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Abg.z.Nat.R.a.D. Dr. Robert GEISCHLÄGER
Herausgegeben von Med.R. Dr. Geischläger Hedwig Uecker

ZUM DENKEN VERURTEILT
Das Feuer weitergeben

© 2017, Abg.z.Nat.R.a.D. Dr. Robert GEISCHLÄGER

Herausgeber: Med.R. Dr. Geischläger Hedwig Uecker
Autor: Abg.z.Nat.R.a.D. Dr. Robert GEISCHLÄGER
Umschlaggestaltung, Illustration:
Helmut Ehn; Ce-Box Gestaltung & Design
Lektorat, Korrektorat: Thomas Happ Msc; Ing. Arno Tippow

Über den Autor und die Grundlagen, denen er sich verpflichtet fühlte

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„Bester der Männer, du ein Bürger Athens, der größten und an Weisheit und Stärke berühmtesten Stadt, du schämst dich nicht, dich um Schätze zu sorgen, um sie in möglichst großer Menge zu besitzen, auch um Ruf und Haltung, dagegen um Einsicht und Wahrheit und um deine Seele, dass sie so gut werde wie möglich, darum sorgst und besinnst du dich nicht?“

(Sokrates, überliefert von Platon in der Apologie)

Robert Geischläger besaß die innere Freiheit einer objektiven Sichtweise selbst in sehr persönlichen, für ihn lebenswichtigen Ausrichtungen. Er war untendenziös, geradlinig, lauter.

Dank seiner vielfältigen und außergewöhnlichen Begabungen war er überaus gebildet und gehörte einer intellektuellen Oberschicht an, die jene Werte eines Ottokar von Horneck aus Franz Grillparzers ‚König Ottokars Glück und Ende‘ wieder in Erinnerung rief.

Dass er sie selbst zu leben vermochte, war sein großer Verdienst für unser Land.

Robert Geischläger war seiner Zeit insofern voraus, als er einfach nur das tat, was er selbst als Aufgabe empfand: ‚Zum Denken verurteilt‘ zu sein, und gerade daraus jene Schlüsse zu ziehen, die die Folgen von Versäumtem, Unterlassenem, von Unbedachtem und Unausgereiftem prognostiziert haben und denen wir nun verunsichert, hilflos und oft auch verzweifelt gegenübersehen. Sein Einsatz galt vor allem für die Jugend, für die Schwachen und Fehlgeleiteten. Eines seiner Lieblingszitate war: „Eine Tradition bewahren bedeutet nicht, Asche zu bewachen, sondern Feuer weiterzugeben.“

Ch.K

Vorwort der Herausgeberin:

Der vorliegende Text entstand um die Jahre 1980 bis 1986. Der Autor unternimmt darin den Versuch einer Analyse der Zeitumstände, ihrer Auswirkungen auf verschiedene Bereiche des Lebens und diskutiert mögliche zukünftige Entwicklungen.

Der heutige Leser kann daraus einen Einblick gewinnen – in die Probleme von damals und von der Art, wie sie von einem kritischen Zeitgenossen gewichtet wurden.

Die damalige Aktualität wird immer wieder auch durch die aktuellen Zeitungsberichte der verschiedensten Medien dieser Zeit (inländischen und ausländischen) unterstrichen.

So manche Fehlentwicklung hat er allerdings damals schon vorhergesehen und versucht, sie zu korrigieren, was ihm allerdings leider nicht gelungen ist. So blieb er „Zum Denken verurteilt“.

Der Autor fühlte sich ein Leben lang für seine Mitmenschen verpflichtet. Er trat bereits früh der katholischen Studentenverbindung „Norica“ im ÖCV bei, die während der Nazi-Zeit verboten war.

Ja, bereits in der Studentenzeit hielt er freiwillig für die jüngere Generation Rhetorikkurse ab und versuchte, die Jüngeren durch ein vorbildliches Leben positiv zu beeinflussen. Sein Engagement wurde manchmal missdeutet, obwohl es aus Begeisterung für das Idealbild der antiken Redner Cicero und Seneca kam, die Beredsamkeit, Weisheit und Tugendhaftigkeit miteinander verknüpften.

Die Wertschätzung der Tradition als Feuer für die geistige Weiterentwicklung wollte der Autor auch durch sein Buch weitergeben.

Med.R. Dr. Geischläger Hedwig Uecker

ZUM DENKEN VERURTEILT

Vorwort des Autors:

Der Titel mag anspruchsvoll klingen, ist es aber nicht.

Zu denken und denken zu können wird meistens als ein Geschenk der Götter aufgefasst. So ist es mit den meisten Anlagen, die man hat. Nicht immer freilich ist es für den Betroffenen sehr angenehm. Man denke etwa an Menschen, die Vorahnungen oder einen sechsten Sinn haben, man denke im Tierreich an Hunde, die einen unglaublichen Geruchssinn entwickeln und solcherart das Herannahen eines Feindes fast „riechen“. Deshalb hält man sich auch Wachhunde. Fallweise gibt es auch Menschen, die das Herannahen eines Feindes oder das Hereinbrechen einer Gefahr erahnen und sie werden als solche bezeichnet, die das Gras wachsen hören. Andererseits ist es für sie nicht zu verantworten, wenn sie in Zeiten wie diesen, ihre Eindrücke lediglich für sich selbst sammeln und Anregungen aus diesen unterdrücken würden. Schließlich hat jeder einzelne für und

vor der Gemeinschaft Pflichten, die er erfüllen muss. So gesehen wird der Titel nicht als hochtrabend, sondern eher als Ausdruck einer bescheidenen Verpflichtung angesehen werden sollen.

Diese Arbeit hofft in leicht fasslicher Weise einen kleinen Überblick über die Gegenwartslage wie über die Zukunftsaussichten zu geben, wobei es sich weniger um eine Abhandlung im akademischen Stil handeln soll, sondern eher um eine journalistische Aufbereitung von Gedanken, die mir wichtig scheinen und die teils in den Hintergrund getreten sind, teils vergessen wurden oder auch bewusst aus dem öffentlichen Gesprächskreis gezogen wurden.

Obzwar die verschiedensten Problemkreise angeschnitten werden müssen, soll doch das Ausmaß einer kleinen Tour d´horizont nicht überschritten werden.

In diesem Sinne sei die Arbeit als das, was sie gedacht ist, nämlich ein gut gemeinter Beitrag für all jene, die an einer kurzen Analyse unserer Zeit Interesse haben, vom Leser freundlich aufgenommen.

Robert Geischläger

Pfingsten 1982

Als Vorwort der Nachruf des Philisterseniors der Katholischen Akademischen Verbindung „Norica“, Diakon Med.R. Dr. Romeo Reichel vom August 2014.

Liebe Bundesbrüder!

Ich habe die traurige Pflicht, Euch zu informieren, dass unser Bundesbruder Abg. Z. Nationalrat a.D. Mag. Dr. Robert Franz Otto Geischläger vlg.1 Perikles am 19. August 2014, im 96 Lebensjahr nach langer, mit Geduld und in Würde ertragener Krankheit, vom Herrn zu sich berufen wurde.

Das Requiem wird am 2. September 2014 um 11 Uhr in der Dr. Lueger Gedächtniskirche, Zentralfriedhof, Tor 2, gefeiert. Im Anschluss daran erfolgt die Beisetzung im Familiengrab in den Columbarien. Die Bundesbrüder sind eingeladen, plen.col.2 teilzunehmen.

