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HIGHLIGHTS | GEHEIMTIPPS | WOHLFÜHLADRESSEN

Doch kein anderes Land liebe ich so sehr
wie Dich, mein Malta.
Kein Land ist so groß wie Du,
mag Dein Umriss auch klein sein.
Du bist groß an Geist und an Körper,
Um Deine Schönheit beneidet Dich
manch’ mächt’ges Land.

Dun Karm Psaila (1871-1961)

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INHALT

Das sollten Sie sich nicht entgehen lassen

Kennen Sie Malta?

RUND UM DEN GROSSHAFEN

1Valletta – Zentrum Republic Street

2Valletta – Oberhalb der Republic Street

3Valletta – Unterhalb der Republic Street

4Floriana – Pittoreske Vorstadt am Meer

5Birgu – Erste Johanniterstadt

6Senglea und Cospicua – Städte innerhalb der Cottonera-Mauern

7Fischerdorf Kalkara – Zwei Festungen, ein Filmstudio, eine Smart City

8Marsa und Paola – Sportmetropole und steinzeitliches Hypogäum

DER OSTEN

9Msida und Pietà – Im Marsamxett-Hafen

10Ta’Xbiex, Gzira und Manoel Island – Konträre Welten

11Sliema – Moderne Großstadt

12St. Julian’s – Metropole des Nachtlebens

DER SÜDEN

13Tarxien – Stadt der Steinzeittempel

14Zabbar – Die Wunder der gnadenreichen Madonna

15Zejtun – Die Olivenstadt mit der »Kathedrale des Südens«

16Marsascala – Die »abendliche« Ausgehmeile des Südens

17Marsaxlokk – Fischerdorf mit bunten Luzzi

18Rund um Delimara – Halbinsel mit weißen Klippen

19Qrendi, Hagar Qim und Mnajdra – Imposante steinzeitliche Baukunst

20Zurrieq – Übers Meer zur Blauen Grotte

21Birzebbuga – Stadt mit Containerhafen

DER WESTEN

22Siggiewi und Zebbug – Wo die Zeit still steht

23Der Buskett-Wald – Eine kleine grüne Oase

24Clapham Junction – Spuren einer anderen Zeit

25Dingli und Dingli Cliffs – Steilküsten mit Bilderbuchcharakter

DAS LANDESINNERE

26Attard, Lija und Balzan – Die »drei schönen Dörfer«

27Mdina – Die alte Adelsstadt

28Rabat – Zentrum des Paulus-Kults

29Rabat unterirdisch: Die Katakomben

30Mosta – Die Rotunde und das »Wunder«

31Naxxar – Prächtiger Palazzo Parisio

32Gharghur – Ursprüngliches Bauerndorf nahe der Victoria Lines

DER NORDEN

33Bugibba und Qawra – Moderne Bettenburgen

34Burmarrad – Das Winzerdorf und seine römische Villa

35St. Paul’s Bay – Wo der Apostel strandete

36Von Mellieha bis zur Golden Bay – Einmal quer über die Insel

37Mellieha – Strandparadies und Höhlenheiligtum

38Mgarr – Kaninchen, Erdbeeren und steinzeitliche Ruinen

39Von Mgarr zur Golden Bay – Küstenwanderung mit grandiosen Ausblicken

GOZO & COMINO

40Mgarr und Ghajnsielem – Moderne Hafenstadt mit alter Festung

41Nadur, Qala und Zebbug – Die Dörfer auf den Tafelbergen

42Xewkija – Gigantische Kuppelarchitektur

43Victoria/Rabat – Das Herz Gozos

44Die Zitadelle – Panoramablick vom Tafelberg

45Xaghra – Die Tempel der Gigantin

46Marsalforn – Bucht zum Baden und Tauchen

47Kercem, San Lawrenz, Gharb & Ghasri – Idyllische Bauerndörfer

48Xlendi in Munxar – Wo der Tourismus boomt

49Dwejra – Wildromantische Natur

50Comino und Cominotto – Die Kümmelinsel und das Felseninselchen

REISEINFOS

Malta von A bis Z

Festekalender

Kleiner Sprachführer

Für Kinder und Familien

Register

Impressum

MEHR WISSEN

DIE JOHANNITER

DIE KÜCHE

DER GLAUBE

DIE SPRACHE

GOZO: GRÜNE INSEL

MEHR ERLEBEN

VOM GLÜCK IN MALTA ZU LEBEN

EIN MALTA FÜR KINDER UND FAMILIEN

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Die Luzzi sind die traditionellen maltesischen Fischerboote.

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Kunst!

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Belebt und beliebt: Die Republic Street

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Trilitheingang des Ta’Hagrat Tempels

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Fangfrisch zubereitet!

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Das kalorienhaltige Kinnie, Maltas Nationalgetränk, ist recht erfrischend.

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San Niklaw Bay auf Comino

DAS SOLLTEN SIE SICH NICHT ENTGEHEN LASSEN

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Die »Schlafende Dame« aus dem Hypogäum

image Explosion barocker Erfindungsfreude – Die Co-Cathedral in Valletta (S. 29)

Beim Betreten der Johanniterkirche wird der Besucher vom Glanz der schönsten Kirche Maltas sofort überwältigt: Die kunstvollen Wandreliefs leuchten golden und schimmern mit den bunten marmornen Bodengrabplatten um die Wette. Originell sind auch die Grabmonumente in den Seitenkapellen. Entrückend aber ist die weltberühmte »Enthauptung des Johannes des Täufers« des italienischen Barockmalers Caravaggio.

image Begegnung mit der »Schlafenden Dame« im Museum (S. 29)

Maltas Steinzeittempel sind einfach grandios. Eine intimere Begegnung mit der alten Kultur ermöglicht aber ein abgedunkelter Raum im archäologischen Museum von Valletta: Dort schläft halbnackt eine nur zwölf Zentimeter große Dame mit enormen Hüften. Handelt es sich bei der vor über 5000 Jahren geschaffenen Terrakottafigur um eine Fruchtbarkeitsgöttin, oder repräsentiert sie den »ewigen Schlaf«? Sie ist sicher der schönste archaische Kunstgegenstand in ganz Malta.

image Baden im Mondschein in der Ghajn Tuffieha Bay (S. 214)

In den Sommermonaten ist an den kleinen Sandstränden Maltas immer viel los und manchmal ist kaum noch ein Liegeplatz zu finden. Schön wird es erst am Abend, wenn am Strand wieder Ruhe einkehrt. Die Ghajn Tuffieha Bay liegt einsam in der Landschaft, ohne einen Ort oder ein Hotel in unmittelbarer Nähe. Aus diesem Grund ist die Bucht perfekt für ein romantisches Badeerlebnis bei Mondschein.

image Feuerwerksspektakel in Lija (S. 163)

Ein spektakuläres Erlebnis bieten die sogenannten Ground Fireworks. Dabei handelt es sich ganz spezielle »Bodenfeuerwerke«. Die Feuerwerkskörper sind an Rädern befestigt, welche ihrerseits oben an Stangen hängen. Solche Lichtspektakel finden immer anlässlich einer Festa, also eines Heiligenfestes, statt. Es ist fantastisch zu sehen, wie ein Rad nach dem anderen anfängt, sich unter dem Beifall der Bevölkerung zu drehen, während die Flammen laut zischen. Das ganze Jahr über gibt es solche Feste, das berühmteste findet in Lija im Sommer statt.

