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Kurzer Stopp in dem Fischerdorf Kragerø an der südnorwegischen Küste.

Thomas Kliem

NORWEGEN
MIT DEM WOHNMOBIL

Die schönsten Routen zwischen Südkap und Nordkap

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Das markante Nordkap lockt viele Reisemobilisten.

INHALT

NORWEGEN – LAND UND LEUTE

DIE ROUTEN

1VON OSLO DURCH MALERISCHE TÄLER INS FJORDLAND

Imposante Fjorde, idyllische Täler und unbekannte Fjelle

2SEHNSUCHTSREISE NORDKAP: IMMER RICHTUNG NORDEN

Einsamkeit, Weite, Superlative und Mitternachtssonne

3OSLOFJORD UND SKAGERRAK: IMMER AN DER KÜSTE ENTLANG

Reizvolle Buchten und freundliche Städte

4VON KRISTIANSAND ÜBER BERGEN NACH OSLO

Highlights an der Küste, dramatische Hardangervidda und freundliche Bauerntäler

5VESTERÅLEN UND LOFOTEN: TRAUMHAFTE ENTDECKUNGSREISE

Inselhopping im Nordatlantik

6RUND UM DEN TRONDHEIMFJORD: TOUR FÜR INDIVIDUALISTEN

Rundreise in Mittelnorwegen

REISEINFORMATIONEN VON A BIS Z

REGISTER

P.S.

STRASSENATLAS

IMPRESSUM

NORWEGEN – LAND UND LEUTE

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Vorangehende Doppelseite: Mit Kreuzfahrtschiffen auf Tuchfühlung im Geirangerfjord

Kaum ein europäisches Land bietet sich so gut für eine Wohnmobilreise an wie das Königreich Norwegen. Abseits vom Massentourismus erfreut sich der Reisemobilist in dem skandinavischen Land an den grandiosen Landschaften, den reizvollen Städten, den malerischen Dörfern, der guten Campinginfrastruktur und schließlich an der gastfreundlichen Bevölkerung. Wer mit dem Wohnmobil in Norwegen unterwegs ist, wird schnell die Flexibilität sowie die vielen landschaftlichen und kulturellen Attraktionen zu schätzen wissen. Um Norwegen richtig kennenzulernen, sind viele Reisen notwendig. Nach der ersten Tour ist der Wohnmobilist mit Sicherheit vom Norwegenvirus infiziert und plant schon die nächste Reise. Damit man jedoch von Anfang an den richtigen Einblick erhält, lohnt sich vor dem Urlaub eine kleine literarische Entdeckungsreise, bei der die ersten Fragen geklärt werden können. Danach muss nur noch aus den sechs vorgestellten Routen die passende Tour ausgewählt werden. Einige Routen lassen sich bestens kombinieren. Nach der richtigen Vorbereitung wird man auf Anhieb von dem Land begeistert sein. Ein wichtiger Tipp sei jedoch zu Beginn dieses Buches erlaubt. Generell sollte man sich für die Touren ausreichend Zeit lassen und mehr Stunden in der herrlichen Natur verbringen als hinter dem Steuer des Wohnmobils. Gute Reise!

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Norwegen besticht durch seine landschaftliche Vielseitigkeit: Fjell am Rande von Jotunheimen.

EIN ERSTER ÜBERBLICK

Norwegen ist ein außergewöhnliches und wunderbares Reiseziel zugleich. Massentourismus gibt es in dem dünn besiedelten Land nicht und so bietet es viel Raum für eine spannende Reise. Obwohl sich zahlreiche Menschen mit einem Urlaubsaufenthalt in diesem Königreich einen Traum erfüllen und immer gern hierher zurückkommen, wird das Land leider häufig auf Stereotypen wie Kälte, hohe Preise, Fjorde, Elche und Mücken reduziert. Dabei hat es weitaus mehr zu bieten als diese nur teilweise zutreffenden Vorurteile. Nach dem Motto »Man sieht nur, was man weiß«, lohnt es, sich vor der Reise gen Norden einen Überblick über Norwegen zu verschaffen.

Norwegen erstreckt sich über die westliche Hälfte der skandinavischen Halbinsel und ist das fünftgrößte Land in Europa. Gleichzeitig gehört das Königreich mit einer Einwohnerzahl von rund 5,3 Millionen zu den kleinen Staaten Europas. Gemeinsame Grenzen hat Norwegen mit Schweden, Finnland und Russland. Der Landesname »Norge« heißt übersetzt »der Weg nach Norden«, denn schon sehr früh suchten die Seefahrer ihren Weg zum Eismeer entlang der norwegischen Küste, die dank des warmen Golfstroms klimatisch begünstigt ist und auch in den Wintermonaten nicht zufriert.

Kennzeichen des Landes ist die lange Nord-Süd-Ausdehnung. Es erstreckt sich über 14 Breitengrade vom südlichsten Punkt, dem Kap Lindesnes, bis zum beliebten Nordkap über rund 1750 Kilometer Luftlinie. An der schmalsten Stelle, in der Nähe der nördlichen Stadt Narvik, ist das Land lediglich 6,5 Kilometer breit. Eine weitere Besonderheit stellt die lange Küstenlinie mit den unzähligen Inseln dar. Allein die Festlandküste hat eine Länge von rund 22 000 Kilometern. Addiert man die Küste der Inseln hinzu, so ist die Küstenlinie rund 35 000 Kilometer lang. Die Zahl der Inseln wird auf rund 150 000 geschätzt.

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Enkel der Wikinger?

Norwegen ist ein Gebirgsland und so liegt mehr als die Hälfte des Landes über einer Höhe von 500 Metern ü. NN und rund ein Viertel höher als 1000 Meter ü. NN. Die höchsten Erhebungen findet man in der Hochgebirgsregion Jotunheimen. In deren Zentrum thront der Galdhøpiggen, der mit 2469 Metern der höchste Berg Skandinaviens ist. In der Nachbarschaft befindet sich Jostedalsbreen, die größte Gletscherregion auf dem europäischen Festland.

Die Besiedlung vollzog sich überwiegend entlang der Küste. Hier befinden sich die größten und meisten Städte wie die Hauptstadt Oslo mit rund 670 000 Einwohnern, Bergen (280 000 Einwohner), Trondheim (190 000 Einwohner), Stavanger (133 000 Einwohner) und Bærum mit 125 000 Einwohnern. Die Besiedlung verteilt sich jedoch über das ganze Land und auch weit nördlich des Polarkreises sind größere Städte wie Tromsø (72 000 Einwohner) und Hammerfest, das allgemein als die nördlichste Stadt der Welt bezeichnet wird, zu finden. Die »Warmwasserheizung« Golfstrom ermöglicht ein Leben in den nördlichen Provinzen des Landes. Das Klima ist wesentlich milder als in anderen Teilen der Welt mit gleicher Breitenlage, jedoch herrscht in den Wintermonaten für eine gewisse Anzahl von Tagen – abhängig von der nördlichen Breite – die Polarnacht und es bleibt überwiegend dunkel. Spektakuläre Naturerscheinungen sind dann die Polarlichter (Aurora borealis). In den Sommermonaten erfreuen sich die Nordnorweger an der Mitternachtssonne und so scheint an dem (fast) nördlichsten Punkt Europas, dem Nordkap, die Sonne an 80 Tagen auch nachts. Die »Tage ohne Nächte« sind für viele Urlauber der Hauptgrund, nördlich des Polarkreises Urlaub zu machen. Eine nächtliche Wanderung bei Sonnenschein wird zu einem unvergleichlichen Reiseerlebnis.

