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Diabetes (Typ 2) ist heilbar!

Effektive Therapie und Ernährung bei Diabetes (Typ 1 und Typ 2)

Svea Golinske

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Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie. Detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Für Fragen und Anregungen

info@rivaverlag.de

Wichtiger Hinweis

Ausschließlich zum Zweck der besseren Lesbarkeit wurde auf eine genderspezifische Schreibweise sowie eine Mehrfachbezeichnung verzichtet. Alle personenbezogenen Bezeichnungen sind somit geschlechtsneutral zu verstehen.

Originalausgabe

2. Auflage 2022

© 2019 by riva Verlag, ein Imprint der Münchner Verlagsgruppe GmbH

Türkenstraße 89

80799 München

Tel.: 089 651285-0

Fax: 089 652096

Die Originalausgabe erschien 2018 im systemed Verlag.

Alle Rechte, insbesondere das Recht der Vervielfältigung und Verbreitung sowie der Übersetzung, vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (durch Fotokopie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme gespeichert, verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden.

Redaktion: systemed Verlag, Lünen

Fotografie, Rezepte: Tanja Major, Geiselhöring

Stockillustrationen: www.adobestock.com

Illustrationen: Dunja Ratner, Frankfurt

Umschlaggestaltung: rosavision, Simone Ruths

Umschlagabbildung: rosavision, Simone Ruths

Satz und Layout: A flock of sheep, Lübeck; Andreas Linnemann, München

Druck: Florjancic Tisk d.o.o., Slowenien

eBook: ePubMATIC.com

ISBN Print 978-3-95814-259-6

ISBN E-Book (PDF) 978-3-95814-260-2

ISBN E-Book (EPUB, Mobi) 978-3-95814-261-9

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Für Raoul, meine Eltern, Großeltern
und Kiki – ich habe so ein Glück, in den Herzen
der liebevollsten Individualisten
zu Hause zu sein!

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Die Autorin und der Verlag wissen darum, dass Typ-2-Diabetes nicht in jedem einzelnen Fall geheilt werden kann. Ebenso haben die Recherchen aber auch gezeigt: Je früher er erkannt wird, desto höher die Chance ihn mit der richtigen Therapie in die komplette Remission zu bringen und damit zu heilen. Wir – das heißt sowohl der systemed Verlag als auch Svea Golinske als Autorin – sind in unseren Recherchen stets um Seriosität bemüht. Dass Typ-2-Diabetes grundsätzlich heilbar ist, gilt mittlerweile als bewiesen. Damit so viele Menschen wie möglich darauf aufmerksam werden, sagen wir es mit dem Titel »Diabetes ist heilbar« frei heraus. An all jene Menschen gerichtet, deren Diabetes nicht heilbar ist, sei gesagt: Mit den richtigen Maßnahmen kann man den Erkrankungsverlauf jedoch entscheidend verbessern – sei es bei Typ-2ern auf Medikamente und/oder Insulin verzichten zu können und bei Typ-1ern eine Minimierung der Blutzuckerschwankungen zu erreichen. Sowohl Heilbarkeit als auch Verbesserungsmöglichkeiten des Erkrankungsverlaufes sind im Buch beschrieben.

Inhalt

Vorwort von Dr. Matthias Riedl

Vorwort der Autorin Svea Golinske

Was ist Diabetes?

Kohlenhydratstoffwechsel

Was unser Körper braucht und besonders »mag«

Übersicht: Mikro- und Makronährstoffe

Insulin und Kohlenhydrate – wenn das Verhältnis nicht stimmt

Diabetes – ein Name, unterschiedliche Erkrankungen

Symptome, die Hinweis auf Diabetes geben

Starker Anstieg von Diabetes- Erkrankungen und Möglichkeiten, dem entgegenzuwirken

Verantwortung der Nahrungsmittelindustrie

Faktencheck Zucker

Prävention von übermäßigem Zuckerverzehr – eine politische Aufgabe?

Die Zivilisationsgesellschaft: unbewegt, schwer und gestresst

Ungesundes Übergewicht erkennen

Geschichte und Status quo der Diabetes-Therapie

Diabetes-Therapie im Wandel

Kritischer Blick auf die aktuellen Diabetes-Empfehlungen

Offizielle Ernährungsempfehlungen im kritischen Fokus

Moderne Insuline und Medikamente – die neue Freiheit für ein gesundes, flexibles Leben mit Diabetes?

