image

1. Auflage August 2015

© 2015 Nicole Rose

Titelfoto: Claudia Kempf

Autorenfotos: Tim Korbmacher

Printed in Germany ISBN (978-3-9815313-7-4)
eISBN (978-3-9818807-7-9)

www.nicolerose.de

Zuvor erschienen im Juni 2014: „Die Liebesverheirat“

Im Juni 2012: „Das Liebesversprechen“

Im Januar 2013: „Die Liebesverführung“

Im September 2013: „Die Liebesverblendung“

Die Handlung und alle handelnden Personen sind frei erfunden.

Jegliche Ähnlichkeit mit lebenden oder realen Personen wäre rein zufällig.

Was es ist

Es ist Unsinn sagt die Vernunft
Es ist was es ist sagt die Liebe

Es ist Unglück sagt die Berechnung
Es ist nichts als Schmerz sagt die Angst
Es ist aussichtslos sagt die Einsicht
Es ist was es ist sagt die Liebe

Es ist lächerlich sagt der Stolz
Es ist leichtsinnig sagt die Vorsicht
Es ist unmöglich sagt die Erfahrung
Es ist was es ist sagt die Liebe

Erich Fried (1921 - 1988),
österreichischer Lyriker, Übersetzer und Essayist

Buch 5

Das Liebesverhängnis

Von allen guten Geistern verlassen

Die Ankunft der Satansbraten

Bootstrip zur Hölle

Böse Buben & verführbare Mädchen

Das Leben ist kein Ponyhof!

Risse in der Fassade

Das perfekte Zuhause?

Flotter Vierer

Katze im Kamin / Das Unglück zieht ein

Fuck You Florida! Wir plündern das Firmenkonto

Der Dude von Minsk & Miami

Ein Gesetz für den Arsch

Der Morgen des Grauens

Curacao Calling

Happy Meal = Happy Deal?

You can’t get out of the Flitterwochen

Deviled Dinner

Alles ist möglich

Where have all the good friends gone?

Ein Fest für die Ratten

Die Schlacht der Scherben

Die Nacht der schwarzen Seele

Der perfekte Plan

Last exit: Bahamas

Der verlorene Brautschuh

Sex on the rocks im Sushi-Paradies

Retour mit Rückenwind

Hüte dich, wenn deine Träume wahr werden

Musikmillionäre auf Deutschlandtour

Recht geschehe!

Das Zerwürfnis der Barzokkas

Rock & roll im Fresszimmer

Business-angel in der Osteria Bavaria

Befriedung in der Brezen?

Gute oder schlechte Nachrichten?

Isoletta tutto bene

Freigabe erteilt

„Das Lied,
das wir für unser Leben komponieren,
stimmt selten mit der Melodie des Schicksals überein!
Deshalb schreibt das Leben
die abenteuerlichsten Geschichten!“

Von allen guten Geistern verlassen

Es gibt keine Zufälle! Zufälle sind Begegnungen und Begebnisse, die ihren Sinn erst dann offenbaren, wenn er offensichtlich geworden ist. Wenn die Kette der Ereignisse und Erfahrungen ihre wahre Bedeutung zeigt…

Woolf zog die Rose in enger Umarmung den Strand entlang. Jetzt waren sie alleine. Auf sich gestellt. Im schillernden Tropenparadies Miami. „Kräbbchen. Jetzt steht uns nichts und niemand mehr im Weg! Jetzt rocken wir das Paradies!“ Determiniert sein Leben als einziges Fest zu zelebrieren, zog er die Rose gen News Café. Ihre hohen Hacken versackten im Sand. Sie fühlte Widerstände im Verborgenen. Mitgegangen, mitgefangen, mitgehangen. Dieser Strandspaziergang war der Gang in eine ungewisse Zukunft. Der gute Geist der Mutter hatte sie verlassen. Sie fühlte sich verloren und verletzlich. Ihre Schutzengel hatten samt und sonders das Weite gesucht… Die Seele der Ängstlichen sehnte sich zurück in den Mutterschlund. Nach Schutz und Sicherheit. Doch wie stets pochten zwei Seelen in ihrem Herzen. Die Seele der Abenteuerlustigen fühlte sich frei und froh. Hatte sie nicht den Sexiest Man Alive an ihrer Seite? Was konnte da schon schief gehen? Endlich hatten sie das News Café erreicht. Wenige Minuten vor der Happy Hour. Woolf wollte nicht auf das Sonderangebot zum Besäufnis warten. „Waiter. Champagne! Rosé!“, orderte er euphorisiert. Endlich war die Spießerin von Rosenmutter abgereist und er hatte sein Kräbbchen für sich. Und nur für sich! Auf immer und ewig! Die genussfreudige Seele der Rose jubilierte. „Bevor ich mich schlagen lasse“, errötend stimmte Nikki zu. Das Leben war schließlich zu kurz, es nicht zu feiern… Das freche Mädchen mit Zöpfen in ihr frohlockte abenteuerlustig. Sie schüttelte den Sand aus den Sandaletten und grinste von einem Ohr bis zum anderen. Woolf strahlte: „So liebe ich mein Kräbbchen! Mit diesem Lächeln erweckst du Tote zum Leben!“

Seine Worte echoten bedeutungsvoll in den türkisblauen Himmel Miamis.

