VVorwort

Zielgruppe dieses Ratgebers sind alle, die sich mit dem Gedanken tragen, eine Personengesellschaft zu gründen oder sich an einer bestehenden Personengesellschaft als tätiger Teilhaber oder auch nur mit einer Kapitaleinlage zu beteiligen. Nur die Kenntnis zumindest der Grundlagen des Personengesellschaftsrechts ermöglicht es ihnen, die Wahl der zweckentsprechenden Gesellschaftsform richtig zu treffen, deren Vorteile möglichst effektiv zu nutzen und Haftungsgefahren zu vermeiden. Die Lektüre des Gesetzestextes ist dabei keine große Hilfe. Das gilt vor allem deshalb, weil die Rechtsprechung des BGH seit 1999 das Recht der GbR völlig umgestaltet hat, so dass die Rechtspraxis und das Gesetz kaum noch Ähnlichkeiten aufweisen. Da alle Entscheidungen des BGH seit 2000 im Internet kostenlos gelesen und auch heruntergeladen werden können, geben wir für die Leser, denen die juristischen Fachzeitschriften nicht zur Verfügung stehen, bei diesen Entscheidungen auch Datum und Aktenzeichen an, so dass jeder Internetnutzer auf sie zugreifen kann. Die Neuauflage berücksichtigt insbesondere die Entwicklung der Rechtsprechung zur gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht in Sanierungsfällen („Sanieren oder Ausscheiden“), die Anerkennung der Grundbuchfähigkeit der GbR, die tatsächliche Entwicklung und die rechtlichen Neuerungen beim elektronischen Handelsregister, die neuen Kostenvorschriften für Handelsregister und Notare und die neu geschaffene Rechtsform der UG  & Co. KG.

Das Personengesellschaftsrecht ist ein weites Feld. Es versteht sich deshalb, dass man in einem Buch dieses Zuschnitts nicht auf alle in der Praxis auftretenden Fragen eine Antwort finden wird. Es kann und will auch die Beratung durch den Notar und den Steuerberater im Einzelfall nicht ersetzen. Wir hoffen aber, dass derjenige, der sich mit den in dieser Einführung vermittelten Informationen vertraut gemacht hat, auch dem Beratungsgespräch mit einem Fachmann besser gewachsen sein und mehr Gewinn daraus ziehen wird.

VIEntsprechend seiner Zielsetzung beschäftigt sich dieser Grundriss ausführlich mit dem, was vor und bei der Gründung jeder Personengesellschaft zu bedenken ist. Aber auch den Besonderheiten der einzelnen Typen ist ihrer Bedeutung entsprechend Raum gewidmet.

Die am häufigsten vorkommenden der im Text behandelten Rechtsgeschäfte und Handelsregisteranmeldungen sind im Formularteil durch Muster illustriert. Es versteht sich, dass die dort verwendeten Namen und Registernummern frei erfunden sind und Ähnlichkeiten mit existierenden Personen oder Gesellschaften rein zufällig wären.

Für Hinweise und Anregungen aus dem Kreis der Benutzer sind wir stets dankbar.

Lauf a.d. Pegnitz/Nürnberg, im März 2018

Wolfram Waldner
Erich Wölfel

XVAbkürzungsverzeichnis

AG

Aktiengesellschaft

AktG

Aktiengesetz

AO

Abgabenordnung

BAG

Bundesarbeitsgericht

BayObLG

Bayer. Oberstes Landesgericht (besteht nicht mehr)

BewG

Bewertungsgesetz

BFH

Bundesfinanzhof

BGB

Bürgerliches Gesetzbuch

BGBl.

Bundesgesetzblatt

BGH

Bundesgerichtshof

BStBl.

Bundessteuerblatt

EStG

Einkommensteuergesetz

EU

Europäische Union

EuGH 

Europäischer Gerichtshof

EWIV

Europäische Wirtschaftliche Interessenvereinigung

GbR

Gesellschaft des bürgerlichen Rechts

GewO

Gewerbeordnung

GewStG

Gewerbesteuergesetz

GmbH

Gesellschaft mit beschränkter Haftung

GmbHG

Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung

GmbHR

GmbH-Rundschau (Zeitschrift)

GNotKG

Gerichts- und Notarkostengesetz

GrEStG

Grunderwerbsteuergesetz

HandwO

Handwerksordnung

HGB

Handelsgesetzbuch

h.M.

herrschende Meinung

HRA

Handelsregister Abteilung A

HRB

Handelsregister Abteilung B

HRV

Handelsregisterverordnung

i.d.F.

in der Fassung

XVIIHK

Industrie- und Handelskammer

InsO

Insolvenzordnung

KG

Kommanditgesellschaft; Kammergericht

KStG

Körperschaftsteuergesetz

KV-GNotKG

Kostenverzeichnis zum GNotKG

LG

Landgericht

NJW

Neue Juristische Wochenschrift (Zeitschrift)

NJW-RR

NJW-Rechtsprechungs-Report (Zeitschrift)

NZG

Neue Zeitschrift für Gesellschaftsrecht

OHG

Offene Handelsgesellschaft

OLG

Oberlandesgericht

OVG

Oberverwaltungsgericht

PartGG

Partnerschaftsgesellschaftsgesetz

RGBl.

Reichsgesetzblatt

Rpfleger

Der deutsche Rechtspfleger (Zeitschrift)

RVG 

Rechtsanwaltsvergütungsgesetz

StGB

Strafgesetzbuch

UG

Unternehmergesellschaft

UmwStG

Umwandlungssteuergesetz (Gesetz über steuerliche Maßnahmen bei Änderung der Unternehmensform)

UStG

Umsatzsteuergesetz

UWG

Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb

VV-RVG

Vergütungsverzeichnis zum RVG

ZIP

Zeitschrift für Wirtschaftsrecht

ZPO

Zivilprozessordnung

Hinweis:

Die römische Ziffer hinter einem Paragraphen bezeichnet die Nummer des Absatzes, die arabische Ziffer die Nummer des Satzes.