Norwegen gliedert sich in fünf Landesteile und verfügt insgesamt über 19 Provinzen, die sogenannten »Fylker«. Diese haben unterschiedlich große Landesflächen und beheimaten unterschiedlich viele Bürger. Während in der Provinz Oslo auf einem Quadratkilometer durchschnittlich 1000 Menschen leben, ist es in der nördlichsten Provinz lediglich ein Norweger auf einem Quadratkilometer. Durchschnittlich leben 16 Einwohner auf einem Quadratkilometer (226 Einwohner/km2 in Deutschland). Jede Provinz hat eine eigene Landeshauptstadt, von der aus die Provinz verwaltet wird. Einige Provinzen bilden zusammen einen Landesteil. Es wird unterschieden zwischen Sörlandet (Südnorwegen), Östlandet (Ostnorwegen), Vestlandet (Westnorwegen), Tröndelag (Mittelnorwegen) und Nord-Norge (Nordnorwegen). Außerhalb des norwegischen Festlandes gehören die Inselgruppe Spitzbergen und die Insel Jan Mayen zum Königreich Norwegen.

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Nachbildung eines Wikingerhauses auf den Lofoten

Staatsoberhaupt ist seit 1991 König Harald V., ihm wird sein Sohn Haakon mit seiner Frau Mette-Marit auf den Thron folgen. Regiert wird das Land seit 2013 von der Ministerpräsidentin Erna Solberg. Das Parlament (Storting) verfügt über 165 Sitze und ist im Stadtzentrum von Oslo ansässig. Gewählt wird alle vier Jahre und wahlberechtigt sind Bürger ab dem 18. Lebensjahr. Norwegen ist Mitglied der NATO und Mitglied des Nordischen Rats. 1994 haben sich die Bürger in einem Referendum gegen eine Mitgliedschaft in der EU ausgesprochen.

EREIGNISREICHE NORWEGISCHE GESCHICHTE

Die Entstehungsgeschichte des landschaftlich vielfältigen Landes geht bis in das Präkambrium zurück (vor mehr als 570 Millionen Jahren). In der Phase der kaledonischen Gebirgsbildung schoben sich mehrere Decken unterschiedlichen Alters auf und so entstand u. a. die Gebirgsregion Jotunheimen. Das gegenwärtige Landschaftsbild Norwegens geht jedoch auf die letzte Eiszeit zurück.

Diese dauerte in Skandinavien rund 2,5 Millionen Jahre und endete vor rund 10 000 Jahren. In dieser Eiszeit (Pleistozän) war die durchschnittliche Temperatur zwischen 8 und 14 °C tiefer als heute und so bauten sich schnell Gletscher auf. Im Laufe der Zeit war ganz Norwegen von einer mächtigen Eisschicht überdeckt. Dieses nordische Inlandeis bedeckte eine Fläche von rund 3,1 Millionen Quadratkilometern. Die schweren Eismassen drangen sogar bis nach Norddeutschland vor. An der mächtigsten Stelle war der Eispanzer rund 3,5 Kilometer dick und durch die unglaubliche Kraft und Bewegung der Eismassen wurde das Land überformt und verformt. Die Gletscher, die in den Tälern lagen, arbeiteten wie eine »Planierraupe« und schufen durch ständiges Vor- und Zurückschreiten (Oszillation) die Fjorde. Als die Eismassen dann abschmolzen, ließ auch der Druck auf das Land nach und es setzte die Landhebung ein (Isostasie), die bis heute anhält. Gegenwärtig beträgt die Landhebung im Küstenbereich des Fjordlandes rund einen Zentimeter in zehn Jahren.

Als nach der Eiszeit die ersten eisfreien Gebiete entstanden waren, zog es vor rund 8000 Jahren die ersten Völker nach Norwegen. Wahrscheinlich waren die ersten Siedler zwei verschiedene Zweige der indogermanischen Völkerfamilie. Die anschließende Besiedlung des Landes erfolgte schleppend. Die vielen Felszeichnungen, die teilweise bis zu 6000 Jahre alt sind (Helleristninger), zeugen noch heute von der frühen Besiedlung. Die Bewohner des Nordens zogen als Nomaden umher, um Wild zu jagen, und im Süden begann man mit der Landwirtschaft. Zu den ersten »Agrargebieten« gehörte die Region rund um den Oslofjord.

Im Bronzezeitalter (1500–500 v.Chr.) betätigten sich die Menschen weiterhin als Jäger und Bauern. Aus dieser Zeit stammen auch viele Felszeichnungen (Felsritzungen) sowie viele Grabhügel. Ab etwa 500 v.Chr. wurden Sumpferze verhüttet und Metallgegenstände angefertigt. Aufgrund einer Klimaverschlechterung erfolgte eine Abwanderung und zahlreiche Siedlungen verfielen.

In der Völkerwanderungszeit (400–550 n.Chr.) gerieten auch die Völker Skandinaviens in Bewegung und in der Folgezeit wurde mit der Errichtung von Verteidigungsanlagen begonnen. Es folgte die Wikingerzeit, die zwar nicht einmal drei Jahrhunderte von 800 bis 1066 n.Chr. andauerte, aber sicherlich zum spannendsten Kapitel der norwegischen Geschichte gehört. Der Beginn der Wikingerzeit wird historisch auf den Überfall der englischen Abtei Lindisfarne im Jahr 793 festgelegt. Die Wikinger, ein germanisches Volk mit altnordischer Sprache, die bekannt waren als grausame Plünderer und exzellente Seefahrer, entdeckten auch Amerika. Es war Leiv Erikson, der im Jahr 1001 zwischen Labrador und Neufundland den amerikanischen Kontinent betrat (weit vor Kolumbus). Bekannt sind auch die Beute- und Kriegsfahrten in Mittel- und Westeuropa. Der Tod des Wikingerkönigs Harald Hårdråde in der Schlacht von Stanford Bridge in England (1066) gilt als das Ende der Wikingerzeit. Zu den eindrucksvollen Zeugnissen dieser Epoche gehören die Wikingerschiffe, die man im Osloer Museum bestaunen kann.

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Die norwegische Flagge weht an vielen Häusern.

Im Mittelalter setzte sich das Christentum durch und zahlreiche Herrscher festigten die Königsmacht. Um 1350 wurde das Land von einer verheerenden Pest heimgesucht, der rund die Hälfte der Bevölkerung zum Opfer fiel.