Robert Geischläger wurde am 06.05.1919 in Wien geboren. Über seine Eltern hatte er viel Gutes berichtet, Nach 4 Klassen Volksschule und 8 Jahren Humanistischem Gymnasium meldet er sich als Maturant als einjährig Freiwilliger zum Österreichischen Bundesheer. Durch die politischen Veränderungen dauerte der Militärdienst bis 1945. Er absolvierte das Studium beider Rechte in Wien und wurde 1947 promoviert. Im Rahmen eines Fulbright-Stipendiums war er ein Jahr lang in Amerika. Er studierte auch an der Technischen Hochschule und war an der Lehrkanzel für Völkerrecht und Rechtsphilosophie wissenschaftlich tätig. Die Rechtsanwaltsprüfung machte er 1961 und war als Rechtskonsulent und Rechtsanwalt tätig.

Unter dem ersten ÖVP-Generalsekretär Dr. Felix Hurdes, Nb, Walth3, trat Robert 1945 der ÖVP bei und begann seine politische Tätigkeit in der Bezirksparteileitung Mariahilf. Von 1968 bis 1970 war er Abgeordneter zum Nationalrat. Er war ein geradliniger, prinzipientreuer und konsequenter Mensch, der Laxheit, Bequemlichkeit und mangelndes Engagement ablehnte. Dadurch, dass er dies auch von anderen einforderte, machte er sich auch in der ÖVP nicht nur Freunde.

Im Jahr 1986 lernte Robert Geischläger Frau Dr. Hedwig Ücker, Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie, bei einem Einkehrwochenende bei den Jesuiten in Lainz kennen, im Jahr darauf spendeten sie einander das Sakrament der Ehe in der Peterskirche.

Zu Roberts Hobbys gehörten neben seinem Beruf Politik, Lesen, das Verfassen von Lesebriefen und technische Entwicklungen. Unter anderem besaß er ein Patent für ein Laufband zur Personenbeförderung auf Flughäfen.

Robert hatte in all den Jahren ein großes Archiv aufgebaut, das er im Ruhestand, den es bis zum 88. Lebensjahr nicht gab, aufarbeiten wollte. Dies war ihm aber durch seine dann aufgetretene Krankheit nicht mehr möglich.

Bei „Norica“ wurde Robert am 20.6.1937 rezipiert4. Das 150 Semester-Band erhielt er von mir am 24.02.2013 im Rahmen einer kleinen Feier zu Hause überreicht. Die Freude darüber und über die Besucher war ihm anzusehen.

Unser Mitgefühl gilt seiner Witwe, Frau Dr. Hedwig Ücker-Geischläger, die so liebevoll ihren Gatten – vor allem auch in den Jahren seines zunehmenden Leidens – begleitete.

Fiduzit toter Bruder!

Romeo Reichel, PhilX5

Einleitung des Lektors Thomas Happ, MSc

Um die vorliegenden Seiten optimal in ihrer Intention zu rezipieren, ist es hilfreich, sich die gesellschaftliche und politische Situation in Österreich, aber auch darüber hinaus, zu vergegenwärtigen. In den frühen 80er-Jahren erleben wir eine Zeit der radikalen Wandlungen und gleichzeitig eine Phase der Erstarrung. Vor allem weltpolitisch bricht die letzte Phase des kalten Krieges an und diese lässt es nicht an Intensität vermissen. Die Sowjetunion wird seit 1964 von Breschnew geführt und die gewaltigen Anstrengungen im Wettrüsten mit den USA mitzuhalten, haben die Substanz aufgezehrt. Wie jeder wankende Riese versucht auch die Sowjetunion, den Eindruck der Stärke aufrechtzuerhalten. Der Einmarsch in Afghanistan Ende 1979 führt dies der Welt vor Augen. Die USA reagieren mit einer weiteren Verschärfung ihrer Rüstung und 1983 wird Präsident Reagan die Mär vom „Reich des Bösen“ begründen und den Krieg der Sterne mit dem Satelliten-Programm SDI ausrufen. Die Auseinandersetzung der beiden Systeme geht in die Endrunde, der Sieger scheint bereits festzustehen.

In anderen Teilen der Welt ist Krieg alles andere als kalt.

