Das Reizdarm Programm
In fünf Schritten beschwerdefrei
Impressum
Das Reizdarm Programm
Beschwerdefrei in fünf Schritten
© 2017 Thilo Schleip
Alle Rechte vorbehalten.
Autor: Thilo Schleip
Thilo.Schleip@freenet.de
ISBN:
Bildnachweis: Cover Fotolia – Herz, Gesundheit, Bauch – Urheber: underdogstudios
INHALTSVERZEICHNIS
1. In fünf Schritten beschwerdefrei – so funktioniert’s!
2. Eine Krankheit – viele Gesichter
3. Forschung auf dem Prüfstand
4. Reizdarm und Ernährung
5. Was genau ist denn nun eigentlich eine funktionelle Störung?
6. Verbesserte Heilungschancen
7. Welchen Beitrag kann ich leisten, um wieder gesund zu werden?
8. Zur Vorgehensweise in fünf Schritten
9. Selbsttest-Fragebogen
10. Erster Teil – Grundlagen, die Sie kennen sollten
11. Was ist ein Reizdarmsyndrom?
12. Reizmagen und Reizdarm
13. Irritable Bowel Syndrome
14. Zahlen und Fakten zum RDS
15. Umweltbedingungen und Lebensumstände
16. Körperliche Folgeschäden
17. Was sagen die Betroffenen?
18. Das Beschwerdebild des Reizdarmsyndroms
19. Symptome des Reizdarms
20. Symptome des Reizmagens
21. Funktionelle Beschwerden außerhalb des Verdauungstraktes
22. Schwierige Diagnose des RDS
23. Labor und Differentialdiagnostik
24. Zur Krankheitsentstehung (Pathophysiologie) des RDS
25. Motilitätsstörungen
26. Perzeptionsstörungen
27. Fehlfunktionen des Zentralnervensystems (ZNS)
28. Psychische und seelische Faktoren
29. Unbewusste Körperfunktionen
30. Die Kampf- oder Flucht-Reaktion
31. Lebenskrisen und andere Ursachen
32. Die »Trigger«: Auslöser und Verstärker der Reizdarmproblematik
33. Die Unverträglichkeit von Kohlenhydraten
34. Das Konzept der FODMAPs
35. Wenn Laktose krank macht
36. Trigger Fructose-Intoleranz
37. Geringe Enzymaktivität bei Fructose-Intoleranz
38. Fruchtzucker und Glukose
39. Die Sorbit-Intoleranz
40. Vielfach präsent: Die Histamin-Intoleranz
41. Symptome der Histamin-Intoleranz
42. Die Vitalstoffversorgung
43. Darmsanierung bei HIT
44. Die Gluten-Unverträglichkeit
45. Die Glutensensitivität
46. Gluten reizt den Darm
47. Vitalstoffergänzung bei Gluten-Unverträglichkeit
48. Darmsanierung bei Gluten-Unverträglichkeit
49. Tipps für die Darmbesiedlung
50. Ernährungsweise und Essverhalten
51. Medikamente – als »Trigger« oft unterschätzt
52. Medikamentenmissbrauch und -nebenwirkungen
53. Alkohol, Koffein, Nikotin – nicht immer ein Genuss
54. Nahrungsmittel-Allergien und RDS
55. Die Bedeutung von Darminfektionen für das RDS
56. Seelische und psychische Trigger
57. Welche Rolle spielen Depressionen beim Reizdarmsyndrom?
58. Stress und Überforderung bei RDS
59. Arzt und RDS-Patient – Wie Teufel und Weihwasser?
60. RDS: Erfahrungen aus der (Arzt-)Praxis
61. Reizdarmpatienten aus der Sicht des behandelnden Arztes
62. Das Koryphäenkillersyndrom
63. Zweiter Teil: Jetzt geht’s ans Werk!
64. Erfolgreiche Behandlung von Reizmagen und Reizdarm in fünf Schritten
65. Erster Schritt: Die medizinische Grundversorgung
66. Eigenverantwortung akzeptieren
67. Führen Sie ein Ernährungstagebuch
68. Zweiter Schritt: Die therapeutische RDS-Diät
69. Ziel der RDS-Diät
70. Fast immer im Spiel: Die Kohlenhydrat-Malabsorptionen
71. Wie finde ich heraus, ob ich Laktose-intolerant bin?
72. Welche Nahrungsmittel muss ich meiden, wenn ich Laktose-intolerant bin?
73. Tipp: Laktase-Enzyme zur Mahlzeit einnehmen
74. Was bedeutet Fruchtzucker-Malabsorption?
75. Wie kommt es zu den Beschwerden?
