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Elena Lund, Katja Slonawski, Lisa Vild, Malin Edholm

Die Praktikantin und 12 andere heiße Erzählungen

 

Lust

Camgirl

Viele – besonders ihre Familie und nächsten Freunde – beschreiben Ella als smarte, seriöse und reife junge Frau. Sie möchte gern glauben, dass das stimmt und gibt niemandem Anlass, diese Attribute infrage zu stellen – außer sich selbst. Eine seriöse und reife Person hätte nämlich in weiser Voraussicht einen Job für die Sommerferien organisiert. Eine smarte Person würde sich nicht in Ellas Situation befinden. Als arbeitslose Studentin am Semesterende, die Hälfte vom Bafög noch auf dem Konto und den dräuenden Sommer über sich wie einen dichten, undurchdringlichen Schleier, braucht sie dringend Geld.

„Du kommst mit essen, oder? Wir müssen doch feiern!“ Josefin lächelt sie so breit an, dass die Schneidezähne zwischen den vollen Lippen hervorlugen. Es ist der letzte Tag des Sommersemesters und der Vorlesungssaal wird schnell von den nach draußen drängenden Studenten geräumt, die in den warmen Frühsommer strömen, erleichtert, endlich frei zu sein. Ella lässt sich Zeit damit, alle ihre über den Tisch verteilten Papiere und Stifte einzusammeln. Einerseits will sie nichts lieber, als mit Josefin und dem Rest der Clique Mittag zu essen. Oder Kaffee zu trinken. Oder in eine Bar zu gehen. Sie möchte mitgehen und nicht mehr an die nagende Angst denken müssen. Andererseits ist es genau das Gefühl, dass sie am Mitgehen hindert. Es ist so verdammt vermessen. Sie kann sich nichts davon leisten, weil sie nicht einmal die nächste Miete bezahlen kann.

„Nee, leider kann ich heute auch nicht“, antwortet sie.

„Aber du kannst in letzter Zeit ja nie“, klagt Josefin mit Schmollmund – aber mit einem Funkeln in den Augen. Trotzdem trifft es Ella, als sie das hört. Nein, sie kann nicht mehr mitgehen, wenn man dabei Geld ausgeben muss. Aber wie sagt man das, ohne die Fassade zum Einstürzen zu bringen?

„Ja, leider, ich habe …“, beginnt Ella, aber dann merkt sie, dass Josefin ihre Aufmerksamkeit bereits dem Rest der Clique zugewandt hat, „… was zu tun.“ Sie sieht, wie sie den Vorlesungssaal verlassen und bleibt allein zurück. Einige Sekunden vergehen und alles scheint ganz still zu sein. Das verstreute Lachen und die Stimmen werden leiser und auf einmal fühlt sie sich einsamer als je zuvor. Schnell rafft sie die mittlerweile zerknitterten Papiere in ihren militärgrünen Rucksack.

„Warte!“ Ella stößt die Tür weit auf und rennt die dunklen Marmortreppen hinunter. Ihre flachen Schuhe sind weit hörbar, wie sie die breite Wendeltreppe immer rundum herunterläuft. Am Fuß der Treppe drehen sich Josefin, Anna, Joel und Maria verwundert um, aber als sie sehen, dass es Ella ist, die angerannt kommt, lächeln sie sie warmherzig an. „Ich komme mit, die Wäsche kann warten.“

Als sie später an dem Abend nach Hause kommt, setzt sie sich in ihre enge Einzimmerwohnung und weint. Welle um Welle der niederschmetternden Angst schlägt über ihr zusammen, wenn sie an all das Geld denkt, das sie ausgegeben hat. Geld, das sie eigentlich nicht hat. Ihr Handy vibriert in ihrer Tasche. Erst, als es wieder aufhört, blickt sie auf den Bildschirm und sieht einen weiteren unbeantworteten Anruf von ihrer Mutter. Der dritte heute. Ihre Augen werden wieder feucht. Morgen muss sie anrufen und erzählen, dass sie keinen Job gefunden hat. Dass sie kein Gespartes mehr hat und sich ihre Wohnung nicht mehr leisten kann. Sie muss wieder zu Hause einziehen und sich bei ihren Eltern durchschnorren – sie wird die Versagerin der Familie sein.

Das Gefühl der Hoffnungslosigkeit weicht der reinen Wut. Sie wirft sich auf das quietschende Bett und öffnet den Browser. Mit großen, wütenden Bewegungen tippt sie die Worte How to make money fast in die Suchmaschine. Eine Stunde lang liest sie sich durch diverse verschiedene Seiten und Artikel, aber keiner der Tipps hilft ihr, die Miete in der nächsten Zukunft bezahlen zu können. Sie klickt sich weiter und weiter durch die Suchergebnisse, findet aber nichts. Als sie gerade aufgeben, das Telefon nehmen und ihre Mutter anrufen will, sieht sie etwas am Rand der zuletzt besuchten Seite blinken. Es ist eine Anzeige, auf der eine hübsche junge Frau sich auszieht und streichelt, während die Worte „Buy a private show now“ über dem Bild blinken. Ella betrachtet die Anzeige mit gerunzelter Stirn. Dann hat sie einen Geistesblitz. Sie schließt alle Seiten und fängt von vorne an. Sie sucht nach How to camgirl und stößt sofort auf diverse Forumsthreads, in denen das Camgirl-Phänomen diskutiert wird. Schließlich findet sie bei Flashback einen Thread, in dem eine Frau darauf besteht, Tausende Kronen als Camgirl verdient zu haben. Der Thread ist lang und voller Trolle, aber Ella vertieft sich trotzdem in die Erzählung der Frau. Sie liest alle Abschnitte und saugt die Informationen nur so auf. Nach einer weiteren Stunde lässt sie ihren Blick aus dem Fenster über die lahme Studentenstadt schweifen, die noch leerer als sonst aussieht. Die meisten Kommilitonen sind bereits für die Semesterferien nach Hause gefahren. Einige arbeiten, andere wohnen zu Hause bei ihren Eltern und ruhen sich vor dem nächsten Semester aus. Die Stadt blickt zu ihr zurück und sie versucht sich vorzustellen, was sie in ihr sieht. Hoffnungslosigkeit? Gescheitertsein? Das sieht sie auf jeden Fall in sich selbst.

