Inhaltsverzeichnis
Wichtige Hinweise
Welcher Weg für welche Wanderer - das steht in den Sternen
Touren mit * sind im Prinzip von jedem Erwachsenen und jedem motivierten Schulkind zu machen. Wanderungen mit ** sind anstrengender, aber immer noch von jedem normal fitten Erwachsenen und Schulkind zu bewältigen. ***-Wege sind für die Sportlichen, und **** richten sich an die Expertinnen und Experten mit einschlägigen Erfahrungen. Sonderanforderungen - wie Schwindelfreiheit oder Trittsicherheit - werden extra im Tourinfo-Kasten ausgewiesen.
Auf einen Blick: das Weg-Zeit-Höhen-Diagramm
Tourenvergleich auf einen Blick durch den einheit­lichen Maßstab (1 km = 1 cm). Die addierten Auf- und Abstiege entsprechen den tatsächlichen Anfor­derungen der Strecke.
Wandern mit redaktionell überprüften GPS-Daten
Unsere GPS-Tracks und Waypoints sind besonders genau, weil sie redaktionell überprüft und bearbeitet wurden. Auf www.michael-mueller-verlag.de/gps finden Sie die Daten für Ihr GPS-Gerät oder Smart­phone. Gratis! Oder Sie laden sich die App mmtravel tracks herunter - mit allen Touren dieses Buchs auf Online-Karten. Ebenfalls kosten­los und ohne Registrierung.
Selbstverständlich lassen sich alle Touren auch ohne GPS und Smart­phone durchführen.
Etwas zum Angeben gefällig?
Sämtliche Karten in diesem Wanderführer sind GIS-basiert und im UTM-Koordinatensystem mit dem geodätischen Datum WGS 84 er­stellt und damit wirklich auf der Höhe der Zeit.
Wo bin ich gerade?
Die Wegpunkte 1, 2, 3 & Co. wurden von den Autoren für jede Tour vor Ort mit dem GPS-Gerät an wichtigen Stellen im Gelände aufgezeichnet. Neben einer technisch bedingten Ungenauigkeit kommt es aufgrund geologischer Besonderheiten besonders in Schluchten zu Abweichungen. Als Lesezeichen finden Sie die entsprechenden Ziffern sowohl im Text wie in der Karte und im Diagramm.
Wie & wo, hin & zurück, Wind & Wetter, Hunger & Durst
Im Tourinfo-Kasten stellt sich die Tour vor. Sie erfahren außerdem alles, was Sie zur Wanderlogistik und zum Überleben brauchen, und das im Detail.
Zu Ihrer Sicherheit
Überschätzen Sie sich nicht - machen Sie einfach Urlaub, auch die mit * oder ** gekennzeichneten Touren sind wunderschön. Wandern Sie möglichst nicht allein, setzen Sie jemanden aus Ihrem Quartier über die geplante Tour in Kenntnis und nehmen Sie ausreichend Trinkwasser sowie Ihr Handy mit.
Kleingedrucktes
Die in diesem Wanderführer enthaltenen Angaben wurden von unseren Autoren nach bestem Wissen erstellt und von ihnen und dem Michael Müller Verlag mit größter Sorgfalt überprüft und veröffentlicht. Dennoch können weder Autor noch Verlag bezüglich der Beschreibungen und Karten sowie der Gegebenheiten vor Ort Verantwortung übernehmen. Natur und Klima sind und bleiben letztlich unberechenbar. Der Zustand der Wege ist immer auch von der Zeit, der Witterung, von Eingriffen durch Menschenhand und anderen Unvorhersehbarkeiten abhängig. Wir bitten um Verständnis und sind jederzeit für Verbesserungsvorschläge dankbar.