76. Was kann man gegen Fructose-Unverträglichkeit unternehmen?
77. Abgrenzung zur Hereditären Fructose-Intoleranz
78. Vitalstoffe bei Fructose-Intoleranz
79. Formen der Fructose-Intoleranz
80. Sorbit – E420 und RDS
81. Histamin-Intoleranz in der Praxis
82. Küchenresistenz des Histamin
83. Unverträgliche Lebensmittel bei Histamin-Intoleranz
84. Lebensmittel, die kein Histamin enthalten
85. Tipp: Hefefreies Brot
86. Lebensmittel, die viel Histamin enthalten
87. Histamin und Alkohol
88. Hefe und Hefeextrakt
89. Histaminarm und doch kritisch
90. Erfolgstipp: Cofaktoren der DAO täglich zuführen
91. Was bedeutet Glutensensitivität?
92. Abgrenzung zur Zöliakie
93. Das Beschwerdebild der Glutensensitivität
94. Diagnose der Glutensensitivität
95. Behandlung einer Glutensensitivität
96. Warum fettreiche Ernährung wie ein Abführmittel wirkt
97. Tipps zur Verringerung des Fettkonsums
98. Fett, Öl, Butter und Margarine
99. Fleisch, Wurst und Fisch
100. Milchprodukte
101. Salate
102. Obst und Gemüse
103. Weitere Fettlieferanten
104. Finger weg von Hülsenfrüchten und Kohlgemüse
105. Ballaststoffe – Fluch und Segen zugleich
106. Tipps zur Einführung einer ballaststoffreichen Ernährung
107. Was Sie sonst noch beachten sollten
108. Weitere Hinweise zur unbeschwerten Ernährung
109. Spezielle Ernährungstipps
110. Getränke bei RDS
111. Die lieben Sünden – Alkohol, Koffein, Nikotin
112. Essregeln – keine Erziehungsmaßnahme, sondern sinnvolle Hilfe bei RDS
113. Dritter Schritt: Medikamentöse Behandlungsmaßnahmen
114. Die vier Kriterien bei der Auswahl geeigneter Medikamente
115. Medikamentöse Therapieempfehlungen bei Reizmagen
116. Säuretypische Beschwerden
117. Motilitätsbedingte Beschwerden
118. Medikamentöse Therapieempfehlungen bei Reizdarm
119. Diarrhoe-dominantes Beschwerdebild
120. Obstipation-dominantes Beschwerdebild
121. Schmerz-dominantes Beschwerdebild
122. Meteorismus-dominantes Beschwerdebild
123. Andere medikamentöse Therapieformen bei Reizmagen und Reizdarm
124. Wundermittel Probiotika: Die Gesundheit sitzt im Darm
125. Probiotika reparieren und schützen die Darmflora
126. Thema gegessen: Der Candida Mythos
127. Medikamentöse Therapien in der Zukunft
128. Vierter Schritt: Die psychotherapeutische Unterstützung
129. Seelische Faktoren des Reizdarmsyndroms
130. Die »kleine Psychotherapie«
131. Die klassische Psychotherapie
132. Hypnose und Selbsthypnose
133. Autogenes Training
134. Die Biofeedback Methode
135. Funktionelle Entspannung bei RDS
136. Weitere Methoden für einen gesunden Darm
137. Fünfter Schritt: Fitness und Wellness
138. Redewendungen gereizter Darmpatienten
139. Denkansätze für eine neue Lebensweise
140. Tipps für körperliche Fitness bei RDS
141. Wellness-Tipps bei RDS
142. Special Darmsanierung mit Probiotika
143. Der Darm – Basis unserer Gesundheit
144. Darm und Immunsystem – ein wichtiger Zusammenhang
145. Die Darmflora: eine Phalanx der Verteidigung
146. Richtige Ernährung für eine gesunde Darmflora
147. Wie unsere Ernährung unseren Darm lahmlegen kann
148. Die probiotische Darmsanierung: Großputz im Bauch
149. Probiotische Darmsanierung: Reinigung des Darms
150. Unterstützung bei der Darmsanierung
151. Probiotische Darmbakterien: Helferlein mit großer Wirkung
152. Die richtigen Lebensmittel & Probiotika – eine gute Kombination
153. Antibiotika: Feind probiotischer Darmbakterien
154. Indikator unseres Wohlbefindens
