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1. Auflage 2019
© 2019 WILEY-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim
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Das vorliegende Werk wurde sorgfältig erarbeitet. Dennoch übernehmen Autoren und Verlag für die Richtigkeit von Angaben, Hinweisen und Ratschlägen sowie eventuelle Druckfehler keine Haftung.
Korrektur: Harriet Gehring
Print ISBN: 978-3-527-53013-7
E-Book ISBN: 978-3-527-82424-3
Kaum eine Rechtsmaterie ist so komplex, so ideologisch aufgeladen und zugleich so interessant wie das Arbeitsrecht. Und als Autor hoffe ich natürlich sehr, dass die Leser meine Begeisterung für diese Materie teilen – vielleicht schon beim, spätestens aber nach dem Lesen dieses Buches.
Eines ist Arbeitsrecht jedenfalls ganz sicher nicht: praxisfern – ein Vorwurf, den Studenten nur allzu oft über die Ausbildung an den Hochschulen erheben und der sich zugegebenermaßen manchmal auch nur schwer widerlegen lässt.
Einen wesentlichen Teil unseres Lebens verbringen wir damit, „Geld zu verdienen“. Viele sicherlich (und hoffentlich) mit großem Spaß an der Arbeit. Aber letztlich geht es schlicht (auch) darum, seinen Lebensunterhalt bestreiten zu können. Und „Geld verdienen“ werden die meisten als Arbeitnehmer. Deren (Arbeits-)Leben wird durch das Arbeitsrecht geprägt sein, wie durch keine andere Rechtsmaterie: von der Bewerbung auf eine Stelle bis zur Beendigung des Erwerbslebens – und teilweise sogar darüber hinaus.
Aber selbst wenn Sie vorhaben, nach Ihrer Ausbildung selbstständig tätig zu sein: Sobald Sie Personal einstellen, wird das Arbeitsrecht auch für Sie zu einem ständigen Begleiter. Sie müssen wissen, wie Sie eine Stellenausschreibung gestalten müssen, welche Fragen Sie bei Bewerbungsgesprächen stellen dürfen, was Sie von einem Arbeitnehmer an Leistung verlangen und schließlich auch, wie Sie sich von Ihren Beschäftigten wieder trennen können.
Allerdings werden Sie als Arbeitgeber von den gesetzlichen Vorgaben nicht unbedingt begeistert sein. Denn Arbeitsrecht ist das Schutzrecht der Arbeitnehmer. Aber gerade deshalb sollten Sie es auch als (künftiger) Arbeitgeber sehr genau kennen.
Das Buch wendet sich an alle, die in kurzer Zeit die Grundlagen des Arbeitsrechts lernen wollen (oder müssen), um erfolgreich eine Klausur schreiben zu können. Ausgelegt ist es insbesondere für die Anforderungen an den Hochschulen für angewandte Wissenschaften und an den dualen Hochschulen. Es eignet sich aber auch für Studenten der Rechtswissenschaften, die schnell einen Überblick über die Materie gewinnen möchten.
Als Schnellkurs verzichtet dieses Buch bewusst auf die in den Rechtswissenschaften so beliebten Meinungsstreitigkeiten, also die Darstellung der unterschiedlichen Ansichten aus der Literatur und der Rechtsprechung der Instanzgerichte. Die Ausführungen orientieren sich fast ausschließlich an der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG). Meinungen aus der Literatur und die anderer Gerichte werden nur herangezogen, wenn es für das Verständnis des jeweiligen Problems erforderlich ist oder die obersten Arbeitsrichter dazu keine Entscheidung getroffen haben.
Die Ausrichtung auf die Rechtsprechung des BAG entspricht den Anforderungen, die die meisten Hochschulen für angewandte Wissenschaften und die meisten dualen Hochschulen in Klausuren an ihre Studenten stellen. In der Praxis muss man sich an dieser Rechtsprechung orientieren und auf die Anwendung des erlernten Wissens in der Praxis ist die Ausbildung an den genannten Hochschularten ausgerichtet.
Aber auch Studenten der Rechtswissenschaften ist zu empfehlen, sich zunächst mit der Rechtsprechung der obersten Arbeitsrichter zu befassen und sich bei der Einarbeitung darauf zu konzentrieren. Wer beim Autofahren (= Lernen) auf einer langen Strecke (= Studium) schnell und sicher an sein Ziel (= gute Noten) kommen möchte, sollte sich zuerst den Weg über die Autobahn (= die Rechtsprechung des BAG) anschauen, bevor er sich mit Abzweigungen befasst, die oftmals über Feldwege führen (= Meinungen aus der Literatur sowie der Instanzgerichte) und die zumeist ohnehin nur an die Autobahn (wieder: = die Rechtsprechung des BAG) angrenzen.
Das Arbeitsrecht ist ein Teil des Zivilrechts, das durch öffentlich-rechtliche Vorgaben modifiziert und ergänzt wird. Wer sich mit Arbeitsrecht beschäftigt, sollte daher die Grundlagen des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB), etwa zum Zustandekommen von Verträgen, zur Stellvertretung und zur Anfechtung, kennen.
An den Hochschulen wird dieses Wissen in aller Regel vor dem Arbeitsrecht vermittelt. Im vorliegenden Buch werden aber natürlich alle für das Verständnis notwendigen zivilrechtlichen Bestimmungen dargelegt. Unabhängig davon, ob Sie in Ihrem Studium bereits mit dem Bürgerlichen Recht konfrontiert waren oder nicht, sollten Sie die genannten Paragrafen unbedingt lesen. Und das gilt für alle in diesem Buch aufgeführten Rechtsnormen.
Auch wenn es beim Lernen oft anstrengend ist: Ein Blick ins Gesetz hilft bei der Rechtsfindung. In einer Klausur müssen Sie in der Lage sein, Fälle allein mithilfe der Gesetze zu lösen. Und nicht zuletzt sollte man sich bei juristischen Fächern auch darüber bewusst sein, dass man gar nicht alles wissen kann – aber oft auch gar nicht alles wissen muss. Es genügt häufig, wenn man weiß, wo es im Gesetz steht.
Das bedeutet auch, dass Sie beim Lernen und später in der Klausur einen aktuellen Gesetzestext brauchen. Sie sollten vorab an Ihrer Hochschule klären, ob Sie diesen kommentieren, also Worte hineinschreiben dürfen, oder z. B. lediglich Hervorhebungen (etwa Unterstreichungen) erlaubt sind.
By the way: Seien Sie nicht verwundert, wenn Sie beim Lesen eines Gesetzes feststellen, dass sich eine Norm seit Erscheinen des Buches geändert hat. Berücksichtigt sind alle Gesetzesänderungen bis zum 30. September 2018. Arbeitsrecht ist aber eine recht „schnelllebige Materie“, der Gesetzgeber ist auf diesem Gebiet aktiv wie in kaum einem anderen. Änderungen sind in den Gesetzestexten aber zumeist in einer Fußnote dargelegt und damit nachvollziehbar.
Das Buch soll einen schnellen Einstieg in das Arbeitsrecht möglich machen. Es soll das Grundwissen vermitteln und dem Leser ermöglichen, Fälle aus dem Arbeitsrecht zu lösen.
Besonderer Wert wurde darauf gelegt, dass die gesetzlichen Regelungen nicht nur dargestellt werden und ihre Anwendung erläutert wird, sondern dass auch das Verständnis für den Zweck und die Auswirkungen einzelner Regelungen geweckt wird. Verstehen kann man das „Schutzrecht der Arbeitnehmer“ nur, wenn man diese Hintergründe kennt.
Wie bei jedem Lehrbuch musste eine Eingrenzung des Stoffes erfolgen. Alle arbeitsrechtlichen Themen kann man in einem Buch nicht darstellen. Und in einem „Schnellkurs“ kann und soll natürlich auch nicht jedes Detail erläutert, sondern es sollen die klausurrelevanten Fragestellungen behandelt werden.
Das Buch umfasst alle wichtigen Themengebiete des Arbeitsrechts. Dargestellt werden sowohl das individuelle Arbeitsrecht, mithin die Rechtsbeziehungen des einzelnen Arbeitnehmers zu seinem Arbeitgeber, als auch das kollektive Arbeitsrecht. Zu Letzterem gehört insbesondere das Recht der Belegschaftsvertretungen, also der Betriebs- und Personalräte, das Recht der Koalitionen, also der Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände und das Arbeitskampfrecht. Im Anhang findet sich ein kurzer Überblick über die Arbeitsgerichtsbarkeit.
Welche Themengebiete Prüfungsgegenstand sind, unterscheidet sich von Hochschule zu Hochschule, im Jura-Studium häufig von Bundesland zu Bundesland. Teilweise wird das gesamte Arbeitsrecht geprüft, teilweise nur das Individualarbeitsrecht. Und oft beschränkt sich die Hochschulausbildung auch nur auf einzelne Themen aus den jeweiligen Bereichen.
