Bildnachweis

Vorwort: Foto: Auma Obama, © WFC

Menschen von Morgen: Foto: Waisenhauskind, Quelle: Pixabay, gemeinfrei

Die Zukunft gestalten: Fotos: World Future Forum, Tagung Bregenz 2017, © Kongresskultur Bregenz. Foto: Dietmar Mathis.

Die Rückeroberung der Zukunft: Foto: Ausschnitt aus einem offiziellen „cynnal cymru – sustain wales“ Video, https://vimeo.com/147456627

China am Scheideweg: Foto: Huang Ming im Solar Valley, © alamy stock

Die Zukunft der Städte: Foto: Future of Cities Forum, © sellingpix / Adobe Stock

Wissenschaft und Spiritualität: Foto: Ina May Gaskin, © David Frohman

Digitale Welten: Foto: Right Livelihood Award 2014, © RLA Foundation

Die Verantwortung der Richter: Foto: Christopher Weeramantry, © World Future Council

Zeit der Konsequenzen: Foto: Preisverleihung, Bill McKibben mit Jakob von Uexküll, Right Livelihood Award 2014, © Wolfgang Schmidt

Jakob von Uexküll im Interview: Foto: Future Policy Award 2015, © WFC

Ausblick: Foto: WFC-Vertreter, World Future Forum 2017, Bregenz /Österreich 2017, © Kongresskultur Bregenz. Foto: Dietmar Mathis.

WFC-Dokumentationstext:

Foto 1: WFC-Ratsmitglieder, Founding Congress, 2007, © Christian Kaiser, WFC

Foto 2: WFC-Ratsmitglieder, Tagung Bregenz 2017, © Kongresskultur Bregenz. Foto: Dietmar Mathis.

Foto 3: Brotpanzer, Rio+20, © Foto: Lunae Parracho

Foto 4: Waffenabgabe, © WFC

Foto 5: Regenerative Cities in China 2016, © WFC

RLA-Dokumentationstext:

Foto 1: Pressekonferenz The Right Livelihood Award 2009, © Karl Gabor

Foto 2: RLA-Jury 2016, © Buchinger Wilhelmi

Foto 3: Weißhelme im Einsatz in Syrien, ® Syria CivilDefence

Foto 4: The Right Livelihood Award 2016, Preisträger, © Wolfgang Schmidt

Foto 5: The Right Livelihood Award 2014, Preisträger, © Wolfgang Schmidt

Foto 6: Mozn Hassan, The Right Livelihood Award 2016, Preisverleihung,

© Wolfgang Schmidt

Foto 7: Right Livelihood College, Mumbai, © Right Livlihood Foundation

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

© der ebook-Ausgabe CEP Europäische Verlagsanstalt GmbH, Hamburg 2017

Signet: Dorothee Wallner nach Caspar Neher »Europa«, 1945

Covergestaltung: Susanne Schmidt, Leipzig

Coverabbildung: © shutterstock

ePub-Konvertierung: Datagrafix GmbH, Berlin


Alle Rechte, insbesondere das Recht der Übersetzung, Vervielfältigung (auch fotomechanisch), der elektronischen Speicherung auf einem

Datenträger oder in einer Datenbank, der körperlichen und unkörperlichen Wiedergabe (auch am Bildschirm, auch auf dem Weg der Datenübertragung) vorbehalten.


ISBN 978-3-86393-545-0

Informationen zu unserem Verlagsprogramm finden Sie im Internet unter www.europaeische-verlagsanstalt.de

Inhalt

Vorwort von Auma Obama

Menschen von Morgen

Die Zukunft gestalten

Die Rolle Europas

Die Rückeroberung der Zukunft

China am Scheideweg: zwischen unökonomischem Wachstum und ökologischer Zivilisation

Die Zukunft der Städte

Wissenschaft und Spiritualität: Beobachtungen vom Schlachtfeld

Digitale Welten

Die Verantwortung der Richter

Zeit der Konsequenzen

Jakob von Uexküll im Interview

Ausblick

Dokumentationen

World Future Council – Der Weltzukunftsrat

The Right Livelihood Award – Der „Alternative Nobelpreis“

Quellennachweis

Bildnachweis

Future Policy Award 2015 – Gold:
Sansibars Kindergesetz, Vereinigte Republik Tansania, 2011

2015 wurde Sansibars wegweisendes Kindergesetz mit dem Future Policy Award ausgezeichnet. Es legt die Grundlage für ein koordiniertes Kinderschutzsystem, um die Rechte von Kindern zu stärken. Es reagiert auf Gewalt und Missbrauch und regelt Sorgerecht, Pflegeelternschaft und Vormundschaft und legt die Verantwortlichkeit von Fachleuten und Institutionen bei der Bereitstellung von Dienstleistungen für den Schutz von Kindern fest. Seit seiner Einführung im Jahr 2011 hat dieses Gesetz die Position von Kindern in Sansibars Gesellschaft spürbar gestärkt.