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Über den Dingli-Klippen thront die Kapelle Santa Marija Maddalena.

image Rundgang über die Bastionen der Zitadelle von Gozo (S. 230)

Über Victoria erhebt sich eine von den Johannitern erbaute Zitadelle. Dort gibt es nicht nur interessante Museen zu besichtigen, sondern beim Rundgang entlang der mächtigen goldgelben Bastionen eröffnet sich ein atemberaubender Blick über die gesamte Insel Gozo. Wer Lust hat, nimmt ein Picknick mit und genießt die Aussicht bei einem Gläschen Gozo-Wein – ein kleiner Aufwand mit großer Wirkung!

image Die Maddalena-Kapelle bei Sonnenuntergang (S. 153)

Die höchste Erhebung Maltas ist der Berg Ta’Dmejrek (253 m) bei den Dingli-Klippen im Westen. Hinter der kleinen Santa-Marija-Maddalena-Kapelle gibt es eine Aussichtsplattform, an der sich tagsüber die Touristen drängen. Am Spätnachmittag aber, wenn die Sonne rot hinter der Insel Filfla versinkt, ist die landschaftlich reizvolle Gegend eine Oase der Ruhe und beschert ein Naturerlebnis ohnegleichen.

image Klippenwanderung im Frühjahr (S. 212)

Obwohl Malta ziemlich »zugebaut« ist, sind Naturerlebnisse doch möglich: In der Nähe des Bauerndorfes Mgarr liegt das grüne Tas-Santi-Tal, über dem sich ein Klippenpfad zur Golden Bay schlängelt. Von hoch oben genießt der Wanderer den Blick aufs Meer und kleine Buchten. Gerade im Frühjahr, wenn Safran, Iris, Sauerklee und Wildorchideen blühen und der Thymian duftet, ein unvergessliches Erlebnis! (siehe Kapitel 39)

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Das Wasser der Crystal Bay von Comino ist wirklich »kristallklar«.

image Mit dem Boot rund um Comino (S. 258)

Nirgendwo ist das Wasser so türkisblau und sauber wie um die kleine Kümmelinsel Comino herum. Was gibt es Schöneres, als im Sommer mit einem Boot um das Inselchen herumzutuckern? Dabei geht es auch hinein in die zahlreichen kleinen Grotten, in denen farbenprächtige Seeanemonen am Meeresboden wachsen. Und wenn es zu heiß wird, dann nichts wie direkt vom Boot ins Meer springen!

image Elegant Kaffeetrinken mit Traumblick (S. 212)

Über der Golden Bay, dem größten Sandstrand Maltas, erhebt sich das moderne Radisson Blu-Hotel mit seiner eleganten Mokka Bar. Auf einer traumhaften Terrasse mit Meerblick werden die ausgefallensten Kaffeespezialitäten und leckersten Kuchen offeriert. Einfach wunderbar zum Genießen. Mokka Lobby Bar & Terrace. www.radissonblu.com/de/goldensandsresort-malta

image Mittelalterfestival in Mdina (S. 171)

Jedes Jahr im April wird beim Mittelalterfestival die Vergangenheit von Maltas alter Hauptstadt wieder lebendig: Zwei Tage lang erklingt auf den Plätzen mittelalterliche Musik, Falken werden vorgeführt, und an Ständen werden Leckereien und Handwerksprodukte feilgeboten, wie es sie vor Hunderten von Jahren schon gab. Ja, und in den verwinkelten Gassen spazieren Menschen in historischen Kostümen … www.mdinamedievalfestival.eu

KENNEN SIE MALTA? Europas Brücke nach Afrika

Der winzige Archipel Malta zeichnet sich durch eine eigenartige Mischung zwischen arabischen, sizilianischen und englischen Einflüssen aus. Die Ursachen finden sich in Maltas einzigartiger Geschichte.

Von der Steinzeit bis zu den Arabern

Gegen 5200 v. Chr. kamen Menschen aus Sizilien auf die bislang unbewohnten Inseln. Im Zentrum ihres Lebens scheint der Kult der »Magna Mater«, der großen Mutter Erde, gestanden zu haben, für die sie großartige Tempel errichteten. Um 2400 v. Chr. ließen sich erneut Menschen auf dem maltesischen Archipel nieder. Sie errichteten ihre befestigten Siedlungen auf Anhöhen. Werkzeuge und Waffen aus Metall ersetzten die vorher üblich gewesenen aus Stein und Knochen. Auch die religiösen Bauten veränderten sich: Es entstanden nun sogenannte Dolmen. Ab der zweiten Hälfte des 8. Jahrhunderts v. Chr. begannen die Phönizier die maltesischen Inseln zu nutzen. Das alte Seefahrer- und Händlervolk aus dem heutigen Libanon kam nicht mit Siedlungsabsichten: Malta lag entlang ihrer Handelsrouten, weshalb sich die Inseln als Seestützpunkt und Überwinterungshafen geradezu anboten. Die Phönizier nannten Malta folgerichtig »Malet«, also Zufluchtsort. Während des Ersten Punischen Krieges (264–241 v. Chr.) griffen gegen 255 v. Chr. die Römer Malta an und verwüsteten es. Zur Einnahme der Inseln kam es erst zu Beginn des Zweiten Punischen Krieges (218–201 v. Chr.). Malta wurde nachfolgend in die römische Provinz Sizilien eingegliedert, die punische Kultur blieb aber weiter bestehen. In der Kaiserzeit scheint Melite – wie Malta nun hieß – prosperiert zu haben. Dies legen Überreste von Villen, Thermenanlagen und Katakomben nahe. Im 6. Jahrhundert wurde Malta im Zuge der Eroberung Siziliens dem byzantinischen Kaiserreich von Justinian (527–565) eingegliedert.

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Malteser lieben Umzüge und Kostümfeste.