Fett

Nutrigenetik und Epigenetik – zwei Forschungsfelder liefern starke Hinweise für individualisierte Ernährungsempfehlungen

Der erstaunliche Status quo der Ernährungsempfehlungen

Mit wenig Insulin gesund ins hohe Alter – ein Beispiel für eine erfolgreiche Low-Carb-Ernährung bei Diabetes

Proteine

Problem: zu starre Empfehlungen für Makronährstoffe und ihre Verteilung

Ausblick

Belegt! Noch mehr Forschungs- und Behandlungsergebnisse für einen Paradigmenwechsel in der Präventions- und Diabetes-Therapie

Prof. Dr. Roy Taylor: »Diabetes ist heilbar«

Gastbeitrag: Typ-2-Diabetes – Ein »Walking-Deficiency«-Syndrom

Ausblick

Insulinparadies Deutschland

Systembedingter Insulinfokus in Deutschland – schlechte Chancen für Prävention und Heilung von Diabetes

Maßnahmen für eine sinnvolle Diabetes-Therapie

Die moderne Diabetes- Therapie – weniger Insulin, mehr Lebensqualität

Das große Problem mit den Makronährstoffvorgaben im Einzelfall

Möglichkeiten der Ernährungstherapie

Die LOGI-Methode: vielfältige und gesunde Ernährung bei Diabetes und Prädiabetes

Konkret: Pfeiler einer modernen Diabetes- Therapie – Ernährung und Sport

Ernährung – gesund mit Low-Carb im Alltag

Sport – gesünder durch mehr Bewegung

Exkurs Diabetes und Psyche

Rezept- Highlights mit wenig Kohlenhydraten

Salate und Suppen

Hauptgerichte

Desserts

Backen

Experten

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Vorwort von Dr. Matthias Riedl

Der Diabetes-Tsumani rollt über Deutschland. Die Diabeteshäufigkeit erreicht jährlich neue Höchststände, bis über 15 Prozent in einigen Regionen. Vor 70 Jahren lag die Häufigkeit für Typ-2-Diabetes noch bei unter einem Prozent. Wie reagieren Kassen, Politik und Ärzteschaft auf diese »Eskalation«? Fast gar nicht. Oder doch: Immer mehr Diabetesmedikamente kommen zum Einsatz. Mittlerweile ist der Insulin-pro-Kopf-Verbrauch in Deutschland doppelt so hoch wie im Nachbarland Österreich. Zwar sind die Österreicher etwas schlanker, aber das kann den großen Unterschied nicht erklären.

Zwei wichtige Fakten werden im Medizinalltag immer wieder verdrängt oder schlicht ignoriert: Diabetes des Typs 2 ist heilbar und Insulin macht dick. Noch mehr Insulin macht also noch dicker, bis hin zur Invalidität. Das wird dann im deutschen Medizinbetrieb als unabwendbares Schicksal angesehen, so dass nur noch eine Übergewichtsoperation helfen kann, bei der schließlich der Magen nur noch einen Bruchteil (etwa 200 Milliliter) seines ursprünglichen Fassungsvermögens hat. Solch einer OP unterzog sich 2016 auch der Politiker Sigmar Gabriel. Unser Medizinbetrieb reagiert generell erst, wenn die Diagnose des Diabetes feststeht. Dabei gehen diesem Stadium viele Jahre des langsamen Verfalls der Bauchspeicheldrüse voraus. Eine wertvolle Zeitspanne, in der das Schicksal noch herumgerissen werden kann. In den frühen Stadien des Typ-2-Diabetes besteht noch eine Heilungschance von bis zu 70 Prozent! Danach sinkt sie langsam.

Der frühzeitige Einsatz einer Ernährungstherapie bei Diabetes ist in Deutschland noch weitgehend unbekannt. Und dass auch eine Insulinbehandlung weder der einzig mögliche Weg, noch eine Einbahnstraße ist, wissen noch weniger Ärzte und Diabetiker. 70 Prozent der Ärzte in Deutschland beklagen ihre eigene Unsicherheit im Umgang mit Übergewicht und einer entsprechenden Behandlung. Den Diabetikern steht währenddessen eine sich immer schneller drehende Spirale aus mehr Gewicht, mehr Insulin, mehr Gewicht und so weiter bevor. Genau das, was Sigmar Gabriel erlebte.