1387 ging Norwegen eine Personalunion mit Dänemark ein, die bis zum Jahre 1814 Bestand hatte. In diesen Zeitraum fällt auch die »Kalmarer Union«, eine Vereinigung von Norwegen, Schweden und Dänemark. 1397 wurde dieser Bund im Kalmarer Schloss in Schweden besiegelt. Das Dreierbündnis hatte jedoch nur bis zum Jahr 1523 Bestand. 1536 zog auch in Norwegen die Lehre Martin Luthers ein und das Land trat zur protestantischen Kirche über. Im 16. bis 18. Jahrhundert entwickelte sich die Wirtschaft stark. Ab dem Jahr 1624 gewann der Bergbau an Bedeutung, in Røros wurde Kupfer und in Kongsberg Silber abgebaut. Ein neuer Schiffstyp begünstigte die Intensivierung des Fischfangs, der seit langer Zeit die wichtigste Grundlage der Wirtschaft darstellte. Gegen Ende des 18. Jahrhunderts mündete das starke Nationalbewusstsein in dem Wunsch nach einer eigenen norwegischen Bank und einer Universität. Auch während der Napoleonischen Kriege (1807–1814) hielt das starke Nationalgefühl an.

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Die Eismassen der Eiszeit schufen grandiose Landschaften wie die Fjorde, im Bild der Sognefjord.

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Die Felszeichnungen in Alta entstanden vor rund 2500 bis 6500 Jahren.

Das Jahr 1814 ist ein wichtiges historisches Datum. Im Kieler Frieden musste Dänemark das Land Norwegen an Schweden abtreten. Vorausgegangen war eine Niederlage Napoleons gegen die Ostseemacht Schweden. Frankreich unter Napoleon war ein wichtiger Bündnispartner von Dänemark-Norwegen gewesen. Aufgrund des Sieges verlangte Schweden das Land Norwegen zur Sicherung seiner Grenzen. Die Norweger erkannten den Kieler Frieden nicht an und wollten keine Personalunion mit Schweden. So trafen sich am 17. Mai, dem heutigen Nationalfeiertag, zahlreiche Abgesandte in Eidsvoll und verabschiedeten eine neue Verfassung. Zum neuen König wurde Christian Frederik gewählt. Die Schweden wollten Norwegen um jeden Preis und marschierten ein, um das Land militärisch zur Personalunion zu zwingen. Norwegen lenkte ein und Christian Frederik verzichtete auf den Thron. Die Union mit Schweden hielt bis 1905 an. In den Jahren 1866 bis 1916 verzeichnete man in Norwegen eine massive Auswanderungswelle. Rund 750 000 Menschen zog es nach Nordamerika. Nach einer Volksabstimmung der Norweger im Jahr 1905 entließ Schweden das Land Norwegen in die Souveränität: 368 392 Norweger votierten für die Abspaltung und lediglich 184 Bürger sprachen sich für die Union mit Schweden aus. Die norwegische Bevölkerung entschied sich für die Monarchie und so wurde der dänische Prinz Karl vom Parlament zum König gewählt. Er nahm den Namen Haakon an und regierte das Land bis 1957.

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Drachenköpfe zieren einige Stabkirchen.

Das Jahr 1911 ist für die Norweger ein historisches Jahr. Am 14.12.1911 erreichte Roald Amundsen im Wettlauf mit dem Briten Scott als erster Mensch den Südpol. Zu Beginn des Ersten Weltkrieges erklärte Norwegen neben Dänemark und Schweden seine Neutralität, wurde jedoch in den Krieg miteinbezogen und erlitt in einem U-Boot-Krieg und durch die Verminung der Meere Verluste. Nach dem Krieg setzte eine wirtschaftliche Depression ein. Bei Ausbruch des Zweiten Weltkrieges erklärte Norwegen erneut seine Neutralität, doch dies hielt deutsche Truppen nicht davon ab, am 9. April 1940 das Land anzugreifen. König Haakon VII. ging nach England ins Exil und Norwegen erlitt wiederum Verluste und verzeichnete Zerstörungen. Schwere Kämpfe herrschten rund um den wichtigen Erzhafen von Narvik. Rund 10 000 Norweger fielen dem Krieg zum Opfer. In den Nachkriegsjahren wurde der ehemalige norwegische Ministerpräsident Vidkun Quisling aufgrund seiner Zusammenarbeit mit den Nazis hingerichtet. In den Folgejahren versuchte Norwegen sich politisch zu festigen. Der Norweger Trygve Lie wurde der erste Generalsekretär der Vereinten Nationen.

1957 machte erneut ein norwegischer Abenteurer von sich reden. Es war Thor Heyerdahl, der mit einer internationalen Crew und seinem mittlerweile berühmten Holzfloß »Kon-Tiki« von Peru über den Pazifik zu den polynesischen Inseln segelte. Mitte der 1960er-Jahre wurden gigantische Erdöl- und Erdgasvorkommen in der Nordsee entdeckt und im Dezember 1969 das erste Öl zutage gefördert. Bereits in den 1970er-Jahren entwickelte sich das Land zu einer bedeutenden Ölnation. Der Wintersport hat in Norwegen immer eine große Bedeutung gehabt. So wurden die Olympischen Winterspiele 1952 in Oslo und 1994 in Lillehammer ausgetragen.

In jüngster Zeit gab es auch dramatische Ereignisse. So schockte am 22.7.2011 ein Norweger das Land. Zunächst ließ er eine Bombe im Regierungsviertel von Oslo explodieren, wobei acht Menschen getötet wurden. Anschließend erschoss er auf der Insel Utøya 69 Jugendliche, die sich dort in einem von der Arbeiterpartei organisierten Sommercamp aufhielten. Der Täter konnte festgenommen werden und nannte islamfeindliche Motive als Grund für seinen Amoklauf.

Zu Beginn des 21. Jahrhunderts ist Norwegen ein wirtschaftlich und politisch gefestigter Staat. Rund 5,3 Millionen Bürger profitieren von einem intakten Sozialstaat, der ihnen unter anderem ein fortschrittliches Gesundheits- und Bildungswesen bietet. Norwegen gehört zu den reichsten und hochentwickeltsten Ländern der Erde (höchster HDI – Human Development Index) und blickt aufgrund der Ölreserven in eine rosige Zukunft. Dass Norwegen ein progressives Land ist, zeigen auch die vielen Neuzulassungen von Elektroautos, die insbesondere in den Großstädten allgegenwärtig sind.

Im Jahr 2018 waren rund 31 Prozent der verkauften Autos in Norwegen reine Elektro-Fahrzeuge. Zählt man die Hybrid-Fahrzeuge hinzu, liegt der Wert bei nahezu 50 Prozent. Die norwegischen Pläne sehen so aus, dass ab dem Jahr 2015 keine Fahrzeuge mit Verbrennungsmotoren mehr zugelassen werden können. Vor dem Hintergrund, dass Norwegen den Strom zu nahezu 100 Prozent aus Wasserkraft gewinnt ist dies ein sehr positiver Trend. Da passt es auch gut, dass Oslo für das Jahr 2019 den Titel »Umwelthauptstadt Europas« erhielt.

