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Simon Falk

Mobile-Assisted Language Learning

Eine empirische Untersuchung zum Einsatz digitaler mobiler Endgeräte im Kontext des Fremdsprachenunterrichts

Narr Francke Attempto Verlag Tübingen

Inhalt

Fußnoten

1  Einleitung

Zur Verdeutlichung werden englischsprachige Begriffe in dieser Arbeit kursiv hervorgehoben.

www.unesco.org/new/en/unesco/themes/icts/m4ed/mobile-learning-week/ (letzter Zugriff: 15.04.2017)

Im Rahmen dieser Arbeit wird für Personenbezeichnungen das generische Maskulinum verwendet, welches jedoch beide Geschlechter umfasst.

www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2016/kw19-ak-hochgeschwindigkeitsnetze/421530 (letzter Zugriff: 15.04.2017)

www.tagesspiegel.de/wissen/digitalisierung-an-deutschlands-schulen-milliarden-fuer-das-ende-der-kreidezeit/14673782.html (letzter Zugriff: 15.04.2017)

www.ndr.de/nachrichten/Kritik-an-Digitalisierungsplaenen-fuer-Schulen,digitalisierung114.html (letzter Zugriff: 15.04.2017)

http://whatis.techtarget.com/definition/digital (letzter Zugriff 15.04.2017)

3  Medien in der Gesellschaft

„First Home Reception of Color TV Proves Effective in Operatic Field,“ The New York Times, November 1, 1953, 1.

„25. August 1967: Beginn des Farbfernsehens in Deutschland“ www1.wdr.de/stichtag/stichtag2808.html (letzter Zugriff: 10.04.2017)

Ausgehend von ca. 6,5 Millionen deutschsprachigen Jugendlichen (Feierabend/Plankenhorn/Rathgeb 2016: 4)

Chan (2010) und Kollenberg (2012) geben diesbezüglich einen interessanten Einblick in die Entwicklung in asiatischen Ländern, allen voran China, Japan, Südkorea und Taiwan.

4.1 Didaktische Entwicklungen: Von CALL zu MALL

Hierbei soll besonders der tatsächliche Sprachgebrauch gefördert werden.

In der Fachliteratur (Bsp.: Hockly 2013; Kukulska-Hulme 2009) finden sich noch weitere Begriffe wie ubiquitous learning (u-learning), seamless learning oder pervasive learning, auf die jedoch, um den Rahmen nicht zu sprengen, in dieser Arbeit nicht näher eingegangen wird.

Ein Beispiel für Forschungsberichte zum Einsatz von Tablets in englischen Schulen liefern Twining et al. (2005)

www.wur.nl/en/show/Wireless-and-mobile-learning.htm (letzter Zugriff: 19.04.2017)

vgl. The Gidder Projectwww.uv.uio.no/iped/english/research/projects/gidder/ (letzter Zugriff 19.04.2017)

Königs (2015: 94) stellt analog in Bezug auf außerschulisches Lernen zur Diskussion, ob gesteigerte lernerseitige Motivation beim Betreten „neuer“ Lernorte aus entweder selbigen Orten oder aufgrund des Wechsels bzw. der Abweichung von der Routine (Bsp.: Klassenzimmer als Lernort) erwächst.

Zumindest war dies theoretisch der Fall, da eine dauerhafte Stromversorgung durch Akkus sowie eine konstante Datenverbindung hierfür notwendig sind.

Den unterschiedlichen Konzepten von Lernorten bzw. Lernumgebungen wird damit eine besondere Bedeutung beigemessen, die im fünften Kapitel ausführlicher behandelt wird.

https://de.duolingo.com/ (letzter Zugriff: 30.04.2017)

https://play.google.com/store/apps/details?id=com.duolingo&hl=de (letzter Zugriff: 30.04.2017)

Eine durchaus differenzierte Darstellung findet sich bei Strasser (2012).

5.1 Konzepte von Lernumgebungen

Weitere Projekte wie „Französisch in unserer Gemeinde“ oder „deutsche Spuren in unserer Stadt“ umfassen darüber hinaus Umgebungen wie Campingplätze, internationale Schulen, Altersheime oder auch Bahnhöfe (vgl. Legutke 2015: 128)

Pietraß (2005) warnt in diesem Zusammenhang vor sogenanntem „leeren Wissen“, welches entsteht, wenn keine Rückbindung an den Horizont eigener Erfahrungen stattfindet.

5.2  Persönliche Lernumgebungen

Partnership for 21st Century Skills: Framework for 21st Century Learning www.p21.org/about-us/p21-framework (letzter Zugriff: 22.04.2017)

5.3 Die Rolle des Kontexts

An dieser Stelle möchte ich bereits auf die in Kapitel 5.6 thematisierten Kategorisierungen mittels SAMR-Modell bzw. der Bloom’schen Taxonomie hinweisen.

5.4 Selbstgesteuertes Lernen

Für eine ausführliche Darstellung des Begriffs der Lernerautonomie im Kontext der Fremdsprachenforschung siehe Martinez (2008) bzw. Schmenk (2008).

Selbstregulation wird in der Fachliteratur vielfach als Teilaspekt selbstgesteuerten Lernens gesehen (vgl. Konrad/Traub 2015: 6) und soll, um die Darstellung nicht weiter zu verkomplizieren und den Rahmen des Kapitels zu sprengen, nicht näher analysiert werden.

5.5 Kollaboratives Lernen

Beispiele für Aufgaben, die kollaboratives Lernen fördern finden sich in Arich-Gerz (2008), Fisher/Lucas/Galstyan (2013), van der Zwaard/Rose/Bannink (2014) oder auch Wang (2014).

5.6 SAMR-Modell

http://tinyurl.com/posterV4 (letzter Zugriff: 25.04.2017)

5.7 Aufgaben- und Übungsformate

Für eine Übersicht der zentralen Elemente, Beschreibungs- und Analysekriterien sowie Gütemerkmalen von Aufgaben siehe Biebighäuser/Zibelius/Schmidt (2012a).