155. Eine darmgesunde Lebensweise: Du bist, was du isst
156. Vorsorge statt Nachsorge
157. Ernährungstagebuch mit Beispieltag
1. In fünf Schritten beschwerdefrei – so funktioniert’s!
»Funktionelle Störung« als Erklärung für meine Beschwerden? Das klingt nach Ausrede ... Vielleicht war dies Ihr erster Gedanke, als nach Ihrer letzten medizinischen Untersuchung die Diagnose »Reizmagen« bzw. »Reizdarm« gestellt wurde. Das folgende Abschlussgespräch warf zudem womöglich mehr Fragen auf, als es beantwortete. Trotz der gutgemeinten Bemühungen des Arztes hatten Sie den Eindruck, dass man Ihre Probleme als Kleinigkeiten abtut, die in erster Linie seelische Ursachen haben und damit nicht mehr in den Tätigkeitsbereich eines Mediziners gehören.
Sie sind nicht der erste Patient, der diese bittere Erfahrung macht. Viele Menschen sind enttäuscht oder fühlen sich nicht ernst genommen, wenn sie nach einer mit hohen Erwartungen und vielleicht auch Ängsten verbundenen Untersuchung das Gefühl vermittelt bekommen, ihre Gesundheitsbeschwerden seien mit den Mitteln der modernen Medizin nicht zu erklären. Wenn dann auch noch die Empfehlung zu einer Änderung der Lebensweise oder gar zu einer – in den meisten Fällen gar nicht angezeigten – Psychotherapie gegeben wird, kann dies zum endgültigen Vertrauensbruch zwischen Arzt und Patient führen.
Auch wenn Sie sich im ersten Moment sehr einsam gefühlt haben, sind Sie es nicht wirklich. Fälle wie dieser sind in deutschen Arztpraxen keine Seltenheit, Hochrechnungen zufolge müssen es jeden Tag einige Tausend sein.
2. Eine Krankheit – viele Gesichter
So viele Betroffene, und doch weiß man nur wenig darüber. Wie kann das sein? Die funktionellen Störungen des Verdauungstraktes, in erster Linie Reizmagen und Reizdarm, stellen die größte Gruppe der durch Ärzte diagnostizierten Krankheiten dar. Bei jedem zweiten (!) Patienten, der einen Gastroenterologen (Facharzt für Erkrankungen des Verdauungsapparates) aufsucht, können organische Ursachen als Auslöser teils heftiger körperlicher Beschwerden ausgeschlossen werden. Und so stehen die meisten Betroffenen nach der Routineuntersuchung und erst recht nach eingehender, intensiver Diagnostik vor einem Rätsel, da ihnen weder die wahren Ursachen noch die Heilungsaussichten ihrer Erkrankung bekannt sind.
3. Forschung auf dem Prüfstand
Erst in den letzten Jahren haben sich hinreichende Erkenntnisse über Entstehung und Wirkung funktioneller Störungen durchgesetzt, welche dieses Krankheitsbild in einem ganz neuen Licht erscheinen lassen. Auf der Grundlage dieses Wissens ist die gängige Praxis, hauptsächlich psychologische Faktoren wie Stress, Sorgen oder unverarbeitete Traumata als Verursacher verantwortlich zu machen, nicht länger haltbar. Nachweislich spielen sie in den meisten Fällen eine eher untergeordnete Rolle.
4. Reizdarm und Ernährung
Inzwischen weiß man zum Beispiel, dass Unverträglichkeitsreaktionen auf Laktose, Fructose, Histamin, Gluten und Sorbit eine fundamentale Bedeutung bei der Erklärung von Reizmagen- und Reizdarmsyndrom haben. Generell wird dem Einfluss von Ernährungsfaktoren auf die Entstehung solcher Beschwerden heute eine sehr viel höhere Gewichtung eingeräumt als noch vor einigen Jahren. Darüber hinaus hat man zahlreiche Mechanismen »entlarvt«, die dieser schleichenden Erkrankung zuarbeiten. Die Aufklärung über sämtliche Auslöser wird daher das Hauptthema dieses Buches sein.