XVIILiteraturhinweise

Die Literatur zur Personengesellschaft im Allgemeinen und zu einzelnen Problemen im Besonderen ist selbst für den Fachmann kaum noch überschaubar. Wir geben eine Auswahl weiterführender Literatur an, in der man wiederum Schriften zu Einzel- und Spezialfragen verzeichnet findet.

 

Baumbach-Hopt, Handelsgesetzbuch, 37. Aufl. 2016

Beck’sches Handbuch der Personengesellschaften, 4. Aufl. 2014

Binz/Sorg, Die GmbH & Co. KG, 12. Aufl. 2018

Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, 3. Aufl. 2014/5

Ensthaler, Gemeinschaftskommentar zum Handelsgesetzbuch, 8. Aufl. 2015

Glanegger, u. a., Heidelberger Kommentar zum Handelsgesetzbuch, 7. Aufl. 2007

Hahn, GbR, UG, GmbH & Co., 2. Aufl. 2017

Hahn/Gansel, Der Gesellschaftsvertrag der Kommanditgesellschaft, 3. Aufl. 2015

Hesselmann/Tillmann, Handbuch der GmbH & Co., 21. Aufl. 2016

Hueck, Das Recht der offenen Handelsgesellschaft, 4. Aufl. 1971

Katla, Das Steuerrecht der Personengesellschaften, 2006

Koller/Kindler/Roth/Morck, HGB, 8. Aufl. 2015

Kübler/Assmann, Gesellschaftsrecht, 6. Aufl. 2006

Lutz, Der Gesellschafterstreit, 2017

Michalski, OHG-Recht, 2000

Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts, Band 1: BGB-Gesellschaft, Offene Handelsgesellschaft, 4. Aufl. 2014; Band 2: Kommanditgesellschaft, GmbH & Co. KG, Publikums-KG, Stille Gesellschaft, 4. Aufl. 2014

XVIIIMünchener Kommentar zum Handelsgesetzbuch, 3. Aufl. 2010–2014; 4. Aufl. 2016 (bisher §§ 1–160)

Reichert, GmbH & Co. KG, 7. Aufl. 2015

Ring/Grziwotz, Systematischer Praxiskommentar Personengesellschaftsrecht, 2011

Röhricht/Graf von Westphalen/Haas, HGB, 4. Aufl. 2014

Scherer, Familienunternehmen. 2. Aufl. 2012

K. Schmidt, Handelsrecht, 6. Aufl. 2014

K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 4. Aufl. 2002

Seefelder, Die Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), 2017

Sommer, Die Gesellschaftsverträge der GmbH & Co. KG, 4. Aufl. 2014

Staub, Handelsgesetzbuch, 5. Aufl. 2008ff.

Sudhoff, Unternehmensnachfolge, 5. Aufl. 2005

Ulmer/Schäfer, Gesellschaft bürgerlichen Rechts und Partnerschaftsgesellschaft, 7. Aufl. 2017

Veltins, Der Gesellschaftsvertrag der KG, 2. Aufl. 2002

Wagner/Rux, Die GmbH & Co. KG, 12. Aufl. 2013

Westermann/Wertenbruch, Handbuch der Personengesellschaften (Loseblatt)

Zattler, Die Verzahnung der Gesellschaftsverträge in der echten GmbH & Co. KG, 2005

Zimmermann, Die Personengesellschaft im Steuerrecht, 12. Aufl. 2017

1 1. Kapitel
 
Grundlagen für alle Personengesellschaften

I. Die Erscheinungsformen der Personengesellschaft

Die Gesellschaft des bürgerlichen Rechts (GbR, teilweise auch als GdbR bezeichnet), die offene Handelsgesellschaft (OHG) und die Kommanditgesellschaft (KG) sind Personengesellschaften. Ihnen ist gemeinsam, dass mehrere Personen vereinbart haben, zur Erreichung eines gemeinschaftlichen Zweckes zusammenzuwirken und tätige Mitwirkung versprochen haben.

Die Menge der derzeit in der Bundesrepublik bestehenden Personengesellschaften ist unüberschaubar groß. Ihre Anzahl lässt sich nicht einmal annäherungsweise angeben. Dies hat seinen Grund hauptsächlich darin, dass die Personengesellschaften kaum einen Gründungsaufwand erfordern. In sehr vielen Fällen wird den Beteiligten nicht einmal klar, dass sie eine Personengesellschaft ins Leben gerufen haben. Deshalb ist die Behauptung sicher zutreffend, dass jeder Leser dieses Buches während seines bisherigen Lebens bereits mehrfach Mitglied einer Personengesellschaft gewesen ist.

Eine kurze Umschau im täglichen Leben zeigt, wie häufig mehrere Personen zusammenwirken, um einen gemeinsamen Zweck zu erreichen: Eine Morgenzeitung wird von zwei Schülern ausgetragen. Diese beiden haben vereinbart, dass sie als Team arbeiten und in 2wöchentlichem Wechsel die Zeitungen ausliefern. Damit liegt eine – wenn auch nur kleine – Personengesellschaft vor.

Das Frühstücksei kommt von einem Bauernhof, der von zwei Brüdern gemeinsam geführt wird. Die beiden Brüder wirken zusammen auf Grund eines gemeinsam gefassten Plans. Sie sind ebenso Mitglieder einer Personengesellschaft wie die Mitmieter bei einer Wohngemeinschaft. Viele Kleinunternehmen werden in der Form der Personengesellschaft betrieben. Die Beispiele reichen vom Tabakladen, der einem älteren Ehepaar gehört, über den Copy-Shop, den mehrere junge Leute gemeinsam aufgezogen haben, bis hin zur Tankstelle mit mehreren Besitzern. Auch Freiberufler schließen sich gerne zu Personengesellschaften zusammen, wie z. B. die Rechtsanwaltssozietäten beweisen oder die Verbindung von mehreren Ärzten in einer Praxis.

