Cover

Joachim Faulstich

Das Innere Land

Bewusstseinsreisen zwischen Leben und Tod

Knaur e-books

Inhaltsübersicht

Über Joachim Faulstich

Joachim Faulstich ist Autor und Regisseur wissenschaftlicher Fernsehdokumentationen und hat für seine Arbeit zahlreiche Preise erhalten. Seit 20 Jahren beschäftigt er sich mit alternativen Heilverfahren und aktueller Bewusstseinsforschung. Mit seinen Filmen Jenseitsreisen, Reätselhafte Heilung und Das Geheimnis der Heilung hat er die neuen Erkenntnisse der Wissenschaft einem Millionenpublikum bekannt gemacht. Er lebt in der Nähe von Frankfurt am Main.

Über dieses Buch

In der Nähe des Todes haben viele Menschen das Gefühl, ihren Körper zu verlassen und jenseitige Landschaften wahrzunehmen. Sind diese Visionen besondere Träume, oder weisen sie auf eine »andere Wirklichkeit« hin?

Dieses Buch nimmt mit auf eine spannende Reise in die verzweigten Regionen des Bewusstseins, in das Innere Land. Die Weisen des Ostens, die christlichen Mönche des Mittelalters und die Schamanen der Naturvölker haben es seit Jahrhunderten erkundet.

Was können wir heute von ihren Erfahrungen lernen? Welche Bedeutung haben diese uralten Erkenntnisse für unser modernes Verständnis der Wirklichkeit, was sagt die Wissenschaft dazu? Und: Gibt es tatsächlich Wege, schon zu Lebzeiten eine Ahnung von dem zu gewinnen, was Sterbende sehen?

Ein Grundlagenwerk über Nahtoderfahrungen und die Reise des Bewusstseins.

Impressum

eBook-Ausgabe 2012

Knaur eBook

© 2003 Knaur Verlag

Ein Unternehmen der Droemerschen Verlagsanstalt

Th. Knaur Nachf. GmbH & Co. KG, München

Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlags wiedergegeben werden.

Redaktion: Diane Zilliges

Covergestaltung: ZERO Werbeagentur, München

Coverabbildung: Getty Images, München

ISBN 978-3-426-41471-2

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Endnoten

1

C. G. Jung, Über die Archetypen des kollektiven Unbewussten, in: Von den Wurzeln des Bewusstseins, Zürich 1954, S. 16f.

2

Nach Mircea Eliade legte Holger Kalweit die umfassendste Sammlung schamanischer Erfahrungen vor, zusammengestellt aus ethnologischen Dokumenten über zahlreiche indigene Völker der Welt. Kalweit war auch der Erste, der einen Zusammenhang zwischen den Erfahrungen im Schamanismus und in der Nähe des Todes erkannte (siehe Literatur und Quellen).

3

Michael Harner, The way of the Shaman, New York 1980/1990 (Harper), S. 2ff., Übers. d.d.A (gekürzt)

4

Harner, a.a.O., S. 7

5

Rasmussen, zitiert nach Halifax, Shamanic Voices, New York/London 1991, S. 114 (Penguin/Arcana) Übers. d.d.A (gekürzt).

6

Carlos Castaneda, Reise nach Ixtlan, Frankfurt/M. 1981, S. 46

7

Persönliche Mitteilung, 2001

8

Persönliche Mitteilung, 2003, Zusammenfassung d.d.A

9

Als »Synchronizität« wird die sinnvolle Entsprechung eines psychischen und eines physischen Ereignisses bezeichnet, die nicht kausal miteinander verbunden sind. Siehe zu diesem von C. G. Jung eingeführten Begriff die Erläuterungen im Abschnitt »Seelengeleiter«.

10

Vgl. Carlo Zumstein, Reise hinter die Finsternis, Kreuzlingen/München 1999 (Ariston)

11

Vgl. Tor Noerretranders, Spüre die Welt. Die Wissenschaft des Bewusstseins, Reinbek bei Hamburg (Rowohlt), 1994, S. 382ff.

12

Vgl. den Begriff »Weltseele« bei Platon und »Große Seele« bei Bert Hellinger. »Große Seele« bedeutet in der Theorie Hellingers eine Erweiterung der individuellen Seele vor allem in den Bereich der eigenen Familie. Die transzendenten Bereiche liegen jenseits der »Großen Seele«.

13

Die moderne Psychologie diagnostiziert im Zusammenhang mit schweren seelischen Verletzungen »Dissoziationsphänomene« – ein moderner Begriff für einen dem »Seelenverlust« vergleichbaren psychischen Zustand. Im Extremfall kann sich die Persönlichkeit in mehrere Einzelwesen aufteilen, die nacheinander in den Vordergrund des Bewusstseins treten. Dieses Krankheitsbild wird »multiple Persönlichkeit« genannt.

14

Die unterschiedlichen Kulturen sehen auch die »gesunde« Seele oft nicht als Einheit; sie nehmen unterschiedliche »Geistkörper« an, meist vier, bisweilen auch fünf.

15

Vgl. Sandra Ingerman, Auf der Suche nach der verlorenen Seele und Welcome Home – Die Heimkehr der Seele, beide Ariston Verlag

16

Zitiert nach: Uno Harva, Die religiösen Vorstellungen der altaischen Völker, in: FF Communication, Nr. 125, Helsinki 1938 (gekürzt)

17

Zitiert nach: Friedrich/Buddruss, Schamanengeschichten aus Sibirien, München 1955 (gekürzt)

18

Nach Halifax, a.a.O., S. 74

19

Zitiert nach: Rasmussen, The people of the Polar North, Philadelphia 1908, S. 305ff., Übers. d.d.A

20

Black Elk Speaks, University of Nebraska Press 2000, S. 17ff.

21

Black Elk Speaks, a.a.O., S. 186f., Übers. d.d.A

22

Rasmussen, Grönlandsagen, Berlin 1922

23

Black Elk Speaks, a.a.O., S. 174, Übers. d.d.A

24

Halifax, a.a.O., S. 84f., Übers. d.d.A

25

Halifax, a.a.O., S. 118

26

Halifax, a.a.O., S. 119

27

Zitiert nach: Rasmussen, in: Halifax, a.a.O., S. 67, Übers. d.d.A

28

Zitiert nach: Gustav Holm, Ethnological Sketch of the Angmagsalik Eskimo, in: The Angmagsalik Eskimo, Kopenhagen 1914 (gekürzt)

29

Zitiert nach Gustav Holm, a.a.O.

30

Zitiert nach Rasmussen, The People of the Polar North, a.a.O.