Im Rahmen einer partizipativ entwickelten 5-jährigen Kinderrechts-Reformstrategie wurden u. a. regionale und nationale Kinderräte, spezialisierte Kindergerichtshöfe und Polizeistationen mit geschulten Ansprechpersonen für von Gewalt betroffene Kinder und Frauen eingerichtet.

Menschen von Morgen

Warum leben wir mit Problemen, die wir lösen können? Die Antworten sind entweder resignativ und pessimistisch (zu spät) oder naiv-optimistisch (die da oben oder irgendeine Erfindung werden uns noch retten). Beide Haltungen sind bequem aber unverantwortlich: Man wird ja nicht gefordert.

Ist es aber nicht wirklich schon zu spät? Es ist in der Tat sehr spät, und wir haben in den letzten Jahrzehnten viel Zeit verloren. Aber ich bin überzeugt, dass wir noch die Chance haben, den Klimawandel – die umfassendste Bedrohung weltweit – global zu begrenzen, auch wenn einige Regionen der Welt zunehmend unbewohnbar werden. Dies erfordert jedoch auf vielen Gebieten Umsteuerung und eine bespiellose Mobilisierung, und zwar in den nächsten Jahren und nicht in Jahrzehnten.

Ist das nicht vollkommen illusorisch? Nein, denn unsere Energie-Versorgung können wir schon mit heute bekannten Technologien zu 100 % mit erneuerbaren Energien decken. Der Wille dazu ist, wie ich aus persönlichen Gesprächen weiß, auch bei der chinesischen Regierung an höchster Stelle vorhanden, sodass unsere Regierungen sich nicht mehr mit dem Hinweis auf China vor der eigenen Verantwortung drücken können!

Wir tragen heute die Verantwortung für die Lebensgrundlage aller zukünftigen Generationen, denn unsere Entscheidungen (oder eben Nicht-Entscheidungen!) werden über ihre Lebensqualität, vermutlich sogar über ihr Überleben entscheiden. Nie zuvor hatten menschliche Entscheidungen solch tiefgreifende und langfristige Konsequenzen.

Ernst Bloch, der Philosoph der Hoffnung, sagte, der Preis des menschlichen freien Willens sei das Risiko, dass der große historische Augenblick auf ein zu kleines Menschengeschlecht trifft, das der Aufgabe nicht gewachsen ist. Ob das so sein wird, liegt jetzt an jedem von uns.

Der Klimawandel ist nicht unsere einzige Herausforderung. Auch die Zerstörung der Artenvielfalt, die beispiellose Versäuerung der Meere, die zunehmende Erosion von Ackerland und die Verknappung wichtiger Naturgüter bedrohen die Zukunft.

Ich bezeichne mich trotzdem als „Possibilist“, weil ich weiß, dass viele Lösungen nicht nur existieren, sondern sich sehr schnell verbreiten können.

Seit mehr als 35 Jahren zeigt der Alternative Nobelpreis, was einzelne Menschen und Initiativen erreichen können. Ein Preisträger von 2013, der Schweizer Dr. Hans Herren, hat – nachdem die „modernen“ Methoden versagten – mit seiner biologischen Schädlingsbekämpfung zur Rettung der Maniok-Wurzel in Afrika nach UN-Schätzungen mindestens 20 Millionen Menschen vor dem Hungertod gerettet. Er ist einer von inzwischen weit über hundert Preisträgern.

Bereits vor zehn Jahren wurde mir allerdings auch klar, dass die Unterstützung solcher „best practice“-Lösungen – Projekte der Hoffnung, wie sie oft genannt werden – noch nicht ausreicht, um eine rechtzeitige Wende zu erreichen. Die herrschenden Institutionen sind zu unbeweglich und die derzeitigen Handlungsanreize falsch, ja pervers, um diesen Lösungen den nötigen Durchbruch zu ermöglichen.

Denn Menschen, Gesellschaften, Märkte, wie auch wissenschaftliche und technische Innovationen entwickeln sich nicht in einem Vakuum, sondern reagieren auf die Anreize, die sie umgeben, und besonders schnell auf gesetzliche und regulatorische Rahmenbedingungen.

Schon Aristoteles wusste, dass eine gute Gesellschaft auf guten Gesetzen gebaut ist, und Sokrates empfahl, wer etwas Langfristiges schaffen wolle, solle entweder Gedichte schreiben oder Gesetze. Daher habe ich 2007 den World Future Council (WFC) gegründet, ein Rat, der weltweit die erfolgreichsten nationalen und regionalen Gesetze und Regelungen identifiziert und verbreiten hilft.

