Die Edelstein-Girlies

Aller Anfang ist leicht

Roswitha Gruler

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Erste Auflage 2014

© net-Verlag, 39517 Tangerhütte

© Coverbild und Illustrationen: Jenny Schneider

Covergestaltung, Lektorat und Layout: net-Verlag

1. digitale Auflage: Zeilenwert GmbH 2014

ISBN 978 - 3-95720 - 041-9

Inhaltsverzeichnis

Cover

Titel

Impressum

Die Girlies

Rubina bekommt Post

Die magischen Steine

Gemeinsam gegen die Robinson-Brüder

Kätzchen in Not

Der Wettbewerb

Die Badenixen

Die Gespensterjagd

Die verbotenen Früchte

Der Flohmarkt

Danksagung

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Buchempfehlungen

Die Girlies

Wir sind die glitzi, blitzi, flitzi Kinder,

wir sind keine Engel und keine Sünder.

Unterdrückten Kindern stehen wir zur Seite,

das Böse sucht vor uns das Weite.

Wir sind die glitzi, blitzi, flitzi Mädchen,

fahren Skooter und kleine Fahrrädchen.

Wo Not am Mann ist, schreiten wir ein,

für vieles sind wir nicht mehr zu klein.

Wir sind die glitzi, blitzi, flitzi Bande.

Lieblingsfarbe rosarot ist keine Schande.

Alles, was funkelt, zieht uns magisch an,

Edelsteine, Schmuck und Spangen, Mann oh

Mann.

Wir sind die glitzi, blitzi, flitzi Schüler,

strecken aus fleißig unsere Fühler.

Rechnen, lesen, schreiben, malen,

während die Faulen nur so prahlen.

Wir sind die glitzi, blitzi, flitzi Püppchen,

keiner spuckt uns ungestraft ins Süppchen.

Vieles lernen wir aus Märchen und Geschichten,

wer will schon gerne auf uns verzichten?

Roswitha Gruler

Rubina bekommt Post

Irgendetwas kitzelte mich an der Nase, und eine Stimme sagte: »Aufstehen, Schlafmütze! Ein neuer Tag hat begonnen.«

»Bitte, lass mich noch schlafen«, bettelte ich. Gähnend rieb ich mir die Augen und blickte in das lächelnde Gesicht von meiner Oma Loreley. »Ach, Omi, du hast mich aber erschreckt. Ich bin noch so müde.«

Meine Großmutter schaute plötzlich ganz streng, streckte den Zeigefinger nach oben und sagte: »Wenn du noch schlafen willst, dann kann ich dir gar nicht die Post geben, die für dich gekommen ist.« Oma drehte sich um und wollte mein Zimmer verlassen.

»Warte!« Hellwach sprang ich aus dem Bett und lief hinter ihr her. »Habe ich wirklich Post bekommen?«

Omi lächelte wieder und nickte. »Geh dich waschen und zieh dich an! Die Post wartet am Frühstückstisch auf dich.«

Wie der Blitz rannte ich ins Bad und erledigte alles in Windeseile. Ich zog meine Lieblingshose und mein neues, rosafarbenes Lillifee-T-Shirt an, und schon stand ich vor meiner Oma, die mir ein kleines Päckchen in die Hand drückte.

»Schau! Da steht dein Name drauf: Rubina Spitznagel. Mach es auf!«

Ich nahm das Päckchen in die Hand und schüttelte es. Es war ganz leicht, und irgendetwas polterte darin. Ich war total aufgeregt und öffnete es mit zitternden Händen.

»Weißt du, von wem es ist?«, fragte ich meine Omi.

»Da steht kein Absender drauf. Vielleicht ist ein Zettel drin.« Oma war genauso aufgeregt wie ich, und sie sah aus, als hätte sie mir am liebsten geholfen, das Päckchen zu öffnen.

Endlich hatte ich es auf und staunte. Ein roter Glitzerstein fiel in meine Hand, und mit dabei lag ein Brief.

»Oh, wie schön«, sagte meine Omi, »das ist ein Rubin. Von dem hast du deinen Namen bekommen. Schau mal nach, was im Brief steht.«

Fasziniert hielt ich den Rubin gegen das Fenster. »Schau mal, Omi, wie hell der leuchtet, und er wirft seine roten Strahlen auf mich.« Ich behielt den Stein in meiner Hand und faltete den Brief auseinander.

»Bitte lies ihn doch laut vor! Ich bin neugierig, was da drin steht«, sagte Oma und setzte sich.