Jetzt muss er sich stets entscheiden, ob er ein Glas Wein trinkt oder eine Vorspeise wählt. Beides zusammen könnte den verkleinerten Magen überfordern. Vor seiner Magenoperation wurde er mit hohen Dosen Insulin behandelt und jeder konnte sehen, wie er unter dem zunehmenden Gewicht litt. Muss das so sein? Nein! Als Diabetologe und Ernährungsmediziner sowie in der NDR-Sendung »Die Ernährungsdocs« konnte ich vielfach das Gegenteil beweisen.

Warum viele Diabetiker in Deutschland falsch behandelt werden und unnötig leiden, erfahren Sie in der akribischen Recherche von Svea Golinske. Sie befragt unter anderem die Querdenker und Avantgardisten der deutschen Diabetologie und Ernährungsmedizin und stellt mit ihnen die aktuelle Diabetes-Therapie in Frage. Längst überfällige Ernährungsempfehlungen kommen auf den Prüfstand – mit erschreckenden Ergebnissen. Jahrzehntelang wurden Regeln befolgt, die schon längst nicht mehr haltbar sind. Und das ist leider immer noch Alltag in deutschen Praxen. Wir brauchen ein radikales Umdenken in der Diabetes-Therapie; sie muss vor allem um die moderne Ernährungstherapie erweitert werden. Hunderttausenden Menschen könnte so die Diagnose Diabetes erspart bleiben und Schicksale wie das von Sigmar Gabriel könnten verhindert werden.

Auch wenn Diabetes vom Typ 1 nicht geheilt werden kann, so profitieren die Betroffenen doch ebenfalls ganz erheblich von einer modernen Ernährungstherapie, dies zeigt die Verbesserung ihres HbA1c-Wertes deutlich. Das erlebe ich in meinem Behandlungsalltag und ich habe es ebenfalls in den Sendungen der NDR-Ernährungsdocs aufzeigen können. Auch hier liegt ein Potenzial, das leider bisher kaum zum Einsatz kommt.

Diabetes ist heilbar gebührt das Verdienst, die erste komplette Darstellung der gesamten Faktenlage und der dazugehörigen Implikationen zu sein, die den notwendigen Umbruch in der Diabetologie deutlich macht. Ich wünsche diesem Werk, das mir voll aus dem Herzen spricht, eine weite Verbreitung – vor allen unter Diabetikern, Ärzten und Politikern. Danke, Svea Golinske!

Matthias Riedl

Vorwort der Autorin Svea Golinske

Stellen Sie sich vor, es gäbe ein virtuelles Lämpchen, das immer, wenn Sie einen Fehler machen, rot vor Ihnen aufleuchtet. Einerseits praktisch, andererseits gruselig, denn es zeigt unentwegt das eigene Unvermögen. Ein bisschen so ist das auch mit Diabetes. Jeder zu hoch gemessene Blutzuckerwert zeigt mir: »Du hast beim Insulin-Spritzen, Essen, Bewegen was falsch gemacht.«

Wussten Sie, dass viele Diabetiker das Messen vernachlässigen oder gar ganz lassen? Nach dem Motto: Was man nicht sieht, ist auch nicht da ... Die meisten Menschen sind eben keine dauernden Kontrollfreaks – schon gar nicht, wenn es um sie selbst geht.

Wir sind Meister der Verdrängung und viele von uns zelebrieren geradezu einen gesundheitsschädlichen Lebensstil bis hin zum regelrechten Kontrollverlust: übermäßiger Alkoholkonsum, Rauchen, Unmengen an Zuckerkram essen – auch wenn wir eigentlich wissen, dass es ungesund und gefährlich ist. Ohne Diabetes kann es viele Jahre dauern, ehe man die Quittung für solche Fehler bekommt – einen fiesen Kater mal ausgenommen.

Diabetes zu haben und ihn zu kontrollieren, bedeutet hingegen, unmittelbar die Quittung für die eigenen Kontrollverluste – wie ein virtuell aufblinkendes rotes Lämpchen – vor sich zu sehen. Diabetes bedeutet, viel öfter ein schlechtes Gewissen zu haben, eben weil man seine Fehltritte nicht so effektiv verdrängen kann. Selbst wenn wir unseren Blutzucker nicht kontrollieren, spätestens beim Arzt nach der Langzeitzuckermessung, die den Durchschnittswert der letzten drei Monate abbildet, sehen wir unser Versagen schwarz auf weiß.