Mir fiel vor zehn Jahren z. B. auf, dass Großbritannien, obwohl es dort aufgrund der Insellage viel mehr Wind als in Deutschland gibt, nur einen Bruchteil der deutschen Windenergieleistung hatte, weil ein guter gesetzlicher Anreiz, wie ein Energie-Einspeise-Gesetz, fehlte. Der WFC hat britische Parlamentarier darüber informiert und sie überzeugt: Großbritannien hat jetzt ein Einspeisegesetz und dadurch u. a. auch eine zusätzliche solare Photovoltaik-Produktion, die ca. 4 AKW entspricht.

Der WFC ist heute eine der Top-Referenzen für wirksame Einspeisegesetze zur Förderung erneuerbarer Energien weltweit. Mit unserer Arbeit haben wir wesentlich dazu beigetragen, dass bereits mehr als 60 Länder entsprechende Gesetze erlassen und dadurch die Nutzung erneuerbarer Energien erfolgreich gefördert haben. In über 30 parlamentarischen Anhörungen und Strategie-Workshops in Ländern wie Deutschland, den USA, den Arabischen Emiraten, Südafrika, Botswana, Ghana, Marokko, England, Schweden, Frankreich und Polen haben wir Entscheidungsträger intensiv mit den Herausforderungen und Chancen in diesem Bereich konfrontiert. Unser Ziel ist es, Städte, Gemeinden und Regionen in einem internationalen 100 %-erneuerbare-Energie-Netzwerk zusammenzubringen.

Um solche exemplarischen Gesetze verbreiten zu helfen, hat der WFC den Future Policy Award gegründet.

Der Future Policy Award ist der erste Preis, der Gesetze und nicht Personen auf internationaler Ebene auszeichnet. Ziel des Preises ist es, gute Gesetze weltweit bekannt zu machen. Jedes Jahr wählen wir ein Politikfeld aus, in dem innovative Lösungen besonders wichtig sind. Dieser Preis wird seit 2009 jedes Jahr zu einem anderen Thema verliehen:

2015 für Kinderrechte,

2014 für die Beendigung von Gewalt gegen Frauen und Mädchen,

2013 für Abrüstung,

2012 für Ozean- und Küstenschutz,

2011 für den Schutz von Wäldern,

2010 für den Erhalt von Biodiversität und

2009 für Nahrungssicherheit.

Das 2009 ausgezeichnete Gesetz aus der brasilianischen Stadt Belo Horizonte garantiert jedem Bewohner eine gesunde Mahlzeit pro Tag und kostet 2 % des städtischen Budgets. Dadurch wurde die Kindersterblichkeit um 60 % gesenkt. Wir arbeiten zurzeit daran, dass dieses Gesetz in Namibia und anderen afrikanischen Ländern eingeführt wird.

Die großen Herausforderungen von heute sind untrennbar miteinander verbunden und müssen daher „zusammengedacht“ werden, d. h. wir brauchen übergreifende, kohärente Lösungen und Anreize.

Das erfordert ein Umdenken auch bei NGOs, den Nichtregierungsorganisationen, Stiftungen und Spendern, die gewohnt sind, sich auf ihre jeweiligen Themenbereiche zu fokussieren. Hier könnten wir von unseren Gegnern lernen, denn die arbeiten für die Bewahrung ihrer Privilegien langfristig und koordiniert zusammen und unterstützen sich gegenseitig. Auch wenn in der Zivilgesellschaft viel von Solidarität geredet wird, herrscht dort oft ein kontraproduktiver Konkurrenzkampf.

Als Diskussionsgrundlage für ein solches „Zusammendenken“ und Handeln hat der WFC einen Globalen Politik-Aktionsplan erarbeitet, in dem die dringendsten Reformvorschläge zu verschiedenen Themen vereint sind.

Der Globale Politik-Aktionsplan (engl. GPACT) ist eine Sammlung von 22 verknüpften und bewährten politischen Reformen, die auf eine nachhaltige, gerechte und friedliche Welt hinarbeiten und so die Umsetzung der globalen Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen fördern. Die innovativen und praxisnahen Lösungen des Globalen Politik-Aktionsplans stellen ein Minimum an Maßnahmen dar, die zur Erhaltung der Umwelt und für den Schutz der Rechte zukünftiger Generationen notwendig sind.

Es geht hier nicht um eine Auflistung von Problemen und Visionen, sondern darum, die Politik-Ecksteine für eine Richtungsänderung zu identifizieren: Was sind die notwendigen Handlungs-anreize zur Schaffung einer Welt, in der die Lösungen schneller zur Hand sind als die Probleme wachsen?