5. Was genau ist denn nun eigentlich eine funktionelle Störung?
Jeder Mensch kennt Verdauungsstörungen und gesundheitliche Beeinträchtigungen, für die es keine organische Ursache zu geben scheint. Meist handelt es sich dabei um vorübergehende und vergleichsweise harmlose Beschwerden. Erst wenn solche Befindlichkeitsstörungen zum Dauerzustand werden, ohne dass ihre Auslöser dem Betroffenen bewusst sind, spricht man von einer Krankheit.
Reizmagen und Reizdarm sind die bekanntesten Vertreter dieser Krankheit, deren Ausprägungen man unter dem Oberbegriff »funktionelle Störung« zusammenfasst. Da auch bei enormen gesundheitlichen Beeinträchtigungen keinerlei organische Veränderungen nachweisbar sind, basiert ihre Diagnose auf dem Ausschluss anderer, organischer Krankheiten. Dieses Verfahren erscheint den Betroffenen meist nicht sehr glaubwürdig (»Sie haben die Krankheit A, weil Sie nicht die Krankheit B oder C haben ...«), und daher unterziehen sie sich, im festen Glauben an eine körperliche Erkrankung, womöglich weiteren Untersuchungen bei wechselnden Ärzten.
6. Verbesserte Heilungschancen
Aufgrund des hohen Leidensdrucks und der tiefen Verzweiflung wenden sich manche Menschen außerdem teuren pseudowissenschaftlichen Heilverfahren zu, deren Nutzen – falls es einen gibt – meist auf einem vorübergehenden Placeboeffekt basiert. Um eine funktionelle Störung jedoch effizient zu therapieren, muss man zunächst ihre Auslöser aufspüren und eliminieren.
Die meisten Betroffenen sind nach eingehender Information über potentielle Ursachen und nach Einleitung entsprechender Gegenmaßnahmen bereits nach kurzer Zeit in der Lage, ihre Lebensqualität deutlich zu erhöhen und den verbleibenden Beeinträchtigungen nur noch eine untergeordnete Rolle im Alltagsleben zuzuordnen. Die Chancen auf eine vollständige Heilung sind Studien zufolge langfristig außerordentlich gut, sodass es für den Betroffenen – auch wenn es im ersten Moment anders erscheint – keinen Grund zur Verzweiflung gibt.
7. Welchen Beitrag kann ich leisten, um wieder gesund zu werden?
Beste Voraussetzungen für eine optimalen Genesung wäre natürlich neben Ihrer persönlichen Initiative die Unterstützung durch einen medizinisch, psychologisch und ernährungsphysiologisch geschulten Arzt, zu dem Sie ein enges Vertrauensverhältnis haben und der außerdem genügend Zeit und Geduld aufbringen kann, um Ihren Heilungsprozess unterstützend zu begleiten. Die Realität sieht jedoch anders aus.
Trotz – oder gerade wegen – unseres modernen Gesundheitssystems ist eine optimale Betreuung bei der Therapie funktioneller Störungen eher die Ausnahme. Daher soll Sie dieser Ratgeber dabei bestärken, den Schwerpunkt Ihres Regenerationsprozesses in Richtung Eigeninitiative zu verlagern und Sie durch gezielte Aufklärung über Ihre Krankheit wie auch über deren Therapie unabhängiger und mündiger zu machen.
8. Zur Vorgehensweise in fünf Schritten
Im ersten – theoretischen – Teil dieses Buches erhalten Sie aktuellste Erkenntnisse über das Reizdarmsyndrom, damit nicht nur Ihr Arzt Sie besser versteht, sondern auch Sie Ihren Arzt.
Im praktischen, zweiten Teil lernen Sie die fünf Schritte zur Beschwerdefreiheit kennen und können auch direkt mit der Umsetzung beginnen.
