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STERNENGLANZ

Eliteeinheit des Universums

Band 09

 

Die
TODESFLOTTE

 

von

ARTHUR E. BLACK

IMPRESSUM

 

STERNENGLANZ

Eliteeinheit des Universums

Herausgeber: ROMANTRUHE-Buchversand.

Cover: Romantruhe (Bildrechte: shutterstock).

Satz und Konvertierung:

ROMANTRUHE-BUCHVERSAND.

© 2015 Romantruhe.

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Die Personen und Begebenheiten der

Romanhandlung sind frei erfunden;

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Produced in Germany.

Zitat:

Was werden wir tun, wenn uns eine Flotte bedroht? Was werden wir tun, wenn der Feind mit Tausenden von Schiffen vor unserer Tür steht?

Fliehen?

Weiß jemand, wie lange es dauert, Milliarden Menschen zu evakuieren?

Oder opfern wir die Menschheit, weil wir uns keine Flotte leisten wollen? Weil die Politiker Angst vor den Konsequenzen haben? Vor den Steuererhöhungen und dem Unmut der Bevölkerung?

Wer heute sagt, dass wir keine Flotte brauchen, ist das Opfer von morgen! Ich möchte kein Opfer sein! Sie vielleicht?

 

(Samuel P. Masterton bei seiner dritten Rede an die Menschen, 31.12.2353, im Archive-Feed abrufbar mit dem Code SPM-3S-2353)

 

Rückblick

[…] Cara spürte die Anspannung auf der Brücke wachsen. Nicht mehr lange, und sie würden Liao Vier erreichen.

»Mister Selassie, Tarnvorrichtung aktivieren. Aponi, wir fliegen dort sehr, sehr langsam hinein! LSF 0.5! Alle Sensoren auf maximale Reichweite, alle Stationen bereit für Gefechte!«

Cara schloss den Gurt ihres Sitzes.

»Liao Vier in zehn Minuten!«, sagte Aponi. Die STERNENGLANZ schien durch das All zu kriechen.

»Ich orte elf Schiffe!«, sagte Selassie. »Die Sperre ist fünfzehn Minuten entfernt. Sie haben das System mit Sensoren und Sonden abgeriegelt.«

»Auf den Haupt-Screen!«

»Nur schematische Darstellung!«, sagte Selassie, bevor die Darstellung auf dem großen Monitor sichtbar wurde.

Sie sahen Liao Vier sowie die Schiffe und Sonden.

»Jemand Vorschläge?«, fragte Cara leise. Sie besah sich die Darstellung und wusste, dass sie gleichzeitig der Sperre näher und näher kamen.

»Sie haben einen nahezu undurchdringlichen Gürtel errichtet. Ich sehe nur eine Schwachstelle – den Planeten selbst. Ich kann keine Sonden in der Atmosphäre feststellen. Wenn wir die STERNEGLANZ dorthin fliegen …«

»Hinterlassen wir eine Spur, die auch Alt-Admiral van Nolan sehen würde. Und der ist blind!«, sagte Cara.

»Richtig! Gibt es keine Möglichkeit, diese Spur zu kaschieren?«, fragte Royo in Richtung Selassie.

»Sobald wir in die Atmosphäre eintreten, werden wir sichtbar. Wir hinterlassen einen Hitzeschweif, wahrscheinlich verlassen uns ein paar Teile. Höchstwahrscheinlich setzen sogar Systeme aus.«

Royo verzog das Gesicht und verbannte den Gedanken aus seinem Kopf. Kurz, sehr kurz, hatte er ihm gefallen.

Cara hingegen schaute noch immer auf den Planeten. Noch konnte sie nur eine schematische Darstellung sehen.

Sie wusste von Abumans Daten, dass er spärlich bewohnt war. Sehr viel Wasser, sehr viel Regenwald, ein paar gemäßigte Landstriche. Die Menschen hatten sich nicht die Mühe gemacht, ihn großflächig zu besiedeln. Stattdessen lebten sie im Regenwald; Indios nicht unähnlich.

Schließlich stand sie auf. »Aponi – voller Stopp! Mister Selassie, in mein Büro. Ich brauche Ihren Rat!«

Sie ging vor und wartete, bis ihr Wissenschaftsoffizier aufgeschlossen hatte. Dann schloss sie die Tür hinter ihm. An ihrem Tisch angekommen aktivierte sie das Intercom. »Mister Snow, in mein Büro! Ich brauche auch Ihren Rat!«

Sie hatte eine Idee. Es würde riskant werden und es würde bedeuten, dass sie sehr viel riskieren musste.