Viele dieser Vorschläge sind auf ihren Gebieten schon bekannt. Aber neu ist, ihre Verbindung herzustellen. So hat der Weltzukunftsrat die erste Studie veröffentlicht, die den Zusammenhang zwischen der wachsenden Klimakatastrophe, Wasserknappheit und Bedrohung durch Nuklearwaffen darlegt.

Wie viel gefährlicher wird zum Beispiel ein atombewaffnetes Pakistan, wenn dort die Gletscher geschmolzen sind und das Trinkwasser ausgeht? Werden seine Generäle uns mit der Drohung, Atomwaffen einzusetzen, dazu zwingen, hundert Millionen Umweltflüchtlinge in Europa aufzunehmen?

Wie wird sich die Rechtslage entwickeln? Denn die wissenschaftlichen Beweise für den ursächlichen Zusammenhang von CO2-Emissionen, Klimawandel und abnormalem Wetter werden immer stärker.

Der überwiegende Teil unserer Politiker hat offensichtlich grundlegende Risiko- und Gefahrenhierarchien nicht begriffen.

Selbst der schlimmste ökonomische Kollaps ist nach einigen Jahren überwunden, während aber die Folgen eines Umweltbankrotts Jahrtausende (oder ewig) dauern können.

Noch immer wird jeder ernsthafte Reformvorschlag mit dem Argument abgewürgt, es sei dafür kein Geld da. Wir verschwenden zurzeit Billionen durch eine politisch erzeugte künstliche „Austerität“, die hunderte von Millionen Menschen arbeitslos macht. Würden diese – zusammen mit brachliegenden Produktionsmitteln – für den globalen Ausbau der erneuerbaren Energien und einen ökologischen Umbau unserer Produktionssysteme eingesetzt, hätten wir gleich zwei Herausforderungen gelöst, die ökologische und die soziale. Die Kosten der erzwungenen Austerität, d. h. der Nichtnutzung dieser Möglichkeiten, hat der WFC mit mindestens 2,3 Billionen US-Dollar jährlich berechnet.

Es wird behauptet, der Markt könne diese Herausforderungen am effizientesten lösen, aber welcher Markt? Pavan Sukhdev, früher Deutsche Bank, jetzt beim Umweltprogramm der Vereinten Nationen (UNEP), Mitglied vom World Future Council, schreibt in seinem Buch Corporation 2020, dass es auf dem Energie-Sektor auf Grund der enormen Subventionen für fossile Brennstoffe gar keinen funktionierenden Markt gebe.

Die Externalisierung, also die Abwälzung von Produktionskosten auf die Um- und Nachwelt, ist unlauterer Markt-Wettbewerb und Betrug durch Vorspiegelung falscher Tatsachen und sollte verboten werden. Eine sofortige Beendigung dieser Marktverzerrung, würde aber die meisten Produzenten ruinieren. Daher muss der Realwirtschaft finanziell geholfen werden, ihre Produktion nach dem Kreislaufmodell umzustellen. Dies kostet natürlich kurzfristig etwas, spart aber langfristig sehr viel – denn die tägliche Nicht-Nutzung potentieller erneuerbarer Energien verschwendet enormes Naturkapital. Stattdessen verbrennen wir wertvolle fossile Rohstoffe, die dadurch für die petrochemische Industrie in Zukunft verloren sind.

Eine weitere Finanzierungsquelle sind die Billionen jährlicher Rüstungsausgaben, die – ginge es nach rationalen Kriterien – schon längst für die Bekämpfung der größten Bedrohung unserer Sicherheit, den Klimawandel, umgewidmet worden wären.

Und dann haben wir noch das absurde Finanzsystem, das unsere Regierungen zwingt, Geld für wichtige Zukunftsaufgaben gegen Zins von privaten Banken zu leihen, statt es zinslos von der Zentralbank zur Verfügung gestellt zu bekommen. Dies, behaupten Ökonomen, würde zu einer Hyperinflation wie in der Weimarer Republik in den 1920ern oder kürzlich in Zimbabwe führen. Auch das ist ideologischer Unsinn; denn damals brach die Produktion zusammen. Neues Geld gegen neue Leistung, d. h. die Produktion von neuen Waren und Dienstleistungen mit ungenutzten Produktionsmitteln, ist aber nicht inflationär.

Unsere Politiker und Ökonomen gehen davon aus, dass Wachstum wiederkommt, egal was wächst. Sie haben nicht verstanden, dass wir schon längst unwirtschaftliches Wachstum haben, das seine eigenen Voraussetzungen verzehrt.

Es geht jetzt um die Wiedereroberung unseres Selbst als mündige Bürger, es geht um das Erwachen aus dem kindischen Traum von einer globalen Konsumkultur, der permanenten Unreife, Unzufriedenheit und Unverantwortlichkeit.