Sie zelebrierten ihr Glück. Das Leben konnte so leicht wie Luft sein! Sie turtelten händchenhaltend an der Bar und beobachteten Prickelwasser süffelnd das bunte Treiben in Miamis Kultcafé. Anders als in den Gaststuben der Deutschen herrschte hier Frohsinn statt Frust. Genüsslich mampften leger bekleidete Touristen ihre Burger und French Fries. Das Corona floss in Strömen. Ein flirthaftes Flittern erfüllte die Bar. Die füllte sich mit einem Mal schlagartig. Der Blick auf die MegaO verriet: Happy Hour. Alle Drinks zum halben Preis. Was für eine grandiose Erfindung! Zufällig war gerade der Champagner ausgetrunken. Woolf studierte mit einem Eifer, den kein Wunderwerk dieser Welt in ihm zu erwecken vermochte die Getränkekarte. „Kräbbchen. Die haben hier Apfelmartinis!“ Seine Begeisterung rührte die Rose. In ihrem wilden Gemahl schlummerte der kleine Junge, der voller Lust und Neugier aufs Leben war. Sie fühlte sich so high und verliebt wie ein Teenager. „Hach wie herrlich!“ In ihrem Herzen jubilierten die Schmetterlinge. In diesem rauschhaften Moment war sie im völligen Gleichklang mit Woolf. Er war ebenso ekstatisch im Einklang mit der Welt, sich und ihr. „Kräbbchen. Wir sind FREI! Das ist das allerhöchste GUT!“ Klirrend stießen sie mit Apfelmartinis aufeinander an. „X’cuse me!“, lallte da eine reichlich alkoholisierte Stimme mit irischem Akzent in ihre Richtung. „You are a great couple! What is your secret to happiness?“ Die zu der Stimme gehörende kräftige Gestalt wankte wild bei diesen Worten. Sie klammerte sich haltsuchend an die Bar. Orderte Nachschub an Seelentrost. „Waiter. Another Whiskey!“ Kaum hatte er den Drink vor der Nase hatte er ihn auch schon in die Kehle gekippt. „Waiter! Another one!“ Nun blitzten seine giftgrünen Augen spitzbübisch. „Hey there. I am Alan. Who are you? Where are you from and who is this fucking beautiful lady beside you?“ Er nahm seine Hände von der Bar und streckte sie, um Halt bemüht, gen Woolf und seiner Rose. „Cheers! To a wonderful friendship!“ Das war das wunderbare im Land der unbegrenzten Möglichkeiten. Von einer Sekunde auf die andere war man berühmt, erfolgreich und mit Menschen befreundet denen man zuvor nie begegnet war! „Rich & famous overnight“ hing als Versprechen/vielversprechend in der Luft! „Hi! I am Alan. Irish. Love Whiskey. I am the fucking best bar bookkeeper in town!“ Prahlerisch offerierte der kernige, kräftige, etwas zu kurz geratene Rampenmann mit verwegener schwarzer Haarmähne und wildbehaarter Brust, auf der ein güldenes Kreuz prangte, seine Tipps und Tricks als Buchhalter vom Monty’s. Dem coolen Bar-Restaurant in – es gibt ja bekanntlich keine Zufälle – Kokosnuss Groove. „Hey man! Wir sind Nachbarn!“ Woolf klopfte dem neu gewonnen Freund begeistert auf die breite Schulter. „Wenn das mal kein Zufall ist…! Wir sind new in town und business! Wir brauchen den besten Buchhalter für unsere fucking erfolgreiche Firmengründung!“ Alan grinste gierig. „Worin besteht denn euer Business?“ „Marketing & Rock’n’Roll!“, lächelte Nikki Rose schelmisch. Dann ratterte sie die Luxuslabels ihrer erfolgreichen Karriere herunter. Erfolgsgaranten für eine ebensolche Zukunft. „MegaO, Mystar, Armada! Und jetzt: rocken wir Miami! Dafür brauchen wir einen Kassenwart der Extraklasse!“ „WOW“! Alan war verführbar und schnell verlockt. Der Whiskey, die elegante und erfolgreiche Rose sowie Woolfs über jegliche Selbstzweifel erhabene Großartigkeit erwirkten seine rasante Zustimmung. „Let’s rock!“ Er und Woolf fielen sich in die Arme und klopften sich siegesgewiss auf die Schultern. Nikki lächelte ladylike und nippte restskeptisch am Weißwein. Noch war sie nicht gänzlich überzeugt, ob der wie ein Loch saufende Ire der passende bookkeeper für sie war. Ihr Verstand war selten vollends ausgeknockt. Bevor das geschah, döste sie bekanntlich ein. Sie trank bewusst langsamer als die Gesellen und ließ sich den köstlich sauren Apfelmartini auf der Zunge zergehen! Woolfs Verbrüderung mit dem irischen Schluckspecht erfolgte alarmierend rasant. Im Übrigen: Was war mit Stefan Schwenk? Der machte einen deutlich professionelleren Eindruck. Und sie hatte ihm bereits 9.000 Dollar für seine Dienste bezahlt. Woolf erkannte die Zweifel im Antlitz seiner Rose und reagierte wie stets mit geballter Aggression. „Kräbbchen. Guck nicht so! Zweifel töten Träume! Wir brauchen eine neue Runde Apfelmartinis! Ach was, scheiß auf das Weibergesöff! Wir nehmen Whiskey. Pur. Ohne Eis. Das ist für Weicheier!“ Während die beiden Haudegen sich die Whiskey-Kante gaben döste die Rose an der Bar. Sie erwachte vom grellen Rausschmeißer-Licht und Woolfs Griff nach ihrem Portemonnaie. „Baby. Let’s talk business. Der Alan verhilft uns zu unserem Finanzplan und Venture Capital!“ Nikki zog die Augenbrauen bis in den nun nachtschwarzen Himmel und ließ sich widerstrebend vom Barhocker ziehen.

Eine betrunkene Höllenfahrt in Alans hübschen hellblauen Vintage Mustang später schwankten sie einträchtig auf ihr Anwesen in der Bayview Road 3619. „Hey! Was ein Anwesen!“ Alan war begeistert. „Ich meine, ich lebe ja auch nicht in einer Hundehütte. Aber das hier hat Grandezza!“ Woolf bemühte sich zwischenzeitlich, mit torkelnden Fingern die Tür zum Atrium aufzuschließen. Doch es gelang ihm nicht, den Schlüssel ins Schloss zu führen. „Let me take over!“ Alan war der geübtere Alkoholiker und nach den Dutzend Whiskeys noch immer erschreckend nüchtern. „Simsalabim.“ Er öffnete die Pforte und sie standen in dem antik anmutenden Atrium. Der Geruch nach Schimmel unterstrich die Aura des Mystischen. Woolf übernahm die Führung durch sein Paradies. „Mein Studio. Mein Pool, größer als manch eine Wohnung, mein Steinweg-Flügel. Leider nur die B-Version!“ Nikki eilte, genervt von Woolfs Angeberei, in die Küche. Ihre Augenbrauen wuchsen mit der Haartolle in den Himmel. Der Typ hatte keinen müden Penny zu all dem beigetragen und brüstete sich als sei er Graf Koks. Da half nur eines zur Nervenbetäubung! Eine Flasche Champagner Rosé. In diesem Fall von Moet Changdong. Bereits Napoleon wusste: „Nach einer gewonnen Schlacht verdient man Champagner. Nach verlorener Schlacht braucht man ihn.“ Heute schien es ihr, wie verstörend oft, als habe sie das Herz von Woolf an eine andere Seele verloren! Das verlangte Verdrängung…

Sie öffnete die Flasche und bereitete eine kleine kulinarische Köstlichkeit als Begleithappen zu. Mozzarella di Buffalo mit aromatischen Rispentomaten auf schicken Spießen, das Basilikum in hauchdünne Streifen geschnitten. Rucola mit Pinienkernen, ein Dressing aus Himbeeren und 30 Jahre altem Balsamico Essig. Getoppt von getrockneten Tomaten, Austernpilzen und Kräuterseitlingen mit Chilis kurz und knackig angebraten. Und für die ausgehungerten Männer: ein Kilo Weißbrot. Sie bereitete den Tisch im Garten für das nächtliche Picknick. Woolf zündete die Fackeln an. Am Eingang zum Anwesen fiel sein Blick auf den Briefkasten. Ein zu großes Paket war halbherzig hineingesteckt. Er las den Absender: „Matschi Rose.“ Was wollte denn das Weichei? Ignorierend, dass das Paket an Nikki Rose, „persönlich/vertraulich“, gerichtet war, riss er die Pappe entzwei und den Inhalt heraus. Endlich! Die lang ersehnte und nachdrücklich geforderte Digitalkamera. Und: sein Führungszeugnis mit kilometerlangen Einträgen seiner kriminellen Vergangenheit. Er deponierte es wie eine Bombe im Office der Rose. Dann trat er mit der Kamera ins Freie. „Hey, Kräbbchen. Guck mal in die Kamera!“ Die nächsten zwei Stunden rannte er wie ein Berserker durch sein Anwesen und fotografierte wie wild. Er brauchte Bilder, die bezeugten, wie grandios er es in seinem Leben getroffen hatte! Das würde seine falschen Freunde in Schwabing in den Abgrund von Neid und Missgunst treiben…

Die Euphorie berauschte seine Gefühle und Gedanken. Wie ein HB-Männchen sauste er durch sein Anwesen und dokumentierte sein gigantisches Glück!

