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Nr. 46

 

Die Spiele des dunklen Mondes

 

Menschenjagd im Lande der Nighmanen – ein USO-Agent kämpft um sein Leben

 

von Ernst Vlcek

 

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Auf Terra, den Welten des Solaren Imperiums und den Stützpunkten der USO schreibt man Anfang September des Jahres 2409 Standardzeit.

Die Condos Vasac, das galaxisweite Verbrechersyndikat, das der USO und dem Solaren Imperium für lange Zeit einen erbitterten Kampf lieferte, ist nicht mehr! Die Organisation wurde vor über einem halben Jahr endgültig zerschlagen, als Männer der USO »das letzte Versteck« ausfindig machten und Raumschiffe der USO, des Solaren Imperiums und der Maahks in das Zentralsystem der Grossarts eindrangen.

Aber das Ende der CV bedeutet keineswegs, dass in der Galaxis Ruhe herrscht, und dass Lordadmiral Atlan und seine Mitarbeiter ihre Tätigkeit einstellen können. Im Gegenteil – die USO, auch »galaktische Feuerwehr« genannt, wird nach wie vor dringend benötigt. Und Ronald Tekener und Sinclair M. Kennon, der Mann mit »Vollprothese«, befinden sich längst wieder im gefährlichen Einsatz.

Nach der Aushebung der »Schule der Attentäter« und der Entdeckung der »Saboteure von Hemals« verfolgen die beiden – in Maske selbstverständlich! – weiterhin die Spur dessen, der für die Morde an prominenten Bürgern des Solaren Imperiums verantwortlich ist.

Aber der unbekannte Drahtzieher hat sich gut verborgen. Sein neuerliches unseliges Wirken offenbart sich erst wieder während der SPIELE DES DUNKLEN MONDES ...

Die Hauptpersonen des Romans

 

 

Yalo Patser – Ein USO-Agent kämpft um sein Leben.

Imiral – Yalo Patsers Vertrauter.

Beba Ghwana – Besitzerin eines Badehauses.

Damor Lapata und Jivina Aol – Zwei von Yalo Patsers Jägern.

Aglorit – Ein Giftmischer aus dem Nordland.

Prolog

 

»Man nennt mich Imiral, den Beobachter. Ich stamme aus Zaguun und bin nur ein Sklave. Aber unter meinem Herrn Yalo Patser, dem Händler, habe ich ein Leben wie ein freier Mann geführt. Ich war für ihn mehr als ein Leibeigener, ich war sein Vertrauter, fast ein Freund. Ich durfte mit ihm an einem Tisch sitzen, das Bad mit ihm teilen und aus einem Kelch trinken. Er gestattete es mir, in denselben Gesellschaftshäusern geistige und sinnliche Freuden zu genießen, ich schlief unter seinem Dach. Sein Vertrauen in mich war so groß, dass er mich in alle seine persönlichen Geheimnisse einweihte.

Deshalb kann ich nicht glauben, dass er eine Verfehlung begangen haben soll, von der ich nichts weiß. Ich glaube auch nicht, dass es irgend etwas in seinem Leben gegeben hat, das er mir hätte verschweigen müssen. Yalo Patser war ein Ehrenmann, Ehrwürdiger. Fragt die Edlen, die bei ihm kauften – er hat sie nie betrogen. Geht in die Gesellschaftshäuser, in denen Yalo Patser verkehrte, und erkundigt euch bei den Lebensdienern – und den Lebensdienerinnen nach ihm sie werden euch nur das beste Zeugnis über meinen Herrn ausstellen. Fragt die Jäger, die ihn während der Spiele des dunklen Mondes jagten ... Aber ist das überhaupt nötig?

Die Leistungen meines Herrn sind überall bekannt, sie sprechen für sich. Man hat ihn mit Ehrungen überhäuft, weil er es immer verstand, auf ehrliche Weise als Sieger aus den Jagdspielen hervorzugehen. Er war ein gern gesehener Gast in den besten Häusern von Vertoro. Ehrwürdiger, erkundigt euch bei den Adligen, bei den Dichtern und Ästheten, bei den Philosophen und bei den Bürgern. Yalo war überall gleichermaßen beliebt. Jäger, die es verstanden, während der Spiele des dunklen Mondes bei ihm einen roten Punkt anzubringen, kamen in den Ruf, besonders geschickt und schlau zu sein.

Mein Herr hätte schon lange in die oberste Gesellschaft von Vertoro einziehen können. Doch blieb er trotz seiner Erfolge still und bescheiden und war es zufrieden, ein geachteter Händler zu sein. Er war ein freier Mann, mehr wollte er nicht. Er erschien mir als ehrlicher und charakterstarker Nighmane, wenn ihr das Urteil eines Sklaven hören wollt, Ehrwürdiger. Wie soll ich mir da vorstellen können, dass er ein zweites Ich besessen hat, dass er ein Doppelleben führte! Wenn ihr es sagt, Ehrwürdiger, dann muss es wohl stimmen, dass Yalo Patser nach außen hin ein Ehrenmann, in Wirklichkeit aber ein Schurke war. Ich selbst habe das nie erkannt. Ich bin nur ein Sklave, der eure Fragen nach bestem Wissen und Gewissen beantwortet. Und ich begreife immer noch nicht, wie mein Herr etwas Unmoralisches, Unsittliches oder Gesetzwidriges getan haben könnte. Ich begreife es einfach nicht, Ehrwürdiger!«

 

*

 

Die Sonne war eben aufgegangen und hüllte den terrassenförmig angeordneten Hügel mit dem Palast der weisen Hüter in ihre goldenen Strahlen. In der Luft lag ein schwermütiger Gesang, der sich mit dem Rauschen des Wassers aus den sieben Brunnen vermischte. Der verhaltene Gesang kam von den zwei Dutzend Sklaven, die den Platz der fallenden Wasser von den Überresten des Karnevals säuberten. Sie rissen die kunstvollen Dekorationen nieder, holten die Blumengirlanden herunter, demontierten die Aufbauten.

Die Spiele des dunklen Mondes waren beendet ...

Imiral blickte noch einmal zu dem Gebäude zurück, das er eben verlassen hatte. Als er sich davon überzeugte, dass ihm kein Kratamone folgte, überquerte er den Platz und bog in eine breite, stufenförmig abwärts führende Straße ein, die mit rotem Kirtz-Marmor gepflastert war.

Er konnte mit sich zufrieden sein, denn es war ihm gelungen, die Kratamonen zu täuschen. Sie hatten nicht gesagt, dass sie ihm glaubten, aber das war auch nicht nötig. Sie hatten ihn nicht getötet und ihn einfach gehen lassen, das war Beweis genug.

Aber wie weit würde er kommen? Er war ein herrenloser Sklave und konnte von jedem Nighmanen in Besitz genommen werden.

Er zuckte die breiten Schultern. Es war ihm eigentlich egal, welches Schicksal auf ihn wartete, jetzt, da er Yalo Patser nicht mehr dienen konnte.

Aber zumindest hatte er ihm noch einen letzten Dienst erweisen können, indem er die Kratamonen belog. Es stimmte wohl, dass Yalo Patser ein Ehrenmann gewesen war, o ja, einen gütigeren und gerechteren Herrn und Meister konnte sich Imiral nicht vorstellen. Aber darüber hinaus war Yalo auch ein Geheimnisträger.

In seinen beiden Schlupfwinkeln besaß er Maschinen und Geräte, die nicht von dieser Welt stammten, sondern Produkte eines technisierten Volkes von den Sternen waren. Da die Nighmanen keine nennenswerte Technik besaßen, würden sie nicht einmal erahnen können, wozu diese Geräte dienten. Er, Imiral, konnte mit ihnen umgehen. Yalo Patser hatte ihm ihre Bedienung gelehrt. Er hatte Imiral in alle seine Geheimnisse eingeweiht, hatte ihm von seiner Reise zu den Sternen und seiner geheimen Mission für die Sternenmenschen erzählt.

1.

 

»Brrr!«, machte der Alte und spannte die Zügel an. Der Gorscha warf den mächtigen Schädel mit den Hörnern schnaubend zurück, stemmte die Hufe in den Boden und rieb sein borstiges, rotes Fell an der Deichsel. Der zweirädrige Karren kam zum Stillstand.

Der Alte sprang wendig vom Kutschbock und ging hoch aufgerichtet einige Schritte die Straße entlang, bis er vor dem Zugtier stand.

Vor ihm lag ein großes Tal, durch das sich ein breiter Strom wälzte. An den Ufern des Stromes lag eine große Stadt. Sie war von einer hohen, breiten Mauer aus Sandstein umgeben. Dahinter waren die Terrassenbauten und Paläste zu sehen, die im Schein der blassgelben Sonne Ratos-Ebor rot, blau und golden leuchteten – rot und blau die Mauern aus Kirtz-Marmor, golden die Dächer. Und dazwischen waren große Flächen aus saftigem Grün: die Prachtgärten.

Der alte Mann mit der ledrigen Haut genoss sichtlich den Anblick dieser einmaligen Stadt, in der er vor über hundert Jahren geboren worden war. Seine Toga aus dem hellen, seidenartigen Gewebe flatterte sanft im Wind, er selbst bewegte sich nicht.

Neben ihm erschien sein schwarzhäutiger Begleiter mit einer prall gefüllten Fischblase.

»Vertoro, das Juwel von Nighman, die Königin aller Städte«, sagte der schwarzhäutige Hüne und blickte den Alten dabei von der Seite her an. Dieser hob wortlos beide Hände und formte sie in Brusthöhe zu einer Schale.

Der Schwarzhäutige zog den Stöpsel aus der Öffnung der Fischblase und schüttete aus ihr eine grünliche, stark duftende Flüssigkeit in die Hände des Alten. Dabei sagte er:

»Ihr seid in den letzten Tagen so wortkarg, Yalo. Darf ich fragen, ob eure Schweigsamkeit mit der Landung des Raumschiffes zusammenhängt, deren Zeuge ihr wurdet?«

Der Alte wusch sich mit der grünlichen Flüssigkeit das Gesicht und die Hände und massierte sie anschließend in die Haut ein.

Endlich hatte er die Waschung beendet und sah zu dem Hünen auf, dessen Blick immer noch unverwandt auf ihn gerichtet war.

»Du darfst nicht fragen, Imiral«, sagte Yalo Patser. »Es ist besser, du vergisst das Raumschiff und alle anderen Dinge, die damit zusammenhängen. Vergiss auch alles, was ich dich gelehrt habe – die Bedienung der Geräte in meinen Verstecken, die Handhabung der feuerspeienden Waffen. Vergiss die Weltraumfahrt und vergiss, dass es bei den Sternen viele von den Menschen bewohnte Welten gibt. Es genügt, dass ich aus meinem langen Schlaf wachgerüttelt wurde und mich mit diesen Dingen auseinandersetzen muss. Ich möchte nicht, dass du davon betroffen wirst. Denke bei allen deinen Handlungen stets daran, dass alle Welt denken soll, dass du nichts als mein Diener bist. Nur eines versprich mir noch, Imiral. Wenn mir etwas zustößt, dann vernichte alle Geräte und Maschinen in meinen Verstecken, bevor sie jemand findet.«

»Das verspreche ich«, sagte Imiral feierlich. Es schmerzte ihn, mit ansehen zu müssen, wie sich sein Herr mit Problemen abquälte und offensichtlich das Bedürfnis unterdrückte, sich ihm mitzuteilen. Imiral lagen noch eine Menge Fragen auf der Zunge, doch hütete er sich, sie zu stellen. Er wusste aus Erfahrung, dass Yalo von sich aus zu ihm sprechen würde – oder überhaupt nicht.

»Jetzt brauche ich ein Bad«, sagte Yalo Patser sehnsüchtig, kletterte auf den Kutschbock des zweirädrigen Karrens und ergriff die Zügel. Der Gorscha setzte sich behäbig in Bewegung.

Imiral wartete, bis der Karren an ihm vorbei war, dann schwang er sich auf die Ladefläche, die nur halb beladen war. Er ließ die Beine vom Rand baumeln. Als er unwillkürlich zum tiefblauen Himmel hinaufsah, erblickte er einen Zoon, der hoch über ihnen kreiste. Selbst aus dieser Entfernung konnte er erkennen, dass es sich um ein schlankes, hochgezüchtetes Tier handelte, das eine Flügelspannweite von gut zwölf Metern haben musste. Sein scharfes Auge erkannte auch, dass der majestätische Riesenvogel gesattelt war, doch erblickte er den Reiter selbst nicht.

Für einen Augenblick war ihm, als sähe er den Zipfel eines schwarzen Umhangs, doch konnte er nicht beschwören, dass es sich dabei um das Gewand eines Kratamonen handelte.

 

*

 

An jedem der zwölf Stadttore gab es Bäder, in denen sich die Reisenden laben und reinigen konnten, bevor sie nach Vertoro einzogen.

»Bad Ghwana« war das größte von ihnen und das am besten geführte. Es gab eigene Abteilungen für Sklaven und die Angehörigen der bürgerlichen Kasten, aber auch für die Bedürfnisse der Edelleute war gesorgt. Bad Ghwana wurde selbst höchsten Ansprüchen gerecht; es kam nicht von ungefähr, dass die Mitglieder des regierenden Adelsklans hier abstiegen, wenn sie von ihren Reisen zurückkamen.