Gegen 869/870 verwüsteten aus dem heutigen Tunesien kommende Muslime die Inseln, welche gemäß arabischen Quellen bis Mitte des 11. Jahrhunderts unbesiedelt blieben. Erst danach ließen sich etwa 5000, aus dem arabischen Sizilien stammende Muslime auf Malta und Gozo nieder. Mit »Madina«, dem heutigen Medina, entstand ein befestigter Hauptort. Darüber hinaus entwickelten sich verstreut über das Land liegende »Rahals«, also landwirtschaftliche Anwesen. Die Bevölkerung lebte hauptsächlich von Weidewirtschaft, Bienenzucht und dem Verkauf von Holz. Aus der arabischen Epoche stammen der Terrassenanbau und die Art, wie traditionell maltesische Bauernhäuser gebaut werden. Die meisten heutigen Ortsnamen wie auch die heutige Landessprache Malti sind arabischen Ursprungs.

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Schmiedeeiserner Türklopfer an der Eingangstür eines Palastes in Mdina

Von den Normannen bis zu den Johannitern

Im Jahr 1091 nahm der Normannengraf Roger I. (1031–1101) Malta ein. Er beschränkte sich auf die Einforderung von Tributleistungen, ließ die muslimische Bevölkerung ansonsten aber unbehelligt. Da sich die Muslime bald nicht mehr an die getroffenen Vereinbarungen hielten, musste Malta im Jahre 1127 von Rogers Sohn, Roger II. (1095–1154), erneut erobert werden. Auch unter König Roger II., der für seine religiöse Toleranzpolitik berühmt war, bestand der Islam weiter. Allmählich fasste nun aber auch das Christentum Fuß. Die schwäbischen Staufer, französischen Anjou, Aragonesen und Spanier, welche sich nachfolgend im Besitz Maltas befanden, lebten – genau wie die Normannen – selbst nicht auf den Inseln. Sie vergaben ihren Besitz entweder als Lehen an Ausländer oder behielten die Inseln als Kronbesitz und ließen sie von Beamten verwalten. Mitspracherechte hatten allerdings die beiden »Università« von Mdina und von Gozo, eine Art mittelalterliche Stadtparlamente, in denen die lokale Elite vertreten war. Mit Mdina, dem Kastell von Gozo sowie dem »Castrum maris« am Großhafen gab es drei große Festungen. Darüber hinaus existierten über das Land verstreute Weiler, in denen »biduini« genannte Bauern in primitiven Häusern oder Höhlen lebten und den kargen Boden bestellten. Das Hauptanbauprodukt bildete nach wie vor die für den Export bestimmte Baumwolle. Auf dem Gebiet der Religion setzte ein Wandel ein: Hatten noch Mitte des 13. Jahrhunderts Muslime den größten Bevölkerungsanteil gebildet, war der Islam Ende des Jahrhunderts nicht mehr präsent. Die Ursache liegt in den von Friedrich II. von Hohenstaufen ab 1224 veranlassten Repressionen, welche Muslime zur Konversion zum Christentum oder zur Abwanderung zwangen. Ab dem 14. Jahrhundert ließen sich erste Ordensgemeinschaften auf den Inseln nieder. Aus dem Mittelalter sind zahlreiche Bauwerke, vor allem die Adelspaläste in Mdina sowie verstreut über die Inseln zahlreiche Kapellen und Klöster erhalten.

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Kruzifix im Altarraum der Co-Cathedral

Die lange Herrschaft des Johanniterordens

Der spanische Kaiser Karl V. (1500–1558) überließ im Jahre 1529 dem Johanniterorden den maltesischen Archipel. Da die Johanniter hier nicht bleiben wollten und die Inseln nur unzureichend befestigten, waren sie schlecht gerüstet, als im Mai 1565 eine übermächtige türkische Flotte Malta belagerte. Es grenzt an ein Wunder, dass die Türken am 8. September 1565 unverrichteter Dinge abziehen mussten. Anschließend errichtete der Orden mit Valletta eine uneinnehmbare Festungsstadt und fand sich damit ab, in Malta zu bleiben. Die Inseln begannen unter den Johannitern, welche in ganz Europa über Besitz verfügten, zu florieren: Hatten sie sich anfangs noch auf militärisch nützliche Bauten konzentriert, so entstanden mit dem Nachlassen der Türkengefahr im 17. und vor allem 18. Jahrhundert prächtige Barockbauten. Spätestens jetzt setzte eine gewisse Dekadenz im Orden ein, der die Inseln im Jahre 1798 kampflos Napoleon Bonaparte (1769–1821) überließ. Nach über 250 Jahren zog der Orden ab.

Von den Franzosen zur britischen Kolonialzeit

Nach nur drei Monaten lehnten sich die Malteser gegen die Franzosen auf, welche sich hinter den schützenden Bastionen von Valletta verbarrikadierten. Vertreter des »Consiglio popolare«, eine Art maltesischer Volksversammlung, wandten sich an die vor Sizilien liegende und von Horatio Nelson (1758–1805) befehligte britische Flotte um Hilfe. Die Briten führten daraufhin erfolgreich eine Seeblockade Vallettas durch. Die Franzosen mussten Malta am 5. September 1800 verlassen, welches schließlich durch den Ersten Frieden von Paris (1814) zur britischen Kronkolonie wurde. Maltas Wirtschaft wurde fortan auf die britischen Handels- und Militärbedürfnisse ausgerichtet. Bereits Ende des 19. Jahrhunderts arbeitete die Mehrheit der Bevölkerung in britischen Militäreinrichtungen, der Kolonialverwaltung oder den Haushalten der Offiziersfamilien.

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Maltesisches Mädchen in Valletta

Während des Zweiten Weltkrieges wurde der Archipel von Deutschen und Italienern bombardiert und ein großer Teil des Landes zerstört. Die Briten waren nach Kriegsende nicht in der Lage, die versprochene Wiederaufbauhilfe zu leisten. Viele Malteser sahen in den 1950er-Jahren die einzige Lösung in der Emigration und wanderten nach Übersee aus, vor allem nach Australien, wo heute mit ungefähr 600 000 Menschen mehr Malteser als in der alten Heimat selbst leben. Da Großbritannien seine Position als Großmacht verlor, wurde Malta am 21. September 1964 in die Unabhängigkeit entlassen. Britische »Überbleibsel« in Malta heute sind der Linksverkehr, die roten Briefkastensäulen und Telefonzellen und nicht zuletzt die Tatsache, dass ein Großteil der Malteser neben der Landessprache Malti auch noch Englisch spricht.

Malta nach der Unabhängigkeit

Den verschiedenen maltesischen Regierungen ist es nach 1964 gelungen, die Probleme des Landes zu lösen und die Wirtschaft »auf eigene Füße zu stellen«. So implementierte die in den 1960er-Jahren regierende konservative Partit Nazzjonalista (PN) ein großangelegtes, staatliches Industrialisierungsprogramm, bei dem eine Reihe von Industriegebieten gebaut und ausländische Unternehmer erfolgreich mit Subventionen ins Land geholt wurden. Noch heute stellt die verarbeitende Industrie einen der Pfeiler der maltesischen Wirtschaft dar. Den Labour-Regierungen hingegen gelang es in den 1970er- bis Mitte der 1980er-Jahre den Lebensstandard der unteren sozialen Schichten durch die Einführung eines Systems der sozialen Absicherung deutlich zu verbessern. Außerdem wurde eine Tourismusindustrie aufgebaut, welche heute den wichtigsten Wirtschaftszweig bildet. Außenpolitisch schlug Malta nach dem Kuschelkurs des sozialistischen Premierministers Dom Mintoff (1916–2012) in den 1970er- und 1980er-Jahren mit Libyen, China und Nordkorea unter den konservativen PN-Regierungen ab den 1990er-Jahren proeuropäische Töne an, was im Jahre 2004 zum EU-Beitritt führte.

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Das hochmoderne Parlamentsgebäude stammt von Renzo Piano.

Klima, Geografie und beste Reisezeit

Das Klima ist typisch mediterran mit heißen Sommern und milden Wintern, wobei in den wärmsten Jahren noch bis in den Oktober hinein Badewetter herrscht. Da nur an ungefähr sieben Prozent aller Tage im Jahr kein Wind bläst, sind auch die Sommer einigermaßen erträglich. Die Wassertemperaturen liegen im Winter durchschnittlich bei 14, im Sommer bei 26° Celsius.

Die auf der afrikanischen Erdplatte – südlicher als Tunesien und Algerien – gelegenen Inseln sind nicht vulkanischen Ursprungs, sondern bestehen aus Sedimentärgestein. Der Westen Maltas wird von einer Steilküste, den Dingli-Klippen, dominiert, innerhalb derer der Berg Ta’Dmejrek (253 m) die höchste Erhebung darstellt. Die Ost- und Südküste sind flach und von zahlreichen Buchten geprägt. Gozos Westen verfügt mit den Ta’Cenc-Klippen ebenfalls über eine Steilküste, während der Rest der Insel von Tafelbergen geprägt ist. Flüsse und Seen gibt es auf den maltesischen Inseln keine, wenn sich im Winter auch die »Widien«, also Täler, mit Wasser füllen können. Das Trinkwasser kommt in Malta, dem wasserärmsten Land der Welt, aus Wasserreservoirs, Pumpstationen und Meerwasserentsalzungsanlagen.

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Alter Adelspalast nahe der Bastionen von Mdina

Flora und Fauna

Obwohl nicht viel unbebaute Natur übrig ist, weist der Archipel dennoch eine erstaunliche Pflanzenvielfalt auf. Es gedeihen nicht nur mediterrane Arten, sondern auch semi-endemische Pflanzen, welche sonst nur noch auf Sizilien vorkommen, wie etwa der Blaustern (Scilla sicula); rein endemische Spezies hingegen sind der Sandarakbaum oder die Steinflockenblume (Widnet il-Bahar).

Die vorherrschende Vegetationsform bildet die Garrigue, karge Steinfelder, auf denen hauptsächlich aromatische, mediterrane Kräuter wachsen. Die Macchie, welche ebenfalls eine Rolle spielt, zeichnet sich durch Pflanzen wie Ginster, den Mastixbaum, Wolfsmilchgewächse und Zistrosen aus. Die zahlreichen Küstenklippen, ferner die Wiedin genannten fjordähnlichen Täler, außerdem einige wenige Sumpfgebiete und Sanddünen bilden besondere Habitate z.B. für Strandflieder und Meerzwiebeln; in feuchten Tälern gedeihen das spanische Rohr und im Frühjahr der Aronstab; in Dünen hingegen der Salz-Alant und die seltene Trichternarzisse.

Kultiviert werden seit Jahrhunderten Pinien, Zypressen, Kaktusfeigen, Johannesbrotbäume und Rhizinus und an den Küsten häufig Tamarisken. Die häufigsten Nutzbäume sind der Öl-, Mandel-, Lorbeer-, Granatapfel-, Mispel- und Feigenbaum sowie Agrumen. Neben den einheimischen finden sich zahlreiche tropische und subtropische Arten wie Eukalyptus, Palmen, Akazien, Bougainvillea, Hibiskus, Agave, und im Frühjahr blüht der einst aus Südafrika eingeschleppte Sauerklee.

Zu den auf der Insel wild lebenden Tieren gehören Geckos und Chamäleons sowie harmlose Schlangen. Da viele einheimische Vögel ausgerottet wurden, sind heute vor allem noch Finken, Lerchen, Schwalben und die zum Nationalvogel erklärte Blaumerle anzutreffen. Da Malta an einem der Hauptkorridore von Afrika nach Mittel- und Nordeuropa liegt, sind im Frühjahr und Herbst auch Zugvögel zu sehen. Darüber hinaus gibt es zahlreiche Insekten, unter denen die schwarze Maltabiene (Apis mellifera ruttneri) erwähnt werden muss; denn sie scheint für den in der Antike so berühmten Maltahonig verantwortlich gewesen zu sein. Eine weitere maltesische »Spezialität« ist die auf Deutsch Pharaonenhund genannte Windhund-Art Kelbtal-Fenek (Kaninchenhund).

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Lunch mit Blick auf die Marsalforn-Bucht

Maltesische Lebensart

Spätestens seit den 1990-er Jahren lässt sich in Malta ein rasanter sozialer Wandel feststellen. Die traditionelle Lebensweise und Wertvorstellungen sind zwar nicht verschwunden, scheinen aber in Auflösung begriffen. Junge Frauen gehen heute selbstverständlich ohne männliche Begleitung aus, und die traditionelle maltesische Frauenbekleidung, die »Faldetta« bzw. »Ghonella«, welche einst für die Verhüllung der weiblichen Formen sorgte, sieht man nur noch in Museen.

Auch die Ausgehszene hat sich gewandelt. Früher frequentierten Männer die dörflichen Tavernen und sangen unter Gitarrenbegleitung die »Ghanijet«, die traditionellen Volkslieder. Zwischenzeitlich wird moderne Popmusik bevorzugt. Die »Ghana« ist heutzutage fast nur mehr bei touristischen Folkloreveranstaltungen anzutreffen. Moderne Pubs und Weinbars bestimmen zunehmend das Nachtleben. Das wichtigste soziale Ereignis im Jahr sind, allen Modernisierungserscheinungen zum Trotz, die sog. »Festi«, kirchliche Patronatsfeste mit Umzügen und Feuerwerken. Zunehmend erfreuen sich aber auch moderne Festivals großer Beliebtheit.

