Über das Buch:
»Ihr seid zur Freiheit berufen«, heißt es in Galater 5,13. Doch leider merken wir davon in unserem Alltag oft nur wenig. Unser Leben gleicht eher einem Langstreckenlauf mit viel zu schwerem Gepäck. Die bekannte Autorin und Referentin Noor van Haaften zeigt auf, wie wir den inneren Ballast, den wir mit uns herumschleppen, identifizieren, loswerden und wirklich in das Leben eintreten können, das Gott für uns geplant hat.

Komplett überarbeitete und erweiterte Neuauflage

Über die Autorin:
Eleonore (Noor) van Haaften war einige Jahre in der christlichen Studentenarbeit in Österreich tätig und arbeitete dann als Redakteurin und Moderatorin beim niederländischen Rundfunk- und Fernsehsender EO. Seit 2002 beschäftigt sie sich hauptsächlich mit Vortragsreisen in Europa und dem Schreiben von Büchern und Artikeln.

Kapitel 6

Warum seid ihr besorgt?

Matthäus 6,28

Über den Ballast 

übermäßiger Sorge

Problem: Übermäßiges sich sorgen

Wieso Ballast: Weil übermäßiges sich sorgen uns daran hindert, Gott unbefangen zu vertrauen

Biblische Person: Das Volk Gottes

Der Weg zur Freiheit: Im Vertrauen zu Gott wachsen

Unser Helfer: Der Heilige Geist

Kernvers: »All eure Sorge werft auf ihn; denn er sorgt für euch« (1. Petrus 5,7; L).

Wer aber unter euch kann mit Sorgen seiner
Lebenslänge eine Elle zusetzen?

Matthäus 6,27

Trachtet aber zuerst nach dem Reich Gottes
und nach seiner Gerechtigkeit! Und dies alles wird euch
hinzugefügt werden.

Matthäus 6,33

Und siehe, ich bin bei euch alle Tage
bis an der Welt Ende.

Matthäus 28,20 (L)

All eure Sorge werft auf ihn; denn er sorgt für euch.

1. Petrus 5,7 (L)

Glücklich der Mann, der den Herrn
zu seiner Zuversicht macht.

Psalm 40,5

Euer Herz verzage nicht, fürchtet euch nicht
und ängstigt euch nicht (...) Denn der Herr, euer Gott,
er ist es, der mit euch zieht.

5. Mose 20,3f.

Fürchte dich nicht, denn ich bin mit dir!
Habe keine Angst, denn ich bin dein Gott!
Ich stärke dich, ja, ich helfe dir, ja, ich halte dich
mit der Rechten meiner Gerechtigkeit.

Jesaja 41,10

Und ob ich schon wanderte im finstern Tal,
fürchte ich kein Unglück; denn du bist bei mir,
dein Stecken und Stab trösten mich.

Psalm 23,4 (L)

Aber der Herr ist mit mir wie ein gewaltiger Held.

Jeremia 20,11

Solange wir auf dieser Erde leben, ist vieles unsicher und brüchig. Das vollkommene Paradies war einmal, heute leben wir in einer gefallenen Welt. Wir fühlen uns machtlos, weil wir immer wieder an unsere Grenzen stoßen und erfahren, dass wir das Leben nicht in der Hand haben bzw. es nicht steuern können.

In der Bergpredigt hat Jesus seinen Jüngern gesagt: »Seid nicht besorgt« (Matthäus 6,25). Er hatte sich mit ihnen in die Berge zurückgezogen, um ihnen eine eindringliche Lektion darüber zu erteilen, wie Menschen, die zu seinem Reich gehören, auf dieser Erde zu leben und zu reagieren haben. Dass es dabei auch um das Sichsorgen um alltägliche Dinge ging, zeigt, dass die Jünger dieses Gefühl persönlich kannten.

Wir begegnen in der Tat Momenten von Sorge und Angst im Leben dieser selbstbewussten Männer; denken wir nur an das hilflose »Was machen wir nun?«, als mehr als fünftausend hungrige Menschen auf einen Imbiss warteten, oder an das »Hilf mir, Herr, ich versinke!« von Petrus, der von Angst gepackt wurde, als er sich von hohen Wellen umgeben sah. Später, während seiner Rede auf dem Ölberg, sprach Jesus noch einmal ausschließlich zu seinen Jüngern. Diesmal ging es um größere Dinge als um das tägliche Brot oder hohe Wellen. Er schärfte ihnen ein, nicht in Sorge zu geraten und den Mut zu verlieren, wenn sich das Blatt einmal wenden würde: wenn das Leben schwierig werden würde und Leiden auf sie zukämen.

Wenn die Sorge über die Maßen wächst

»Seid nicht besorgt« und »Fürchtet euch nicht« sind Themen, die in Gottes Wort immer wiederkehren. Wir brauchen diesen Zuspruch dringend. Dazu müssen wir gar nicht weit gehen. Es gibt in unserem Alltag genügend Dinge, die besorgniserregend und beängstigend sind und bei denen wir uns nicht zu helfen wissen.

Wir liegen nachts wach im Bett und grübeln über einem Vorstellungsgespräch oder einem Examen, das uns bevorsteht, wir zerbrechen uns den Kopf über eine Versammlung, die wir leiten müssen, über ein formelles Essen, an dem wir teilnehmen müssen. Manchmal machen wir uns auch darüber Sorgen, was wir bei einer Feier oder einem Empfang anziehen sollen, sind beunruhigt über eine Reise, die wir machen wollen, über das Auto, das wahrscheinlich demnächst kaputtgeht, über das Haus, das wir einfach nicht verkaufen können, oder über unseren Schuldenberg, der ständig wächst. Unsere Sorgen können sich auf etwas beziehen, das vor uns liegt (werden wir es schaffen, bekommen wir es hin?), und sie können auch einer bestimmten Unsicherheit bezüglich unserer selbst gelten (wie komme ich an, was werden die Leute von mir denken?). Sie können sich um eine Krankheit drehen oder eine finanzielle Not betreffen (wie soll es mit uns weitergehen?). Daneben (und vor allem) gilt unsere Sorge Menschen, die uns lieb sind – unserem Mann oder unserer Frau, unseren Kindern, Eltern oder Freunden.