Seit September 1980 befinden sich Iran und Irak im verheerenden Golfkrieg, der fast acht Jahre dauern würde. Argentinien und das Vereinigte Königreich werden 1982 den kurzen, aber umso ikonischeren, Falklandkrieg führen, welcher der Welt zeigt, dass überall scheinbar unbedeutende Konflikte zu einer entsetzlichen Eskalation führen können.

Inmitten dieser Entwicklungen versucht Österreich, sein „Insel der Seligen“-Dasein zu prolongieren. Das Kabinett Kreisky IV sitzt in der Regierung und das kommende Ende von über elf Jahren SPÖ-Alleinregierung scheint nahe. Die ÖVP, einst bestimmender Faktor der Zweiten Republik, ist bereits seit Längerem zur Opposition verdammt und auch wenn in sechs Bundesländern ÖVP-Landeshauptmänner sitzen, bestimmt Kreisky die Bundespolitik. Im Jahr 1979 wurde die Inbetriebnahme des Kernkraftwerks Zwentendorf in einer Volksabstimmung knapp abgelehnt und erste Risse in der SPÖ-Allmacht werden sichtbar. Eine Reihe von Skandalen erschüttert die Republik, allen voran die AKH-Affäre, die zeigt, wie man ein Budget um das 45-Fache sprengt und unbeabsichtigt Europas teuerstes Krankenhaus errichtet. Nicht umsonst spricht Bundespräsident Kirchschläger 1980 von der dringend notwendigen „Trockenlegung der Sümpfe und sauren Wiesen“. Trotz aller Erosionserscheinungen der Sozialdemokratie wird es 1986 werden, bis die ÖVP unter Alois Mock wieder einer Regierung angehört.

Gesellschaftlich ist Österreich von Veränderungen gekennzeichnet. Seit Anfang 1975 ist die Fristenlösung in Kraft, die einen Schwangerschaftsabbruch bis zur 16. Woche straffrei macht. Die ÖVP versucht alles, um dies zu verhindern, doch die absolute Mehrheit der SPÖ im Nationalrat trifft einen Beharrungsbeschluss gegen den Bundesrat. Bürgerliche und christliche Kreise sind entsetzt. Ebenfalls seit 1975 ist der Wehrersatzdienst aus Gewissensgründern, der Zivildienst, in Kraft. Unter dem Druck pazifistischer Verbände eingeführt, erlaubt er nach einer Vorbringung der Beweggründe vor einer Kommission die Ableistung des Zivildienstes anstelle der Wehrpflicht. Der durchaus nicht von der Hand zu weisende Widerspruch in der Gesinnung vieler Menschen, die Wehrdienst ablehnen, aber Abtreibungen befürworten, wird im Rahmen des Buches ausführlich erläutert.

Schließlich bleibt auch die Katholische Kirche nicht von Veränderungen und Konflikten verschont. Das Zweite Vatikanische Konzil von 1962 bis 1965 hat eine Reihe von Modernisierungen der Kirche eingeläutet, die von Teilen der Würdenträger als Irrweg gesehen wird. Gegen die als „modernistisch“ wahrgenommenen Reformen tritt auch Erzbischof Marcel Lefebvre auf und gründet 1970 die Piusbruderschaft. Nachdem diese zunächst innerhalb der Kirche gedeiht, kommt es 1976 zum Bruch und Papst Paul VI. suspendiert Lefebvre, nicht ohne dessen Ansichten zusätzlich als Irrlehre zu verurteilen. Dieser Konflikt steht stellvertretend für die Schwierigkeit der Katholischen Kirche, einen Weg zwischen Tradition und Moderne zu finden. Zum Zeitpunkt des Entstehens dieses Buches ist mit Papst Johannes Paul II. ein wenig Ruhe eingekehrt und die Kirche wird Ihre Aufgabe immer mehr in Friedensappellen und weltpolitischem Engagement, unter anderem gegen den Kommunismus, finden. Eine Richtung, die der Autor dieses Buches durchaus nicht unkritisch sieht.

Ein wesentlicher roter Faden durch den Text liegt in der Betrachtung der Jugend und ihrer Herausforderungen. Wie in jeder Generation, ist auch in der Jugend der frühen 80er-Jahre eine Orientierungslosigkeit und Sinnsuche wahrnehmbar, die durch die rapiden Veränderungen der Zeit und die immer aggressiver auftretenden Massenmedien nur noch verstärkt wird. Der Mangel an aktuellen Vorbildern und Leitlinien und die Möglichkeiten gegenzusteuern, sind für Robert Geischläger wichtige Anliegen, die er immer wieder im Kontext zum Zeitgeschehen thematisiert. Wie wir im 21. Jahrhundert sehen, ist dieses Thema unverändert relevant und die Suche nach Antworten dauert unverändert an.

Zusammenfassend mögen uns einige der Positionen in der heutigen Zeit ein wenig fremd anmuten. In den vergangenen 35 Jahren seit dem Entstehen dieses Buches sind jedoch auch zahlreiche gesellschaftliche Entwicklungen passiert, die Robert Geischläger teils ahnen, teils jedoch wohl in kühnen Träumen nicht voraussehen konnte. Politisch leben wir heute in ungleich volatileren Zeiten, doch auch die 80er waren nicht arm an erschütternden Ereignissen, die die Denkweise und Haltungen der Menschen geprägt haben. Somit seien die Mahnungen des Autors einerseits in seine Zeit zu verorten. Nichtsdestotrotz sprechen seine Anliegen, Werte und Appelle durch die Jahrzehnte unverändert zu uns. Seine gleichzeitig christliche wie humanistische Sichtweise ist heute vielleicht nicht mehr populär, an Bedeutung für die Betrachtung von aktuellen wie historischen Ereignissen hat sie hingegen nichts verloren.

Inhaltsverzeichnis

Erstes Kapitel: LAGEBERICHT 21

1.) Familie

2.) Moral

3.) Schulbildung

4.) Sicherheit

5.) Justizwesen

6.) Arbeitslosigkeit

7.) Wirtschaftspleite

8.) Energiewirtschaft im Dilemma

9.) Drogen

10.) Atombomben-Ausrüstung

11.) Angst vor Überbevölkerung

12.) Zusammenfassung

Zweites Kapitel: DER MENSCH

1.) Sprache

2.) Beziehung

3.) Elternhaus, Kirche, Schule, Lebensentfaltung, Lebensinhalt

4.) Lebenssinn, Beispiele

5.) Die Einstellung

6.) Die Entwicklung des Menschen

7.) Vaterland, Heimat

8.) Arbeitsplatz

9.) Die ältere Generation

10.) Das Gewissen

11.) Ideologie

Drittes Kapitel: DIE GEMEINSCHAFT

1.) Menschenrechte

2.) Befreiung, Emanzipation

3.) Vaterland

4.) Vereinigungen

5.) Eigentum

6.) Vereinte Nationen (UNO)

7.) Gesellschaftspolitik im Allgemeinen: Vertrauen in die junge Generation

8.) Von der Konfrontation zur Diskussion

9.) Gedanken über Selbstverwirklichung

10.) Die Angst der Österreicher/Stumpf ist Trumpf

11.) Blut und Ehre, Wenn Mutterliebe machtlos

12.) Die Erziehung in Österreich, Literaturpreis

13.) Die sozialen Wurzeln der Sexualmoral

14.) Linke, Neue Linke, Naive Linke

15.) El Salvator-Kämpfer geführt von SI (Sozialist. Internation.)

16.) Uganda

17.) Amerika

18.) Geschändetes Volk

19.) Vieles liegt unter der britischen Würde

Viertes Kapitel: DER STAAT 111

1.) Entstehung und Zweck des Staates

2.) Gemeinschaft

3.) Patriarchen, Könige, Diktatoren, Demokratie

4.) Gewaltentrennung

5.) Der Mensch als solcher

6.) Autonomiebestrebungen

7.) Vermassungserscheinungen im Staatswesen

8.) Der Staat in seiner Gesetzgebung und Rechtssprechung

9.) Was ist Kunst?