7.1.1 Ziele quantitativer Forschung

An dieser Stelle weist Diekmann (2009: 256-257) darauf hin, dass die beiden Gütekriterien Objektivität und Reliabilität Minimalanforderungen an ein Messinstrument darstellen. Validität hingegen wird hinsichtlich des Problems der Zweckmäßigkeit von Definitionen kritischer gesehen.

7.1.1.1 UTAUT-Modell

Tatsächlich handelt es sich bei UTAUT um ein Modell, das aus sieben weiteren, weniger in der Fachliteratur rezipierten Modellen (C-TAM-TPB, IDT, MM, MPCU, SCT, TPB und TRA) entwickelt wurde (vgl. Tan, P. J. B. 2013: 5).

Eine vollständige Übersicht der Variablen und Items findet sich im Anhang.

Da es sich hierbei um die Vorstudie handelt, die Erkenntnisse hinsichtlich der Hauptstudie liefert, ist diese als Teil der Methodendiskussion eingeordnet.

7.1.1.2  Vorstudie UTAUT

Marginal signifikante Ergebnisse zeigen zwar einen leichten Trend innerhalb der Daten an, müssen jedoch als nicht-signifikant interpretiert werden, d.h. zukünftige Studien mit größeren Stichproben sollten diesen Trend nochmals prüfen.

7.1.2 Ziele qualitativer Forschung

Für einen differenzierten Blick hinsichtlich der Dichotomie „qualitativ vs. quantitativ“ siehe Grotjahn (1993: 224-229).

7.1.2.1 Introspektion als Bereich der qualitativen Forschung

Das HKM stimmte einer Aufzeichnung der Aktivitäten, die mit den iPads durchgeführt wurden, nicht zu, da es die Privatsphäre der Schüler verletzten könnte. Zudem stellte sich die Installation einer entsprechenden Software als problematisch heraus.

7.1.2.2 Gütekriterien qualitativer Forschung

Flick (2011: 487) stellt diesen konzeptuellen Transfer als grundlegende Diskrepanz zwischen den beiden Forschungsbereich heraus, wobei dies auch vice versa vorkommen kann.

Dies kann beispielsweise durch weitere Forscher im Rahmen eines Kolloquiums oder in anderen wissenschaftlichen Gruppen geschehen.

7.2 Forschungsteilnehmer

Diese Bezeichnung kann weitestgehend als Metonym verstanden werden, das Tablets verschiedener Hersteller beinhaltet und umfasst auch im vorliegenden Projekt nicht nur den Einsatz von Produkten der Marke Apple.

Eine Zusammenarbeit seitens der Schule wurde zunächst angeboten, dann jedoch zu einem späteren Zeitpunkt zurückgezogen.

7.2.1 Kontaktaufnahme und erste Unterrichtsbeobachtungen

Die Installation eigener Anwendungen mittels persönlicher Apple-ID war darüber hinaus für die Schüler möglich.

7.2.2 Sampling

Bei der räumlichen Zugänglichkeit steht die tatsächliche Entfernung zum Forschungsfeld im Vordergrund.

7.3.1 Fragebogen zur Mediennutzung

Notizen der Unterrichtsbeobachtungen werden in diesem Kapitel nicht explizit ausgeführt, sondern werden als flankierende Daten verwendet.

Es ist weiterhin denkbar, dass Schüler aus Scham nicht wahrheitsgemäß antworten oder das Beantworten als Mehrarbeit sehen, die sie möglichst geringhalten wollen.

7.3.2.1 Arbeit mit dem TitanPad

Für eine differenzierte Darstellung von (webbasierten) Anwendungen bzw. Apps siehe Falk (2015)

Vgl. Hanjani/Li (2014)

Miyazoe/Anderson (2010) haben diesbezüglich die lernerseitige Wahrnehmung dreier verschiedener digitaler Schreibplattformen (Forum, Blog und Wiki) empirisch verglichen.

Grundlage war hierbei die annotierte Ausgabe von Klett 1. Auflage (2002)

7.3.3 Schülerinterviews

Für einen differenzierten Blick auf die einzelnen Formen empfiehlt sich ein Blick in einschlägige Handbücher (bspw. Flick 2010; Przyborski/Wohlrab-Sahr 2010 oder auch Caspari et al. 2016 für den Bereich der Fremdsprachenforschung)

7.4 Forschungsethische Aspekte

Natürlich gilt es auch bei quantitativen Studien, forschungsethischen Grundsätzen zu folgen, da die vorliegenden Studie jedoch vorrangig qualitativ ausgerichtet ist, beschränke ich mich nur darauf.

8.1 Transkription der Daten

audiotranskription.de Dr. Dresing & Pehl GmbH

Przyborski/Wohlrab-Sahr (2010: 163) nennen hier einen zeitlichen Aufwand von zwanzig bis sechzig Transkriptionsminuten pro Aufnahmeminute.

In manchen Fällen können diese Wörter jedoch im Nachhinein vom Interviewer erkannt und eingefügt werden.

9.1 Qualitative Inhaltsanalyse nach Mayring

Kuckartz (2016: 64f.) plädiert hier für die Verwendung des Terminus A-priori-Kategorienbildung, um nicht den Anschein erwecken zu wollen, es handele sich bei der Vorgehensweise um eine logische Ableitung, die mehr oder weniger von selbst geschieht.

Dieser Ansatz wird oft mit dem Vorgang des offenen Codierens der Grounded Theory verglichen (Kuckartz 2016: 79).

10.1 Luca

An dieser Stelle sei darauf hingewiesen, dass die Schüler im Sprachgebrauch ein Smartphone fast ausschließlich als Handy bezeichnen.

Obwohl sie zu Beginn darauf hingewiesen wurden, haben beide Schüler nicht darauf geachtet, individuelle Farben für ihre Textsegmente zu nutzen. Dies erschwert eine genaue Zuordnung.