Den soeben noch als besten Freund und Business-Partner deklarierten irischen Gast vergaß er vollends. Alan nutzte die Gunst der Stunde und buhlte um die Gunst der Rose. Deren heute himbeerfarbenen Lippen kräuselten sich geschmeichelt. Endlich einmal wieder bemühte sich ein Mann um ihre Aufmerksamkeit statt sie wie seinen Besitz und personifiziertes Bankkonto zu behandeln. Des Iren raubeinige, aber herzliche Art, die Whiskeystimme und seine mit jedem Glas Champagner flüssiger vorgetragene Lebensgeschichte rührten ihr Mitgefühl. Er erzählte von seiner langjährigen Liebe zu einer an Multiplus Sklerose erkrankten im Rollstuhl dahin darbenden Frau. Unglaublich. Ein Mann der sich in eine Frau verliebte obschon sie im Rollstuhl saß und dem Tode geweiht war! Woolf hatte sie bereits wegen ihrer längst verheilten Knie-Operationen als Krüppel beschimpft. Er wäre weg wie der Blitz, sollte sie das Schicksal in den Rollstuhl verfrachten… Im milden Licht der Fackeln verwandelte sich Alans Gesicht ins Heldenhafte. Ein goldener Schimmer umschmeichelte seine keltischen Gesichtszüge und ließ die grünen Augen blitzen und blinken! Dann legte er zärtlich seine starke Hand um ihren Arm. „Ist Dir nicht kalt?“ Ungefragt legte er sein Jackett um ihre Schultern. Endlich fühlte sie sich wieder beschützt. Keine Frage! Alan war ein Macho mit einem goldenen Herzen. Sie schmolz dahin im Schein der Fackeln. Alan schmunzelte innerlich. Er wusste, welche Masche bei romantisiertem Weibsvolk zog. Einem Raubein mit goldenem Herz konnte keine Frau widerstehen. Das war es, was die Weiber weich machte. Die Mädchen in ihnen suchten doch immer ihren Helden… Der Casanova in ihm war im Rausch der Eroberung. Gleichzeitig war er bezaubert von dieser außergewöhnlichen Erscheinung, die im Licht der Flammen förmlich funkelte wie ein Diamant dem die Zeit und die Erfahrungen des Lebens den Feinschliff gegeben hat. Sein angeborener Siegersinn war darüber hinaus Ansporn, dem angeberischen Woolf die Liebste auszuspannen. Bedeutsam legte er seine schwarz behaarte Hand auf ihre. „You are so beautiful! How come you are married to such an ASSHOLE? He is not good enough for you! It is me you have been waiting for!“ Er beugte sich zu ihrem Gesicht und umfasste es mit unendlicher Zärtlichkeit mit seinen beiden kräftigen Händen. Dann spitzte er die Lippen und nahm Angriff auf ihren Himbeermund. Die Rose beugte sich zu ihm, bereit, sich der Verführung eines Kusses hinzugeben… Ein lautes „Harharharharhar! Ich hab euch erwischt!“ vereitelte die Kussattacke. Nikki zuckte schuldbewusst zusammen. Alan ballte die Fäuste. Doch Woolf hatte nur geblufft und nichts gesehen. Er hatte den Akku der Kamera leer fotografiert und von dem zarten Flirt in Wahrheit nichts mitbekommen. Dafür hatte er Erscheinungen der gänzlich anderen Art gehabt…

In irrsinniger Erregung schwankte Woolf mit der Kamera an den Tisch. Die beiden in zärtlichem Flirt befindlichen Seelen stoben auseinander. Woolf rief, als hätte ihn der Wahnsinn erfasst, die Augen in den Himmel schmeißend: „Es gibt Geister hier! Wir haben einen Schutzengel!“ Er hielt der Rose die Kamera vors Gesicht. Konzentriert blickte sie auf den klitzekleinen Bildschirm. Ihre Eitelkeit verbot das Tragen einer Brille. Zuerst waren ihre Augen viel zu verschwommen, um irgendetwas zu erkennen. Dann sah sie wie durch ein Kaleidoskop verwirrende Zauberbildwelten. Der dunkle Nachthimmel wurde erleuchtet von bunten Blitzen. Die tanzten wie wild geworden durch den tropischen Garten. Nikki zweifelte an der eigenen Wahrnehmung. Sie schien verrückt zu spielen! Fasziniert und mit Gänsehaut im Gehirn starrte sie weiter in die Kamera. Schließlich erkannte sie den Hintereingang zum Hexenhaus. Direkt gegenüber vom Pool, an dem sie gerade saßen. Sie starrte konzentriert in die Kamera und erschauderte. Sie sah Unheimliches. Eine weißgewandete Gestalt. Gleich eines Gespensts im Nachthemd. Einen leuchtenden Heiligenschein um den Kopf. Das Gesicht unter dem Popperschnitt erschien erschreckend bekannt. Uwe. Sein schmaler Mund lächelte blutleer. Die blauen Murmelaugen blickten starr. Er hielt eine tiefschwarze Rose in der Hand. Jeder Blumenhändler wusste: Die gab es nicht! Woolf jedoch war begeistert. „Kräbbchen. WIR haben einen SCHUTZENGEL!“ Nikki fuhr erschrocken zusammen. Das durfte doch alles nicht wahr sein! Tote gehörten in den Himmel. Doch soeben hatte sie den bedrohlichen Beweis, dass Uwes Geist als Oberaufseher ihrem Lebensweg folgte. Woolf, Meister der schwarzen Magie, kannte das Gefühl der Unheimlichkeit nicht. Er war mit einer hellsehenden Großmutter aufgewachsen und hatte einen Draht zu drüben. Das Gesehene gab ihm ein Gefühl von Macht. ER war es, der die Puppen tanzen ließ und die Geister ins Leben rief… Das Gefühl der Allmacht ließ ihn vibrieren wie einen Verrückten.