Sie blickt wieder runter und liest noch einmal die Ausführungen der Frau. Es hört sich so einfach an, wenn sie das erzählt. Es macht total Spaß! Ich kann kommen und gleichzeitig Geld dafür kriegen. Es ist, als ob man Nutzen und Genuss miteinander vereint. Und manchmal muss ich mich nicht mal ausziehen, viele wollen einfach jemanden zum Reden und bezahlen dafür. Auf gehts, Mädels! Ihr werdet es nicht bereuen. Ella starrt Löcher in die Luft und versucht sich zu erinnern, wann sie ihren letzten Orgasmus hatte. Sie weiß nicht einmal, ob sie jemals nah dran war, oder ob sie es je versucht hat. Onanie ist nichts für sie, sie findet das Thema unwichtig. Ihr Körper ist ein unerforschtes Feld und ginge es nach Ella, würde es so bleiben. Sie versucht sich vorzustellen, wie es wäre, sich vor fremden Menschen auszuziehen und erschaudert bei dem Gedanken. Sie denkt bei sich selbst und ihrem Körper einfach nicht, dass er sexy ist, oder dass man ihn gar als Genussobjekt benutzen kann.

Die Frau im Thread hat verschiedene Chatseiten verlinkt, bei denen sie aktiv war, und Ella führt die Maus zu einem der Links, hält dann aber inne. Erst stellt sie es sich als Spaß vor. Jedenfalls am Anfang. Dann wird ihr klar, dass sie eigentlich keine Wahl hat. Entweder kriecht sie mit eingezogenem Schwanz heim zu ihren Eltern oder sie beißt jetzt die Zähne zusammen. Alles, was sie tun muss, ist, ihr lahmes, altes MacBook zu starten, sich in den Chat einzuloggen und sich ein paarmal pro Woche Stück für Stück vor den ausgehungerten Augen auszuziehen. Irgendwann müssen die Klamotten ja ohnehin mal runter, und sie ist ja nun auch nicht gerade mehr Jungfrau. Der Gedanke bringt ihre Wange zum Glühen. Sie befeuchtet ihre Lippen und schluckt. Drei Monate ist es her, dass Victor nach sechs gemeinsamen Jahren Schluss gemacht hat. Er war bisher ihr erster und einziger Sexpartner. Sie war sich sicher gewesen, dass sie für immer zusammen bleiben würden. Der Gedanke hatte ihr Sicherheit gegeben und sie getröstet. Deswegen war es ein echter Schock gewesen, als er eines Abends verkündete, er habe jemand anderen getroffen. Sie hatte nach dem Grund gefragt und er hatte geantwortet, dass er sich nicht geliebt fühlte, dass er sich nicht sexy fühlte und dass er nicht befriedigt wäre. Er sagte, dass sie gar keinen Sex mehr haben wollte. Als sie vergeblich versuchte, gegenan zu argumentieren, schüttelte er den Kopf und antwortete: „Weißt du, wie lange es her ist, dass wir das letzte Mal miteinander geschlafen haben? Oder wie lange es her ist, dass du mich überhaupt angefasst hast? Das hier funktioniert nicht, Ella.“ Er hatte vollkommen Recht, es funktionierte nicht. Sie mochte Sex nicht einmal. Jedes Mal, wenn er sie in letzter Zeit berührt hatte oder sie nur hatte küssen wollen, hatte sie sich schnell losgemacht und Kopfschmerzen oder Müdigkeit vorgeschoben. Sex bedeutet ihr nichts – das macht man bei besonderen Anlässen und Geburtstagen, weil es von einem erwartet wird; es ist eine nervige Pflichtübung.

Sie schüttelt den Kopf, als ob sie damit das stechende Gefühl in Augen und Hals abschütteln könnte. Es wäre leichtverdientes Geld. Sie würde sich daran gewöhnen, und niemand müsste je erfahren, wie sie an der Suche nach einem Sommerjob gescheitert ist, oder wie ihr weniges Gespartes für wilde Studentenfeten und unzählige Kaffees in der Uni-Cafeteria draufgegangen ist. Sie würde innerhalb von einer Woche einen Monatslohn reinkriegen und ihre Eltern bräuchten keine Schecks oder beunruhigte SMS zu schicken. Sie ist eine einigermaßen erwachsene, starke und selbstständige Frau und sie will, dass alle sehen – oder jedenfalls glauben –, dass sie auf eigenen Beinen stehen kann. Deswegen beschließt sie, der Sache eine Chance zu geben. Sie klickt auf den Link und legt ein Profil an, während die Nacht hinter dem ungeputzten Fenster hereinbricht.

 

Das erste Mal ist gruselig. Es fühlt sich total falsch an; es ist falsch. Als sie sich am Morgen anzog, hatte sie keinen Gedanken daran verschwendet, dass die ganze Welt ihr zusehen würde, wenn sie sich am gleichen Abend wieder auszog. Sie hatte eine enge, schwarze Jeans an und ein zerschlissenes T-Shirt mit dem ein oder anderen Fettfleck von einem wenig nahrhaften Essen, das sie sich mal reingeschlungen hatte. Die Kleider schmiegen sich an ihren schlanken Körper und heben ihre breiten Hüften hervor. Ihre Brüste sind zu klein, als dass ein BH notwendig wäre, weswegen unterm T-Shirt zwei helle Brustwarzen durchscheinen, die ständig hart werden, wenn der Stoff an ihrer sommersprossigen Haut reibt.

