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Inhaltsverzeichnis

Impressum

Motto

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Kapitel 22

Kapitel 23

Kapitel 24

Kapitel 25

Epilog

Über die Autorin

Originalausgabe

April 2016

 

2. korrigierte Auflage

Dezember 2016

 

Blackzone - Nach ihren Regeln

Philippa L. Andersson

Copyright: © Philippa L. Andersson, 2016, Berlin, Deutschland

 

Umschlagfoto: © fotolia/svitlychnaja

Umschlaggestaltung: Philippa L. Andersson

Lektorat: Sarah Herzer, Atlanta, GA, USA

Korrektorat: Laura Gosemann, Berlin, Deutschland

 

Philippa L. Andersson vertreten durch:

Sowade, Plantagenstraße 13, 13347 Berlin, Deutschland

philippal.andersson@gmail.com

www.facebook.com/PhilippaLAndersson

www.philippalandersson.de

 

Alle Rechte vorbehalten. Ein Nachdruck oder eine andere Verwertung ist nachdrücklich nur mit schriftlicher Genehmigung der Autorin gestattet.

Sämtliche Personen in diesem Text sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind zufällig.

 

 

#BlackIsTheNewGrey

EINS

Deine Tage sind gezählt, Miss King.

Mit einem müden Lächeln wollte ich das schlichte Pappkärtchen bereits auf den Stapel mit den anderen völlig idiotischen Drohungen legen. Pro Tag bekam ich im Durchschnitt 87,34 dieser gähnend langweiligen Nachrichten als E-Mail und etwa einen Einkaufswagen voll in Postform – diese großen, nicht diese Wägelchen für Kinder. Und der Inhalt glich sich so sehr, dass ich mich manchmal fragte, ob es nicht sogar ein Schreibseminar für Wutbürger gab, eine Anleitung mit Textbausteinen im Internet stand oder aber alle einfach voneinander abschrieben.

Kurz: keine große Sache. Eher nervig, weil gerade das Postzeug meinen Briefkasten verstopfte, sodass nicht mal die übliche Werbung reinpasste. Und da gab es ab und zu wirklich brauchbare Coupons, die ich, sollte es geregnet haben, erst mal trocknen musste.

Doch etwas ließ mich zögern, das Pappkärtchen zu all den anderen zu legen, die ins Archiv kämen.

Ich nahm den Umschlag, fummelte – so gut es mit meinen Schutzhandschuhen ging, die ich zur Sicherheit trug – an den verklebten Kanten und drehte und wendete ihn zwischen meinen Fingern, als könnte er sich in irgendwas Cooles verwandeln.

Tat er natürlich nicht.

Dann hielt ich mir das Papier an die Nase und schnupperte erst vorsichtig, dann intensiver daran. So, wie ich es mal im Chemieunterricht gelernt hatte. Schnüffelprobe und so. Ich Streber.

Nichts Ungewöhnliches.

Danach folgte mein visueller Check. Erst mit dem bloßen Auge, dann der Lupe und schließlich dem Mikroskop. Was dauerte, da ich den Umschlag Millimeter für Millimeter absuchte.

Keine verräterischen Flecken, keine Beschriftung, kein auffälliger Geruch. Perfekte Drohpost. Da könnten sich meine Jungs noch eine Scheibe abschneiden.

Mein Instinkt schlug jetzt erst recht Alarm.

Die gleiche Prozedur wiederholte ich mit dem Pappkärtchen und stutzte.

Mit der wie gedruckt aussehenden, gleichmäßig braunen Schrift stimmte etwas nicht.

Ich schnupperte hochkonzentriert daran.

Kein Zweifel: Die recht schlichte Botschaft war mit Blut verfasst worden. Und jemand hatte sich große Mühe gegeben, dass man das nicht auf den ersten Blick erkannte. Jeder einzelne Buchstabe war so perfekt geschrieben, dass er wie am Computer getippt und ausgedruckt aussah. Die Schrift kannte ich. Great Vibes. Sehr humorvoll.

Ich pfiff und Daniel, einer meiner Bodyguards und Schwanz der Woche, hob den Kopf und sein Gesichtsausdruck veränderte sich sofort von ›bereit‹ zu ›alarmiert‹. Wahrscheinlich weil ich wieder diese dämliche Grübelfalte zwischen den Augenbrauen hatte – ein Teil meiner Mimik, den ich trotz jahrelanger Übung einfach nicht unter Kontrolle bekam.

Als Oberhaupt einer der größten kriminellen Organisationen an der Ostküste hatte ich nicht nur ein entsprechend großes Team, sondern einen Trupp von drei Männern, die einzeln oder als Trio permanent in meiner Nähe waren, quasi als rechte Hand, linke Hand, und eine, falls es irgendwo juckte, also für Sex. Denn ich hatte keine Zeit für die übliche Datingscheiße. Außerdem war es unpraktisch zu sagen: Hi Darling, ich bin Tessa, mag Hunde, Eiscreme und foltere in meiner Freizeit Leute. Dennoch hatte ich Bedürfnisse und immerhin konnte ich sie so befriedigen. Meine Jungs hatten dann auch was davon: Sie waren nicht allzu angespannt.

Heute war Daniel an meiner Seite, ein bulliger Zweimetermann, der fantastische Reflexe besaß, mein bester Scharfschütze war und das Einmaleins veganer Küche exzellent beherrschte. Er ließ sein Tablet sinken, auf dem er sich mit meinen anderen Jungs, Richie und Brian, austauschte, und nahm Haltung an.

Der Blick meines Bodyguards schweifte aufmerksam durch den Raum. Wie bei einem Raubtier auf Beutezug. Bis er mich traf. Daniel blinzelte unprofessionell, hing eine Sekunde zu lange an dem Ausschnitt meiner Seidenbluse, atmete tief ein, als würde er den Duft meiner blonden Haare inhalieren, und befeuchtete sich lustvoll die Lippen, als wollte er mich küssen. Ich nahm es als Kompliment. Ich sah schließlich nicht aus wie ein knochiger, übertrainierter Drill Sergeant mit Bürstenhaarschnitt, sondern war eine stilbewusste, wohlproportionierte Frau Ende zwanzig, deren Sexappeal sich durch ihr Selbstbewusstsein noch verdoppelte.

»Analysiere die Schrift im Labor!«, sagte ich. »Statt Tinte wurde Blut verwendet und ich will wissen, von wem.« Routiniert tütete ich das Kärtchen ein, um es nicht zu verunreinigen, und streifte mir eilig die Einweghandschuhe ab. Dabei ruinierte ich mir meine frische Maniküre.

Ich starrte auf meinen Zeigefinger, auf dessen Nagel nun eine Ecke Sweet Rosé fehlte, als könnte sich allein durch die Intensität meines Blicks eine neue Lackschicht drüberlegen. So ein Mist!

Ich hasste Makel. Sie waren ein Zeichen von Schwäche. Und noch mehr hasste ich, wenn ich nicht alles unter Kontrolle hatte. Immerhin, der Nagel selbst war weder eingerissen noch abgebrochen. Das besserte meine Laune jedoch nur unwesentlich.

Daniel nahm mir das Tütchen ab. »Prio A?«, fragte er zur Sicherheit nach.

»Prio Super-A«, bestätigte ich.