Alle Ernährungsfaktoren werden unter die Lupe genommen und Alternativen angeboten, sodass Sie bereits nach kurzer Zeit in der Lage sein werden, typische Auslöser von Beschwerden zu erkennen und gegebenenfalls von Ihrem persönlichen Speiseplan zu streichen oder sie zumindest auf ein verträgliches Maß einzuschränken.
Die besondere Rolle von psychologischen Ursachen und Verstärkern sowie der Einfluss Ihrer Lebensweise und sogar Ihres Medikamentenkonsums werden angesprochen, um Ihnen die besten Voraussetzungen für eine endgültige Heilung zu schaffen.
9. Selbsttest Fragebogen: Habe ich einen Reizdarm?
Anhand dieses Fragebogens können Sie feststellen, ob Sie unter einem Reizdarm leiden. Beachten Sie bitte, dass der Test keinesfalls den Besuch beim Arzt ersetzt, sondern ausschließlich der persönlichen Selbstkontrolle dient.
Haben Sie während der letzten drei Monate ständig oder wiederholt unter einem oder mehreren der folgenden Symptome gelitten? Bitte mit Ja oder Nein beantworten:
Sollten Sie drei oder mehr der vorhergehenden Fragen mit »Ja« beantwortet haben, so leiden Sie vermutlich unter einem Reizdarm. Voraussetzung für diese Annahme ist, dass eine organische Erkrankung als Ursache ausgeschlossen wurde.
Die folgenden Fragen zielen auf die typischen Auslöser oder Folgen von funktionellen Verdauungsstörungen ab. Mit jeder Frage, die Sie mit »Ja« beantworten, erhöht sich die Wahrscheinlichkeit für das Vorliegen eines Reizdarms:
10. Erster Teil – Grundlagen, die Sie kennen sollten
11. Was ist ein Reizdarmsyndrom?
Funktionelle Störungen des Verdauungstraktes sind keine Krankheiten im klassischen Sinne, da organische Ursachen durch die moderne Apparatemedizin nicht nachgewiesen werden können. Da sie aber einen schweren, teilweise sogar extremen Eingriff in die Lebensqualität der Betroffenen darstellen, hat sich die medizinische Forschung darauf verständigt, sowohl das Reizmagen- als auch das Reizdarmsyndrom als Krankheit zu bezeichnen. Beide Krankheitsbilder werden zusammengefasst auch als Reizdarmsyndrom bezeichnet.
12. Reizmagen und Reizdarm
Nach einer wissenschaftlichen Definition handelt es sich hierbei um »das gehäufte und verstärkte Auftreten von Beschwerden, die im oberen und unteren Gastrointestinaltrakt (Magen-Darm-Trakt) ausgelöst werden, mehr als zwölf Wochen anhalten oder sich wiederholen, ohne dass hierfür eine organische Erkrankung eines der an der Verdauung beteiligten Organe bei der Routinediagnostik gefunden wird.« Leitsymptome des Reizmagens sind unter anderem Schmerzen im Oberbauch, Übelkeit, Völlegefühl, Sodbrennen und Aufstoßen. Beim Reizdarm stehen (krampfartige) Bauchschmerzen, Durchfall, Verstopfung, Blähungen und Stuhldrang im Vordergrund. Typisch ist auch die Abnahme der Beschwerden nach Stuhlgang.
Eine eindeutige Abgrenzung zwischen Reizmagen und Reizdarm ist aufgrund der sich teilweise überschneidenden Symptome nicht in allen Fällen möglich. Da die Beschwerden beider Krankheitsbilder zudem denselben Ursachen zugrunde liegen und 30 % der Betroffenen gleichzeitig oder im Wechsel über Beschwerden im Magen- und Darmbereich klagen, macht eine generelle Unterscheidung wenig Sinn. Im weiteren Verlauf dieses Ratgebers werden beide Formen daher gemeinsam betrachtet, es sei denn, eine Unterscheidung ist zum Verständnis zwingend nötig.
13. Irritable Bowel Syndrome
Im amerikanischen Sprachgebrauch wird der Begriff »Irritable Bowel Syndrome (IBS)« verwendet, der sowohl das Reizmagen- als auch das Reizdarmsyndrom einschließt. Leider gibt es in der deutschen Sprache keine entsprechende Bezeichnung.
Wie viele unterschiedliche Namen im Laufe vieler Jahre für ein und dasselbe Beschwerdebild konstruiert wurden, können Sie dem nachstehenden Kasten entnehmen. Allein an der großen Anzahl dieser »Erklärungsversuche« lässt sich ersehen, dass bis vor wenigen Jahren nur wenig Einigkeit über die wahren Ursachen des Reizdarmsyndroms bestanden hat.
Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird auf die Doppelnennung von maskulinen und femininen Ausdrucksweisen übrigens verzichtet. Mit dem »Arzt« ist also auch stets eine »Ärztin« gemeint, und ebenso kann der »Patient« auch eine »Patientin« sein.
Bezeichnungen für Reizmagen- und Reizdarmsyndrom (teilweise nicht mehr gebräuchlich, da irreführend oder falsch):
14. Zahlen und Fakten zum RDS
Statistische Informationen über das Reizdarmsyndrom sind aufgrund der schwer objektivierbaren Datenmenge sehr rar. Hinzu kommt, dass vermutlich nur etwa 20 % der Betroffenen einen Arzt aufsuchen, da viele sich bereits über einen langen Zeitraum an die sich einschleichenden Beeinträchtigungen gewöhnt haben und eine Verbesserung ihrer gesundheitlichen Situation gar nicht erst in Betracht ziehen.
Die Angaben über die Häufigkeit des Reizdarmsyndroms in der Allgemeinbevölkerung schwanken daher zwischen 17 und 60 %. Doch geht man auch nur von der kleinsten Schätzung aus, so würde dies bedeuten, dass in Deutschland über 10 Millionen Erwachsene unter enormen Beschwerden leiden, die sie unter fachgerechter Anleitung meist problemlos lindern oder völlig beseitigen könnten.
Studien zufolge müssen Reizdarmpatienten doppelt so häufig wie andere Bevölkerungsgruppen medizinische Praxen aufsuchen und Krankschreibungen in Anspruch nehmen. Das RDS ist inzwischen die zweithäufigste Ursache für krankheitsbedingte Ausfallzeiten. Hinzu kommt, dass durch teure diagnostische Verfahren, Fehlbehandlungen, mehrfach wiederholte Untersuchungen, Frühberentung und durch überflüssige Krankenhausaufenthalte Jahr für Jahr ein volkswirtschaftlicher Schaden in Milliardenhöhe entsteht.
15. Umweltbedingungen und Lebensumstände
Funktionelle Störungen des Verdauungsapparates sind ein weltweit bekanntes Phänomen. Bislang gibt es keinen schlüssigen Beleg dafür, dass sie durch soziale Bedingungen determiniert werden und damit durch die Lebensumstände moderner Industrienationen hervorgerufen werden können. Sicher ist aber, dass beispielsweise offensichtlicher Stress die bereits vorhandene Symptomatik verstärken bzw. aufrechterhalten kann.
Das RDS ist eine Erkrankung des jüngeren und mittleren Lebensalters. Die meisten Betroffenen finden sich in der Altersgruppe von 30 bis 60 Jahren. Hiervon bilden Frauen zu zwei Dritteln die Mehrheit.
16. Körperliche Folgeschäden
Aufgrund der massiven körperlichen Beeinträchtigungen befürchten viele Betroffene, schwerwiegende Folgeschäden zu erleiden. Ein Grund zu übermäßiger Besorgnis besteht jedoch nicht. Funktionelle Störungen beeinträchtigen zwar die Lebensqualität, jedoch nicht die Lebenserwartung. Es besteht auch zu keinem Zeitpunkt ein erhöhtes Risiko, ein Krebsleiden, eine chronisch entzündliche Erkrankung oder andere dauerhafte Folgeschäden zu entwickeln.
Die Erfolgsaussichten auf eine vollständige Genesung sind sehr gut, wenn ärztliche und gegebenenfalls psychologische Behandlung sinnvoll kombiniert werden und der Patient aktiv an der Behandlung teilnimmt. Besonders die Änderung von krankheitsfördernden Ernährungsgewohnheiten und belastenden Lebenssituationen kann einen raschen Heilungsprozess einleiten, der zum großen Teil in der Eigenverantwortung des Patienten liegt.
17. Was sagen die Betroffenen?