Die alten Israeliten hatten das Wort hochma für die Wissenschaft des Herzens, für die Fähigkeit zu fühlen und zu handeln, als ob die Zukunft von jedem von uns abhängen würde. Im alten Athen wurde der politisch engagierte Bürger ein „Polites“ genannt. Wer nicht am öffentlich-politischen Leben teilnahm, wurde als ein „Idiotes“ bezeichnet.

Ohne uns kollektiv politisch zu engagieren, ob lokal, regional, national oder international, wird es nicht gehen.

Wie schnell unsere Zivilisation zusammenbrechen kann, zeigte sich in New Orleans nach dem Hurrikan Katrina, als die abgeworfenen Trinkwasservorräte von kräftigen Männern ausgetrunken wurden, während Kinder, Frauen und alte Menschen leer ausgingen.

Unsere Kinder erwarten, dass wir jetzt aktiv werden. Eine Journalistin bei der konservativen Londoner Sunday Times schrieb, als der neue UN-Klimabericht erschien, habe kein Erwachsener sie darauf angesprochen, wohl aber ihr 9-jähriger Sohn.

Die Grundfrage ist heute nicht, wie viel Menschlichkeit, wie viel Umwelt und Kultur wir uns ökonomisch leisten können, sondern welches ökonomische System wir uns menschlich, ökologisch und kulturell leisten können. Die Wachstumsraten, auf denen unser derzeitiger Lebensstandard beruht, sind auf einem enormen Schuldenberg gebaut, der zu Lasten unserer Umwelt und zukünftiger Generationen geht. Wir haben seit Jahrzehnten viel mehr Forderungen gegenüber zukünftigem Wohlstand aufgebaut, als wir tatsächlich Wohlstand geschaffen haben. Hier wird es auch bei uns einen großen Schuldenschnitt geben müssen.

Finanz-Experten schätzen, dass 80 % der Werte von Investment-Fonds auf der Erwartung zukünftiger Kapitalflüsse basiert. Eine Klimakatastrophe wird diese Werte schnell vernichten.

Was können wir tun? Einige Anregungen:

1.Glauben Sie nicht, dass Sie die Welt nicht verändern können: Die Welt verändert sich täglich und Sie wissen nur noch nicht, welche Rolle Sie dabei spielen können. Informieren Sie sich daher über Lösungen, z. B. auf den Webseiten vom World Future Council und Right Livelihood Award (Alternativer Nobelpreis). Setzen Sie sich privat und öffentlich für ihre Umsetzung und Verbreitung ein, z. B. für eine Vertretung der Rechte zukünftiger Generationen auf allen Ebenen, und dafür, dass Schüler, Studenten und besonders Absolventen von Business-Schulen, Ökonomen und Kandidaten für politische Ämter „eco-literacy“, d. h. eine ökologische Bildung vorweisen müssen.

2.Lernen Sie, wie Geld geschaffen wird: Im Mittelalter wurden Machtdiskussionen mit der Kirche nur auf Latein geführt. Heute müssen wir Finanz-Latein lernen, denn in einer Welt, die von Geld regiert wird, machen wir uns machtlos, wenn wir auf diesem Gebiet nicht mitreden können.

3.Wagen Sie auch Konflikte: Jesus hat mit den Geldwechslern im Tempel bekanntlich nicht verhandelt, er hat sie hinausgeworfen.

4.Lassen Sie sich nicht abschrecken, wenn Sie die neuen Medien nicht beherrschen: Ich hielt in Berlin eine Rede vor Jugendlichen aus 36 Ländern und bekam anschließend ein sehr positives Echo. Eine ältere Teilnehmerin sagte daraufhin erstaunt: „Aber Sie waren doch der Einzige, der kein PowerPoint benutzt hat!“

5.Bereiten Sie sich auf die bevorstehende moralische Weltrevolution vor, vergleichbar mit der Abschaffung der Sklaverei, auf der unsere damalige Wirtschaft basierte. Die kommende nachhaltige Weltordnung wird sehr vielfältig sein, denn es gibt keine Grenzen menschlichen Lernens, wie der Club of Rome schon vor 40 Jahren schrieb.

Vor noch gar nicht langer Zeit musste man in Deutschland Leben riskieren, um Krieg und Barbarei zu überwinden und die Zukunft seiner Kinder zu sichern. Heute werden uns keine solchen Opfer abverlangt! Die Risiken für unsere gemeinsame Zukunft sind jetzt anderer Art. Aber sie verlangen ein Umdenken, neue Bündnisse und Partnerschaften. Der World Future Council ist ein solches Bündnis von Vertretern der Zivilgesellschaft, der Wirtschaft, der Politik, der Wissenschaften und der Kunst.

Die drohenden unumkehrbaren „tipping-points“, die jetzt alle unsere Errungenschaften und Pläne gefährden, verlangen engagiertes Handeln, wenn wir nicht wollen, dass unsere Kinder und Enkel uns als egoistische Verbrecher bzw. Ignoranten sehen werden, die die Risiken nicht begriffen hatten. Denn geschmolzene Gletscher kann man nicht mehr reparieren und für Trinkwasser gibt es keinen Ersatz.

Die Ewiggestrigen, die ihre Privilegien auch auf Kosten unserer Kinder bewahren wollen, haben mit ihren Spenden u. a. dafür gesorgt, dass im mächtigen US-Senat jetzt der Umwelt-Ausschuss einen Vorsitzenden hat, der Klimawissenschaftler mit Bibelzitaten zu widerlegen versucht, und einen Senats-Präsidenten, dessen Motto „Gewehre, Freiheit und Kohle“ ist – in dieser Reihenfolge!

Unsere Kinder vertrauen darauf, dass wir jetzt ernst machen. Unser Handeln wird zeigen, ob wir dieses Vertrauen verdienen oder verraten werden, wie in Ruanda vor 20 Jahren, wo auf dem Gedenkstein für einen ermordeten 10-Jährigen, der Arzt werden wollte, seine letzten herzzerreißenden Worte stehen: „Die UNO wird kommen und uns retten!“

10. World Future Forum 2017 in Bregenz: weltweit führende Fachleute aus Wissenschaft, Wirtschaft und Kultur erarbeiten Lösungsstrategien für die Probleme unserer Zeit.

Die Zukunft gestalten

Wir stehen zurzeit vor noch nie dagewesenen Herausforderungen. Das Ende unseres bewohnbaren Planeten ist möglich, wenn nicht umgesteuert wird. Das würde allen nachfolgenden Generationen die Lebensgrundlage rauben.

Diese apokalyptische Realität wird weitgehend geleugnet. Es ist aber eine Tatsache, dass für den Temperaturanstieg, der das Schmelzen der Permafrostböden und die Freisetzung von Methan-Hydrat in den Meeren bewirkt die gegenwärtige Politik verantwortlich ist. Das droht, unsere Erde unbewohnbar zu machen, wie Forschungsergebnisse belegen, die auch z. B. vom British Government Met Office (dem Meteorologie-Institut der britischen Regierung) bei der Klimakonferenz in Paris präsentiert wurden.

Unser Wohlstand, unsere Sicherheit, Kultur und Identität würde aber schon lange vorher in sich zusammenfallen.

Ein Europa, das unfähig ist, mit ein paar Millionen Kriegsflüchtlingen fertigzuwerden, wird unter der Masse von zehn oder vielleicht Hunderten von Millionen Klimaflüchtlingen schnell zusammenbrechen.

Paul Krugman, Kolumnist der New York Times, beschrieb kürzlich in seiner Kolumne das Schreckensszenario des Klimawandels und fragte dann, was denn nun wirklich in diesem Jahr der US-Wahl auf dem Spiel stünde? „Nun, unter anderem das Schicksal unseres Planeten.“

Eine Studie der US-Akademie der Wissenschaften kam im vergangenen Jahr zu dem Ergebnis, dass die Forderung, Wirtschaftswachstum und CO2-Anstieg vom Ressourcen-Verbrauch zu entkoppeln, auf falschen Berechnungen beruhten, weil das Rohmaterial zur Herstellung von Produkten zu gering veranschlagt worden sei (The Guardian, 25.11.2015).

Warum wurde nicht längst ein Not-Bündnis gebildet, die alles Menschenmögliche tut, um den Kurs zu ändern und, wo noch möglich, rückgängig zu machen?

Warum gibt es noch keinen Gesamtüberblick über die Risiken und Gefahren, warum wurde noch keine gemeinsame Strategie erarbeitet? Das sind Fragen, die ich oft – vor allem von jungen Leuten – höre. Für sie stellt die Arbeit des Weltzukunftsrates und die Arbeit der seit 1980 zahlreichen Preisträger des Right Livelihood Award, des Alternativen Nobelpreises, einen Funken Hoffnung dar.

Inzwischen ist der Weltzukunftsrat weit bekannter als noch vor ein paar Jahren. Seine Mitglieder vermitteln ein vorbildliches und ganzheitliches Engagement und verfügen über außerordentliche Überzeugungskraft. Sie haben das Gespür für die Themen der Zukunft wie beispielsweise das Eintreten für die Rechte zukünftiger Generationen, für Konzepte zum Übergang zu 100 %-erneuerbare Energien oder auch unorthodoxe Vorschläge zur Geldschöpfung. Diese Vorschläge werden weltweit in vielen Foren diskutiert. Autoren, Wissenschaftler oder UN-Organisationen beziehen sich auf unsere Arbeit.