Den Vormittag hatte sich in der Stadt auf der Jagd nach einer Maske verbracht, mit der sie ihr Gesicht bedecken könnte. Sie hatte gelesen, dass viele Mädchen ihre Gesichter bedeckten, um nicht wiedererkannt zu werden. Ella fand, dass es am allerwichtigsten wäre, ihre Identität geheim zu halten. In der kleinen Studentenstadt verbreiteten sich Gerüchte sehr schnell, und man stelle sich vor, wenn dieses Gerücht ihre Freunde oder Familie erreichen würde! Nach mehreren Stunden intensiver Suche fand sie eine schwarze Maske aus Hartpappe, die eine Katze darstellte. Die Maske bedeckt das halbe Gesicht, vom Scheitel bis zur Nase, mit Löchern für die Augen und Nasenlöcher. Ihre Lippen und das spitze Kinn liegen frei. So ist es perfekt. Der Mann an der Kasse lächelte ihr zu und fragte, ob sie auf eine Maskenparty ginge. Sie nickte eilig, und mit glühenden Wangen und gesenktem Blick verließ sie schnell das Geschäft.

Als sie am Abend ihren Computer hochfährt und die Jalousien herunter, tut sie das mit angehaltenem Atem. Tausende beunruhigende Gedanken gehen ihr durch den Kopf, aber sie macht sich klar, dass sie die Kontrolle hat. Jedenfalls möchte sie das glauben. Sie muss nur den Laptop starten, sich einloggen und die Live-Übertragung beginnen. Den Rest würde sie mit der Zeit herausfinden. Sie denkt daran, was sie vielleicht wird tun müssen, und ihr Magen krampft sich zusammen. Was ist, wenn sie das nicht hinbekommt? Dann hast du es wenigstens versucht, denkt sie leise für sich. Sie holt tief Luft und klickt auf den Knopf.

Sie sieht, wie immer mehr ihre Live-Webcam-Show angucken. Der Gedanke, dass da auf der anderen Seite jemand sitzt und genau sie anguckt, lässt sie unwillkürlich erschaudern. Sie hat ihren Laptop auf einen Stuhl am Fußende ihres Bettes gestellt. Sie selbst sitzt auf ihren Knien im Bett und sieht das Bild von sich selbst. Es ist die gleiche alte Ella, aber andererseits auch nicht. Die Kleider sind dieselben und der Körper ist derselbe, aber die langen, roten Haare, die sonst platt und unfrisiert herunterhängen, sind in einen strammen Pferdeschwanz frisiert. Das sommersprossige Gesicht wird von der schwarzen Katzenmaske verdeckt und ihr Mund formt ein nervöses Lächeln. Die Kommentare über ihren angeblich süßen, hübschen und sexy Körper kommen mit der gleichen Schnelligkeit rein wie die Aufforderungen. Ein Mann bittet sie, sich auf alle Viere zu stellen. Sie liest die Kommentare und sie hält die Luft an, während sie tut, worum man sie bittet. Etwas verlegen steht sie auf allen Vieren in ihrem Bett und dann macht der Computer pling und eine Gutschrift von 300 Kronen, die von BigGuy85 auf ihr Paypal-Konto eingehen, ploppt auf. Die Gutschrift wird gefolgt von der Mitteilung braves Mädchen im Chat. In wenigen Sekunden hat sie das Geld von zwei Stunden Arbeit verdient und vor ihrem inneren Auge sieht sie, wie sie am nächsten Tag mit ihren Freunden zum Mittagessen ausgehen kann. Das hier ist gar nicht so schlimm, denkt sie. Und nur, um es mal auszutesten, hebt sie die eine Hand und leckt die Oberseite, wie eine Katze, die sich gerade wäscht. Sie kichert etwas und denkt daran, wie albern das ist. Ich mag dein Lachen, Kätzchen schreibt jemand im Chat und sie erstarrt, als sie erkennt, dass sie sie sehen und hören können.

MmeDarkness schreibt Zieh deine enge Jeans aus, meine Freundin, die sieht unbequem aus. Ella nickt schweigend und knöpft die Jeans auf. Sie zieht sie langsam über ihren festen Hintern, und während sie das tut, fühlt es sich an, als ob die ganze Welt den Atem anhält. Sie fühlt sich jenseits der Realität. Es ist alles so neu, so fremd. Trotzdem merkt sie, dass sie eine Art Gier und Neugier verspürt. Mit jedem Pling vom Laptop, das eine neue Gutschrift ankündigt, wird sie entspannter. Sie kann das hier schaffen. Bisher ist es überhaupt nicht, wie sie es erwartet hatte. All die positiven Kommentare über ihren Körper bringen das sonst so niedrige Selbstwertgefühl zum Tanzen. Das nervöse Lächeln wird immer mehr zu einem großen, echten Lächeln.

Ella sitzt mit ihrer schwarzen Baumwollunterhose da und fragt sich, was sie als nächstes tun soll. Was ist der nächste Schritt? Sie denkt darüber nach, ob sie selbst die Initiative ergreifen oder auf eine Aufforderung warten soll. Sie kann es selbst kaum glauben, als sie sich sagen hört: „Für 500 Kronen ziehe ich mir auch das T-Shirt aus“. Nur Sekunden später übertragen eine Frau und zwei Männer jeweils 500 Kronen auf ihr Paypal-Konto. „Oha“, sagt Ella laut zu sich. Soll sie nun auch ihr Höschen ausziehen? Die Zahl der Zuschauer steigt weiter. Jemand schreibt Zieh jetzt das Hemd aus und streichel dich für mich. Ella zieht sich das T-Shirt über den Kopf und lässt es auf den Boden fallen, während sie ihre Katzenmaske zurechtrückt. Das Höschen behält sie an. Sie fühlt sich noch nicht bereit, es auszuziehen. Ihre helle, sommersprossige Haut zieht sich in dem kühlen Raum zusammen und ihre Brustwarzen werden hart. Ihre Hände zittern leicht, als sie sie um ihre kleinen, festen Brüste legt. Mit zarten Bewegungen beginnt sie sie zu massieren. In den Handflächen fühlt sie die Härte ihrer Brustwarzen und die Reibung macht etwas mit ihr. Sie fühlt tief da unten in sich drin etwas pulsieren. Sie hat sich noch nie vorher so angefasst.