Norwegen hat sich zum reichsten Land der Welt entwickelt. Seit Jahren ist in keinem anderen Land der Welt das Bruttonationaleinkommen je Einwohner höher als in Norwegen. Im Jahre 2016 lag dieses bei immerhin 82 390 US-Dollar (Vergleich Deutschland: 43 490 US-Dollar in 2017), gefolgt von der Schweiz, Luxemburg und Dänemark.

WIRTSCHAFT

Das »Schwarze Gold« hat das Leben in Norwegen verändert und so sind dank der Einnahmen durch Erdöl und Erdgas das Bildungssystem, das Gesundheitssystem sowie die gesamte Infrastruktur in vielen Belangen vorbildlich. Die mächtigen Ölfunde in der Nordsee Ende der 1960er-Jahre und der rasche Aufbau der Erdöl- und Erdgasindustrie haben das Land reich gemacht. Darüber hinaus verfügt Norwegen auch noch über gigantische Erdölvorkommen in den nördlichen Landesteilen, zum Beispiel in der Barentssee. Obwohl man sich im Jahre 2010 mit Russland über eine gemeinsame Grenze in diesem Gewässer geeinigt hat, bleibt das Verbot, nördlich des 62. Breitengrades nach Öl zu bohren, in Kraft. Im Jahre 2017 gab die norwegische Regierung jedoch Erkundungslizenzen frei, damit man in arktischen Gewässern nach möglichen weiteren Ölvorkommen suchen kann. Bei der Förderung von Erdgas liegt Norwegen im weltweiten Vergleich an siebter Stelle. Im Jahr 2017 wurden rund 123 Milliarden Kubikmeter Erdgas gefördert. Neben diesem Wirtschaftszweig spielen Schiffsbau, Tourismus und Fischerei eine wichtige Rolle. Norwegen rangiert im internationalen Vergleich der Fischereiländer auf Rang zwölf und ist die wichtigste Fischereination Europas. Aquakultur wird in großem Umfang betrieben und so werden in den Fjorden in riesigen Netzkäfigen überwiegend Zuchtlachs, Forelle und Dorsch gezüchtet.

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Norweger sind sehr gastfreundlich und immer für ein Späßchen zu haben.

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Bau einer Bohrinsel

In engem Zusammenhang mit der Industrie steht die Hydroelektrizität, die Stromerzeugung durch Wasserkraft. Fast 100 Prozent des norwegischen Stroms wird von Wasserkraftwerken umweltfreundlich und kostengünstig produziert. In den nächsten Jahren wird ein rund 600 Kilometer langes Stromkabel die Länder Norwegen und Deutschland verbinden.

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Der Elch in der Natur und auf dem Verkehrsschild

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Die wirtschaftlich ausgesprochen gute Situation Norwegens hat dazu geführt, dass sich die Norweger 1994 in einem Referendum erneut gegen eine Mitgliedschaft in der EU entschieden haben. Die Europäische Gemeinschaft ist jedoch der bedeutendste Abnehmer der norwegischen Exportgüter (79 %). Zu den wichtigsten Exportartikeln gehören in erster Linie Erdgas (26 %) und Erdöl (25 %), gefolgt von Nahrungsmitteln (12 %) und Maschinen mit lediglich sieben Prozent. Der Tourismus spielt ökonomisch betrachtet – anders als in vielen anderen europäischen Ländern – nur eine untergeordnete Rolle, obwohl Norwegen mit seinem Naturraum, den grandiosen Landschaften und der beeindruckenden Flora und Fauna hochkarätige Attraktionen besitzt. Besonders beliebt sind auch Kreuzfahrten entlang der norwegischen Küste. Die Arbeitslosigkeit ist im internationalen Vergleich mit 4,2 Prozent sehr gering. Laut OECD-Wirtschaftsbericht aus dem Jahr 2014 gehört Norwegen zu den Ländern mit einem großen Maß an Gleichheit zwischen den unterschiedlichen Gesellschaftsschichten. Im Vergleich zu vielen Industrieländern ist der Unterschied zwischen »Arm« und »Reich« in Norwegen weitaus geringer.

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Papageientaucher auf der Insel Runde

FLORA UND FAUNA

Für die Vegetation in Norwegen ist in erster Linie das durch den Golfstrom begünstigte und somit im Vergleich mildere Klima verantwortlich. Darüber hinaus wird die Vegetation von der Breitenlage, der Höhe, den Böden und den Lichtverhältnissen bestimmt. An keiner Stelle in der Welt sind Ackerbau und Viehwirtschaft so weit nördlich möglich wie in Norwegen und auch die Birke ist nirgendwo sonst so weit nördlich zu finden. Im Vergleich zu den mittel- und südeuropäischen Ländern ist die Pflanzenwelt in Norwegen sowie in Schweden und Finnland artenärmer. Im Bereich des Fjordlandes herrschen zwei Vegetationszonen, der Mischwald und die Fjellvegetation. Die Mischwaldzone erstreckt sich entlang der Küste und stößt mit den großen Fjorden weit in das Inland vor. In dieser Zone haben die Nadelbäume jedoch einen Anteil von 75 Prozent. Vorherrschende Baumarten sind Fichte und Kiefer sowie Birke, Zitterpappel, Eberesche und Erle. Allerdings sind auch einige Fjorde wie der Hardangerfjord für den Obstanbau bekannt. Mit zunehmender Höhe nimmt der Baumbestand ab und die Vegetationszone geht in die Fjellvegetation über. Die Zone ist aufgrund der Höhe und der damit verbundenen extrem kalten Winter sehr artenarm. Bäume fehlen überwiegend. Nur vereinzelt stehen Zwergbirken. Das Landschaftsbild wird durch Gras- und Zwergsträucher, Moose und Flechten geprägt.

Mit der norwegischen Tierwelt assoziiert man sofort den Elch, das Rentier und die lästigen Mücken, die manchmal die Urlaubsstimmung trüben können. Neben diesen typischen Vertretern stößt man jedoch auf weitere Tierarten. In den südlichen Bereichen leben Hasen, Füchse, Hirsche, Rehe und Dachse. Die Fjelle sind auch der Lebensraum der kleinen Lemminge. Im Bereich der Küste und auf den zahlreichen Inseln ist eine artenreiche Vogelwelt zu beobachten, man sieht hier beispielsweise Eiderenten, Silber- und Raubmöwen, Dreizehen- und Eissturmmöwen, Basstölpel, Krähenscharben, Austernfischer, Lummen und Alken sowie Papageientaucher. An der Küste zieht der Seeadler seine Kreise. In den Flüssen, Seen und Fjorden leben zur Freude vieler Angler u.a. Lachse, Forellen, Hechte, Karpfen und Barsche. Im offenen Meer und in den Fjorden dominieren die Fischarten Dorsch, Lodde, Köhler, Makrele, Hering und Schellfisch. Vor der Inselgruppe Lofoten und Vesterålen ziehen auch Wale ihre Bahnen.