Steckbrief Malta

Lage: Der Archipel liegt in der Mitte des Mittelmeeres, 90 Kilometer südlich von Sizilien und 290 Kilometer östlich von Tunesien.

Fläche: Die Fläche beträgt 316 km2, wobei 246 km2 auf die Hauptinsel Malta, 67 km2 auf Gozo und 2,7 km2 auf Comino entfallen.

Einwohner: Auf den Inseln leben rund 424 200 Menschen, davon ca. 31 000 auf Gozo. (Stand 2015)

Hauptstadt: Valletta

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Amtssprachen: Zwar ist Maltesisch in der Regel die Muttersprache der Malteser; jedoch ist Zweitsprache Englisch, historisch bedingt, fester Bestandteil des öffentlichen Lebens. Nur die gebildeten Malteser sprechen auch Italienisch.

Währung: Euro (seit 2008)

Zeitzone: MEZ und MESZ von Frühsommer bis Herbst.

Geografie: Der Westen Maltas wird von einer Steilküste dominiert, während die Ost- und Südküste flach und der Norden hügelig ist. Gozos Westen verfügt ebenfalls über eine Steilküste, während der Rest der Insel von Tafelbergen geprägt ist und deutlich grüner ist als seine Schwesterinsel Malta.

Staat und Verwaltung: Malta wurde im Jahre 1964 unabhängig, wenn auch zunächst die Monarchie als Staatsform weiterbestand. Erst 1974 erklärte sich Malta mit einer Zweidrittelmehrheit des Parlaments zur Republik. An der Spitze des Staats steht seither der Staatspräsident. Der Ministerpräsident und das Kabinett bilden die Regierung, während das aus 65 Abgeordneten bestehende Einkammerparlament für die Gesetzgebung zuständig ist. Ab 1993 wurde in den zwischenzeitlich 68 Kommunen eine Lokalverwaltung eingeführt.

Wirtschaft und Tourismus: Die Mehrheit der Beschäftigten arbeitet im tertiären Sektor (73,9 %), hauptsächlich im öffentlichen Dienst und Dienstleistungsbereich, hier v.a. im Fremdenverkehr. Jährlich kommt über eine Million Touristen nach Malta! Daneben spielt die verarbeitende Industrie (24,7 %) eine große Rolle, während Landwirtschaft und Fischerei (2 %) unwichtig sind.

Religion: 98 % der Bevölkerung gehört der römisch-katholischen Kirche an, jedoch sind auch noch andere kleinere Religionsgemeinschaften präsent.

Bevölkerung: Mit einer Bevölkerungsdichte von 1300 Einwohnern pro km2 ist Malta das (nach Monaco) am zweitdichtesten besiedelte Land Europas und hat die fünfthöchste Bevölkerungsdichte unter den Staaten der Welt. 92 % der Menschen leben in den Städten. Der Anteil der registrierten Ausländer liegt bei knapp 5 %.

Geschichte im Überblick

Ca. 5200-2500 v. Chr. Erstbesiedlung und nachfolgend Entstehung der neolithischen Tempelkultur.

Ca. 2400 v. Chr. Neubesiedlung in der Bronzezeit und Entstehung befestigter Siedlungen.

ca. 800 v. Chr. Malta wird phönizischer Seestützpunkt, gegen 600 v. Chr. gerät es unter die Kontrolle Karthagos.

218 v. Chr. Eroberung durch Konsul Tiberius Sempronius Longus und Eingliederung in die römische Provinz Sizilien.

Zweite Hälfte 5. Jh. Über die »dunkle« Epoche ist wenig bekannt. Wahrscheinlich fällt Malta an die germanischen Vandalen und später die Ostgoten.

Ca. 535 Eingliederung in das byzantinische Kaiserreich.

869/870 Verwüstung durch arabische Aghlabiden, wahrscheinlich sind die Inseln danach unbewohnt.

ca. 1048/49 Neubesiedlung durch Muslime aus dem arabischen Sizilien.

1091 Unterwerfung durch den Normannengrafen Roger I., der sich auf Tributzahlungen beschränkt.

1127 Neueroberung durch Normannenkönig Roger II. Die muslimische Bevölkerung darf ihren Glauben weiter praktizieren, auch das Christentum fasst allmählich Fuß.

1194 Mit der Krönung des mit der sizilianischen Normannenprinzessin Konstanze verheirateten Staufers Heinrichs VI. zum König von Sizilien beginnt die Herrschaftszeit der schwäbischen Hohenstaufen.

1268 unterliegt Konradin von Hohenstaufen den französischen Anjou. Fortan regiert Karl von Anjou von Neapel aus sein aus Süditalien, Sizilien und Malta bestehendes Königreich.

1282 Die Anjou werden im Rahmen der Sizilianischen Vesper aus Sizilien vertrieben. Peter von Aragon wird zum König gewählt, womit auch in Malta die Herrschaftszeit der Aragonesen beginnt.

1525 Der spanische Kaiser Karl V. bietet dem Johanniterorden Malta als »ewiges Lehen« an, woraufhin er sich 1530 auf Malta niederlässt.

1565 Von Mai bis September belagert eine Übermacht von ottomanischen Türken erfolglos Malta.

17./18. Jh. Dank der extraterritorialen Besitzungen des Ordens prosperieren die Inseln.

6. Juni 1798 Napoleon Bonaparte zwingt Großmeister Ferdinand von Hompesch zur Kapitulation, woraufhin der Orden Malta verlässt.

2. September 1798 Die Malteser erheben sich gegen die Franzosen, welche sich nur in Valletta halten können.

1800 Admiral Horatio Nelson entsendet Sir Alexander Ball, welcher eine Seeblockade Vallettas organisiert. Am 5. September ziehen die Franzosen ab.

1802 Die Malteser unterstellen sich freiwillig der britischen Krone und werden Protektorat.

1814 Die europäischen Großmächte sprechen Malta im Ersten Frieden von Paris Großbritannien zu, das nun zu einer britischen Kronkolonie wird.

1921 Einführung der Dyarchie, also Zweiteilung der Macht zwischen dem britischen Gouverneur und der Kolonialverwaltung und einer von einer Minderheit der Bevölkerung gewählten, maltesischen Selbstregierung. Im Streitfall entscheidet der Gouverneur.

1940–1942 Während des Zweiten Weltkriegs wird Malta von Deutschen und Italienern bombardiert.

1946 Einführung des allgemeinen Wahlrechts und Entstehung eines Zweiparteiensystems. Seither wechseln sich die beiden großen Parteien, die Partit Nazzjonalista (PN, auch Nationalist Party) und die Malta Labour Party (MLP, Partit Laburista) an der Regierung ab.