Das Pling des Computers ertönt häufig mit der Info über mehr kleine Gutschriften, die erfolgen, weil ihre Hände die Brüste verlassen haben und nun über den Bauch wandern. Ihre Hände auf der Gänsehaut senden hitzige Schauerwellen, die von ihrem Geschlecht ausstrahlen. Ihr Atem wird abgehackter und gieriger. Das hier ist so falsch, denkt sie, während ihre Finger ihre Haut erforschen, so falsch, aber so schön. Einen Augenblick lang vergisst sie ganz, dass Hunderte Augen auf ihr ruhen. Alles, was auf der Welt noch übrig ist, ist das Geräusch ihres abgehackten, keuchenden Atems und das Gefühl der Finger, die auf dem Weg nach unten zu ihrem Höschen sind. Nur in der Dusche hat sie sich bisher da unten berührt, und auch dann nur, um sich einzuseifen und zu säubern. Das hier ist vollkommen anders. Durch das Höschen spürt sie, wie nass sie ist. Das ist eine andere Nässe als unter der Dusche, als vom Wasser. Eine Nässe, die sie mit ihrem ehemaligen Freund nie erlebt hat. Sie öffnet die Augen, sieht, dass sich der Chat mit diversen Kommentaren gefüllt hat, und beißt sich auf die Lippe, um ein Lächeln zu unterdrücken. Mit dem Zeigefinger knetet sie den nassen Baumwollstoff langsam vor und zurück. Das Höschen klebt an der Haut. DaddyDom schreibt Zieh dir sofort das Höschen aus und diesmal zögert Ella nicht mehr. Zum ersten Mal in ihrem Leben ist sie richtig geil und diese neu entdeckte Lust, die jahrelang unterdrückt war, hat ihre Hemmungen aufgelöst. Vor Hunderten Augen spreizt sie ihre langen Beine und lässt alle zusehen, als sie ihren Körper Stück für Stück übernimmt.

Nach einer halben Stunde denkt sie matt, dass sie für diesen Abend Schluss machen sollte, als jemand anonym im Chat schreibt Ich will dich mit einem Dildo ficken sehen. Ella holt tief Luft. Was zum Teufel schreiben die Leute alles? Ihre Wangen werden heiß und zum ersten Mal an diesem Abend ist sie verlegen. Sie antwortet leise „Ich habe kein Sexspielzeug“. Trotz ihrer 26 Jahre fühlt sie sich unwillkürlich kindisch. Ist es merkwürdig, dass sie bis zum heutigen Tag nie sich selbst berührt hat? Eine kurze Weile kniete sie nur in ihrem alten Bett und fühlte sich verloren. Da macht der Computer wieder Pling. Ella sieht auf das kleine Bild ihres nackten Körpers und sieht das Pop-up: 4000 Kronen sind gerade von Anonym auf deinem Konto eingegangen, dicht gefolgt von der Nachricht Macht nichts, Kätzchen. Kauf bis morgen einen Dildo, einen Buttplug und einen Vibrator. Dann will ich sehen, wie du das genießt.

 

Am nächsten Morgen zieht sich Ella trotz der Frühsommerwärme die schwarze Jeans und einen großen Kapuzenpulli an. Sie will so viel wie möglich ihres Körpers verdecken, als ob sie etwas für den vorigen Abend gutmachen muss. Als ob sie die unsichtbaren Spuren ihrer eigenen Finger auf ihrer Haut und die Hunderten Augen, die jeder ihrer Bewegungen gefolgt sind, wegradieren müsste. Aber der Hauptgrund, warum sie so angezogen ist, als ob sie etwas verbergen möchte, ist genau der, dass sie die Tatsache verbergen möchte, dass sie nach einem Laden für Sexspielzeug sucht. Sollte sie auf einen Kommilitonen oder einen Freund der Familie treffen, möchte sie die Kapuze aufsetzen und unbemerkt vorbeigehen können, ohne Smalltalk machen oder darüber lügen zu müssen, was sie diesen Sommer macht.

Ella kann nicht verhindern, dass ihre Gedanken zum vorigen Abend zurückwandern, als sie durch die am Morgen noch verschlafene Stadt geht. Sie kann auch nicht verhindern, dass sie sich über sich selbst wundert. Als ihre Live-Show am Abend vorher vorbei war, hatte sie nämlich nicht einschlafen können. Aufgerührt von dem, was sie gerade erlebt hatte, war es, als sei ihr Körper aus einem langen Schlaf erwacht. Die kleinste Berührung ließ ihr Geschlecht warm pulsieren. Die raschelnde Decke rieb angenehm über die harten Brustwarzen und wie sie sich auch wandte und drehte, verschwand das Gefühl nicht. Sie dachte daran, wie viele ihren Körper gesehen hatten, wie viele auf der anderen Seite des Bildschirms gesessen und onaniert hatten, während die Blicke auf sie gerichtet waren. Ella lag da und atmete mit geöffneten Lippen. Während sie an ihr anonymes Publikum dachte, war ihre Hand in das warme, nasse Höschen gewandert. Dort ließ sie zwei Finger in das Nasse hinein und wieder hinaus gleiten. Mit der anderen Hand streichelte sie ihre steifen hellrosa Brustwarzen. Sie hatte die nassen Finger zu ihrer Klitoris hinaufgleiten lassen. Mit langsamen Bewegungen hatte sie sich selbst gestreichelt, bis sie beinah die Fassung verlor. Sie hatte ins Kissen gestöhnt, als sie die Klitoris schneller und härter rieb. Ihre Muschi war nach mehreren Stunden der Erregung geschwollen, und zum ersten Mal in ihrem Leben hatte Ella gespürt, wie sich in ihr etwas aufbaute. Sie hatte weiter gerieben, geknetet und gedrückt und als sie gerade spürte, dass sie nicht mehr konnte, hatte sie sich fallen lassen. Sie hatte ins Kissen geschrien und gespürt, wie die Beine zitterten. Der ganze Unterleib pulsierte warm und feucht gegen ihre Hand. Zum ersten Mal in ihrem Leben machte Ella sich einen Orgasmus, indem sie ihren eigenen Körper anfasste.