10.1.1  Lucas Fokus: Soziale Interaktionen

Die Oberkategorie der Aufgabenbearbeitung TitanPad wird in dieser Zusammenfassung nicht separat berücksichtigt, da sie vor allem bei der Darstellung des Schülerbildes zum Tragen kommt. Überschneidungen mit weiteren Kategorien sind dennoch möglich.

10.2 Christian

Let’s Plays bezeichnen Aufnahmen von Personen, die Video-/Computerspiele spielen und dies auf Plattformen wie YouTube oder Twitch hochladen/streamen, sodass andere Personen diese Aufnahmen schauen können.

10.5 Martin

Tutorials bezeichnen in diesem Fall Einführungen in bestimmte Themengebiete in Form von digitalen Videos auf Plattformen wie beispielsweise YouTube.

11.1 Zugang zu und Bewertung von Informationen

Die Beispiele der Einbindung von Fotos von persönlichen Gegenständen zur Visualisierung von Vokabeln fallen nicht hierunter, da es um sich nicht im klassischen Sinne um Informationssuche handelt.

Danksagung

Die vorliegende Arbeit stellt die leicht geänderte Form meiner im Mai 2017 am Institut für Schulpädagogik der Philipps Universität Marburg eingereichten Dissertation dar. Mit dieser Publikation endet ein Projekt, das ich ohne die Unterstützung zahlreicher Menschen wohl kaum erfolgreich hätte abschließen können.

An erster Stelle steht dabei Prof. Dr. Frank G. Königs, der mir in seiner Doppelrolle als Doktorvater und Chef nicht nur Freiräume für die empirische Erforschung meines Themas geschaffen, sondern auch meinen wissenschaftlichen Werdegang über all die Jahre gefördert hat. Mit Prof. Dr. Dietmar Rösler habe ich einen Experten in Sachen E-Learning als Zweitgutachter gewinnen können, der mir sowohl bei Unklarheiten als auch bei wissenschaftlichen Zweifeln beratend zur Seite stand. Beiden bin ich zutiefst dankbar für ihre Betreuung.

Meinen Kolleginnen und Kollegen am Informationszentrum für Fremdsprachenforschung der Philipps-Universität Marburg Renate Krist, Carlos Vargas, Heike Lang und Lucia Facciolo sowie Dr. David Gerlach und Dr. Victoria Storozenko vom Institut für Schulpädagogik danke ich für die langjährige Unterstützung. Es tut gut, mit solch tollen Menschen zusammenzuarbeiten.

Weiterhin gibt es zahlreiche Personen, die mir fachlichen und moralischen Beistand geliefert haben. Dazu zählen die Mitglieder der „Tech-AG“ sowie des Doktorandenkolloquiums der Justus-Liebig-Universität Gießen, die mich herzlich in ihre Kreise aufgenommen haben. Durch regelmäßige Treffen und den wissenschaftlichen Austausch konnten nicht nur Fragen und Problemstellungen geklärt werden, sondern es haben sich auch verschiedene Perspektiven herauskristallisiert, die mir auf meinem Weg zu Fertigstellung der Arbeit sehr geholfen haben.

Natürlich wäre ein solches Projekt nicht ohne die Kooperation der Schulleitung, der Lehrkräfte, der Schülerinnen und Schüler sowie deren Eltern möglich gewesen. Ich bedanke mich deshalb für das entgegengebrachte Interesse sowie die offene und freundliche Herangehensweise.

Zu guter Letzt möchte ich meine besonders tiefe Dankbarkeit meiner Familie und insbesondere Frank aussprechen, da sie in den zahlreichen Hoch- und Tiefphasen immer an meiner Seite standen und mich so von Anfang bis Ende des Projekts begleitet haben.

1  Einleitung

Vom 20.–24. März 2017 fand die von der UNESCO (United Nations Educational, Scientific and Cultural Organization1) und UNHCR (United Nations High Commissioner for Refugees) gemeinschaftlich organisierte Mobile Learning Week 2017 in Paris statt.2 Das Motto dieser Woche lautete „Education in emergencies and crises“ und richtete das Augenmerk vor allem auf den Einsatz mobiler Technologien zur Inklusion geflüchteter Menschen sowie der Entwicklung und Implementierung von geeigneten Lernmöglichkeiten im Bildungsbereich. Hierbei wurden Symposien, Workshops oder auch ein sogenanntes „policy forum“, ein Forum, welches sich mit politischen Fragstellungen befasst, angeboten. Diese internationale Großveranstaltung, die jährlich seit 2011 in der französischen Hauptstadt stattfindet, markiert die Relevanz des Themas neuer Technologien im soziokulturellen und bildungspolitischen Kontext.

Zugleich sind in Deutschland auch auf Bundes- sowie föderaler Ebene Entwicklungen diesbezüglich erkennbar. Neben einer Erklärung des Bundestages, eine flächendeckende Grundversorgung der Bürger3 mit Hochgeschwindigkeitsnetzen bis zum Jahre 2018 zu schaffen4 und so vor allem die ländlicheren Gebiete mit Internet zu versorgen, plant Bildungsministerin Wanka den Bildungsbereich, allen voran öffentliche und private Grundschulen, weiterführende Schulen und Berufsschulen, mit fünf Milliarden Euro bis zum Jahr 2021 umfangreich zu digitalisieren. Dabei soll vor allem in die Anschaffung von mobilen Endgeräten wie Laptops und Tablets sowie WLAN-Zugängen für die Schüler investiert werden.5 Mit diesem Mammutprojekt scheint auf den ersten Blick genau der Nerv der Zeit getroffen zu werden, da Kinder und Jugendliche – und dies belegen Studien wie die KIM- bzw.- JIM-Studie (vgl. Kapitel 3) – zunehmend mit digitaler (mobiler) Technologie in ihrer Freizeit umgehen. Der Lebensalltag der Schüler wird somit quasi in das unterrichtliche Geschehen eingebunden und kann dieses bereichern. So zumindest der Gedanke dahinter. Kritiker sehen diese positivistische Denkweise jedoch anders, wie zum Beispiel der Präsident des Lehrerverbands Josef Kraus, der vor „Kollateralschäden“ warnt, die mit dieser Digitalisierung einhergehen. So würden Schüler sich auf Dauer nur noch „Häppchen-Informationen“ und „Häppchen-Wissen“ aneignen, zudem werde der zwischenmenschliche Diskurs leiden.6 Eine Ansicht, die unter anderem auch Manfred Spitzer in seinem Buch „Cyberkrank!“ (2015) teilt. Darin führt er empirische Nachweise an, die zeigen, dass insbesondere frühe Mediennutzung bei Kindern zu Schäden in der physiologischen Entwicklung (Kurzsichtigkeit) oder auch einer Störung des Sozialverhaltens führen. Über einen für den (fremdsprachlichen) Unterricht didaktisch-methodisch ratsamen Einsatz digitaler Medien schweigt er sich hingegen aus. Es stellt sich also die Frage, wie man einer durchaus rasanten und viele Lebensbereiche betreffenden technologischen Entwicklung begegnen sollte. Ist es empfehlenswert, sich der Digitalisierung völlig hinzugeben oder gemäß dem Drei-Affen-Prinzip (nichts sehen, nichts hören, nichts sagen), die Finger in die Ohren zu stecken und „lalalala“ zu rufen (Stöcker 2016)?