1955 Um Maltas ökonomische Probleme zu lösen, strebt Premierminister Dom Mintoff (1916–2012) als führender Kopf der maltesischen Labour Party (MLP) eine Integration Maltas ins britische Königreich an.

1956 Das Integrationsreferendum scheitert. Die Labour Party hatte Malta in das britische Königreich integrieren wollen. Jetzt streben beide große Parteien die Unabhängigkeit an.

21.09.1964 Malta wird unabhängig, behält als Staatsform aber die konstitutionelle Monarchie bei.

1960er-Jahre Ausländische Unternehmen siedeln sich in Malta an, womit die Industrialisierung einsetzt. Allmählich beginnt sich auch der Tourismus zu entwickeln.

1970er-Jahre Etablierung eines Wohlfahrtsstaat, wodurch sich der Lebensstandard der unteren sozialen Schichten drastisch verbessert.

13.12.1974 Das Parlament votiert für die Republik als Staatsform.

31.03.1979 Abzug der letzten britischen Truppen.

2004 Malta wird Mitglied der EU Union auf Initiative der christdemokratischen Partit Nazzjonalista. 54 % waren für den Beitritt, 46 % waren dagegen.

2014 Mit Marie Louise Coleiro Preca wird eine erst 55-jährige Labour-Politikerin Staatspräsidentin. Sie tritt damit die Nachfolge von George Abela an (ebenfalls Partit Laburista).

2018 Valletta wird europäische Kulturhauptstadt.

RUND UM DEN GROSSHAFEN

1Valletta – Zentrum

2Valletta – Oberhalb der Republic Street

3Valletta – Unterhalb der Republic Street

4Floriana

5Birgu

6Senglea und Cospicua

7Fischerdorf Kalkara

8Marsa und Paola

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Kuppel der Karmeliterkirche neben dem Glockenturm der anglikanischen Kathedrale von Valletta

1 Valletta

Zentrum Republic Street

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Obwohl Valletta mit nur einem Quadratkilometer Fläche und 6600 Einwohner zu den kleinsten Hauptstädten der Welt zählt, wartet die alte Johanniterstadt mit vielen interessanten Museen, hübschen Kirchen und prächtigen Palästen auf. Nicht umsonst wurde die Stadt 1980 UNESCO-Weltkulturerbe. Die wichtigsten Sehenswürdigkeiten konzentrieren sich in der Triq ir-Repubblika oder Republic Street, dem pulsierenden »Herzen« der Stadt.

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Der Buttigieg-Francia Palace, auch Palazzo Ferreria, genannt, zweitgrößter Palast in Valletta

Die auf der einen Seite vom Marsamxett- und der anderen vom Großhafen umgebene Scibberas-Halbinsel, welche heute die Kapitale Maltas trägt, war bereits in der Bronzezeit besiedelt. Während der nachfolgenden phönizischen Periode wies vermutlich ein Leuchtfeuer an ihrer Spitze den Seefahrern den Weg. Schließlich leitet sich der Name »Scib-ir-ras« von »Feuer am Kopf« ab. Im Mittelalter wurde dann an dieser Stelle ein Wachturm gebaut, ansonsten scheint es keine Gebäude gegeben zu haben.

GUT ZU WISSEN

DIE EINTRITTE GEHEN INS GELD

Auch in Malta haben Museen, Kunstsammlungen und archäologische Zonen ihren Preis. Die staatliche Agentur Heritage Malta, welche für über 20 Sehenswürdigkeiten auf der Insel zuständig ist, offeriert mit Sammeltickets wie dem Heritage Malta Multiside Pass oder dem Family Pass interessante Vergünstigungen. Informationen über: www.maltaheritage.com

Der Grundstein des heutigen Valletta wurde am 28. März 1566 von Großmeister Jean Parisot de la Valette (1494–1568) gelegt. Nach der Großen Türkenbelagerung (1565) wurde mit einer weiteren Attacke gerechnet, daher sollte eine uneinnehmbare Festungsstadt entstehen. Bei diesem Projekt wurde der Johanniterorden von den europäischen Mächten, allen voran Philipp II. von Spanien (1527–1598) finanziell unterstützt. Papst Pius IV. schickte außerdem einen seiner besten Militärarchitekten, Francesco Laparelli (1521–1570), einen Schüler Michelangelos, welcher in nur drei Tagen auf dem Reißbrett den gitterförmigen, aus nur neun Längs- und zwölf Querstraßen bestehenden Grundriss entwarf. Danach wurde rasend schnell gebaut: Zuerst entstanden die Bastionen; anschließend sieben Johanniterherbergen; die Konventskirche; das Krankenhaus und der Großmeisterpalast. Bei den im Renaissancestil errichteten Bauten standen nicht ästhetische, sondern praktische Überlegungen im Vordergrund. Auf diese Weise entstand tatsächlich eine, wie Valletta damals genannt wurde, »Humilissima Civitas« (lat. »eine höchst bescheidene Stadt«), also eine in erster Linie militärisch nüchterne Stadt. Nicht zuletzt auch deshalb, weil Laparelli Malta bald verließ und die Arbeiten seinem weniger guten maltesischen Schüler, Girolamo Cassar (ca. 1520–1589), überließ.

Als die feindliche Bedrohung nachgelassen hatte, machte man sich ab dem 17. Jahrhundert an die »Verschönerung« der Stadt. Zwischenzeitlich hatte sich der Barock in ganz Europa durchgesetzt und die Johanniter ließen ihre Hauptstadt gemäß der neuen Mode umgestalten. Heute präsentiert sich Valletta als mit barocken »Perlen« durchsetzte Renaissancestadt mit beeindruckenden Palästen und prächtigen Kirchen.

Nicht verpassen

CARAVAGGIOS »ENTHAUPTUNG DES JOHANNES DES TÄUFERS«

Das vielleicht berühmteste Gemälde von Michelangelo Merisi (1571–1610), besser bekannt als »Caravaggio«, befindet sich im Oratorium der ehemaligen Konventskirche. Der italienische Frühbarockmaler, welcher nach einer gewalttätigen Auseinandersetzung in Rom, bei der es einen Toten gegeben hatte, nach Malta geflohen war, wurde dort von Großmeister Alof de Wignacourt (1547–1622) protegiert. Als Dank fertigte er die weltbekannte »Enthauptung des Johannes« (1608) an. Kurze Zeit später landete er nach einem Streit, bei dem ein Ritter verletzt wurde, in der Festung Sant’ Angelo, aus der er aber nach Italien fliehen konnte. Mit nur 39 Jahren starb der Maler im Jahre 1610 in Porto Ercole.