Einen Menschen lieb zu haben bedeutet, Anteil zu nehmen und sich um das Wohlergehen des Betreffenden zu sorgen. Diese Sorge ist normal; sie ist ein Zeichen dafür, dass wir bereit sind, zu unserer Verantwortung dem anderen gegenüber zu stehen. Eltern haben dafür zu sorgen, dass ihre Kinder den Schutz und die Mittel bekommen, die erforderlich sind für ihr Wachstum und ihre Entwicklung. Eheleute versprechen einander bei der Hochzeit Treue, Liebe und gegenseitige Fürsorge – sie wollen in guten und schlechten Zeiten zueinanderstehen. Eine junge Frau darf sich darauf verlassen, dass ihr Freund sich um sie kümmert, und umgekehrt. Ein Prediger oder Ältester trägt Sorge für seine Gemeinde. Sorge füreinander zu tragen bedeutet, dass wir unsere Verantwortung dem anderen gegenüber ernst nehmen. Dazu gehört auch, dass wir manchmal »in Sorge« umeinander sind.

Paulus war regelmäßig »in Sorge« um junge Gemeinden oder einzelne Christen. Er war unter anderem in Sorge um die Galater, die ihre Freiheit gegen Gesetzlichkeit einzutauschen drohten, wodurch sie das Werk Jesu zunichtemachen würden. Der Apostel war darüber so besorgt, dass er zur Feder griff und ihnen schrieb: »Meine Kinder, ich leide noch einmal Geburtswehen um euch, bis Christus in eurer Mitte Gestalt angenommen hat! Könnte ich nur bei euch sein und so zu euch reden, dass es euch ins Herz dringt! Ich bin ratlos, was ich mit euch machen soll« (Galater 4,19f.; GN).

Paulus scheint in dieser Situation ein Stück Ohnmacht erfahren zu haben. Er konnte die Galater nur dazu ermahnen und anspornen, das zu tun, was richtig war; darüber hinaus konnte er – vor allem aus der Distanz – nichts tun, um die Situation zu verändern. Nichts, außer für sie zu beten! Und das tat er, für alle seine Gemeinden. In einem anderen Brief äußert Paulus seine Sorge über zwei Frauen, mit denen er einmal eng zusammengearbeitet hatte, die nun jedoch nach einem Konflikt nichts mehr miteinander zu tun haben wollten (Philipper 4,2f.).

Unsere Ohnmacht macht uns Angst

Wann wird aus (Für-)Sorge eine echte Sorge, die dann auch schnell in eine übertriebene Sorge münden kann? Ich vermute, dass die eigene Ohnmacht eine wichtige Rolle dabei spielt und auch unsere Fantasie! Solange wir Situationen überblicken und beherrschen können, sind die Sorgen nicht allzu groß. Solange unsere Kinder klein sind und tun, was wir sagen, solange wir sie nicht aus den Augen verlieren, haben wir keinen Grund zu übermäßiger Unruhe. Aber wenn wir Situationen und Umstände nicht mehr im Griff haben, wenn die Kinder größer werden und einen eigenen Willen haben und Dinge tun, die wir nicht gut oder sogar gefährlich finden und auf die wir keinen Einfluss haben, ist das eine andere Geschichte. Wir müssen dann aufpassen, dass unsere Ängste und Sorgen nicht mit uns durchgehen und wir uns den schlimmsten Vorstellungen hingeben, was alles passieren könnte. Wenn wir unseren besorgten Gedanken und unserer Fantasie nicht beizeiten Einhalt gebieten, dann laufen wir Gefahr, von unseren beängstigenden Vorstellungen überwältigt zu werden.

Natürlich ist es ein Abenteuer, wenn ein Teenager zum ersten Mal mit Freunden ins Ausland fährt, erst recht, wenn er sich auf einen anderen Kontinent begibt. Eine gewisse elterliche Sorge ist da angebracht und normal. Auch wenn er grundsätzlich imstande ist, für sich selbst zu sorgen, ist ein junger Mensch mit achtzehn oder neunzehn Jahren doch noch unerfahren. Aber er ist ja nicht allein und auch nicht völlig ahnungslos unterwegs. Es ist wichtig, dass man ein Kind ein Stück weit loslässt, um ihm die Chance zu geben, erwachsen zu werden. Genauso muss man die alten Eltern ein Stück weit »loslassen«, wenn sie so viel Pflege brauchen, dass sie in ein Pflegeheim aufgenommen werden müssen. Wir möchten alles tun, um unsere Lieben vor allem möglichen Übel zu beschützen, aber das ist längst nicht immer möglich. Natürlich bleiben wir in ihrer Nähe, natürlich begleiten wir sie so gut wie möglich. Es gibt jedoch auch Situationen, in denen sie auf sich selbst gestellt sind und sie allein zurechtkommen müssen. Manchmal ist das auch gesünder so. In solchen Zeiten hilft es nicht, wenn wir uns den Kopf zerbrechen und vor Sorge ganz verrückt sind. Selbst wenn wir unseren Ehepartner aus dem Schlaf reißen und Hunderte von Freunden oder Schicksalsgenossen anrufen, ändert das nichts an unserer Situation.