Woolf breitete die Arme aus und wähnte sich als Gewinner im Kampf gegen das Schicksal. Er umarmte das Universum. Er sah Jesus dabei ähnlicher als OBon von UZwo dies jemals gelungen war. Dann sank er besoffen neben seinen neuen besten Freund. Die Großartigkeit der Gefühle erschöpfte zutiefst. Katerstimmung verbreitete sich in seinem ermüdenden Gehirn. „Hey Buddy. Who are you?“ Er wusste nicht mal mehr, wer der keltische kleine Typ war, der da mit seiner Rose in verdächtiger Eintracht am Gartentisch saß. Die Erinnerung ließ ihn im Stich. Die Eifersucht loderte in seinem Herzen. „WeristderTypwaswillderhierundwashatdermitmeinerRose?“ Man sah seine Gedanken und Gefühle förmlich explodieren. Völlige Desorientierung berauschte sein Sein. Er brauchte Hilfe! Sein Blick saugte sich in die Augen der Rose. Sie musste ihn retten. „Wo bin ich? Wer seid ihr? Und wer zum Teufel ist ER?“ Er starrte ihr hilfesuchend in die hellgrünen Augen. Doch sein Kräbbchen blickte verlegen und verlogen zur Seite. Die Röte in ihrem Antlitz verriet: Sie hatte selbst ein wenig die Orientierung verloren. Die Liebesverführung durch den heldenhaften Iren forderte Hingabe. Doch ihr irrer Gemahl vereitelte die Vereinigung, die ultimative Sinnlichkeit versprach. Ihr Treuegelübte musste gehalten werden. Doch was war überhaupt richtig und was war falsch in dieser magischen Geisternacht??? Ihr Pflichtbewusstsein siegte. Sie richtete sich auf und entfernte sich körperlich und geistig vom Geist der Verführung. Woolf trainierte sein betrunkenes Hirn mit gedanklichem Yoga. Die feurigen Fragen strömten wie Lava aus seinem schmalen Mund. „Wer ist der Kerl? Was macht der hier? Was will der von Dir? Du bist MEINE Frau!!!“ Nikki erkannte seine alkoholbedingte Aggressivität und erbarmte sich. „Woolf. Das ist Alan. Der beste bookkeeper in Town. Er arbeitet im Monty’s und wir haben ihn im News Café kennengelernt!“, tuschelte sie in sein linkes vom Hörsturz verschontes Ohr. Woolf erstrahlte. Das Netzwerk seines Großhirns funktionierte wieder. Er zählte eins und eins zusammen. „Ire. Bookkeeper. Monty’s!“ Schnell schlussfolgerte sein besoffenes Hirn. Das war SEINE CHANCE! Er erkannte Potential. Eine Seele, die ausgebeutet werden musste! Letztlich verlangten das alle Seelen. „Sweet dreams are made of this. Some of them want to use you. Some of them want to get used by you!“ Die Euromics ertönten bestätigend auf dem I-Pool. ER war der ultimative Seelenaussauger! Hatte er erst einmal ihre Schwäche und ihren Antrieb erkannt dann besiegte er sie. Gnadenlos. Er brauchte nur ganz schnell ein großes Publikum. Dann war er der Mächtigste der Welt. Der King of Rock! Sein teuflisch genialer Geist ging auf Angriff. „Alan. Alter. Das Monty’s ist doch ein gut besuchter Schuppen! Da kann ich doch mal auftreten und die Bude rocken! Du als Buchhalter kannst mir da doch sicher einen Gig verschaffen!“ Alan grinste nüchtern trotz fortgeschrittenen Alkoholkonsums. „Kannste haben Alter. Musste aber latzen! Ein Auftritt im Monty’s kostet dich einen Tausender. Wir erwarten deinen Auftritt mit professionellem Equipment, Band und Groupies!“ Woolf wurde wütend. „Was ist das denn für eine Scheiße? Ich bin der King of Rock. Ich verlange 100.000 Dollar für einen Auftritt!“ Die Seele des Iren musste gekocht werden. Doch das stellte sich als schwierig heraus…

Alan blieb cool! Er hockte gechillt im Gartenstuhl. Sein keltisches Gesicht sah so kalt aus wie ein Stein. Das brachte Woolf erst recht in Rage. Er hüpfte wie Rumpelstilzchen auf den Iren zu und schnappte sich dessen Stuhl, den er heftig schüttelte. Wenn er eine Seele nicht für sich gewinnen konnte, wurde sie sein Feind. Diese Sollbruchstelle war nun erreicht. Purer Hass war die Folge. „Scher Dich zum Teufel, du irischer Arsch!“ „Fick dich doch selbst!“, erwiderte Alan mit sarkastischem Grinsen. Er kannte die Wichser dieser Welt und würde sie nicht siegen lassen! „Ich höre wohl nicht richtig? Fick dich doch selbst? Na warte! Jetzt ficke ich dich in deinen irischen Arsch!“ Woolfs alkoholisiert aggressives Herz war auf der Palme, die in der Bayview Road 3619 in den Himmel wuchs. Er langte Alan an den kräftigen Hals. Dann wollte er seine Lieblingskraftkampfübung einsetzen. Er holte mit der hohen Stirn aus. Das knockte noch jeden aus. Doch der Ire war cleverer als erwartet und deutlich nüchterner als Woolf. Er wich der Attacke aus und boxte dem Wüstling stattdessen mitten ins Gemächt. „AUA!“ Der sank zusammen und heulte wie ein Weib, die Hände um seinen größten Schatz von Schwanz geklammert. Da bekam auch die Rose zu viel. „Stopp. Den brauche ich noch!“ Ihr determinierter Tonfall brachte Alan zum Anhalten. Er erkannte, was offensichtlich war: Die Rose war ein „Victim of Love“ und noch lange nicht bereit, ihren Woolf im Schafspelz zu verlassen. Ihre Botschaft bestätigte dies. „You better go now!“ Alan erhob sich mit einer sarkastischen Verbeugung. Er küsste die Rose auf beide Backen und verabschiedete sich charmant. „You are a wonderful lady!“ Woolf, der noch immer auf dem Boden kauerte und sein Gemächt umklammerte, verpasste er einen frechen aber fast zärtlich leichten Kopftritt mit seinen Krokodilleder-Boots von den Keys. „Good night buddy. We will rock the universe together!“ Dann verschwand er in der Nacht und sprang so souverän wie ein Leichtathlet über die steinerne Mauer.

Nikki blickte bedröppelt in den Sternenhimmel. Erneut waren sie von allen (guten?) Geistern verlassen. Was die Ereignisse und Erscheinungen des Tages wohl zu bedeuten hatten? Sie sinnierte in die Nacht hinein. Woolf lenkte sie erneut vom Finden der Lösung ab. Er wimmerte wie ein besoffenes Wrack am Boden. „Kräbbchen hilf mir!“ Doch die Rose empfand in diesem Augenblick nur Abscheu und Misstrauen für ihrem angeberischen und plötzlich so kleinlauten Gemahlen. Langsam kam sie ihm auf die Schliche… Ihre Fragen sezierten die Liebesleiche auf dem Boden ihres Lebenstraums. „Wer bist Du wirklich? Was willst Du von mir? Warum liebst Du mich?“ Seine Antwort war ein Wimmern. Dann vernahm sie seine ernüchternde Antwort. „Es macht Spaß, mit dir zu leben. Du bist so putzig wie ein Paradiesvogel!“ Aha. Das war es also. Das Geheimnis seiner großen Liebe? Tiefsinn unerwünscht… Sie ließ ihn am Boden zusammengekauert liegen. Das war nicht der Held, den sie sich erwünscht hatte! Ganz im Gegenteil! Fürst der Finsternis war die bessere Beschreibung! Der leere Liebhaber die noch bessere! Sie zuckte vor Enttäuschung zusammen. Dann erblickte sie die Kamera, die sich ihr förmlich aufdrängte. Sie schnappte das Relikt der Vergangenheit und verzog sich gen Schlafgemach. Auf Abschminken und Ausziehen verzichtete sie zugunsten der Beschäftigung mit dem Bildarchiv. Wehmütig erblickte sie Aufnahmen ihres letzten Urlaubs mit Uwe und Hollywood-Haitta. Letzte Augenblicke des Glücks, bevor der Tod es ihr stahl. Tränen stahlen sich aus ihren Augen. Ihr Herz erbebte vor Schmerz. Das Schicksal konnte fies und finster sein! Sie vergrub sich ins Bett und fiel in der kompletten Montur mit Spitzenkleid und noch roten Lippen in einen komatösen Schlaf. Währenddessen hatte sich der wütende, niedergeschlagene Woolf von seiner Schmach befreit und vom Boden aufgeklaubt. Er ballte die Faust gen Himmel. „Das werdet Ihr mir alle büßen!“, schmetterte er in den Himmel der im Blitzlicht gewitterte. Während die Rose wie ein Baby schlief, verbrachte er die Nacht Flüche fluchend und ein neues Teufelswerk komponierend an seinem SteinwegFlügel. Bekanntlich leider ein B.

Die Ankunft der Satansbraten

Die strahlende Sonne Miamis wischte selbst die schrecklichsten Albträume mit einem großen Radiergummi hinfort. Sogar Woolfs Handy blinkte wie ein personifiziertes Aphrodisiakum. Eine neue Nachricht von Adrean. „Wir sind auf dem Weg!“ Sein Vater erblühte vor Stolz! HEY! DIE GUTEN GEISTER KAMEN ZURÜCK! Die Wake Up News euphorisierte den Woolf so sehr, dass er über die Tatsache hinwegsah, dass er auf dem Klavierschemel eingeschlafen war und keine Kippen mehr in der Mannboro-Schachtel lagen. Euphorisiert erwacht, fragte er sich: Warum bloß hatte er am Steinweg genächtigt, anstatt sein hübsches Kräbbchen zu vernaschen? Das ging ja gar nicht und musste sofort geändert werden! Er spurtete splitterfasernackt ins Schlafzimmer, wo die Rose in voller Montur selig schlummerte. Ihre verruchte Verletzlichkeit die gerade angesichts ihrer angegriffenen Montur offensichtlich wurde, turnte ihn ultimativ an… Er warf sich auf sie und drang ohne Rücksicht ein in ihre unwahrscheinlich süße Sinnlichkeit… Er nahm sie im Schlaf und küsste sie aufweckend auf den Hals, als sie durch seine dringliche Sexualität geweckt wurde. „Hmmmm.“ Sie räkelte sich lüstern, lasziv und unheimlich verführerisch. Ihr zarter Körper drängte sich ihm entgegen als sei er ihr Zuhause. Er eroberte sie wild. Sie empfing ihn genüsslich. Dann kuschelte sie sich in seinen Arm und verschmolz mit ihm. Sie wurde Teil seines Körpers, der auf sie zu warten schien. Seit Anbeginn ihres und seines Seins. „I was made for loving you. You were made for loving me. And I can’t get enough of you baby. Can you get enough of me?“, ertönte aus den bösen Boxen. Ja? Das gab es wohl dieses Schicksalsspiel???

Dann holte sie der Schlaf zurück ins Reich der Träume. Doch nicht für lange. „Kräbbchen! Aufwachen! Wir müssen zum Flughafen. Den Adrean und seinen Kumpel abholen!“ Die Reibeisenstimme des Woolfs holte die Rose zurück in die Realität. Die Sonne strahlte. Ihr Kopf pulsierte. Den letzten Champagner hätte sie besser nicht getrunken… Blitzartig erschienen die Bilder des Vorabends auf der Landkarte ihres Gehirns. Die Verabschiedung der Mutter. Das Besäufnis mit dem irischen Barkeeper. Die gespenstischen Bilder auf der Digitalkamera. Vergangenheit und Gegenwart in einer verstörenden Collage. Über allem schwebte Uwe in seinem Nachthemd und dem Heiligenschein um den Popperschnitt. Sie schüttelte die Gedanken ab. Hier half nur: Renovierungsprogramm im Badezimmer. Und das in Rekordzeit. Es war 9 Uhr. Um 10 Uhr kamen die beiden Satansbraten an. Sie hetzte los und verwandelte sich in einer halben Stunde vom schwarzen in einen schönen Schwan. „Kräbbchen! Klasse!“ Woolf hielt den Finger hoch. 1 a. „Auf zu Enterpreis!“ Nikki seufzte. Dieser Laden war eine Abzockerbude. Und Woolfs „Fahrkünste“ waren eine Herausforderung für ihren Magen. Leider hatte mit den guten Geistern auch James das Weite gesucht. Die Entlohnung für seine Butlerdienste war schlicht nicht mehr bezahlbar. Sie mieteten einen blutroten Mustang. Standesgemäß für einen Rocker, seine Braut und Brut. Woolf raste, jegliche Geschwindigkeitsbeschränkung verachtend, gen Airport. „Life in the fast lane. Surely make you loose your mind…“ Nikki hielt das Köpfchen aus dem Fenster, trotz Sorge um ihre Haarkunst: Die Angst, sich zu übergeben, war groß und sie vertraute auf Beton Hair.

Punkt 10 Uhr trafen sie am Airport ein. Gleichzeitig mit der Maschine aus München/Atlanta. Doch wo blieben die Jungs? Sie standen und warteten und warteten und standen. Gefühlte Stunden. Woolf grabschte sich permanent das zarte Handgelenk der Rose und starrte auf die MegaO. Mittlerweile war es 11 Uhr. Und noch immer kein Zeichen von seinem Sohn und dessen Schulfreund. Da ertönte ein Wimmern hinter der Rose. Ein bleicher Adrean versteckte sich hinter einem Pfosten. Sein Freund, ein farbiger Vierzehnjähriger grinste gemein. „Nananananana… Der Adrean hat sich in die Hose gemacht!“, schwärzte er seinen Kumpel an. Kinder konnten grausam sein! Die Ankunft der Satansbraten passte zu Nikkis unguter Vorahnung. Woolf wurde wütend. „Alter, dafür habe ich dir nicht die Windeln gewechselt, dass du mich so blamierst. Geh und wasch Dich ab! Die Unterhose schmeiß in den Müll. Zieh das T-Shirt über die Hose. Dann sieht keiner was!“ Wie ein Militäroffizier ratterte er seinem Sohn Anweisungen entgegen. Nikki staunte nicht schlecht. Hatte Woolf etwa selbst Erfahrung mit solchen Erniedrigungen des Körperlichen? Sie verbot ihren Augen sich zum Himmel zu rollen und bemühte sich um Nonchalance. „Was machen wir denn jetzt Schönes?“ Schließlich mussten die drei Jungs unterhalten werden. „Wir fahren zum Bayview Beach Park!“, entschied Woolf. In dem Entertainment Center gab es alles, was das Männerherz begehrte: Topless Bars mit geilen Chicks, Live-Musik, ein Hard Rock Café, Coronas bis zum Abwinken und… ein erneuter Blick auf die MegaO verriet, in wenigen Stunden war ja endlich wieder Happy Hour! Er jubilierte euphorisch. Die Skepsis im Rosengesicht ignorierend. Er hob sie hoch und drehte sie, bis ihr schwindlig wurde. Sie sank auf den Boden und rappelte sich stilecht und schnell wieder auf. „Erfolg manifestiert sich darin, wie schnell man nach einem Fall wieder hochkommt!“ Ein gekünsteltes Lächeln auf den Lippen erreichte die Augen nicht. Sie war ungewollt in der undankbaren Rolle der Ersatzmutter gelandet. Das fühlte sich falsch und fremd an! Die hämischen Blicke der Satansbrut verhießen Gefahr… Adrean schaute sie aus sarkastischen Röntgenaugen an. Sein farbiger Freund gönnte ihr keinen Blick. Hatten diese Findlinge des Barzockers überhaupt den Schimmer einer Ahnung wer hier die Zeche zahlte???

Die Zeit kann so gnädig wie ungnädig sein. Heute war sie Feind statt Freund. Nikki schlenderte im Schlepptau des Woolfs und seiner Satansbrut durch den Bayview Park. An jedem Stand blickten die Jungs begehrlich auf: T-Shirts, Sonnenbrillen, Flip-Flops, Kappen und allerlei Anderes. Woolf hielt die Hand auf und forderte die Rose auf. Die zückte ihr Portemonnaie. Die Scheine verschwanden wie Spielgeld. Die Barzokka-Familie war eine Geldverschwendungsmaschine. „Ich brauche jetzt dringend einen Weißwein!“, stöhnte sie entschieden. Eine weitere Stunde Konsumterror konnte sie nicht ertragen. Ihre Geldbörse war erschreckend dünn geworden. Woolf war wie zu erwarten ebenfalls durstig. „Babe. Ich komm mit! Jungs, wie wärs? Da drüben kann man eine Bootsfahrt machen!“ Er lockte den bleichen Adrean und seinen farbigen Freund gen Hafen und verpflanzte sie in ein Ausflugsboot. „So. Zwei Stunden Ruhe für uns mein Kräbbchen.“ Strahlend zog er sie an die Bar. Hier bleiben wir bis zur Happy Hour! „Und heute Abend?“ Nikki blickte nachdenklich in ihren Weißwein. Er war sauer und ölig. Mit einer angewiderten Geste schob sie ihn von sich. „Waiter. This is VINEGAR! Undrinkable! One Corona please!“ Besser ein gutes Bier als schlechter Wein! Dafür war das Leben zu kurz. Woolf stieß begeistert mit ihr an. So mochte er seine Rose. Er war aufgedreht und voll Adrenalin. Hatte er doch Adrean zu Besuch und konnte vor seinem Sohn kräftig angeben mit seinem neuen Leben. Doch der farbige Freund? Ihm schwante: Der war ein echtes Arschloch! Ein Underdog, der sich in die gute Gesellschaft einschlich. Dabei repräsentierte er das Gegenteil. Woolf wusste es nur allzu genau. Schlechte Gesellschaft konnte einem das ganze Leben versauen! Das war die Krux seines Lebens. Kurz gesagt: Arschloch kennt Arschloch! Er äußerte seine besorgten Vorahnungen an die Rose. „Adrean ist große Klasse. Er wird mein Erbe antreten! Aber dieser Farbklops??? Ich will dem Typen mal auf den Zahn fühlen! Der gefällt mir nicht! Er ist ein schlechter Einfluss für Adrean und angeblich kifft und säuft er schon!“, sagte er und stürzte das zweite Corona im Sturzflug hinunter während er sich die hundertste Mannboro anzündete. Ein leuchtendes Vorbild für verführungsbereite Pubertierende… „Man darf alles machen, nur sich nicht erwischen lassen!“, grinsend äußerte Woolf sein Credo und umarmte seine Rose so heftig, dass sie fast vom Barhocker kippte. Nikki rappelte sich hüstelnd zurück in die rettende Höhe des schicken Stuhls. Dann kramte sie ihren Verstand zutage.

„Ich meine, was MACHEN WIR? ZUM DINNER? Die Jungs haben den ganzen Tag noch nix gegessen!“ Auch ihr Magen meldete sich knurrend zum Dienst. Woolf zuckte die schmächtigen Schultern. Er war der personifizierte Rabenvater! „Was ich nicht esse, kann ich doch trinken! Kräbbchen. Mach Du mal. Dir fällt schon was ein!“ Er bestellte eine weitere Runde Coronas. Die Rose erstrahlte erfreut angesichts der erteilten Aufgabe. Sie liebte es, ihre Kreativität beim Kochen auszuleben. Augenblicklich begab sie sich in die Planung des perfekten Dinners. Ihr Geist raste und sie stellte eine Liste potentieller Gaumenfreuden zusammen, mit denen sie den Abend zum Genuss gestalten würde. Sie zitierte das Menü das sie in Gedanken bereits vor sich sah und schmeckte. „Als Vorspeise gebratene Jakobsmuscheln auf Tomaten und Mozzarella di Buffalo. Dann chilenischer Seebarsch in Zitronensoße an gratiniertem Babyspinat und Kräuterseitlingen. Zum Abschluss: exotischer Fruchtsalat mit Himbeersorbet!“ Woolf gähnte. „Meinst Du nicht, das ist den Jungs zu exotisch? Pizza und Pasta passt immer!“ Sie schüttelte entschieden das hochtoupierte Köpfchen. „Das gibt es nicht in der Casa Rose. Das mampfen die in München täglich!“ Woolf winkte ab. „Mach du mal. Ich spiele den Jungs inzwischen meine neuesten Songs vor! Wird Zeit, dass die Racker raffen, mit wem sie es zu tun haben…“

In dem Moment erschienen die Beiden. Adrean grün im Gesicht. Er war seekrank. Sein schokoladenfarbiger Freund blickte hämisch. „Adrean hat sich die ganze Zeit übergeben!“ „Harharhar. Du Weichei!“ Woolf stimmte in die Häme ein. „Das hast Du von Deiner Hure von Mutter! Mir wäre das NIE passiert! Nicht mal auf der Titanic!“ Nikkis empathisches Herz rebellierte. Sie umarmte den kläglich dreinblickenden Adrean und versuchte ihn zu trösten. Er schüttelte sie ab. Sein grünes Gesicht spiegelte nun nicht nur Übelkeit sondern Entsetzen. Gesten der Gefühle waren ihm hochnotpeinlich. Die Rose überspielte ihre Irritation. „Jungs. Ihr habt einen langen Flug hinter euch und die Zeitverschiebung! Ich schlage vor, wir fahren nach Hause und ihr ruht euch aus! Dann kochen wir etwas Schönes!“ Woolfs Augen verdunkelten sich. „Musst Du denn immerzu ans Essen denken? ICH HABE DURST!“ Er starrte auf die MegaO. Noch zehn Minuten, dann war ENDLICH Happy Hour! „Kräbbchen. Kommt gar nicht in Frage! Die beiden Weichlinge sollen sich nicht so anstellen! Gleich ist Happy Hour! Waiter, a round of Coronas for everybody!“ Der Kellner schaute erschrocken. Die Jungs waren definitiv NICHT volljährig. In Amerika war es strengstens verboten, Kindern Alkohol auszuschenken. Er würde sofort seine Lizenz verlieren. Rabiat schüttelte er den Kopf. „X’cuse me Sir. No alcohol for teenagers!“ Woolf ignorierte den Schlappschwanz. „OK. Four Coronas for me and my lovely lady!“ Hier konnte der Kellner nicht intervenieren. Wenig begeistert stellte er dem Paar die vier Coronas auf die Bar. Dann vertiefte er sich in das Footballspiel, das im Fernseher lief. Woolf, ganz der coole Rockervater, stellte zwei Coronas in Greifnähe der Jungs. „Na ihr Weicheier, seid ihr mutig wie euer Vater oder kommt ihr nach euren Huren von Müttern?“ Welcher Junge hätte da nicht nach der Flasche gegriffen? Endlich war die Happy Hour vorbei und Woolfs Durst fürs erste gestillt. „Jetzt überfallen wir den Fresh Market!“, verkündete er euphorisch. Die Jungs, leicht angeschlagen, schlurften auf ihren Flip-Flops hinterher. Schlurpschlurpschlurp. Nikki lächelte abfällig während sie auf ihren gefährlich hohen High Heels vorsichtig über das Pflaster schwebte. Was für Schlappenschlurfer! Zeit für Genuss!