Auf dem Gang reichte er das Corpus Delicti an einen Laufjungen weiter. »ASAP«, sagte er schlicht und knurrte den Boten an, als der es wagte, einmal zu lange Luft zu holen, statt gleich loszurennen.

Keine halbe Minute später postierte Daniel sich wieder an der Tür. Seine Miene blieb verschlossen und sein Blick wanderte pausenlos durch den Raum.

Ihm gefiel das nicht. Mir auch nicht.

Schon seit ich um acht aufgestanden war – abends, denn ich schlief am Tag und lebte in der Nacht –, hatte ich diese Ahnung gehabt, dass sich ein Riesenhaufen Scheiße auf mich zubewegte. Und ich musste handeln. Schnell.

Die meisten Leute behaupteten, dass man sich auf seine Intelligenz verlassen sollte. Schalt deinen Verstand ein! Schlaf noch mal eine Nacht drüber! Atme einmal tief durch!

Ich rang mir bei diesen Vorträgen immer ein dünnes Lächeln ab und malte diesen Schwätzern in Gedanken kleine schwarze Kreuze auf die Stirn. Was für ein Quatsch!

In meiner Welt konnte man tot sein, wenn man nur einmal zu viel blinzelte. Ich wusste besser, worauf Verlass war, wenn es hart auf hart kam: auf Reflexe und auf das Vertrauen in Urinstinkte. Und meine signalisierten, dass die Zeit für mich ablief. Irgendjemand hatte irgendwo einen Timer gesetzt und ich hatte keine Sekunde zu verlieren.

Ihr braucht ein Beispiel, um mir zu glauben? Bitte schön, ich geb euch ein Beispiel.

Stell dir mal vor, jemand hält dir ein Messer an den Hals, vielleicht weil er an dein Geld will. Glaubst du, du hast Zeit, mit ihm darüber zu diskutieren, ob das richtig oder falsch ist? Meinst du, ein Appell an seine Menschlichkeit hilft? Come on! Du hast zwei Möglichkeiten, nur zwei, und die entscheiden zwischen Leben und Tod: Entweder du läufst weg oder du machst den Bastard kalt. Da du nicht ich bist, würde ich dir raten: Lauf! Ich entscheide mich jedoch immer für die letztere Variante. Denn man hält mir, Tessa King, nur einmal im Leben ein Messer an den Hals. Und dann nie wieder.

An diesem stickigen Sommerabend auf Long Island sagten mir meine Instinkte, dass etwas kolossal schiefgehen würde. Und ich hatte keine Ahnung, was das sein könnte. Angespannt massierte ich mir meine Schläfen.

Zuletzt hatte ich dieses Gefühl vor gut fünf Jahren gehabt. Bei einem Raubzug, für den ich mich mit Luigi, dem Schlächter, zusammengetan hatte. Da mir ein Experte für Safeanlagen gefehlt hatte. Ein fataler Fehler. Die Vereinbarung lautete, unbemerkt in die Villa von so einem reichen Sack einzubrechen, die Tresoranlage zu plündern und wieder abzuhauen. Und was machte Luigi? Zerschnippelte die Bewohner des Hauses, erpresste Infos zu den Nachbarvillen, massakrierte dort auch alle und überließ es am Ende mir, den Mist aufzuräumen. Was letztlich nur ging, indem ich einen meiner Männer der Polizei opferte.

Irgendwie hatte ich das Gefühl, dass es dieses Mal weit schlimmer stand. Aber sich darüber den Kopf zu zerbrechen, half vorerst niemandem. Ich hatte einen Job, den ich zu erledigen hatte. So wie ich es immer tat. Ohne die Ergebnisse aus dem Labor kam ich eh nicht weiter.

Nervös kratzte ich an meinem Fingernagel herum …

Oder doch?

Auf einer Wand aus Monitoren switchte ich zwischen meinen Operationen hin und her, überprüfte den Verlauf und glich ihn mit den ursprünglichen Zeitplänen ab. Ich suchte nach Auffälligkeiten, Gesichtern, die dort nichts zu suchen hatten, ungewöhnlichen Fahrzeugen oder schlecht getarnten Sondereinheiten des FBI.

Alle meine Aktionen liefen wie geplant. Nur das Vorgehen eines gewissen Detective Owen Dawson durchkreuzte gerade meine Pläne. Das war aber nicht besorgniserregender als ein Pickel am Arsch. Woher kam also das Gefühl? Im Kopf ging ich noch mal alles durch.

Auf einem Frachter aus Asien steckten in einem speziellen Container zwanzig wunderschöne, junge Grazien, die seit Wochen über den Ozean schipperten. Luft hatten sie dank entsprechender Löcher in ihrer Box genug. Nur Wasser und Nahrung dürften ihnen demnächst ausgehen. Von den hygienischen Verhältnissen ganz zu schweigen.

Planmäßig hätte das Schiff vor einer Stunde andocken sollen. Seitens der New Yorker Polizei hatte es keinerlei Aktivitäten gegeben und ich hatte mich schon gefreut, dass alles reibungslos lief und die Nacht ruhig werden würde.

Doch dann war dieser neue Detective Owen Dawson cowboymäßig aufgetaucht. Er arbeitete erst seit sechs Monaten für das New Yorker Polizeidepartment und er hatte es sich zur Aufgabe gemacht, mich fertigzumachen. Warum auch immer!

Mit dem Gespür eines Jagdhundes hatte er meinen Frachter ausfindig gemacht und streifte seitdem durch die Docks und kontrollierte jeden, der eine einigermaßen sportliche Figur hatte – zumindest sah es so auf den Überwachungsvideos aus.

Es war nur noch eine Frage der Zeit, bis die ganze Blaulicht-Flotte zu seiner Unterstützung herbeieilte. Und es ärgerte mich, denn sein Verhalten kostete mich Zeit, die ich und diese Frauen nicht hatten. Ihr Leben stand auf dem Spiel. Und mein Geld. Plus: Mein Ruf als zuverlässige Geschäftsfrau, denn die Abnehmer warteten auf ihre menschliche Fracht.

Vor einer Stunde hatte ich den Befehl gegeben, nicht anzudocken und mit dem Löschen der Ware zu warten, bis meine Leute die Situation unter Kontrolle hatten. Die Zeit hatte ich mir mit meiner Drohpost vertrieben – was mich bis auf heute meist amüsierte. Nun sah ich zu, wie meine Verstärkung anrückte. Es würde nicht mehr lange dauern, bis die Operation entweder beendet werden konnte, oder wir abbrachen und uns einen neuen Weg überlegen mussten, den Deal durchzuziehen.

Fuckin‛ smartass Owen Dawson …

Fasziniert beobachtete ich, wie sich der Detective bewegte. Jeden Teil seines Körpers hatte er perfekt unter Kontrolle, keine Bewegung zu viel, keine zu wenig. Wie bei einem Tänzer. Die Choreografie seiner Gesten war von solch hypnotischer Schönheit, dass ich fast vergaß, ihn zu hassen, weil er meine Operation gefährdete. Aber gut, etwas Schwärmen war erlaubt.

Mein Mund wurde trocken, was mir quasi nie passierte. Und meine Brüste schmerzten plötzlich, so sehr verzehrte sich mein Körper danach, von diesem Kerl, den ich auf meinen Bildschirmen nur als dunklen Schatten durch die Docks gleiten sah, genau so berührt zu werden: geschmeidig, kontrolliert, kraftvoll.