Fünftes Kapitel: DIE RELIGION

1.) Der religiöse Mensch, Naturreligion, die griechische Götterwelt, Judentum

2.) Politik, Konflikte zwischen Kirche und Staat

3.) Moral und Sexualität

4.) Liturgie und Volk

5.) Islam im Vormarsch

Sechstes Kapitel: DIE ZUKUNFT

1.) Kehr um ins Morgen

2.) Lebenseinstellungen

3.) Möglichkeiten

4.) Schwierigkeit, die pluralistische Gesellschaft

5.) Massenmedien und ihr Einfluss

6.) Jugend – Ermutigung zum Positiven

7.) Sport, Wichtigkeit positiver Freundschaften

8.) Persönlichkeitsbildung, Bedeutung der Religion

9.) Um geben zu können, muss man haben

ANHANG

Ich lebe mein Leben in wachsenden
Ringen, die sich über die Dinge ziehn
R.M. Rilke, Stundenbuch

ERSTES KAPITEL: LAGEBERICHT 1982

Wer würde jetzt im Frühling, da diese Zeilen geschrieben sind, etwas anderes als positive Aussagen erwarten? Wieder blühen die Blumen und die Bäume draußen. Die Menschen unterhalten sich, erfreuen sich bei Musik, fröhlichem Gespräch und leichter Unterhaltung ihres Lebens. Manche jungen Leute werden schweren Überlegungen weniger Zeit widmen. Einige alte Menschen wieder werden nicht mehr die Kraft aufbringen, um einen Beitrag für die Entwicklung in der Gesellschaft, der sie angehören und die sie umgibt, zu leisten.

Die meisten aber werden mit sich selbst und ihren Aufgaben, aber auch den Abwechslungen, die ihnen das Leben bietet, genug zu tun haben. Wer also wird sich hier Gedanken machen? Oder ist es gar nicht so wichtig, sich Gedanken zu machen, da man in seinem Innersten ohnedies das eine oder andere fühlt? Vor allem dann, wenn man durch den Zufall des Alltags auf diese oder jene Schwierigkeit hingewiesen wird? Man sieht dann, dass doch nicht alles so rosig ist, wie es auf den ersten Blick scheint und wie man es gerne hätte. Dies ist meistens der Zeitpunkt, wo man darüber klagt, dass einem dieses oder jenes widerfahren ist, dass man Opfer der Zustände, der Umstände geworden ist. Man bedenkt nicht, dass man vielleicht selber gestern oder vorgestern schuld war, dass es jemand anderem so ging.

Irgendwann also stellt sich heute das Unbehagen ein. Und in der Jugend gibt es dann grob gesehen zwei Gruppen: Die Gruppe, zweifellos die überwiegende Anzahl, der nicht viel auffällt, zumal sie ja in diesen Zeiten aufgewachsen ist und nichts anderes gesehen hat. Die zweite Gruppe aber, die gewiss auch nicht mehr erlebte, aber sich durch Sorglosigkeit und Lässigkeit „auszeichnen“, das sind jene, die oftmals ein übles Bild von „der Jugend“ bieten. Dabei ist dieses Bild um es nochmals zu sagen unberechtigt. Erstens ist ja die große Masse der Jugend nicht nur positiv gesinnt, sondern auch ebenso in die Gesellschaft integriert. Zweitens würde die andere Gruppe nicht derart negativ wirken müssen, wenn sie entsprechend geführt würde. Schließlich wäre das die Aufgabe der Erziehung (Education), also des Heranziehens durch die Erwachsenen – Eltern, Lehrer, Priester, Politiker, Journalisten und so weiter erfüllten diese alle ihre Pflicht.