Das Buch ist deshalb so aufgebaut, dass Sie sich systematisch die Grundlagen des gesamten Arbeitsrechts erschließen können. Sie können sich aber auch darauf beschränken, einzelne Themen (also z. B. das Individualarbeitsrecht oder auch nur das Thema Kündigung) anhand dieses Buches zu lernen. Die Darstellung ist jeweils in sich abschließend. Sollten Sie zum Verständnis eines Themas Informationen brauchen, die in anderem Zusammenhang dargestellt sind, wird darauf verwiesen.
Bei Verweisen innerhalb des Buch habe ich hinter der Kapitelnummer in Klammern die Überschriften zu der Stelle, auf die verwiesen wird, in absteigender Reihenfolge notiert.
Das Buch enthält neben den allgemeinen Erläuterungen auch Vertiefungshinweise, Beispiele und weitere Informationen, die das Verständnis erleichtern sollen.
Am Ende jedes Teils findet sich eine kurze Zusammenfassung der wichtigsten Inhalte sowie Prüfungsfragen. Sie sollten unbedingt versuchen, diese Fragen zunächst selbstständig zu lösen und erst danach in die Lösung am Ende des Buches schauen. Nur so können Sie prüfen, ob Sie das Gelesene auch gelernt haben.
Ein Lehrbuch zu schreiben ist eine Herausforderung – auch wenn es nicht das erste ist und man sich schon sehr lange mit einer Materie beschäftigt und diese lehrt. Umso wichtiger ist es, dass einem bei der Ausarbeitung jemand zur Seite steht, der weiß, wie man eine solche Herausforderung meistert.
In diesem Fall war das Herr Marcel Ferner, Lektor beim Wiley-VCH Verlag. Er hat die Ausarbeitung dieses Buchs von der Idee bis zur Drucklegung mit viel Geduld und Rücksichtnahme, großem Engagement und hoher fachlicher Kompetenz begleitet. Ihm sei an dieser Stelle sehr, sehr herzlich gedankt!
Gewidmet ist das Buch meinen Kindern Patrik, Marie und Christoph und meiner Frau Julia.
Arbeitsrecht wird zumeist als „Schutzrecht der Arbeitnehmer“ bezeichnet. Warum dieses Sonderrecht geschaffen wurde und welche Bereiche es erfasst, wird in diesem Kapitel gezeigt.
Nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit (BA) waren 2017 44,29 Millionen Menschen erwerbstätig. 36,97 Millionen sind Arbeitnehmer, 4,31 Millionen Selbstständige, die übrigen sind als Beamte (einschließlich Soldaten) tätig.
Das klingt auf den ersten Blick recht gut. Aber eben nur auf den ersten Blick. Schaut man sich die Zahlen der BA genauer an, ergibt sich ein deutlich düstereres Bild: Viele Erwerbsfähige haben keinen Arbeitsplatz, zahlreiche Arbeitnehmer sind nicht in sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnissen angestellt oder verdienen so wenig, dass sie mehrere Jobs brauchen, um ein ausreichendes Einkommen zu erzielen.
Nach der offiziellen Arbeitslosenstatistik waren im Jahresdurchschnitt 2,533 Millionen Menschen arbeitslos. 901.000 davon sind sogenannte Langzeitarbeitslose, das heißt, sie sind bereits länger als zwölf Monate ohne berufliche Beschäftigung.
Die Arbeitslosenquote betrug 5,7 %. Im Osten Deutschlands war sie mit 7,6 % deutlich höher als im Westen mit 5,3 %. Auf der Ebene der Bundesländer reicht die Spanne von 3,2 % in Bayern bis zu 10,2 % in Bremen. Der Anteil der Langzeitarbeitslosen an allen Arbeitslosen beträgt 35,6 %.
Um (etwas) mehr Transparenz zu schaffen, veröffentlicht die BA mittlerweile auch Daten zur sogenannten Unterbeschäftigung in Deutschland. In der Unterbeschäftigungsrechnung sind neben den Arbeitslosen die Personen enthalten, die an entlastenden Maßnahmen der Arbeitsmarktpolitik teilnehmen oder zeitweise arbeitsunfähig erkrankt sind und deshalb nicht als arbeitslos gezählt werden.
Auch in dieser Berechnung sind aber nicht alle Arbeitslosen bzw. Unterbeschäftigten berücksichtigt. Wie hoch deren Zahl tatsächlich ist, zeigt sich, wenn man die staatlichen Leistungen betrachtet, die an erwerbsfähige Menschen gezahlt werden.
Im Jahresdurchschnitt erhielten nach Angaben der BA 5,03 Millionen erwerbsfähige Personen Lohnersatzleistungen nach dem SGB III (Arbeitslosengeld I) oder Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für Arbeitssuchende nach dem SGB II (Arbeitslosengeld II). Nur 45 % davon (2,24 Millionen) gelten statistisch als arbeitslos. Die übrigen werden nicht in der Statistik aufgeführt, weil sie vorübergehend arbeitsunfähig sind, an Maßnahmen der Arbeitsförderung teilnehmen, eine Erwerbstätigkeit von mehr als 15 Wochenstunden ausüben, eine zulässige Einschränkung der Verfügbarkeit insbesondere wegen § 10 SGB II (z. B. Kindererziehung) vorliegt oder sie als ältere Arbeitslose nach Vorgabe des § 53a SGB II nicht in die Statistik aufgenommen werden.
Die Probleme am Arbeitsmarkt betreffen aber nicht nur Erwerbslose. Auch wer einen Arbeitsplatz hat, kann sich durchaus in einer schwierigen Situation befinden:
Die oben dargelegten Zahlen variieren von Jahr zu Jahr. Sie sind auch nur bedingt aussagekräftig, da sie die dahinterstehenden Einzelfälle nicht beleuchten können. Und sie werden je nach Interessenlage (also z. B. von Regierung und Opposition, Arbeitgeberverbänden und Gewerkschaften) naturgemäß unterschiedlich bewertet.
Eines aber zeigen sie sehr deutlich: Der Bedarf an Arbeitsplätzen ist selbst in wirtschaftlich starken Jahren erheblich höher als die vorhandenen Beschäftigungsmöglichkeiten. Das gilt nicht nur für Geringqualifizierte, sondern auch für Fachkräfte.
Vor diesem Hintergrund wird verständlich, warum ein demokratischer und sozialer Staat (Art. 20 Abs. 1 Grundgesetz (GG)) dem „freien Spiel der Kräfte“ nicht einfach seinen Lauf lassen kann: In einer (völlig) freien Marktwirtschaft bestimmt sich der Preis ausschließlich nach den Regeln des Marktes, also nach Angebot und Nachfrage. Ein Überangebot an Arbeitskräften hat danach zur Folge, dass der Preis, der für Arbeitsleistungen gezahlt wird, entsprechend sinkt.
Dem lässt sich auch nicht entgegenhalten, dass die Entscheidung, wer bei wem zu welchen Bedingungen arbeitet, in einer Marktwirtschaft dem freien Willen der Beteiligten obliegt. Diese Freiheit ist bloße Theorie, wenn man bedenkt, dass Erwerbstätigkeit für die meisten Menschen notwendig ist, um sich überhaupt eine Lebensgrundlage zu schaffen. Umgekehrt sind Unternehmen zwar auf Arbeitskräfte angewiesen, sie sind aber durch das Überangebot in einer erheblich stärkeren Verhandlungsposition.
In einer sozialen Marktwirtschaft versucht der Staat, einen Interessenausgleich zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern zu schaffen. Ziel ist es, die Vorzüge einer Marktwirtschaft zu erhalten, zugleich aber negative Folgen für die wirtschaftlich und sozial Schwachen abzumildern.
Ein wichtiges Instrument dafür ist – neben den sozialrechtlichen Bestimmungen – das Arbeitsrecht. Es umfasst die Summe aller Rechtsnormen, die sich auf die in abhängiger Arbeit geleistete Tätigkeit beziehen.
Das Arbeitsrecht ist einem steten Wandel unterworfen. Dieser ergibt sich zum einen durch den Wandel der Arbeitswelt selbst, die sich immer wieder neuen technischen und wirtschaftlichen Herausforderungen anpassen muss.
Zum andern geben die verfassungsrechtlichen Vorgaben dem Gesetzgeber einen weiten Ermessenspielraum. Er muss zwar Grundrechte wie die Berufsfreiheit (Art. 12 GG) und die Eigentumsgarantie (Art. 14 GG) sowie das Sozialstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 1 GG) beachten. Es obliegt aber weitgehend seiner freien Entscheidung, welche Bereiche er durch gesetzliche Vorgaben wie (mit-)gestaltet. Dabei treten allerdings oft ideologische Erwägungen und Klientelpolitik an die Stelle des in einer sozialen Marktwirtschaft anzustrebenden Ausgleichs der widerstreitenden Interessen.