Wie war so ein Mann wohl im Bett? Und wie würden sich seine Finger anfühlen, die die ganze Zeit seine Waffe umschlossen hielten? Nicht ich müsste die Initiative ergreifen. Wahrscheinlich reichte schon ein freches Grinsen und er legte einem Handschellen an, schob einen an einen der rostigen Container, drückte mit den Knien die Beine auseinander und würde einen mit diesen Händen Stück für Stück abtasten. Mich abtasten. Bis er total unpassend die Hitze zwischen meinen Beinen spüren würde …

Ein Klopfen an der Tür sorgte dafür, dass sich meine Nackenhärchen aufstellten. Das Ergebnis aus dem Labor war da. Ich rutschte auf meinem Bürosessel hin und her, um die heiße Lust in meinem Schoß abzuschütteln.

Daniel sprach mit einem Mann auf dem Gang und versuchte, eine neutrale Miene zu bewahren, was ihm erstaunlicherweise nicht gelang. Sein Teint wurde käsig, eine Veränderung, die ich noch nie zuvor an ihm beobachtet hatte und die nur zu deutlich war im Kontrast zu seinem dunklen Bartschatten. Und die dafür sorgte, dass sich meine heiße Fantasie von Owen Dawson vollends in Luft auflöste.

»Was ist los?«, fragte ich in einem erstaunlich ruhigen Tonfall – innerlich drehte ich jedoch komplett durch.

»Wird dir nicht gefallen«, sagte Daniel und reichte mir einen Ausdruck weiter, den er unnötigerweise erklärte. »Wir haben die Substanz der Tinte analysiert. Tatsächlich Blut.«

»Und die DNA-Analyse hat ergeben, es ist meines?!« Ich zerknüllte den Zettel, den ich soeben überflogen hatte, und warf ihn treffsicher in den Papierkorb. »Dämliche Frage. Antworte bloß nicht!« Wütend trat ich den Eimer, sodass er durch die Gegend flog und der Inhalt auf meinem Teppich landete.

Daniel pfiff jemanden heran, der den Müll wieder einsammelte, und warf mir einen Knetball zu, den ich fing und wütend bearbeitete.

Fieberhaft überlegte ich, wie jemand an mein Blut gekommen sein konnte. Es gab nur eine einzige Spende, die ich jemals außerhalb meiner Untergrundwelt getätigt hatte. Damals war ich elf Jahre alt und mein Vater so schwer verwundet gewesen, dass er vor Ort in einer Skihütte im Nirgendwo eine Transfusion benötigt hatte. Ich war als einziger Spender infrage gekommen. Vielleicht war damals das Equipment nicht ordentlich entsorgt worden und jemand hatte meine Blutreste unbemerkt entwendet, statt sie zu vernichten. Aber selbst wenn das der Fall war: Wie wahrscheinlich war, dass jemand sich von dort Blutreste aus leeren Spritzen und Beuteln besorgt hatte? Und sie heute einsetzte? Warum jetzt?

»Red nachher mit den Russen!«, sagte ich zu Daniel. »Wenn das wieder einer von Vladimirs Scherzen ist, dann möchte ich Blut von ihm, um mich mit einem Dankeskärtchen zu revanchieren.«

»Ich glaub nicht, dass er dahintersteckt.«

»Und ich will sichergehen.« Ich trommelte mit meinem demolierten Fingernagel auf der Tischplatte herum. »Frag auch die Italiener! Ich trau ihnen nach wie vor nicht, aber sei dort dezent. Ich hab keinen Bock auf einen neuen Bandenkrieg. Die Scheiße von damals reicht mir immer noch.«

In dem Moment fielen die Überwachungskameras auf den Docks aus, ohne dass ich bisher von meinen Leuten gehört hatte.

»Fuck!«, fluchte ich. Was für eine Scheißnacht!

»Heute etwas nervös, Boss?« Wieder gefasst tippte Daniel auf seinem Tablet herum, um die entsprechenden Termine mit Vladimir und Luigi, dem Schlächter, zu machen.

Na warte! Absolut nicht zu Scherzen aufgelegt, zückte ich das Messer aus der Lederhalterung an meiner Wade und warf es gekonnt.

Die Klinge verfehlte Daniel knapp am Ohr und landete federnd im Holz meiner Bürotür.

»Halt die Klappe oder das nächste Mal hast du das Teil dort, wo es bleibende Schäden anrichtet.« Und das war kein Witz, ich war so gut.

Absolut entspannt zog der riesige Kerl das Messer aus der Tür, legte es auf seine raue Handfläche und reichte es mir wie auf dem Präsentierteller. »Steck es wieder ein, Boss!« Ein Lächeln lugte unter seinem Bartwuchs hervor.

»Wollt ihr mich alle verarschen!«, rief ich. Wütend schlug ich ihm auf die Hand, sodass die Klinge klirrend zu Boden fiel. Ich verdrehte ihm den Arm hinter dem Rücken. Nur eine Sekunde später hielt ich den bulligen Zweimetermann bewegungsunfähig vor mir am Schreibtisch und starrte auf seinen knackigen Hintern, der in Armyhosen steckte. Etwas von dem Adrenalin in meinen Adern verpuffte endlich. »Ich hab dir schon x-mal erklärt, dass ich es hasse, wenn man mir sagt, was ich tun soll. Also lass es!«

Das Klingeln meines abhörsicheren Telefons unterbrach unser Techtelmechtel.

Daniel wollte aufstehen und drückte sich vom Tisch hoch, aber ich schob ihm mein Knie härter in die Wirbelsäule. Wenn er glaubte, ich wäre schon fertig mit ihm, dann hatte er heute die Falsche versucht aufzumuntern.

Ich angelte nach dem Telefon und ging ran, denn ich wusste, wer mich anrief: Richie.

»Du weißt noch, was ich gesagt habe?«, motzte ich ihn ohne Begrüßung an.

Richie war, anders als sein Name vermuten ließ, kein netter verwöhnter Junge, sondern ein kaltherziger Bastard, der sich vorzüglich mit Nahkampftechniken auskannte. Und anders als die meisten meiner Jungs legte er Wert auf eine ordentliche Rasur, hatte dafür aber schulterlange, dunkle Haare, die er sich als Hommage an seine Vorbilder meist zu einem Samurai-Zopf band oder manchmal auch flocht. Das sah dann allerdings nicht niedlich aus, sondern erinnerte mich aufgrund seiner schwarzen Haarfarbe immer an verdammt gefährliche, geflochtene Lederpeitschen. Und wenn es nach mir ginge, könnte er jeden Tag so herumlaufen. Aber ich gehörte nicht zu den Frauen, die ihren Männern vorschrieben, wie sie auszusehen hatten. Und meine Männer würden sich auch nur bis zu einem gewissen Grad wie Schoßhündchen verhalten und das mit sich machen lassen. Sie wussten selbst, was sie wollten. Und das war gut so.

»Ich sollte mich melden, wenn wir die Situation unter Kontrolle haben«, sagte er keine Spur beleidigt darüber, dass ich ihn mit meiner schlechten Laune anmachte.

»Und: Habt ihr?«, fragte ich Richie, drückte wieder warnend mein Knie in Daniels Rücken und fummelte weiter an meinem abblätternden Nagellack herum. Gleich wäre mein Zeigefinger das Rot los.

»So ähnlich.« Richie lachte und ich musste dabei an Sex mit ihm und an seinen Schwanz denken. Er war nicht der Beste meiner Bodyguards, zumindest nicht im Bett. Er kam echt jedes Mal zu früh. Aber gut, in anderen Belangen war Schnelligkeit ein Talent. Also lebte ich damit.

Über die Funkverbindung hörte ich im Hintergrund Sirenen und den typischen Befehlston der Cops. »Halt, stehen bleiben! Polizei!«, und all die lahmen Sprüche, die man von den üblichen Krimiserien kannte.

»Will ich die Details wissen?«, fragte ich.

Richie schwieg. Eine Wagentür schlug zu. Dann sprang ein Motor an. »Mit den Cops an jeder Ecke können wir nichts machen«, sagte er. »Aber wir haben Dawson. Er kann uns sicherlich beim Löschen deiner Ware helfen. Wir ziehen uns jetzt zurück. Gut?« Er klang außer Atem, aber er wusste, dass mich die Details nicht interessierten. Taten sie nie. Man könnte sagen, ich war ergebnisorientiert. Sehr ergebnisorientiert.

»Ja, gut.« Ich legte auf und löste mein Knie von Daniels Rücken. Ich fasste ihm an den Arsch, ein echt knackiger Hintern, dann zog ich ihn hoch. Er war hart geworden, der Perverse. »Wenn du glaubst, dass du Zeit für einen Fick hast, dann hast du dich getäuscht. Krieg raus, was es mit dieser dämlichen Drohung auf sich hat. Und hol mir diese Asiatin, die meine Nägel macht. Sag ihr, es sei ein Notfall.«

Daniel verzog keine Miene. »Sie heißt Samantha und ist heute auf der Hochzeit ihres Bruders.«

»Und wenn sie beim Präsidenten eine Audienz hätte! Mir egal«, schnauzte ich ihn an. Ich fuchtelte mit meinen Krallen vor seinem Gesicht herum. »Mit diesen Nägeln geh ich nirgendwo hin, kapiert? Du weißt, wie sehr ich Wert auf ein tadelloses Äußeres lege.«

Daniel langte sich in den Schritt, um seine Eier nach unserem Zusammenprall neu zu sortieren, und zog sich sein braunes Shirt zurecht. Dann nickte er. Er nahm es mir nicht übel, dass ich ihn wie einen Fußabtreter behandelt hatte. Wir hatten genug miteinander geschäkert. Die Pflicht rief. Er eilte zur Tür.

»Stopp!« Ich hielt ihn auf. »Und hilf Richie, die Spuren zu verwischen, sobald du mit dem Rest fertig bist. Er hat nichts gesagt, aber für mich klang das so, als könnte er jeden Mann gebrauchen. Das Letzte, was mir jetzt noch fehlt, ist ein Trupp Polizisten, der uns bis hierher trackt.«

Im Ausfallschritt wartete Daniel auf weitere Befehle. Die Arme hingen locker neben den Oberschenkeln, wo in den Seitentaschen seiner Armyhose jeweils eine Glock und zwei Messer steckten – also griffbereit.

»Und jetzt raus hier!«, sagte ich.

Ich fummelte vor Anspannung an einem zweiten Nagel herum. Aber kacke, jetzt gab es keinen Grund, mich zu mäßigen. Wenn diese Maniküre-Tante kam, dann kümmerte sie sich eh um die ganze Hand und nicht nur um den einen Finger. Wenn schon, denn schon.

Sobald ich alleine war, ließ ich mich in meinen breiten, bequemen Ledersessel zurückfallen und genoss den Geruch und das weiche Gefühl des Materials unter meinen Fingerspitzen. Ein Halleluja für Qualität! Dann ging ich in Gedanken die neuesten Ereignisse durch.

Wir hatten einen Cop entführt …

Meine Nacht hatte bescheiden begonnen, aber jetzt schien sich das Blatt zu wenden.

Klar war da noch meine Morddrohung, die ich ernst nahm. Doch je länger ich über sie nachdachte, umso mehr störte mich als Profi ein Detail, das alles wie ein Scherz aussehen ließ: Wenn ich so eine Nummer abziehen würde, dann hätte ich Kärtchen mit einem Countdown geschickt.

Deine Tage sind gezählt?

Verdammt unpräzise für einen Killer, dessen Handwerk Präzision war. Die Nachricht konnte sich auf alles zwischen zwei und unendlich vielen Tagen beziehen. Meinetwegen maximal dreißig. Sonst hätte er oder sie ja schreiben können: Dein letzter Monat ist angebrochen. Aber wie vage war das denn? Sollte das Furcht einflößend wirken? Auf mich machte das einen stümperhaften Eindruck.

Dann entspann dich, Tessa, sagte ich mir. Alle anderen Operationen laufen wie geplant, der Drogenkurier aus Kolumbien ist durch den Zoll und der gestohlene Diamant wird gerade von deinem Afro ausgekackt.

Ich atmete tief durch. Daddy wäre stolz auf mich. Er hatte immer gesagt: Mach keine halben Sachen! Und zum Teufel noch mal, ich würde nicht damit anfangen, wie all die anderen Flachwichser da draußen herumzustümpern. Schnell-schnell konnte doch jeder. Und so tun als ob, auch. Kunst kommt nicht umsonst von Können. Und hey, in mir steckte eine verdammt geniale Künstlerseele.

Trotz der guten Nachrichten blieb mein ungutes Gefühl. Es konnte doch kein Zufall sein, dass ich an dem Tag, an dem meine Operation im Hafen schieflief, diesen Brief erhalten hatte.

Auf meinem Bildschirm rief ich mir alle Informationen auf, die meine Jungs die letzten sechs Monate über Owen Dawson, 34 Jahre, Detective beim NYPD, der New Yorker Polizei, gesammelt hatten.

Und ich spürte so etwas wie ein erregtes Kribbeln, wie bei einem guten Vorspiel. Nicht, dass ich besonders oft Zeit hatte, mich damit aufzuhalten …

Gründlich klickte ich mich durch die Fälle, die Dawson bisher bearbeitet hatte, und stolperte immer wieder über das Wörtchen »vorbildlich«, mit dem seine Vorgesetzten seine Arbeit beurteilten. Ätzend.

So als wollte ich kotzen, steckte ich mir den Finger in den Hals. Ja, ich benahm mich kindisch und sollte das lassen.

Ich las, wen Dawson von meinen Leuten schon alles angeklagt und eingebuchtet hatte. Die Liste war ungewöhnlich lang und das nervöse Kribbeln in meinem Nacken meldete sich zurück.

»Warum? Warum? Warum?«, murmelte ich vor mich hin und sortierte mir die Infos über den Detective auf dem Bildschirm immer wieder neu, ohne ein Muster zu erkennen. Gleichzeitig schossen mir diverse Möglichkeiten durch den Kopf, wie ich von ihm Antworten bekommen könnte … und wie ich ihm Handschellen anlegte, ihm langsam seine Klamotten auszog, meine Finger über seine definierten Muskeln gleiten ließ, seine Haut anhauchte, seine Eier in meiner Hand hielt, seinen Schwanz packte, fester, noch fester, bis er keuchen würde …

Mist! Falscher Zeitpunkt für Tagträume!

Ich ignorierte meine harten Nippel und durchstöberte die wenigen Fakten zu Dawsons Vergangenheit. Geboren und aufgewachsen in Queens. Mittelmäßiger Highschool-Schüler, dafür extrem guter Leichtathlet. Danach College mit plötzlich grandiosen Noten, Interesse für Mathematik, Physik, Chemie, Psychologie. Und natürlich Sport.

»Hat der Kerl denn gar kein Privatleben?!«, murmelte ich überrascht. Bis auf den mathematischen Schwerpunkt hatte ich ein ähnliches Programm absolviert und verdammt wenig Zeit für irgendwas gehabt. Meine Beziehungen bestanden aus Ficks mit meinen Jungs. Urromantisch!

Mit der Ausbildung hätte Dawson jeden Job der Welt haben können, war aber zur Marine gegangen. Warum auch immer. Vielleicht lag es am 11. September. Danach hatten sich viele gemeldet, um den Krieg gegen den Terror zu führen. Wobei der Detective auf mich keinen besonders patriotischen Eindruck machte.

»Klar! Und dann geht jemand wie du zu den Special Forces! Wunderbar! Wirklich wunderbar!« Und diese Kampfmaschine holten wir uns gerade ins Haus.

Ich rieb mir die Schläfen und spulte noch mal die Bilder ab, wie sich der Detective als Schatten durch die Docks bewegt hatte. Da schon hätte ich es sehen sollen. Dass mit dem nicht zu spaßen war. Entgegen meiner sonstigen Art hätte ich wohl besser den Schießbefehl erteilen sollen. Wir hätten die Kugeln aus ihm rausgepopelt und seine Leute hätten ihn in einen Leichensack stecken und abtransportieren können.

Obwohl ich langsam genug Infos hatte, die mir nicht gefielen, sah ich mir die Liste von Dawsons Einsätzen an. Die fand sich natürlich nicht im Internet. Aber ich führte ein paar Hacks durch und surfte dann bequem durch meine Lektüre, als würde ich einen Abenteuerroman lesen.

Irak, Iran, Afghanistan, Saudi-Arabien, Algerien, China, Pakistan. Beeindruckend, wo er überall seinen Arsch riskiert hatte. Eindeutig Aufträge für Homeland Security, die CIA oder wer weiß wen noch.

»Und du sprichst doch bestimmt auch noch mehr als eine Sprache?«, führte ich mit mir selbst Gespräche. Nicht, dass es für meine Situation relevant wäre. Es interessierte mich nur. Weil ich für Fremdsprachen überhaupt kein Talent besaß.

Schließlich entdeckte ich den Grund, warum Dawson seinen Dienst quittiert hatte. Eine Schussverletzung, wie er sie schon x-mal zuvor gehabt hatte.

Das gefiel mir nicht.

Und dann war er zur Polizei gewechselt und hatte noch dazu akzeptiert, als Detective anzufangen. Dabei hatte man ihm einen Posten als Sergeant angeboten.

Das ergab keinen Sinn und erklärte nicht, warum Owen Dawson so verbissen hinter mir her war. Außer, dass er die Gerechtigkeit über alles liebte. Zumindest seine Version davon. Denn gerecht war die Welt natürlich nicht. Dawson konnte nur hinter Gittern bringen, gegen wen er Beweise hatte. Andernfalls musste er die härtesten Typen gehen lassen. Pah! Da gefiel mir mein Job besser. Ich konnte jeden fertigmachen, der Mist baute.

Genervt klickte ich mich weiter durch Dawsons Dossier und suchte nach Infos zu Freunden oder seiner Familie. Doch da war nichts. Seine Mutter war bei seiner Geburt gestorben, sein Vater, als er ein Teenager war. Irgendeine Bandensache. Freunde hatte er wohl auch nicht. Was total verdächtig war.

»Holla, die Waldfee!« Anerkennend pfiff ich durch die Zähne, nachdem ich am Ende von all den Textdokumenten ein paar Bilder von ihm in die Hände bekam. Meine Muschi zuckte feucht. Ich konnte es nicht aufhalten. Obwohl ich nicht untervögelt war, spielte mein Körper verrückt und mein Herz schlug schneller, wenn ich mir vorstellte, dass ich und der Detective uns bald kennenlernen würden. Vorfreude, eindeutig.

Was ihn so heiß machte? Mal davon abgesehen, dass er sich gnadenlos sexy bewegte? Owen Dawson war ein großer Typ, so wie Daniel, aber nicht so bullig. Mit einem sehr hübsch anzusehenden Bizeps und Trizeps, einer trainierten Brust, einem muskulösen Bauch und extrem trainierten Beinen. Leichtathlet eben. Mit knallgrünen, durchdringenden Augen und braunen Haaren, die zum Glück gerade so lang waren, dass man sie mit den Fingern durchkämmen konnte. Dazu kamen kantige Gesichtszüge und ein absolut unverschämt sexy aussehender Mund, auf dem die Worte ›Hey, Babe‹ zu liegen schienen. Wirklich, er war so hot wie diese Kerle, die für Kalender posten. Nur ohne all das kitschig glänzende Öl auf der Haut.

»Junge, Junge!«, murmelte ich und grinste breit, als ich über weitere Aufnahmen stolperte.

Da hatten mir meine Leute aber was vorenthalten. Wie jeden, der irgendwie zum Justizapparat an der Ostküste gehörte, hatten sie den Detective überwacht. Unterwegs und zu Hause. Doch zu den Aufnahmen hatten sie kein Wort verloren. Dabei konnten die sich sehen lassen.

Minutenlang starrte ich auf eine Fotoreihe, auf der man Owen Dawson in seinem Bett sah. Der Detective schlief grundsätzlich unbekleidet, legte sich am Abend immer sehr diszipliniert auf den Rücken, aber am Morgen hatte er stets total niedlich zerzauste Haare und er lag quer über dem Bett. Schmacht.

Mein Herzschlag hüpfte noch mehr, als ich die Bilder sah, die unter seiner Dusche entstanden waren. Er nackt, mit Wasser, das über seinen adonisgleichen Körper floss und das man direkt von seiner Haut lecken wollte. Und er beim Onanieren. Mit in den Nacken zurückgeworfenem Kopf und angespannten Muskeln. Wirklich heiß. Oberheiß.

Bei dem Anblick zuckte meine Muschi erneut und ich konnte es ihr nicht verübeln. Als Frau musste man bei diesen Bildern an Sex denken. Ging nicht anders.

Ich grinste dreckig und erinnerte mich an eine weitere Regel von Daddy, die mir ebenfalls in Fleisch und Blut übergegangen war: Wenn du etwas willst, dann nimm es dir!

Und zum Teufel mit meinem unguten Gefühl! Meine Instinkte waren abgelenkt. Die Frau in mir wollte den Schwanz von Owen Dawson.

ZWEI

»Was auch immer du zu grinsen hast, das Lachen wird dir gleich vergehen!«

Owen biss sich auf die Lippe, doch sobald einer der Typen ihm eine Kappe über den Kopf zog, hielt er sich nicht länger zurück. Obwohl der Stoff stank, als hätte ihn ein Kerl einen Monat unter der Achselhöhle getragen, grinste er noch breiter.

