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ÜBER DEN AUTOR

MEHR VON F. A. CUISINIER BEI DEBEHR

 

 

 

F. A. Cuisinier

Ophiophagus

Tödliches Gift

 

 

 

 

Thriller

DeBehr

 

Copyright by: F. A. Cuisinier

Herausgeber: VerlagDeBehr, Radeberg

Erstauflage: 2018

ISBN: 9783957535658

Grafiken Copyright by Fotolia by tryfonof, mrjo_7, Серафима Манекина

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Übersetzungen und Erklärungen von Fachausdrücken entnehmen Sie bitte dem Stichwortverzeichnis am Ende des Buches.

 

Sie sind überall!

Sie werden diesen Planeten übernehmen!

Sie werden uns ausrotten!

Wir müssen uns wehren!

Es wird Millionen Opfer geben!

Aber wir haben keine Wahl!

 

Jacques Sousse war schlecht gelaunt! Schon wieder musste er mitten in der Nacht raus, vor sieben Uhr! Man hatte einen Toten gefunden, am Strand von Carnon Plage!

„Merde!“ Hätte ich doch auf meinen Vater gehört und wäre Schreiner geworden, wie er! Aber nein, der feine Herr Sousse wollte ja hoch hinaus, wollte ein angesehenes Mitglied der französischen Gesellschaft werden! Erst hochgelobter Kommissar, dann Chef de Police in Montpellier, dann reich heiraten, Villa an der Cote d’Azur etc. – Ich Trottel – eine solche Karriere als Schwarzer, Sohn von Einwanderern aus dem Senegal! – Wie blöd muss man sein, um daran zu glauben!?“

Er putzte seine Zähne, brachte etwas Wasser in die Nähe seines Gesichtes, zog die Klamotten von gestern wieder an und verließ seine Wohnung am Stadtrand von Montpellier. Es war zwar nicht weit nach Carnon-Plage aber mit dem alten Renault einfach ungemütlich, überall klapperte das vernachlässigte Vehikel, die Sitze waren ausgelutscht und schlechter als billige Campingstühle!

„Wie kann man nur so blöd sein! Da verbringe ich mein Leben in stickigen Büros oder verrauchten Bars, spreche mit Ganoven, die dumm sind wie Brot, oder mit schweren Verbrechern, die für eine Zigarette morden, und muss mir ständig irgendwelche Leichen ansehen, die voller Blut sind, vergewaltigt wurden oder schon stinken, weil sie seit vier Wochen im Wasser gelegen haben! Und wofür das? Um weniger zu verdienen als ein guter Kellner! Ich muss doch völlig bescheuert sein!“

Er bog von der D 62 zwischen Montpellier und Aigues-Mortes etwas hinter Carnon-Plage ab in Richtung Strand und fuhr ein paar hundert Meter die D 59 entlang, die zwischen Hinterland und Strand verläuft. Um diese Zeit war dort fast niemand – zu spät zum Poppen, zu früh zum Baden! Von Weitem sah er die Polizeifahrzeuge und steuerte darauf zu.

„Salut, Jacques!“

„Salut, Jeanne! Was für ein verdammtes Arschloch hat es gewagt, hier sein Leben auszuhauchen!?“

„Das hast Du aber sehr poetisch ausgedrückt! Leider ist es ein Mädchen!“

„Oh, Merde! Das kann ich ja gar nicht leiden! Was ist passiert?“

„Keine Vergewaltigungsspuren, keine Spermaspuren an der Kleidung! Keine Würgemale, keine Wunden! Ich konnte bisher nichts feststellen!“

„Fuck! Das hört sich verdammt nach Arbeit an! Aber irgendwas musst Du doch finden, an irgendwas muss sie ja schließlich gestorben sein!“