Die Stadt erwacht langsam zum Leben und es wird bereits warm. Ella überquert Straßen mit einer Nonchalance, die nur Studenten in einer kleinen Studentenstadt haben können, ohne richtig zu gucken, ob die Autos anhalten oder nicht. Der Spaziergang zu dem Geschäft dauert 20 Minuten. Vor 24 Stunden hatte Ella kaum Geld, um ihre Miete zu bezahlen, jetzt geht sie mit mehreren Tausend Kronen umher, um Sexspielzeug zu kaufen. Es fühlt sich unwirklich an, und auch wenn Ella das sich selbst gegenüber nicht zugeben will, fühlt es sich auch spannend an. Als sie angekommen ist, muss Ella noch eine Runde um den Block gehen, ehe sie sich hineintraut. Sofort tritt eine Mittvierzigerin auf sie zu.

„Wie kann ich dir helfen?“ Die Frau lächelt mit dem ganzen Gesicht und strahlt sowohl Wohlwollen als auch Selbstsicherheit aus. „Ich suche ein paar unterschiedliche Sachen …“, beginnt Ella und fingert nervös an den Schnüren der Kapuze herum, „… aber ich glaube, ich gucke erst mal nur.“ Die Frau nickt lächelnd und geht zurück hinter den Tresen, wo sie eine Art Öl aus großen Kartons wegpackt.

Der Laden ist ziemlich klein, das Sortiment aber riesig. Es gibt Sexspielzeug in allen Farben und Formen. Ella fühlt sich sehr unerfahren, als sie herauszufinden versucht, was die verschiedenen Dinge sind und wie man sie anwendet. Trotzdem fühlt sie, dass das prickelnde Gefühl vom Vorabend langsam zurückkommt, und mit ihm kommen die Gedanken: Was würde ihr anonymer Zuschauer schreiben, wenn sie sich den Dildo einführt? Wie viele würden einen Orgasmus bekommen, wenn sie sich im Rock vorbeugt und ihren runden Hintern zeigt, der mit diesem diamantenbesetzten Buttplug geschmückt ist? Ella geht herum und beißt sich auf die Lippe. Sie erkennt sich kaum wieder. Das prüde, asexuelle Mädchen von vorher ist wie weggeblasen und wurde durch eine Frau ersetzt, die Orgasmen bekommt, sich anderen Menschen zeigt – und die das mag. Denn Ella hat das wirklich gefallen; der Gedanke, dass jemand sah, wie geil sie war und selbst davon geil wurde. Und das war nicht alles. Sie konnte nicht verstehen, was sie all die Jahre verpasst hatte, ehe sie sich selbst berührte und ihren ersten Orgasmus bekam. Es war, als wäre sie sich selber näher gekommen, als ob sie sich selbst auf einer tieferen Ebene kennengelernt hatte und zu ihrer eigenen besten Freundin und Partnerin geworden wäre. Es juckt sie in den Fingern. Sie spürt den neugierigen Blick der Kassiererin in ihrem Rücken, als sie einen rosa Hasen nimmt. Dildo und Vibrator in einem. Kann die Kassiererin ihr ansehen, dass sie sich nur wenige Stunden zuvor online zur Schau gestellt hat? Ihre Wangen werden heiß und die Finger kleben an der Plastikverpackung. Sie geht zu den Buttplugs und wählt einen Plug aus glänzendem Metall mit einem Kunstdiamant am Ende. Die Verpackung liegt schwer in ihrer Hand und ihr Magen zieht sich zusammen, als sie sich die Schwere in sich selbst da hinten vorstellt. Der Gedanke verwirrt sie. Wer ist sie eigentlich?

 

Als sie am zweiten Abend infolge ihre Live-Show startet, tut sie das mit einer Haltung, die ihr am Abend vorher noch gefehlt hat. Heute hat sie mehr über ihre Kleiderwahl nachgedacht als am Tag zuvor. Sobald sie am Vormittag nach Hause gekommen war, hatte sie sich einen kurzen, schwarzen Rock und eine rote Bluse angezogen. Sie fühlt sich heute bedeutend wohler in ihren Klamotten. Ihr neugekauftes Sexspielzeug steht aufgereiht auf dem Nachttisch, zusammen mit einer Tube Gleitmittel, die ihr die Kassiererin mitgegeben hat „für schönere Hinternspiele“. Als Ella vom Laden gekommen war, war sie so erregt gewesen, dass sie ihren Häschen-Vibrator austesten musste. Sie hatte darüber nachgedacht, ihre Show dann schon zu starten, aber war mit sich übereingekommen, dass sie das Spielzeug für sich privat ausprobieren wollte, bevor es Zeit war, es anderen zu zeigen. Sie hatte es sich an diesem Tag viermal eingeführt. Unersättlich hatte sich weiter und weiter gemacht, bis sie so geschwollen war, dass die kleinste Berührung sie beinah vom Bett fegte. Als der Abend kam, war sie bereits angenehm müde im Körper und ihre Klitoris war noch immer geschwollen von all den Orgasmen, die das Häschen hervorgekitzelt hatte. Sie konnte nicht glauben, dass es einem Menschen möglich war, nur vom Denken so nass zu werden.

Der Erste, den sie trifft, als sie live geht, ist Anonym, der fragt Hast du gekauft, worum ich dich gebeten habe, Kätzchen? Ella lächelt breit hinter ihrer Katzenmaske. „Ja“, antwortete sie mit Nachdruck. Gut. Darf ich mal sehen? Ella wendet sich um und kriecht über das Bett. Sie ist sich sehr bewusst, dass Anonym und alle anderen, die ihre Show sehen, ihr unter den Rock gucken können. Darunter hat sie ein kleines, weißes Spitzenhöschen. Sie nimmt sich Zeit, als sie sich nach dem Dildo und dem kleinen, aber schweren Plug streckt. Währenddessen hört sie das bekannte Geräusch des Geldes, das ihr überwiesen wird. Plingend. Sie denkt an die amerikanischen Filme, wo die Stripperinnen von den Zuschauern das Trinkgeld in den Höschenbund gesteckt bekommen. Sie dreht sich wieder zum Bildschirm und kommt mit dem Spielzeug näher. „Hier sind sie“, sagt sie zu Anonym und allen anderen, die den Chat mit Komplimenten und Wünschen füllen. Der Plug sähe schön in deinem kleinen Hintern aus schreibt Anonym. Eine Gruppe weiterer Zuschauer stimmt ihm zu. Ella schluckt. Sie ist bereits unglaublich erregt, aber das hilft nicht gegen die Nervosität. Sie hat noch nie zuvor einen Buttplug angewendet, geschweige denn etwas anderes im Hintern gehabt. Während sie darüber nachdenkt, wie sie die Sache angehen soll, fängt sie im Sitzen an, ihr Höschen an ihren langen Beinen entlang auszuziehen. Langsam. Dann wendet sie sich zur Kamera. „Was bekomme ich dafür?“ Es dauert ein paar Sekunden, dann liest sie Zeig es, dann wirst du sehen. Unglaublich erregt von den Worten ihres anonymen Zuschauers legt sie den Dildo weg und dreht sich um.

Wieder hat sie ihren Hintern der eingebauten Laptopkamera zugewandt, aber diesmal sehr viel näher und ohne Höschen unter dem Rock. In dieser Stellung sehen die Zuschauer alles. Der Laptop plingt ohne Unterlass aber sie guckt nicht nach, weder, wie viel Geld sie verdient, noch, was sie über ihren Hintern und ihre Muschi schreiben. Mit der linken Hand drückt sie einen Klecks Gleitmittel auf ihren rechten Zeigefinger. Sie führt den Finger zu ihrem Anus und schmiert sich langsam mit der kalten, nassen Creme ein. Danach schmiert sie den Buttplug ein. Das kalte Metall verbrennt beinah ihre heißen Finger. Sie holt tief Luft und führt den Plug nach hinten. Sie setzt ihn auf ihren Anus und spürt den Widerstand. Die Kälte ist da hinten intensiver spürbar und lässt sie zusammenzucken. Sie stöhnt leise auf. Dann gibt sie etwas mehr Druck auf den Plug und spürt, wie ihr Anus sich langsam entspannt, wie ihr Körper nachgibt und den Plug freudig aufnimmt. Millimeter für Millimeter. Sie drückt stärker, aber winselt, als es stechend schmerzt, schnell gibt sie wieder nach. Langsam erhöht sie den Druck auf den Plug wieder. Abwechselnd drückt sie und gibt nach, bis sie spürt, dass der Plug von allein immer weiter hineingleitet. Die Bewegung erinnert sie daran, wie sie am Vorabend onaniert hat und ihre Finger in sich hinein und wieder hinaus gleiten ließ. Sie atmet schwer und spürt, wie ihr Körper sich öffnet, bereit, ihn entgegenzunehmen. Da holt Ella tief Luft und drückt, sodass der Plug ganz hineinfährt. Sie spürt, wie der breiteste Teil des Plugs gegen die enge Analöffnung drückt und wie er danach schmaler wird. Ihr Anus schließt sich eng um den Plug. Sie stöhnt laut in ihre enge Einzimmerwohnung. Das kalte Metall wird schnell warm und die Wärme breitet sich in ihrem ganzen Körper aus. Die Wogen werden stärker und die kleinste Bewegung führt dazu, dass sie sich verlieren will – sie spürt, wie sich alles in ihr aufbaut. Sie denkt daran, wie viele ihr in genau dieser Sekunde zusehen und unkontrolliert ziehen sich die Muskeln in ihrem Körper zusammen. Sie stöhnt bereits laut, als ihre Beine zu zittern beginnen, ihr ganzer Unterleib pulsiert warm. Sie beißt sich auf die Lippen und spürt, wie die Muskeln in ihrem Anus gegen den Plug drücken. Es fühlt sich fast an, als würde er herausfahren, deswegen legt sie ihre Finger gegen den Diamanten. Das Gefühl bringt sie dazu, vor Lust laut aufzuschreien und während sie mit ihrem Zeige- und Mittelfinger den Plug hält, kommt sie hart, das Gesicht in die weiche Überdecke gepresst und den Hintern in die Luft gestreckt. Unwillkürlich zuckt sie mit den Hüften, während der Orgasmus Welle um Welle über ihr hereinbricht.

Auf wackligen, zittrigen Beinen und Armen wendet sie sich kurz danach aufs Neue zum Laptop. Ihre Lippen sind geöffnet und sie atmet schwer. Auf der Innenseite ihres Schenkels spürt sie, wie es aus ihrer Muschi rinnt. Oh, wie hübsch du bist / Mmmh die Muschi würde ich gern lecken / Du machst mich so hart, Liebling. Der Chat ist mit Hunderten Mitteilungen gefüllt. Sie sieht mit ihren eisblauen Augen direkt in die Kamera. Mit heiserer Stimme keucht sie: „So, was kriege ich dafür?“. Das Plingen wird von einem Pop-up gefolgt. Ella reißt die Augen auf und holt tief Luft, als sie die Summe sieht. 5000 Kronen. Für den besten Orgasmus ihres Lebens.

 

Am Morgen darauf wird sie vom Klingeln ihres Handys geweckt. Ohne zu gucken, wer es ist, streckt sie sich nach dem Telefon und antwortet schläfrig mit „Hallo“.

„Hallo Ella, hier ist Mama. Wie geht’s?“, sagt ihre Mutter am anderen Ende. Ella setzt sich abrupt im Bett auf. „Ich habe dich doch nicht geweckt?“, fährt ihre Mutter fort.

„Nee, ich wollte gerade aufstehen. Ich muss bald zur Arbeit“, antwortet Ella.