Der beliebteste Repräsentant der nordischen Tierwelt, den man leider nur sehr selten sieht, ist der Elch (Alces alces). Der Elchbulle, der »König der Wälder«, kann im Gegensatz zum kleineren und leichteren Weibchen bis zu 2,80 Meter lang und bis zu 500 Kilogramm schwer werden. Er trägt ein mächtiges Stangengeweih, ist ein guter Schwimmer und kann dank der spreizbaren Hufe auch Sumpf- und Moorgebiete durchqueren. Leider ist der Elch sehr scheu und versteckt sich daher meist tief in den Wäldern. Lediglich auf Verkehrsschildern und Autoaufklebern ist er in Norwegen immer präsent.

Auch im Fjordland ist das Rentier anzutreffen. In der mächtigen Hochfläche Hardangervidda findet es seinen südlichsten Lebensraum. Vorwiegend lebt das kälteliebende Tier in Nordnorwegen, in Lappland, und wird vom einstigen Nomadenvolk, den Samen, gezüchtet. Den Touristen werden im Norden Skandinaviens zahlreiche Produkte rund um das Rentier angeboten und natürlich gibt es auch eine Menge Mitbringsel, auf denen ein Elch zu sehen ist. Der Elchaufkleber am Reisemobil ist mittlerweile ein wichtiges Erkennungszeichen der »Nordlandfahrer«.

KLIMA

Für jeden Reisenden spielt das Wetter eine Rolle. Auch wenn man mit dem Wohnmobil wetterunabhängig ist, studiert man abends seine Reiselektüre lieber unter freiem Himmel mit dem Blick auf den Fjord als im geheizten Wohnmobil. Das Klima in Norwegen wird in erster Linie durch den Golfstrom bestimmt. Aus der Karibik strömen warme Wassermassen an der Küste vorbei und begünstigen die Temperaturen im Winter, sodass die gesamte norwegische Küste nicht zufriert. Die Häfen bleiben in der Regel eisfrei. Die Auswirkungen des Golfstroms betreffen in erster Linie die Temperaturen im Winter. Im Sommer ist der Einfluss wesentlich geringer. Entgegen der gängigen Meinung kann es in Norwegen im Sommer auch heiß werden. Im Sommer 2014 wurden sogar weit nördlich des Polarkreises Tagestemperaturen um 30 °C verzeichnet. In Bergen beträgt die Monatsdurchschnittstemperatur für den Juli 15 °C (Januar 1,5 °C). An der Küste herrscht ein ausgesprochen maritimes Klima.

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Der Schnee verzaubert die Landschaft Norwegens in ein Wintermärchen.

Eine klimatische Besonderheit des Fjordlandes ist der Niederschlag. Aufgrund des steilen Anstiegs des Landes im Küstenbereich und der vorherrschenden Westwinde regnet es sich in diesem Landesteil sehr stark aus. Die Hansestadt Bergen verzeichnet hierbei einen Negativrekord und gehört mit rund 2000 Millimetern Niederschlag im Jahr zu den regenreichsten Städten in Europa. Hier regnet es mengenmäßig fast dreimal so viel wie in Deutschland. Durch die Fjorde stößt das milde Klima teilweise in das Inland vor. Mit zunehmender Höhe und in Richtung Osten wird das Klima kontinentaler. In den höher gelegenen Fjellgebieten sinken die Durchschnittstemperaturen. Hier hat der Golfstrom seinen Einfluss verloren, sodass die Temperaturschwankungen sehr groß werden. In den Wintermonaten werden in den Fjellen Temperaturen zwischen –25 °C und –30 °C gemessen.

Eine weitere Besonderheit ist die Lichtintensität. Aufgrund der nördlichen Lage ist die Sonne in den Sommermonaten wesentlich länger zu sehen. Die Mitternachtssonne scheint nur nördlich des Polarkreises, aber auch in den nördlichen Provinzen von Westnorwegen wird es in den Monaten Juni und Juli nicht richtig dunkel, sodass man längere Urlaubstage als in den südlichen Urlaubsländern genießen kann. Vor Reiseantritt sollte man sich genau nach dem Zeitraum der Mitternachtssonne erkundigen, denn es ist ein unvergleichliches Erlebnis, zum Horizont zu schauen und zu erleben, dass die Sonne nicht untergeht (siehe auch Reiseinformationen).

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Die Auswahl an frischen Schalentieren ist riesig: Fischmarkt in Bergen.

KULINARISCHE ENTDECKUNGSREISE

Die norwegische Küche gehört zweifelsfrei zu den vielen Attraktionen, die das Land zu bieten hat. Bekannt ist das »Smørgåsbord«, das beliebte skandinavische Büfett, auf dem Brot, Suppe, Fisch- und Fleischgerichte sowie Desserts präsentiert werden. Das Frühstück fällt in der Regel sehr reichhaltig aus und selbst Fisch, überwiegend Hering in verschiedenen Marinaden eingelegt, kommt auf den Tisch.

Generell kann man in den zahlreichen Restaurants gut essen. Sowohl Fleisch- als auch Fischgerichte werden in vielen Variationen angeboten. Allerdings sind die Preise in den Restaurants höher als in Deutschland. Geld sparen kann man in der Mittagszeit, dann wird ein Tagesgericht preiswerter angeboten. Zu berücksichtigen ist auch, dass nicht jedes Restaurant über ein Schankrecht verfügt und so kann der Gast teilweise nur alkoholreduziertes Bier (Lettøl) bestellen. Zum Essen trinkt man eines der vielen norwegischen Biere und nach dem Essen vereinzelt einen Aquavit. Ein weltweit bekannter Aquavit ist der norwegische Linie Aquavit, der auf großen Frachtern in den Fässern durch das Schütteln reift und den Äquator passiert haben muss. Ein Blick durch die Flasche verrät, wann und mit welchem Schiff der Äquator passiert wurde.

Selbstversorger erfreuen sich stets an dem großen Warenangebot. Insbesondere Fischgeschäfte können mit einer großen Bandbreite an Fangfrischem aufwarten: von Lachs über Garnelen und Muscheln, in verschiedene Marinaden eingelegte Heringe bis hin zum weltberühmten Stockfisch (getrockneter Dorsch) hat der Fischhändler alles zu bieten. Man kann den Fisch auch direkt am Hafen kaufen. Der fangfrische Verkauf, direkt vom Kutter, hat sich mittlerweile zu einer touristischen Attraktion entwickelt, ist jedoch unter Umständen teurer als der Fischkauf in den Lebensmittelgeschäften. In der Hansestadt Bergen lädt der Fischmarkt zum Bestaunen der Meeresfrüchte und natürlich auch zum Einkaufen ein.

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Zahlreich sind die Fähren, die über die Fjorde fahren.

Besonders empfehlenswert ist eine Pause in einem der vielen idyllischen Cafés. Mit Blick auf die Altstadt oder den Hafen schmecken der Kaffee und ein kleines Hefeteilchen ganz besonders. Wer eine Tasse Kaffee bestellt, kann gegen geringe Mehrkosten so viel Kaffee trinken, wie er möchte. Die Bäckereien und Konditoreien warten mit vielen verschiedenen Kuchen und Gebäcken wie Sauerrahmwaffeln, Mandeltorte und Himbeertorte auf. Typisch ist die Verarbeitung von Zimt und Zucker bei den leckeren Hefeteilchen (z. B. Skillingsboller, Wienerbrød, Skolebrød).

Schließlich sollte das umfangreiche Weihnachtsbüfett »Julebord« nicht unerwähnt bleiben, in dessen Genuss Wohnmobilreisende ebenfalls kommen können. Dank Wintercampingplätzen und moderner, gut isolierter Wohnmobile lockt Norwegen nämlich auch im Winter. Guten Appetit!

ANREISE MIT DEM WOHNMOBIL

Sicherlich zieht es nur wenige Wohnmobilisten im Winter nach Norwegen. Die meisten Urlauber bereisen mit ihrem Wohnmobil in den Sommermonaten das skandinavische Land. Sie fahren mit großen Erwartungen Richtung Norden und kommen begeistert zurück, was zum einen an der grandiosen Landschaft, der herrlichen Natur und zum anderen an den Möglichkeiten liegt, die der Urlaub mit dem Wohnmobil bietet. Bevor man jedoch über das Fjell und vorbei am Fjord eine Entdeckungstour in Norwegen durchführt, muss man die Anreise hinter sich bringen. Auch wenn man seit der Eröffnung der Öresundbrücke zwischen Dänemark und Schweden im Jahr 2001 die Straße nicht mehr verlassen muss, empfiehlt es sich weiterhin, eine Fähre zu buchen. So spart man bei der Anreise Zeit und die Überfahrt bedeutet Urlaub von Anfang an, denn eine Fährfahrt kann zu einer wahren Mini-Kreuzfahrt werden.

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Mit der Fährfahrt beginnt der Urlaub: Abfahrt der MS »Color Fantasy«.

ERHOLSAME ANREISE MIT DER FÄHRE

Wer die Wahl hat, hat die Qual, denn zahlreiche Nordeuropafähren befördern Passagiere und Fahrzeuge nach Norwegen bzw. Schweden. Die Passagen dauern unterschiedlich lang und können als Tag- oder Nachtfahrten gebucht werden. Bei längeren Überfahrten benötigt man eine Kabine. Auch die Preise gestalten sich sehr unterschiedlich. Generell hängt der Preis von der Dauer der Überfahrt und von der Saison ab. Überfahrten in der Nebensaison sind günstiger als in der Hauptsaison und vielfach bieten die Reeder auch zu bestimmten Abfahrten Camper-Spezial-Tarife an. Es lohnt sich daher, die Preise zu vergleichen und bei den Anreise- und Abreisetagen flexibel zu sein. Darüber hinaus bieten die Fährgesellschaften auch Clubmitgliedschaften an, die sich wegen der Rabatte lohnen können. Hat man sich erst mal durch das Angebot gekämpft, wird man eine herrliche und sichere Fährüberfahrt erleben.

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Mit den Fähren von Fjordline ist man sicher unterwegs.

Die Überfahrt beginnt mit dem Einchecken am Autoterminal. Sind die Tickets geprüft, kann man mit dem Wohnmobil auf die riesige Fähre fahren. Aufgrund der Fahrzeughöhe parkt man auf dem Lkw-Deck. Nachdem man auf den Millimeter genau geparkt, den Gang eingelegt und die Handbremse angezogen hat, kann man das Fährschiff genauer unter die Lupe nehmen. Nicht entgehen lassen sollte man sich das Ablegen, das man vom hohen Sonnendeck aus bestens beobachten kann. Dann setzt sich das Fährschiff in Bewegung und nimmt Kurs auf Norwegen oder Schweden. In der Regel sind die Überfahrten ruhig, sodass auch ansonsten empfindliche Passagiere nicht mit Übelkeit zu kämpfen haben.

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Rastplätze haben überwiegend eine naturnahe Lage.

Im Jahr 2004 hat Color Line mit der »Color Fantasy« ein wahres Kreuzfahrtschiff auf der Route Kiel–Oslo in Betrieb genommen. Im September 2007 folgte ihr das Schwesterschiff »Color Magic«. Einkaufspassage, Schwimmbad mit Wasserrutsche, Sauna, unterschiedliche Restaurants, Kasino, Kino, Bars und Showprogramm begeistern den Passagier, der sich in modernen Kabinen bis zum nächsten Morgen erholen kann (19,5 Stunden Überfahrt). Auch die Stena-Line-Fähren von Kiel nach Göteborg (Autofahrt dann drei bis vier Stunden bis Oslo) vermitteln ein Kreuzfahrtgefühl und sind eine preisgünstigere Alternative. Nach der Nachtfahrt setzt man sich erholt und entspannt hinter das Lenkrad und fährt von Göteborg nach Oslo. Kürzere Überfahrten bestehen zwischen Nordjütland in Dänemark und Südnorwegen. Sie sind zwar kostengünstiger, jedoch muss man hier eine weitere Anfahrt in Kauf nehmen. Gleiches gilt für die Überfahrt von Oslo nach Kopenhagen mit DFDS (www.dfds.de). Im Einzelfall entscheiden wohl das Reisebudget und die zur Verfügung stehende Urlaubszeit über die Wahl der Fährverbindung.

Es stehen folgende Fährverbindungen zur Verfügung:

REEDEREI: Color Line

Adresse: Color Line GmbH, Postfach 6080, 24121 Kiel, Tel. 0431/730 01 00, Fax 0431/730 04 00, www.colorline.de

Passagen: Kiel (D)–Oslo (N), Hirtshals (DK)–Kristiansand (N), Hirtshals (DK)–Larvik (N)

REEDEREI: Stena Line

Adresse: Stena Line GmbH, Schwedenkai 1, 24103 Kiel, Tel. 0180/602 01 00, Fax 0431/90 92 00, www.StenaLine.de

Passagen: Frederikshavn (DK)–Oslo (N), Frederikshavn (DK)–Göteborg (S), Kiel (D)–Göteborg (S)

REEDEREI: Fjord Line GmbH

Adresse: Nizzestr. 28, 18311 Ribnitz-Damgarten, Tel. 03821/709 72 10, www.fjordline.com

Passagen: Hirtshals (DK)–Langesund (N), Hirtshals (DK)–Kristiansand (N), Hirtshals (DK)–Stavanger (N), Hirtshals (DK)–Bergen (N), Strömstad (S)–Sandefjord (N)

GUTE CAMPINGINFRASTRUKTUR

Vorneweg gesagt: Camping in Norwegen macht viel Spaß, denn hier steht man mit seinem Reisemobil stets naturnah auf schönen Campingplätzen und genießt das Campingleben! Die Campingplatzsituation in Norwegen ist im Allgemeinen sehr gut und mit rund 1400 Plätzen ist das Angebot mehr als ausreichend. Viele der Campingplätze sind in die Natur eingebettet und haben eine dementsprechend reizvolle Lage. Sie liegen überwiegend am See, am Fluss, an einem Fjord oder im Fjell. Ihre Größe und ihre Ausstattung sowie das Preisniveau zeigen sich sehr unterschiedlich. Die Campingplätze unterliegen einem Klassifikationssystem. Die Organisation NHO Reiseliv hat die Campingplätze klassifiziert und je nach Ausstattung bis zu fünf Sterne vergeben. Parzellierte und nummerierte Stellplätze, wie auf mittel- und südeuropäischen Plätzen, sind in Norwegen die Ausnahme. Der Campinggast kann sich auf dem Campinggelände selbst einen Platz suchen und hierbei selbst entscheiden, ob er sich an das Stromnetz anschließt oder nicht. Bei der Wahl des Platzes muss jedoch ein Mindestabstand von drei Metern zum Nachbarn eingehalten werden. Wer autark ist und keinen Strom benötigt, kann hier einige Kronen sparen. Nahezu jeder Campingplatz verfügt über eine Küche und einen Aufenthaltsraum.

Fast alle Campinganlagen bieten auch Ver- und Entsorgung sowie eine Entsorgungsstation für chemische Toiletten an. Zu den weiteren Einrichtungen der Campingplätze gehören meistens ein Bootsverleih, Spielplätze, ein Kiosk, eine Cafeteria oder ein kleines Restaurant. An der Rezeption erhält man alle wichtigen Informationen auf Englisch oder Deutsch. Für die Reise wird die Campingkarte »Camping Key Europe« (CKE) benötigt. Akzeptiert wird teilweise auch die übliche CCI-Karte, jedoch hat sich die CKE verstärkt durchgesetzt (www.campingkeyeurope.com). Die Übernachtungspreise sind in Norwegen günstiger als auf den südeuropäischen Campingplätzen. Im Durchschnitt liegt der Übernachtungspreis zwischen 15 und 20 Euro für einfach ausgestattete Plätze. Vom norwegischen Campingverband (NHO Reiseliv, www.camping.no) erhält man ein umfassendes Campingverzeichnis, das auch eine Karte enthält. Der norwegische Automobilverband NAF informiert ebenfalls mit einer Broschüre und im Internet über die angeschlossenen Campingplätze (www.nafcamp.no). Im Internet findet man viele Infos rund um die norwegischen Campingplätze und die Campingkarte unter www.camping.no und www.campingnorge.no. Wer im Vorfeld keine Campingbroschüre bestellt hat, wird diese umfangreiche Broschüre an den Rezeptionen der Campingplätze erhalten. Die Organisation Pluscamp umfasst mittlerweile 17 Campingplätze, die sich über das Land verteilen und über einen hohen Standard verfügen (www.pluscamp.no).

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Auch im Winter lohnt sich die Reise mit dem Wohnmobil.

Neben diversen Broschüren informieren auch die gängigen Camping- und Stellplatzführer über das Übernachtungsangebot in Norwegen. So lohnt sich ein Blick in den ADAC Stellplatzführer, in den ACSI Camping-Card&Stellplatzführer (Teil 1) sowie in den BordAtlas von DoldeMedien, die alle über die norwegischen Stellplätze informieren. Informationen über die norwegischen Campingplätze liefern der ADAC Campingführer (Band Deutschland – Nordeuropa) und der ACSI CampingCard&Stellplatzführer (Teil 1). Beide Bücher bieten auch eine Ermäßigungskarte, die insbesondere in der Nebensaison zu Rabatten auf den Campingplätzen berechtigt. Generell ist das Angebot an Stellplätzen leider (noch) gering! Über die wenigen Stellplätze in Norwegen informiert in norwegischer Sprache die Website www.bobilplassen.no. Allerdings kann man bei den Stellplätzen eine positive Entwicklung verzeichnen. Immer mehr Städte und Gemeinden richten Park- und Übernachtungsmöglichkeiten für Reisemobile ein. Vielfach bieten Yachthäfen ihre Park- und Abstellflächen als Stellplätze an. Teilweise werden auch gezielt gut angelegte und bestens ausgestattete Stellplätze eingerichtet. In der Regel muss für die Übernachtung auf Stellplätzen bezahlt werden. Sollte ein einfacher Stellplatz nicht über Ver- und Entsorgungsmöglichkeiten verfügen, so weisen Schilder auf die nächste Möglichkeit hin. Das könnte u. a. die nächste Tankstelle sein.

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In Norwegen ist man mit jeder Art von Reisemobil bestens unterwegs.

Im Trend liegt auch Wintercamping in Norwegen. Dank winterfester Reisemobile und hilfreicher Assistenzsysteme wie ABS, ESP, ASR oder Berganfahrhilfe ist man im verschneiten Norwegen sicher unterwegs. Generell werden die Straßen hier sehr gut geräumt und so ist ein Winterurlaub in Norwegen in der Regel sehr stressfrei. Bei der Wahl der Reiseregion muss aber die Campingplatzsituation berücksichtigt werden. Nur wenige Campingplätze haben ganzjährig geöffnet. Wer sich im verschneiten Norwegen dann niederlässt und sich an den guten Wintersportbedingungen erfreut, kann so manchen herrlichen Tag in der Sauna bestens ausklingen lassen. Viele Wintercampingplätze liegen in der Nähe von Wintersportgebieten. Zu den lohnenswerten Winterzielen gehören u. a. die Telemark, das Hemsedal, das Hallingdal, die Region rund um Trysil, die Olympiametropole Lillehammer oder die Hauptstadt Oslo.

Mieten von Wohnmobilen in Norwegen ist ebenfalls möglich, allerdings wird hierbei die Zielgruppe sehr klein sein. Das Mieten kann aber für Reisende, die in die nördlichen Landesteile möchten und nicht ausreichend Zeit zur Verfügung haben, von Interesse sein. Hilfreiche Informationen über Mietstationen (bobilutleie) in Norwegen liefern die Internetseiten www.lei-bobil.no, www.touring-cars.eu und www.bobilutleie-i-norge.no (in englischer Sprache).

WILDCAMPING – BITTE NICHT!