Oratory, St. John’s Co-Cathedral. Mo–Fr 9.30–16.30 Uhr, Sa 9.30–12.30 Uhr, St. John’s Street, Seiteneingang in der Republic Street, Tel. 21/22 05 36, www.stjohnscocathedral.com

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Rundgang Valletta

image Parliament House. Das Parlamentsgebäude (2011–2015) wurde von Renzo Piano entworfen.

image Ruins of the Royal Opera House. Das 1942 durch eine Bombe zerstörte Opernhaus (1866) wird heute für Open-Air-Veranstaltungen genutzt.

image Hastings Gardens. Der nach einem britischen Gouverneur benannte Garten befindet sich direkt auf den beiden Bastionen St. John und St. Michael.

image Museum of Fine Arts. Der Admiralspalast (16. Jh.) beherbergt das Kunstmuseum.

image Auberge d’Italie. In der ehemaligen Herberge der Ritter befindet sich das Tourismusamt.

image Palazzo Parisio. In dem ehemaligen Adelspalast (1740) ist das Außenministerium untergebracht.

image Ta’ Vittoria Church. Die Ta’ Vittoria Church (1566) ist das älteste Gebäude von Valletta.

image Auberge de Castille. In der ehemaligen Herberge der Ritter von Kastilien, Leon und Portugal befindet sich der Amtssitz des Ministerpräsidenten.

image Upper Barrakka Gardens/Saluting Battery. Der Garten aus der Johanniterzeit (1661) bietet den besten Blick über den Großhafen von Valletta.

image National Museum of Archeology. Die ehemalige Herberge (1574) der Ritter aus der Provence dient heute als archäologisches Museum.

image Malta Law Courts. Das in den 1960er-Jahren im klassizistischen Stil erbaute Gerichtsgebäude ersetzt die zerstörte Herberge der Ritter der Auvergne.

image St. John’s Co-Cathedral. In der ehemaligen Konventskirche (1573–1578, innen im 17. Jh. barockisiert) befindet sich Caravaggios berühmte »Enthauptung des Johannes des Täufers« (1608).

image National Library. Die Nationalbibliothek (1766–1796) birgt historische Urkunden.

image Grandmaster’s Palace. Der Großmeisterpalast (1571) ist Amtssitz des Ministerpräsidenten.

image Main Guard. Die Hauptwache (1603, Portikus von 1814) war Sitz des Wachpersonals des Großmeisters.

image Is-Suq tal-Belt. Im Marktgebäude (Mitte 19. Jh.) herrschte einst quirliger Betrieb.

image Casa Rocca Piccola. Der Palast (1580) der Adelsfamilie De Piro beherbergt allerlei Kuriositäten.

image Old University Building. Im Jesuitenkolleg (1592) befand sich einst die erste Universität Maltas.

image St. Paul Shipwreck’s Church. Die Barockkirche (1570) verfügt über eine vergoldete Statue sowie eine Reliquie des Apostels Paulus.

image Lower Barrakka Gardens. Im ehemaligen Exerzierplatz der Johanniterritter erinnert ein Tempelchen (1810) an Alexander Ball (1757–1809), den ersten britischen Hochkommissar.

image Siege Bell Memorial. Das Denkmal (1992) erinnert an die »Zweite Belagerung Maltas« (1940–42).

image Sacra Infermeria Hospital/Holy Infirmary. Das Johanniterkrankenhaus (1574) wurde 1920 in das Mediterranean Conference Centre umgewandelt.

image Fort St. Elmo. In der ehemaligen Johanniterfestung (1552) ist hier das National War Museum untergebracht.

image Auberge de Bavière. Ehemalige Herberge der Ritter (1596) der englisch-bayerischen Zunge.

image Auberge d’Aragon. Die ehemalige Herberge, einst Stützpunkt, der aragonesischen Ritter (um 1570), dient heute als Europaministerium.

image St. Paul’s Anglican Cathedral. Die anglikanische Kathedrale (1844) befindet sich an der Stelle der einstigen Herberge der deutschen Ritter.

image Basilica of Our Lady of Mount Carmel. Die Basilika (1958–1981) ersetzt Vorgängerbauten. Ihre Kuppel beherrscht die Silhouette von Valletta.

image Manoel Theatre. Das kleine Rokoko-Theater (1731–1732) dient heute als Nationaltheater.

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Geheimtipp

FARBENPRÄCHTIGE PARISER GOBELINS IM TAPESTRY ROOM

Anlässlich seiner Wahl schenkte der aragonesische Großmeister Ramón Perellos y Roccaful (1637–1720) dem Orden außerordentlich kostbare Tapisserien. Ihre exotischen Motive beruhen auf Gemälden, welche der niederländische Fürst Johann Mauritz von Nassau (1604–1679) Ludwig XIV. von Frankreich geschenkt hatte. Der Fürst war für eine Handelskompanie fast zehn Jahre lang als Gouverneur in Brasilien tätig gewesen. Das Leben in der Ferne hatte er von zwei Malern auf Leinwand bannen lassen. Der »Sonnenkönig« war von den Motiven so angetan, dass er sie ab 1687 in seiner Pariser Manufaktur herstellen ließ. Die maßgefertigten zehn Gobelins stellen den einzigen noch vollständigen Satz dieser Reihe dar.

The Grandmaster’s Palace. Mo–Fr 10–16.30 Uhr, Sa–So 9–16.30 Uhr, St. George’s/Palace Square, Tel. 21/24 93 49, www.heritagemalta.org

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Die berühmten Gobelins im Großmeisterpalast

Vom »großen Graben« zum archäologischen Museum

Nach der Überquerung von »the ditch«, dem großen Graben, durch den die Johanniter einst Wasser leiten wollten, um Valletta zu einer künstlichen Insel zu machen, befindet sich der Besucher in der Republic Street, Vallettas Hauptstraße. Die nur 975 m lange Straße durchzieht die Halbinsel der Länge nach mittig. Während der Geschäftsöffnungszeiten pulsiert hier das Leben, am Abend hingegen ist die Republic Street wie ausgestorben. Gleich nach den Bastionen befindet sich rechts das moderne – unter den Einheimischen umstrittene – neue Parlament (eröffnet 2015), ein 90 Millionen schweres Projekt des italienischen Stararchitekten Renzo Piano (*1937). Ihm schließen sich unmittelbar die Ruinen des von dem englischen Architekten Edward Middleton Barry (1830–1880) entworfenen und 1866 eingeweihten Opernhauses an. Der Bau war 1942 einer deutschen Bombe zum Opfer gefallen, die Überreste dienten bis vor wenigen Jahren als Parkplatz. Nachdem Renzo Piano auch hier Hand angelegt hatte, wird die Opernhausruine heute für Open-Air-Theaterveranstaltungen genutzt.