Obgleich beide Wege möglich sind, ist ein reflektierter Umgang mit dieser komplexen Thematik sicherlich am sinnvollsten. Dabei gilt es, sich zunächst zu fragen, was sich hinter dem Begriff der (digitalen) Medien verbirgt und welche gesellschafts- und bildungspolitischen Bereiche davon beeinflusst werden. Wer allerdings davon ausgeht, Medien spielten erst seit einigen Jahren oder Jahrzehnten eine Rolle, der irrt. Ob frühe auf Papyrus geschriebene Nachrichten im alten Ägypten oder der durch Gutenberg Mitte des 15. Jahrhunderts revolutionierte Buchdruck – Medien haben seit langem einen festen Platz im gesellschaftlichen Leben. Auch im Bereich des Fremdsprachenlehrens und –lernens kann mit Comenius‘ Orbis sensualium (Die sichtbare Welt) ein frühes Lehrwerksmedium genannt werden, welches sich neben textcodierten auch bildcodierten Inhalten bediente (Roche 2008: 9f.). Im Vergleich zu den dargestellten analogen Medien begann die Verbreitung digitaler Medien wie beispielsweise Computern hingegen deutlich später, wobei ihrer Entwicklung als rasanter beschrieben werden kann. Der Unterschied zwischen diesen beiden medialen Formen liegt vor allem in der Übertragungstechnik begründet. Analoge Medien übertragen vorhandene Informationen über ein stufenloses, mehrere Parameter umfassendes System, das wie in den aufgeführten Beispielen auch ohne elektrische Impulse funktioniert, wohingegen digitale Medien ein binäres Codesystem (Einsen und Nullen) nutzt, um Daten zu generieren, zu speichern und zu verarbeiten.7 Auf diesem Wege können Informationen schnell über weite Strecken an unterschiedliche Rezipienten gelangen. In der Diskussion um digitale Medien wird zudem häufig der Begriff der „neuen“ Medien synonym verwendet, um eine Abgrenzung zu analogen Medien vorzunehmen. Im Rahmen dieser Arbeit soll vorrangig der Begriff „digital“ gebraucht werden, da die Bezeichnung „neu“ eine nicht-objektivierbare zeitliche Konnotation hervorrufen kann.

Mobile digitale Medien wie Smartphones oder Tablets stellen heutzutage tragbare, leistungsstarke Minicomputer dar, die mit einer schier unübersichtlichen Anzahl von Anwendungen einen ständigen Zugriff auf Informationen sowie die Teilhabe an digitalen sozialen Netzwerken ermöglichen (Bächle/ Thimm 2014: 9). Auf virtuellen Plattformen können Menschen auf unterschiedliche Weise interagieren und kollaborieren (vgl. Feick 2016) und dabei für sie vertraute Lernumgebungen nutzen oder neue erschließen. Für den Bereich des Fremdsprachenlernens finden sich sogenannte educational apps (vgl. Grimm/Hammer 2014), die Lerninhalte häufig spielerisch zu vermitteln versuchen (Stichwörter: Game-Based Learning bzw. EduGames) und dabei weltweit Einnahmen in Milliardenhöhe erreichen (Schmidt 2016: 200). Was genau macht den Gebrauch solcher und weiterer mobiler Anwendungen so attraktiv und ist eine Verknüpfung mit (fremdsprachen)unterrichtlichen Inhalten möglich und nötig?

2  Erkenntnisinteresse und Aufbau der Arbeit

Vor dem Hintergrund des vermehrten Einsatzes digitaler mobiler Endgeräte in schulischen Kontexten sowie deren Nutzung in außerschulischen Bereichen liegt das Erkenntnisinteresse der vorliegenden Studie auf dem wahrgenommenen Mehrwert sowie der tatsächlichen Nutzung der Geräte durch die Lerner. Es soll der Fragen nachgegangen werden, welche Faktoren bei der Nutzung eine Rolle spielen und wie Lerner bei der Gestaltung Persönlicher Lernumgebungen (PLU) vorgehen. Persönliche Erfahrungen durch den Umgang mit Sprachlernapps wie Duolingo oder Babbel sowie die weiterführende Beschäftigung mit den dahinterliegenden Konzepten tragen einen bedeutenden Anteil am Erkenntnisinteresse der Arbeit. Ein weiterer Ausgangspunkt war die steigende Zahl sogenannter Tablet- bzw. iPad-Klassen an deutschen Schulen und die Frage, wie diese Geräte konkret eingesetzt werden. Die Untersuchung erfolgte schließlich im Rahmen eines achtwöchigen Unterrichtsbesuchs einer neunten Gymnasialklasse, in der digitale mobile Endgeräte unter anderem im fremdsprachlichen Unterricht (Englisch L2, Französisch L3) eingesetzt werden.