„Oh großer Senegal! Da hast Du einen Volltreffer gelandet! Aber an was sie gestorben ist, kann ich erst sagen, wenn ich sie obduziert habe, Du musst schon ein paar Stunden warten! Oh, entschuldige! Ich weiß, dass Warten nicht Deine Stärke ist! Aber da kommst Du nicht drumrum! – Ich weiß, Ihr Männer würdet das schneller hinkriegen, weil wir Frauen immer mit irgendwelchen anderen Dingen beschäftigt sind, wie quatschen, telefonieren, schminken, shoppen – aber finde Dich damit ab! Ich ruf Dich an!“

„Sie ist wunderbar!“, dachte Jacques. Er ging zum Tatort und sah sich die Tote an. Es war ein wunderschönes, blondes Mädchen, das ein bisschen Ähnlichkeit mit Marilyn Monroe hatte! Sie lag da, als würde sie schlafen.

„Oh, Merde! – Oh, Merde! – Oh Merde! So ein schönes Mädchen! Und das ausgerechnet bei mir mit meinem blöden Gerechtigkeitsfimmel!“

Er fuhr ins Büro in Montpellier und trank erst mal drei Tassen Kaffee! Natürlich hatte er vergessen, neuen zu machen, wofür er sofort nach Eintreffen seiner Kollegen den Anschiss des Monats bekam.

„Ja, tut mir leid! Nächste Woche kaufe ich dafür ein Pfund Kaffee für Euch!“

„Ein Pfund Kaffee für Euch!“, entgegnete einer seiner Kollegen.

„Das hast Du uns schon angedroht, als Du vor drei Jahren in dieses Kommissariat gekommen bist! Und? Mit dem Kaffee, den Du uns bisher versprochen hast, den wir aber nie bekommen haben,  könnte Montpellier eine Woche auskommen!“

„Tut mir leid, ich bin momentan knapp bei Kasse!“

„Momentan? Du bist immer knapp bei Kasse! Das ist chronisch bei Dir! Sag mal, wofür gibst Du eigentlich Dein Gehalt aus? Du bist Single, hast keine Kinder, keine Freunde und säufst Deinen Kollegen den Kaffee aus! – Für Nutten? Oder bist Du schwul und hältst ein paar Tunten aus? Oder spielst Du? Oder gibst Du ein Vermögen für Pornos aus? Häähh!?“

„Genau in der Reihenfolge!“, entgegnete Jacques.

„Du wirst lachen, zum ersten Mal, seit Du hier bist, glaube ich Dir was!“

„Na, super, da bin ich ja froh!“

„So Ihr Turteltäubchen! Da werde ich Euch mal aus Eurem Tiefschlaf holen!“ Die Pathologin Jeanne Forcalvier war eingetreten.

„Und, Watson, was hast Du herausgefunden!“

„Das Mädchen ist an plötzlichem Atemstillstand gestorben!“

„Cool!“, sagte Jacques Sousse, „Ich geh’ nach Hause und leg’ mich wieder ins Bett!“

„Nach Schlangenbiss!“, fügte Jeanne hinzu.

„Oh, Merde! Die Viecher kann ich ja schon gar nicht leiden!“

„Sag mal, was kannst Du eigentlich leiden!?“

„Schlangen sind ätzend! Ich war mal bei meinen Verwandten im Senegal, da wimmelt es von den Drecks-Viechern!“

„Also, die Tote hatte hinter dem Ohr, verdeckt von den Haaren, zwei Einstichstellen, wie bei einem Schlangenbiss, der Abstand zwischen den Einstichen stimmt mit den Bissspuren von großen Schlangen überein! Das Einzige was mich stutzig macht, ist, dass Schlangenbisse fast immer in die Extremitäten erfolgen! Für Euch Analphabeten: Extremitäten sind Arme und Beine! Von Bissen in den Hinterkopf habe ich bisher noch nie gehört! Darüber hinaus ist mir aufgefallen, dass das Mädchen, das mit einem roten T-Shirt und Jeans bekleidet war und Turnschuhe ohne Socken trug, keinen Sand in den Schuhen hatte! Wenn jemand mit Turnschuhen an den Strand geht, bekommt er zwangsläufig Sand in die Schuhe und zwischen die Zehen! Hier war das aber nicht der Fall! Des Weiteren hatte die Tote unter der Jeans einen Slip und keinen Bikini oder Badeanzug an. Wer da an den Strand geht, will auch schwimmen gehen! Und noch eins – der Todeszeitpunkt ist gestern Abend ca. 21 Uhr gewesen! Jetzt stellt Euch mal die Szenerie vor. Das Mädchen liegt am Strand, der um diese Zeit und in dieser Jahreszeit und bei dem tollen Wetter gestern ziemlich belebt war! Viele junge Leute treffen sich abends dort, spielen Softball, essen und trinken was, diskutieren, lachen, schwimmen. Wie soll da so ein Schlangenangriff geschehen sein? Wenn Du von einer Schlange gebissen wirst, schreist Du doch erst mal auf, dann noch mal, wenn Du merkst, dass es Dir schlecht geht! Und das soll niemand an einem belebten Strand bemerkt haben? Außerdem lag das Mädchen auf dem Rücken, die Hände auf der Brust verschränkt! Wie aufgebahrt! Ich glaube also, es könnte Mord gewesen sein, mit dem Versuch, es als Schlangenbiss-Unfall aussehen zu lassen! Morgen früh weiß ich, welches Schlangengift es war! Einen schönen Tag, Ihr Arbeitsscheuen!“

„Heh! Heh! Heh!“

Den Tag verbrachte Jacques Sousse damit, herauszufinden wer die Tote war. Aber es gab keine Anhaltspunkte in der Polizei-Datei. Jacques ließ ein Kopf-Foto der Leiche im Fernsehen zeigen mit dem Untertitel:

„Wer kennt dieses Mädchen!?“

Nach Feierabend ging er in sein Lieblingsbistro, aß ein belegtes Baguette und trank drei „Bière Pression“ dazu. Dann ging er in seine Wohnung, machte den Fernseher an, schaute sich seinen Such-Aufruf ein dutzend Mal an und ging dann schlafen. Blöd, wie er war, hatte er seine Handy-Nummer in dem Suchaufruf angegeben, „Damit es schneller geht!“

Als er gerade eingeschlafen war, klingelte das Handy.

„Merde! Merde! Merde!“

Er ging ans Handy und fragte:

„Ja bitte, hier Kommissar  Sousse, was gibt es?“

„Es ist meine Tochter Mercedes, da bin ich mir sicher!“, sagte eine männliche, sehr bewegte Stimme!

Jacques war plötzlich hellwach!

„Wenn es so ist, tut es mir wirklich sehr leid! Können Sie sofort in die Pathologie kommen?“

„Ja, wo ist das?“

„27, Rue de Toulouse-Lautrec, Montpellier!“

„Ich komme sofort!“

Der Anrufer legte auf.

„Merde! Ich hasse es, Todesnachrichten zu übermitteln! Und dabei zuzusehen, wie die Angehörigen leiden! Merde!“

Er wählte die Nummer der Pathologin Jeanne Forcalvier, die sofort abnahm.

„Was ist, Jacques, ist Ihnen der Kaffee ausgegangen?“

„Der Vater des Mädchens hat mich gerade angerufen, er ist sich sicher, dass das Foto im Fernsehen seine Tochter Mercedes zeigt! Er ist auf dem Weg in die Pathologie!“

„Oh, nein! O. k., ich komme, ich will ja selber wissen, welches Schwein das Mädchen auf dem Gewissen hat!“

„Ich auch! Und ich schwöre Dir – den kriege ich!“

„Ich glaube Dir zwar selten was, aber ich bin überzeugt, dass Du ihn kriegst!“

„D’accord! Bis gleich!“

Guy de Montalban wartete schon vor der Tür der Pathologie, als Jeanne und Jacques eintrafen. Man stellte sich gegenseitig vor und ging dann hinein.

Jeanne schob die Schublade mit dem toten Mädchen heraus und fragte de Montalban:

„Sind Sie bereit?“

„Ja!“

Jeanne lüftete das Leichentuch.

Guy de Montalban wurde kreidebleich im Gesicht, begann zu zittern und wimmerte:

„Oh, meine kleine Mercedes! Mein Mädchen, mein Sonnenschein!“ Er brach in Tränen aus und verließ schluchzend den Raum.

Jacques folgte ihm, ließ ihm Zeit, sich zu beruhigen und fragte dann, mit für ihn unglaublichem Mitgefühl:

„Es tut mir wirklich sehr leid! Sind Sie in der Lage, mir ein paar Fragen zu beantworten, denn die ersten paar Stunden nach einem Mord sind die wichtigsten bei der Tätersuche!“

„Mord!? Ich dachte, sie sei an einem Schlangenbiss gestorben?“

„Sagen wir so: Sie starb an Schlangengift, ob durch eine Schlange verabreicht, ist noch nicht sicher! Hatte Ihre Tochter Kontakt mit Giftschlangen, Schlangen allgemein, Reptilien?“

„Nein, sie hasste Schlangen, hatte panische Angst davor!“

„D’accord! Ich lasse Sie nach Hause fahren!“

„Nein, Danke! Ich kenne mich in Montpellier sehr gut aus, habe hier geschäftlich viel zu tun! Ich nehme mir ein Hotel!“

„Ach, woher kommen Sie eigentlich?“

Fast hätte Jacques vergessen, die Daten des Mannes aufzunehmen!

„Ich bin Guy de Montalban, Olivenzüchter aus Mouriès. Meine Tochter Mercedes war 26 Jahre alt und studierte in Montpellier Astronomie.“

„Vielen Dank, darf ich Ihre Handy-Nummer haben? Ich rufe Sie an, wenn ich was erfahre?!“

„Ja, klar, ich schicke Ihnen eine SMS!“

„Es ist das Gift der Königskobra, der größten Giftschlange der Welt! Wissenschaftlicher Name: Ophiophagus hannah. Für einen Bildungs-Neandertaler wie Dich: Das ist Lateinisch! Sie kann 5,60 Meter lang werden! Sie lebt in Indien, Indonesien, in Myanmar, Malaysia, auf den Philippinen, bis nach Südostchina! Und mit ihrem Gift, das sie bei einem Biss abgibt, kann sie ein paar hundert Menschen töten!“

„Oh, Merde! Heißt das, dass hier eine oder mehrere dieser Drecks-Viecher bei uns rumkriechen?“

„Weiß nicht! Theoretisch könnten diese Schlangen bei uns überleben, z. B. wenn sie jemandem, der Giftschlangen besitzt, abgehauen sind oder der sie ausgesetzt hat! Aber nur im Sommer! Da die Tiere in den Tropen heimisch sind, sterben sie im Winter bei uns, ganz sicher!“

„Dann suchen wir eine riesige Schlange, die irgend so ein Arsch ausgesetzt hat oder ihm ausgekommen ist und die kann hier tausende beißen, bis der Winter sie umbringt?“

„Vielleicht! Vielleicht benutzt aber auch einer nur die Tiere, um zu töten!“

„Oh, Mann, warum bin ich nicht Schreiner geworden?“

„Weil wir solche ekelhaft penetranten Wadenbeißer wie Dich brauchen, um die schlimmsten Brutalos hinter Gitter zu bringen!“

„Na, Bravo! Und dann lassen die Deppen von der Justiz die Ratten nach ein paar Jahren wieder auf die Menschheit los!“

„Jacques, ich sag’s nur selten und ungern:

Du hast recht!“

„Jetzt sag mir doch mal wie ich dieses Vieh suchen soll!“

„Gar nicht! Ich bin überzeugt davon, dass es nicht hier irgendwo herumkriecht! Jemand hält das Tier oder die Tiere, um sich unliebsame Menschen vom Halse zu schaffen!“

„Was war denn an Mercedes de Montalban unliebsam?“

„Ist mir klar, dass Du das nicht glauben kannst! Aber das ist jetzt Dein Job! Finde heraus, warum, so schnell wie möglich! Und so diskret wie möglich! Und, Jacques, auch wenn’s Dir schwerfällt – bleibe cool und jage den Täter im Verborgenen!“

Jacques Sousse war angepisst bis zum „Geht nicht mehr“! Er ließ sich alle Adressen von Schlangen-Fans und, vor allem, Giftschlangenhaltern in Frankreich geben und ging die Liste systematisch durch.