In jedem Notfall wählt man 112 (EU-weite Notrufnummer)
Wandern auf Sizilien
Seit ich im Frühjahr 1993 zum ersten Mal den Fuß auf Si­zilien setzte, hat mich die Fas­zination für die unendlich facettenreiche Insel nie los­ge­lassen. Insgesamt habe ich auf mei­nen Reisen und Wanderungen mehrere Jahre auf Sizilien verbracht und mich keinen Tag gelangweilt. Sizilien gehört seit Ende des 18. Jh. zu den klassischen Zielen der Kultur- und Bildungsreisenden. Dieser Umstand versperrt manchmal den Blick auf die Tatsache, dass die größte Insel im Mittelmeer zugleich eines der schönsten mediterranen Wanderziele ist. Johann Gottfried Seume hat mit seinem „Spaziergang nach Syrakus im Jahre 1802“ einen Weg vorgezeigt, das andere Sizi­lien, das Sizilien der Landschaften und Menschen zu entdecken - zu Fuß. Es gibt viele gute Gründe, sich auf den Weg zu machen, um Gesich­ter einer Insel kennenzulernen, die viele Urlauber oft verpassen. Viel­fältig wie Sizilien selbst führen die hier vorgestellten Touren auf ak­tive Vulkane, schroffe Adlerfelsen, durch tiefe Karstschluchten, über liebliche Olivenhügel und blühende Wiesen, zu antiken Stätten, durch schattige Eichenwälder, zwischen duftender Macchia und an den schöns­ten Küsten entlang. Wir folgen antiken Handelsstraßen, alten Maul­tierwegen, Wanderpfaden durch Naturschutzgebiete und ge­legent­lich schmalen Felssteigen. Die Auswahl reicht von spannen­den Ex­peditionen mit Kindern über gemütliches Genusswandern bis zu sportlichen Bergtouren. Buon cammino in Sicilia!
Wanderregionen auf Sizilien
Dieser Wanderführer gliedert Si­zilien in neun landschaftlich sehr eigen­ständige Wanderregionen: Mon­ti Peloritani, Monte Etna, Mon­ti Iblei, Agri­gentino, Tra­pa­ne­se, Paler­mi­ta­no, Monti Mado­nie, Monti Nébrodi und Monti Erei.
Nordosten/Monti Peloritani (Link): Den Nordosten Siziliens (Pro­vinz Messina) durchzieht eine tief zerklüftete Gebirgskette, die mit einer mittleren Höhe von 1.200 m vom Capo Peloro bei Messina in süd­westliche Richtung auf den Monte Etna (dt. Ätna) zuläuft. Die Pelo­ritani-Berge sind die Wasserscheide (Tour 4) zwischen Tyrrheni­schem und Ionischem Meer. Höchster Berg ist mit 1.374 m die Mon­tagna Grande. Zusammen mit Nébrodi- und Madonie-Gebirge bilden die Peloritani-Berge eine Fortsetzung des italienischen Apennins. Nur durch die Straße von Messina vom italienischen Festland getrennt, ent­sprechen sie in ihrem geologischen Aufbau aus Gneis, Granit und Glim­merschiefer dem kalabrischen Aspromonte. Charakteristisch sind die breiten Fiumara-Täler, die nur im Winterhalbjahr Wasser füh­ren.
Das mondäne Taormina ist seit dem 19. Jh. der bekannteste Urlaubs­ort Siziliens (Tour 1). Abgelegene Bergstädtchen und archaische, größ­tenteils terrassierte Bauernlandschaften (Touren 1, 2, 3 und 5), Urwäl­der (Tour 6) und einige der besten Aussichtsgipfel Siziliens (Touren 1, 3, 5 und 6) entdeckt man bei Ausflügen ins dünnbesiedelte Hinter­land. Im Süden bildet das Alcàntara-Tal (Tour 7) die natürliche Grenze zum Monte Etna.
Osten/Monte Etna (Link): Der Ätna (Provinz Catania) ist in je­der Hinsicht ein Superlativ, auch als Wanderziel. Mit zurzeit 3.329 m (die Höhe variiert abhängig von der Aktivität der Gipfelkrater) über­ragt er alle anderen Gipfel Siziliens um mindestens 1.300 m! Sein Name geht auf das indogermanische „aidhna“ (brennend) zurück. Die lo­kale Be­zeichnung Mongibello setzt sich aus dem lateinischen „mons“ und dem arabi­schen „djebel“ zusammen, was beides „Berg“ heißt. Der höchste Vulkan Europas ist zugleich einer der mit Abstand aktivsten Feu­er­berge der Welt.
Die besten Standorte für die je­wei­li­gen Wanderungen fin­den Sie hier.
Wo sich vor 600.000 Jahren noch ein flacher Meeresgolf öffnete, er­hebt sich heute der Ätna auf einer Grundfläche von 1.200 km2 und mit einem Umfang von 250 km. Von weitem ein perfekter Kegel - die Bil­der­buchansicht bietet das antike Theater von Taormina - entpuppt er sich aus der Nähe als komplexes vulkanisches Gebilde. Die ältesten un­termeerischen Kissenlaven sind zum Teil he­rausgehoben und formen heute die Zyklopeninseln vor Aci Trezza. Vor 100.000 Jahren begann der eigent­liche Aufbau des Schicht­vulkans. Vor etwa 64.000 Jahren stürzte ein Vor­läu­fer des heutigen Ätna in sich zusammen und hinterließ den gewaltigen Einbruchkrater des Valle del Bove (Touren 8, 9 und 11). Ein Teil der Ostflanke rutschte vor 8000 Jahren ins Meer und löste einen gewaltigen Tsunami aus. Wäh­rend des jüngsten Aktivitäts­zyklus, der vor 3.000 Jahren begann, form­ten sich die vier heute noch aktiven Gipfelkrater (Touren 8 und 11) und die ca. 400 Adventiv- oder Nebenkrater (Touren 10, 12 und 13).
Wolfgang Sartorius von Waltershausen ist neugierig
Der Göttinger Gelehrte und Geologe Wolfgang Sartorius Freiherr von Wal­ters­hausen (1809-76), Namensgeber der Monti Sartorio (Tour 10), machte die Er­for­schung des Ätna zu seinem wis­sen­schaftlichen Le­bens­werk. Er ver­wen­dete einen Großteil seines Vermögens und viele Jah­re seines Le­bens darauf, den Ätna zu vermessen. Von ihm stammt die erste topo­grafi­sche Karte des Vulkanmassivs, und er stellte auch die erste aus­führli­che Chronologie his­torischer Ätna-Ausbrüche zu­sam­men. Span­nend zu lesen ist z. B. sein Bericht vom Ausbruch 1669, der auf der Süd­flan­ke mehrere Ortschaften zerstörte und den Hafen von Catania ver­schüt­tete (zitiert im vergriffenen, vul­ka­no­lo­gisch veralteten Buch von Hans Pichler „Italienische Vulkan-Gebiete IV: Ätna, Sizilien“, Ber­lin 1984). Das Bild eines Augenzeugen der Eruption von 1669, als Wand­fresko in der Sakristei, ist im Dom von Catania zu entdecken.
Magma steigt bis in ein ca. 2 km unter dem Gipfel ge­le­genes Reservoir auf. Der niedrige Kieselsäure­an­teil macht die Ge­steins­schmel­ze relativ dünn­flüs­sig. Gase können schnell entweichen, sodass es nicht zu jenen gewal­ti­gen Auf­spren­g­un­gen des Schlotes kom­men kann wie bei Vul­ka­nen mit zäh­flüssigen Mag­men. Das macht den Ätna, anders als den Ve­suv, zu einem relativ „un­ge­fähr­lichen“ Vulkan. Trotz­dem führt ein Über­angebot an Magma ge­le­gentlich zu heftigen Gip­felausbrüchen, bei de­nen Aschewolken meh­rere Kilo­meter hoch­ge­schleu­dert werden, wie z. B. im Ok­tober 2002 oder April 2013. Am häu­figs­ten sind Flanken­ausbrüche ent­lang längs auf­reißender Spalten. Auf­ge­reiht wie an einer Knopf­loch­leiste (ital. bottoniera) liegen explosiv tätige Bocchen (Tour 12), die im Laufe einiger Tage zu Schlackekegeln em­por­wach­sen kön­nen, wäh­rend die entgaste Lava aus tiefergelegenen Be­rei­chen aus­fließt. Die relativ dünnflüssige Lava am Ätna begünstigt zu­dem die Entste­hung von Lavagrotten, ein in Europa einzigartiges Phä­nomen (Tour 12).