Die vorliegende Arbeit kann dabei in drei Abschnitte unterteilt werden. Der erste Abschitt umfasst die die Kapitel 3 bis 5 und stellt den theoretischen Rahmen mit zugrundeliegenden Konzepten und Modellen aus dem Bereich des Lehrens und Lernens mit digitalen (mobilen) Medien dar. Kapitel 3 fokussiert die Rolle von Medien in der Gesellschaft und zeigt, wie bereits in der Einleitung vorgestellt, dass es sich hierbei um eine sich gegenseitig beeinflussende Beziehung handelt, die kontextuell eingebettet werden muss. Kapitel 4 nimmt dann eine speziellere Perspektive von Medien ein, nämlich ihre Rolle im Bereich der Fremdsprachendidaktik, in dem auch die vorliegende Arbeit zu verorten ist. Dabei wird zunächst die historische Entwicklung von CALL zu MALL nachgezeichnet (Kap. 4.1), um daraufhin genauer auf soziokonstruktivistische Ansätze einzugehen. Das letzte Kapitel diskutiert dann, inwiefern digitale mobile Endgeräte zum (non-)formalen bzw. informellen Lernen (Kap. 4.3) beitragen können und welche Konzepte hinter diesen Begriffen stehen. Das fünfte Kapitel geht der Frage nach, ob „neue“ Medien „neue“ Lernumgebungen ermöglichen. Hierbei wird zuerst ein Blick auf unterschiedliche Konzepte von Lernumgebungen geworfen (Kap. 5.1), um dann Persönliche Lernumgebungen (Kap. 5.2) und die Rolle des Kontexts (Kap. 5.3) detaillierter zu betrachten. In Kapitel 5.4 wird der Einsatz digitaler mobiler Endgeräte in Verbindung mit selbstgesteuertem Lernen verknüpft, um im darauffolgenden Kapitel 5.5 Formen der Kollaboration zu erörtern. Die beiden abschließenden Kapitel stellen die Möglichkeit der Aufgabengestaltung mit digitalen mobilen Geräten in den Vordergrund. So wird zum einen das SAMR-Modell vorgestellt (Kap. 5.6), welches zu allgemeinen Aufgaben- und Übungsformaten überleitet (Kap. 5.7). Abschließend werden die für die Studie relevanten Forschungsfragen vorgestellt (Kap. 6). Der zweite Abschnitt der Arbeit, welcher das siebte Kapitel umfasst, widmet sich der Datenerhebung und dem damit verbundenen methodischen Vorgehen. Neben einer ausführlichen Darlegung des Untersuchungsdesigns (Kap. 7.1) werden die Forschungsteilnehmer näher betrachtet (Kap. 7.2) Die einzelnen Instrumente der Datenerhebung stehen im darauffolgenden Kapitel 7.3 im Mittelpunkt. Schließlich werden noch forschungsethische Aspekte (Kap. 7.4) sowie die eigene Rolle als Forscher reflektiert (Kap. 7.5). Der dritte Abschnitt der Arbeit (Kapitel 8 bis 11) beschäftigt sich mit der Datenanalyse und –auswertung, wobei zunächst die Aufbereitung der Daten (Transkription und QDA-Software) dargestellt werden (Kap. 8). Das neunte Kapitel führt in die Datenanalyse ein und richtet dabei das Augenmerk zunächst auf die Qualitative Inhaltsanalyse und ihren Einsatz in der qualitativen Forschung, um in Kapitel 9.2 mit der Analyse der gewonnenen Schülerdaten zu beginnen. Im zehnten Kapitel findet dann die Datenauswertung statt. Hierfür werden einzelne Falldarstellungen vorgenommen. Dies beinhaltet eine kurze Charakterisierung des jeweiligen Schülers und seiner individuellen Mediennutzung sowie eine prototypische Darstellung der Kategorien, die im Rahmen der Datenerhebung herausgearbeitet wurden. Das elfte Kapitel ermöglicht dann eine fallübergreifende Diskussion der gewonnenen Erkenntnisse, bevor abschließend ein Fazit gezogen sowie ein Ausblick auf weitere Forschungsdesiderate gegeben wird.

3  Medien in der Gesellschaft

Selten gehen zwei Begriffe eine solch feste und zugleich wechselhafte konzeptuelle Verbindung ein, wie es Medien und Gesellschaften tun. Um diese Verbindung zu verdeutlichen, lohnt sich eine gedankliche Zeitreise, die einen Blick in das öffentliche Geschehen werfen soll. Schaut man sich beispielsweise eine Gruppe von Personen an, die mit dem Bus oder der Bahn fahren, so würde man sehen, dass sich die einen unterhalten, die anderen lesen, wieder andere schlafen oder schauen vielleicht aus dem Fenster. In den frühen 1950er Jahren saßen sich die Menschen bei der Unterhaltung höchstwahrscheinlich gegenüber oder befanden sich zumindest in der Nähe voneinander, lasen Zeitungen, Bücher oder Magazine, entkamen den äußeren Einflüssen in ihren Träumen oder schauten sich die vorbeiziehende Landschaft an. In der heutigen Zeit sieht dies vermutlich anders aus. Fahrgäste sprechen mithilfe ihrer Mobiltelefone mit Personen, die sich nicht im Zug oder Bus befinden, sondern zuhause auf sie warten, sie lesen E-Books oder Tageszeitungen, die sie sich auf ihre Tablets geladen haben, hören Podcasts oder auch Musik mit MP3-Playern, bis sie ein Kontrolleur unsanft aus dem Schlaf weckt, oder machen mit ihren Smartphones Fotos von der Landschaft, um daraufhin in den sozialen Netzwerken mitzuteilen, wo sie sich befinden, in der Hoffnung dafür neiderfüllte Reaktionen in Form von Kommentaren oder Emojis zu erhaschen. Dies alles sind mögliche Bilder, die man sehen könnte und die vielleicht jeder anders wahrnimmt. Grundlegend sollen sie allerdings den Fokus auf die Rollen der Medien innerhalb soziokultureller Situationen legen und so eine Mediatisierungsperspektive zum Ausdruck bringen (vgl. Schey/Rieder 2014). Dabei steht weniger eine Theorie des Medienwandels im Mittelpunkt als vielmehr eine Beschreibung dessen auf drei Ebenen: der Makro-, Meso- und Mikroebene. Hierbei umfasst die Makroebene den Wandel von Kultur und Gesellschaft, Demokratie und Öffentlichkeit, die Mesoebene den Wandel von Parteien, Organisationen, Institutionen und Unternehmen sowie deren Vernetzung und die Mikroebene den Wandel des kommunikativen Handelns der Menschen, ihrer sozialen Beziehungen und ihres Alltags, ihrer Identität und ihres Selbstbildes. Dabei wäre es allerdings falsch, von einer kausalen oder unilateralen Wirkung der einzelnen Ebenen auf den Medienwandel und umgekehrt auszugehen, sondern das Ganze ist als ein langfristiger Prozess zu verstehen, bei dem eine gegenseitige Beeinflussung stattfindet (Krotz 2014: 22). Im Rahmen der vorliegenden Arbeit werden insbesondere die Meso- und Mikroebene untersucht, die in diesem Fall den Wandel der (Bildungs-)Institution Schule und des Medieneinsatzes (Mesoebene) sowie den Wandel im Alltag von Schülern betrachtet (Mikroebene).