„Der Dreckskerl muss hier in der Nähe sein! Der sitzt ja nicht in Paris und die Schlange tötet hier! Ich überprüfe alle auf der Liste im Umkreis von 50 Kilometern! Wenn ich da nicht erfolgreich bin, dehne ich die Suche aus auf 100 km!“

Er beauftragte seine Mitarbeiter, die Adressen nach und nach zu besuchen und zu kontrollieren. Da er aber nicht untätig sein wollte, besuchte er die Universität Montpellier, Studienzweig Astronomie. Er hatte einen Termin mit dem Professor, bei dem Mercedes de Montalban studierte.

„Mercedes war die beste Studentin in vierzig Jahren als Astronomie-Professor, die ich je hatte! Sie hinterfragte alles! Und wenn ich sage alles, dann meine ich auch alles!“

„Wie muss ich mir das vorstellen? Was kann man als Student der Astronomie hinterfragen?“

„Sie las alles, was mit Astronomie zu tun hatte, auch die verrücktesten Ansichten, sichtete und analysierte auch die unmöglichsten der idiotischsten Fotos oder Videos, ließ nichts aus!“

„Warum?“

„Weil sie fest daran glaubte, dass es auf anderen Planeten intelligentes Leben gibt! Sie hat einmal zu mir gesagt: Herr Professor, es gibt Milliarden von Galaxien im Weltraum, ähnlich unserer, deren Teil wir sind! Mit Sternenhaufen wie der „Milchstraße“, die aus wiederum Milliarden Sonnensystemen bestehen, mit Sonnen und Planeten, die in unterschiedlichen Abständen um diese Sonnen kreisen! Und manche Planeten kreisen in einem Abstand um ihre Sonne, die Leben in unserer Definition vermuten lässt! Glauben Sie da im Ernst, dass wir im Weltall alleine sind? Der Urknall, der unsere Erde erschaffen hat, kann in anderen Galaxien auch ähnlich passiert sein, früher oder später als bei uns! Und dort können sich intelligente oder weniger intelligente Lebewesen entwickelt haben! Zu glauben wir wären allein, ist naiv!“

„Könnte es sein, dass sie was gefunden hat?“

„Sie meinen außerirdisches Leben?“

„Ja!“

„Ich, persönlich, bin hin und her gerissen von der Vorstellung! Einerseits denke ich aufgrund meiner Ausbildung: Da ist nichts! Wir sind einzigartig! – Andererseits kann ich die Meinung von Mercedes in keinster Weise widerlegen!“

„Herr Professor, angenommen, Mercedes de Montalban hätte Anzeichen gefunden, dass es doch Außerirdische gibt, was hätte sie, Ihrer Meinung nach, unternommen?“

„Sie war ein typischer Forscher! Sie hätte es niemals jemanden erzählt, bevor sie eine Powerpoint-Präsentation der Extraklasse erstellt und hieb- und stichfeste Beweise liefern konnte!“

„Ich möchte alle ihre Unterlagen, Studienobjekte und ihren Computer haben! Sofort!“

„Haben Sie …?“

„Nein!!“

„O. k.!“

Jacques Sousse fuhr mit dem Material aus der Uni ins Büro, goss sich den gefühlt vierzigsten Kaffee ein und begann die mitgenommenen Sachen zu studieren.

Die Pathologin Jeanne Forcalvier kam rein.

