Finsternis zum großen Schlag ausholen.

Sieg oder Niederlage der Kräfte des Lichtes stehen auf des Messers Schneide – und Mythors weiteres Schicksal entscheidet sich beim VORSTOSS IN DIE SCHATTENZONE ...

Die Hauptpersonen des Romans

 

 

Mythor – Der Kämpfer der Lichtwelt in der Schattenzone.

Vangard – Ein angesehenes Mitglied in der Gilde der Magier.

Albion – Der falsche Sohn des Kometen entlarvt sich selbst.

Luxon – Der rechtmäßige Shallad gibt sich zu erkennen.

Jerego – Hüter am Grabmal des Lichtboten.

No-Ango – Ein Toter kehrt zurück.

Prolog

 

Sie waren Geisterreiter, eingeschlossen in einen Dämonenkreis, aus dem es kein Entrinnen zu geben schien. Keiner von ihnen vermochte mehr zu sagen, vor wie langer Zeit das Verhängnis über sie gekommen war, denn hier gab es weder Tag noch Nacht, keine Sonne und keinen Mond, keine Sterne und keinen Himmel.

Sie stammten aus den Weiten Dandamars, aus den Karsh-Bergen und aus Salamos, aus den sieben Herzogtümern Tainnias und den zwölf Grafschaften Ugaliens, waren Söldner aus fernen, unbekannten Ländern – und es waren auch Caer darunter, gegen die die anderen am Hochmoor von Dhuannin in die Schlacht gezogen waren. Doch wie lange lag der Tag der Wintersonnenwende schon zurück, dieser Tag, an dem sie kraft der Schwarzen Magie der Caer-Priester den Spiegeltod gestorben und zu Geisterreitern geworden waren?

Wie lange irrten sie schon durch diese düstere Einöde, durch dieses Nichts ohne Licht, das bodenlos war und ohne Horizont, in dem es außer ihnen nichts zu geben schien.

Nur manchmal waren Bilder einer anderen – ihrer – Welt aufgetaucht. Doch jedes Mal, wenn sie Hoffnung schöpften, endlich aus diesem Dämonenkreis ausbrechen zu können, da waren die Bilder wieder verblasst. Oft hatten solche Trugbilder sie genarrt. Und wieder war es soweit, dass sich ihnen eine Insel des Lebens durch das Einerlei der grauen Nebel zeigte.

Doch diesmal glaubten sie fest daran, dass sie die Schranken der Schwarzen Magie durchbrechen konnten.

»Tapfere Krieger der Lichtwelt! Zum Angriff!«

Und die Geisterreiter setzten zum Sturm auf die vermeintliche Dämonenfestung an, die wie ein mächtiger Berg aus Gebäuden, Türmen und Wehrmauern vor ihnen auftauchte.

Dies musste die Bastion des FEINDES sein!

»Attacke!«

Und sie preschten zu Tausenden los und quer durch diese sich hoch türmende Bastion und über sie hinweg. Es war, als hätten sie eine Luftspiegelung durchdrungen, als seien sie davon genarrt worden. Aber sie gaben nicht auf und machten nach dem ersten Sturmlauf kehrt und formierten sich zu einem neuen Angriff.

1.

 

Logghard wurde die Ewige Stadt genannt, weil hier der Lichtbote die siebzig Mannslängen aufragende Säule aus Licht errichtet hatte, die seit Menschengedenken von den Dunkelmächten berannt und von den Menschen verteidigt wurde. So war um die Lichtsäule, die das Grabmal des Lichtboten kennzeichnete, eine Stadt entstanden und immer weiter gewachsen: Logghard.

Die Ewige Stadt war immer heiß umkämpft gewesen. Denn je heftiger die Angriffe der Dunkelmächte wurden, desto mehr Aufrechte fanden sich ein, um die Bastion der Lichtwelt gegen sie zu verteidigen – und je stärker die Stadt befestigt wurde, um so größer wurden die Anstrengungen der Dunkelmächte, die Verteidiger zu bezwingen.