Unabhängig davon, dass es sich bei den oben angeführten Beispielen der Mediennutzung in den frühen 1950er Jahren und heute um Gedankenspiele handelt, lassen sich diese Situationen nicht beliebig übertragen, sondern haben eine räumlich und zeitlich begrenzte Gültigkeit. Als Beispiel kann das Farbfernsehen genommen werden. Während dies in den USA bereits 19531 eingeführt wurde, dauerte es in der Bundesrepublik noch weitere 14 Jahre bis es langsam das Schwarz-Weiß-Fernsehen ablöste.2 Die jeweiligen Medienlandschaften wurden aber weiterhin durch die damaligen Gesellschaften geprägt, und diese beeinflussten wiederum die Entwicklung von Medien. Was also schon Anfang der 1950er Jahre in den Alltag der Menschen in den USA Einzug hielt, war in Deutschland noch Zukunftsmusik.

Untersuchungen über den Zusammenhang zwischen technologischer und soziokultureller Entwicklung haben darüber hinaus gezeigt, dass gewisse Erwartungshaltungen der Gesellschaft in wiederkehrenden Abläufen zu finden sind. Sogenannte Hype Cycle stellen das Verhältnis zwischen der zeitlichen Entwicklung von Informationstechnologien und den damit verbundenen Erwartungen der Nutzer dar (Abb. 1). Das US-amerikanische Marktforschungsunternehmen Gartner veröffentlicht diesbezüglich jährlich eine Analyse, die insgesamt fünf Phasen beschreibt (Gartner Inc. 2017).

Abb. 1:

Visualisierung der fünf Phasen des Hype Cycle (http://en.wikipedia.org/wiki/File:Gartner_Hype_Cycle.svg)

Phase 1 steht für einen Beginn einer neuen Technologie. Dies kann die erste öffentliche Bekanntmachung oder bereits einen Prototyp betreffen, der zu einer stark ansteigenden Aufmerksamkeit hinsichtlich des Produkts führt und so in die zweite Phase mündet. Sämtliche an die Technologie gestellten Erwartungen (Technologie als eierlegende Wollmilchsau) werden dabei sinnbildlich als Gipfel der überzogenen Erwartungen bezeichnet, welcher in der dritten Phase ebenso schnell abfällt, wie er zunächst angestiegen ist und so die Enttäuschungen der Nutzer widerspiegelt. Diese bemerken dann vermehrt Schwachstellen und Verbesserungsmöglichkeiten, die die neue Technologie betreffen. Die wiederum metaphorisch klingende vierte Phase (Pfad der Erleuchtung) stellt eine realistische Einschätzung und Abwägung der Vor- und Nachteile des Produkts dar und führt schließlich zum Plateau der Produktivität, bei dem sich die Erwartungshaltung der Nutzer stabilisiert und die Technologie breite gesellschaftliche Akzeptanz erhält (ebd.).

Eine direkte Antwort auf die Frage nach der Relevanz der jeweiligen „Neuheiten“ etwa in Form des Nutzungsverhaltens lässt sich jedoch mithilfe einer solchen Analyse oder Visualisierung nicht finden. Hierbei gilt es, die entsprechenden Zielgruppen selbst zu befragen. Da sich das vorliegende Forschungsprojekt primär auf Schüler der Sekundarstufe I (Jahrgangsstufe 9) konzentriert, steht besonders die Gruppe der Jugendlichen im Alter von 14 bzw. 15 Jahren im Vordergrund. In diesem Kontext nennenswert ist die in Deutschland jährlich vom Medienpädagogischen Forschungsverbund Südwest (mpfs) durchgeführte JIM-Studie, die den Medienumgang 12- bis 19-Jähriger mittels Telefonbefragungen untersucht. Sie kommt dabei auf eine Gesamtstichprobe von N=1200 und bietet so ein repräsentatives Spiegelbild der gesellschaftlichen Grundgesamtheit.3 Neben einer Basiserhebung zur Mediennutzung legen die einzelnen JIM-Studien ein jährliches Schwerpunktthema fest. Im Jahr 2016 umfasste dieser Schwerpunkt die Relevanz unterschiedlicher Optionen für die Nutzung von Bewegtbild und Musik, den Aktivitätsgrad der Nutzung von Social Media-Plattformen, die Verwendung von Smartphones in der Schule, Einstellungen zur Smartphone-Nutzung sowie Eckdaten zum Phänomen Mobbing im Internet (Feierabend/Plankenhorn/Rathgeb 2016: 3).