Bei den bisher genannten Beispielen ist nur geringes Kapital für die Durchführung der Unternehmung nötig. Die Organisationsform der Personengesellschaft ist aber auch bei mittelständischen Betrieben sehr oft anzutreffen. Zu nennen sind beispielsweise Familienbetriebe in der Lebensmittelbranche, etwa eine Großschlachterei, eine Lebkuchenfabrik oder eine Weinkellerei.

Die Zahl der Personengesellschaften in der Industrie ist nicht so hoch. Dort dominieren als Organisationsformen die GmbH und die Aktiengesellschaft. In der Hochfinanz sind die Personengesellschaften wieder sehr stark vertreten, nämlich die Zusammenschlüsse mehrerer Industrieunternehmen. Die Personengesellschaften nennen sich dort Konsortium, Konzern, Kartell, Interessengemeinschaften oder schlicht Arbeitsgemeinschaft. Großprojekte in der Bauwirtschaft, im Flugzeug- und Maschinenbau lassen sich in vielen Fällen nicht mehr anders realisieren als durch die arbeitsteilige Zusammenarbeit mehrerer Industrieunternehmen. Am Beispiel der multinationalen Unternehmensbeteiligung an der Fertigung des „Airbus“ zeigt sich sehr gut, welche wirtschaftlichen Dimensionen eine Personengesellschaft erreichen kann.

Die Gemeinsamkeit zwischen der Kleinstgesellschaft und der Arbeitsgemeinschaft von Industrieunternehmen ist die Form als Personengesellschaft. Die Grundstrukturen beider Gesellschaften sind gleich.

3Bei allen bisher genannten Beispielen ging es um Gesellschaften, die sich das Betreiben von Unternehmen, das Geldverdienen zum Ziel gesetzt haben. Dadurch darf nicht die falsche Vorstellung entstehen, dass eine Personengesellschaft nur dann vorliegt, wenn es den Beteiligten um wirtschaftliche Interessen geht. Jede zulässige Betätigung kann im Rahmen einer Personengesellschaft ausgeübt werden. Die Zahl der Personengesellschaften mit einem ideellen Zweck überwiegt vielleicht sogar. Bei diesen Gesellschaften handelt es sich um oftmals sehr kurzlebige Vereinigungen, sog. Gelegenheitsgesellschaften.

Als typische Beispiele sind das Kindergartenfest oder das Schulfest zu nennen. Das verabredete Zusammenwirken besteht darin, dass gemeinsam die Vorbereitung und Durchführung des Festes bewerkstelligt wird.

Andere Beispiele für Personengesellschaften mit einem nichtwirtschaftlichen Zweck sind die Fußballmannschaft, die auf einem gemieteten Platz trainiert, oder der Freundeskreis, der sich für eine Ausflugsfahrt einen Bus mietet. Auch die Skatrunde mit gemeinsamer Kasse ist eine Personengesellschaft.

Das Spektrum der Personengesellschaft reicht also von der nicht-kommerziellen Gelegenheitsgesellschaft bis zum Zusammenschluss von Industrieunternehmen mit großem organisatorischem Aufwand und langer Dauer. Die Verschiedenartigkeit in der Erscheinungsform entspricht der Vielzahl von Interessenkonflikten, die bei den einzelnen Personengesellschaften auftreten. Der Gesetzgeber hat deshalb die Personengesellschaften in mehrere Typen aufgeteilt und für jeden Typ versucht, die gerade bei ihm am häufigsten vorkommenden Interessenkollisionen durch Gesetzesvorschriften zu regeln.

Dieses Buch beschäftigt sich mit den Grundstrukturen, die für alle Personengesellschaften gleich sind, und mit drei Gesellschaftstypen, nämlich

4II. Abgrenzung zu anderen Personenmehrheiten

So häufig das Zusammenwirken mehrerer Personen in der Form der Personengesellschaft ist, so gibt es doch zahlreiche weitere Organisationsformen, in denen sich mehrere Personen verbinden können. Sie sind in unterschiedlichen Gesetzen geregelt:

Die gesetzlichen Gesellschaftstypen lassen sich nach ihren besonderen Merkmalen auf die verschiedenste Weise zu Gruppen ordnen. Das am meisten verwendete Ordnungsmodell unterscheidet zwischen Gesellschaften, in denen die Beteiligung des Gesellschafters als Person und solchen, bei denen die Beteiligung als Kapitalgeber im Vordergrund steht.

Gesellschaften, die besonders eng mit der Person der Gesellschafter verbunden sind, heißen „Personengesellschaften“. Gesellschaften, bei denen das gemeinsame Kapital im Vordergrund steht, heißen „Kapitalgesellschaften“.

Das Wort „Kapitalgesellschaft“ hat einen so guten Klang, als sei es von Werbefachleuten erfunden. Es ist allerdings nicht besonders treffend, denn auch Personengesellschaften haben in der Regel ein Kapital. Trotzdem besteht ein wesentlicher Unterschied zu den Personengesellschaften: Kapitalgesellschaften bestehen nämlich nicht nur fort, 5wenn ein Gesellschafter ausscheidet. Sie haben sich gegenüber ihren Gesellschaftern so weit verselbstständigt, dass sie ein Eigenleben führen: Die Rechtsordnung behandelt diese Gesellschaften wie eigenständige Wesen und billigt ihnen dieselben Rechte und Pflichten zu wie Menschen aus Fleisch und Blut. Zur Unterscheidung werden letztere „natürliche Personen“, die Kapitalgesellschaften „juristische Personen“ genannt. Diese Anerkennung der gesammelten Beiträge der Gesellschafter, also des Kapitals, als eigenständiges Wesen rechtfertigt den Begriff Kapitalgesellschaft.

Obwohl auch Vereinigungen, die vom Gesetz als Vereine bezeichnet werden, vom Bestand ihrer Mitglieder unabhängig sind und juristische Personen bilden, wendet man aus traditionellen Gründen auf sie den Begriff der Kapitalgesellschaft nicht an. Der Grund liegt darin, dass die Vereine nach der Konzeption des Gesetzgebers normalerweise keine Erwerbsabsichten haben und deshalb schlecht mit dem Begriff des Kapitals in Verbindung gebracht werden können. Sie bilden also neben den Personengesellschaften und den Kapitalgesellschaften einen dritten Typ.

Welche Gesellschaftsform zur Verwirklichung eines bestimmten Ziels die „richtige“ ist, lässt sich nicht abstrakt sagen. Neben der rechtlichen Ausgestaltung spielen dabei vor allem auch steuerliche Überlegungen eine wichtige Rolle, so dass oft erst ein „Steuerbelastungsvergleich“, der alle anfallenden Steuern einbezieht, eine Entscheidung ermöglicht (sehr informativ Beck’sches Handbuch der Personengesellschaften, § 1 Rn. 120 ff.).

III. Unterschiede zwischen GbR, OHG und KG

Die Gesellschaft des bürgerlichen Rechts (GbR) ist die Grundform aller anderen Personengesellschaften. Aus ihr heraus haben sich die OHG und die KG entwickelt. Soweit die gesetzlichen Bestimmungen dieser Gesellschaften eine Frage nicht regeln, ist auf die Vorschriften der GbR und die zu ihr entwickelten Grundgedanken zurückzugreifen (§§ 161 II, 105 III HGB). Mit diesen Grundgedanken lassen sich zufrieden stellende Ergebnisse finden, gleichgültig, ob es sich um 6eine Kleinstgesellschaft oder um eine hochstrukturierte, wirtschaftlich mächtige Industrie-Arbeitsgemeinschaft handelt.

Nach der Konzeption des Gesetzes lag ein entscheidender Unterschied zwischen der GbR einerseits und der OHG und der KG andererseits in ihrer Fähigkeit, selbst am Rechtsverkehr teilzunehmen. Während hiernach OHG und KG unter ihrem Namen Rechte erwerben und Verpflichtungen eingehen können (§§ 124 II; 161 II HGB), sieht dies das Gesetz für die GbR nicht vor. Sie wurde deshalb jahrzehntelang als nicht rechtsfähig angesehen. Im Jahr 2001 hat der BGH (29. 1. 2001 – II ZR 331/00, NJW 2001, 1056) jedoch entschieden, dass auch die GbR Rechtsfähigkeit besitzt, soweit sie durch Teilnahme am Rechtsverkehr eigene Rechte und Pflichten begründet (sog. „Außen-GbR“). Weitere Entscheidungen haben die GbR noch weiter an die OHG angenähert (s. unten S. 43, 90), so dass heute der wesentliche Unterschied zwischen OHG und GbR darin besteht, dass die GbR nicht in das Handelsregister eingetragen wird und im Grundbuch nicht ohne gleichzeitige Eintragung ihrer Gesellschafter eingetragen werden kann.

Das hat Auswirkungen nicht nur beim bewussten Abschluss eines Gesellschaftsvertrags. Eine GbR liegt in vielen Fällen auch dort vor, wo sich die Beteiligten keine Gedanken über ihr Gesellschaftsverhältnis gemacht haben – und erst daran denken, wenn bei einer Vereinigung die vormals vorhandene Freundesbeziehung zerbricht und in den Scherben eine Anspruchsgrundlage für gegenseitige Forderungen gesucht wird. Den Beteiligten der anschließenden Prozesse geht es dann in der Regel auch noch „ums Prinzip“. Die Vorschriften der GbR befriedigen die Beteiligten in diesen Fällen oft nicht. Das liegt aber nicht am Recht der GbR, das eine praktische Anweisung für das Leben und die Beendigung von Gesellschaften sein will, aber kein Rezept für die Lösung gordischer Knoten sein kann.

Die Offene Handelsgesellschaft (OHG) ist die direkte Fortentwicklung der GbR. Sie ist im HGB geregelt, und die sie betreffenden Vorschriften gelten automatisch für eine GbR, wenn diese ein Handelsgeschäft betreibt, das einen kaufmännisch eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert. Das bedeutet, dass sich in diesem Fall die Gesellschaftsgründer über die Wahl zwischen GbR und OHG keine 7Gedanken machen müssen: Allein die Art und der Umfang ihres Geschäftsbetriebs machen dann die GbR zur OHG. Anders ist es bei Kleingewerbetreibenden, deren Geschäftsbetrieb eine solche kaufmännische Einrichtung nicht erfordert: Sie können sich ins Handelsregister eintragen lassen, müssen es aber nicht (Einzelheiten s. unten S. 105 f.). Wenn sie sich eintragen lassen, sind sie OHG; wenn sie sich nicht eintragen lassen, bleiben sie GbR.

Die Regeln der OHG sind auf den kaufmännischen Charakter des Geschäfts zugeschnitten und enthalten deshalb ergänzende Vorschriften zu denen für die GbR. So besteht ein gesetzliches Wettbewerbsverbot der Gesellschafter, die Kontrollrechte der Gesellschafter sind im Gesetz ausdrücklich geregelt, und das Verfahren bei der Auflösung der OHG ist ausführlicher geregelt als bei der GbR. Ansonsten verweist das Recht der OHG auf die GbR (§ 105 II HGB).

Anders ist es dagegen mit der Kommanditgesellschaft (KG). Sie stellt eine Weiterentwicklung der OHG dar, was sich insbesondere darin ausdrückt, dass das Gesetz bei der Regelung der KG auf das Recht der OHG verweist (§ 161 II HGB). Die Besonderheit der KG besteht darin, dass an ihr Gesellschafter beteiligt sind, die nur mit einem bestimmten Kapitalbetrag, der Kommanditeinlage haften: die Kommanditisten. Darüber hinaus sind sie nicht nachschusspflichtig, was zur Folge hat, dass sie beim Ruin des Geschäfts nicht mehr als diesen Betrag verlieren. Mindestens (d. h. aber in der Regel: nur) ein Gesellschafter haftet daneben mit seinem ganzen Vermögen unbeschränkt.

IV. Andere Personengesellschaften

Neben der GbR, der OHG und der KG gibt es noch vier weitere Formen der Personengesellschaft: die stille Gesellschaft, die Partenreederei, die EWIV und die Partnerschaftsgesellschaft. Während die Regelung der ersten beiden Formen im HGB in den letzten 120 Jahren fast unverändert geblieben ist, gibt es die EWIV erst seit 1989 und die Partnerschaftsgesellschaft erst 1995; die Regelung erfolgte jeweils durch ein besonderes Gesetz. Die EWIV ist eine Form der OHG, deren Besonderheit darin besteht, dass ihre Mitglieder ihre Aktivitäten 8in mindestens zwei Mitgliedstaaten der EU entfalten; die vom Recht der OHG abweichenden Regelungen enthält das EWIV-Ausführungsgesetz. Demgegenüber ist die Partnerschaftsgesellschaft eine Sonderform der OHG für freie Berufe (z. B. Ärzte, Zahnärzte, Krankengymnasten, Vermessungsingenieure, Rechtsanwälte, Steuerberater, Unternehmensberater, Wirtschaftsprüfer). Diese Berufe dürfen sich aber selbstverständlich nach wie vor auch als GbR organisieren.

Die Einführung der Partnerschaftsgesellschaft hat Auswirkungen auf alle anderen Personengesellschaften insofern, als die bei Personengesellschaften sehr populären Bezeichnungen „Partnerschaft“ sowie „und Partner“ seitdem für diese Gesellschaftsform reserviert sind. Nur Gesellschaften, die am 1.7.1995 bereits bestanden haben, dürfen diese Bezeichnung führen, und auch diese müssen einen auf ihre Rechtsform hinweisenden Zusatz führen – soweit sie nicht schon immer einen solchen hatten. So muss sich z. B. ein GbR, die sich bisher „Bootsvermietung Seebär & Partner“ nannte, seitdem „Bootsvermietung Seebär & Partner GbR“ nennen. Für „neue“, d. h. seit dem 1.7.1995 gegründete Gesellschaften ist eine solche Bezeichnung nach Meinung der Gerichte unzulässig (BGH, NJW 1997, 1854) – eine sehr zweifelhafte Rechtsprechung, zum einen weil die wenigen Partnerschaftsgesellschaften dadurch viele tausend GbRs an einer treffenden Namensbildung hindern, zum anderen, weil es zahlreiche Grenzfälle gibt, deren Beurteilung zweifelhaft ist. So ist „GV-Partner“ (was immer das sein mag) für zulässig gehalten worden (OLG München, Rpfleger 2007, 205), die englische Form „& Partners“ dagegen nicht (OLG Frankfurt, Rpfleger 2005, 264). Ob „und Partnerin“, „und Partnerinnen“ erlaubt ist, ist noch nicht entschieden; fast absurd erscheint aber ein Beschluss, wonach „Partner Logistics Immobilien“ unzulässig sein soll (OLG Düsseldorf, Rpfleger 2010, 218). Der Zusatz „und Geschäftspartner“ ist dagegen sicherlich ebenso erlaubt wie „GV-Partner“. Die irrtümliche Eintragung des Zusatzes „und Partner“ in das Handelsregister muss jedenfalls dann nicht wieder gelöscht werden, wenn die Firma jahrelang geführt worden ist, da ohnehin viele „alte“ Gesellschaften mit Partnerzusatz im Handelsregister eingetragen sind und bleiben (OLG Frankfurt, NJW-RR 2006, 44).

9V. Typenzwang und Gestaltungsfreiheit

Im Recht der Personengesellschaft – wie übrigens auch im Recht aller anderen Gesellschaften – herrscht Typenzwang. Das bedeutet, dass jede Gesellschaft einer bestimmten Gesellschaftsform zugeordnet werden muss. Es ist nicht möglich, die einzelnen Typen zu mischen.

Davon zu unterscheiden ist die Verbindung mehrerer Gesellschaften, wobei die GmbH & Co. KG die größte Bedeutung hat (s. unten S. 151). Hier handelt es sich nicht um eine Vermischung von Gesellschaften, sondern um zwei Gesellschaften, nämlich eine KG, deren eine Gesellschafterin eine GmbH ist. Eine solche Verbindung ist ohne weiteres möglich.

Der Typenzwang darf auch nicht so verstanden werden, dass es bei der Gestaltung des Gesellschaftsvertrags für die Gesellschafter keine Freiräume gäbe. Die allermeisten Vorschriften des Gesellschaftsrechts sind „Angebote“ an die Gesellschafter, die den betreffenden Sachverhalt regeln, wenn im Vertrag keine abweichende Regelung getroffen ist. Diese Vorschriften nennt man dispositiv. Die Gesellschafter können diese anwenden, können sich aber auch eigene, nach eigenen Bedürfnissen geschaffene Regeln geben. Nur sehr wenige Regeln sind für jede Gesellschaftsform zwingend und können nicht geändert werden. Darauf ist jeweils besonders hingewiesen.

VI. Der Gesellschaftsvertrag

1. Abschluss des Vertrags

Eine Gesellschaft entsteht durch den Abschluss eines Gesellschaftsvertrages. Diese vertragliche Bindung unterscheidet die Gesellschaft von anderen Erscheinungen, bei denen mehrere Personen beteiligt sind, z. B. von der automatisch entstehenden Erbengemeinschaft oder von der Zweckgemeinschaft ohne rechtlichen Bindungswillen.