„Oh, wie schön, dann hast du also einen Job gefunden. Papa und ich haben uns schon Sorgen um dich gemacht. Du weißt, dass wir dir immer helfen, wenn du etwas brauchst, oder?“, redet ihre Mutter weiter. „Was jobbst du?“

„Was mit häuslicher Pflege, aber Mama, ich muss jetzt aufstehen und mich fertig machen“, lügt Ella.

Sie beenden das Gespräch und Ella sinkt mit einem tiefen Seufzer zurück ins Bett. Sie wird ihren Eltern niemals die Wahrheit über diesen Sommer sagen können. Sie möchte sie keinesfalls enttäuschen. Hätte sie diesen Sommer keinen Job gefunden – was sie ja tatsächlich nicht hatte – hätten sie ihr mehr als gern geholfen, das wusste sie, aber sie wusste auch, dass ein kleines Stück von ihnen enttäuscht gewesen wäre. Genauso wären sie sehr enttäuscht, wenn sie ihnen erzählen würde, dass sie als Camgirl jobbte, um ihre Miete zu bezahlen. Das hätten sie nicht verstanden und auch nicht verstehen wollen. Allen geht es mit ihren Lügen besser, allen außer ihr selbst, aber wenn sie an das Geld dachte, das sie die letzten zwei Abende verdient hatte, verschwand der Gedanke und wurde durch einen anderen ersetzt: Heute wird sie Josefin kontaktieren und endlich einmal selbst mit einem Vorschlag kommen, was sie machen können.

Der Mai ist gerade in den Juni übergegangen und just heute ist es richtig hochsommerlich warm mit Temperaturen um die 25 Grad. Ella und Josefin haben den ganzen heißen Vor- und Nachmittag am Strand verbracht, und nun sitzen sie draußen in einer Bar und trinken Roséwein in der Abendsonne. Es ist noch immer warm draußen, aber ihnen ist noch kühl von ihrem Geplansche im salzigen Meer. Den ganzen Tag hat Ella darüber nachgedacht, ob sie Josefin von ihrem Sommerjob erzählen soll. Josefin ist sehr liberal und hat das meiste ausprobiert, sie redet offen mit Menschen über Sex, die sie gerade erst kennengelernt hat und wäre sicher die Letzte, die sie verurteilen würde. Ella hatte mehrere gute Chancen, als Josefin von ihren letzten Tinder-Sextreffen erzählt hat oder als sie von hoffnungslosen Dates erzählte, bei denen sie gelandet ist. Trotzdem gibt es etwas, das Ella vom Erzählen abhält. Auf eine gewisse Art mag sie ihr kleines Geheimnis. Sie fühlt sich noch immer wie eine Anfängerin und hat an sich selbst noch viel auszuprobieren und zu entdecken, und das möchte sie in Ruhe tun. Jedenfalls in Ruhe mit ihren Hunderten gesichtslosen Bewunderern. Wenn sie es Josefin oder einer anderen echten Person erzählt, befürchtet sie, dass der Zauber verschwindet. Also verabschiedet sich Ella von Josefin mit einer Umarmung, ohne an diesem Abend etwas erzählt zu haben. Sie verspricht, sich bald wieder zu melden.

 

Später am selben Abend, das dritte Mal, das Ella live geht, passiert etwas mit ihr. Sie lässt die Jalousien runter und startet die Show, als ob sie sich fertig fürs Bett macht und noch etwas auf Netflix sehen will, als ob das hier etwas ganz Normales wäre. Aber statt die Kommentare zu lesen und darauf zu warten, dass jemand ihr sagt, was sie tun soll, weiß sie genau, was sie tun will. Heute Abend ist ihr Abend.

Ella kniet im Bett, den sommersprossigen Rücken zum Laptop gewendet, der das Bild von ihr in Hunderte Haushalten in der ganzen Welt schickt. Ihre Haut ist leicht gerötet und fühlt sich nach den Stunden intensiven Sonnenbadens warm an. Ihre zehn kleinen Zehen schauen unter ihrem weißen Hintern hervor. Sie hat nichts an, aber über ihren Zehen blitzt etwas zwischen ihren Hinterbacken hervor. Ihr Buttplug sitzt wie ein hübsches Schmuckstück an seinem Platz. Plötzlich spreizt sie die Beine, noch immer kniend. Sie späht nach hinten um sich zu vergewissern, dass die Übertragung noch läuft. Dann lässt sie eine Hand zwischen ihre Beine gleiten. Sie führt den rechten Zeigefinger von der Klitoris zur Öffnung hinunter und wieder hinauf, sie fühlt jede kleine Falte und spürt, wie sich das anfühlt. Sie schließt die Augen und liest ihren eigenen Körper mit den Fingern, wie mit Blindenschrift. Die andere Hand sucht den Weg nach oben, und ihre Finger finden die steifen Brustwarzen. Sie kneift sich stark in die eine Brustwarze und seufzt zufrieden, als sie sie wieder loslässt. Stetig fühlt sie, wie ihr Anus abwechselnd den Plug umschließt und sich dann wieder entspannt, wie eine Art inneres Schlagwerk. Das Gefühl ist so schön, dass das allein sie in zwei Sekunden klitschnass gemacht hätte. Aber ihre Finger helfen ja nun auch mit. Sie lässt den feuchten Zeigefinger eine Weile ihre Klitoris umkreisen, bevor sie sich zwei Finger in die Muschi einführt. Sie presst sich gegen ihre Hand und stößt sich ihren Fingern entgegen, die tiefer in sie eindringen. Die ganze Zeit denkt sie an alle, die sehen, wie sie sich selbst befriedigt, die ihre Lust sehen und sie teilen. Der Gedanke, dabei beobachtet zu werden, macht sie noch geiler. Sie weiß nicht, wer sie sind, und sie wissen nicht, wer sie ist, aber sie haben mehr von ihr gesehen als je einer zuvor. Sie haben mehr von ihr gesehen als sie zu haben glaubte. Sie teilt etwas Besonderes mit diesen Männern und Frauen.