Bereits bei der Darstellung der Medienausstattung fällt auf, dass in praktisch allen Haushalten (99 %) Mobiltelefone (Handy oder Smartphone), Computer/Laptop (98 %), Fernsehgeräte (97 %) sowie Internetzugang (97 %) vorhanden sind. Weiterhin finden sich Tablet-PCs (65 %), MP3-Player/iPods (66 %) oder auch feste Spielekonsolen (75 %) (ebd.: 6). Da die häusliche Ausstattung und der Besitz verschiedener Medien noch keinen Rückschluss auf die Nutzung oder die wahrgenommene Relevanz durch die Jugendlichen zulässt, ist ein Blick auf weitere Erhebungsdaten notwendig. Es wird schnell deutlich, dass sich die Zahlen bei der Medienbeschäftigung in der Freizeit nur geringfügig für die oben genannten Technologien ändern. So liegt die tägliche Nutzung des Handys bei 92 % (96 % mehrmals pro Woche), des Internets bei 87 % (96 % mehrmals pro Woche) und des MP3-Players bei 82 % (93 % mehrmals pro Woche). Tablet-PCs hingegen werden nur in 19 % aller Fälle täglich genutzt (30 % mehrmals pro Woche) (ebd.: 11). Letzterer Fall macht deutlich, dass das alleinige Vorhandensein von Medien im Haushalt keine Aussagekraft über dessen Gebrauch durch Personen hat. Da es sich bei JIM um eine quantitativ ausgerichtete Studie handelt, werden Fragen über mögliche kausale Zusammenhänge, die auf individueller Ebene verortet sind, nicht hinterfragt. Dies kann auf Basis der Ergebnisse jedoch in quantitativen oder auch qualitativen Studien erfolgen.

Ein weiterer bedeutsamer Aspekt der JIM-Studie sind die täglich bzw. mehrmals pro Woche stattfindenden Aktivitäten von Jugendlichen im Internet mit dem Schwerpunkt der Kommunikation (Mikroebene der Mediatisierung). Hierbei zeichnet sich ein Anstieg der Nutzung von Kommunikationsdiensten und sozialen Netzwerken wie WhatsApp (2015: 89 % vs. 2016: 95 %), Instagram (2015: 44 % vs. 2016: 51 %) und Snapchat (2015: 31 % vs. 54 %) im Vergleich zum Vorjahr ab. Lediglich Aktivitäten auf der Plattform Facebook scheinen rückläufig zu sein (2015: 51 % vs. 2016: 43 %) (ebd.: 32).

Jugendliche werden in der Gesellschaft oft als treibende Kraft bei der Verbreitung neuer Technologien, insbesondere im Kommunikationsbereich, gesehen. Medien sind Teil ihres Alltags, was sich nicht nur im eigenen Umfeld erkennen, sondern auch durch entsprechende Studien belegen lässt. Bildungspolitische Träger sind sich dieser Tatsache bewusst und arbeiten daher an einer verstärkten Einbindung in schulische Bereiche.4 Im nachfolgenden Kapitel soll der Fokus verstärkt auf die Rolle der Medien in der Fremdsprachendidaktik gelegt werden.

4  Medien in der Fremdsprachendidaktik

In diesem Kapitel soll der Blick verstärkt auf den Einsatz der Medien im Kontext des Lehrens und Lernens von Fremdsprachen gerückt werden. Dabei geht es zunächst um die Entwicklung der beiden didaktischen Konzepte CALL und MALL und ihrer wechselseitigen Beziehung zum fortschreitenden technologischen Wandel. Daran anschließend werden soziokonstruktive Ansätze näher betrachtet, die gerade im Zusammenhang mit dem Einsatz mobiler Endgeräte zu Lehr- und Lernzwecken bedeutsam sind. Abschließend wird die Frage beantwortet, ob und inwiefern der Einsatz digitaler (mobiler) Endgeräte formale mit informellen Lerninhalten verbinden kann, um so erweiterte Lernumgebungen zu schaffen, die im darauffolgenden fünften Kapitel ausführlich dargestellt werden.

4.1 Didaktische Entwicklungen: Von CALL zu MALL

Die Anfänge des Computer-Assisted Language Learning (CALL) luden Lerner dazu ein, Fremdsprachen vor allem mithilfe digitaler Übungen, die den pattern drills der audiolingualen Methode ähnelten, zu lernen (Summer 2016: 450). Diese häufig auf Grammatik- oder auch das Vokabellernen bezogenen Programme waren dabei schlicht, lieferten wenige bis keine zusätzlichen Informationen, die bei der Bearbeitung der Übung geholfen hätten und gaben lediglich Feedback, wenn der Lerner eine richtige bzw. falsche Antwort eingegeben hatte (vgl. Rösler 2010: 210).

Obwohl der Begriff CALL bereits in den 1960er-Jahren eingeführt wurde (Jarvis/Krashen 2014: 1), findet computergestütztes Fremdsprachenlernen, wie es im deutschen Sprachraum häufig genannt wird, erst Mitte der 1980er-Jahre, als Personal Computer salonfähig wurden, bei einem größeren Fachpublikum Anklang. Dudeney/Hockly (2012: 534) nehmen dabei Bezug auf Warschauer (1996) und Bax (2003), die die historische Entwicklung von CALL in drei Phasen einteilen. Die erste Phase wird als „behaviouristic CALL“ bzw. „restricted“ bezeichnet und beschreibt die zu Beginn dargestellten kontextlosen Übungsformen, die dem Lerner minimales und undifferenziertes Feedback in Form von Audiosignalen geben. Die an die behavioristische Lerntheorie erinnernden „drill and kill“ Übungen ermöglichten keinerlei Austausch mit anderen Lernern, da nur eine Interaktion zwischen Mensch und Maschine gefordert wurde. Die zweite Phase, die Warschauer „communicative CALL“ und Bax als „open“ bezeichnen, ist durch deutlich differenzierteres Feedback und komplexere Interaktionen zwischen Programm und Lerner gekennzeichnet. Nicht nur können Programme die Rolle eines Tutors übernehmen, um dem Lerner Hilfestellungen zu geben und ihn zugleich die fremde Sprache entdecken lassen, sondern sie bieten Aufgabenformate, die sowohl das Schreiben als auch kritisches Denken und situativen Sprachgebrauch fördern sollen. Die schließlich dritte Phase, die die Bezeichnungen „integrative“ bzw. „integrated CALL“ trägt, beginnt mit dem 21. Jahrhundert und ermöglicht durch die weitverbreitete Nutzung des Internets einen stärkeren Fokus auf alle vier sprachlichen Fertigkeiten sowie auf Interaktionen zwischen Lernern in Form von computergestützter Kommunikation (CMC).

