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Leopold von Sacher-Masoch

Eine Autobiographie

Memoiren des Namenspatrons des Masochismus


e-artnow, 2015
Kontakt: info@e-artnow.org

ISBN 978-80-268-3315-4


Ich wurde am 27. Jänner (dem Geburtstage Mozart's) des Jahres 1836 in Lemberg, der Hauptstadt des Königreiches Galizien, geboren. Die Familie meines Vaters ist spanischen Ursprungs. Einer meiner Ahnen, Don Mathias Sacher, kämpfte als Rittmeister unter Kaiser Karl V. in der siegreichen Schlacht bei Mühlberg gegen die deutschen Protestanten, wurde verwundert nach Böhmen gebracht, vermählte sich hier mit einer Marquise Elementi und blieb im Lande. Professor Schleicher, der bekannte Sprachforscher, sagte mir, daß, wenn meine spanische Abkunft erwiesen sei, er nicht im mindesten daran zweifle, daß ich von den Arabern abstamme. Der Name Sacher kann im Arabischen auf mehr als fünfzig Wurzeln zurückgeführt werden, kommt bei diesem Volke häufig vor und es giebt sogar einen arabischen Dichter Sacher, von dem in der Hamasa (Sammlung arabischer Dichter) von Rückert die Rede ist.

Durch meinen Großvater Johann Nepomuk Ritter von Sacher kam die Familie nach Galizien zur Zeit, als dieses Land bei der Theilung Polens 1772 österreichisch wurde. Mein Großvater war Gubernialrath und Administrator von Galizien und erwarb sich als solcher so viel Vertrauen und Liebe, daß ihn der galizische Adel in seine Reihen aufnahm und ihm das Indigenat verlieh.

Mein Vater war der Polizeichef von Galizien und k.k. Hofrath Leopold Ritter von Sacher-Masoch, ein Staatsmann, der sich in drei polnischen Revolutionen 1831, 1846, 1848, bedeutende Verdienste erworben hat. Meine Mutter, Caroline Edle von Masoch, war die Letzte ihres alten slavischen Geschlechtes, mein Vater vereinigte daher – wie es in adeligen Familien Sitte – mit Bewilligung des Kaisers von Oesterreich, ihren Namen mit dem seinen und die Familie heißt seitdem Sacher-Masoch.

Ich brachte meine Kindheit in einem Polizeihause zu. Nur wenige wissen noch, was dies in Oesterreich vor 1848 sagen will: Polizeisoldaten, welche Vagabunden und gefesselte Verbrecher einbringen, finster aussehende Beamte, ein magerer, schleichender Censor, Spione, die Niemandem in das Gesicht zu sehen wagen, die Prügelbank vergitterte Fenster, durch welche hier lachend geschminkte Dirnen, dort melancholisch bleiche polnische Verschworene blicken. Das war, weiß Gott, keine fröhliche Umgebung!