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Über dieses Buch

Als Carens seinen Aufsatz in den 1980er Jahren verfasste, war Migration eigentlich kein Thema – und niemand wollte seinen Text, der inzwischen zum Klassiker geworden ist, veröffentlichen.

Die Realität hat sich seitdem erheblich verändert, und die Fragen, die Carens aufwirft, sind aktueller denn je: Mit welchem Recht erheben Staaten den Anspruch, darüber zu verfügen, wer sich auf einem bestimmten Fleck aufhalten darf und wer nicht? Was rechtfertigt die Gewalt, die tagtäglich gegen Menschen ausgeübt wird, die in der Hoffnung auf ein besseres Leben versuchen, vom globalen Süden in den globalen Norden zu gelangen? Lassen sich Einwanderungsbeschränkungen überhaupt auf eine Weise rechtfertigen, die mit dem Bekenntnis zur Freiheit und Gleichheit aller Menschen vereinbar ist? Oder sollten wir vielmehr anerkennen, dass es grundsätzlich das gute Recht jeder Person ist, selbst zu entscheiden, in welchem Land der Welt sie leben will?

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Fußnoten

Siehe Art. 13 Ziff. 1 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte vom 10. Dezember 1948: »Jeder Mensch hat das Recht auf Freizügigkeit und freie Wahl seines Wohnsitzes innerhalb eines Staates.« Völkerrechtlich verbindlich ist die innerstaatliche Bewegungs- und Niederlassungsfreiheit in Art. 12 Ziff. 1 des Internationalen Paktes über bürgerliche und politische Rechte vom 16. Dezember 1966 festgeschrieben: »Jedermann, der sich rechtmäßig im Hoheitsgebiet eines Staates aufhält, hat das Recht, sich dort frei zu bewegen und seinen Wohnsitz frei zu wählen.«

Siehe S. 20 f.

Miller, Einwanderung: Das Argument für Beschränkungen.

Oberman, Immigration as a Human Right.

Ebd.

Einen guten Überblick über die aktuelle Debatte gibt Dietrich (Hrsg.), Ethik der Migration: Philosophische Schlüsseltexte. Für eine Verteidigung der globalen Bewegungsfreiheit gegen Einwände aus der neueren Literatur siehe Brezger, Internationale Freizügigkeit als Menschenrecht, sowie Cassee, Globale Bewegungsfreiheit: Ein philosophisches Plädoyer für offene Grenzen.

Endnoten

Diese konventionelle Ansicht wird von der Select Commission on Immigration and Refugee Policy wie folgt ausgedrückt: »Unsere Politik muss sich – während sie Chancen für einen Teil der Weltbevölkerung schafft – an den grundlegenden nationalen Interessen des Volks der Vereinigten Staaten orientieren.« Aus U. S. Immigration Policy and the National Interest: The Final Report and Recommendations of the Select Commission on Immigration and Refugee Policy to the Congress and the President of the United States (1. März 1981). Die beste theoretische Verteidigung der konventionellen Ansicht (mit leichten Modifikationen) findet sich bei Walzer, Spheres of Justice, S. 3163. Einige Theoretikerinnen und Theoretiker haben die konventionelle Ansicht in Frage gestellt. Siehe Ackerman, Social Justice in the Liberal State, S. 8995, Lichtenberg, National Boundaries and Moral Boundaries: A Cosmopolitan View, und Nett, The Civil Right We Are Not Ready For: The Right of Free Movement of People on the Face of the Earth. Frederick Whelan hat diese Themen in zwei interessanten, bisher unveröffentlichten Aufsätzen ebenfalls untersucht.

Nozick, Anarchy, State, and Utopia, S. 1025, 88119.

Ebd., S. 108113. Bürger sind Nozicks Ansicht nach einfach Konsumenten, die sich unparteilichen, effizienten Schutz für ihre vorbestehenden natürlichen Rechte einkaufen. Nozick verwendet die Begriffe »Bürger«, »Klient« und »Kunde« austauschbar.

Nozick interpretiert das Locke’sche Proviso dahingehend, dass Eigentumsrechte an Land die Bewegungsfreiheit eines Individuums nicht derart einschränken dürfen, dass ihm die effektive Freiheit verweigert würde. Daraus resultiert eine zusätzliche Beschränkung der Möglichkeit, Fremde auszuschließen. Siehe ebd., S. 55.

Ebd., S. 320323.

Rawls, A Theory of Justice, S. 6065, 136142, 243248.

Ebd., S. 8 f., 244248.

Das Argument für ein globales Verständnis des Urzustands wurde am vollständigsten von Charles Beitz entwickelt. Siehe Beitz, Political Theory and International Relations, S. 125176, insb. S. 129136 und 143153. Für frühere Kritik an Rawls entlang derselben Linien siehe Barry, The Liberal Theory of Justice, S. 128133, und Scanlon, Rawls’s Theory of Justice, S. 1066 f. Für neuere Diskussionen siehe Richards, International Distributive Justice, und Beitz, Cosmopolitan Ideals and National Sentiments. Keine dieser Diskussionen untersucht die Implikationen eines globalen Verständnisses des Urzustands für das Thema der Migration im Detail, doch der neuere Aufsatz von Beitz spricht die Thematik kurz an.

Andere als freie und gleiche moralische Personen zu behandeln, bedeutet nicht, dass man zwischen Freunden und Fremden oder zwischen Bürgerinnen und Ausländerinnen überhaupt keinen Unterschied mehr machen könnte. Siehe dazu ausführlicher die Schlussfolgerungen [hier S. 42–44].

Rawls, A Theory of Justice, S. 136, 72; aus dem Engl. nach Rawls 1979, S. 159, 93.

Rawls, Kantian Constructivism in Moral Theory.

Ebd. Siehe auch Rawls, Justice as Fairness: Political not Metaphysical.

Vgl. Beitz, Political Theory and International Relations, S. 183.

Für den Vergleich zwischen innerstaatlicher und zwischenstaatlicher Mobilität siehe ausführlicher Carens, Immigration and the Welfare State.

Rawls, A Theory of Justice, S. 212 f.

Ebd., S. 213; aus dem Engl. nach Rawls, Eine Theorie der Gerechtigkeit, S. 242.

Für Statistiken zum gegenwärtigen und prognostizierten Ausmaß der Einwanderung in die USA siehe Teitelbaum, Right Versus Right: Immigration and Refugee Policy in the United States.

[Anm. d. Übers.: Die brain drain-Hypothese besagt, dass die Auswanderung hochqualifizierter Arbeitskräfte negative Auswirkungen auf die Herkunftsländer hat, weil sie zu einem Verlust an Humankapital führt.]

Zur tiefen Verwurzelung des Rechts auf Auswanderung in der liberalen Tradition siehe Whelan, Citizenship and the Right to Leave.

Rawls, A Theory of Justice, S. 325332.

Für neuere Diskussionen des Utilitarismus siehe Brandt, A Theory of the Good and the Right, Singer, Practical Ethics, Hare, Moral Thinking sowie Sen/Williams (Hrsg.), Utilitarianism and Beyond.

[Anm. d. Übers.: White Australia Policy ist die Bezeichnung für eine Reihe von Politikmaßnahmen, die das Ziel verfolgten, die Einwanderung von Nichtweißen insbesondere aus dem asiatischen Raum nach Australien zu verhindern.]

Für neuere kommunitaristische Kritik am Liberalismus siehe MacIntyre, After Virtue, und Sandel, Liberalism and the Limits of Justice. Für eine Kritik der Kritiker siehe Gutmann, Communitarian Critics of Liberalism.

[Anm. d. Übers.: Der ›Kommunitarismus‹ ist eine heterogene theoretische Strömung, die sich in erster Linie über eine gemeinsame Stoßrichtung der Kritik am Individualismus und Universalismus des ›liberalen Mainstream‹ definiert.]

Walzer, Spheres of Justice, S. 61; aus dem Engl. nach Walzer, Sphären der Gerechtigkeit, S. 105.

Walzer, Spheres of Justice, S. 5; aus dem Engl. nach Walzer, Sphären der Gerechtigkeit, S. 29.

Walzer Spheres of Justice, S. 33, 4548, 5561, 4244.

Ebd., S. 3639.

Ebd., S. 3941.

Ebd., S. 129164.

Ich behaupte nicht, dass diese Veränderungen in der Behandlung von Frauen, Schwarzen und Arbeitern durch die innere Logik des Liberalismus herbeigeführt wurden. Diese Veränderungen sind das Ergebnis von Veränderungen der sozialen Bedingungen und von politischen Kämpfen, einschließlich ideologischer Kämpfe, in denen Argumente über die Implikationen liberaler Prinzipien eine gewisse, aber nicht unbedingt eine entscheidende Rolle gespielt haben. Aus philosophischer Perspektive ist es jedoch wichtig zu verstehen, wohin Prinzipien führen, selbst wenn man nicht annimmt, dass menschliche Handlungen immer von den Prinzipien geleitet sind, zu denen sich Menschen bekennen.

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