Zugleich entwickelten sich die digitalen Medien immer weiter. Sie wurden kleiner, leistungsfähiger und boten mehr Anwendungen für ihre Nutzer (vgl. Mitschian 2010: 11-14). Es ist daher nicht verwunderlich, dass die Entwicklung von CALL nicht mit der Einteilung von Warschauer und Bax endet, sondern Spielraum für weitere definitorischen Feinheiten lässt. Gegenwärtig umfasst CALL vor allem interaktive, spielbasierte, problemlösungsorientierte, intelligente und adaptive Systeme, die lernerzentriert aufgebaut sind und sowohl synchrone als auch asynchrone Kommunikation ermöglichen. Kollaboration und Kooperation sind darüber hinaus zu wichtigen Aspekten computergestützten Fremdsprachenlernens geworden (Palalas/Hoven 2016: 49).

Jarvis/Krashen (2014: 5) stellen insbesondere in Zusammenhang mit dem schnellen technologischen Wandel die berechtigte Frage „Is the term CALL still appropriate?“ und regen damit eine Diskussion an, die zeitgemäßere Bezeichnungen wie Mobile-Assisted Language Learning (MALL) oder auch Mobile-Assisted Language Use1 (MALU) in den Mittelpunkt rücken soll (vgl. auch Jarvis/Achilleos 2013: 1-3). MALL basiert dabei auf dem Konzept des Mobilen Lernens oder auch m-learning (mobile learning)2, wie es im englischsprachigen Raum verwendet wird. Cochrane (2013: 24f.) teilt die Entwicklung und die damit verbundene empirische Erforschung des m-learning in zwei Phasen ein. Die sogenannten pre-2005-Untersuchungen zu dem Thema sind in den meisten Fällen Kurzzeitpilotstudien, die explorativ zahlreiche Aspekte für weiterführende, großangelegte Studien offenlegten, jedoch kein Gesamtbild hinsichtlich des methodisch-didaktischen Einsatzes herstellen konnten.3 Forschungsergebnisse, die seit 2005 vor allem in Großbritannien durchgeführt wurden, zeigten, dass Mobiles Lernen und Web 2.0 Technologien zwar das Lehren und Lernen fördern, jedoch nicht unmittelbar miteinander verknüpft sind:

M-Learning and Web 2.0 technologies have been identified as emerging tools to enhance teaching and learning, but are not usually explicitly linked together. (ebd. 25)

So konnten großangelegte Forschungsprojekte wie MANOLO4 empirisch nachweisen, dass der Einsatz mobiler und somit drahtloser Technologie außerschulische, lebensweltliche Lernprozesse ermöglicht und dabei in naturwissenschaftlichen Disziplinen wie der Archäologie zu verbesserten Mess- und Arbeitsbedingungen führt (Kukulska-Hulme 2009: 160). Darüber hinaus zeigte sich anhand weiterer Projekte5, dass kontextsensitive unterrichtsbezogene Lernerfahrungen wie Museumsbesuche (vgl. Rymarczyk 2013) durch mobile Endgeräte gefördert und auf diese Weise formale mit informellen Inhalten verbunden werden können (Kukulska-Hulme 2009: 161). Inwiefern dabei die jeweiligen Kontexte mit den eingesetzten Endgeräten und ihren Anwendungen genau zusammenhängen, bleib ungeklärt.6

Der namensgebende Aspekt der Mobilität von m-learning bezog sich in der frühen Phase nur auf die eingesetzten digitalen Endgeräte. Erst im weiteren Verlauf wurden auch die Lerner bzw. das Lernen an sich inkludiert (Pegrum 2014: 5; Hockly 2012: 80f.). So konnte dank der tragbaren und dennoch leistungsfähigen Geräte zeit- und ortsunabhängig gelernt werden, da der Zugriff auf Informationen sowie Aufgaben und Übungen immer und überall möglich war.7 Offen blieben allerdings Fragen nach dem didaktischen Mehrwert. Kukulska-Hulme (2009: 160) stellt diesbezüglich fest:

With appropriate technology, mobile learners can participate in activities that relate directly to their changing location.

Die Möglichkeit, direkt mithilfe digitaler mobiler Endgeräte mit wechselnden Umgebungen und Kontexten zu interagieren, stellte eine bedeutende Neuerung dar. Bedingt wurde dies durch die zunehmende Nutzung gerätespezifischer Sensoren, die nicht nur den genauen Aufenthaltsort einer Person feststellen konnten (Bsp.: GPS), sondern auch kontextsensitive Informationen bereitstellten (Bsp.: Geocaching, QR-Codes). Dadurch wurde Lernen spontaner und persönlicher (ebd.: 162). Tragbare Endgeräte wie Smartphones oder Tablet-PCs konnten vom jeweiligen Nutzer/Lerner an seine Bedürfnisse angepasst werden, und es entstand eine Art Lernkontinuum, das heißt, Lernen hörte nicht an „traditionellen“ Lernorten wie Schule auf, sondern konnte weitergeführt werden.8 Palalas/Hoven (2016: 51) fassen die Vorteile Mobilen Lernens sinnbildlich als Brücke zusammen, die folgende Elemente verbindet: