Heinrich Kramer

Der Hexenhammer
(Band 1-3)

 
 
 
 
 
 
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2018 OK Publishing

 
ISBN 978-80-272-4008-1

Sechzehnte Frage. Von der Zeit und zweiten Art des Verhöres. Zwölfter Akt. Über die schließlichen Vorsichtsmaßregeln, die der Richter beobachten muß.

Inhaltsverzeichnis


Außer dem Vorausgeschickten ist noch einiges zu bemerken. Erstens, daß (die Hexen) an besonders heiligen Tagen und während der Feier der Messe zu verhören sind, so daß auch das Volk ermahnt wird, die göttliche Hilfe im allgemeinen anzuflehen, ohne besondere Angaben, außer daß die Heiligen gegen gewisse Beunruhigungen durch die Dämonen angerufen werden. Zweitens, daß das, was oben vom Salze und anderen geweihten Dingen berührt worden ist, samt den sieben Worten, die Christus am Kreuze aussprach, auf einen Zettel geschrieben und zusammengebunden ihr an den Hals gebunden werde. Die Länge Christi werde ihr aus geweihtem Wachs auf den bloßen Leib gegürtet, wenn man die Länge selbst bequem haben kann. Die Erfahrung hat gelehrt, daß sie durch diese Dinge auf wunderbare Weise belästigt werden und kaum an sich halten; besonders aber gilt dies von den Reliquien der Heiligen.

Wenn dies so geordnet und Weihwasser im Tranke gereicht ist, werden wiederum Vorbereitungen zum peinlichen Verhör getroffen, unter fortwährender Ermahnung wie vorher. Während sie aber vom Fußboden hochgehoben wird, wenn sie in solcher Weise gefoltert wird, lese der Richter die Aussagen der Zeugen mit Angabe der Namen vor, oder lasse sie vorlesen; indem er sagt: »Siehe, durch die Zeugen bist du überführt!« Desgleichen wenn die Zeugen sich Auge in Auge vorstellen wollen, frage der Richter, ob sie gestehen wolle, wenn sich die Zeugen sich ihr ins Gesicht zeigten? Wenn sie zusagt, dann wären die Zeugen hereinzuführen und vor ihr aufzustellen, ob sie vielleicht in Schamröte oder aus Ehrfurcht etwas gestehen möchte. Schließlich, wenn er sieht, daß sie ihre Schandtaten nicht enthüllen will, wird er sie fragen, ob sie sich zum Beweise ihrer Unschuld dem (Gottes)urteil des glühenden Eisens unterziehen wolle; und weil dies alle wünschen, da sie wissen, daß sie durch die Dämonen vor einer Verletzung bewahrt werden, woher man auch erkennt, daß sie wirklich Hexen sind, so wird der Richter erwidern, mit welcher Frechheit sie sich so großen Gefahren aussetzen könne; und alles werde aufgeschrieben. Daß aber jenes Gottes(urteil) mit dem glühenden Eisen ihnen nicht zu gestatten sei, wird sich weiter unten ergeben.

Der Richter möge auch beachten, daß sie beim Verhör am sechsten Feiertage, Karfreitag. besonders so lange bis das Läuten um des Verscheidens unseres Heilandes willen geschieht, oft gestanden haben.

Aber weil es nötig ist, daß wir bezüglich des Äußersten, d. h. eines vollständigen Leugnens vorgehen, so soll der Richter, wenn sie darin beharrt, sie losbinden (lassen) und sich noch der folgenden Vorsichtsmaßregeln bedienen: Beim Hinausführen aus dem Strafgefängnis in ein anderes, jedoch gut gesichertes zur Bewachung hüte er sich durchaus, sie auf irgend eine Weise gegen Kaution oder Bürgschaft oder sonst wie ein Gutsagen für sie beschließe, freizugeben, weil von solchen gegen Bürgschaft freigegebenen die Wahrheit niemals erlangt wird, im Gegenteil sie immer schlechter werden.