»Also gut«, begann ich. »Hier steht:

›Hüte mich wie deinen Augapfel, dann werde ich dir Glück bringen! Ich habe noch eine grüne, eine blaue und eine weiße Schwester. Finde ihre Besitzerinnen und schließe dich mit ihnen zusammen! Gemeinsam seid ihr unschlagbar. Tut Gutes! Die Steine werden es euch danken.‹«

Ich ließ den Brief sinken und schaute ratlos meine Oma an. »Ach, Omi, wie soll ich denn die anderen Besitzerinnen finden? Und was ist mit der grünen, blauen und weißen Schwester gemeint?«

Omi setzte mich auf ihren Schoß und drückte mich. »Damit sind sicher die anderen Edelsteine gemeint. Weißt du, es gibt noch den grünen Smaragd, den blauen Saphir und den weißen Diamanten, obwohl der eigentlich durchsichtig ist. Ich glaube, das ist damit gemeint. Aber mach dir keine Sorgen! Du musst einfach nur darauf achten, wer auch solch einen Glitzerstein in diesen Farben besitzt. Schau dich in deiner Klasse oder auf dem Pausenhof um! Ich bin sicher, dass du die anderen Besitzerinnen bald finden wirst.«

Erleichtert steckte ich den Rubin in meine Hosentasche und verstaute den Brief in meinem Schulranzen. Mit neun Jahren ist man ja schon ein großes Mädchen, dachte ich. Das ist wie eine Schatzsuche. Und das kann ich gut.

Danach frühstückte ich mit Omi, aber ich musste immer an den Stein denken. Dabei fiel mir etwas ein. »Omi, es war gar kein Absender im Päckchen. Von wem ist denn nun der Stein?«

Meine Omi schüttelte den Kopf und zog die Schultern hoch. »Ach, Rubinchen, Schatz, das weiß ich nicht. Vielleicht kommt er von einer guten Fee?«

In der Schule setzte ich mich wie üblich zuerst an meinem Platz in der zweiten Reihe und holte das Mäppchen und das Heft aus dem Schulranzen. Vorsichtig schaute ich mich um. Niemand von meinen Klassenkameradinnen hatte einen Glitzerstein auf dem Tisch liegen oder in der Hand.

Da half nur eines: Ich musste meinen Stein aus der Tasche holen und auf den Tisch legen. Zum Glück hatte mir Omi diesen Rat noch mitgegeben. Omi ist einfach die Beste. Schade, dass sie nur so selten zu Besuch kam. Aber sie wohnte sehr weit weg und kam meist nur, wenn Mama Papa auf eine längere Geschäftsreise begleitete.

Ich liebte es sehr, wenn Oma Loreley hier war. Mit ihr erlebte ich die tollsten Abenteuer. Immer ließ sie sich was einfallen, und es wurde nie langweilig.

Einmal verkleideten wir uns als vornehme Gräfinnen und fuhren mit einer gemieteten Kutsche auf die Burgruine Küssaburg. Dort spielten wir den Touristen die Burgbesitzerinnen vor und taten so, als würden wir die Ruine wieder renovieren lassen wollen.

Oder ein anderes Mal verkleideten wir den alten Apfelbaum im Garten mit Stoffresten und Wollschals, sodass er ganz bunt war. Den Nachbarn erklärten wir, dass der Baum erkältet war und ganz viel Wärme bräuchte.

Und jeden Abend erzählte sie mir die schönsten Gutenachtgeschichten, die es gab. Ich hatte immer das Gefühl, als hätte sie diese alle selbst erlebt, weil meine Omi sie stets sehr lebhaft vortrug.

Meine Kameradinnen Marina und Christel standen plötzlich neben mir und klopften mir auf die Schulter.

Marina platzte fast vor Aufregung. »Wir haben deinen roten Glitzerstein gesehen und wollten dir sagen, dass wir heute Morgen auch einen bekommen haben. Christel hat einen durchsichtigen Diamanten und ich einen blauen Stein bekommen. Meine Mama sagt, dass dies ein Saphir ist. Hast du auch den Brief dazu bekommen?« Sie zeigte mir den Brief, der fast haargenau so aussah wie meiner.

Ich freute mich riesig, dass ich nicht lange suchen musste und nickte schnell. »Ja, ich habe fast das gleiche Schreiben erhalten. Und wer hat den grünen Stein?«

Christel hatte eine Idee. »Ich gehe auf den Pausenhof und zeige jedem meinen Saphir. Vielleicht meldet sich ja die Besitzerin vom grünen Stein.«

Es vergingen keine fünf Minuten, da stand Christel wieder da. Im Schlepptau hatte sie Serafina, eine Kameradin aus der Parallelklasse.

Serafina streckte den grünen Stein vor und sagte: »Hallo. Ist das nicht aufregend? Wir haben uns aber schnell gefunden. Was passiert jetzt?«

Wir sahen uns alle mit riesigen Augen an, aber es fiel keinem eine Antwort ein.

Die Schulglocke läutete, und ich sagte schnell: »Wir treffen uns in der großen Pause bei der alten Kastanie. Dann können wir weiterüberlegen. Also, bis später!«

Es dauerte eine Ewigkeit, bis uns endlich die Pausenglocke erlöste.

Die anderen warteten bereits am Treffpunkt und betrachteten die Steine. Ich holte meinen Stein aus der Hosentasche und zeigte ihn auch. Alle vier Steine waren nun zusammen, und als ein Sonnenstrahl den Weg durch die vielen Äste und Blätter der Kastanie fand, leuchteten die Edelsteine so stark, dass wir alle die Luft anhielten, weil es so wunderschön aussah.

»Das ist ein Zeichen«, sagte ich noch immer ganz atemlos. »Wir müssen uns zusammentun, so wie es im Brief steht.«

Die anderen drei nickten und warteten gespannt darauf, dass ich weiterredete. »Am besten wir treffen uns heute Nachmittag bei mir zu Hause. Ich habe ein Baumhaus. Dort sind wir alleine und können alles besprechen. Wir brauchen ja einen Namen für unsere Gruppe. Und was wollen wir alles zusammen machen?« Grübelnd lehnte ich mich an den Baum.

Serafina hatte eine Idee. »Wir müssen auch Regeln festlegen. In meiner Turngruppe gibt es für alles Mögliche Regeln.«

Marina stimmte zu: »Ja, das stimmt. Das ist sogar in meiner Musikschule so. Wenn jemand flucht, dann muss er zum Beispiel zehn Cent in das Sparschwein werfen, und wenn jemand zu spät kommt, muss er nach dem Unterricht die Stühle wegräumen und die Tafel saubermachen.«

»Aber wie wollen wir uns nennen? Das ist doch total wichtig«, warf ich ein.

Ein älterer Junge aus der vierten Klasse kam plötzlich zu uns gerannt und rief: »Hey, ihr Girlies! Habt ihr die Schulglocke nicht gehört? Die Pause ist schon längst vorbei.«

Wie aus einem Mund sagten wir alle: »GIRLIES!«

»Das ist es«, sagte ich, und die anderen stimmten freudig zu.

»Wir sind von jetzt ab die Edelstein-Girlies«, fügte ich hinzu. »Also, wir treffen uns heute Nachmittag um drei Uhr bei mir. Bis später!«

Wir rannten zurück in unser Klassenzimmer.

Dann ernteten wir vorwurfsvolle Blicke von unserer Lehrerin, weil wir zu spät kamen. »Von Drittklässlern erwarte ich, dass sie pünktlich kommen«, meinte sie streng, aber zum Glück machte sie keinen Eintrag in das Klassenbuch.

»Danke, lieber Rubin«, sagte ich ganz leise zu meinem Edelstein. Ich war davon überzeugt, dass er uns davor bewahrt hatte.

Die magischen Steine

Nach der Schule erzählte ich Oma Loreley die Neuigkeiten und wollte sofort mein Baumhaus aufräumen gehen, damit alles für meine neuen Freundinnen vorbereitet war.

»Zuerst gibt es aber Mittagessen«, sagte meine Oma bestimmt. »Es gibt Spaghetti à la Prinzessin. Das ist doch deine Leibspeise, schon vergessen? Danach sind die Schulaufgaben dran, und im Anschluss darfst du dein Prinzessinnen-Baumhaus aufräumen gehen und deine Versammlung abhalten.«

Die Aussicht, dass es mein Lieblingsessen gab, stoppte meinen Eifer. Niemand kochte so gut wie meine Omi, und dieses Gericht hatte sie extra für mich erfunden. Welches Kind bekam sonst zu Hause Spaghetti mit einer rosaroten Tomatensoße mit pinkfarbenen Schokolinsen serviert?

Voller Vorfreude versuchte ich, die langen Nudelfäden auf meine Gabel zu wickeln. Doch ich war nicht sehr geschickt darin. Bei jeder zweiten Gabel plumpsten die Spaghetti wieder zurück auf den Teller, und die Soße spritzte sowohl auf den Tisch als auch auf meine Kleidung.