Am Dock hatte er sich schon gefragt, wann Tessa Kings Trupp endlich was unternehmen würde. Er hatte zehn Leute gezählt, die sich wie Schatten zwischen den abgeladenen Containern bewegt hatten. Sie hatten ihn immer enger umzingelt und er hatte sie herankommen lassen. Bis klar war, dass sie nur noch zwei Optionen hatten: abbrechen oder zugreifen.

Das Auftauchen seiner Kollegen hatte sie schließlich zu Letzerem bewogen. Einer der Typen hatte ihn von oben attackiert und ihn für einen Moment bewusstlos geschlagen. Ohne viele Geräusche zu machen. Wirklich gute Leute.

»Was hat Tessa zum Verlauf der Aktion gesagt?«, fragte der Typ, der ihn ausgeknockt hatte.

»Gut«, knurrte ein anderer, so als würde er die Zähne nicht auseinander bekommen. Grob stieß er Owen auf die Ladefläche eines Lieferwagens.

Er stolperte, krachte nach vorne und stöhnte. Dabei war ein aufgerissenes Knie für ihn in etwa so schmerzvoll wie eingerissene Nagelhaut.

»Du weißt, was das heißt?«, sagte wieder der Erste.

»Ja, sie ist auf 180 und ich möchte nicht in der Haut von diesem Stück Scheiße hier stecken.«

Owen bekam einen Tritt in die Seite und stöhnte pflichtbewusst, dabei war er heftigere Schmerzen gewöhnt.

Mit den Stiefeln schoben die Männer ihn tiefer in den Wagen, und immer wenn Owen auch nur zuckte, bekam er einen Tritt. Also rollte er sich ein und hielt still. Für eine Sekunde kamen ihm Zweifel, ob das hier wirklich der richtige Weg war, um sich bei Tessa King einzuschleichen. Aber dann schob er sie beiseite. Bis jetzt hatten sich alle so verhalten, wie er es vorhergesehen hatte. Er sollte nur öfter stöhnen, damit sie keinen Verdacht schöpften und ihn für ein leichtes Opfer hielten.

Unter der Kappe rollte er über sich selbst mit den Augen, keuchte dann aber. Was doch nicht so schwer war, wenn er sich auf den Gestank konzentrierte!

Beinahe geräuschlos wurden die Türen geschlossen. Der Lieferwagen setzte sich in Bewegung und welche Route auch immer die Jungs nahmen, sie wurden nicht von der Polizei aufgehalten. Beeindruckend, wenn man bedachte, dass seine Kollegen das gesamte Gelände weiträumig abgesperrt hatten. Tessa King verstand was von ihrem Job, das musste er ihr lassen.

Die Fahr- und Verkehrsgeräusche machten es für einen Moment unmöglich zu hören, wohin sie fuhren. Nur eines war deutlich: Sie blieben in der Stadt. Und sie waren nicht in Manhattan. Zu wenig Hupen. Zu wenig Gelächter und Gekreische von Menschen.

Nach schätzungsweise einer Stunde wurde es ruhiger. Der Fahrer drosselte das Tempo. Egal welche Hauptstraße sie genommen hatten, nun ging es auf Nebenstraßen weiter, als wollten sie eventuelle Verfolger abschütteln oder ihn verwirren.

Wieder musste Owen lächeln. Die Mühe konnten sie sich sparen. Auch wenn er es nicht sicher wissen konnte, so tippte er darauf, dass sie mit ihm nach Long Island fuhren. Dort, in einer riesigen Villa, hatte Tessa King ihr Hauptquartier.

Seit Jahren hatte Owen ihre Organisation so gründlich wie möglich ausgekundschaftet. Mit seinen Leuten und zuletzt mit den Ressourcen des NYPD. Und heute nun endlich könnte er Phase eins seines Racheplans in die Tat umsetzen. Indem man ihn direkt ins Herz des Ganzen brachte. Name der Etappe, etwas old school: Troja. In Anlehnung an das Trojanische Pferd.

Bevor Owen sich weiter freuen konnte, dass alles so gut lief, rebellierte sein Magen unerwartet. Er würgte an der SIM-Karte, die er im Hafen verschluckt hatte, kurz bevor er gefangen genommen worden war. Kotze kam ihm hoch, Schweiß drang aus allen Poren, und als er einen erneuten Stiefeltritt bekam, lief ihm die Brühe aus dem Mundwinkel. Und der Chip lag ihm wieder auf der Zunge. Kacke! Das Teil sendete ein Signal an seine Leute und würde bestätigen, wo er war. Tessa und ihre Leute durften es nicht finden.

Ohne zu zögern, blendete Owen den Reflex seines Körpers aus, die saure Masse auszuspucken, und würgte sie mitsamt dem Chip wieder runter in seinen Magen.

»Wenn du kotzt, darfst du das Zeug vom Bodenblech auflecken, verstanden?«, motzte ihn der Typ an, der so krass nuschelte.

Er bekam einen Tritt gegen die Beine. »Ob du das kapiert hast, hab ich gefragt?«, fragte ein anderer.

»Ja«, keuchte Owen und unterdrückte mit Mühe ein Knurren. Hielten sie ihn für blöd? Immer dieses Potenzgehabe! Aber die würden sich noch umschauen. Mit solchen Drohungen beeindruckte man ihn null. Er würde die Kotze von hier bis nach Kanada auflecken, wenn dadurch sein Plan aufgehen würde.

Owen zwang sich, ruhig zu atmen, obwohl die Luft unter der Kappe und auch im Wagen immer stickiger wurde. New York im Sommer war echt ätzend. Und New York im Sommer in einem Wagen ohne Klimaanlage war eine Zumutung. Er musste echt schon wieder würgen. Scheißhitze! Seine schwarze Stoffhose, oder der Fetzen, der davon übrig war, klebte in seiner Arschritze und in den Kniekehlen. Der Bund war ebenfalls schweißgetränkt. Sein Hemd klebte großflächig auf seiner Haut und er spürte, wie ihm Schweißtropfen von den Schläfen über das Kinn liefen und schließlich in die Kappe oder auf sein Hemd tropften. Erinnerte ihn ein bisschen an diese Gluthölle im Nahen Osten. Aber gut, wenn du so einen Scheiß überlebst, dann überlebst du auch so eine Spazierfahrt mit den Kumpels deiner Lieblingsfeindin.

Wie er die kleine, süße Miss Tessa King und ihre ganze Sippe hasste! Und alles, wofür dieses Weibsbild stand. Eine Gangsterbraut, die glaubte, dass für sie keine Regeln gelten würden. Jemand, der einen erst abknallte und dann Fragen stellte. Jemand, der so war wie ihr Vater. King Senior.

Den heutigen Tag würde sie noch verfluchen …

Im Stillen ging Owen noch mal die Informationen durch, die er zu ihr gesammelt hatte. Tessa King kannte sich exzellent mit Kampftechniken und Waffen aus. Ihr Verstand war verdammt schnell. Sie war kreativ und eine Spur überheblich. Und sie scheffelte mit ihren illegalen Geschäften Milliarden. Außerdem hatte sie sich nach dem Verschwinden ihres Vaters an der Spitze der Organisation gehalten, was auf ein recht hohes Maß an Skrupellosigkeit schließen ließ.

Und sie war sexy. Schlank, kurvig, mit langen, blonden Haaren, vollen Lippen und einer geradezu pervers stark ausgeprägten Libido. Eine perfekte Schöpfung der Natur. Aber waren die schönsten, verführerischsten Wesen nicht auch die tödlichsten? Das sollte er nicht vergessen.

»Lebt er noch?«, fragte der, der ihn überwältigt hatte.

Ihm wurde die Kappe abgezogen und Owen starrte in der Dunkelheit zu einer anderen Gestalt. Er konnte nichts erkennen, aber er roch teures, italienisches Männerparfüm und spürte Kaugummiatem auf seinem Gesicht. Und finster richtete er seinen Blick dorthin, wo er die Augen des anderen vermutete.

»Nicht mehr lange«, meldete sich der Nuschler vorlaut, rutschte aber ungemütlich auf seinem Hintern hin und her, eindeutig irritiert davon, so angestarrt worden zu sein.

»Du tust ihm nichts«, warnte der Erste.

»Keine Sorge, ich bau da voll und ganz auf Tessa. Das wird mein Highlight des Jahres: Sehen, wie sie das Arschloch hier fertigmacht.« Er knuffte Owen tantenhaft in die Wange, und obwohl es dunkel war, gaben sich beide Männer ein abklatschendes High Five. Sie mussten also Nachtsichtgeräte tragen.

Dann folgte erneut drückende Stille, während der Wagen vorwärts schlich.

Mist, Owen musste sich schon wieder ein Grinsen verkneifen. Das Gefühl, alle zum Narren gehalten zu haben, war zu herrlich. Und das Wissen um die baldige Rache zu schön. Er fühlte sich wie ein Kind, das sich auf sein Weihnachtsgeschenk freute. Echt unreif von ihm.

Je länger er versuchte, seine Gesichtsmuskeln neutral und relaxt zu lassen, desto weniger gelang ihm das. Auch wenn ihn die anderen nun sehen würden, er musste lachen. Lauter und lauter. Bis er einen Ellenbogen in die Seite gerammt bekam. Doch sein Mageninhalt blieb endlich, wo er hingehörte, und er konnte nicht aufhören zu lachen.

»Gut wird der Boss das auf gar keinen Fall finden«, kommentierte der Typ, der mit Tessa telefoniert hatte, Owens hysterischen Ausbruch.

Das war die beste Comedy seines Lebens!

Jetzt kamen Owen die Tränen vor Lachen. Nein, ganz sicher nicht. Ihre Tage waren gezählt. So was von!

*

»Miss King? Die Maniküre ist da«, meldete sich mein original englischer Butler Geoffrey über eine abhörsichere Sprechanlage aus der überirdischen Villa. Obwohl er kaum älter war als ich, blieb er bei der förmlichen Anrede. Aber gut, mit der Queen würde er ja auch keine Witze reißen.

Seufzend erhob ich mich in meinem fensterlosen Kellerbüro, einem von vielen Räumen, die unter meinem Grundstück verliefen. Zeit, zu lächeln und so zu tun, als wäre ich eine erfolgreiche Kunsthändlerin und Galeristin.

Meine Jungs scherzten oft, dass mein Business so wie ein Eisberg wäre: Oberhalb der Erde sah man nur die Spitze, aber unterhalb steckte der eigentlich wichtige, tödliche Rest. Manchmal waren sie echt poetisch.

Aber sie hatten nicht unrecht. Das untertunnelte Gelände umfasste locker einen Hektar und nicht jeder Raum war so schön ausgestattet wie mein Büro. Ja, ich hatte keine Fenster, aber dafür riesige Plasmabildschirme, auf denen Übertragungen meiner Operationen zu sehen waren, quasi mein Stück Himmel. Alle Materialien waren hochwertig. Teurer Teppich, hochwertige Hölzer, ein paar Kunstgegenstände. Wie ein Altherrenbüro. Ich atmete tief den vertrauten Geruch von Holz, Leder, Politur, Papier und Zigarren ein, der sich seit Jahrzehnten in dem Raum hielt, und erlaubte mir für zwei Sekunden, an meinen Vater zu denken und ein Gefühl von Geborgenheit zuzulassen. Dann schüttelte ich es ab.

Die Gänge draußen waren alle schallisoliert und mit Kameras ausgestattet. Das galt auch für die Fitnessräume und die Duschen für meine Jungs, für ihre Apartments sowie für die Fälscherwerkstatt, den Tresor und mein Gefängnis mit seinen diversen Verhörräumen. Und natürlich gab es eine Intensivstation mit allem medizinischen Firlefanz. Wenn man etwas machte, dann richtig.

Ich warf einen kritischen Blick in meine verspiegelte Wand. Die hatte ich, damit ich sah, ob jemand, der in mein Büro kam, etwas hinter dem Rücken versteckte. Und sie war praktisch, weil ich stets überprüfen konnte, ob mein Look makellos war.

Pedantisch schnipste ich mir einen Fussel vom Kragen.

Wie hatte Daddy immer gesagt: Du bist so clever und gewissenlos wie ich und du hast obendrein Titten, die all die Schwanzlutscher zu Pussys machen. Also nutz sie auch!

Ich drückte meine Brüste hoch und widerstand der Versuchung, über meine erregten Nippel zu streifen. Ja, ich würde noch bekommen, was ich wollte. Owen Dawson. Aber nicht sofort. Da gab es Wichtigeres. Und Prioritäten zu setzen, war eine ganz große Kunst von mir. Ich brauchte erst diese Maniküre, dann musste ich eine Lösung finden, wie die Frauen an Land kämen. Und dann würde ich dafür sorgen, dass ich dieses störend ungute Gefühl loswurde. Es war wie ein pausenlos lärmender Feueralarm, der mir mein Leben vermieste.

Ich lächelte beim Anblick meiner High Heels und wiegte meine wohlgerundeten Hüften in den knallengen, schwarzen Jeans. Mein voller Hintern kam gut zur Geltung. Mein Bauch war so straff, dass es eine Schande war, ihn unter der Bluse zu verstecken. Und ich hatte D-Titten. Nicht schlecht. Gute Gene von Mommy, die ich leider nie kennengelernt hatte. Dazu kamen meine langen blonden Haare, die ich im Augenblick streng hochgesteckt trug, und roter Lippenstift. Plus meine ruinierten Nägel.

Ich verließ das Büro und nahm mit einem Nicken zur Kenntnis, dass mir Brian folgte, auch ein Bodyguard und so was wie mein Sandkastenfreund. Mit dem ich natürlich auch schon was gehabt hatte. Und obendrein mein IT-Superhirn, dem all die Abhörtechnik unterstand und der regelmäßig von mir neue Spielzeuge bekam. Geek! Außerdem der am besten gekleidete meiner Männer – heute in einem navyblauen Anzug mit weißem Hemd, was beides seine dank italienischer Gene natürlich braune Haut besonders zur Geltung brachte. Dazu trug er die Haare etwas länger, sodass sie sich leicht wellten. Noch drei Zentimeter mehr und er könnte für das Cover eines Regency-Romans Modell stehen. Aber damit hatte ich ihn noch nie aufgezogen, weil ich nicht wollte, dass er sie sich beleidigt kurz schnitt. Und die Jungs würden das auch nicht tun, da sie vermutlich noch nie in ihrem Leben etwas von Regency-Romanen gehört hatten. Um es kurz zu machen: Er sah wie ein rassiger Südländer aus, der jedoch nicht auf die durchschnittlichen ein Meter vierundsiebzig kam, sondern wie alle meine Jungs Modelgröße besaß.