Nun ist es durchaus nicht so, dass die Jugend mehr Unbehagen fühlen würde als die Erwachsenenwelt. Schließlich trifft es so oder so fast jeden. Es ist nämlich eine merkwürdige Lage; einerseits spricht man sich Mut zu und sagt, es wäre noch niemals so gut gewesen wie heute. Zu Hause wartet der gefüllte Eiskasten, das Fernsehen sichert einen unterhaltsamen Abend und wenn man will, kann man ausgehen. Menschen, die früher kaum an Urlaub denken konnten, leisten sich heute nicht selten einen Auslandsurlaub. Was solls? Was ist da überhaupt falsch?

Man verstehe mich nicht falsch. Das Libyen Gaddafis hat kaum mehr Einwohner als Wien mit seinen etwa 2 Millionen. Trotzdem fürchtet sich die ganze Welt vor diesem Land oder zollt ihm mindestens großen Respekt, ihm und seinem Führer. Wenn auch der Iran ein Vielfaches an Größe und Einwohnerzahl hat als Libyen – wer hätte gedacht, dass es sich die Führungsmacht des Westens gefallen lässt, dass die Angestellten ihrer Botschaft rund ein Jahr in den Händen der sogenannten „Studenten“ (beziehungsweise dann offen der Revolutionsgarden Chomeinis) gefangen sein könnten? Das Gefühl der Geborgenheit im Westen wird schwächer.

 

Mangelnde Geborgenheit

Die Menschen sehen sich immer mehr von den Gefahren bedroht, die sie umlauern und was sind die Ursachen? In der Folge sollen einige, vielleicht die Hauptpunkte, herausgestellt werden:

Die christliche Familie ist das Fundament
für die Rettung und die Wiederherstellung Europas.

Konrad Adenauer

1.) Familie

Die Familie als solche scheint schwer gefährdet. Ehedem war sie als Großfamilie für die Eheleute Hort und Sicherheit in Freud und Leid. Für die Kinder wiederum die Stätte ihrer Eindrücke, die ihnen anheimelnde Atmosphäre bei den Eltern ebenso brachte, wie Unterweisung in den ersten Kenntnissen und Fragen des Benehmens. Auch die Großeltern fanden einen Platz darin, um den Lebensabend in Würde zu verbringen. All das ist heute anders. Es ist durch die städtische Entwicklung und die Problematik, die das Dach über dem Kopf gebracht hat, die erste Veränderung eingetreten. Verhältnismäßig kleine Wohnungen ermöglichen keine großen Familien. Gewiss waren früher in kleineren Wohnungen noch größere Familien, aber damals war der echte Gemeinschaftssinn größer. Je mehr man von sozial und Solidarität sprach, umso weniger sah die Wirklichkeit danach aus. So gesehen hat sich die Familie für viele zu einer Zwangsjacke entwickelt, der es zu entkommen gilt. Soweit die Äußerlichkeit.

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In der heutigen Welt hält man
Zügellosigkeit für FREIHEIT
F.M. Dostojevski

2.) Moral

Haben sich schon die äußeren Umstände aus inneren Gründen geändert, so ist sie ein weiterer Grund, der sich als ein Spaltpilz erweist: Die Moral, ehedem als das betrachtet, was sie ist, nämlich ein Hilfsmittel im Zusammenleben der Menschen, etwas, das für jeden Einzelnen Erleichterung bieten sollte, wurde als unangenehm betrachtet und aufgelöst, wie man ein Korsett aufknöpft, das zu eng ist. Waren es bisher die Religionsgemeinschaften, die hier ein wachsames Auge offen hielten, so sind diese in den letzten drei Jahrzehnten vollkommen auf Tauchstation gegangen. Man sieht und hört von ihnen auf diesem Gebiet überhaupt nichts. Andererseits haben sich Erscheinungen breitgemacht, die sich nicht nur die Erlaubnis für ihr Tun von der Gesellschaft und der Gesetzgebung holen, sondern immer weiter drängen. Hierher gehören die Treffen zu Gruppensex genauso wie die Entwicklung homosexueller Gemeinschaften, aber auch die zahlreichen Vorstöße auf künstlerischem Gebiet (man müsste häufig sagen, pseudo-künstlerischem Gebiet) in Richtung Pornografie. Etwas als Pornografie anzupreisen ist heute zu einem neutralen, fachorientierten Kriterium geworden, ähnlich als wenn man etwas als Drama, Komödie und so weiter bezeichnen würde.

Die Pornowelle erstreckt sich übrigens auf alle Gebiete und hat auch im allgemeinen Geschäftsleben Eingang gefunden. Hat man früher ein einschlägiges Geschäft als „Ehe-Hygiene“ bezeichnet, so ist heute die Benennung „Sex Shop“ noch das einfachste. Dabei ist die Entwicklung durchaus nicht abgeschlossen. Anfänglich haben die Homosexuellen dafür gekämpft, dass ihre Haltung straffrei gestellt wird. Später stritten sie für die Anerkennung ihrer Wesensart, dann ging es darum, in Zeitungen durch Inserate Gleichgesinnte zu finden. Schließlich wurden Versammlungen veranstaltet, damit ihnen eine allgemeine Werbefreiheit gestattet werde.

Um die Sexualrevolution bereits im Kindesalter vorwärts zu treiben, wurde die sogenannte Sexualerziehung in den Schulen eingeführt. Es geht hier nicht darum, den Kindern die Entstehung des menschlichen Lebens näherzubringen – so, wie es schon früher geschah – sondern vielmehr darum, sie mit allen Einzelheiten vertraut zu machen und ihr Interesse zu wecken. Damit wird erreicht, dass bereits 12- und 13-Jährige nicht nur in harmloser Weise wie früher „Vater und Mutter“ spielen, sondern sich realistisch sexuell betätigen. Wenn es dann die Großstadtsituation nicht anders erlaubt, ist solch ein Paar auch auf der Straße zu sehen. Entsprechend angesprochen auf das unverantwortliche Tun gibt es dann die Antwort „weils so guttut“. Erstaunlich ist es dann, als Sensationsmeldungen fallweise in Publikationen von zwölfjährigen Müttern zu lesen. Bei früh entwickelten Mädchen ist das eben die Folge. Wie der Staat es verantworten kann, einer solchen Vorgangsweise Vorschub zu leisten, ist unerfindlich. Fest steht nur, dass diese Fehlentwicklung von staatlicher Seite gefördert wird.

Das Ziel der Bildung sollte die Charakterbildung sein,
nicht nur Wortwissen.

Friedrich Wilhelm von Humboldt

3.) Schulbildung

In Richtung Schulbildung ist ein großer Wandel eingetreten, der durchaus nicht zum Guten tendiert. Man könnte es kurzer Hand eine Minimalisierung nennen, was der sozialistischen Vorstellungswelt entspricht. Hier zeigt sich am ehesten These und Antithese, nämlich Gleichheitspolitik oder Entwicklungspolitik. Ohne zunächst qualifizieren zu wollen, muss festgestellt werden, dass die Gleichheitspolitik ein statisches Element zur Grundlage hat, während die Entwicklung ein dynamisches besitzt. Der Unterschied ist am besten in der Peripherie zu sehen.

Beim egalitären Prinzip sind alle gleich, beim elitären Prinzip gibt es die Auswahl und die Entwicklung zur Spitze. Ohne Spitze aber ist keine Gesellschaft denkbar. Forschung und Wissenschaft würden austrocknen, wenn es keine Spitze gäbe. So gesehen ist insbesondere die sozialistische Bildungspolitik auf einem falschen Weg. Wenn auch nicht bestritten werden soll, dass Schulversuche von Zeit zu Zeit notwendig sind, weil es überhaupt im Leben und in der Forschung ohne Versuche nicht geht, scheint doch die Zielrichtung verfehlt. Dabei sollte man aus gewissen Schlüsselworten gleich erkennen können, was beabsichtigt ist. Da ist ein ganz hervorragendes Wort: die „Chancengleichheit“. Dieses Wort lässt sich so ausdeuten, dass immer wieder gleiche Chancen bestehen sollen. Man könnte das so veranschaulichen, dass bei einem