Obwohl sich der Reisende von Anfang an auf dem norwegischen Campingplatz wohlfühlt, bevorzugen viele Wohnmobilreisende leider ihren »privaten Stellplatz« im Freien. Das hat sicherlich mit der Natur eines Wohnmobils zu tun, das völlig autark ist und so Übernachtungen abseits der Campingplätze ermöglicht. Viele Wohnmobilisten glauben, dass Wildcamping in Norwegen legal ist – vielleicht weil es (noch) nicht bestraft, sondern geduldet wird. Viele Wohnmobilreisende berufen sich auf das Jedermannsrecht, jenes ungeschriebene Recht, das ein Übernachten in der Natur in angemessener Entfernung zu Privatgrundstücken erlaubt. Vielfach suggerieren die öffentlichen und teils kostenfreien Ver- und Entsorgungsstationen (z. B. an Tankstellen und Rastplätzen), dass es für Reisemobilisten keine Verpflichtung gibt, die Nacht auf dem Campingplatz zu verbringen. Kaum jemand weiß jedoch, dass das Jedermannsrecht nur nicht-motorisierten Urlaubern wie Wanderern oder Radfahrern zusteht. Dem Reisenden ist oft nicht klar, dass in Norwegen die Campingsaison sehr kurz ist und die Campingplatzbetreiber auf die Einnahmen angewiesen sind, damit ein Fortbestand der Campinganlagen gesichert ist. Neben den ökonomischen treten durch das Wildcamping auch ökologische Schäden auf. Schließlich sind die Norweger unzufrieden mit dem Wildcamping, was sich bisher noch nicht in der herzlichen Gastfreundschaft widerspiegelt. Gerade deutsche Touristen sind bei der Bewältigung des Problems Wildcamping gefragt, denn fast jedes zweite Wohnmobil, das in Norwegen unterwegs ist, trägt ein »D-Schild«. Daher sollte es für den Reisemobilisten eine Selbstverständlichkeit sein, dass er einen Camping- oder Stellplatz aufsucht. Immer häufiger werden Schilder aufgestellt, um auf ein Übernachtungsverbot aufmerksam zu machen. Leider ist es auch vielfach notwendig, dass Betreiber von Toiletten an Rastplätzen auf ein Verbot des Entleerens von Chemietoiletten hinweisen. Abschließend muss darauf hingewiesen werden, dass nicht nur die Norweger selber sich durch das zunehmende Wildcamping gestört fühlen, sondern auch viele deutsche Reisemobilisten, die schon seit Jahrzehnten das Land bereisen, mit dieser Entwicklung sehr unzufrieden sind. Wer »Land und Leute« richtig kennen lernen möchte, checkt auf einem Campingplatz ein oder übernachtet auf einem Stellplatz. Hier bekommt man Kontakt zu den Norwegern und holt sich die Reisetipps aus erster Hand, zum Beispiel von dem freundlichen Campingplatzbetreiber oder dem norwegischen Campingplatznachbarn.

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Rastplatz-Toiletten werden oft von Wildcampern missbraucht!

UNTERWEGS AUF NORWEGISCHEN STRASSEN

Der Blick auf die Karte verrät, dass die verkehrstechnische Erschließung des Landes nur mit hohem Aufwand umzusetzen war. Die Küste ist durch die Fjorde stark zergliedert, vorgelagert liegen unzählige Inseln. Darüber hinaus ist Norwegen ein Gebirgsland und im Untergrund stößt man auf festes Gestein wie Granite und Gneise. Asphaltierte Straßen, Brücken, Tunnel und Fähren tragen dazu bei, dass in Norwegen mittlerweile jedes Bergdorf und jedes Inseldorf zu erreichen ist. Zahlreiche Tunnel ersparen das Befahren von Pässen und die Fähren helfen, das mühselige Umfahren der Fjorde zu vermeiden. Während man abhängig von der Länge der Überfahrt, der Personenzahl und der Größe des Fahrzeugs für die Fähre bezahlen muss, so sind die Brücken und Tunnel mit wenigen Ausnahmen mautfrei. Die Fähren haben feste Abfahrtzeiten, über die das sogenannte »Ruteheft« oder der Aushang am Fähranleger informiert (www.rutebok.no, www.reiseinfo.no). Man fährt auf die Fähre und bezahlt sofort. Die Fahrt über den Fjord kann bei schönem Wetter zu einer wahren Kreuzfahrt werden. Bei schlechtem Wetter und längerer Überfahrt lockt die kleine Cafeteria unter Deck.

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Immer mehr Schilder weisen darauf hin, dass die Übernachtung im Reisemobil verboten ist.

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Fahrt über den legendären Trollstigen

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Ein markantes Schild kennzeichnet die landschaftlich reizvollen Nationalen Touristenstraßen.

Auch für die generelle Straßenbenutzung wird keine Maut erhoben. Ausnahmen bilden die wenigen Privatstraßen und die zweispurig ausgebauten Schnellstraßen rund um Oslo, Bergen und Trondheim. Leider nimmt jedoch die Zahl der mautpflichtigen Streckenabschnitte zu. Autobahnen, wie man sie in Mitteleuropa kennt, gibt es in Norwegen nur auf wenigen Kilometern. Überwiegend fährt der Reisende auf gut ausgebauten einspurigen Straßen. Allerdings werden viele Abschnitte zweispurig ausgebaut. Ein gutes Beispiel ist hier die Verbindung zwischen Oslo und Lillehammer (E6). An den wichtigen Verkehrsverbindungen wie z. B. der E6, E18 oder E39 findet man ausreichend Gelegenheiten, Rast zu machen. Gerast wird auf den Straßen nicht und die Norweger zeigen stets eine Engelsgeduld, wenn vor ihnen ein Wohnmobil mit 80 Stundenkilometern fährt. Dennoch sollte man ab und zu auf eine Parkbucht ausweichen und dem folgenden Verkehr die Möglichkeit zum Überholen bieten. Die Orientierung in Norwegen ist dank der guten Beschilderung problemlos möglich und an den Kreuzungen stößt man überwiegend auf Kreisverkehre, sodass man bei Unsicherheit bezüglich der weiteren Route einfach eine Ehrenrunde drehen kann.

NATIONALE TOURISTENSTRASSEN

In den letzten Jahren wurden besonders eindrucksvolle Panoramastraßen eingerichtet. Bei diesem ambitionierten Projekt sollen 18 schöne Routen erschlossen werden. Hierbei wurde an landschaftlich reizvollen Strecken eine spezielle Infrastruktur geschaffen. So wurden Infotafeln erstellt, Rastplätze eingerichtet oder erweitert, Kunstwerke aufgestellt und Aussichtsplattformen errichtet. Darüber hinaus wurden Flyer und Infobroschüren gestaltet. Es macht Spaß, über diese »Scenic Routes« zu fahren und die Ausblicke auf die grandiose Landschaft zu genießen. Von Süd nach Nord verteilen sich über das Königreich die folgenden Panoramastraßen: Jæren, Ryfylke, Hardangervidda, Hardanger, Auerlandsfjellet, Valdresflye, Gaularfjellet, Sognefjellet, Rondane, Gamle Strynefjellsvegen, von Geiranger bis Trollstigen, Atlanterhavsvegen, Helgeglandskysten, Lofoten, Andøya, Senja, Havøysund und Varanger. Unter www.nasjonaleturistveger.no kann man sich auch in deutscher Sprache umfangreich über die herrlichen Touristenstraßen informieren.

GUT AUSGERÜSTET NACH NORWEGEN

Die Reise mit dem Wohnmobil bietet u. a. den Vorteil des fast unbegrenzten Stauraumes, sodass man viele Dinge mitnehmen kann, die sonst nicht in den Reisekoffer passen. Dennoch sollte man vor Reiseantritt gut überlegen, was man tatsächlich einpacken muss. Vielfach werden die Staufächer mit Lebensmitteln und Getränken gefüllt. Das liegt am Image des Landes, ein teures Reiseland zu sein. Aber wenn man das Land in seiner Gesamtheit kennenlernen möchte, sollte man sich auch mit dem Warenangebot befassen und typische Produkte (u. a. Fischprodukte, Meeresfrüchte, Rentier- und Elchspezialitäten, bestimmte Brotsorten, Backwaren, Grillwürstchen) probieren.