Dies hatte in der Gegenwart dazu geführt, dass in Logghard tausend mal tausend Menschen lebten und die Dämonen alle ihnen zur Verfügung stehenden Kräfte gegen sie einsetzten.

Logghard befand sich von Osten und Westen im Würgegriff der Schwarzen Hand, wie die fingerförmigen Auswüchse der Düsterzone genannt wurden, die die Ewige Stadt überschatteten.

Im Süden brandeten die tosenden Wellen der Bucht ohne Wiederkehr gegen den Seewall und schwemmten alle möglichen Ungeheuer heran, die den Verteidigern das Leben schwer machten.

Nur im Norden der Stadt herrschte noch einigermaßen Ruhe, denn es zeigten sich keine deutlichen Anzeichen für eine unmittelbare Bedrohung durch die Dunkelmächte. Aber die Magier waren sich darüber einig, dass spätestens am Tage Null, wie sie den 250. Jahrestag der Belagerung nannten, die Dunkelmächte auch von dieser Seite zuschlagen würden. Und dieser Tag Null stand unmittelbar bevor ...

Die Chronik von Logghard war aufs engste mit den Stummen Großen unter ihrem Größten, dem Erleuchteten, verknüpft. Sie waren es gewesen, die vor 250 Jahren die neue Zeitrechnung einführten, weil nach ihrer Aussage nun der Endkampf um Logghard und die Lichtwelt begann.

Die Großen waren es gewesen, die damals, am Beginn der neuen Zeitrechnung, den regierenden Shallad als die Fleischwerdung des Lichtboten bezeichneten und verlangten, dass alle Bewohner der Lichtwelt sich ihm zu unterwerfen hätten. So setzten sie den Grundstein für die Gründung eines Weltreichs, Shalladad genannt, das sich nun, im 17. Jahr Hadamurs, fast über die gesamte Südwelt von Gorgan erstreckte.

Und es waren die Großen gewesen, die verkündeten, dass die Prophezeiung des Lichtboten sich erfüllen würde: Der Sohn des Kometen war im Kommen, um die Lichtwelt endgültig von den Mächten der Finsternis zu befreien.

Aber es hatte 250 Jahre gedauert, bis sich ihre Ankündigung verwirklichte, und dazu hatte der von ihnen geförderte Sohn des Kometen noch einen sehr zweifelhaften Ruf, denn es gab Stimmen, die ihm das Recht absprachen, sich so nennen zu dürfen.

Für jene war Mythor der rechtmäßige Sohn des Kometen. Doch Mythor galt als tot, und so zeigten die Großen ihren Günstling Albion den Logghardern als Sohn des Kometen.

 

*

 

»Seht nur diesen eitlen Gecken!«, rief Sadagar zornig, der mit den anderen von der Aussichtsplattform des Palasts dem Treiben auf dem großen Platz zusah. »Er stellt sich und die Waffen des Lichtboten zur Schau, um sich bewundern zu lassen, anstatt sich damit im Kampf gegen die Dämonen zu bewähren.«

»Sein Anblick allein soll den Logghardern Mut machen«, erklärte Vangard, der Süder. Der kleine Magier mit der grünlichen Haut, war mit den Machenschaften der Großen ebenso wenig einverstanden wie Sadagar und Luxon. Er hatte mit Mythor am Koloss von Tillorn Freundschaft geschlossen und trauerte ihm nun nach. Doch war er auch der Meinung, dass es für Logghard und die Lichtwelt besser war, irgendeinen Sohn des Kometen vorzuweisen, als diesen Posten unbesetzt zu lassen.

Und der Jubel, mit dem die Loggharder Albion in der Ausrüstung des Lichtboten empfingen, schien ihm recht zu geben. Sein Anblick allein gab den Menschen neue Hoffnung und Kraft.

»Es hat seine Ordnung so«, sagte auch Gamhed, der Kriegsherr von Logghard, den sie wegen seiner Rüstung und seiner von Silberfäden durchsetzten Haarpracht den Silbernen nannten. »Ich würde mein Leben sofort opfern, könnte ich damit diese Wirkung erzielen. Die Loggharder haben sehnsüchtig auf den Sohn des Kometen gewartet – und nun steht er ihnen in Fleisch und Blut gegenüber!«

»Bleibt nur abzuwarten, wie sich Albion bewährt«, sagte Luxon. Er befreite sich aus Kalathees Armen und trat dicht an die Zinnen, um das Spektakel in der Tiefe besser überblicken zu können.

Auf dem Platz hatte sich eine dichte Menschenmenge versammelt, um dem Sohn des Kometen auf seinem Triumphzug durch Logghard zu huldigen. Er war im Tempel der Großen aufgebrochen, entlang des zweiten Walles zum Palast des Shallad gezogen und wollte von hier zum Grabmal des Lichtboten aufsteigen, um sich dort zu holen, was ihm noch zu seiner Vervollkommnung fehlte: das Zauberbuch der Weißen Magie, das DRAGOMAE, und die Unsterblichkeit.

»Ich kann mir nicht vorstellen, dass dieser Pfau es schafft«, sagte Sadagar abfällig. »Ich wünsche Albion ...«

»Genug!«, herrschte Gamhed ihn an. »Du sprichst ja gerade so, als sehntest du den Untergang von Logghard herbei, nur um Rache für deinen toten Freund zu bekommen. Das führt zu weit.«

»Ich bin schon still«, sagte Sadagar, bei sich dachte er jedoch: Eines Tages werden die Großen für das Unrecht, das sie Mythor angetan, bezahlen müssen! Und als er Luxons Blick begegnete, las er in dessen Augen, dass er ebenso dachte.

Die beiden reichten einander stumm die Hände. Da tauchte eine dritte Hand auf und schlug ebenfalls ein. Sie gehörte Hrobon, dem Vogelreiter aus den Heymalländern und treuen Untertan von Shallad Hadamur.

Sadagar und Luxon waren für einen Moment vor Überraschung sprachlos, aber dann lächelten sie Hrobon zu.

»Ich sehe meinen Fehler ein«, sagte der Vogelreiter, der Mythor einst ewige Todfeindschaft geschworen hatte, weil er sich als Sohn des Kometen bezeichnete. Hrobon fuhr fort: »Ich kann nun nicht mehr glauben, dass ein Shallad wie Hadamur, der so wenig für die Lichtwelt tut, den Lichtboten verkörpert. Und ich kann auch nicht Albion als Sohn des Kometen anerkennen.«

»Genug, habe ich gesagt!«, rief Gamhed zornig dazwischen. »Noch ein Wort gegen Albion, und ich lasse euch alle drei einkerkern.«

Luxon befreite sich aus dem Griff der beiden Freunde und trat Gamhed furchtlos entgegen. Luxon war groß und besaß einen kräftigen, männlichen Körper, aber neben dem Silbernen wirkte er geradezu unscheinbar.

»Ich werde kein Wort mehr über den Sohn des Kometen verlieren, aber handeln, wie es mir mein Gefühl und mein Verstand gebieten«, sagte er fest. »Und damit du weißt, dass diese Worte nicht von irgendeinem dahergekommenen Abenteurer kommen, will ich dir ein Geheimnis verraten. Du magst dazu stehen, wie du willst, ich sage es trotzdem: Ich bin der Sohn Rhiads, der rechtmäßige Shallad, und ich bin gekommen, um Hadamur vom Thron zu stoßen und mir mein Recht zu nehmen.«

Luxon erwartete einen Wutausbruch Gamheds, doch stattdessen sah er in dessen Gesicht ein Mienenspiel, als ob er in einem heftigen Widerstreit der Gefühle stünde. Alle warteten gespannt auf eine Äußerung des Silbernen, doch dazu kam es nicht mehr.

Der Himmel über Logghard hatte sich allmählich verfinstert. Die Schwarze Hand hatte wieder nach der Ewigen Stadt gegriffen und sich über sie ausgebreitet.

Plötzlich erbebte die von schwarzen Wolken der Düsterzone durchsetzte Luft. Ein Heulen hob an, das immer schriller und lauter wurde. Es gab einen Knall, dem ohrenbetäubendes Krachen folgte.

Der Palast wurde wie von einem Beben erschüttert.

»Was war das?«, schrie Kalathee entsetzt.

»Ein Himmelsstein«, erklärte Vangard. »Der Meteor muss ganz in der Nähe eingeschlagen haben.«

Von unten erklangen Schreie, als die Menge, die Albion gehuldigt hatte, in panischem Entsetzen auseinanderstob.

Neuerlich wurde die Luft von schrillem Heulen erfüllt. Und diesmal konnten sie von der Aussichtsplattform sehen, wie mehrere Meteore ihre leuchtende Bahn durch die Wolkengebilde der Schwarzen Hand zogen. Gleich darauf erfolgten mehrere Einschläge fast gleichzeitig. Neuerlich wurde der Palast in seinen Grundfesten erschüttert.

Einer der Himmelssteine traf einen Wehrturm, der nur einen Bogenschuss vom Palast entfernt war. Zuerst zerriss er die Saiten der Windharfen, knickte die Masten und durchteilte dann das Mauerwerk des Turmes, das von der Wucht des Aufpralls förmlich gesprengt wurde. Zurück blieben nur ein Trümmerhaufen und ein großer, tiefer Krater, aus dem ein unheimliches Glühen kam, nachdem sich die Staubwolken verflüchtigt hatten.

»Das sind die Vorboten, die den Großangriff der Dunkelmächte ankündigen«, erklärte Vangard mit düsterer Miene. »Ich muss zurück ins Gildenhaus ...«

»Nimm Kalathee und Samed mit«, verlangte Luxon. »Vielleicht können sie sich bei dir nützlich machen.«

»Luxon, lass mich an deiner Seite bleiben«, bat Kalathee.

»Ich habe anderes zu tun, als mich um deinen Schutz zu kümmern«, erklärte Luxon barsch. »Geh mit Vangard und nimm Samed mit.«

Kalathee verbarg ihre Enttäuschung nicht, aber sie fügte sich. Gerade als sie sich anschickte, sich zu Vangard zu begeben, näherte sich Hufgetrappel. Es hörte sich an, als würde über die Dächer des Palasts ein großes Reiterheer auf sie zukommen.

Sie duckten sich unwillkürlich und starrten in die Richtung, aus der das Donnern der Hufe kam. Für einen Moment tauchte durch die Wolkenfetzen eine große Schar berittener Krieger auf, die drohend ihre Waffen schwangen.

Gamhed zog sein Schwert. Doch kaum hatte er es zur Abwehr erhoben, da löste sich der Spuk auch schon wieder auf. Die Reiter waren nicht mehr zu sehen, nur das donnernde Hufgetrappel fegte über sie hinweg und verlor sich dann allmählich in südlicher Richtung.

»Das waren die Geisterreiter aus dem Hochmoor von Dhuannin«, sagte Sadagar in die folgende Stille. »Es scheint, als hätten die Caer-Priester sie nur darum den Spiegeltod sterben lassen, um sie auf der Straße des Bösen und durch eine andere Welt nach Logghard zu führen. Wir sind ihnen auf der Straße des Bösen schon begegnet, ohne jedoch zu ahnen, mit welchem Ziel sie unterwegs sind.«

»Sind es nicht Kämpfer der Lichtwelt?«, sagte Gamhed verständnislos. »In diesem Fall sollten wir von ihnen nichts zu befürchten haben. Sie wären sogar eine Verstärkung für uns.«

»Unterschätze die Macht der Schwarzen Magie nicht«, erwiderte Vangard. »Sie vermag zu blenden und die Wirklichkeit zu verfälschen. Diese Geisterreiter werden Logghard nicht als Bastion der Lichtwelt erkennen. Wir müssen damit rechnen, dass sie uns für Feinde halten. Vielleicht kann hier ein Gegenzauber helfen ... Ich muss ins Gildenhaus!«

»Schließt euch an!«, befahl Luxon Kalathee und Samed, als diese zögerten.