Schon wandelten sie im Schlemmerparadies. Woolf und die Jungs rockten die Gänge. Im Leichtsinn des Corona-Rauschs spielten sie Verstecken und Verbrechen. Der Anweisung ihres Vaters folgend. „Jungs. Schnappt euch was ihr könnt! Aber lasst euch nicht erwischen!“ Die Bengel grinsten diebisch. Ladendiebstahl war eine ihnen bereits bekannte Mutprobe. Nikki ignorierte das Treiben der Halbstarken. Sie sammelte liebevoll die Zutaten für das Gourmetdinner zusammen. Der Fresh Market war ein Schlaraffenland. Hier war sie ganz glückliche Genießerin. Mit zierlichen Fingern pickte sie die besten Zutaten für das Sternemenü aus den vollgestellten Gängen. Saftige Jakobsmuscheln und wilder grüner Spargel sowie aromatische Rispentomaten für die Vorspeise. Dazu ein saftiger Büffelmozzarella. Frisches Basilikum. Ein Kilo schneeweißer chilenischer Seebarsch, fangfrisch und zart wie eine Wolke. Safran, Zitrone, Babyspinat und Kräuterseitlinge für die Hauptspeise. Ananas, Paradiesfrucht, Mango, Papaya für den exotischen Obstsalat und das Himbeersorbet. Dazu: Monsieur Sauvignon Blanc. Hier war er tatsächlich schon angekommen. Ihr absoluter Lieblingswein. Direkt aus New Zealand. Marke Cloudy Bay. Er war köstlich frisch und elegant mit einem unvergleichlichen Duft nach Stachelbeeren. Sie erstand fünf Flaschen. Dann schob sie den Einkaufswagen zur Kasse. 1.000 Dollar. Sie erbleichte. Die Kreditkarte knarzte in dem Gerät. Die Zeit stand still. Die dicke farbige Kassiererin blickte sie ungnädig an. Endlich, „krrrrr“, ging die Karte durch und Nikki setzte eine erleichterte Unterschrift unter die Rechnung. Freigabe zum Genuss erteilt!

Noch nicht gänzlich… Ein grimmig aussehender Gesetzeshüter geleitete Woolf und seine Brut mit einem bedrohlich großen Revolver zur Kasse. „Excuse me, do they belong to you?“ Die verdächtigen Drei sahen aus wie Schwerverbrecher. Sie blickten zu Boden. Ein jeder von ihnen hielt eine andere hochprozentige Bouteille in den Händen! Gin, Whiskey und Wodka. Woolf war wahnsinnig! Die Verführung, zu sagen: „Nein, ich habe diese Bande böser Bengels noch nie gesehen“, und ihres Weges zu gehen, war immens. Aber was dann? So einfach wie man sie rief, wurde man seine Geister nicht los! Es entstand eine kleine, peinliche Pause. Da bohrten sich Woolfs Augen drohend in die der Rose. Dieses Stück würde ihn doch nicht etwa verraten und verlassen? Na warte! Er würde sie grün und blau prügeln allein schon für den Gedanken, den er ihrem errötenden Gesicht deutlich ansah. Die herzensgute Nikki war dem Wüstling Woolf und seiner bitteren Bösartigkeit hilflos unterlegen. Natürlich gab sie nach. Nicht der Verführung sondern der Verpflichtung. „Äh, yes. I pay for the booze. It’s for our housewarming!“ Sie errötete noch tiefer und zückte erneut die Kreditkarte. Die Satansbraten streckten dem Bullen die Zungen entgegen. Woolf spuckte ihn an. „Jungs. Ihr kommt jetzt. SOFORT!“ Nikki wandte sich entschuldigend zu dem aufbrausenden Gesetzeshüter: „Entschuldigung. Mein Mann hat das Tourette-Syndrom! Nichts für Ungut und danke, dass Sie ihn nicht anzeigen!“ Ihre bösen Bengel taumelten laut lachend aus dem Fresh Market zum Taxi. Aufgeregt prahlten die Halbstarken über ihr Abenteuer. „Habt ihr den Gesichtsausdruck gesehen, als Nikki das Tourette-Syndrom erwähnte? Dem fiel der Kiefer aus dem Gesicht!“ Zumindest hatte der Spruch der Rose einen Coolness-Faktor verliehen! Sie grinste wider ihren Willen. Breit und wild. Auf einmal waren sie Komplizen! Nicht aufgetakelte Stiefmutter mit aufsässigen Patchwork-Buben. Aufgeputscht vom Adrenalin des Abenteuers sah Adrean aus wie ein irrer blonder Engel. Auch Woolf blickte stolz auf seinen Sohnemann. „Harharhar! Gut gemacht! Denen haben wir es gezeigt. Ihr seid doch keine Weicheier, ihr Schlappenschlurfer! Man lege sich nicht mit der Barzokka Bande an! Wir schnupfen sie alle. Ohne Salz. Zum Frühstück!“ Verblendet von seinem eigenen Licht spornte er den Taxi Fahrer an: „Gib Gas! Ich will Spaß!“ Sie surften auf der deutschen Welle und rasten laut lachend den Main Highway entlang. Lediglich der braune Begleiter sah ein wenig verkrampft aus. Er hatte seiner Mum versprochen, keinen Blödsinn zu machen. Doch wie konnte er ahnen, dass er in der Falle der Verführungen gelandet war? Miami war ein Sündenpool der Extraklasse! Apropos: Er konnte es kaum erwarten, ins kühle Nass zu springen. Er verdrängte seine Ängste und schloss sich der Ausgelassenheit der Anderen an.