Ella reckt sich nach ihrem Dildo mit dem eingebauten Vibrator. Sie spreizt die Beine noch weiter und platziert den Dildo unter sich. Der Rücken ist weiter der Kamera zugewandt. Mit der einen Hand hält sie den Dildo still an seinem Platz, sodass sie mit ihren geschwollenen, nassen Schamlippen direkt über ihm schwebt. Der Sound des Laptops ist abgestellt, aber Ella ist sich sicher, dass er jetzt ohne Unterlass plingen würde, dass die Infos über Gutschriften und Trinkgelder sich abwechseln würden. Besonders jetzt, da sie sich langsam über den Dildo herabsenkt und ihn von ihrem Körper aufnehmen lässt. Ihr enges Loch legt sich stramm um den Dildo, und als sie ihn einführt, spürt sie, wie der Buttplug auf der anderen Seite der Haut, sich bewegt. Sie gleitet ganz herunter bis zur Wurzel des Dildos, die sie festhält. Einige Sekunden pausiert sie, um einige stöhnende Atemzüge herauszulassen, dann gleitet sie wieder nach oben. Es schmatzt nass, als der Dildo sie verlässt. Fäden von ihrem nassen Saft hängen zwischen dem rosa Dildo und ihrer Muschi. Sie leckt sich den Mund und gleitet wieder herunter, diesmal schneller. Härter. Sie spürt, wie der Dildo sie ganz ausfüllt, wie sie ihn aufnimmt und sich Stoßwellen in ihrem ganzen Körper ausbreiten. Sie reitet den Dildo schneller und schneller. Ihre Augen sind noch immer geschlossen. Im Kopf stellt sie sich vor, dass der Dildo der warme, harte Schwanz von jemandem ist und wie sie ihn in der Öffentlichkeit reitet. Sie keucht laut. Ihre beiden Öffnungen sind gefüllt und sie genießt das Gefühl. Sie schaltet den Vibrator an und zwei kleine Häschenohren kitzeln ihre Klitoris. Mit jedem Mal, das sie nach oben und wieder hinunter gleitet, spürt sie den Vibrator.

Ella spürt, dass sie sich dem Orgasmus nähert. Wie er sich aufbaut. Es beginnt ganz tief in ihr drin, ein warmes Gefühl, und breitet sich dann im ganzen Bauch und die Beine herab aus. Sie spannt sich an. Die Bauchmuskeln treten unter der Bauchdecke hervor. Die Wadenmuskeln werden sichtbar. Ihr Hals wird länger, als sie das Kinn reckt, fast als ob sie einen letzten, tiefen Atemzug nehmen wollte, bevor sie unter der Oberfläche verschwindet. Ihr Mund ist weit geöffnet und formt ein stummes O. Ihre Hüften kreisen und stoßen gegen den Dildo, der tief in ihr steckt, und der Vibrator kitzelt die exakt richtige Stelle. Sie zieht die Augenbrauen zusammen und sieht fast traurig aus. Und dann gibt sie auf. Sie hört auf gegenzusteuern. Der O-förmige Mund formt den langen Atemzug zu einem tiefen, dröhnenden Stöhnen, das genauso lange dauert wie das Einatmen. Ihre nasse Muschi pulsiert stark. Sie drückt sich hart gegen den vibrierenden Dildo. Mit jeder Woge der Lust, die ihren ganzen Körper durchströmt, stößt sie ihre Hüften heftig gegen ihn. Sie fühlt, wie der Buttplug herausgedrückt werden will, aber ihr Hintern ist zu eng, um ihn erfolgreich herauszustoßen. Das Stöhnen geht weiter und wird schließlich weniger. Sie zittert unkontrolliert von der stetigen Stimulierung des Vibrators und muss ihn sich beinah abschütteln. Sie fällt für einige Sekunden auf dem Bett zusammen und versteht zum ersten Mal in ihrem Leben, warum das „kleiner Tod“ genannt wird.

Nachdem sie ein paar Minuten lang wieder zu sich gekommen ist, wendet sie sich ihrem Laptop zu und sieht, wie das Geld hereinströmt. Sie liest die Kommentare und lächelt breit. DaddyDom, einer ihrer fleißigsten Zuschauer, schreibt und nun machst du das noch mal, diesmal richtig rum. Sie spürt, wie sich ihr Magen zusammenzieht, wie es kribbelt. Es rinnt ihr noch immer die Beine runter – sie ist so himmlisch nass. Sie muss nicht einmal nachdenken, bevor sie antwortet. „Okay“, sagt sie mit kindlicher Freude und fängt wieder von vorne an.

 

Am nächsten Abend hat sie frei. Sie stellt fest, dass sie ein paar Tage lang keine Show machen muss. Vielleicht eine ganze Woche nicht. Ella hat an nur drei Abenden genug verdient, um Miete und Essen zu bezahlen und um sich den ganzen Juni nicht um Geld kümmern zu müssen. Sie will gerade los und Josefin und den Rest der Clique an der Sportbar um die Ecke treffen, als sie zum Laptop schielt. Er steht noch immer auf dem Stuhl am Fußende des Bettes, mit dem Buttplug und dem Dildo daneben. Die Katzenmaske hat sie aufs Bett geworfen. Ella lächelt, als sie an den ersten Abend zurückdenkt. Wie sie vor Nervosität zitterte, wie sie nicht kommen konnte, bevor die Übertragung geschlossen war und wie sie sich am nächsten Morgen fast geschämt hat für das, was sie getan hat. Alles hatte sich so furchtbar falsch und verboten angefühlt. Die Uhr an der Wand zeigt 19:45. Sie hat noch eine Viertelstunde Zeit.

Als sich die Jalousien in den Sommerabend senken, drückt sie auf den Knopf und ihre Kleider fallen zu Boden. Stück für Stück für Stück. Sie entblößt sich selbst komplett, und obwohl das, was sie mit sich selbst und ihrem Körper macht, so falsch ist, hat sie nie erlebt, dass sich etwas richtiger angefühlt hat.