„Jacques, es war Mord! Ganz sicher! Wenn jemand von einer Schlange gebissen wird, dringen die gebogenen Zähne, sie sind immer gebogen, in den Körper ein und bohren sich so hinein, dass eine typische Bogen-Einstich-Verletzung entsteht! Die Einstich-Stellen bei Mercedes de Montalban sind aber gerade, wie mit einer dünnen Stricknadel gemacht!“

„Ja, und jetzt? Mit was ist dann das Schlangengift in das hübsche Mädchen gelangt?“

„Ich habe lange darüber nachgedacht! Es könnte ein Gerät gewesen sein, dass so aussieht wie ein Taser. Anstatt der Widerhaken-Projektile könnte diese Waffe, die so klein wie eine Taschenlampe sein kann, skalpellscharfe Nadeln haben, im gleichen Abstand wie bei dem Biss der Königskobra und mittels eines Druckzylinders das Gift injizieren!“

„Wow! Wie ekelhaft! Und wer macht so was?“

„Dein Job, Sherlock Holmes!“

„Danke, Dr. Watson!“

Jacques Sousse brauchte eine Woche, um sich in die Unterlagen einzuarbeiten und eine weitere um sich den Computer von Mercedes de Montalban anzusehen, nachdem die PC-Spezialisten den Zugangs-Code geknackt hatten. Aber er fand – nichts! Er ließ die Studentenbude und das Zimmer des Mädchens auf dem Gut ihres Vaters in Mouriès auf den Kopf stellen – nichts!

„Das gibt’s doch gar nicht! Die stellt das halbe Universum auf den Kopf auf der Suche nach außerirdischem Leben, macht unzählige Fotos von Sternenhaufen, Planeten und Sonnen, gibt aber nirgendwo einen Kommentar ab und schreibt ihre Forschungsergebnisse nicht auf! Für eine so engagierte Forscherin eine Unmöglichkeit! Sie konnte sich bestimmt nicht an jeden Stern, jeden Planeten, jeden Kometen erinnern – ohne Aufzeichnungen! Niemals, selbst wenn sie ein fotografisches Gedächtnis gehabt hätte! Sie muss irgendwo spezielle Fotos und Aufzeichnungen haben oder gehabt haben! Allein schon, um später mal was nachsehen zu können! Und für etwaige spätere Präsentationen! – O. k.! Versetze Dich in ihre Lage – wo würdest Du so brisante Unterlagen und Details verstecken? Auf keinen Fall in meinem PC! Und auch nicht irgendwo in meiner Bude, meinem Auto oder bei Freunden!“

Er fragte seine Kollegen:

„Habt Ihr bei der Toten ein Handy gefunden?“

„Nein!“

„Merde! Aber egal! Sie wird eins gehabt haben! Das kriege ich raus!“

Er setzte sich in seinen klapprigen Renault und fuhr zu der Studentenbude des Mädchens.

Dann rief er den Vater an:

„Monsieur de Montalban, hatte ihre Tochter ein Handy?“

„Ja, sicher!“

„Wissen Sie, wo es ist?“

„Nein, hatte sie es nicht dabei?“

„Nein! Haben Sie die Nummer?“

„Ja, klar! Es ist die gleiche wie meine, nur am Ende statt der 3 eine 4!“

„Welche Telefongesellschaft?“

„Orange F!“

„Merci, Monsieur, sind Sie zu Hause in Mouriès?“

„Ja!“

„D’accord! Bitte gehen Sie in das Zimmer ihrer Tochter – ich werde diese Nummer jetzt anrufen. Wenn es bei Ihnen klingelt, gehen Sie bitte nicht ran, informieren mich aber, wo es ist! Aber nicht anfassen!“

„In Ordnung!“

Jacques wählte die Nummer. Es klingelte nicht und er bekam auch keinen Anruf vom Vater des Mädchens!

„O. k., dann auf die harte Tour!“

Er rief bei seinem Kollegen an.

„Yves, wir können kein Handy finden, sie hatte aber eins! Es hat folgende Nummer: …………4. Bitte lass mithilfe der Telefongesellschaft Orange F ein Bewegungsprofil der Nummer erstellen! Ich will wissen, wo sie überall war!“

„Wenn’s Dir Spaß macht!“

„Macht es nicht! Aber ich will das Schwein haben, koste es, was es wolle, kapiert?“

„Klar!“

Er fuhr nach Mouriès. Sah sich sehr intensiv im Dorf und auf dem Gut um und fragte den Vater:

„Monsieur, wo hielt sich Ihre Tochter auf, wenn sie nicht in ihrer Studentenbude war, nicht in der Uni, nicht im Planetarium! Zum Beispiel, wenn sie in Mouriès war oder hier auf dem Gut oder wo könnte sie noch gewesen sein, hatte sie ein Lieblingsplätzchen?“

„Da fällt mir so auf die Schnelle nichts ein! Wenn sie hier war, hat sie immer mitgeholfen, wo gerade Arbeit zu machen war!“

„Noch eine Frage – ihre Tochter ist mit Sicherheit nicht am Strand gestorben, dafür war dort zu viel los! Als man sie fand, lag sie auf dem Rücken, die Hände auf der Brust verschränkt, wie aufgebahrt! Können Sie sich darauf einen Reim machen?“

„Nein, aber das würde ja definitiv heißen, dass sie getötet worden ist!“

„So sieht es aus! Sagen Sie, hatte ihre Tochter einen Freund, oder eine Freundin?“

„Nein, nicht mehr! Vor ein paar Wochen hatte sie einen Freund, einen Amerikaner namens Steve Muller, einen Kommilitonen aus der Uni, wohnte auch in Montpellier. Ich mochte ihn nicht, ein komischer Typ, irgendwie anders als normale junge Leute! Nach kurzer Zeit hat sich Mercedes von ihm getrennt, er zog aus seiner Bude aus und ist unbekannt verzogen.“

„Woher wissen Sie das?“

„Meine Tochter hatte noch ein paar Sachen von ihm in ihrer Wohnung, zum Waschen. Die wollte sie ihm bringen. Da war er aber schon ausgezogen, die Vermieterin sagte, er sei unbekannt verzogen.“

„Wissen Sie, warum sich Ihre Tochter von ihm getrennt hat?“

„Nein, sie wollte nicht darüber reden!“

„Ach, noch eins! Hatte Ihre Tochter irgendeinen Bezug zu dem Strand in Carnon Plage?“

„Ja, sie ging oft mit unserem Hund dorthin! Es gibt da die Möglichkeit, Hunde mitzunehmen, was an anderen Stränden verboten ist!“

„Merci! Ich halte Sie auf dem Laufenden!“

Jacques rief im Büro an:

„Yves, sie hatte einen Freund, der in Montpellier studierte, aber unbekannt verzogen ist, als sie sich von ihm getrennt hat! Er heißt Steve Muller, US-amerikanischer Staatsbürger. Finde ihn!“

„D’accord, Chef!“

Er fuhr in den Ort und fragte im Bistro nach dem Mädchen. Wer Kontakt zu ihr hatte, wo sie sich aufhielt, welche Geschäfte sie besuchte.

„Sie hatte keine Kontakte, nur zu ihrem Vater, ging nur öfters zur Bank, klar, junge Mädchen, die in Montpellier studieren, brauchen auch schon mal Geld!“

„Ja, aber das hätte sie doch auch in Montpellier oder sonst wo abheben können!“

„Stimmt! Keine Ahnung, was sie sonst in der Bank gemacht hat!“

„Danke!“

Jacques fuhr zur Bank, ließ den Direktor kommen und sagte:

„Monsieur le Directeur, Mercedes de Montalban hatte bei Ihnen ein Bankschließfach, ich weiß es! Ich will es sehen, sofort!“

„Haben Sie …?“

„Nein! Einen Moment!“

Er rief de Montalban an:

„Monsieur, hatte ihre Tochter ein Bankschließfach in Mouriès?“

„Nicht, dass ich wüsste! Ich habe mehrere Konten dort! Aber auch kein Schließfach!“

„D’accord! Ich bin hier bei dem Direktor der Bank, der nicht abgestritten hat, dass Ihre Tochter bei ihm ein Schließfach unterhielt, will es mir aber nur zeigen, wenn ich ein richterliches Dokument dafür vorzeige!“

„Geben Sie ihn mir ans Telefon!“

Jacques hielt dem Direktor den Hörer hin.

„Monsieur le Directeur, ich will so schnell wie möglich den Mörder meiner Tochter hinter Gittern sehen! Sie werden dem Kommissar jetzt das Schließfach zeigen, sofort! Sonst werde ich, noch heute, meine Geschäftsbeziehung zu Ihrer Bank beenden und mein Geld abziehen!“

„D’accord, Monsieur de Montalban, geht in Ordnung!“

Der Direktor ging mit dem Kommissar in den Keller, öffnete mehrere Gittertüren, bis sie im Schließfachraum waren, und öffnete mit seinem Universalschlüssel das Schließfach mit der Nummer 129. Es war eines der großen Fächer. Man hätte durchaus sechs Aktenordner darin unterbringen können! Der Direktor holte einen metallenen Behälter heraus und stellte ihn vor Jacques auf einen Tisch.

„Ich vertraue Ihnen, sehen sie sich alles an, entnehmen Sie nichts, fotografieren Sie nichts und schließen Sie dann den Behälter wieder. Dann können Sie mich rufen, indem Sie diesen Knopf drücken. Ich komme dann sofort und schließe ihn wieder ein. Wenn Sie was mitnehmen wollen, kann ich, so leid es mir tut, nicht auf die richterliche Verfügung verzichten!“

„Klar! Ich verspreche es!“

Der Direktor entfernte sich und Jacques setzte sich vor die Kassette.

Er streifte sich Gummihandschuhe über, öffnete sie und vertiefte sich in den Inhalt:

Astronomische Fotos, Kommentare, Beweismittel, Videos, Sprachaufnahmen von Mercedes de Montalban mit Datum und Ort, und ein Handy. Jacques nahm sein Handy aus der Tasche, prüfte, ob er im Keller Empfang hatte, was der Fall war und rief die Nummer an, die ihm der Vater gegeben hatte. Es klingelte nicht! Er legte es wieder rein und rief im Büro an.

„Ich brauche sofort eine richterliche Anordnung, das Bankschließfach von Mercedes de Montalban bei der Banque de Languedoc in Mouriès mitnehmen und untersuchen zu dürfen. Und wenn ich sage sofort, dann meine ich auch sofort! Wenn Du den Wisch hast, kommst Du mit Tatütata sofort hier in die Bank und bringst es mir! D’accord, Yves?“

„Sehr gerne, Monsieur le Commissaire!“

Eine Stunde später verließ Jacques mit der Kassette die Bank und fuhr im Schlepptau seines Kollegen ins Büro. Er versammelte alle ihm unterstehenden Mitarbeiter und sagte:

„Also, Leute, Ihr macht so weiter wie bisher. Pierre, Du untersuchst dieses Handy, erstellst ein Bewegungsprofil und machst eine Liste der Personen, die gespeichert sind und mit denen die Tote telefoniert hat! Natürlich, als sie noch am Leben war! Und bei den Nummern, bei denen kein Gespräch zustande kam auch! Ich sichte ab Punkt drei Uhr, solange wie es dauert, diese Schließfach-Kassette und will dabei unter gar keinen Umständen gestört werden! Und wenn ich sage unter gar keinen Umständen, dann meine ich das auch so! Ich reiß` Euch den Arsch auf, wenn Ihr mich stört, selbst wenn der Präsident zu mir will! Yves, ich will drei Kannen frischen Kaffee, ein Baguette, Butter, Marmelade, zehn frische Croissants und ein Aufzeichnungsgerät!“

„O. k., Boss!“