Nach wenigen Metern taucht auf der linken Seite das, in der ehemaligen Herberge der Provence (1574) untergebrachte National Museum of Archaeology auf. In verschiedenen Räumen wird im Erdgeschoss in chronologischer Reihenfolge die Entwicklung des Neolithikums auf Malta von der frühen Ghar-Dalam- bis hin zur späten Tarxien-Phase nachgezeichnet. Zahlreiche Exponate geben einen Einblick in das Leben der ersten Malteser: Tempelmodelle; Werkzeuge; Keramikgefäße und Grabbeigaben; dekorierte Altäre; steinerne Phalli und selbstverständlich die berühmten »Fat Ladies«.

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Das prächtig dekorierte Mittelschiff der St. John’s Co-Cathedral

Ob diese Steinskulpturen Göttinnen oder Priesterinnen darstellen, ist allerdings völlig unklar. Das »Juwel« des Museums ist die zauberhafte »Schlafende Dame«, eine nur zwölf Zentimeter große, über 5000 Jahre alte Terrakotta-Statuette. Im ersten Stock befinden sich die Bronzezeit sowie die phönizische Abteilung mit ebenfalls sehr interessanten Exponaten, beispielsweise dem ägyptisierenden Terrakotta-Sarkophag von Ghar Barka oder die Stele von Tal-Virtù mit phönizischen Schriftzeichen (7. Jh. v. Chr.).

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Großmeister Jean Parisot de La Valette auf dem St. Catherine’s Square von Valletta, in der Hand der Stadtplan seiner nach ihm benannten Stadt.

Von der Konventskirche zum Großmeisterpalast

Nach dem Museumsbesuch bietet sich eine kleine Stärkung in einem der vielen Cafés der Hauptstraße an, bevor es dann zur gegenüber dem Gerichtsgebäude gelegenen St. John’s Co-Cathedral (1573–1578) weitergeht, der prächtigen ehemaligen Konventskirche des Johanniterordens. Von außen weckt der schlichte Bau, welcher 1820 von Papst Pius VII. in den Rang einer Konkathedrale erhoben wurde – Kathedrale konnte die Kirche nicht mehr werden, weil es ja schon eine in Mdina gibt – keine großen Erwartungen. Umso mehr wird der Besucher vom goldenen Glanz der zwischen 1661 und 1666 von dem kalabresischen Maler Mattia Preti (1613–1699) im Barockstil umgestalteten Kirche überrascht: Von Preti stammen nicht nur die großartigen, das Leben und Martyrium des Johannes des Täufers, des Schutzpatrons des Ordens, darstellenden Malereien im Tonnengewölbe, sondern auch die Entwürfe für die von maltesischen Handwerkern kunstvoll aus Kalkstein herausgearbeiteten Wanddekorationen im Kirchenschiff sowie in den angegliederten Seitenkapellen. Jede gehörte einer anderen der »Zungen«, welche sich einen richtigen Wettbewerb um die schönste Kapelle lieferten. Wäre damals ein Preis ausgesetzt worden, hätte zweifellos die aragonesische »Zunge« gute Gewinnchancen gehabt: Nicht nur wegen des grandiosen, den heiligen Georg darstellenden Altargemäldes von Preti, sondern auch wegen der kunstvollen Marmorgrabmonumente der beiden Großmeister Nicolas Cottoner (1608–1680) und Ramón Perellos y Roccaful (1637–1720). In der ganzen Kirche ist immer wieder das Malteserkreuz zu sehen, welches übrigens auch das Stadtwappen von Amalfi ist. Kein Wunder, schließlich haben im frühen Mittelalter Kaufleute der Seerepublik das kleine Krankenhaus in Jerusalem finanziert, aus dem heraus sich der Kreuzritterorden entwickelt hat. Mehr als nur einen Blick wert sind die 375, aufwändig dekorierten Bodengrabplatten, unter denen sich die sterblichen Überreste von Rechtsrittern des Ordens befinden. An der unter dem französischen Großmeister De Rohan (1725–1797) von dem polnischen Architekten Stefano Ittar (1724–1790) erbauten National Library (1796) vorbei, in deren sehenswerten historischen Räumen die Schenkungsurkunde von Malta seitens Karl V. an den Johanniterorden aufbewahrt wird, geht es weiter zum Großmeisterpalast (1571). Nicht aber ohne vorher auf dem Republic Square einen Blick auf die britische Königin Victoria geworfen zu haben, deren Monument unübersehbar zwischen den Tischchen des Cafès Cordina thront.

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Das Piano nobile des Grandmaster’s Palace ist mit Großmeister-Porträts dekoriert.

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Der Tod des Dragut (1867), Giuseppe Cali im Museum of Fine Arts

Der Grand Master’s Palace, der sich um zwei Innenhöfe herum erstreckt, wurde bis in 18. Jahrhundert immer wieder umgebaut. Im ersten Stock beherbergt das Gebäude einige sehenswerte Räume: darunter den großen Ratssaal mit einem großartigen, von Perez d’Aleccio (1547–1616) geschaffenen Wandfries mit 13 Episoden der großen Türkenbelagerung sowie den Botschafter- und Pagensaal. Interessenten historischer Waffen können sich im Erdgeschoss in den ehemaligen Stallungen Pistolen, Schwerter, Kanonen und Rüstungen aus der Johanniterzeit ansehen. Teile des Gebäudes, welches in der Kolonialzeit Gouverneurspalast war, können nicht besichtigt werden, da sie dem maltesischen Staatspräsidenten vorbehalten sind.

Einfach gut!

DER PALAST DES MARQUIS DE PIRO

Nur wenige Meter vom Großmeisterpalast entfernt, findet sich die von außen recht schlichte Casa Rocca Piccola. Der Palast wurde 1580 als Stadthaus für Don Pietro La Rocca, den italienischen Admiral des Ordens, gebaut. Er geriet später in Privathand und befindet sich nunmehr seit drei Generationen im Besitz der alteingesessenen Adelsfamilie De Piro. In den mit antiken Möbeln, kostbaren Gemälden und Geschirr überreichlich bestückten Räumlichkeiten kann eine ganze Reihe von Raritäten bewundert werden: Besonders interessant ist – neben einem Schachspiel aus der Johanniterzeit – ein Set chirurgischer Instrumente, welches in der Johanniterzeit im großen Ordenskrankenhaus bei Operationen zum Einsatz gekommen ist.

Casa Rocca Piccola. Mo–Sa 10–16 Uhr, Republic Street 74, Tel. 21/22 14 99, enquiries@casaroccapiccola.com, www.casaroccapiccola.com

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Speisezimmer der adeligen Familie De Piro in der Casa Rocca Piccola