Nicht nur das, man könnte, wenn man sich trotz schlechter Werte gut genug fühlt, ja sagen: »Na und? Mir geht‘s gut, ich brauch keine gute Diabetes-Einstellung.« Aber ein Versagen im Sinne andauernd hoher Blutzuckerwerte heißt auch, mittelfristig die Gefahr für schwere Spätfolgen immens zu erhöhen.

Das bedeutet für Betroffene Angst, denn die Spätfolgen wären tatsächlich eine starke Einschränkung – für viele Menschen eine Vorstellung, die den Lebensmut rauben kann.

Ist Diabetes also die Krankheit der Entsagung, der dauernden Kontrolle, der Angst und der Verringerung der Lebensqualität?

Nach über zwei Jahrzehnten mit Typ-1-Diabetes kann ich mit gutem Gewissen sagen: nein! Denn was Diabetes hinsichtlich der eigenen Verantwortung definiert – nämlich, dass man selbst sehr viel Einfluss auf den Krankheitsverlauf hat – macht ihn zu einer Krankheit, über die man selbst Herrin oder Herr werden kann.

Typ-2-Diabetes, der über 90 Prozent der Diabetes-Erkrankungen in Deutschland ausmacht und vermutlich auch die meisten betrifft, die dieses Buch lesen werden, ist – und da beneide ich die Betroffenen schon ein bisschen – heilbar! Das ist keine Scharlatanerie, sondern eine bekannte Tatsache, die durch mehrere Studien und in der Praxis belegt wurde.

Leider spiegelt sich das Ziel, die Krankheit wieder loszuwerden, kaum im Behandlungsalltag wider. Die Weichen sind viel eher in die Richtung gestellt, mit Diabetes so »normal« wie möglich weiterleben zu können. Normal heißt in dem Fall, weiter unbewusst und zuckerreich essen zu können, einen inaktiven Lebensstil zu pflegen, sich nicht um Übergewicht zu scheren und damit auch die Diabetes-Erkrankung weiter zu manifestieren.

Was für ein Quatsch! Menschen mit Typ-2-Diabetes oder Prädiabetes haben die Chance auf ein Leben ohne Insulin und ohne Medikamente, nicht wenige sogar auf eine komplette Remission (Heilung) der Erkrankung. Als Minderheit mit Typ-1-Diabetes kann ich nur sagen, Leute, ergreift die Chance! Wäre ich Typ-2-Diabetikerin, hätte ich mit hoher Wahrscheinlichkeit bei meinem Lebensstil keinen Diabetes mehr und aus eigener Erfahrung kann ich sagen: An Lebensqualität und Genuss mangelt es mir mitnichten. Ich lebe weder ein Leben der Entsagung, noch der andauernden Selbstkontrolle.

Wer sich nicht bewegt und viel Süßkram, Chips, Nudeln, Brot und Pommes Frites isst, muss einiges ändern, das steht außer Frage. Die Möglichkeiten und Alternativen sind aber so vielseitig, dass das in keinster Weise wehtun muss. Ich finde, ein Leben ohne Typ-2-Diabetes, ohne Insulin, ohne Medikamente – und für uns »Typ-1-er« mit weniger Insulin und weniger Blutzuckerschwankungen – ist es doch wert, etwas zu ändern und damit das bedrohliche Damoklesschwert der Spätfolgen in weite Ferne zu schleudern, oder?

Darum habe ich Diabetes ist heilbar geschrieben – weil man etwas ändern kann und dies eben nicht bedeutet, seine Freiheit und Lebensqualität aufzugeben. Meiner Erfahrung nach ist es das Gegenteil, man kann nur gewinnen: mehr Gefühl für sich selbst und den eigenen Körper, mehr Lebensqualität, mehr Genuss und vor allem gewinnt man mehr vom eigenen Leben.

Diabetes ist heilbar ist aber keineswegs ein Selbsterfahrungsbuch. Ich lebe nur zufällig selbst nach dem, was nach aktuellem Forschungsstand für Menschen am sinnvollsten ist, die Diabetes vermeiden, wieder loswerden oder besser damit leben möchten. Den offiziellen Empfehlungen entspricht mein Ernährungsstil jedoch nicht. Vor über 10 Jahren habe ich damit angefangen und von meinen behandelnden Ärzten zwar kein Veto gehört, vielmehr ein: »So lange der HbA1c-Wert gut ist – ohne viele Unterzuckerungen – machen Sie es so, wie Sie sich wohlfühlen«; empfohlen hat mir jedoch niemand, mich so zu ernähren!

Nun bin ich seit meinem 12. Lebensjahr Typ-1-Diabetikerin, habe mich auf meinem Studienweg zur Politikwissenschaftlerin bereits auf Gesundheit spezialisiert und schreibe als Journalistin fast ausschließlich über Gesundheitsthemen. Als passionierte Sportlerin und Ernährungsinteressierte beschäftige ich mich gerne detailliert mit den dazugehörigen Fragen. Da fiel mir die Emanzipation von den gängigen Diabetes-Ernährungsvorgaben nicht besonders schwer.

Was aber, wenn jemand, der in einem ganz anderen Bereich spezialisiert ist – was für die Mehrzahl der Menschen gilt –, zum Arzt kommt und die Diagnose Diabetes oder Prädiabetes inklusive des Ernährungsempfeh-lungs-Mainstreams hört? Genau hier liegt das Problem, denn diese Empfehlungen sind, ketzerisch gesagt, »Diabetiker-feindlich« oder andersherum ausgedrückt »Diabetes-freundlich« dahingehend, dass die Krankheit eher manifestiert als geheilt wird und Insulininjektionen nötiger werden.

Die Frage, die ich mir vor über zehn Jahren gestellt habe, die zu der Umstellung meiner Ernährung führte, ist zugleich eine der Kernfragen meiner journalistischen Arbeit zum Thema Diabetes:

Warum sollen Menschen mit Diabetes, die ein Problem mit der Verstoffwechslung von Kohlenhydraten (Zuckern) haben, ausgerechnet am meisten von diesem Makronährstoff zu sich nehmen?

Die gängige Antwort lautete lange Zeit, dass Fett und Eiweiß (die anderen beiden der insgesamt drei Makronährstoffe) im Vergleich wesentlich restriktiver zu genießen seien, da sie – vor allem für Diabetiker – verschiedene Gesundheitsgefahren bergen würden.

Dieses Jahrzehnte andauernde Mantra der Ernährungsempfehlung ist aber falsch!

Um eine durch Selbsterfahrung fundierte Erkenntnis wirklich weitergeben zu können, bedarf es weiterer Fakten – und die gibt es zuhauf. Daher habe ich für Diabetes ist heilbar mit 13 nationalen und internationalen Experten gesprochen, viele davon Professoren und Ärzte, Studien gelesen, zusätzlich mit anderen Betroffenen gesprochen und mehr herausgefunden, als ich erwartet hatte. Nämlich, dass es an der Zeit für einen grundlegenden Paradigmenwechsel in der Diabetes-Therapie ist – und dies vor allem hinsichtlich der Ernährung.

Ich kann es nur wiederholen: Mit den richtigen Maßnahmen kann man in vielen Fällen die Erkrankung eines Prädiabetikers aufhalten, als Typ-2-er kann man sie wieder loswerden oder auf Medikamente, vor allem auf Insulin, verzichten und wir Typ-1-er können Schwankungen stark minimieren.

Dass in den wenigsten Köpfen verankert ist, dass Diabetes (Typ-2) auch heilbar ist, ist eigentlich skandalös. Das Tolle an den Fakten, die dies beweisen, ist: Sie sind logisch! Anders als das mir unentwegt unlogisch vorkommende Credo, vor allem Kohlenhydrate zu essen, sind die Tatsachen, die sich bei meinen Recherchen herauskristallisiert haben, endlich einleuchtend.

Je nachdem, wie viel oder wenig Vorwissen Sie über Makronährstoffe (Kohlenhydrate, Fett und Eiweiß) und über Grundlagen der Diabetes-Therapie mitbringen, werden die ersten Seiten von Diabetes ist heilbar Sie womöglich etwas herausfordern. Wenn man sich da jedoch einmal durchgebissen hat, ist man mit dem Rüstzeug zum Verständnis der weiteren Ergebnisse ausgestattet. Diese sind Ihre Basis, Ihr Grundstein an Wissen für ein gesünderes Leben mit Diabetes oder auf dem Weg dahin, ihn wieder loszuwerden. Und wenn Sie, wie ich, ein alter Hase in Sachen Diabetes und Makronährstoffe sind, dann werden sie die ersten Seiten wie im Flug lesen.

Wichtig für Menschen, die Diabetes vermeiden, ihn loswerden oder besser mit ihm leben wollen, sind vor allem die späteren Kapitel: wenn es um die spannenden Ergebnisse zur Heilung geht – vor allem für Typ-2er –, wenn es um unser Gesundheitssystem in Sachen Diabetes und vor allem um die »Notwendigkeiten« der modernen Diabetes-Therapie geht und »last but not least«, wenn es darum geht, die Ergebnisse praktisch umzusetzen. Hier erwarten Sie konkrete Tipps und Anregungen.

Wenn Sie durch Diabetes ist heilbar das Wissen und damit die Macht für mehr Freiheit gewonnen haben, um besser mit oder ganz ohne Diabetes zu leben, hab ich mit diesem Buch erreicht, was ich mir gewünscht habe!

Svea Golinske

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WAS IST DIABETES?

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In diesem Kapitel erfahren Sie vor allem mehr über:

Es gibt verschiedene Typen von Diabetes. Allen gemein ist, dass aus unterschiedlichen Gründen dem Stoffwechsel kein oder nicht genügend des Hormons Insulin nutzbar zur Verfügung steht. Insulin ist vor allem dafür verantwortlich, aufgenommene Kohlenhydrate (verschiedene Zuckerformen) abzubauen. Ansonsten unterscheiden sich Diabetes-Typen teilweise immens voneinander. Das Spektrum reicht von einer Autoimmunkrankheit über eine Schwangerschaftsnebenerscheinung bis hin zur Zivilisationskrankheit.

Um Diabetes – unabhängig des Typs – zu verstehen, muss man das hauptverantwortliche Hormon in Sachen Diabetes verstehen, das Insulin, sowie den Hauptverantwortungsbereich des Insulins, den Kohlenhydratstoffwechsel. Insulin ist das entscheidende Hormon, das die meisten Kohlenhydrate im Körper verfügbar macht. Nachdem die Kohlenhydrate in ihre einfachste Form, die Glukose (Traubenzucker), aufgespalten werden, kommt das Insulin als Signalgeber ins Spiel. Es »meldet« den Glukosetransportern, die Glukose als Energie in die Zellen zu transportieren. Steht dem Körper zu wenig oder kein Insulin zur Verfügung, steigt der Blutzuckerspiegel.

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Kohlenhydratstoffwechsel

Insulin verstoffwechselt also Kohlenhydrate. Aber was ist mit Kohlenhydraten eigentlich alles gemeint? Kohlenhydrate bestehen aus Zuckermolekülen (daher wird auch häufig statt von Kohlenhydraten, einfach von »Zucker« gesprochen). Um die gestörten Wirkmechanismen, die für Diabetes verantwortlich sind, zu verstehen, müssen wir Kohlenhydrate (Zucker) in ihrer physiologischen Wirkung betrachten. Die meisten Zuckermoleküle sind Energie für den Körper, die je nach Zuckerart unterschiedlich schnell aufgespaltet und verarbeitet werden kann. Es gibt verschiedene Komplexitätsformen der Kohlenhydrate (siehe Seite 25 f). Das beutetet für unseren Körper, je nach Kohlenhydratform, unterschiedlich viel Aufwand, um sie physiologisch nutzbar zu machen und abzubauen.

Nehmen wir zum Beispiel ein Stück Vollkornbrot: Hier ist Zucker enthalten, und zwar nicht zu knapp. Im Vollkornbrot sind jedoch wesentlich komplexere Kohlenhydrate (Zuckerformen) enthalten, als etwa in einem Stück Würfelzucker, das aus Zweifachzucker in Form von Glukose und Fruktose besteht.

Die meisten Kohlenhydrate sind insulinrelevant – bis auf die Ballaststoffe, die zwar biochemisch betrachtet durch ihre Bausteine ebenfalls zu den Kohlenhydraten zählen, jedoch kein Insulin benötigen. Ballaststoffe sind vor allem in Gemüse, Samen, Nüssen und Vollkornprodukten mit hohem Schrotanteil enthalten. Sie werden physiologisch anders als Kohlenhydrate verstoffwechselt. Auf Nährwertangaben sind sie separat und nicht als Kohlenhydrate aufgeführt. Empfehlungen und Aussagen zu Kohlenhydraten in der Ernährung beziehen sich wegen der entscheidenden Unterschiede nicht auf Ballaststoffe, sondern auf alle anderen, und zwar die insulinrelevanten Kohlenydrate.