Das Haus wurde von Beba Ghwana geleitet, die trotz ihrer Jugend weit über die Stadtmauern von Vertoro als Baodora, wie die Hüterinnen von Gesellschaftshäusern genannt wurden, berühmt war. Yalo Patser kannte sie schon, als das Bad noch einen anderen Namen gehabt hatte und Ghwana noch eine einfache Lebensdienerin gewesen war. Seit damals kehrte er nach jeder Geschäftsreise bei ihr ein und besaß, als einer von wenigen, das Privileg, ihre persönliche Gesellschaft genießen zu dürfen.

Sie hatte helles, rotes Haar, das sie kurz geschnitten trug und rund um das Gesicht zu kunstvollen Ornamenten gelegt hatte. Sie entsprach in keiner Weise dem Idealbild der nighmanischen Frau, sondern war mit ihren üppigen Körperformen, den starken Beinen und den fleischigen Armen gerade das Gegenteil. Doch eben das machte ihren Reiz aus.

Sie empfing Yalo Patser mit den Worten: »Ihr seid spät dran, Yalo. Sonst pflegtet ihr schon einige Tage vor den Spielen nach Vertoro zu kommen. Und ich sehe, dass euer Karren kaum beladen ist.«

Er wurde misstrauisch, obwohl in ihrer Stimme nichts anderes als echte Besorgnis lag. Er antwortete nicht.

Der Umkleideraum war angefüllt mit Wohlgerüchen. Beba Ghwana öffnete mit geschickten Händen seine Kleider und half ihm heraus. Auf ihren vollen Lippen lag ein Lächeln, als sie zusah, wie er in das laue Wasser des Zulaufkanals glitt. Er schloss behaglich die Augen und genoss das wohlige Kribbeln, das ihm die sanfte Strömung auf der Haut verursachte. Er spürte förmlich, wie die desinfizierenden Zusätze des Wassers den Schmutz von seinem Körper wuschen.

Bis zum Kinn im Wasser schritt er den Kanal hinunter, wandte sich an der Gabelung nach links. Hier mündeten auf beiden Seiten des Kanals schmale Nebenarme zu den Kabinen. Bei einer von ihnen wartete bereits Beba auf ihn. Sie hatte zwei Baodorinnen bei sich, die Yalo vorher noch nie gesehen hatte. Er machte sich weiter keine Gedanken darüber, denn er konnte sicher sein, dass Beba ihn nur den besten Lebensdienerinnen anvertrauen würde. Außerdem betreute sie ihn persönlich.

Als er eine Stunde später aus der dampfenden Wanne stieg und sich auf den Massagetisch legte, fühlte er eine wohlige Müdigkeit in seinen Gliedern. Das Wasser hatte den Schmutz von Wochen aus allen seinen Poren gelaugt. Jetzt war er gereinigt und konnte seine Haut einer ausgiebigen Pflege unterziehen lassen.

Die beiden Baodorinnen trugen die Fettcremes auf, betupften ihn mit Duftwässerchen, während Beba Ghwana ihn massierte. Dabei plauderten sie miteinander, scherzten, philosophierten, politisierten, und die Baodorinnen zeigten sich sehr gescheit und charmant. Yalo stellte bald fest, dass sie alle Eigenschaften besaßen, die man von einer guten Lebensdienerin verlangte. Nur als er dann müder wurde und sie zu singen begannen, bat er Beba, sie wegzuschicken. Die Baodorinnen waren ihm nicht böse deswegen; sie küssten ihn liebevoll auf die Wange und verschwanden kichernd.

»Ich danke dir, Yalo, dass du mit mir allein sein möchtest«, sagte Beba.

Er schüttelte schwach den Kopf. »Nicht böse sein, Beba, aber ich habe die beiden Mädchen nur weggeschickt, weil mich ihr Gesang schwermütig machte. Ich bin nicht mehr der Yalo, der in deiner Erinnerung lebt. Hier liegt ein alter Mann, mit gesundem Geist und klarem Verstand wohl, aber aus dessen Körper die Kraft der Jugend für immer entschwunden ist. Früher dachte ich, dass ich dieser Jugend einmal nachtrauern würde. Doch jetzt, da es soweit ist, finde ich mich damit ab. Ich komme recht gut mit der neuen Form meines Daseins zurecht.«

Sie unterhielten sich noch eine Weile über dieses Thema, dann brachte er die Sprache auf Imiral. »Ich möchte, dass er eine gesicherte Zukunft hat, Beba«, sagte er. »Imiral ist intelligent und geschickt, er kann sich überall behaupten. Aber es würde mich beruhigen, wenn ich sein Schicksal in die Hände eines Menschen legen könnte, dem ich grenzenlos vertraue. Würdest du dich seiner annehmen, wenn mir eines Tages etwas zustößt? Imiral könnte dir sehr nützlich sein, er gäbe einen wunderbaren Baodoren ab.«

Sie lachte. »So alt fühlst du dich, dass du an einen baldigen Tod denkst?«

Er lag bäuchlings auf dem Massagetisch und blickte auf das Wasser des Kanals, in dessen Oberfläche sich das Licht der Öllampen spiegelte. Plötzlich glaubte er, durch den Vorhang, der seine Kabine vom Hauptkanal trennte, einen Schatten zu sehen. Er sprang auf und stürzte sich kopfüber ins Wasser. Mit einigen kräftigen Schwimmbewegungen tauchte er unter dem Vorhang hinweg. Da erblickte er wieder einen Schatten vor sich, diesmal unter Wasser – ein Bein, das sich abwinkelte und nach oben verschwand.

Yalo fasste danach und tauchte auf. Noch bevor er etwas durch den Wasserschleier erkennen könnte, erhielt er einen kräftigen Schlag auf den Kopf und fiel kraftlos nach hinten.

Beba Ghwana war ihm auf dem Laufsteg neben dem Kanal gefolgt.

»Bei Krata!«, rief sie erschrocken aus, als sie sah, dass sich das Wasser rund um Yalo Patser blutrot färbte. Sie war schnell bei ihm und zog ihn mühelos auf den Steg hinaus.

»Beinahe möchte ich wirklich glauben, dass du alt geworden bist, Yalo«, sagte sie in scherzhaftem Spott. »Springst einfach ins Wasser, ohne jeden Grund, und tust es so ungeschickt, dass du dir dabei den Kopf anschlägst.«

»Jemand hat mir einen Schlag versetzt«, behauptete er.

Beba Ghwana blickte sich um. »Du musst dich geirrt haben, Yalo. Denn außer einem Kratamonen war niemand in der Nähe.«

Ihre Blicke kreuzten sich.

»Nein«, sagte sie mit zitternder Stimme und schüttelte nachdrücklich den Kopf. »Das kann ich einfach nicht glauben.«

2.

 

Imiral erfuhr die schreckliche Wahrheit beim Betreten des Sklavenbades; sie traf ihn wie ein Schlag.

Eine Baodorin zog ihn beiseite und erzählte ihm:

»Vislara ist nicht mehr bei uns. Ein Edelmann, man sagt, er sei der Sohn eines der Weisen Hüter, kam zu uns, erblickte Vislara und nahm sie sofort mit sich. Tut mir leid für dich, Imiral, aber betrachte es einmal anders. Du hast Vislara geliebt, aber hättest du ihr Leben für immer ausfüllen können? Bei einem Edelmann wird sie ihr Glück machen. Du solltest es ihr gönnen.«

Imiral hatte Vislara im Bad Ghwana kennen gelernt, als ihm die Baodora einmal gestattete, zusammen mit seinem Herrn Yalo Patser ein Bad zu nehmen. Seit damals trafen sie sich heimlich. Vislara wollte noch einige Zeit als Baodorin dienen, um ein kleines Vermögen zusammenzusparen und unabhängig zu sein. Imiral war überzeugt, dass er, wenn es erst soweit war, von seinem Herrn die Freiheit bekommen hätte. Einem Leben an der Seite der Geliebten wäre nichts im Wege gestanden ...

Als Yalo Patser das Bad durch jenen Ausgang verließ, der durch die Stadtmauer nach Vertoro hineinmündete, wurde er von Imiral bereits erwartet.

Der schwarzhäutige Gazuuner zeigte Bestürzung beim Anblick der Beule auf Yalos Stirn.

»Ihr seid verwundet!«

»Ich bin nur gestürzt«, sagte Yalo. Er lenkte schnell ab: »Hast du die Waren verladen und den Gorscha versorgt? Ja? Gut. Dann werde ich beim heutigen Eröffnungszeremoniell der Spiele Verbindung mit den Bestellern aufnehmen, und du kannst dann die Auslieferung morgen durchführen.« Er maß Imiral mit einem Blick ab und meinte missbilligend: »Ich sehe, du hast dich nicht gereinigt. Das befremdet mich.«

Imiral berichtete Yalo Patser, was ihm widerfahren war und schloss: »Ich werde nie wieder Gast in diesem Hause sein!«

»Vislara wäre dir eine gute Lebensgefährtin geworden«, sagte Yalo Patser dazu. »Eine Bessere wirst du nicht finden. Vielleicht kann ich eine Vereinbarung treffen, wenn ich in Erfahrung gebracht habe, wie der Edelmann heißt, der sie abwarb.«