»Hat sich Daniel schon zurückgemeldet?«, fragte ich, ohne mein Tempo zu drosseln, und warf einen Blick auf die Zeitanzeige meines Smartphones.

Er nickte. »Richie ist mit Dawson gerade rein.«

»Gut.«

In dem Moment hallten Rufe und Kampfgeräusche durch die Kellerräume. Beides schwoll an, die Ursache kam also näher.

Ich seufzte. Oder nicht gut, wenn ›gerade rein‹ bedeutete, dass sie mit Dawson noch nicht in der Zelle waren, sondern erst auf dem Gang. Meinem Gang.

»Brian!« Mehr musste ich nicht sagen. Ganz Bodyguard stellte sich der Kerl vor mich und schützte mich vor ungewollten Blicken, denn hey, ich sah gerade nicht perfekt aus. Und der erste Eindruck, den ich bei Detective Dawson hinterlassen wollte, war schließlich der wichtigste.

Das Klicken von Handschellen beendete den Tumult und der hektische Atem von mehreren Männern hallte durch die Gänge, wie das Schnaufen einer Horde wild gewordener Stiere.

»Als er noch laufen konnte, war es einfacher«, hörte ich Richie fluchen.

»Heul doch!«, knurrte Daniel. »Nimm du ein Bein, ich schnapp mir das andere!«

Der Trupp aus schwarz gekleideten, bis an die Zähne bewaffneten Männern kam näher. Richie nickte mir und Brian zu, sobald wir in Sichtweite waren.

Da der Gang schmal war, drückte Brian mich gegen die Wand, damit der Trupp vorbeikam. Sein Atem streifte meinen Nacken und sein Parfüm mischte sich unweigerlich mit meinem.

Neugierig reckte ich meinen Kopf aus der Deckung und erhaschte einen Blick auf den Detective, der in der Mitte des Trupps mitgeschleift wurde.

Schwerer Fehler! Sofort zuckte meine Muschi und die Lust jagte zu einem dermaßen unpassenden Zeitpunkt durch meinen Körper, dass mich völlig ungewohnt Schuldgefühle überkamen.

Ich hatte wirklich gerade anderes zu tun, als zu ficken …

Selbst ramponiert und regungslos war Owen Dawson ein beeindruckender Mann. Sein trainierter Körper sah in echt noch perfekter aus als auf den Überwachungsfotos. Sein weißes Hemd war hochgerutscht und ich erspähte eine feine Linie Haare, die von seinem Bauchnabel tiefer ging und hinter seinem Hosenbund verschwand. Automatisch schaute ich zu seinem Schritt: sexy gut gefüllt. Dann blieb mein Blick so lange wie möglich an seinen leicht geöffneten, vollen Lippen hängen und ich fantasierte davon, was dieser Mund mit mir anstellen könnte. Zum Beispiel an meinen Nippeln lecken, die nun höllisch brannten.

Dann war die Gruppe an uns vorbei.

Ich schluckte, um nicht zu sabbern und mich zu sammeln. Es hätte nicht viel gefehlt und ich hätte Brian beiseitegestoßen und wäre über unseren neuen Gefangenen hergefallen. So psycho kannte ich mich nicht.

»Willst du ihn?«, fragte Brian, dem meine Reaktion nicht entgangen war und der mich nach wie vor an die Wand drückte. Langsam strich er mir eine gelöste Haarsträhne aus dem Gesicht, ließ den Finger wie unbeabsichtigt über meine Ohrmuschel fahren und legte schließlich seine warme Hand auf meinen Busen, nur um neckend mit dem Finger über meinen harten Nippel zu reiben. Als bräuchte der noch mehr Erregung!

Spielend leicht entwand ich mich seinem Griff und schwieg.

»Weißt du, Tessa, es ist völlig okay, wenn du dir auch mal etwas Spaß gönnst. Du bist erwachsen geworden und du verdienst, glücklich zu sein. Du hast schon auf zu viel verzichtet. Und was den Detective angeht: Meinen Segen hast du, um ihn zu vernaschen. Denn das ist doch, was du willst. Richtig?«

Mit einer fließenden Bewegung ließ ich das Messer aus der Halterung an meinem Unterarm in die Hand gleiten und hielt es ihm an die Kehle. »Noch ein Wort, Brian …«

Er versuchte, sich ein Lachen zu verkneifen, aber es rumpelte in seiner Brust. »Meine Güte, was hat Daniel letzte Nacht mit dir angestellt, dass du so kratzbürstig bist?«

Frustriert schob ich mir das Messer wieder unter den Ärmel der Bluse. »Nichts … beziehungsweise: das Übliche … warum fragst du nicht ihn?« Ich atmete einmal tief durch, um nicht länger wie jemand mit Sprachfindungsstörungen zu stammeln. »Die eigentliche Frage ist doch: Warum funkt dieser Scheißdetective dazwischen? Und wie ist der Stand bei unserem illegalen Menschenhandel?«

Während wir durch das unterirdische Tunnelsystem liefen, gab mir Brian ein Update. Kurz und präzise. Wie ich es mochte.

»Der Frachter liegt vor Anker. Sie täuschen Probleme mit den Papieren vor. Das Sondereinsatzkommando der Polizei beobachtet das Schiff, kann aber aktuell nichts machen. Der Durchsuchungsbefehl ist in Arbeit. Unserer Ware geht es noch gut.«

»Dann setz die Hafenaufsicht weiter unter Druck, dass sie nichts unternehmen. Und blockier das Genehmigungsverfahren der Polizei!«, sagte ich und beschleunigte meinen Schritt.

»Und wie hättest du es gerne?«, fragte er. »So, dass keiner merkt, dass wir dahinterstecken? Dadurch auch weniger wirksam. Oder megawirksam und auch megaauffällig, dass wir sie sabotieren?«

Darüber musste ich nicht lange nachdenken. »So sicher wie möglich. Ich hab weiß Gott schon genug ungewollte Aufmerksamkeit der Cops.« Mehr als in den letzten fünf Jahren zusammengerechnet. Aber wer zählte schon?

Wieder kratzte ich an meinem Fingernagel herum. Hier ging es um das Leben von Unschuldigen. Wenn die zu Schaden kämen, weil das Schiff zu spät andocken würde, könnte ich mir das nie verzeihen. Gar nicht zu reden von den Leuten, die auf die Lieferung warteten. Die würden das auch nicht.

»Können wir den Frachter nicht erst mal in internationale Gewässer schicken?«, dachte ich laut nach. »Würde der Treibstoff reichen?«

Brian tippte etwas auf seinem Tablet herum. »Würde er«, sagte er keine drei Sekunden später.

»Gut, dann sorg dafür, dass das Schiff wieder ausläuft!«, wies ich ihn an. »Am besten sofort, solange es noch dunkel ist. Und stell eine Truppe zusammen. ASAP. Ich brauch Leute, die eingreifen können, sobald ich weiß, wie ich die Frauen an Land bekomme.«