Vom Süden näherte sich wieder das Donnern von Pferdehufen, ohne dass die Reiter zu sehen waren, die diesen Lärm verursachten. Kaum war das Hufgetrappel verklungen, als vom Aussichtsturm der Ruf ertönte:

»Drachen im Anflug!«

»Es geht los«, sagte Gamhed. »Die Entscheidungsschlacht um Logghard beginnt, noch bevor der Tag Null dämmert.« Der Silberne wandte sich Luxon, Sadagar und Hrobon zu. »Seid ihr bereit, eure persönlichen Händel zu vergessen und euch in den Dienst der guten Sache zu stellen?«

»Sage uns, was wir zu tun haben, Gamhed«, verlangte Luxon.

2.

 

Wieder erklang das Hufgetrappel der Geisterreiter. Luxon wollte die Krieger, die in Deckung gegangen waren, schon beruhigen. Aber da stellte er fest, dass einige Geisterreiter Gestalt annahmen.

Sie waren für die Dauer eines Atemzugs überhaupt nicht mehr durchsichtig. Ein Krieger, der ihnen im Wege stand, wurde von den Hufen eines Pferdes niedergetrampelt. Gleich darauf lösten sich die Reiter wieder in Nichts auf, das Donnern der Hufe verlor sich in der Ferne.

»Sie nehmen immer mehr Gestalt an«, sagte Sadagar dazu. »Irgendwann wird die Welt, die sie noch gefangen hält, sie endgültig ausspucken, und dann ...«

Er ließ den Rest unausgesprochen, aber die anderen konnten sich die bevorstehenden Schrecken selbst ausmalen.

»Zuerst einmal müssen wir den Angriff der Drachen abwehren«, sagte Hrobon.

Gamhed hatte sie einem Bezirk zugeteilt, der südlich des Shallad-Palasts lag. Hier waren die Saiten der Windharfen besonders dicht gespannt. Daneben gab es zusätzliche Abwehreinrichtung, wie Katapulte und Riesenarmbrüste verschiedener Größe, von denen manche ein ganzes Dutzend Pfeile gleichzeitig abschießen konnten.

Die Krieger, die für die Abwehr der Drachen eingeteilt waren, trugen lange Stangen mit Spitzen und Widerhaken an den Enden. Bogenschützen standen bereit, um den Drachen den Fangschuss zu geben.

Aber noch war es nicht soweit. Der Schwarm aus Tausenden von Drachenvögeln überflog in einiger Höhe die Außenbezirke der Ewigen Stadt.

»Es kommt wohl oft vor, dass Drachen angreifen?«, sagte Luxon zu Fandjo, der den Oberbefehl über diesen Bezirk hatte.

»Wir haben längst aufgehört, die Angriffe aus der Luft zu zählen«, antwortete er, während er aus schmalen Augen dem Schwarm aus Tausenden von flatternden Körpern entgegensah. »Aber so viele auf einmal habe ich noch nie gesehen. Und ich bin schon seit einem halben Menschenalter in Logghard.«

Fandjo war Inshaler, kam also aus dem Stammland und war in Andshara geboren, jener Stadt, die Hadamur zu seinem Sitz auserwählt und nach sich in Hadam umbenannt hatte. Luxon war versucht, den Veteranen aus Logghard über die Verhältnisse in Hadam auszufragen, aber dann sah er ein, dass dies nicht der richtige Zeitpunkt war.

Luxon und Hrobon bedienten jeder eine der Armbrüste, die so schwer waren, dass ein Mann sie nicht halten und damit zielen konnte, und die darum in einer drehbaren Halterung auf den Zinnen befestigt waren. Sie hatten jeder einen Helfer, der es übernahm, die Armbrust zu spannen und den Bolzen einzulegen.