Eine Fahrt auf den Ätna und der Aufstieg in den Gipfelbereich (Tou­ren 8 und 11) führen durch die unterschiedlichsten Klima- und Vege­ta­tions­zo­nen, fast, als würde man sich auf eine Reise von Palermo zum Nord­kap begeben. Subtropische Orangenhaine werden von Wein­ber­gen, Ei­chen- (Tour 13), Birken- (Tour 10) und den südlichsten Bu­chen­wäl­dern (Tour 12) Europas abgelöst. Bis in 2.500 m Höhe be­de­cken dornige Tra­gant-Polster den Boden, darüber erstreckt sich bis in die aktive Gip­fel­zo­ne (Touren 8 und 11) eine vegetationslose La­va­wüste, die über viele Mo­nate des Jahres schneebedeckt ist - eine Land­schaft aus Feuer und Eis.

Ätna-Ausbruch im Juli 2001

Der Ätna steht unter ständiger Be­ob­ach­tung des 1960 gegründeten Inter­nationalen Instituts für Vulka­no­lo­gie in Ca­ta­nia. 1987 wurden 58.000 ha als „Parco dell’Etna“ unter Natur­schutz ge­stellt. Seit 2013 zählt der Ätna zum UNESCO-Welt­naturerbe.
Südosten/Monti Iblei (Link): Im Südosten Siziliens (Pro­vin­zen Siracusa und Ragusa) bestimmt ein weit gespanntes, sich im Schnitt nur wenige Hundert Meter über das Meer erhebende Kalk­plateau das Landschaftsbild. Flüsse haben im Lauf der Zeit can­yon­tiefe Schluch­ten gegraben, sogenannte Cave (Touren 14, 15 und 17). Am Grund mancher Cava strömt klares Wasser, die Vegetation nimmt beinahe tro­pische Züge an.
Seit vorgeschichtlicher Zeit fanden Menschen hier Zuflucht. Pantálica (Tour 14) war 500 Jahre lang das bedeutendste bronzezeitliche Zen­trum Siziliens, über 5.000 Kammergräber perforieren die Felswände wie Bienenwaben. Im frühen Mittelalter erfüllten byzantinische Mön­che die sikulische Totenstadt mit neuem Leben. Der helle Iblei-Kalk, aus dem auch ganze Städte erbaut sind, wirft das Sonnenlicht zurück, ein Licht, wie es nur hier im Südosten leuchtet. Ein verheerendes Erd­be­ben zer­stör­te 1693 Dutzende von Städten. Der Wiederaufbau er­folg­te im Stil der Zeit. Die Barockstädte des Val di Noto stehen heute eben­so wie Syrakus und Pantálica auf der UNESCO-Liste des Welt­kul­tur­erbes.
Über die landwirtschaftlich genutzten Hochflächen ziehen sich kilo­me­terlange Trockensteinmauern. Hartweizen, Karuben (Johannis­brot) und Mandeln gehören zu den traditionellen Kulturen. Die höchste Erhebung ist der 986 m hohe Monte Lauro, aus dem Meer em­por­geho­bener Rest eines erloschenen Unterwasservulkans. An sei­nen Hän­gen entspringt der Fluss Anapo (Tour 14). An der Küste wech­seln sich lange Sandstrände mit felsigen Abschnitten ab. Einer der schönsten Küstenstreifen steht in Vendicari (Tour 16) unter Natur­schutz. Ein „Parco Nazionale degli Iblei“ wird hoffentlich nicht mehr lange nur eine Zukunftsvision bleiben.
Süden/Agrigentino (Link): Die Landschaft des Agrigentino (Provinz Agrigent) ist schwer zu fassen - vielleicht liegt es an den wei­chen Lehmhügeln und erodierten Gipsbergen. An den Steilküsten des afri­kanischen Meeres nehmen gipsführende Mergel die Gestalt schnee­weißer Kliffs an, besonders eindrucksvoll an der Punta Grande (Scala dei Turchi) bei Realmonte, im Naturschutzgebiet „Riserva Natu­rale Torre Salsa“ (Tour 18) und am Capo Bianco, wo sich auch die Ruinen des an­ti­ken Eraclea Minoa erheben. Dazwischen spannen sich kilo­meter­lange Dünenstrände (Tour 18). Gipskristalle bringen auch die süd­lichen Monti Sicani bei Sant’Ángelo Muxaro (Tour 19) zum Glit­zern. Der größte Besuchermagnet des Agrigentino sind die griechi­schen Tempel von Agrigent, ebenfalls Weltkulturerbe der UNESCO.
Westen/Trapanese (Link): Die Gebirgskette der sizilia­nischen Nordküste (Monti del Trapanese) verliert nach Westen all­mäh­lich an Höhe und löst sich langsam auf. Akzente setzen das felsige Rück­grat des Naturparks „Riserva Naturale dello Zingaro“ (Tour 22), der Monte Cófano (Tour 21) über dem Golf von Custonaci, der Monte San Giu­liano mit der Stadt Erice und, vor Trapani im Meer, die Äga­di­schen In­seln. Maréttimo (Tour 20), die westlichste dieser Inseln, ist ein geolo­gisch-botanisches Wanderparadies.

Eine schöne Küstenwanderung führt um den Monte Cófano (Tour 21)

Die geografisch-kulturelle Nähe zu Nordafrika ist in Westsizilien (Pro­vinz Trapani) nicht zu übersehen. Nach Westen und Süden läuft das Hü­gelland zum Meer hin aus. Inmitten ausgedehnter Weinfelder lie­gen, von Dattelpalmen umgeben, befestigte Gutshöfe, sogenannte Bagli. Die Altstädte von Mazzara del Vallo, Marsala und Trapani er­innern an arabische Medinas. Faszinierend ist auch die uralte Kul­tur­land­schaft der Salzgärten zwischen Marsala und Trapani. Ihr Be­such lässt sich mit einem Bootsausflug auf die Insel Mozia inmitten der größten Lagune Siziliens verbinden. Das antike Selinunt und Se­gesta zählen auch landschaftlich zu den Höhepunkten einer Sizilien­reise.
Nordwesten/Palermitano (Link): Ein Gebirgskranz (Monti della Conca d’Oro) umschließt im Süden die Inselkapitale Palermo mit der sog. Conca d’Oro, der „Goldenen Muschel“. Hoch über Stadt und Meer erhebt sich der Monte Pellegrino (Tour 23), für Goethe „das schöns­te Vorgebirge der Welt“. Im Süden der Provinz wartet eine wilde und einsame Bergwelt (Tour 24) auf Entdeckung. Mit ein­drucksvollen Steilwänden überragt die Rocca Busambra (Tour 26) den Bosco della Ficuzza (Tour 25), den größten Eichenmischwald West­siziliens. Steile Nordabbrüche und sanft nach Süden fallende Hoch­flächen zeigen auch die Monti di Palazzo Adriano (Tour 27). Die nach Norden ge­kippten Bergschollen der Monti Sicani dokumentieren den im geo­lo­gischen Zeitlupentempo ablaufenden Zusammenprall der Afri­kani­schen mit der Eurasischen Kontinentalplatte.
Trinakria - drei Beine für Sizilien
Trinakria („Dreiecksinsel“) so schreibt der grie­chische Historiker Thu­ky­dides im 5. Jh. v. Chr. den alten Namen Siziliens. Ein Klick auf Google Earth, ein Blick in den Atlas zeigt, wie recht er hatte. „Drei Vorgebirge“ lautet eine andere Übersetzung: vor der Hafenstadt Marsala das Capo Lilibeo, Capo Passero (südlich von Noto) und Capo Peloro (bei Mes­si­na) sind zu erkennen. Trinakria, so heißt auch das uralte Symbol Sizi­liens, drei angewinkelte Beine, die um ein ge­flü­gel­tes Frauenhaupt lau­fen. Als Souvenir sieht man es überall. In grie­chischer Zeit eine grässli­che Gorgone mit Schlangenhaar, mutiert die Gestalt bei den Römern zur weizenumkränzten Getreidegöttin Ceres: geo­grafische Beschrei­bung, Sonnen-, Glücks- und Fruchtbar­keits­symbol in einem. Die Nor­mannen haben das Dreibein im Mittelalter auf die Isle of Man expor­tiert. Heute ziert es nicht nur die offizielle Flagge der Regione Sicilia, sondern auch die Uniformknöpfe der Beamten. Dabei ist die Trinakria einfach nur die beste Einladung für einen Wanderurlaub auf der Son­neninsel!