Alle Kohlenhydrate bestehen stets aus Kohlenstoff, Wasserstoff und Sauerstoff. Die verschiedenen Anteile dieser Bestandteile machen die Komplexität der Kohlenhydrate aus.

Insulin und die verschiedenen Zuckerformen (Kohlenhydratformen)

Die Art des aufgenommenen Zuckers hat unterschiedlich ausgeprägte Prozesse vor allem für den Insulinausstoß zur Folge, die auch für die Gesundheit relevant sind. Kohlenhydrate, die zu einem Anstieg des Blutzuckerspiegels in unserem Körper führen, können aus verschiedenen Zuckerformen bestehen. Das Vollkornbrot zum Beispiel enthält komplexe Kohlenhydratformen. Das bedeutet, sie sind langkettig und müssen zunächst aufgespalten werden, um die vom Insulin in die Zellen transportierbare Glukose zu erhalten.

Für unseren Körper bedeutet dies, dass der Blutzuckerspiegel nach dem Verzehr des Vollkornbrotes nicht sofort ansteigt, da die Spaltungsprozesse Zeit in Anspruch nehmen. Diese komplexen Kohlenhydrate werden daher nicht abrupt, sondern langsam, in einem relativ stetigen Verlauf für den Körper als Energie nutzbar. Der Blutzuckerspiegel wird in diesem Falle langsam erhöht.

Ganz anders verhält es sich, wenn wir z. B. ein Stück Traubenzucker (Einfachzucker) essen. Hier steigt der Blutzucker schon innerhalb weniger Minuten an, da der Körper nichts mehr aufspalten muss, also quasi nichts zu tun hat, außer die Energie mithilfe von Insulin in die Zellen zu schleusen. Entsprechend stößt der Körper hierzu das Insulin aus. Bei einer großen Menge wenig komplexer Zuckerformen bedeutet dies eine abrupte und hohe Bereitstellung von Insulin. Bei einem gesunden Organismus wird der Insulinausstoß dem Blutzuckeranstieg individuell durch physiologische Prozesse angepasst.

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Stellen wir uns nun zwei Kurven in einem Diagramm vor, so sehen wir, dass das Traubenzuckerplättchen den Blutzucker für kurze Zeit stark ansteigen lässt, während Vollkornbrot eine ebenere, dafür aber längere Wirkungskurve aufweist. Dies ist ein wichtiger Punkt, den wir uns für unsere tagtägliche Ernährung merken sollten. Hierin liegt auch begründet, warum Menschen mit Diabetes eine Vollwerternährung mit komplexen statt einfachen Kohlenhydraten empfohlen wird, denn abrupte und hohe Insulinausschüttungen führen in vielen Fällen nur kurze Zeit nach dem zuckerreichen Essen zu einem zu niedrigen Blutzuckerspiegel. Das kurzfristig benötigte Insulin wirkt nämlich auch nach dem Abbau der einfachen Zuckerformen noch.

Neben einer Unterzuckerung ist somit nicht selten auch Heißhunger die Folge. Eine gleichmäßige Einstellung ist so kaum möglich. Auch wegen dieser Prozesse gilt eine Ernährung mit vielen einfachen Kohlenhydraten als ungesund und Übergewicht fördernd. Ob jedoch die Alternative, eine an komplexen Kohlenhydraten reiche Ernährung, wirklich sinnvoll und zeitgemäß ist, vor allem bei Menschen mit Diabetes oder erhöhtem Diabetes-Risiko, ist ein zentrales Thema von Diabetes ist heilbar.

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Was unser Körper braucht und besonders »mag«

Dem Körper stehen drei Makronährstoffe zur Verfügung. Dieses sind die Kohlenhydrate (Zucker), die Lipide (Fette) und die Proteine (Eiweiß). Alle drei Makronährstoffe (siehe Seite 25 ff) – mehr sind es nicht – sind wichtig für eine langfristig gut versorgte und funktionierende Physis, wobei nur die Lipide und Proteine überlebenswichtig (essenziell) sind. Die Meinungen gehen auseinander, wenn es um die mengenmäßig optimale Verteilung der Makronährstoffe geht, es gibt jedoch viele Fakten, die den bisherige Empfehlungen widersprechen. Dazu später mehr.