Aber dafür sorge er zuerst, daß sie menschlich mit Speise und Trank bedacht wird und bisweilen ehrenwerte, nicht verdächtige (Männer zu ihr) hineinkommen, die sich auch häufig über verschiedene Dinge von dem, was sie angeht, mit ihr unterhalten und endlich im Vertrauen raten sollen, sie möchte die Wahrheit gestehen, wobei sie ihr versprechen, daß der Richter ihr Gnade angedeihen lassen werde und sie gleichsam Vermittler sein wollen. Zu diesem Ende soll der Richter eintreten und ihr versprechen, Gnade walten zu lassen, wobei er entweder an sie oder aber an das Gemeinwesen denkt, zu dessen Erhaltung alles, was geschieht, dankenswert ist. Wenn er ihr aber bezüglich des Lebens Versprechungen macht, was oben in der vierzehnten Frage über die drei Weisen berührt worden ist, so werden die Einzelheiten vom Notar aufgeschrieben, und zwar unter welcher Form und Absicht der Worte die Gnade versprochen worden ist. Und wenn die Angezeigte auf diese Weise um Gnade gebeten und Tatsachen enthüllt hat, sollen allgemeine Redensarten gemacht werden, (wie z. B .) es werde ihr mehr werden als sie selbst erbeten habe; zu dem Ende, daß sie mit größerer Vertrauensseligkeit rede.

Die zweite Vorsichtsmaßregel in diesem Akte ist, daß, wenn sie die Wahrheit durchaus nicht hat entdecken wollen, der Richter ihre Mitschuldigen ohne ihr Wissen verhört, und wenn sie etwas derartiges ausgesagt haben, wodurch sie überführt werden könnte, so lege der Richter das vor und untersuche eifrig wegen der einzelnen Punkte. Zu demselben Zwecke sollen ihr die Werkzeuge oder Salben und Büchsen, die sich etwa im Hause gefunden haben sollten, gezeigt (und sie gefragt) werden, wozu sie sie gebraucht habe etc.

Die dritte Vorsichtsmaßregel: Wenn sie immer noch in ihrer Verstocktheit verharrt und er ihre Mitschuldigen verhört hat, die gegen und nicht für sie ausgesagt haben, oder auch wenn er dies nicht getan hat dann besorge er einen anderen, vertrauenswürdigen Mann, von dem er weiß, daß er der in Haft Gehaltenen nicht unangenehm ist, sondern gleichsam ihr Freund und Gönner, der an irgend einem Spätabend bei der Hexe eintritt, die Gespräche hinzieht und schließlich, wenn er nicht zu den Mitschuldigen gehört, vorgibt, es sei viel zu spät zur Rückkehr, und im Gefängnis bei ihr bleibt, wo sie dann in der Nacht in gleicher Weise miteinander sprechen. Wenn er aber zu den Mitschuldigen gehört, dann besprechen sie sich auch unter Essen und Trinken über die begangenen Dinge; und dann sei angeordnet, daß außerhalb des Gefängnisses an einer geeigneten Stelle Aufpasser stehen, die sie aushorchen und ihre Worte sammeln; und wenn es nötig sein sollte, sei ein Schreiber bei ihnen.

Die vierte Vorsichtsmaßregel besteht darin, daß, wenn sie beginnt, die Wahrheit zu sagen, der Richter auf keinen Fall die Entgegennahme ihres Bekenntnisses halbiert, selbst mitten in der Nacht, sondern so viel er kann damit fortfährt; und wenn es am Tage geschieht, so kümmere er sich darum, wenn er das Frühstück oder das Mittagsbrot hinausschieben muß, sondern bleibe dabei, bis sie die Wahrheit gesagt hat, wenigstens in den Hauptsachen. Denn durch die Teilungen und Unterbrechungen hat es sich häufiger gezeigt, daß sie zum Leugnen zurückkehren und die Wahrheit nicht enthüllen, welche sie zu entdecken begonnen hatten, nach Abhaltung einer gar schlechten Beratung.

Der Richter beachte auch, daß er nach dem Geständnis der Menschen oder Tieren angetanen Schädigungen nachforsche, seit wie viel Jahren sie einen Incubus-Dämon gehabt und seit wie langer Zeit sie den Glauben abgeleugnet habe, weil sie ebenso auf jeden Fall auch am Ende darüber zu befragen sind, wie sie über diese Punkte niemals ein Geständnis ablegen, wenn sie nicht erst das andere gestanden haben.