10Ein Gesellschaftsvertrag hat folgenden Mindestinhalt:

Nur geschäftsfähige Personen können die auf den Abschluss des Vertrages gerichtete Erklärung selbst verbindlich abgeben. Dagegen können Kinder bis zu ihrem siebenten Lebensjahr und wegen Geisteskrankheit unter Betreuung gestellte Personen dies nicht in eigener Person. Nur wenn der gesetzliche Vertreter, also die Eltern, der Betreuer oder der Vormund, die Erklärung für sie abgeben, können diese nicht geschäftsfähigen Personen Mitglieder einer Gesellschaft werden. Jugendliche zwischen dem 7. und 18. Geburtstag können die Erklärung zwar selbst abgeben, doch bedürfen sie der Genehmigung ihres gesetzlichen Vertreters, also in der Regel der Eltern. Diese können die Erklärung selbstverständlich auch selbst abgeben. Deren Erklärung ist aber ihrerseits nicht ohne weiteres wirksam. Wenn nämlich das Ziel der Gesellschaft in der Führung eines Erwerbsgeschäfts besteht, muss das Familiengericht das Handeln des gesetzlichen Vertreters genehmigen (§§ 1643 I, 1822 Nr. 3 BGB).

Unter dieser Voraussetzung ist es auch nicht ausgeschlossen, dass Eltern mit ihren minderjährigen Kindern eine Personengesellschaft eingehen. Zwar sind die Eltern dabei von der Vertretung des Kindes ausgeschlossen. Das Kind benötigt zum Abschluss des Vertrags einen gerichtlich bestellten Pfleger, dessen Erklärung in dem oben genannten Fall ebenfalls familiengerichtlich genehmigt werden muss. Sind diese Erfordernisse erfüllt, steht jedoch nichts mehr im Wege, dass ein zwei Wochen alter Säugling Gesellschafter einer OHG wird. Meistens sind es steuerliche Überlegungen, die zu solchen Gesellschaftsgründungen mit Kindern als Gesellschaftern führen. Das Grundgesetz fordert allerdings, dass kein Kind mit Schulden in die Volljährigkeit entlassen wird, die sein Vermögen übersteigen. Deshalb beschränkt sich die Haftung in diesem Fall auf das am 18. Geburtstag vorhandene Vermögen (§ 1629 a BGB), und der volljährig Gewordene hat zur Sicherung dieses Rechts ein außerordentliches Kündigungsrecht (s. dazu unten S. 64).

11Wer verheiratet ist, braucht zum Abschluss eines Gesellschaftsvertrags grundsätzlich nicht die Zustimmung seines Ehegatten. Anders ist es im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft nur dann, wenn – ausnahmsweise – der Gesellschafter sein wesentliches Vermögen (nach der Rechtsprechung: mehr als 90% seines Gesamtvermögens) in die Gesellschaft einbringt (§ 1365 BGB). Im Fall einer Scheidung gehört auch das in der Ehe entstandene Gesellschaftsvermögen zum Zugewinn, den der Gesellschafter ausgleichen muss. Dies und die Schwierigkeiten der Bewertung von Gesellschaftsanteilen können Anlass sein, solches Vermögen durch Ehevertrag (§ 1410 BGB) aus dem Zugewinnausgleich auszunehmen.

Die Willenserklärung des Gesellschafters beim Abschluss des Gesellschaftsvertrags muss nicht höchstpersönlich abgegeben werden. Er kann eine andere Person beauftragen, für ihn tätig zu werden. Eine solche Vollmacht unterliegt grundsätzlich keiner Form, bei Grundstücksgeschäften muss die Vollmachtserteilung jedoch durch eine notarielle oder notariell beglaubigte Urkunde nachgewiesen werden.

2. Gegenseitiger Vertrag

In der Rechtswissenschaft wird seit langem um die Rechtsnatur des Gesellschaftsvertrags gestritten. Im Ergebnis ist man sich jedoch einig, dass es sich um einen gegenseitigen Vertrag handelt, die den gegenseitigen Vertrag regelnden Vorschriften der §§ 320 ff. BGB aber nur insoweit angewendet werden können, als dies nicht dem Zweck des Gesellschaftsverhältnisses zuwiderläuft.

Dies zeigt sich besonders an der Anwendung des § 320 BGB. Nach dieser Vorschrift kann ein Vertragspartner die Erbringung seiner Leistung so lange verweigern, als nicht auch der andere Vertragspartner seine Leistung erbringt. Ein typisches Beispiel ist der Kaufvertrag: Der Verkäufer verpflichtet sich zur Übergabe und Übereignung der Ware, der Käufer zur Bezahlung und Abnahme. Beide wollen nur dann an ihr Versprechen gebunden sein, wenn der jeweils andere zur Leistung bereit und in der Lage ist.

Bei einem Gesellschaftsvertrag mit einer größeren Zahl von Beteiligten würde die konsequente Anwendung dieser Bestimmung das 12Entstehen der Gesellschaft oft von vornherein verhindern. Es wird nämlich sehr oft der Fall sein, dass ein Beteiligter nicht leistet, sei es, weil er zahlungsunfähig geworden ist, sei es, dass ihn sein Gesellschaftsbeitritt sofort wieder reut. Die Rechtsprechung wendet § 320 BGB deshalb lediglich bei Gesellschaften uneingeschränkt an, die aus nur zwei Personen bestehen. Bei mehr als zwei Gesellschaftern kann ein Gesellschafter dagegen seinen Beitrag nicht aus dem Grund zurückhalten, dass ein anderer Gesellschafter seinen nicht geleistet hat.

Auch andere Bestimmungen über den gegenseitigen Vertrag können auf den Gesellschaftsvertrag nicht ohne weiteres angewendet werden. Hat etwa ein Gesellschafter durch eigenes Verschulden die ihm obliegende Leistung unmöglich gemacht, so könnten die anderen Gesellschafter an sich nach § 323 BGB zurücktreten und – falls ihnen durch das Scheitern der Gesellschaftsgründung Schaden entstanden ist – zudem Schadensersatz verlangen (§§ 280, 283 BGB). Dieser Weg ist aber vollkommen ungangbar, wenn die Gesellschaft bereits in Aktion getreten ist und Geschäfte mit Dritten abgeschlossen hat, die von den internen Problemen der Gesellschafter nicht berührt sind und deshalb nicht rückgängig gemacht werden können. Ähnlich ist es, wenn ein Gesellschafter geltend macht, sich beim Abschluss des Gesellschaftsvertrags geirrt zu haben (§ 119 BGB) oder arglistig getäuscht worden zu sein (§ 123 BGB) oder wenn die Geschäftsgrundlage der Gesellschaft wegfällt, z. B. wenn für die Güter, mit denen die Gesellschaft handeln wollte, ein gesetzliches Verkaufsverbot erlassen wurde. In allen diesen Fällen tritt nicht etwa Unwirksamkeit oder Rückabwicklung des Gesellschaftsvertrags ein, sondern es gelten die Regeln über die fehlerhafte oder „faktische“ Gesellschaft (Einzelheiten s. unten S. 35 ff.).

3. Abgrenzung zur Gemeinschaft

Oft ist unklar, ob eine Personengesellschaft oder (nur) eine Rechtsgemeinschaft vorliegt. Der Grund liegt darin, dass der Abschluss des Gesellschaftsvertrags normalerweise formlos möglich ist, d. h., dass er auch stillschweigend geschlossen werden kann und sich die Beteiligten gar nicht darüber klar sein müssen, dass sie eine Gesellschaft 13eingegangen sind. Hier müssen die Absichten der Beteiligten ermittelt werden.

Die Rechtsgemeinschaft ist eine Vorstufe der Personengesellschaft und in den §§ 741 bis 758 BGB geregelt. Das Kennzeichen einer Rechtsgemeinschaft besteht darin, dass mehreren Personen ein Recht gemeinsam zusteht, aber die Verfolgung eines gemeinschaftlichen Zwecks nicht beabsichtigt ist. Zwischen den Beteiligten einer Rechtsgemeinschaft kann ein Vertragsverhältnis bestehen. Anders als bei der Gesellschaft ist es jedoch nicht zwingend erforderlich; normalerweise ist es nicht der Fall.

Die gemeinsame Berechtigung kann sowohl im Eigentum an einer beweglichen Sache oder einem Grundstück als auch im Besitzrecht an einer Sache oder in jeder beliebigen Anspruchsposition bestehen. Das Gemeinschaftsverhältnis kann durch rechtsverbindliche Handlung der Gemeinschafter entstehen. Es ist aber auch denkbar, dass die Gemeinschaft ohne jedes Zutun ihrer Mitglieder entsteht.

Typische Beispiele für Rechtsgemeinschaften sind das Bruchteilseigentum mehrerer Personen an einem Grundstück oder an einer Gemeinschaftsantenne. Jedem Gemeinschafter steht ein genau festgelegter Miteigentumsanteil an dem gemeinsamen Recht zu. Über dieses Bruchteilsrecht kann er frei verfügen, d. h. er kann seine Mitberechtigung an dem gemeinsamen Gegenstand an einen Dritten verkaufen, ohne dass die anderen Gemeinschafter zustimmen müssen.

So ist es etwa beim Wohnungseigentum. Jeder Wohnungseigentümer ist im Rahmen einer Bruchteilsgesellschaft Miteigentümer zu einem genau festgelegten Bruchteil des bebauten Grundstücks. Er erwirbt diesen Miteigentumsanteil entweder direkt vom Bauträger oder von seinem Wohnungseigentums-Vorgänger. Dabei weiß der neue Wohnungseigentümer in der Regel nicht, wer die Miteigentümer sind. Er schließt mit diesen auch keinen Vertrag, sondern wird alleine durch den Erwerb des Miteigentumsbruchteils Mitglied der Wohnungseigentümergemeinschaft.

Im Beispielsfall des Wohnungseigentums kommt kein Vertrag zwischen den Mitberechtigten zustande. Die Frage, ob eine Rechtsgemeinschaft 14oder eine Gesellschaft zwischen ihnen vorliegt, beantwortet sich deshalb sehr einfach: Es kann nur Rechtsgemeinschaft sein, weil die Gesellschaft einen Vertragsschluss voraussetzt.

Schwieriger ist die Abgrenzung, wenn zwischen den Beteiligten ein Vertragsverhältnis vorliegt. Es ist dann zu fragen, ob das Zusammenwirken der Vertragschließenden einem gemeinsamen Zweck dient. Fehlt der gemeinsame Zweck, so liegt keine Gesellschaft vor.

Deshalb liegt bei einer Gemeinschaftsantenne im Regelfall nur Rechtsgemeinschaft vor. Selbst wenn alle Mieter eines Hauses verabredet hatten, eine gemeinsame Antenne zu kaufen, wird diese nicht zur „Gesellschaftsantenne“. Entscheidend ist, wie die Antenne genutzt werden soll. Geschieht dies wie üblich, dass nämlich jeder Mieter einen eigenen Antennenanschluss erhält und damit die Antenne alleine, ohne Beteiligung der anderen benutzen kann, so liegt eine Rechtsgemeinschaft vor. Die Regeln der GbR sind auf sie nicht anzuwenden.

Ein weiteres Schulbeispiel: Zwei Freunde sind begeisterte Segler. Sie beschließen, ein Segelboot zu kaufen. Sie beraten gemeinsam, welches Boot angeschafft werden soll, bringen den Kaufpreis zu gleichen Teilen auf und schließen gemeinsam den Kaufvertrag gegenüber dem Verkäufer ab. Rechtsgemeinschaft oder Gesellschaft?

Sicherlich liegt zumindest eine Rechtsgemeinschaft vor. Das erworbene Boot gehört nicht einem der beiden Freunde allein, sondern beiden. Der Verkäufer hat an seine beiden Kaufvertragspartner gemeinsam übereignet. Diese haben durch die Übernahme des Bootes gemeinsam Besitz erworben und gemeinsam der Übereignung zugestimmt.

Diese Rechtsgemeinschaft könnte jedoch in der Weise „qualifiziert“ sein, dass sie in Form einer Personengesellschaft (hier GbR) besteht. Bei der Überprüfung der Voraussetzungen für die Gesellschaft stellen wir fest, dass zwischen den Freunden ein Vertrag besteht. Beide haben untereinander den Kauf des Bootes vereinbart und entsprechend dieser Vereinbarung gehandelt. Haben sie dabei einen gemeinsamen Zweck verfolgt? Der erforderliche gemeinsame Zweck darf nicht mit bloßer Interessengemeinschaft gleichgesetzt werden. 15Zur Bejahung der Gesellschaft ist vielmehr erforderlich, dass die Nutzung des gemeinsamen Gegenstandes ein einheitliches Anliegen der Beteiligten ist. Die Nutzung muss gemeinschaftlich vorgenommen werden. Nur die Früchte aus der gemeinschaftlichen Nutzung können dann von jedem Beteiligten allein genossen werden, ohne dass es den Gesellschaftscharakter stört. Wenn also die beiden Freunde das Boot deshalb angeschafft haben, um darauf an jedem Wochenende gemeinsam zu segeln, dann liegt ein gemeinsamer Zweck vor. Haben die Freunde jedoch vereinbart, dass sie das Boot abwechselnd an den Wochenenden jeweils alleine benutzen, so liegt keine gemeinsame Nutzung und auch kein gemeinsam verfolgter Zweck vor. Das Verhältnis zwischen den Bootseigentümern regelt sich dann nach den Vorschriften über die Rechtsgemeinschaft gemäß den §§ 741 ff. BGB.

Wie bereits gesagt, kommt es bei der Unterscheidung zwischen Gemeinschaft und Gesellschaft nur darauf an, dass die Früchte der gemeinsamen Sache oder des gemeinsamen Rechts gemeinsam geerntet werden. Die spätere Aufteilung und der Verzehr der Früchte spielt keine Rolle mehr. Bei der Gemeinschaft versteht es sich von selbst, dass jeder Miteigentümer die Früchte für sich alleine verbraucht. Bei der Gesellschaft ist es in der Regel nicht anders. Wenn die beiden Freunde gemeinsam segeln, so mag dies der eine tun, um sich vom Alltagsstress zu erholen, während der andere (ein Botaniker!) Wasserproben zur wissenschaftlichen Auswertung sammelt.

Für Gesellschaften, deren Ziel die Führung eines Erwerbsgeschäfts ist, gilt nichts anderes. Dort will selbstverständlich jeder Gesellschafter seinen Anteil am Gewinn selbst verbrauchen. Die Gemeinsamkeit liegt aber darin, dass die Erwirtschaftung des Gewinns von allen Gesellschaftern durch gemeinsames Handeln betrieben wird.

4. Gesellschaft zwischen Eheleuten

Gesellschaftsverhältnisse zwischen Eheleuten sind nach deutschem Recht – im Gegensatz zu einigen ausländischen Rechtsordnungen – ohne weiteres möglich. Der Vertragsabschluss bedarf auch nicht einer gerichtlichen oder behördlichen Genehmigung. Soweit Eheleute die Gründung einer Personengesellschaft ausdrücklich beschließen, 16macht deren Behandlung in der Regel keine Schwierigkeiten. Gesellschaftszweck kann z. B. die Errichtung eines Familienheimes oder der Betrieb eines Erwerbsgeschäfts durch einen oder beide Ehegatten sein.

In den allermeisten Fällen werden gesellschaftsrechtliche Ansprüche unter Ehegatten aber geltend gemacht, ohne dass ein ausdrücklicher Vertragsabschluss vorlag. Ehegatten, die bei der Durchführung des Zugewinnausgleichs bei der Scheidung zu kurz gekommen zu sein glauben, besinnen sich auf andere Rechtsgrundlagen. Die Regeln über die Auseinandersetzung einer Gesellschaft sollen dazu herhalten, anderweitig nicht begründbare Forderungen zu stützen. Hier gilt der Grundsatz, dass solche stillschweigend (konkludent) abgeschlossenen Gesellschaftsverträge zwischen Ehegatten nur dann anzunehmen sind, wenn eine rechtliche Bindung gesellschaftsrechtlicher Art dem Willen der Beteiligten entspricht (BGH, 28.9.2005 – XII ZR 189/02, NJW 2006, 1268). Soweit das Zusammenwirken der Ehegatten nur darin bestand, die üblichen Lebensgrundlagen der Familie, wie Wohnung, Einrichtung, Pkw, Fernsehgerät und dergleichen zu beschaffen, liegt keine Gesellschaft vor. Die Ehegatten haben in diesem Fall nicht zur Erfüllung eines Gesellschaftsvertrags gehandelt, sondern aus natürlichem Antrieb oder auf Grund der familienrechtlichen gegenseitigen Beistandspflicht. Selbst bei der gemeinschaftlichen Schaffung eines Familienheims kann in der Regel kein stillschweigend geschlossener Gesellschaftsvertrag angenommen werden.

Ebenso verhält es sich bei Partnern einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft. Die bloße Mitarbeit eines Teils im Betrieb des anderen oder die gemeinsame Anstrengung zum Erwerb oder zur Unterhaltung einer Wohnung begründen kein Gesellschaftsverhältnis, wenn die Zielvorstellungen der Partner nicht über die Verwirklichung der Lebensgemeinschaft hinausgegangen sind (OLG Naumburg, NJW 2003, 819). Wenn es für angebliche Ausgleichsansprüche hier keine andere Anspruchsgrundlage gibt, ist es wohl am ehrlichsten, unmittelbar auf den Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) zurückzugreifen. Er beseelt in diesen Fällen ohnehin die Entscheidung.

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