Kohlenhydrate, die schnellen Energielieferanten

Die Aufgabe der Kohlenhydrate besteht darin, leicht verfügbare Energie zu liefern. Kohlenhydrate sind außerdem die direktesten Energielieferanten für unser Gehirn. Energie ist entscheidend dafür, den gesamten Körper am Leben zu halten. Aus dem Grund lagern wir auch Fett ein. Solche Lagerstellen können für eine spätere Energiebereitstellung genutzt werden. Unser Körper sorgt damit für »Dürreperioden« vor, die er »fürchtet«. Dieser Vorgang ist in unserem genetischen Code einprogrammiert und bei dem einen mehr, dem anderen weniger stark ausgeprägt.

Jeder der drei Makronährstoffe ist energierelevant. Um die Energie verfügbar zu machen, wird jedoch vor allem für Kohlenhydrate Insulin benötigt. Proteine benötigen nur zum Teil und entschieden weniger Insulin, und auch eine Aufnahme von Fett ist nicht unmittelbar mit einem Insulinausstoß des Körpers verbunden.

Energie aus aufgenommenen Kohlenhydraten wirkt am direktesten. Unter ihnen ist es der aufgespaltene einfache Traubenzucker, der am schnellsten »ins Blut geht« und als Energie verfügbar wird. Auch deshalb reagiert unser Körper mit mehr Appetit, wenn er etwas Süßes schmeckt. Unser Gehirn verarbeitet die süße Information im Mund und wittert schnelle Energie und verlangt nach mehr. Die Folge: Wenn wir ein Stück Schokolade essen, wollen wir meistens mehr davon vertilgen.

Ähnlich sieht die physiologische Präferenz übrigens bei Fett und Salz aus. Salz ist wichtig für den Flüssigkeitshaushalt des Körpers. Es bindet das Wasser und sorgt für seine Einlagerung. Wir bestehen immerhin zu einem Großteil (im Durchschnitt etwa zu 65 Prozent) aus Wasser, daher wird Salz von unserem Gehirn als elementarer Baustein angesehen. Mit salzigen Lebensmitteln verhält es sich deshalb ähnlich wie mit süßen: Beim Verzehr suggeriert unser Gehirn uns, davon mehr aufnehmen zu müssen, um eine Versorgung des Körpers sicherzustellen, selbst wenn wir schon ausreichend damit versorgt sind.

Dr. Matthias Riedl, geschäftsführender Direktor vom »medicum« Hamburg, das Diabetologie und Ernährungsmedizin mit anderen medizinischen Fachgebieten verbindet, spricht noch von einer weiteren verheerenden Nachricht an unser Gehirn durch süßen Geschmack: »Der süße Geschmack eines Nahrungsmittels enthält für das Gehirn auch die Information, dass es sich um ungiftige Nahrung handelt. Besonders in Zeiten, als wir noch als Jäger und Sammler unterwegs waren, war diese Geschmacksinformation wichtig. Heute in Zeiten industriell hergestellter Lebensmittel wird uns dieser ‚Süße-Instinkt‘ nicht selten zum Verhängnis.«

Was unser Gehirn nämlich leider nicht weiß ist, dass wir in einer Überflussgesellschaft leben und eine Dürre derzeit nicht abzusehen ist. Das heißt, der Körper neigt auch ohne Not zum Hamstern, Einlagern, Festhalten, zum Zu-viel-Aufnehmen – nur, um vorzusorgen. Gefährlich für die Gesundheit kann dieser Instinkt in Kombination mit dem Überangebot werden. Nehmen wir dieses Angebot zu reichlich und regelmäßig wahr, indem wir uns überernähren, so nehmen wir zu, da unser Körper nicht in der Lage ist, überschüssige Energie einfach auszuscheiden, wenn er sie erst mal aufgenommen hat. So kommt es heute oft zu einer Überversorgung, die gefährliche Folgen haben kann. Wir werden immer dicker und »fetter«.

Fett, das Multifunktionstalent

Damit wären wir bei einem weiterem von unserem Körper gern verzehrten Nahrungsmittel, das im Übrigen auch einer der Geschmacksträger für Speisen ist: dem Fett. Das in Verruf geratene Nahrungsfett ist jedoch anders als oftmals propagiert, nicht ungesund, im Gegenteil, es hat wichtige Funktionen für unseren Körper (mehr ab Seite 83).