31

Zitiert nach Rasmussen: Thulefahrt, Frankfurt/M. 1934 (gekürzt)

32

Black Elk Speaks, a.a.O., S. 188, Übers. d.d.A

33

Zitiert nach Halifax, a.a.O., S. 130, Übers. d.d.A

34

Siehe Literaturhinweise

35

Interview für den Film: Jenseitsreisen – Erfahrungen an der Grenze des Todes, von Joachim Faulstich, arte/ARD 2000

36

Interview für den Film: Jenseitsreisen, a.a.O., und persönliche Mitteilung

37

Jahrbuch Schweizer Alpenclub, 27. Jahrgang, Bern 1892, S. 335 (in diesem Zitat leicht gekürzt)

38

Persönliche Mitteilung 1999 und Interview für den Film: Jenseitsreisen, a.a.O.

39

Un homme raconte sa mort, aus: L’inconnu, Oktober 1976, Übers. d.d.A (gekürzt)

40

Interview für den Film: Jenseitsreisen, a.a.O.

41

Persönliche Mitteilung, 1999, und Interview für den Film: Jenseitsreisen, a.a.O.

42

Persönliche Mitteilung und Interview für den Film: Jenseitsreisen, a.a.O.

43

Persönliche Mitteilung 1999 und Interview für den Film: Jenseitsreisen, a.a.O.

44

Persönliche Mitteilung, 2003

45

Interview für den Film: Jenseitsreisen, mit Ergänzungen aus: Michael Sabom, Light and Death, Grand Rapids, Michigan 1998, Übers. d.d.A

46

Interview für den Film: Jenseitsreisen, a.a.O.

47

Interview für den Film: Jenseitsreisen, a.a.O.

48

Erstveröffentlichung I. J. M. Elfferich, W. van Lommel, V. F. G. Meijers und B. R. M. van Wees, Ervaringen van patienten na reanimatie, Stichting Merkawah, IANDS Nederlande, Roosendaal 1999
Englischsprachiger Abdruck in: The Lancet, Vol. 358, Number 9298, 15.12.2001: Near-Death-Experiences in survivors of cardiac arrest, a prospective study in the Netherlands

49

Linke, Detlef B. An der Schwelle zum Tod, in: Zeitschrift Gehirn und Geist 3/2003, S. 48

50

Michael Schröter-Kunhardt ist Leiter der deutschen Sektion der Internationalen Assoziation für Nahtodes-Forschung. In seinen zahlreichen grundlegenden Publikationen fasst er die wichtigsten wissenschaftlichen Argumente zusammen und zeigt, dass es keine einfachen biologischen Erklärungen für das Phänomen gibt. (siehe Literaturhinweise)

51

Ungesendetes Interview für den Film: Jenseitsreisen, a.a.O., ergänzt durch Passagen aus einem Interview der IANDS Niederlande

52

Ungesendetes Interview für den Film: Jenseitsreisen, a.a.O., ergänzt durch Passagen aus einem Interview der IANDS Niederlande

53

Greyson and Bush, Distressing Near-Death-Experiences, Psychiatry, Vol. 55, February 1992, S. 100, Übers. d.d.A

54

Greyson and Bush, a.a.O., S. 99

55

In den Schriften der großen monotheistischen Weltreligionen gibt es die Figur des Todesengels, der an die geheimnisvolle Frau im Erlebnis des Mädchens erinnert. Hinweise auf den Todesengel finden sich im Alten Testament, Buch Hiob 33, 22-23 und in den Schriften des Islam, Ghazzali IV, 253 »Abraham übergibt seine Seele freudig dem Todesengel«, zitiert nach Schimmel, Mystik des Islam, München 1992, S. 198

56

Greyson and Bush, a.a.O., S. 101

57

Greyson and Bush, a.a.O., S. 104

58

Greyson and Bush, a.a.O., S. 104

59

Vgl. Knoblauch, Hubert und Soeffner, Hans-Georg (Hrsg.), Todesnähe. Wissenschaftliche Zugänge zu einem außergewöhnlichen Phänomen, Konstanz 1999 (UVK)

60

Karlis Osis/Erlendur Haraldsson, Der Tod – ein neuer Anfang, Visionen und Erfahrungen an der Schwelle des Seins, Freiburg im Breisgau (Bauer), 8. Auflage 2001

61

Alle Beispiele zitiert nach Osis/Haraldsson, a.a.O.

62

Zitiert nach: Peter Dinzelbacher, An der Schwelle zum Jenseits, Freiburg im Breisgau 1989, S. 36f.

63

Zitiert nach: Peter Dinzelbacher, a.a.O., S. 41f.

64

Zitiert nach: Peter Dinzelbacher, a.a.O., S. 42

65

Zitiert nach: Peter Dinzelbacher, a.a.O., S. 43

66

Vgl. dazu Stanislav Grof, Totenbücher, München 1994 (Kösel)

67

Zitiert nach: Peter Dinzelbacher, a.a.O., S. 39

68

Zitiert nach: Peter Dinzelbacher, a.a.O., S. 46

69

Zitiert nach: Peter Dinzelbacher, a.a.O., S. 45f.

70

Lucanus, Pharsalia, zitiert nach Jean Marcale, Die Druiden, München, o.J.

71

In der Feier des Allerheiligen- und des Allerseelenfestes der Christen und in der Tradition des angloamerikanischen Halloween hat sich dieses keltische Fest bis heute erhalten.

72

Jean Marcale, a.a.O., S. 244

73

Zitiert nach: Jean Marcale, a.a.O., S. 243

74

Zitiert nach: Jean Marcale, a.a.O., S. 243

75

Felicitas D. Goodman, Trance – der uralte Weg zum religiösen Erleben, Gütersloh 2000 (Gütersloher Verlagshaus)

76

Vgl. Hofmann, Albert Wasson, Gordon und Ruck, Carl A. P., Der Weg nach Eleusis. Das Geheimnis der Mysterien, Frankfurt/M. 1990 (Suhrkamp) und: Bröckers, Mathias, Das sogenannte Übernatürliche, Frankfurt/M. 1998 (Eichborn), S. 191ff.

77

Carlo Zumstein, Der schamanische Weg des Träumens, Kreuzlingen/München 2003 (Hugendubel/Ariston)

78

Vgl. Tart, Charles T., A psychophysiological study of Out-of-the-Body Experiences in a selected subject, in: Journal of the American Society for Psychical Research, 1968, vol. 62, no. 1, pp. 3-27

79

Michael Harner, The sound of rushing water, in: Michael Harner (Hrsg.), Hallucinogens and Shamanism, Oxford University Press 1973, S. 15f.

80

Der Begriff ist von dem lateinischen Wort »numen« abgeleitet und könnte sinngemäß mit »göttliches Geheimnis« übersetzt werden.

81

Vgl. Dittrich, Adolf, Ätiologie-unabhängige Strukturen veränderter Wachbewusstseinszustände, Berlin 1996 (VWB)

82

Hanscarl Leuner, Religiöses Erleben durch Halluzinogene bei modernen Menschen, in: Liggenstorfer, Roger und Rätsch, Christian (Hrsg.): Maria Sabina, Botin der heiligen Pilze. Vom traditionellen Schamanentum zur weltweiten Pilzkultur, Solothurn 1996 (Nachtschatten), S. 232ff.

83

PET bedeutet Positronen-Elektronen-Tomograph, ein modernes bildgebendes Verfahren der Medizin, das Einblicke in die Hirnaktivität erlaubt, während der Patient unter dem Einfluss eines Halluzinogens steht. So können die Wissenschaftler in »Echtzeit« sehen, welche Bereiche des Gehirns bei visionären Wahrnehmungen beteiligt sind.

84

Der folgende Text greift auf mehrere Publikationen zurück: Stanislav Grof, Geburt, Tod und Transzendenz, Reinbek bei Hamburg, 1991 (Rowohlt), Grof und Bennett, Die Welt der Psyche, München 1993 (Kösel), Grof, LSD-Psychotherapie, Stuttgart 1983 (Klett-Cotta), und Grof und Halifax, Die Begegnung mit dem Tod, Stuttgart 1980 (Klett-Cotta)

85

Zitiert nach: Grof/Halifax, a.a.O., S. 104

86

Rasmussen, Intellectual Culture of the Iglulik Eskimos, Copenhagen 1930 (Gyldendal), S. 56

87

Michael Harner, Der Weg des Schamanen, Kreuzlingen/München 1994 (Ariston); Paul Uccusic, Der Schamane in uns, Kreuzlingen/München 1991 (Ariston); Carlo Zumstein, Schamanismus, Kreuzlingen/München 2001 (Diederichs); Felix R. Paturi, Heilbuch der Schamanen, München 1999 (Ludwig) u.a.

88

Renaud van Quekelberghe und Peter Göbel, Simulation von Nah-Todes-Erfahrungen und Out-of-body-Erlebnissen unter Hypnose, in: Welten des Bewusstseins, Band 2, Hrsg.: Adolf Dittrich, Berlin 1993 (VWB-Verlag)

89

Persönliche Mitteilung, 2003

90

Persönliche Mitteilung, 2003

91

Persönliche Mitteilung, 2003

92

Persönliche Mitteilung, 2003

93

Persönliche Mitteilung, 2003

94

Persönliche Mitteilung, 2003

95

Vgl. Kapitel »Die Wächter der anderen Wirklichkeit«

96

Persönliche Mitteilung, 2003

97

Persönliche Mitteilung, 2003

98

Persönliche Mitteilung, 2003

99

Persönliche Mitteilung, 2003

100

Persönliche Mitteilung, 2003

101

Persönliche Mitteilung, 2003

102

Persönliche Mitteilung, 2003

103

Dieses und die folgenden Beispiele entstammen einer persönlichen Mitteilung, 2003

104

Nach: Myron Eshowsky, Practicing Shamanism in a Community Health Center, in: shamanism, FSS journal, Vol. 6, No. 1, 1993

105

Synchronizität als ein Prinzip akausaler Zusammenhänge, in: Jung- Pauli, Naturerklärung und Psyche, Ges. Werke VIII, Zürich 1967 (Rascher)

106

Vgl. Amit Goswami, Das bewusste Universum, Wie Bewusstsein die materielle Welt erschafft, Freiburg 2002, S. 89f.

107

Dürr, Hans-Peter und Oesterreicher, Marianne: Wir erleben mehr als wir begreifen. Quantenphysik und Lebensfragen, Freiburg im Breisgau 2001 (Herder), S. 129

108

Amit Goswami, a.a.O.

109

Die Forschungsgruppe um den österreichischen Physiker Anton Zeilinger hat im Experiment nachgewiesen, dass ein aus 60 Kohlenstoff-Atomen zusammengesetzer »Ball« noch Welleneigenschaften zeigt. Der Welle-Teilchen-Dualismus gilt also nicht nur für subatomare »Partikel«. Wo aber liegt die Grenze? Denn unsere sichtbare Welt ist ja aus diesen winzigen »Bausteinen« zusammengesetzt, die gleichzeitig materiell und immateriell sind.

110

John C. Eccles, Wie das Selbst sein Gehirn steuert, Berlin und Heidelberg 2000

111

John C. Eccles, a.a.O., S. 250ff. und S. 255

112

Herms Romijn, About the origin of consciousness – a new, multidisciplinary perspective of the relationship between brain and mind, Netherlands Institute for brain research, June 23, 1997

113

C. G. Jung, Über die Archetypen des kollektiven Unbewussten, in: Von den Wurzeln des Bewusstseins, Zürich 1954 (Rascher), S. 28f.

Vor der Reise

Solange wir leben, erscheint uns die Wirklichkeit des Alltags unantastbar, und die Zeit, auch wenn sie sich oft mit unerklärlicher Schnelligkeit bewegt, erleben wir als eine Quelle, die niemals versiegt. Wir wissen, dass es den Tod gibt, aber wir sehen ihn als fernes Bild einer Realität, die wir anerkennen und gleichzeitig leugnen. Fast immer fühlen wir uns so, als ob das Unausweichliche uns nicht berühren könnte. Nur wenn der Tod die Räume betritt, in denen unsere Familie oder unsere Freunde leben, spüren wir für einen Moment seine Macht, und in der Trauer beweinen wir auch uns selbst.

 

Nur selten schicken wir unser Bewusstsein auf eine Reise und träumen uns für einige Zeit in die Welt der Phantasie, in der Tod und Leben eins sind und das Ende die Quelle eines neuen Anfangs, so wie wir es früher taten, als wir noch nichts von dem Glauben der Erwachsenen ahnten. Dieser Glaube nämlich, dem wir nun schon so viele Jahre anhängen, ist ein Ausdruck der Vernunft, also des Wachbewusstseins. Er ist ein Kind der einfachen Logik, die sich seit Jahrhunderten zum Herrn unseres Denkens erhoben hat. Die changierenden Bewegungen der Seele erscheinen ihm wie ein unruhiges Meer des Irrationalen, dem er die festen Deiche des ordnenden Verstandes entgegensetzt und dem er Jahr für Jahr neue Gebiete abringt. Weil wir mit unserem Ich diesseits des Deiches leben, verhalten wir uns seltsam gespalten: Auf dem festen Boden der Vernunft stehend, die nur die materielle Seite des Seins wirklich anerkennt, blicken wir hinaus ins Meer und fühlen eine andere Wahrheit, die wir gleichzeitig glauben und leugnen.

Dieses Buch will dazu ermutigen, den Blick auf die fernen Landschaften zu richten, die sich am Horizont abzeichnen. Dort, jenseits einer Kette von Inseln, liegt ein festes Land, das wir auf den Flügeln unseres Bewusstseins erreichen können. Ich nenne es das Innere Land, weil wir dorthin reisen können, wenn wir uns von den Sinneseindrücken der äußeren Wirklichkeit für eine gewisse Zeit lösen. Es mag uns zunächst als eine Welt der Phantasie erscheinen, weil seine Formen so leicht veränderbar sind, aber wenn wir es häufiger betreten, werden wir sehen, dass sich seine Strukturen immer klarer abzeichnen.

Auf Reisen durch die Zeit und rund um die Erde werden wir in diesem Buch Menschen begegnen, die das Innere Land erforschen. Weil es das Geheimnis des Todes und des Lebens berührt, mag auf den ersten Blick vielleicht der Gedanke entstehen, es ginge um Fragen des Glaubens. Aber dieser Eindruck wäre nicht richtig, denn die Forschungsreisen ins Innere Land sind eine Sache der Erfahrung. Vielleicht wird es gelingen zu zeigen, dass jenseits der kindlichen Hoffnung auf einen Vater oder eine Mutter, die aus der unsichtbaren Welt unsere Geschicke leiten, aber auch jenseits des trotzigen Glaubens an die Sinnlosigkeit der Welt Möglichkeiten existieren, die Bedeutung des Seins zu fühlen.

Die Mystiker aller Religionen haben dies seit Jahrhunderten, vielleicht seit Jahrtausenden getan und sind von den Führern ihrer Konfessionen dafür nicht selten verfolgt und von den Menschen ihrer Umgebung verlacht worden. Aber in der Erfahrung liegt ein Weg der Stärke, der von den modischen Strömungen der Zeit ein wenig unabhängiger macht. Auch manche Wissenschaftler, die auf dem Weg zu den äußeren Grenzen der Erkenntnis dem Charakter der Wirklichkeit nachspüren, haben es nicht leicht, sich unter den strengen oder spöttischen Blicken der Mehrheit zu behaupten. Und doch rütteln sie unübersehbar an den Grundpfeilern, auf denen unser alltägliches Weltbild ruht. Auch von ihren Gedanken wird die Rede sein.

 

Weil dieses Buch von den Landschaften der Seele spricht, ist es in einer Sprache gehalten, die sich in Bildern bewegt. Denn farbige Zeichnungen sind die Ausdrucksformen der Seele, und es entspricht den Regeln der Höflichkeit, sich der Sprache des Gastgebers zu bedienen, wenn wir seiner Einladung folgen.

Die Leserinnen bitte ich um Nachsicht, wenn ich im Text bisweilen nur die männliche Form verwende und nicht stets darauf hinweise, dass es Träumerinnen und Träumer, Schamaninnen und Schamanen, Mystikerinnen und Mystiker gibt. Wenn der Zusammenhang allgemein ist, sind immer beide Seiten gemeint, Frauen ebenso wie Männer.

 

Vielleicht kann dieses Buch Menschen helfen, die über das Mysterium des Todes nachdenken und dabei ihrer Angst begegnen, aber auch der Hoffnung. Deshalb habe ich versucht, das Geheimnis aus der Erfahrung meiner eigenen, seit mehr als zwei Jahrzehnten andauernden Reise zu betrachten. Viele Menschen haben mir dabei geholfen, tiefer in die Welt jenseits des Wachbewusstseins vorzudringen, ohne den Kontakt zu unserer Wirklichkeit zu verlieren.

Wer die Reisewege der Seele erkunden will, braucht einen klaren Verstand, rationale Schärfe und gleichzeitig völlige Offenheit für die wechselnden Bilder anderer Dimensionen des Bewusstseins. Wer nur dem klaren Verstand folgt und keine Offenheit zulässt, ist wie ein Wanderer, der die Grenzen seines Landes befestigt und gleichzeitig bestreitet, dass jenseits der Grenze ein anderes Land existiert. Wer die Offenheit pflegt, aber den kritischen Geist ablehnt, ist wie ein Tagträumer, der sich den inneren Bildern überlässt und bestreitet, dass die äußere Realität Bedeutung hat.

Aber die Vernunft, wie wir sie im Alltag nutzen, um unserem Weg Sicherheit zu geben, ist ein trügerisches Mittel in den Räumen der Seele. C. G. Jung hat diesen Gedanken so ausgedrückt:

Von Zeit zu Zeit (sterben) die Götter, weil man plötzlich entdeckt, dass sie nichts bedeuten, dass sie von Menschenhand gemachte, aus Holz und Stein geformte Nichtsnutzigkeiten sind. In Wirklichkeit hat der Mensch dabei nur entdeckt, dass er bis dahin über seine Bilder überhaupt nichts gedacht hat. Und wenn er anfängt, darüber zu denken, so tut er es unter Beihilfe dessen, das er »Vernunft« nennt; was aber in Wirklichkeit nichts anderes ist als die Summe seiner Voreingenommenheiten und Kurzsichtigkeiten.[1]

Der Weg, den dieses Buch beschreibt, ist nur einer von vielen. Das Land allerdings, in das er führt, existiert in jedem von uns.

Aufbruch

Im Irrgarten der Wirklichkeit

Vielleicht sollten wir dieses Buch als einen Reiseführer betrachten, einen Begleiter in das Land der Seele, in ein fernes und zugleich vertrautes Land. Wir leben in ihm jeden Tag und mehr noch jede Nacht. Aber die weiten Landschaften jenseits des Wachbewusstseins erscheinen uns als Luftspiegelungen der Phantasie, als Fluchtbilder, als Widerschein versteckter oder offener Wünsche. Wenn wir freundlich zu ihnen sind, sehen wir sie als Botschaften des Unbewussten an das bewusste Ich, verschlüsselte und schwer zu entziffernde Wegweiser für die eigentliche, die greifbare, die messbare Wirklichkeit. Manchmal aber überfallen uns große Träume von erschreckender Realität, Begleiter für viele Jahre. Dann zweifeln wir für eine Weile an der Vereinbarung mit uns selbst, die nichts von der Wirklichkeit der Seele hält. Wir zweifeln, und zugleich verstärken wir die Mauern, die unser Selbstbild schützen. Weil wir dieses Bild mit der Wirklichkeit verwechseln, behält das Wachbewusstsein fast immer die Oberhand, und die Eindringlinge aus dem Land der Seele verlieren unsere Aufmerksamkeit, wenn auch nicht ihre Kraft.

Erst wenn wir in schweren körperlichen und seelischen Krisen die Nähe des Todes erleben, wenn also die gewohnte Sicherheit des denkenden Ich ins Wanken gerät, werden die Grenzen durchlässig. Dann kehren oft die Bilder der Vergangenheit zurück, denn wie es scheint, ist nichts vollständig vergessen. Wir werden jetzt Teil jener Welt, von der wir immer dachten, sie sei nur ein Geschöpf der allen Menschen eigenen Imagination. Die weiten Landschaften der Seele öffnen sich dem Blick, und der Zweifel an ihrer Wirklichkeit löst sich auf.

Wer zurückkehrt von dieser Verschmelzung mit sich selbst, fühlt sich verwandelt. Sein Weltbild ist auf den Kopf gestellt, denn jetzt erscheint der Alltag wie ein verzerrtes Abbild der Seele. Im Konflikt mit dem, was die meisten Menschen in der Welt des Wachbewusstseins für wirklich halten, schweigen die Rückkehrer, weil ihr Wissen ein inneres Wissen ist, das sich wie jede Erfahrung der logischen Beweisführung entzieht. Sie lauschen verwundert dem unablässig fließenden Strom der Erklärungen, die »rational« genannt werden und doch nur Bausteine der Mauer sind, jenes Schutzwalls gegen die Invasion des Mythos und damit der Begegnung mit sich selbst.

Aber die Sehnsucht nach diesen fernen nahen Welten bleibt. Auch bei denen, die nicht – noch nicht – die Grenze des Todes sahen. Das Ziel, mitten im Leben dorthin zu gelangen, und sei es nur für einen kleinen, wenn auch zeitlosen Moment, ist keine Illusion. Es gibt sichere Reisewege, Jahrtausende alte und moderne. Meister der Meditation führen uns dorthin, und die Vertreter der ältesten Methode, die Tür zwischen den Welten zu öffnen: Schamanen. Sie haben diese unendlichen Weiten seit vielen Jahrtausenden erkundet, solange jedenfalls die Erinnerung der Menschheit zurückreicht, aufgezeichnet schon in den magischen Bildern steinzeitlicher Höhlen.[2]

 

Dieses Buch folgt ihren Wegbeschreibungen, den Landkarten der »nichtalltäglichen Wirklichkeit«, wie die modernen Adepten dieses alten Pfades das Innere Land nennen. Wir werden die Erfahrungen der Schamanen mit denen jener Reisenden vergleichen, die unfreiwillig in die jenseitigen Welten gingen, Menschen, die nach einem Unfall, während einer Operation oder im Fieber schwerer Erkrankungen in die Nähe des Todes gerieten. Wir werden uns ansehen, ob sie dieselben Regionen der Seele betraten wie die geübten schamanischen Reisenden aus der Tiefe der Zeit oder der Ferne exotischer Völker, oder ob sie andere Ebenen erreichten.

Auf unseren Expeditionen in das Innere Land werden wir auch Menschen treffen, die natürliche oder künstliche Substanzen einsetzen, um die Reise tiefer in die Bilderwelt der Seele zu führen. An ihrer Seite finden wir Forscher, die mit den Mitteln des 21. Jahrhunderts den Ort des Jenseits suchen, in den Synapsen des Gehirns, dort, wo sich Informationen mit unvorstellbarer Geschwindigkeit vernetzen.

Schließlich werden wir auch von den Erfahrungen moderner Reisender hören, die im Rhythmus der Trommel in die jenseitigen Welten aufbrechen, so wie es die sibirischen Völker und die Bewusstseinspioniere des amerikanischen Kontinents seit Menschengedenken tun.

 

Wohin führt die Reise der Sterbenden, der Schamanen und ihrer modernen Schüler? Erreichen alle dasselbe Ziel, oder verlieren sich ihre Wege in den verzweigten Regionen individueller Schöpfungen? Ist die Wirklichkeit der Seele eine unendliche Vielfalt persönlicher Bilder ohne Sinn oder kommt die Seele aus einem großen Ganzen, das alle eint und an dem jeder Einzelne mit seinen eigenen Erfahrungen weitermalt wie an einem gemeinsamen Bild, das wir die »Allumfassende Seele« nennen könnten? Sind wir also Individuen, die der Zufall an einen Ort gestellt hat und die sich die verwirrende Welt in mythischen Bildern erklären, auch im modernen Mythos des sinnlosen Zufalls? Oder reisen wir durch das Leben, um der »Allumfassenden Seele« und damit auch uns selbst Erfahrungen, Gefühle, neue Bilder zu schenken?

Am Ende des Lebens wird jeder der Wirklichkeit der Seele begegnen, je nach persönlichem Glauben für eine kurze Zeit, bis zum unwiderruflichen Ende, oder für immer, weil nach dem Tod die Seele in sich selbst zurückkehrt. Auch wenn wir an diese älteste Vorstellung der Menschheit vielleicht nicht glauben können, so ist doch sicher, dass wir für eine gewisse Zeit, die uns unendlich erscheinen mag, in der Welt der inneren Bilder verweilen werden. Möglich, dass uns diese Vorstellung ängstigt wie die Phantasie über ein fernes gefährliches Land, in das wir reisen müssen, obwohl wir nur wenig darüber wissen. Aber gerade deshalb ist es hilfreich, schon vorher einen Blick auf das Ziel zu werfen, erste Bilder des Unbekannten zu betrachten, den Berichten von Pionieren zu lauschen, deren Neugier größer war als die Angst. Ihre Erzählungen machen es leichter, das Fremde zu begreifen.

Keineswegs wollen wir behaupten, dass der Tod oder die Erfahrungen in seiner Nähe ohne Schrecken seien; jeder Abschied ist schmerzhaft, zumal, wenn er ein Abschied ins Ungewisse ist. Aber mit einer Landkarte in der Hand können wir auch Menschen ohne Hoffnung ein Stück auf ihrem Weg begleiten, können ihnen helfen, selbst und bewusst erste vorsichtige Schritte ins Zentrum der Seele zu setzen.

 

Betreten wir also vorsichtig das weite Innere Land. Lassen wir uns von denen führen, die es lange vor uns bereist haben, auch wenn ihre Erzählungen vielleicht nicht mehr sind als ein Abglanz der Wirklichkeit. So oft wie möglich werden wir sie selbst sprechen lassen und mit ihren Worten und aus ihrer Sicht Bilder malen, farbige Geschichten voller Dramatik und Schönheit.

Reisewege

Die frühen Wissenschaftler des Geistes, die Schamanen aller Völker, gingen empirisch vor, sie ließen nur gelten, was sie selbst erfahren hatten. Jeder Schritt in die weiten Landschaften der Seele war der vorsichtige, neugierige Schritt des Forschers, der nur seiner eigenen Wahrnehmung vertraut und seinem eigenen Weg folgt. Im Austausch, auch im Wettstreit und bisweilen im Kampf mit anderen Forschern stellten die Bewusstseinsreisenden ihre Sicht auf die Probe. Am Ende zählte nur, welcher Weg sich als hilfreich, als heilsam für die Lebenden erwies. So entdeckten die ersten Schamanen neue Pfade und lernten die Gefahren einzuschätzen, die jede Reise begleiten.

Für die Pioniere der frühen Zeit waren die Reisen ins Innere Land immer Reisen auf Leben und Tod, die Rückkehr war nicht gewiss. Tatsächlich erlebten sie die andere Wirklichkeit als gefährliche, vor allem aber unendlich verzweigte Region, in dem sich eine reisende Seele leicht verirren kann, für alle Zeit. Dann würde der Körper verloren sein, den sie auf dem Boden der Hütte, des Zeltes oder der Jurte zurückgelassen hatten. In den Landschaften der anderen Welt warteten aber auch Angreifer, die Seelen fremder Zauberer oder unberechenbare Geister, die den Weg versperrten. Tatsächlich begegneten viele Schamanen auf ihren ersten Reisen dem Tod, aber indem sie ihn als überwältigende Macht annahmen, kehrten sie als veränderte Menschen zurück ins Leben.

Für den Psychologen sind die Berichte von Tod und Wiedergeburt der Schamanen nur symbolisch, die Schamanen dagegen erlebten das Ende als wirklich, sie fanden sich, zerstückelt von Ungeheuern, in die Leere des Nichts geworfen, verirrt in fernen Welten ohne Wiederkehr, und am Ende doch gerettet, wiedergeboren, als neue Menschen zurückgekehrt. Für die archaischen Stämme aller Zeiten bis in unser Jahrhundert sind Schamanen deshalb Bezwinger des Todes, Menschen, die eine Grenze überschritten und Dimensionen jenseits der Vorstellungskraft erreicht haben. Wer vom Tod ins Leben zurückkehrt, ist ein Mensch mit besonderen Aufgaben für die Gemeinschaft, ein Wanderer zwischen den Welten, der künftig eine verirrte Seele im Jenseits aufspüren und dem Schwerkranken zurückbringen kann. Und er kann als Wissender die Seelen der Toten in die andere Welt geleiten.

 

Als die christlichen Missionare und später die Ethnologen das Universum der letzten Stämme erkundeten – die einen mit dem Ziel, es zu zerstören, die anderen, es zu sezieren –, fanden sie eine vollständige Kosmologie voller ähnlicher Erfahrungen, ganz gleich, welches Volk sie trafen. Aber erst im 20. Jahrhundert verstanden einzelne Ethnologen, dass hier kein Aberglaube seltsame Phantasien hervorbrachte, Zauberergeschichten, komponiert aus Wünschen, Ängsten und dem Willen zur Macht. Sie nahmen die Berichte ihrer Informanten als wirkliche Erfahrungen ernst. Und sie fanden einen Schlüssel für das Geheimnis, weil sie ihre Rolle als Beobachter aufgaben und bereit waren, Schüler zu werden. Statt die Berichte der Schamanen mit dem Fallbeil der Psychiatrie oder dem Messer der Psychoanalyse zu zerlegen, erklärten sie sich bereit, von den Zauberern zu lernen. Indem sie sich öffneten, erfuhren sie in kurzer Zeit mehr über das Innere Land als alle ihre analytischen Vorgänger zusammen. Sie verstanden, dass Wissen mehr ist als die Sammlung von Berichten über Erfahrungen, dass es vielmehr nur in der Erfahrung selbst wachsen kann. Einer dieser Pioniere ist der amerikanische Anthropologe Michael Harner, der in den 50er-Jahren des 20. Jahrhunderts die Position des überlegenen Wissenschaftlers aufgab und in den Dschungeln Südamerikas Regionen des Bewusstseins betrat, die seit Jahrhunderten im Westen vergessen waren. Die Reise Harners war gefährlich, denn sein Fahrzeug war eine psychedelische Droge, ein Zaubertrank aus einer Liane des Regenwaldes. Der Ayahuasca-Trank, einmal eingenommen, schleudert den Geist aus dem Körper und überlässt ihn für viele Stunden den Gefahren der anderen Welt. Harners Experiment war also riskant, vielleicht sogar ein Risiko auf Leben und Tod. Er hatte keine Möglichkeit, die Zusammensetzung der Stoffe vorher zu prüfen, die richtige Dosierung zu erproben, die Nebenwirkungen zu studieren. Er vertraute seinen Reiseführern, Indianern vom Stamm der Shipibo-Conibo im Regenwald von Peru, an der Lagune Yarinacocha, dem See der ragenden Palmen.

Es war Nacht im Dorf, das nur aus wenigen Hütten bestand, Pfahlbauten ohne Wände, mit Palmblättern gedeckt. Die Zeremonien der Schamanen finden stets in völliger Dunkelheit statt, denn wer nach innen sieht, den stört das Licht der dreidimensionalen Wirklichkeit. Die Helligkeit des Tages lässt die Bilder verblassen, auch deshalb, weil der heute längst chemisch entschlüsselte Trank die Lichtempfindlichkeit des Auges steigert. Michael Harner berichtet:

Als ich in die Dunkelheit blickte, erschienen schwache Bänder aus Licht. Sie wurden langsam schärfer und verzweigter und explodierten in strahlenden Farben. Ein Geräusch kam aus weiter Ferne, wie ein Wasserfall, der immer stärker wurde. Dann sah ich zwei seltsame Schiffe, die durch die Luft auf mich zu schwebten. Sie vereinigten sich langsam und formten ein einziges Boot mit einem riesigen drachenköpfigen Bug.

Ich wurde mir des schönsten Gesanges bewusst, den ich jemals in meinem Leben gehört hatte, in hoher Tonlage und ganz ätherisch. Er kam von Myriaden Stimmen an Bord der Galeere. Als ich das Deck genauer betrachtete, erkannte ich eine große Zahl von Wesen, die menschliche Körper hatten und blaue Vogelköpfe, den Göttern der alten ägyptischen Grabmalereien ähnlich. Zur gleichen Zeit begann Lebenskraft aus meiner Brust in das Boot zu fließen. Obwohl ich mich für einen Atheisten hielt, war ich absolut sicher, dass ich starb und die vogelköpfigen Wesen gekommen waren, um meine Seele abzuholen. Während sich immer mehr von der Essenz meiner Seele aus meiner Brust löste, spürte ich, dass meine Körperteile gefühllos wurden.

Nun war ich wirklich sicher, dass ich im Sterben lag. Als ich mich bemühte, mein Schicksal anzunehmen, begann ein noch tieferer Teil meines Gehirns, neue Visionen und Informationen zu übermitteln. Mir wurde »gesagt«, dass dieses neue Material mir gereicht würde, weil ich im Sterben begriffen und deshalb berechtigt sei, diese Offenbarungen zu empfangen. Es seien die Geheimnisse, die für die Sterbenden und Toten aufbewahrt würden. Ich konnte die Wesen, die mir diese Gedanken schickten, nur sehr schwach wahrnehmen: riesige reptilienartige Geschöpfe, die träge in den finstersten Tiefen meines Gehirns ruhten. Plötzlich projizierten sie eine sichtbare Szene in den Raum vor mir. Zuerst zeigten sie mir den Planeten Erde, wie er vor Äonen war, als es noch kein Leben darauf gab. Ich sah ein Meer, ödes Land und einen strahlend blauen Himmel. Dann fielen schwarze Flecken vom Himmel und landeten vor mir in der Landschaft. Als ich genauer hinsah, bemerkte ich, dass diese Flecken in Wirklichkeit große, leuchtende, schwarze Geschöpfe mit kurzen, flugsaurierähnlichen Flügeln und riesigen walfischähnlichen Körpern waren.

Sie zeigten mir dann in der Sprache der Gedanken, wie sie auf dem Planeten Leben hervorgebracht hatten, um sich unter den vielfachen Formen zu verstecken und dadurch ihre Anwesenheit zu verschleiern. Sie seien in jeder Lebensform gegenwärtig, sie seien die wirklichen Meister der Menschheit und des ganzen Planeten, sagten sie mir.[3]

Die fremden Wesen wurden ihm unheimlich, Michael Harner begann, sich mit aller Kraft gegen die »Rückkehr zu den Urformen« zu wehren. Die Indianer, die seine Reise begleiteten, gaben ihm in diesem Moment ein Gegengift, und langsam verschwanden die Visionen.

Der junge Anthropologe kehrte von seiner Jenseitsreise mit vielen Fragen zurück. Hatte er Bilder gesehen, die in seinem eigenen Unbewussten verborgen lagen? Was würden die Experten des Regenwaldes von seinen Visionen halten? Er suchte einen blinden Schamanen auf, der als einer der mächtigsten Heiler der Shipibo galt. Harner wählte den Begriff »Riesenfledermaus«, um das Bild jener Reptilien zu beschreiben, die sich als Herren der Welt bezeichnet hatten. Der blinde Schamane lächelte und meinte: »Oh, das sagen sie immer. Doch sie sind nur die Herren der äußeren Finsternis.«[4]

Es war wohl dieser Moment, der das Weltbild des jungen Anthropologen veränderte und ihn auf neue Weise über die Natur der Wirklichkeit nachdenken ließ. Der blinde Schamane am Rio Ucayali war mit den Bildern vertraut, kannte die handelnden Figuren, er hatte sie selbst gesehen, immer wieder. War Harners Reise in das Innere Land also ein Blick in eine andere Ebene der Realität, so objektiv, wie uns die Alltagswirklichkeit erscheint? Oder löst die Droge bei allen Menschen dieselben Bilder aus, weil die chemischen Stoffe dieselbe Region des Gehirns verändern? Wenn dies so ist: Sind dann die Reisen der Schamanen nur Kunstbilder eines manipulierten Gehirns – oder öffnet der Trank mit chemischen Mitteln eine Pforte, die in denselben Ausschnitt einer anderen Wirklichkeit führt?

Tatsächlich sind viele Reisen in das Innere Land voller persönlicher Bilder, phantastische Schöpfungen des Geistes. Aber obwohl diese besonderen Bilder keine objektive Welt zeigen, wie sie im Alltag für jeden erkennbar scheint, sind sie doch nicht unbedingt nur subjektiv: Sie könnten eine allen Seelen gemeinsame grundlegende Wirklichkeit zeigen. Ist das Innere Land also für alle Menschen gleich, auch wenn es jeder aus unterschiedlichen Blickwinkeln und gefärbt durch unterschiedliche Vorerfahrungen, aus der Sicht seiner Kultur und seiner Herkunft wahrnimmt?

Urbilder

Eine große Ähnlichkeit der Erfahrungen bei gleichzeitiger Unterschiedlichkeit der Bilder begegnet uns auch in den Berichten moderner Rückkehrer von der Grenze des Todes. Es gibt heute in den Büchern und Archiven viele tausend Aufzeichnungen jener weiten Reise, die »Todesnähe-Erfahrung« genannt wird.

Im Zeitalter der High-Tech-Medizin haben Millionen Menschen unfreiwillig die Pforte geöffnet und einen Blick in Dimensionen geworfen, deren Existenz sie zuvor nicht für möglich hielten. Was sie sahen, waren verzweigte Landschaften von ungeheurer Tiefe, viele Rückkehrer trafen helfende Gestalten, oft eigene Verwandte oder Freunde, die schon lange verstorben waren.

Irgendwann – wenn ihre Reise sehr weit führte – kamen sie an eine Grenze, eine Barriere, die sie nicht überwinden konnten oder wollten, denn dahinter lag das Land ohne Wiederkehr. Bisweilen mussten sie auch Gefahren überwinden, wie die Schamanen des Regenwaldes und der sibirischen Steppen. Und vor allem erlebten sie die Gegenwart einer Kraft, die sie als Licht beschrieben – ein abstraktes, gleichwohl wie von Bewusstsein erfülltes Licht, wärmende Strahlen für die Seele.

Die Gefühle von Frieden und Glück, die Wahrnehmung des Lichtes, die Gegenwart gewaltiger Landschaften, das alles waren Elemente dieser Reise ins Jenseits, von der viele übereinstimmend berichten. Und doch sah jeder unterschiedliche Bilder: majestätische Wüsten, Berge und Täler, Seen oder das Meer, ferne Inseln und weite, mit Blumen bedeckte Wiesen. Landschaften von erhabener Schönheit, paradiesisch. So groß die Unterschiede im Detail, so groß sind die Gemeinsamkeiten in der Empfindung.

Die erste Reise des Anthropologen Michael Harner unterscheidet sich von den »klassischen« Todesnähe-Erfahrungen – er erreichte offenbar eine andere Region des Inneren Landes, weil der Lianentrank ein anderes Tor öffnete. Aber die Erzählungen der alten Schamanen, wie sie uns Forschungsreisende aus Nordamerika und dem Sibirien des späten 19. und des frühen 20. Jahrhunderts überlieferten, zeigen viele Elemente, die den Berichten aus den Kliniken des 21. Jahrhunderts ähneln.

 

Dass sich Tod und Leben auf der Ebene des Bewusstseins durchdringen, daran lassen die Schamanen wenig Zweifel. Weil das Wachbewusstsein nur ein Fokus auf einen kleinen Bereich der Seele ist, aus dem sich das Ganze formt, ist auch das Jenseits für sie stets gegenwärtig. Wir sind also Bewohner zweier Welten, gleichzeitig im Raum der Alltagswirklichkeit und, wahrscheinlich mit dem größten Teil unseres Selbst, in der fernen Region, die von analytischen Psychologen »das Unbewusste« genannt wird. Moderne Pioniere der transpersonalen Psychologie finden hier auch den Bereich, der alle Individuen miteinander verbindet, die Regionen einer übergeordneten Gemeinsamkeit aller denkenden und fühlenden Wesen, jenseits der subjektiven, individuellen Welt mit ihren von Gegensätzen und Widersprüchen durchzogenen Erfahrungen.

C. G. Jung hat diesen Bereich das »kollektive Unbewusste« genannt, die Welt der Archetypen, die gemeinsame Quelle also, aus der alles Unterscheidbare entsteht und mit der jedes Individuum verbunden bleibt. Das persönliche wie auch das kollektive Unbewusste sind aber nur ein – wenn auch wichtiger – Teil des großen Inneren Landes, in dessen Kern die Mystiker das All-Eine suchen. Es bleibt die Frage nach dem Charakter der Wirklichkeit dieser Landschaften der Seele. Unbestritten ist nur die Existenz der Erfahrungen. Umstritten ist die Frage, ob all diesen Reisen eine Bedeutung zukommt, die über den einzelnen Menschen hinausweist. Als Menschen des 21. Jahrhunderts, aufgewachsen im materialistisch geprägten Westen, erscheint uns die Trennung von subjektiver Wahrnehmung und objektiver Wirklichkeit zwangsläufig: Nur die objektive Wirklichkeit hat Bedeutung, die subjektive Erfahrung sagt nur etwas über das Individuum, niemals kann sie hinweisen auf eine größere Wirklichkeit hinter dem sichtbaren Schein. Dieses Paradigma der materialistischen Weltsicht, das wir alle wie eine unverrückbare Wahrheit in uns tragen, wird aber seit fast 100 Jahren mehr und mehr von den Theorien der neuen Physik erschüttert, die dem Beobachter eine entscheidende Rolle im Entstehen der Wirklichkeit zuweist. In der Beobachtung der subatomaren Teilchen entscheidet der Versuchsleiter mit seiner Messung, ob sich ein materielles Objekt oder eine Welle zeigt. Als Welle ist der Gegenstand der Beobachtung vollständig immateriell, und statt einer klaren Ortsbestimmung im Raum findet der Physiker diffuse Wahrscheinlichkeitswolken, die jede präzise Voraussage unmöglich machen. Entscheidet sich der Versuchsleiter für die Messung des materiellen Objektes, findet er präzise Koordinaten im Raum, aber jetzt ist die Welle nicht mehr nachweisbar. Beides zugleich wahrzunehmen ist nicht möglich – und doch existiert das »Teilchen« jederzeit in seiner Doppelnatur.

Könnte es sein, dass unser Blick auf die Welt den Charakter der Wirklichkeit erst erschafft? Für die Mikrowelt der Quanten gilt diese Aussage als gesichert. Aber auf die Makrowelt unserer Alltagswirklichkeit ist sie nicht ohne weiteres zu übertragen. Wo liegt die Grenze für die Gültigkeit dieser rätselhaften Phänomene der Neuen Physik? Welche Rolle spielt das Bewusstsein bei der Stabilisierung der dreidimensionalen Realität? Und welche Konsequenzen hat die Macht des Beobachters, Wirklichkeit zu erschaffen, für die Welt der inneren Bilder?

Fragen nur, an dieser Stelle, Gedankenspiele, die deutlich machen, dass die Unterscheidung von Wirklichkeit und Schein nicht so leicht zu treffen ist, wie wir als späte Schüler Newtons leichthin annehmen (auch wenn Newton selbst durchaus an eine Welt jenseits seiner Versuchsanordnungen glaubte).

Der Ratgeber

Kehren wir vorerst zurück in die Welt der Schamanen. Einer der größten, von denen wir wissen, der Eskimo Aua, schilderte dem Polarforscher Rasmussen Anfang des 20. Jahrhunderts seine Erlebnisse. Obwohl Aua viele Reisen in die Regionen der anderen Welt unternommen hatte, blieb er bescheiden und staunend vor dem Geheimnis der Wirklichkeit, des Lebens und des Todes. Er wusste und sah doch, dass er nicht wusste – ein Philosoph der Arktis. Aua sagt:

So geheimnisvoll, wie der Tod ins Leben kam, so geheimnisvoll ist der Tod selbst. Wir wissen nichts darüber mit Gewissheit, einzig dass jene, mit denen wir leben, plötzlich von uns gehen, manche auf einem natürlichen und begreiflichen Weg, weil sie alt und müde geworden sind, andere jedoch auf geheimnisvolle Weise, denn wir, die wir mit ihnen lebten, können keinen Grund dafür sehen, warum gerade sie sterben sollen. Der Tod allein bestimmt, wie lange wir in diesem Leben auf Erden, an das wir uns klammern, verbleiben dürfen, und er allein trägt uns hinüber in ein anderes Leben, das wir nur aus den Berichten von Schamanen kennen, die schon lange tot sind.[5]

Aua bleibt hier zurückhaltend, erwähnt nicht seine persönliche Kenntnis jenes anderen Lebens, das er gleichwohl für selbstverständlich hält.

Der Tod erscheint in seinen Worten wie eine Person – und für die Wahrnehmung der Seele hat der Tod auch tatsächlich Gestalt. Carlos Castaneda, bis heute auf dem ethnologischen Parkett umstritten, aber sicher ein Pionier schamanischer Selbsterfahrung, lässt seinen Lehrer Don Juan sprechen, wenn er dem Tod eine Gestalt gibt – eine mythische, also tief in der menschlichen Seele angelegte Sicht der Wirklichkeit:

Der Tod ist unser ewiger Begleiter. Er ist immer zu unserer Linken, eine Armeslänge entfernt. Wende dich nach links und frage deinen Tod um Rat. Ungeheuer viel Belangloses fällt von dir ab, wenn dein Tod dir ein Zeichen gibt, wenn du einen Blick auf ihn werfen kannst oder wenn du einfach das Gefühl hast, dass dein Begleiter da ist und dich beobachtet.[6]