In den Stellungnahmen zur Eröffnung des neuen Büros des Weltzukunftsrats in China war klar zu erkennen, dass die chinesi-schen Behörden die Klimabedrohung sehr ernst nehmen und sowohl nach Lösungen suchen als auch nach Partnern. Auch hier wird offenbar deutlich gesehen, was die Ursachen dafür sind, dass die Himalaja Gletscher und Tibets Permafrost zu schmelzen beginnen.

Auch die Kohle-Lobby ist sich inzwischen der Lage bewusst und sieht die Zeichen an der Wand: Man wird uns hassen und verteufeln, so wie früher die Sklavenhändler, sagte der Generalsekretär des Verbandes der Europäischen Kohle-Industrie (Financial Times, 16.12.2015). Und die Tagesschau vom 5. Juli 2016 berichtete von zehntausend Todesfällen aufgrund von Kohlekraft und stützte sich auf die Auswertung von 257 der insgesamt 280 europäischen Kohlekraftwerke. Demnach belaufen sich die durch sie verursachten Gesundheitskosten jährlich auf bis zu 63,3 Milliarden Euro.

Leider gilt das nicht für die USA: Donald Trump behauptet zum Beispiel, dass der Klimawandel eine „chinesische Erfindung“ sei. Das Wall Street Journal (3.8.2015) befürchtet: „Wenn es stimmt, dass der Klimawandel von Menschen verursacht wurde, kann ein solch riesiges Problem nur von der Regierung gelöst werden. Für die Linke wäre das ein Himmelsgeschenk, um im großen Stil staatliche Kontrollen über die Wirtschaft und das Leben der Bürger einzuführen.“

Solche Verschwörungstheorien werden von einer machtvollen und gierigen Elite verbreitet, damit sie ihre Privilegien in einer zunehmend ungleichen Welt nicht verlieren.

Die Geschichte der vergangenen 40 Jahre zeigt, dass der oft umstrittene Bericht (des Club of Rome) über die Grenzen des Wachstums sehr prophetisch war, selbst für die USA: „Das durchschnittliche Haushaltseinkommen 2014 in den USA betrug 50.000 Dollar. Hätten wir das Produktivitäts-Wachstum der Zeit vor 1970 beibehalten, läge das Einkommen bei 97.300 Dollar“ (Financial Times, 20.2.2016).

Das ist wohl auch einer der Gründe, warum in den USA in den Vorwahlkämpfen 2016 viele junge Wähler für einen Sozialisten stimmten, als ob sie sich vom Sozialismus mehr versprächen als vom Kapitalismus. Aber hier handelt es sich eher um ein Aufbegehren gegen eine unsichere Zukunft, gegen die Brüche in den letzten Jahrzehnten, gegen die anonymisierende Globalisierung und dagegen, dass sich die Jugendlichen den amerikanischen Traum ihrer Eltern nicht mehr leisten können.

Viele glauben auch nicht, dass neue Technologien ihre Pro-bleme lösen werden, was, um das Weltzukunftsrat-Mitglied Prof. Rolf Kreibich zu zitieren, ein gutes Zeichen ist, denn: „Es gibt keinen einzigen Hinweis auf nachhaltige Entwicklung in der gesamten Big Data- und Smart Data-Diskussion.“ In Japan würden die Menschen anfangen, den neuen Technologien zu misstrauen, da diese über die Realität hinwegtäuschten und nicht als sinnstiftend empfunden würden. Die neue Satori-Generation will weniger Konsum und sucht nach „Erleuchtung“(Baku Eye, Mai 2014). Der Demokratie und den demokratischen Institutionen vertrauen sie und ihre Gleichaltrigen in Europa und den USA immer weniger (World Values Survey, 2015).

Das ist das Ergebnis einer Politik, die auf der Grundlage von Kosten-Nutzen-Analysen, die ihr Ökonomen vorschreiben, ihre Entscheidungen trifft. Denn deren Modelle sind ideologisch und dienen den Interessen der Privilegierten, die sich um die Bedürfnisse zukünftiger Generationen nicht scheren. Mit ihrem Tunnelblick übersehen sie, dass unsere Wirtschaft von funktionierenden Ökosystemen abhängt. Wenn das Ökosystem zusammenbricht, wird nicht nur das gegenwärtige Bruttosozialprodukt zunichtegemacht, sondern auch das natürliche Kapital.

So berechnet das allgemein benutzte DICE-Modell (Dynamic Integrated Climate-Economy), dass selbst ein katastrophaler Temperaturanstieg von 4 °Celsius das Bruttosozialprodukt nur um 4 %, und ein Temperaturanstieg um 6 °Celsius dieses um weniger als 10 % reduzieren würde, trotz der Vorhersage, dass dann große Teile des Planeten unbewohnbar wären. Bei solchen Modellen, könnte weltweit das Bruttosozialprodukt immer noch wachsen, selbst wenn Afrika schon unbewohnbar ist.