Die fünfte Vorsichtsmaßregel: Wenn alles Vorgenannte versagt, dann werde sie, wenn es geschehen kann, nach einer Zitadelle gebracht, und wenn sie dort einige Tage zur Bewachung überwiesen ist, stelle sich der Kastellan, als wollte er nach fernen Gegenden reisen, und inzwischen sollen einige Freunde oder auch ehrbare Frauen sie besuchen und ihr versprechen, sie wollten sie gänzlich frei abziehen lassen, wenn sie sie nur über gewisse Experimente belehren wollte. Der Richter beachte, daß sie sehr oft auf diese Weise gestanden haben und überführt worden sind. Ganz kürzlich ward eine Hexe in der Diözese Straßburg, nahe bei der Stadt Schlettstadt, im Schlosse Königsheim festgehalten, die durch keine Folterungen und peinlichen Verhöre dazu gebracht werden konnte, ihr Verbrechen zu gestehen. Endlich, als der Kastellan die oben erwähnte Weise befolgte, der freilich im Schlosse anwesend war, während ihn die Hexe jedoch abwesend wähnte, traten drei Freunde bei ihr ein und versprachen ihr freie Loslassung, wenn sie sie nur über gewisse Experimente belehrte. Wiewohl sie es beim ersten Male abschlug und ihnen vorwarf, daß sie hinterlistig mit ihr umgingen, fragte sie doch endlich, worüber sie belehrt sein wollten. Da sagte der eine, über die Erregung von Hagelschlag, der andere über fleischliche Taten; und als sie schließlich jenen über den Hagel belehren wollte und die Hexe, nachdem eine mit Wasser gefüllte Schüssel herbeigebracht worden war, sich angeschickt hatte, daß sie mit dem Finger das Wasser ein wenig umrührte, und sie selbst gewisse Worte ausgestoßen hatte, erfüllte den Ort, den der Neugierige genannt hatte, nämlich den am Schlosse anliegenden Wald, ein solcher Sturm und Hagel, wie es seit vielen Jahren nicht gesehen worden war.

Was in dem Falle jedoch, wo alles versagt; oder auch in dem Falle, wo sie die Verbrechen gesteht, der Richter weiterhin zu tun habe, damit der Prozeß durch den Urteilsspruch beendigt werde, worin der letzte Teil dieses Werkes beschlossen wird, ist noch zu erklären übrig.

Fünfunddreißigste Frage dieses letzten Teiles. Über die Arten, jedwede Hexen abzuurteilen, die in frivoler Weise oder auch berechtigt appellieren.

Inhaltsverzeichnis


Wenn aber der Richter merken sollte, daß der Angezeigte schließlich zu dem Rechtsmittel der Berufung seine Zuflucht nimmt, so ist erstens zu bemerken, daß diese bisweilen für giltig und berechtigt, bisweilen für frivol und nichtig erachtet wird. Da nämlich in Glaubensgeschäften summarisch, einfach und ohne Formalitäten vorgegangen werden muß, wie im Vorhergehenden auf Grund des c. multorum quaerela bei Clemens, wo auch das Rechtsmittel der Berufung versagt wird, oft berührt ist, die Richter jedoch bisweilen aus eigenem Antriebe wegen der Schwierigkeit des Geschäftes dieses gern in die Länge ziehen und aufschieben, so können sie bedenken, daß, wenn der Angezeigte fühlen sollte, daß er vom Richter wirklich und in der Tat gegen Recht und Gerechtigkeit Erschwerungen erfahren hat, z. B. daß er ihn zu seiner Verteidigung nicht hat zulassen wollen, oder daß er allein, ohne Beratung mit anderen oder auch ohne Zustimmung des Bischofs oder seines Stellvertreters auf Folterung des Angezeigten erkannt hat, während er andere genügende Beweise für und wider hätte haben können, und dem ähnliches, daß dann die Berufung berechtigt sein sollte; anderenfalls nicht.

Zweitens ist zu beachten, daß der Richter, wenn ihm eine derartige Berufung vorgelegt wird, dann ohne Unruhe und Bewegung eine Abschrift der Berufung verlangen soll, unter Protestation mit Worten, daß ihm die Zeit nicht laufe; und wenn ihm der Angezeigte selbst die Abschrift der Berufung überreicht hat, soll er bemerken, daß er noch zwei Tage zum Beantworten und danach noch dreißig zur Ausführung des Abgabeberichtes habe; und wiewohl er sogleich antworten und diesen oder jenen Abgabebericht geben kann, wenn er viel erfahren und kundig ist, so ist es doch, um recht vorsichtig vorzugehen, besser, ein bestimmtes Ziel von zehn, zwanzig oder fünfundzwanzig Tagen zum Geben wie auch Entgegennehmen des Abgabeberichtes, wie ihn zu geben er beschlossen hat, mit der Befugnis der Prorogation festzusetzen.

Drittens muß der Richter beachten, daß er innerhalb der angegebenen Zeit die Gründe der Berufung oder angezogenen Erschwerungen sorgfältig beachten und erörtern muß; und wenn er nach Abhaltung eines guten Rates von Erfahrenen sieht, daß er dem Angezeigten in ungerechter und ungebührlicher Weise Schwierigkeiten gemacht hat, indem er ihn nicht zu seiner Verteidigung zugelassen oder zur ungehörigen Zeit den peinlichen Fragen ausgesetzt hat, oder ähnliches, soll er, wenn der bezeichnete Termin herankommt, seinen Irrtum verbessern und den Prozeß bis zu dem Punkte und Stande reduzieren, auf welchem er war, als jener Verteidigungen erbat oder einen Termin zur Zwischenrede bezeichnete, und ähnliches. Er beseitige die Erschwerung, nach deren Beseitigung er wie vorher vorgehe. Denn durch die Beseitigung der Erschwerung wird die Berufung, die eine war, nichtig; nach c. cessante, extra de appellationibus.

Aber hier beachte ein umsichtiger und vorsichtiger Richter, daß es gewisse Erschwerungen gibt, die sich wieder gut machen lassen, und zwar sind das diejenigen, von denen eben die Rede gewesen ist; und dann findet das eine Stätte, was gesagt worden ist. Gewisse aber sind nicht wieder gut zu machen; z. B. wenn der Angezeigte wirklich und tatsächlich gefoltert worden ist und dann, wenn er loskommt, appelliert; oder wenn Kleinodien und gewisse nützliche (Geräte) zugleich mit den Gefäßen und Instrumenten, deren sich die Hexer bedienen, weggenommen und verbrannt worden sind, und ähnliches, was nicht wieder gutgemacht noch widerrufen werden kann; und dann hat die vorgenannte Weise keinen Raum, nämlich den Prozeß bis zu dem Stande zu reduzieren, wo dem Betreffenden die Erschwerung auferlegt worden war.

Viertens muß der Richter beachten, daß er zwar vom Tage der Antwort dreißig Tage zur Erledigung des Abgabeberichts hat, nach c. de appellationibus, und dem Bittsteller den letzten gesetzlichen Tag, d. h. den dreißigsten, zur Entgegennahme des Abgabeberichtes bezeichnen kann; um jedoch nicht den Anschein zu erwecken, als wollte er den Angezeigten plagen und sich ungehöriger Plagerei verdächtig zu machen, auch nicht den Anschein zu erwecken, er bestärke die ihm auferlegte Erschwerung, um derentwillen appelliert worden ist, so ist es besser, daß er innerhalb der gesetzlichen Zeit einen angemessenen Termin festsetzt, z. B. den zehnten Tag oder den zwanzigsten; und zwar kann er danach, wenn er (die Sache dann noch) nicht erledigen will, beim Herannahen des Termines diesen verschieben, indem er sagt, er sei durch andere Geschäfte in Anspruch genommen gewesen, oder dergl.

Fünftens muß der Richter beachten, daß, wenn er dem Appellanten, der um den Abgabebericht bittet, einen Termin vorbestimmt, er ihn nicht bloß zur Abgabe des Abgabeberichtes, sondern gleichermaßen zur Abgabe und Entgegennahme des Abgabeberichtes bezeichnet, weil, wenn er ihn nur zur Abgabe bestimmte, dann der Richter, von welchem appelliert wird, dem Appellanten (den Abgabebericht) zu schicken hätte. Er soll ihm also den Termin bezeichnen, d. h. den und den Tag des und des Jahres, zur Abgabe und Entgegennahme des und des Abgabeberichtes vom Richter, so wie er ihn zu geben beschließt.

Sechstens soll er beachten, daß er bei Bezeichnung dieses Termines in der Antwort nicht sagt, er werde einen abschläglichen oder zustimmenden Abgabebericht geben; sondern um eingehender erwägen zu können, soll er sagen, daß er ihn so erledigen werde, wie er ihn zu erledigen dann beschließen werde. Er bedenke auch, daß er bei der Bezeichnung dieses Termins dem Appellanten, damit jede Behutsamkeit, Ränke und Bosheiten des Appellanten beseitigt werden, Ort, Tag und Stunde im besonderen angibt; daß er z. B. den zwanzigsten August gegenwärtigen Jahres bezeichnet, als Stunde die Vesper, und (als Ort) die Stube des Richters selbst, in dem und dem Hause der und der Stadt oder des und des Ortes, dem und dem Appellanten, zur Abgabe und Entgegennahme des Absageberichtes so, wie ihn zu erledigen er beschließen wird.

Siebentes beachte er, daß, wenn er in seinem Herzen beschlossen hat, den Angezeigten festzuhalten, da es das Verbrechen verlangt und die Gerechtigkeit erfordert, er bei der Bezeichnung des Termines angibt, daß er dem Appellanten den und den Termin zur Abgabe oder persönlichen Entgegennahme des Abgabeberichtes bezeichnet, und bezeichne eben diesem Appellanten den und den Ort zur Abgabe des Abgabeberichtes an ihn und zur Entgegennahme desselben von ihm, bezüglich dessen es in der Gewalt des Richters liege, den Appellanten ungehindert zurückzuhalten, jedoch erst nach vorheriger Abgabe eines abschläglichen Abgabeberichtes; sonst nicht.

Achtens beachte der Richter, daß er gegen den Appellanten nichts Neues unternimmt, sei es, daß er ihn verhaftet, oder den peinlichen Fragen aussetzt, oder aus dem Gefängnis befreit oder sonst etwas, von der Stunde an, wo ihm die Appellation vorgelegt worden ist, bis zu der Stunde, wo er einen abschläglichen Abgabebericht übergeben hat.

*

Nachwort. Beachte: Es trifft sich oft, daß der Angezeigte, wenn er zweifelt, was für ein Spruch gegen ihn gefällt wird, weil er sich seiner Schuld bewußt ist, häufig zu dem Mittel der Berufung seine Zuflucht nimmt, um so dem Spruche des Richters zu entgehen, weshalb er von ihm appelliert und frivole Ursachen angibt, z. B. daß der Richter ihn in Haft gehalten und ihn gegen geeignete Sicherheit nicht hat freilassen wollen, und ähnliches frivoles gefärbtes (Zeug). Wenn diese Berufung dem Richter vorgelegt ist, verlange er eine Abschrift der Berufung, und wenn er sie hat, bestimme er sogleich oder nach zwei Tagen in seiner Antwort dem Appellanten Tag, Stunde und Ort zur Abgabe und Entgegennähme eines derartigen Abgabeberichtes, wie (abzufassen) er beschließen wird; innerhalb der gesetzmäßigen Frist jedoch, z. B. den zehnten, fünfzehnten, zwanzigsten oder dreißigsten Tag des und des Monats. Innerhalb dieser bezeichneten Frist erörtere der Richter sorgfältig die Abschrift der Berufung und die Erschwerungen oder Gründe, um derentwillen jener appelliert, und erwäge mit einem guten Rate Rechtsgelehrter, ob er dem Appellanten einen abschlägigen Abgabebericht geben solle, d. h. verneinende Antworten, indem er die Berufung nicht zuläßt, oder einen zustimmenden, d. h. bejahende und ehrerbietige Antworten, die an den Richter zu senden sind, an welchen jener appelliert, wobei sie in die Berufung eingetragen werden. Wenn er nämlich sieht, daß die Gründe der Berufung falsch oder frivol und nichtig sind und daß der Appellant nichts weiter will als dem Urteil entgehen oder es hinausschieben, so gebe er einen negativen oder abschläglichen Abgabebericht. Wenn er aber sieht, daß die Erschwerungen wirklich bestehen und ihm ungerechterweise auferlegt worden sind, auch nicht wieder gutzumachen sind, oder er zweifelt, ob es so ist, oder er sonst wegen der Bosheit des Appellanten ermüdet ist und sich von einer so großen Last befreien will, so fertige er dem Appellanten einen zusagenden oder ehrerbietigen Abgabebericht aus. Wenn also der dem Appellanten bezeichnete Termin herankommt und der Richter den Abgabebericht oder die Antworten noch nicht formuliert hat oder sonst nicht bereit ist, kann er peremptorisch zugleich oder allmählich bis zum dreißigsten Tage Aufschub geben, welches der letzte gesetzliche Termin zur Erledigung des bezeichneten Abgabeberichtes ist. Wenn er ihn aber formuliert hat und aufgelegt ist, kann er dem Appellanten sogleich den Abgabebericht geben. Wenn er also beschlossen hat, einen negativen oder abweisenden Abgabebericht zu geben, so soll er es beim Herannahen des peremptorisch bezeichneten Termins auf folgende Weise schriftlich erledigen:

»Aber der vorgenannte Richter, antwortend auf die vorgenannte, inzwischen stattgehabte Berufung, wenn sie Berufung genannt zu werden verdient, sagt, daß er selbst gerecht und den kanonischen Satzungen oder auch den kaiserlichen Bestimmungen oder Gesetzen gemäß vorgegangen ist, vorzugehen beabsichtigt und vom Pfade beiderlei Rechts nicht abgewichen ist noch abzuweichen beabsichtigt; auch den Appellanten selbst gar nicht beschwert noch zu beschweren beabsichtigt oder Im Sinne gehabt hat. Dies ergibt sich aus den angezogenen Gründen, die (in der Berufung) gefärbt sind. Die einzelnen durchgehend (ist zu sagen): Er hat ihn darin nicht beschwert, daß er ihn verhaftet und in Haft behalten hat. Denn da er ihm wegen der und der ketzerischen Verkehrtheit angezeigt ist und viele Zeugen gegen ihn hat, so mußte und muß er ihn verdientermaßen als der Ketzerei überführt oder als ihm heftig verdächtig in Haft halten; hat ihn auch nicht beschwert, daß er ihn nicht gegen Bürgschaft freigeben wollte. Denn da das Verbrechen der Ketzerei ein Verbrechen von den größeren ist, auch der Appellant selbst überführt war und vergebens beim Leugnen verblieb, so ist er auch gegen die größte Bürgschaft nicht freizugeben, sondern ist und war im Gefängnis festzuhalten. (So gehe er die einzelnen Gründe durch. Wenn dies geschehen ist, sage er:) Daher scheint der Richter gebührend und gerecht vorgegangen und von den Pfaden des Rechts gar nicht abgewichen zu sein und ihn im geringsten nicht beschwert zu haben. Aber der Appellant selbst bestrebt sich, durch gefärbte und erdichtete Gründe dem Urteil zu entgehen, indem er unberechtigt und ungehörig appelliert. Deshalb ist seine Berufung frivol und nichtig, indem sie ja nicht auf grund einer Erschwerung eingelegt worden ist, sondern nach Inhalt und Form verfehlt ist. Und da auf Grund frivoler Berufungen weder die Gesetze Berücksichtigung empfehlen noch der Richter sie empfehlen darf, so sagt also der Richter, daß er die eingelegte Berufung nicht zuläßt noch zuzulassen beabsichtigt noch anheimgibt noch anheimzugeben vorschlägt. Diese Antwort bietet er dem besagten N. N., der so ungehörig appelliert, als abschlägigen Abgabebericht, und befiehlt, sie sofort unmittelbar hinter der vorgenannten ihm vorgelegten Berufung (in die Akten) einzufügen«. Und damit übergebe er sie dem Notar, der ihm die Berufung vorgelegt hat.

Nachdem dieser abschlägige Abgabebericht dem Appellanten so erteilt worden ist, walte der Richter sogleich seines Amtes, indem er (mit dem Prozeß) fortfährt, dadurch daß er den Befehl gibt, jenen zu verhaften oder festzuhalten oder ihn zu arretieren, oder ihm einen Termin bezeichnet, an dem er vor ihm erscheinen soll, oder irgend etwas ähnliches, aus dem sich ergibt, daß er nicht aufhört, Richter zu sein, und er soll seinen Prozeß gegen den Appellanten fortsetzen, bis er von dem Richter, an den appelliert worden ist, gehindert wird, fortzufahren. Jedoch hüte sich der Richter, gegen die appellierende Person etwas Neues zu beginnen, weder sie zu verhaften, noch, falls sie verhaftet ist, aus dem Gefängnis befreien, noch sonst etwas, von der Stunde an, da ihm die Berufung überreicht worden ist, bis er ihm den abschlägigen Abgabebericht übergeben hat. Aber danach kann er es, wie oben gesagt ist, falls die Gerechtigkeit es verlangt, bis er von dem Richter gehindert wird, an den appelliert worden war; und dann schicke er jenen mit den geschlossenen und versiegelten Akten auf Treu und Glauben, unter sicherer Bewachung, und, falls es nötig ist, gegen geeignete Bürgschaft an den vorgenannten Richter zurück.

Wenn aber der Richter beschlossen hat, einen zusagenden und ehrerbietigen Abgabebericht auszufertigen, soll er ihn bei Herannahung desselben peremptorisch bezeichneten Termines schriftlich in der Weise, wie folgt ausfertigen:

»Der genannte Richter, antwortend auf die vorgenannte, eingelegte Berufung, wenn sie Berufung genannt zu werden verdient, sagt, daß er gerecht und wie er mußte, in gegenwärtiger Sache vorgegangen ist und nicht anders, noch den genannten Appellanten beschwert noch ihn zu beschweren beabsichtigt hat. Dies ergibt sich aus den angezogenen Gründen. (Sie werden einzeln durchgegangen). Denn er hat ihn darin nicht beschwert, wenn er sagt etc. (Er gehe die einzelnen Gründe der Berufung in besserer Weise und so wahrheitsgemäß durch, als er nur kann und schließt so:) Daher ist es klar, daß der Richter selbst genannten Appellanten in keiner Weise beschwert und ebendiesem Appellanten keinen Grund gegeben hat, zu fürchten, es würde gegen ihn nicht nach Verdienst und Gerechtigkeit vorgegangen. Deshalb ist seine Berufung frivol und nichtig, weil sie nicht aus einer Erschwerung heraus eingelegt worden ist, und es ist ihr gesetzmäßig vom Richter nicht Raum zu geben. Aber um der Ehrfurcht vor dem apostolischen Stuhle willen, an welchen appelliert worden ist, sagt der Richter selbst, daß er die genannte Berufung zuläßt, ihr Raum gibt und Raum zu geben beabsichtigt, indem er die ganze gegenwärtige Sache an unseren heiligen Herrn, den Papst und an den heiligen apostolischen Stuhl zurückgibt und ebenjenem Appellanten eine bestimmte Zeit, nämlich so und so viele nächstfolgende Monate bezeichnet, innerhalb deren er sich, samt den ihm vom Richter zu übergebenden verschlossenen und versiegelten Akten, oder sonst nach Stellung einer geeigneten Sicherheit, in der römischen Kurie vorstellen zu wollen, oder mit einer treuen und sicheren, ihm durch den Richter selbst zu besorgenden Bewachung, in der römischen Kurie unserem Herrn, dem Papste, vorzustellen hat. Diese Antwort bietet der Richter selbst eben jenem Appellanten als zusagenden Abgabebericht und befiehlt, ihn unmittelbar hinter der ihm überreichten, eingelegten Berufung einzufügen«. Und so soll er ihn dem Notar übergeben, der ihm die Berufung überreicht hat.

Es beachte aber ein kluger Richter, daß er sogleich, sobald er dem Appellanten den ehrerbietigen Abgabebericht ausgefertigt hat, selbst aufhört, in der Sache Richter zu sein, für welche jener appelliert hat; er kann auch nicht weiter darüber erkennen, ausgenommen, die Sache wird ihm durch unseren heiligsten Herrn, den Papst, zurückgeschickt. Daher soll er sich in diese Sache nicht weiter einmischen, außer daß er besagten Appellanten in der vorgenannten Weise an unseren Herrn, den Papst, schickt, indem er ihm den passendsten Termin bezeichnet; nämlich einen Monat, zwei oder drei, damit er sich inzwischen darauf einrichten und zurechtmachen kann und von ihm eine geeignete Bürgschaft empfängt, innerhalb ebenderselben bezeichneten Frist In der römischen Kurie zu erscheinen und sich vorzustellen; oder wenn Appellant die Bürgschaft nicht stellen kann, werde er mit treuer und sicherer Bewachung hingeschickt. Oder er verpflichte sich, so gut er kann, innerhalb des bezeichneten Termines sich in der römischen Kurie unserem Herrn, dem Papste, vorstellen zu wollen; oder es steht nicht bei ihm.

Wenn aber der Richter eine andere Sache hat und in der anderen Sache gegen ihn vorgeht, in welcher der Angezeigte nicht appelliert hat, so bleibt der Richter in jener Sache selbst Richter wie zuvor. Auch wenn nach Zulassung der Berufung und Abgabe eines ehrerbietigen Abgabeberichtes der Appellant selbst wegen anderer Verbrechen der Ketzerei angeklagt und dem Richter denunziert wird, um die es sich in der Sache, deretwegen er appelliert hat, nicht handelt, hört er nicht auf, Richter zu sein; im Gegenteil, er kann für sich ungehindert wie vorher (dazu verschreiten), sich zu unterrichten und die Zeugen zu vernehmen; und wenn die erste Sache in der römischen Kurie beendigt oder an den Richter zurückgeschickt worden ist, kann er in der zweiten ungehindert vorgehen.

Es mögen aber die Richter beachten, daß sie die verschlossenen und versiegelten Akten an die römische Kurie unter Bezeichnung der Richter schicken, die nach Verhandlung der Werte des Prozesses das Urteil fällen sollen; auch sollen die Inquisitoren dort sich nicht darum kümmern, gegen die Appellanten zu verhandeln, sondern sie ihren vorgenannten Richtern zur Beurteilung überlassen; und wenn diese Richter die Inquisitoren gegen die Appellanten nicht wollen teilnehmen lassen, sollen sie von Amtswegen vorgehen zur Besorgung der Appellanten, wenn sie erledigt sein wollen.

Es mögen die Richter auch beachten, daß, wenn sie auf Drängen der Appellanten persönlich vorgeladen werden und erscheinen, sie sich doch durchaus hüten, die Streitsache zu beschwören; sondern sollen darauf achten, die Prozesse zu erledigen und die ganze Sache auf jene (Vorderrichter) zurückzugeben und dafür zu sorgen, daß sie recht schnell zurückkehren können, um dort nicht in schädlicher Weise durch Widerwillen, Elend, Arbeiten und Ausgaben ermüdet zu werden. Denn (daraus) ergeben sich Schäden für die Kirche, und die Ketzer werden bestärkt, und dann finden die Richter nicht so viel Gunst und Achtung und werden nicht gefürchtet, wie es ihre Gegenwart bewirkt. Desgleichen wenn andere Ketzer, was für welche es auch seien, ihrerseits sehen, daß die Richter in der römischen Kurie müde und stark beschäftigt sind, richten sich ihnen die Hörner auf, verachten jene, werden bösartig und säen ihre Ketzereien (um so) dreister; und wenn gegen sie verhandelt wird, appellieren sie in ähnlicher Weise. Auch andere Richter werden schwächer in der Wahrnehmung der Glaubensgeschäfte und in der Ausrottung der Ketzer, da sie fürchten, sie möchten durch ähnliche Appellationen vor Widerwillen und Elend ermüden; und zwar schlägt dies alles dem Glauben und der heiligen Kirche Gottes zu großem Nachteil aus, vor deren jedem der Bräutigam der Kirche diese selbst zu bewahren geruhen möge.