Norden/Monti Madonie (Link): Die Madonie-Berge (Provinz Pa­lermo), westlichster und höchster Teil des sizilianischen Apennin, er­heben sich als imposanter Kalkgebirgsstock im Süden Cefalùs (Tour 28). Ausgeprägten Karstphänomenen (Tour 30) und ihrem Fossilien­reichtum verdanken sie die Aufnahme in die Liste der European Geo­parks. Nach Süden fällt das Massiv zu den gips- und schwefelreichen Hochebenen Innersiziliens ab. Seit 1989 steht die einzigartige Natur- und Kulturlandschaft als „Parco delle Madonie“ unter Schutz. Wie ein Kranz umgeben sehenswerte Kunststädte das Gebirge. Schafzucht, die Quelle vergangenen Reichtums, ist nach wie vor von Bedeutung. Die Madonie-Berge beherbergen die artenreichsten Wälder des Mittel­meer­raums. Auf Wanderungen begegnen uns botanische Raritä­ten wie die Riesenstechpalmen auf dem Piano Pomo (Tour 31) oder die aus­schließlich im Vallone Madonna degli Angeli (Tour 29) noch vor­kom­menden Nébrodi-Tannen. Der 1.979 m hohe Pizzo Carbonara (Tour 30) ist nach dem Ätna der zweithöchste Berg Siziliens.
Nordosten/Monti Nébrodi (Link): Die waldreichen Nébrodi-Ber­ge (Provinz Messina), auch Caroníe genannt, erstrecken sich als Teil des sizilianischen Apennin parallel zur tyrrhenischen Küste zwi­schen den Peloritani-Bergen im Osten und den westlich anschlie­ßen­den Madonie-Bergen. Ihre weichen Konturen verdanken sie dem Flysch (Tone, Mergel und Sandstein). Der Hauptkamm ist von Buchen­wäl­dern über­zogen und steigt mit dem Monte Soro (Tour 32) bis auf 1.847 m an. Wo harter Kalkdolomit ansteht, wie z. B. bei Alcara Li Fusi (Tour 33), nimmt die Landschaft dramatische Züge an. Die Nébrodi-Berge sind reich an Wasser, der Lago Biviere (Tour 32) ist der größte Bergsee Si­zi­liens. Die Weidewirtschaft ist nach wie vor ausgeprägt, und auf Wan­de­rungen, aber auch auf Straßen, trifft man häufig auf Rin­der, Schafe, San-Fratellani-Pferde oder schwarze Nébrodi-Schweine. 1993 wurde mit 86.000 ha der „Parco dei Nébrodi“ als eines der größten Na­tur­schutz­gebiete Europas ausgewiesen.

Dicht an dicht drängen sich auch die Häuser von Gangi

Zentrum/Monti Erei (Link): Die Monti Erei, ein Mittel­ge­bir­ge im Zentrum der Insel (Provinz Enna), bilden die Wasserscheide zwi­schen Ionischem und afrikanischem Meer. Ihr Name leitet sich vom griechischen Wort für Wolle ab. Die historische Bedeutung der Schaf­zucht belegt auch das dichte Netz alter Trazzere (Tour 34), ehema­lige Fernweidewege, die hier oft dem Verlauf antiker Straßen folgen. Schroffe Felszüge aus Sand­stein­kon­glomeraten erheben sich über Acker- und Weideflächen. Der leicht zu bearbeitende Stein be­güns­tigte die Anlage antiker Nekropolen, arabischer Höh­lenhäuser und mit­telalterlicher Fels­kirchen. In Sperlinga und Regiovanni (Tour 34) wur­den komplette Burgen aus dem Sandsteinfels gehauen. Der Monte Altesina (Tour 35) ist mit 1.192 m die höchste Erhebung der Erei-Berge, den Arabern diente er im Mittelalter als zentraler Peil­punkt bei der Vermessung Siziliens. Der Monte Altesina und die Rocca di Cerere in der südlich gelegenen Provinzhauptstadt Enna stehen auf der Liste der Europäischen Geoparks.
In Enna lag in der Antike das Haupt­heiligtum der Ge­trei­de­göt­tin Ce­res (Demeter). Immer noch überziehen endlose Hart­wei­zenfelder das hü­ge­lige Lan­des­inn­ere. Als Altopiano gessoso-solfifero - gips- und schwe­fel­führendes Pliozäntafelland - kennen ihn die Geologen (→ Tour 18). In den 1970er-Jahren wurden die letzten Schwefelgruben still­ge­legt. Der auch landschaftlich faszinie­rende Parco Minerario Flo­ris­tel­la-Grot­ta­calda auf halber Stre­cke zwischen Valguarnera und Piazza Armerina er­schließt dieses wich­tige Wirtschaftskapitel. Tou­ris­ti­scher Haupt­an­zie­hungspunkt In­nersiziliens ist die römische Villa del Casale bei Piazza Armerina, ein UNESCO-Weltkulturerbe. Landschaft­lich reiz­voll und kaum besucht sind die nahe gelegenen Aus­grabun­gen von Mor­gantina.
Wetter und Wandersaison
Klima und Jahreszeiten: Sizilien ist von der Sonne verwöhnt, im sta­tistischen Mittel scheint sie an 2.500 Stunden im Jahr. Zum Ver­gleich: In Deutschland liegt die durch­schnitt­liche Sonnenscheindauer bei 1.550 Stunden pro Jahr. Das typisch mediterrane Klima Siziliens mit tro­cke­nen, heißen Sommern und mil­den, regenreichen Wintern wird durch geografische Gegebenheiten mo­difiziert. Während die Küs­ten im Winter quasi frostfrei bleiben, weist das Landesinnere der 25.703 km² großen Insel mit heißen Som­mern und kühlen Wintern be­reits kontinentale Züge auf. Wärmster Monat im Landesinneren ist der Juli (→ Diagramm „Ta­ges­tem­peraturen, Prizzi auf 1.034 m), an der Küste der August (→ Dia­gramm „Tagestemperaturen“, Palermo, Mes­si­na und
Pack die Badehose ein
Die beste Badezeit ist von Mitte Mai bis Ende Septem­ber, dann misst das Wasser­thermometer deutlich über 20 °C. Das Meer hält bis in den November annehmbare Bade­temperaturen.
Gela), was daran liegt, dass die Wassertemperatur im Au­gust ihr Maxi­mum erreicht. In Gebirgslagen über 1.200 m an der Nord­küste und am Ätna sind die Som­mer eher frisch und die Winter streng. Nie­der­schlag im Win­terhalbjahr fällt in Form von Schnee. Durch­ziehende Mittelmeertiefs ma­chen Dezember und Januar zu den nie­der­schlags­reichs­ten Mo­naten (→ Dia­gramm „Nie­derschlags­men­ge“). Da­zwischen gibt es aber auch­ im­mer wieder län­gere sonnige Perioden. So liegt z. B. im Januar die mittlere Son­nen­schein­dauer für Palermo bei 140 Stunden im Vergleich zu 65 Stunden in München. Nordsizilien empfängt deutlich mehr Niederschläge als das Inselin­nere und der Süden. Stau­nieder­schlag am Apennin macht Messina mit 832 mm pro Jahr zur regenreichsten Stadt Siziliens, am Ätna können Nie­der­schlags­höhen von 1.300 mm pro Jahr über­schrit­ten werden. Oktober ist der Monat mit den meisten Starkregen­fällen (> 20 mm/h), die v. a. die Ost­küste be­treffen.
Tageslängen Palermo
Tag
Sonnen­auf­gang
Sonnen­unter­gang
Tageslänge
Palermo
Kassel
15. Jan.
7.21 Uhr
17.10 Uhr
9:49 Std.
8:24 Std.
15. Febr.
6.58 Uhr
17.44 Uhr
10:46 Std.
9:58 Std.
15. März
6.20 Uhr
18.12 Uhr
11:52 Std.
11:45 Std.
15. April
6.32 Uhr
19.41 Uhr
13:09 Std.
13:49 Std.
15. Mai
5.56 Uhr
20.10 Uhr
14:14 Std.
15:36 Std.
15. Juni
5.43 Uhr
20.31 Uhr
14:48 Std.
16:34 Std.
15. Juli
5.56 Uhr
20.29 Uhr
14:33 Std.
16:08 Std.
15. Aug.
6.20 Uhr
20.02 Uhr
13:42 Std.
14:41 Std.
15. Sept.
6.47 Uhr
19.18 Uhr
12:31 Std.
12:46 Std.
15. Okt.
7.14 Uhr
18.30 Uhr
11:16 Std.
10:47 Std.
15. Nov.
6.47 Uhr
16.55 Uhr
10:08 Std.
8:55 Std.
15. Dez.
7.15 Uhr
16.48 Uhr
9:33 Std.
7:56 Std.
Alle Zeitangaben sind in MEZ bzw. MESZ (Monate April bis Oktober).Palermo: 38° 07' nördl. Breite, 13° 21' östl. Länge. Kassel: 51° 19' nördl. Breite.
Kleine Windkunde: Wenn in Über­gangsjahreszeiten und im Som­mer sich der Himmel bleigrau färbt, bläst der Schirokko aus Süd­ost. Der ursprüng­lich trocken-warme nordafrikanische Wüstenwind bringt roten Saharastaub, über dem Mittelmeer lädt er sich mit Feuch­tig­keit auf. Lang anhaltender Schirokko, der dann Wind­ge­schwin­dig­keiten von bis zu 100 km/h erreicht, behindert oft die Schifffahrt zwischen den Inseln. Im Sommer erhöht er die Wald­brandgefahr, die Höchst­tem­peraturen können dann über 40 °C liegen. Bei Hoch­druck­lagen sorgt der aus Südwest blasende Libeccio an der Westküste für eine an­ge­nehme Seebrise und eine leichte Landbrise im Osten. Der Maes­tra­le (Mistral) aus Nordwest bringt Polarluft in den Mit­tel­meer­raum. Die Tramontana, ein kühler trockener Nordwind, sorgt für klare Sicht und bestes Fotolicht.
Wandersaison: Mit Einschränkungen kann das ganze Jahr auf Sizi­lien gewandert werden. Sizilienreisender Goethe brachte seine Emp­feh­lung auf den Punkt: „im Frühjahr zum Staunen, im Herbst zum Ge­nie­ßen“.
Der Frühling beginnt zeitig im Februar mit der Mandelblüte. Von März bis Mai zeigt sich die Insel in vollster Blütenpracht, die „prima­vera siciliana“ ist sprichwörtlich. Muss man bis zum April noch mit ge­le­gentlichen Schauern rechnen (man sollte auch die Frage nach beheizten Unterkünften nicht vergessen), ist der Mai die vielleicht schöns­te Wanderzeit. Der Blütenreigen erreicht seinen Höhepunkt. Ein guter Reisemonat ist auch noch der Juni, man darf jedoch nicht allzu wärmeempfindlich sein. Spätestens im Juli sollte man Wan­de­run­gen am besten auf die frühen Morgenstunden oder in die hö­heren Gebirgslagen verschieben.

Am Ätna: Im Herbst leuchtet das Laub der Zitterpappeln (Tour 9)

Im Sommer muss man sich im Gebirge vor Hitzegewittern in Acht neh­men, v. a. am Ätna! Ab Mitte September bricht dann eine zweite sehr schöne Wandersaison an. Rein statistisch ist jedoch der Oktober der Monat mit den meisten Starkregenfällen.
Im Herbst, d. h. ab Oktober, werden die Tage zwar kürzer und die Dun­kelheit bricht ohne lange Dämmerung abrupt herein, allerdings ist es insgesamt deutlich länger hell als in Mitteleuropa (→ Tabelle „Ta­ges­längen). Mit Glück kann man noch im November und Dezem­ber eine Reihe schöner Sonnentage erleben, nach Regen ist die Fern­sicht phänomenal. Dezembertage mit 25 °C, wie sie der Autor 2009 er­lebt hat, dürften allerdings die Ausnahme sein.