Kein religiöses Dogma ist so mächtig und gefährlich wie die Dogmen der Ökonomen, die glauben, wir würden selbst auf einem brennenden Planeten immer noch reicher werden.

Dieser gefährliche Unsinn herrscht immer noch in vielen Köpfen, und auch die SDG-Nachhaltigkeitsstrategie der UNO leidet daran.

„Angesichts des heutigen Verhältnisses von Wachstum des Bruttosozialprodukts und dem Einkommenswachstum der ärmsten Länder wird es 207 Jahre dauern, um mit dieser Strategie die Armut zu eliminieren, und um das zu erreichen, werden wir die Weltwirtschaft um das 175-fache ihrer gegenwärtigen Größe anwachsen lassen müssen“ (Seeds of Change, Vol.32, Nr. 1, Jan.-April 2016, S. 15). Was offensichtlich unmöglich ist. Das Nachhaltigkeitsziel 17.1 fordert eine weitere Handels-Liberalisierung und mehr Macht für die Welthandelsorganisation – obwohl aufgrund der Umweltbedrohungen das Gegenteil erforderlich wäre, d. h. Import-Abgaben, um Umwelt-Dumping zu verhindern.

Wie ist es zu erklären, dass wir schon so lange einer Ideologie folgen, die unser Überleben bedroht?

Die US-amerikanische Heritage Foundation, ein einflussreiches konservatives Forschungsinstitut, das im Jahre 1980 anlässlich der Wahl Ronald Reagans als Denkfabrik großen Einfluss hatte und immer noch die US-Politik maßgeblich beeinflusst, hat damals unter anderem für alle Ministerien Politikempfehlungen formuliert. Sie wurden in einem 1000-Seiten-Buch veröffentlicht, mit dem Titel: „Mandat für Führung: Politik-Management in einer konservativen Regierung“. Diese Empfehlungen waren u. a. Privatisierung, Deregulierung, der Abbau von Sozialleistungen, sowie militärische Präventivschläge. Viele der empfohlenen Maßnahmen wurden umgesetzt, auch weil keine Alternativen präsentiert wurden. Um Margaret Thatcher zu zitieren: „Wirtschaft ist die Methode: das Ziel ist die Veränderung der Seele“ (Sunday Times, 1.5.1981).

Heute erkennt selbst das Business-Magazin Forbes an, dass der Kapitalismus es nicht geschafft habe, das Wohlergehen der Menschen im großen Maßstab zu verbessern (9.2.2016). Das Bewusstsein ist also geweckt worden, und nun ist es an uns, eine Methode zu finden, die Zerstörung des Planeten zu beenden. Auch wenn wir nicht über Mittel wie die Heritage Foundation verfügen, so haben wir viele Verbündete.

Da es um den Notfall Erde geht, muss alles, was wir bisher unternommen haben, neu überdacht werden; nicht, weil es falsch ist, sondern weil es nicht mehr ausreicht.

Auf einer unlängst abgehaltenen Konferenz wurde die Gewerkschaftsführerin Sharan Burrow gefragt, warum sie über den Klimawandel spreche und nicht über Jobs. „Weil es auf einem toten Planeten keine Jobs gibt“, antwortete sie. Eine öko-industrielle Umgestaltung würde natürlich Millionen neuer Jobs generieren; aber sie hat die Hierarchie der Risiken und Gefahren verstanden.

Die Herausforderung ist immens, aber nicht neu. Es gibt keine Sache von größerer Schwierigkeit, Gefahr und von zweifelhafterem Erfolg, als die Vorreiterrolle zu übernehmen bei der Einführung einer neuen Ordnung. „Denn alle die, welche sich in der alten Ordnung wohl befanden, sind der neuen feindlich; und diese hat nur laue Verteidiger bei denen, die dabei zu gewinnen hoffen.“ – ein Zitat aus Macchiavellis Schrift Der Fürst, die 1532 erschien.

Aber wir haben viele Verbündete:

unser lebendiger Planet, wenn wir die Richtung ändern solange er noch reagieren und sich erholen kann

die Jugend der Welt, die erkennt, dass die Versprechen der gegenwärtigen Ordnung für ihre Zukunft hohl sind und nach einer glaubwürdigen Alternative sucht

die Schutzlosen dieser Welt, die gemerkt haben, dass diese Ordnung bodenlos ist

unsere Vorfahren, die uns vertrauen, dafür zu sorgen, dass ihr Leben und ihre Errungenschaften nicht umsonst waren