In der Bayview Road verstauten sie Gepäck und Einkäufe. Woolf spendierte eine weitere Runde Coronas. Die Jungs richteten sich im Gästehaus ein. Dann sprangen sie in ihre Badeshorts und in den Pool. Ihr jungenhaftes Jubeln erfüllte den Tropengarten. Nikki bekam langsam Spaß an ihrer Rolle als Ersatzmutter. Sie begann mit der Vorbereitung des perfekten Dinners. Woolf setzte sich zu seinen Jungs an den Pool und zupfte auf der Gitarre. „Chill, Chill, Chillin’ out in Kokosnuss Groove“, summte er nach der bekannten Melodie von „Knockin’ on Heaven’s Door“! Was war er doch für ein Genie! Das war ein Tag nach seinem Geschmack! Er sprang auf und stürmte zu seiner Rose in die Küche: „Kräbbchen. Was für eine geile Zeit! Ich danke Dir für alles!“ Seine Gewaltphantasien hatte er für heute gegen Glücksgefühle getauscht. Nikki strahlte. Wie schön wenn Woolf glücklich und ausnahmsweise zufrieden war. Das Zusammensein mit seinem Sohn verwandelte ihn in einen besseren Menschen! In dieser Hochstimmung gab es keinen besseren Gefährten an ihrer Seite! Sie kuschelte sich in seine Arme. Er hob sie unversehens hoch und trug sie ins Schlafgemach. Dort bettete er sie ehrfürchtig aufs Bett und betrachtete sie wie eine Heilige. Unheilig allerdings zog er ihr Höschen und Netzstrümpfe vom Körper. Ihr Kleid schob er hoch. Es eilte ihn zu ihrem Zentrum der Lust zu gelangen. Er zog sich in eiliger Erregung die Hose vom Leib. Dann stand er mit lustvoll abstehendem Schwanz vor ihr und ihrem roten, sinnlichen Mund. Er drängte ihn hinein in die feuchte Süße. Sie begrüßte ihn. Ihre Strass verzierten High Heels legten sich verführerisch um seine Hüften. Während er immer tiefer in sie eindrang, küsste und liebkoste sie seinen unbehaarten Oberkörper. Zärtlich knabberte sie an seinen Brustwarzen. Er erschauerte. Woolf schloss die Augen und war im Land der Leidenschaft angelangt. Ihre Zunge wurde langsamer. Sie öffnete sich noch tiefer. Die Muskeln ihrer Vagina massierten sein pulsierendes Glied. Er stöhnte laut. Sie fühlte ihn kommen und gelangte im genau gleichen Augenblick zum Höhepunkt ihrer Lust. „Schau mich an!“, flüsterte Woolf. Dann schwappte die Welle der Sinnlichkeit über ihnen zusammen. Er ergoss sich in ihr. Sie kam mit ihm. Eine gewaltige Explosion erfüllte ihre Herzen und zauberte Gänsehaut auf ihre nackte Haut. In diesem Augenblick der Vereinigung waren sie sich so ultimativ nahe, wie man es einem anderen Menschen überhaupt nur sein kann. Sie verschmolzen ineinander. Der magische Moment wurde abrupt zerstört von glockenhellem Gelächter. „Kicherkicherkicher!“ Was war denn das?

Die Rose hob den Blick und gewahrte zwei blaue und zwei schwarze Augen! Dann stoben die spannenden Jungs davon. Nikkis Seele erschauerte. Der Zauber des Augenblicks war dahin! Pein löste die Lust ab. Was für ein Einbruch in ihr Intimleben! Woolf nahm es locker. „Hey! Das ist doch nur natürlich! Zwei schöne Körper. Beim geilen Sex! Die müssen doch wissen, wie das läuft! Von ihren Müttern lernen die das nimmermehr! Außerdem wissen sie jetzt wenigstens, was für ein toller Hengst ich bin!“ Woolf war Woodstock-Freak und Freund der freien Liebe. Doch die Rose war elf Jahre jünger. Ihre prüde Erziehung hinterließ Spuren. Ihre Intimsphäre war privat und sollte es auch bleiben. Zugegeben: Exhibitionismus konnte erotisch sein. Aber nicht von der Satansbrut der Stiefsöhne beim intensiven Sex mit ihrem Vater erwischt zu werden. Wie erst wirkte sich das auf die beiden Bengel aus? Was war mit ihrer Autorität als Ersatzmutter? Sie zog ihr kleines Kleidchen hinunter und rettete sich ohne weiteren Kommentar ins Badezimmer. Dort richtete sie sich hämmernden Herzens wieder her. Zur Wichsvorlage der zwei Teenager zu werden, war nicht exakt ihre Zielvorstellung von deren Aufenthalt. Zu spät. Das Leben hatte bekanntlich keinen Reset-Knopf. Sie blickte nach vorn. Auf die MegaO: 20 Uhr. Time for Dinner… Der Gedanke an Genuss zauberte erneut ein Lächeln auf ihre blass geküssten Lippen. Sie zog sie mit Madame Lankomm und dem kirschroten Lippenstift nach. Sprühte, „zisch zisch“, ein bisschen Shalimar auf die Handgelenke. Jetzt war sie: Ready to Rock! Erst einmal ein Glas Sauvignon Blanc zur Stärkung der Nerven…

Sie enterte die Küche und bemühte sich um einen seriösen Gesichtsausdruck. Die Jungs standen grinsend vorm Herd und taten so als wäre nichts gewesen. Doch der Anblick der sich hingebenden Rose würde sie durch nasse Nächte begleiten. Gänzlich in ihrer Lust aufgehend war die Rose einfach nur unbegreiflich und wunderschön. Doch nun verwandelte sie sich zum Kapitän und Küchenchefin. Sie verteilte Aufgaben an ihre Küchenkomparsen. „Zwiebel schneiden. Ingwer reiben!“ Das waren die beiden mühsamsten Aufgaben, die sie am liebsten delegierte. Sie wusch den Seabass und marinierte ihn mit Zitrone, Olivenöl, Sojasoße und einem Hauch Wasabi. Jetzt befreite sie die Jakobsmuscheln aus ihrer schönen Schale. Bei diesem Anblick überkam sie ein sinnlicher Sex-Flashback. Ein süßes Nachbeben erfüllte sie. „Hmpm!“, räusperte sich Adrean, der den abwesend erotischen Gesichtsausdruck der Rose sehr wohl bemerkt hatte. „Die Zwiebeln sind geschält. Was mache ich jetzt?“ Die 14-jährige, leicht kratzige Stimme des pubertierenden Adrean holte Nikki zurück in die Gegenwart. Sie reichte ihm drei Stangen Zitronengras. „Erst schälen, bis du an die zarte Innenseite gelangst. Dann in filigrane Streifen schneiden!“ Selbst ihr entging nicht die Erotik dieser Botschaft. Sie wurde erneut puterrot. Adrean ebenso. Schnell wandte sie sich dem Gemüse zu, das sie im kochenden Kochtopf blanchierte. „Schlurpschlurpschlurp.“ Nun erschien Woolf und setzte sich zu den beiden Knaben an den Küchentisch. Streng beobachtete er ihre Arbeit und kontrollierte die Feinheit der Zitronengrasscheiben. „Well done! Jetzt verdienen wir uns alle einen Schluck Monsieur Sauvignon Blanc!“ Er holte die Flasche aus dem Kühlschrank und kredenzte eine Runde des köstlich krispen Weißweins.

„Schatz. Männermission!“ Nikki reichte ihm das Sushi-Messer. „Magst du den Fisch in acht gleich große Teile schneiden? Die Tomaten in hauchdünne Scheiben?“ Woolf schnaubte verächtlich. „Ich bin doch nicht dein Küchenknecht. Das soll der Adrean machen!“ Er lümmelte sich mit Weinglas an den Marmortisch und realisierte sein Vorhaben der Vernehmung des verdächtigen schokofarbigen Freundes seines Sohnemanns. „Alter. Was willste denn mal machen mit deinem Leben?“ Der antwortete ehrenwert und ernsthaft. „Abi und Medizin studieren. Ich will Arzt werden. Das wünscht sich meine Mutter!“ Woolf, ganz der Bad Cop, legte nach. „Und was ist mit eurer Gang? Dem Diebstahl? Den Joints?“ Das Schokoladengesicht wurde fast schwarz. „Äh, das sind alles die Anderen. Wir machen nur mit, weil wir sonst ausgestoßen werden als uncool!“ Woolf wurde hellhörig und kroch tief in die Seele des Bengels.