*

»Captain, das kann ich nicht zulassen!«, sagte Royo, als er von Caras Plan erfuhr. »Ich bestehe darauf, dass Aponi oder Mister Beckett diese Mission übernehmen!«

»Ich bin bereit und melde mich freiwillig!«, sagte Beckett sofort.

Sowohl die Alpha- als auch die neue Beta-Schicht hatten sich im großen Konferenzraum eingefunden.

»Sie melden sich freiwillig, aber Sie sind ebenso wenig bereit wie Aponi!«, sagte Cara. »Tut mir leid, wenn ich nun etwas direkt bin – aber keiner von ihnen hat die Piloten-Fähigkeiten, die für diese Mission erforderlich sind!«

»Das ist ein Selbstmord-Kommando. Warum können wir nicht den Computer diesen Flug machen lassen?«, regte sich Royo auf.

»Weil der Computer dieses Manöver nicht fliegen kann!«, sagte Selassie. »Wir haben dies bedacht und auch die Fähigkeiten des Bordcomputers geprüft. Er kann es nicht!«

»Wenn alles funktioniert, ist die Aktion vorbei, ehe es unsere Häscher begreifen!«, sagte Cara. Sie versuchte, zuversichtlich zu klingen. »Ich nehme die SPEAR und fliege sie getarnt in die Atmosphäre von Liao Vier. Sofort werden Chu und die anderen denken, wir würden auf diese Weise durchbrechen wollen. Es wird sich eine Lücke auftun, durch die sich die STERNENGLANZ mogeln kann. Sobald das geschehen ist, gebe ich die SPEAR auf und folge mit der EBONY. Es wurde mit der gleichen Tarnvorrichtung ausgestattet wie die STERNENGLANZ, sie werden mich nicht sehen!«

»Wenn es schief geht, geraten sie diesen Leuten in die Hände!«

»In diesem Fall werden Sie die Mission zu Ende bringen. Keinesfalls werden Sie mich retten kommen!«

Royo schüttelte den Kopf. »Captain, das ist Wahnsinn!«

»Es ist ein guter Plan!«, sagte Aponi, was ihr einen zornigen Blick des XO einbrachte.

»Die Entscheidung ist gefallen. Mister Snow arbeitet daran, die EBONY für diesen Einsatz vorzubereiten!«

Cara schaute in die Runde und sah betretene Gesichter. »Wir sind wieder zusammen, ehe es Chu begreift! Keine Angst, ich bin eine ganz passable Pilotin!« Sie lächelte. »Abtreten!«

Sie schaute zu ihrem XO, der nicht ging. »Sie wissen, dass es der beste Plan ist!«

»Ja«, gab er zu. »Aber warum Sie?«

»Weil ich die beste Pilotin der Flotte bin und dies ein Einsatz ist, bei dem mir das Schiff mit etwas Pech unter dem Hintern zusammenbricht! Soll ich Aponi oder Beckett schicken, obwohl ich weiß, dass sie es nicht schaffen werden?«

»Seien Sie vorsichtig!«, sagte Royo leise.

»Das werde ich! Ich mag die Lady und kehre stets zu ihr zurück!« Sie gab ihm einen Klaps auf die Schulter.

Dann verließ sie den Konferenzraum, um sich ein wenig auszuruhen und auch, um zu Andastra zu beten.

Wenn sie jemals göttlichen Beistand benötigt hatte, dann jetzt!

 

I

Die SPEAR war nicht bedeutend anders als die Schiffe der Flotte. Das hatte Cara bereits bei ihrem ersten Besuch auf diesem Schiff festgestellt.

Sie war lediglich sehr viel altmodischer, denn die Entwicklung war aufgrund der Verbannung, begrenzter Ressourcen und vor allem aufgrund des Personalmangels sehr viel langsamer vonstattengegangen.

Dennoch hatten auch die verbannten Wissenschaftler und Techniker die Konzepte der CSFU genutzt, um darauf aufzubauen. Viel Neues war ihnen dabei nicht eingefallen – sah man von dem grandiosen Stream-Antrieb ab, der die Schiffe auf völlig neue Weise reisen ließ.

Auf diesen Antrieb würde sie an Bord der EBONY verzichten müssen. Das kleine Shuttle konnte zwar in den Hyperraum eintreten und eine angenehm hohe Geschwindigkeit erreichen. Für einen Stream-Antrieb war jedoch schlicht kein Platz in der sehr begrenzten Antriebssektion.

Caras Hand glitt über die Konsole, die das Steuer beheimatete. Sie würde das Schiff von hier aus fliegen, nicht vom Satz des Kommandanten aus. Obwohl sie das Steuer dorthin hätte transferieren können.

Und?«, fragte sie leise, während ihre Hand auf der Konsole verharrte. »Werden wir beide uns verstehen? Oder wirst du mir Schwierigkeiten bereiten, hm?«

Eine Erwiderung erhielt sie nicht. Auch der Bordcomputer schwieg.

Cara lächelte, während sie den Sitz ein wenig zur Seite drehte und darin Platz nahm.

Er fühlte sich ungewohnt an; steif und ein wenig hart.

Sie suchte mit der Hand die Sensoren, um ihn ihren Bedürfnissen anzupassen. Kurz darauf spürte sie, dass sich Sitzfläche und auch Rückenlehne und Nackenstütze verformten. Sie passten sich ihrem Körper an, wurden an einigen Stellen weicher, an anderen fester.

Bald schon spürte sie, dass sie in diesem Sitz viele Stunden verbringen konnte, ohne auch nur die geringsten Beschwerden zu bekommen.

Nachdem der Sitz seine Anpassung beendet hatte, aktivierte sie das Kraftfeld, das sie auch bei extremen Manövern schützen würde.

»STERNENGLANZ, hier SPEAR. Ich …«

»Captain?«

Cara hielt inne, denn die Stimme war nicht aus dem Intercom gekommen, sondern hinter ihr erklungen.

Sie löste die Arretierung des Sitzes und schwang herum. »Doktor Yamamato! Was kann ich für Sie tun?«, fragte Cara erstaunt, als sie die Ärztin der SPEAR sah.

Diese stand am Eingang zur Brücke, ein wenig abwartend, ein wenig unsicher.

Bisher hatte sich Commander Royo um die einzige Überlebende der SPEAR gekümmert. Auch auf mehrmalige Nachfragen hin hatte ihr XO stets versichert, dass Doktor Yamamato kein Spion sei.

Cara vertraute ihrem XO nahezu grenzenlos. Sie wusste aber auch, dass Liebe blind machen konnte.

Und Royo war in die exotisch aussehende Frau verschossen.

Wer kann es ihm verdenken?

Cara selbst spürte die Attraktion, die von der Medizinerin ausging. Ihr schwarzes Haar, die sinnlichen Lippen und der gebräunte Teint wirkten ebenso anziehend wie ihre makellose Figur und die kleine Eigenheit, nur dann Schuhe zu tragen, wenn es unbedingt sein musste.

Hinzu kam, dass sie überaus intelligent, humorvoll und eine wunderbare Gesprächspartnerin war.

So zumindest hatte Royo die Frau beschrieben.

Cara selbst hatte ihm befohlen, Zeit mit Doktor Yamamato zu verbringen.

Dass sie nun jedoch auf der Brücke der SPEAR stand, gefiel Cara nicht. War sie gekommen, um die Mission zu stören?

»Was kann ich für Sie tun, Doktor?«, fragte Cara und versuchte, etwas Kühle in ihre Stimme zu legen. Obgleich ihr der Anblick gefiel.

Doktor Yamamato besaß eine gewisse Ähnlichkeit mit Yukiko Tanaka, der Chefärztin an Bord der STERNENGLANZ und zudem eine Frau, für die Cara sehr viel empfand. Mehr als für jeden anderen, wie sie während ihrer Erkrankung begriffen hatte.

»Ich melde mich freiwillig, um Ihnen zu assistieren!«, sagte Tamara Yamamato.

»Das ist sehr nett von Ihnen. Aber ich werde diese Mission allein fliegen!«

Doktor Yamamato trat vor. »Mit Verlaub – Sie mögen eine sehr gute Pilotin sein! Aber Sie kennen das Schiff nicht! Sie wissen nicht, wie es in Extremsituationen reagiert!«

»Und Sie wissen das?«, fragte Cara zweifelnd.

»Ich saß oft genug auf dem Platz für Gäste, wenn wir in knifflige Situationen gerieten. Wir Ärzte hatten wenig zu tun, wenn nicht zufällig jemand krank oder verletzt war. Forschungen an Bord waren verboten, Routineuntersuchungen gab es ebenfalls keine. Man kann nicht ein Lazarett, die Geräte oder Instrumente so oft putzen, dass am Ende keine Langeweile aufkommt!«

Cara stellte sich Yukikos Gesicht vor, wenn man von ihr verlangen würde, die Krankenstation zu putzen.

Vermutlich würde sie sofort den Dienst quittieren und eine Praxis eröffnen.

Sekundenlang zögerte Cara, dann nickte sie. »Also schön, Doktor. Welchen Platz möchten Sie übernehmen?«

»Ich übernehme die Station des Maschinenraums. Der Antrieb ist in gewissen Situationen ein wenig instabil!«

»Gut!«

Cara wartete, bis die Ärztin Platz genommen hatte. »Franco wäre Ihnen eine größere Hilfe! Aber der hat es nicht geschafft!«

Bitterkeit schwang in Doktor Yamamatos Stimme mit.

»Der Chefingenieur?«

Die Medizinerin nickte. »Ein Chauvinist und Angeber. Aber ein verdammt guter Chefmechaniker. Hielt sich für einen herniedergekommenen Gott, da Mechaniker und Ingenieure ohnehin höchste Achtung genossen. Anders als wir Ärzte. Aber wehe, er riss sich auch nur den Nagel ein!«

Cara grinste still in sich hinein. Von Royo wusste sie bereits, dass Ärzte in der Gesellschaft der Verstoßenen nicht gerade hoch angesehen waren.

»Sollten wir gegen die Flotte Ihrer Landsleute kämpfen müssen, werden wir Sie vielleicht brauchen!«, sagte sie, während Tamara Yamamato das Kraftfeld ihres Sitzes aktivierte.

»Ich bin bereit!«, sagte die Ärztin. »Seit ich an Bord bin, halte ich mich auf der Krankenstation auf, um mich mit den Geräten und Prozeduren an Bord vertraut zu machen. Wir mussten sehr viel Einfallsreichtum beweisen, wenn wir in Notsituationen gerieten, denn unsere Maschinen waren nicht so leistungsfähig!« Sie zuckte mit den Schultern. »Immerhin ist mein Wissen nicht allzu weit zurück. Ich kann verwundete und auch erkrankte Bordmitglieder behandeln!«

»Daran habe ich nie gezweifelt!« Cara nahm wieder Kontakt mit der STERNENGLANZ auf. »Hier spricht die SPEAR. Bereit?«

»Bereit! Passen Sie auf sich auf!«

Die Stimme von Commander Royo klang besorgt.

»Das werden wir!«, sagte Tamara Yamamato. »Auch wenn ich etwas spät zum Dinner sein könnte!«

»Tammy? Ich meine, Doktor … Was machst du …«, rief Royo erstaunt. »Wieso …«

»Sie hat mir Ihre Hilfe angeboten«, unterbrach Cara ihren XO. »Also – legen wir los!«

Sie nickte Tamara Yamamato zu und aktivierte den Antrieb. »E-Rope lösen!«

»E-Rope ist gelöst!«, bestätigte Royo.

»Tarnung aktivieren!«, befahl Cara. Wenn sie schon jemanden in der Station des Maschinenraums hatte, konnte sie solche Dinge auch delegieren.

»Tarnung aktiv!«, bestätigte die Ärztin.

»Lightspeed-Faktor 0.25!«, sagte Cara, während sie gleichzeitig Schub auf die Unterlicht-Maschine gab.

Die SPEAR glitt an der noch immer reglos verharrenden STERNENGLANZ vorbei.

Sie hatte diese gerade passiert, als auch die Maschinen ihrer Lady zum Leben erwachten.

Beide Schiffe flogen nun mit geringem Abstand auf die Sperre und Liao Vier zu.

Minutenlang geschah nichts weiter. Auf der Anzeige schwoll das Ziel an, ehe die Sensoren die Sicht korrigierten und sich der Planet wieder zu entfernen schien.

»Zustand der Tarnung?«

»102 Prozent!«, sagte Tamara Yamamato nach ein paar Sekunden.

»Transponder-Signal?«

Diesmal dauerte es fast eine Minute. »Das der STERNENGLANZ.«

Cara drehte den Kopf. »Sie kennen die Station, oder?«

»Nicht so gut wie meine Stationen! Ich kenne jedoch die Hilfsfunktion, die mich ans Ziel bringt!«

Wunderbar! Cara verkniff sich eine Erwiderung. Stattdessen überprüfte sie die Entfernung zu Liao Vier.

»STERNENGLANZ, wir sind nun noch 550.000 Klicks entfernt. Beginne Manöver Nebelkerze bei 500.000 Klicks. Alle Stationen bereithalten!«

»Wir sind bereit!«, sagte Royo angespannt.

»Doktor Yamamato?«, fragte Cara.

»Hm? Oh – bereit!« Die Ärztin schüttelte verärgert den Kopf. »Ich bin es nicht gewohnt, in eine solche Aktion eingebunden zu sein.«

»Schon okay!« Cara schaute auf die Anzeigen. »Achtung, Manöver beginnt bei Zero! Zehn – Neun – Acht …«