Verstärkt wird die Dynamik des Arbeitsrechts durch die Rechtsprechung, insbesondere die des Bundesarbeitsgerichts (BAG). Ihr kommt eine deutlich größere Bedeutung zu als in anderen Rechtsgebieten, schon weil praxisrelevante Rechtsfragen (insbesondere das Arbeitskampfrecht) zum Teil überhaupt nicht einfachgesetzlich geregelt sind und die Arbeitswelt insofern durch reines „Richterrecht“ bestimmt wird.
Das deutsche Recht unterscheidet zwei große Bereiche: das öffentliche Recht und das Privatrecht.
Das Arbeitsrecht lässt sich keinem der beiden Bereiche eindeutig zuordnen. Einerseits ist es wesentlich durch vertragliche Vereinbarungen geprägt und damit dem Privatrecht zuzuordnen. Andererseits gehören zum Arbeitsrecht auch Regelungen, die dem öffentlichen Recht zuzuordnen sind. Dazu gehört insbesondere das Arbeitsschutzrecht.
Da die privatrechtlichen Elemente überwiegen, wird zumeist davon ausgegangen, dass das Arbeitsrecht ein besonderer Teil des Privatrechts ist, das durch öffentlich-rechtliche Vorschriften ergänzt wird.
Das deutsche Privatrecht ist durch den verfassungsrechtlich gewährleisteten Schutz der Privatautonomie geprägt. Gemeint ist damit das Recht des Einzelnen, im Rahmen der Rechtsordnung eigenverantwortlich rechtsverbindliche Regelungen zu treffen.
Zur Privatautonomie gehört insbesondere die Vertragsfreiheit, also das Recht, seine privaten Lebensverhältnisse durch vertragliche Vereinbarungen zu gestalten. Sie umfasst die Abschluss-, die Inhalts- und die Formfreiheit:
Da das Arbeitsrecht Teil des Privatrechts ist, gilt auch hier der Grundsatz der Privatautonomie und damit auch die Vertragsfreiheit. Sie ist allerdings durch gesetzliche, tarifliche und betriebliche Regelungen zahlreichen Einschränkungen unterworfen (vgl. § 105 S. 1 Gewerbeordnung (GewO)). Das gilt insbesondere für die Abschluss- und die Inhaltsfreiheit.
Die Abschlussfreiheit ist im Arbeitsrecht zum Teil mittelbar, zum Teil aber auch unmittelbar eingeschränkt.
Unmittelbar eingeschränkt ist sie zunächst in den Fällen, in denen Arbeitsverhältnisse kraft Gesetzes entstehen. Das ist insbesondere bei fehlerhafter Arbeitnehmerüberlassung und bei einem Betriebsübergang der Fall:
Unmittelbar eingeschränkt ist die Abschlussfreiheit auch in den Fällen, in denen ein sogenannter Kontrahierungszwang oder ein Wiedereinstellungsanspruch besteht.
Hier werden Arbeitgeber verpflichtet, mit bestimmten Personen ein Arbeitsverhältnis zu begründen. Dazu gehören insbesondere
Neben den unmittelbaren Einschränkungen gibt es auch mittelbare Einschränkungen der Abschlussfreiheit. Sie führen zwar nicht dazu, dass gegen den Willen des Arbeitgebers ein Arbeitsverhältnis begründet wird. Durch drohende Rechtsnachteile bei Zuwiderhandlung gegen gesetzliche Vorgaben soll aber die Entscheidung des Arbeitgebers für oder gegen bestimmte Personengruppen beeinflusst werden.
Zu diesen mittelbaren Einschränkungen gehören insbesondere:
Die Inhaltsfreiheit wird durch die gesetzlich festgelegten Mindestarbeitsbedingungen beschränkt. Von diesen kann in einem Arbeitsvertrag grundsätzlich nur zu Gunsten, nicht zu Lasten des Arbeitnehmers abgewichen werden.
Zu den arbeitsrechtlichen Gesetzen, die die Inhaltsfreiheit einschränken, gehören z. B.:
Das Arbeitsrecht wird herkömmlich in das Individualarbeitsrecht und das kollektive Arbeitsrecht unterteilt.
Zum Individualarbeitsrecht gehören insbesondere die gesetzlichen Bestimmungen, die die Entstehung und Beendigung von Arbeitsverhältnissen sowie die Rechte und Pflichten der Arbeitsvertragsparteien regeln. Dazu zählen z. B.:
Zu den wichtigsten Gesetzen des Kollektivarbeitsrechts gehören: