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Nr. 3095

 

Unterhaltung mit einem Monster

 

Blick in die Vergangenheit – die Galaktiker erzwingen die Entscheidung

 

Kai Hirdt

 

 

 

Pabel-Moewig Verlag KG, Rastatt

 

Cover

Vorspann

Die Hauptpersonen des Romans

1.

2.

3.

4.

5.

6.

7.

8.

9.

10.

11.

12.

13.

14.

15.

Epilog

Leserkontaktseite

Glossar

Risszeichnung Hantelroboter der Phersunen

Impressum

PERRY RHODAN – die Serie

 

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Mehr als 3000 Jahre in der Zukunft: Längst verstehen sich die Menschen als Terraner. Mit ihren Raumschiffen sind sie in die Tiefen des Universums vorgestoßen und dabei zahlreichen außerirdischen Lebensformen begegnet; ihre Nachkommen haben Tausende von Planeten besiedelt und sich den neuen Umwelten angepasst.

Perry Rhodan ist der Mensch, der den Terranern diesen Weg zu den Sternen eröffnet und sie seitdem begleitet hat. Nun steht er vor einer seiner größten Herausforderungen: Er wurde mit seinem Raumschiff, der RAS TSCHUBAI, durch die Zeit in eine Epoche katapultiert, in der Terra und Luna verloren und vergessen zu sein scheinen.

Mittlerweile hat er die beiden Himmelskörper wiederentdeckt und es mithilfe der Staubfürsten geschafft, sie in den Heimatzweig des »Dyoversums« zurückzubringen. Aus dem Mythos Terra ist wieder Realität geworden.

Die Rückkehr Terras weckt aber nicht überall Freude: Die Cairaner, die derzeit in der Milchstraße den Ton angeben, hatten Terras Verschwinden einst unter großen Mühen bewerkstelligt. Was aber sind ihre wirklichen Ziele und Beweggründe? Rhodan stößt mit der RAS TSCHUBAI ins Zentrum der cairanischen Macht vor – es kommt zur UNTERHALTUNG MIT EINEM MONSTER ...

Die Hauptpersonen des Romans

 

 

Ataidse Sturu – Der Konsul der Cairaner muss sich an zahlreichen Fronten bewähren und eine harte Verhandlung führen.

Dupa Emuladsu – Die ehemalige Agentin des Panarchivs erinnert sich an alte Informationen und bringt neue Informationen.

Perry Rhodan – Der Terraner steht nur vorgeblich auf gefährlicher Position und lässt sich auf riskante Dialoge ein.

Gucky – Der Ilt stürzt sich in eine Erkundungsmission und geht einige Risiken ein.

1.

 

Konsul Ataidse Sturu war müde. Der Becher starken dampfenden Equabsuds zu seiner rechten Außenhand half nicht mehr dagegen. Es war nicht die Kraftlosigkeit am Ende eines zu langen Tages, die ihn plagte. Vielmehr fühlte er die ganze Last der Welt auf seinen Schultern, und er trug sie schon zu lange.

Man sagte, dass ein guter Anführer sich erst in der Krise beweise. Nun, er war zumindest erfahren, hatte in mehr als 1000 Jahren sein Maß an schweren Situationen überstanden. Aktuell aber hatte er es mit fünf Krisen gleichzeitig zu tun, und er fand, das war etwas viel des Guten. Er fand kaum die Oberfläche seines Arbeitstisches unter all den blinkenden Holos mit brandaktuellen Informationen, taktischen Analysen und Dringlichkeitsanfragen.

Außerhalb des Sternenrads wurden die Ausweglosen Straßen angegriffen. Innerhalb wollte jede einzelne planetare Regierung des Sternenrads etwas von ihm, dazu die meisten Mondkolonien.

Er hatte keine Zeit dafür, er musste die Jagd auf Perry Rhodan koordinieren. Der Terraner hatte es geschafft, den Weißen Schirm zu durchbrechen, der das Sternenrad schützte. Und nicht nur das: Danach war ihm sogar die Flucht gelungen. Er hatte sich mit der RAS TSCHUBAI, seinem riesigen Raumschiff, irgendwo verkrochen. Damit befand sich ein Feind im Sternenrad, und 250.000 Einheiten der cairanischen Verteidigungsflotte war es bislang nicht gelungen, ihn aufzuspüren.

Diese Behauptung hätten mehrere Verbandskommandanten weit von sich gewiesen. Man hatte Rhodans Versteck entdeckt, auf Pulun, einem der 17 Monde des Gasriesen Miwhar. Unerklärliche Messwerte ließen nur einen einzigen Schluss zu: Die RAS TSCHUBAI verbarg sich dort unter einem Schutzschirm unbekannter Natur. Knapp 20.000 Raumschiffe hatten Pulun angesteuert und waren bereit, auf Sturus Befehl hin notfalls den ganzen Mond zu vernichten.

Sturu beschäftigte sich derweil mit einem Bericht, der die RAS TSCHUBAI fast mit Sicherheit in der Korona der Sonne Cayssis ausgemacht hatte, sowie einem weiteren, der sie in der Sonne Cayunin vermute.

Jeder der Berichte war überzeugend. Nur einer konnte stimmen.

Ein neues Holo erschien, diesmal nicht nur in Warnstufe Blau, sondern Violett. Das war ernst. Sturu unterbrach seine Arbeit und berührte das Symbol.

Eine Dringlichkeitsanfrage von Gihad, dem fünften Planeten. Dort war es zu Auseinandersetzungen gekommen. Griffen die Terraner an? Sturu ließ eine Verbindung zu Andala Kudesse aufbauen, der Legatin dieser Welt.

Die hatte offensichtlich nicht damit gerechnet, eine sofortige Antwort zu erhalten. »Ehrwürdiger Konsul ...«, begann sie.

Sturu legte keinen Wert auf Höflichkeiten. Nicht in dieser Lage. »Wer greift an?«, unterbrach er. »Terraner? Haluter?«

»Cairaner«, sagte Kudesse.

»Was?«

»Cairaner«, wiederholte die Legatin. Es war also doch nicht die Müdigkeit, die Sturu einen Streich gespielt hatte. »Terroristen wollten in die Legatur eindringen und mich absetzen.«

Sturu hob ratlos die Hände. Was sollte daran wichtig sein, von höherer Warte aus betrachtet? »Ins Gefängnis mit ihnen.«

»Das habe ich befohlen«, versicherte Kudesse. »Nur gibt es seitdem nur noch mehr Aufständische. Und meine Ordnungskräfte verhalten sich auffallend passiv. Sie setzen meine Anordnungen nicht mit der nötigen Härte durch.«

Sturu zögerte. Das klang allmählich nach einem relevanten Problem. »Was ist das Problem? Welche Forderungen wurden gestellt?«

»Die Aufrührer protestieren gegen die Versetzung von Tschirmayn in den Leerraum und fordern den Rücktransport.«

Sturu seufzte. Tschirmayn also. Wen interessierte diese Arkonidenwelt überhaupt? Die Arkoniden hatten den Cairanischen Friedensbund schwächen wollen. Also hatte man eine ihrer Hauptwelten ins Nichts versetzt, wo sie sonnenlos auskühlen und sterben durfte.

Eigentlich nur naheliegend. Doch Teile der Bevölkerung sahen das anders. Sturu bereute, dass er diesem Vorschlag seiner Amtskollegin zugestimmt hatte. Die Strafaktion machte ihnen inzwischen mehr Schwierigkeiten, als sie gelöst hatte.

Wie umgehen mit dem Dilemma? Sturu schloss die Augen, legte die Gespürhände aneinander und barg sie in den Außenhänden.

»Konsul ...«

»Still.«

Sturu überlegte. Die Ereignisse strebten auf ihre Vollendung hin. Der Tag des Trajekts rückte näher. Doch zugleich entglitt den Cairanern immer mehr die Kontrolle über die Geschehnisse. Wollten sie Chaos überwinden, das Perry Rhodan und seine Gefährten anrichteten, brauchten sie den vollständigen Einsatz aller Ressourcen. Es durfte nicht sein, dass Teile der Bevölkerung – Teile der Sicherheitskräfte sogar – Anweisungen infrage stellten. Jede Verzögerung, jede Nachlässigkeit bedeutete eine Gefahr für das große Ziel, das nach so vielen Jahrhunderten in greifbare Nähe gerückt war.

Insbesondere wenn Gihad betroffen war. Dort stand die Hauptsteuerstation für die Lichtschleusen. Fiel sie in die Hand von subversiven Elementen, konnten diese jeden beliebigen Feind ins Sternenrad einlassen. Und davon tummelten sich gerade jede Menge außerhalb des Weißen Schirms. Mehr als 30.000 Schiffe der Arkoniden, Terraner, Gataser, Haluter und Posbis warteten nur darauf, die Cairaner in einen Vernichtungskampf zu zwingen.

»Ich schicke dir einige Schiffe«, sagte er. »Ein kleines Kontingent mit, sagen wir, dreißigtausend Raumsoldaten. Kannst du damit für Ordnung sorgen?«

Kudesse bestätigte.

Sturu beendete die Verbindung und kommandierte zehn Augenraumer nach Gihad. Es tat ihm in der Seele weh, diese Befehle zu geben. Cairaner gegen Cairaner – das sollte nicht geschehen.

Erstens überhaupt nicht. Und zweitens nicht im Sternenrad, im Herzen des Cairanischen Friedensbundes. Er verfluchte die Aufständischen dafür, dass sie ihn zwangen, sie zu bestrafen.

Zurück zu der Suche nach Rhodan! Als sich Sturu gerade wieder den aktuellen Meldungen widmen wollte, ließ ihn eine Ahnung innehalten. Er leitete die Geschicke seines Volkes lang genug, um zu wissen, dass die Dummen und Unzufriedenen nicht nur auf einem Planeten, in einer einzelnen Stadt lauerten. Sie waren allgegenwärtig.

Er konfigurierte eine Filterroutine und stellte fest, dass sich allein fünf Meldungen aus den letzten drei Stunden um ähnliche Sachverhalte drehten. Nicht nur auf Gihad war es zu gewaltsamen Protesten gekommen. Der Unmut über Tschirmayn drohte zum Flächenbrand zu werden.

Das durfte nicht geschehen. Ataidse Sturu drehte den Kopf und sah aus einem Fenster des Konsulatsturms hinüber zu den drei fernen, düsteren Säulen des Großen Panarchivs.

Er kontaktierte seinen Adjutanten, der irgendwo im Konsulatspalast die zahllosen Gesprächsanfragen in wichtige und vernachlässigbare vorsortierte. »Ich will Unapeshe sprechen«, ordnete er an. »Sofort.«

 

*

 

Borgusd Unapeshe ließ Sturu warten. Seit man ihn zum Leiter des Geheimdienstes gemacht hatte, vergaß er zunehmend seinen Platz in der Ordnung der Dinge.

Irgendwann würde Sturu sich dieses Problems annehmen. Aber das hatte Zeit, bis das Trajekt abgeschlossen war. Bis dahin hatte der Mann noch eine Aufgabe zu erfüllen.

Wenn er ihr denn gewachsen war. »Warum hat das Panarchiv nicht vor dem Aufstand auf Gihad gewarnt?«, fragte Sturu in kühler Ruhe.

Unapeshe hatte einst Zugang zu einer Vitaltränke erhalten. Mit seinen gerade 200 Jahren hätte er also wie das blühende Leben aussehen sollen. Doch er war so dürr, dass seine Haut sich über den Schädel spannte. Die Augen lagen tief in den Höhlen; der goldene Schimmer der Haut war dort ganz in Dunkelheit verborgen.

Selbst einem erfahrenen Diplomaten wie Sturu fiel es schwer, aus der Beobachtung dieses Gegenübers Informationen zu gewinnen – insbesondere weil der Chenmaan hinter dem Geheimdienstler ihn fortwährend irritierte. Das Tier mit dem armlangen Körper und den vier glitzernden, surrenden Flügeln umschwirrte Unapeshe als stetiger Begleiter.

Sturu hätte das wahnsinnig gemacht. Doch Unapeshe bemerkte es anscheinend gar nicht. »Ich habe dich gewarnt«, behaupte er ungerührt.

»Ich kenne keinen entsprechenden Bericht.«

»Es gibt keinen«, begründete der Agent. »Wie auch? Die Bewegung auf Gihad ist neu, also gab es nichts zu warnen. Ich habe dich aber ausdrücklich gewarnt, dass die Strafversetzung eines ganzen Planeten exzessiv ist. Und damit unpopulär bis hin zum offenen Widerstand.«

Sturu erinnerte sich. Er hatte den Einwand abgetan. Die Aktion war in der Tat extrem gewesen, aber sie war zum Besten der Sternenradbevölkerung. Nur dass diese es offensichtlich nicht verstand.

»Tschirmayn war vielleicht ein Fehler«, gestand er widerwillig ein. »Eine schlechte Idee von Tainatin.«

»Offenkundig trägt deine Amtskollegin die Schuld. Wer sonst?«

Sturu witterte Ironie in Unapeshes Worten. Sicher war er, als der Agent weitersprach: »Schade, dass du den Beschluss ebenfalls unterzeichnet hast.«

»Zurück zum Thema!«, mahnte Sturu. »Die Unruhen auf Gihad kommen zum schlechtestmöglichen Zeitpunkt. Wie können wir ...«

»Sie kommen zum einzig möglichen Zeitpunkt«, unterbrach Unapeshe. »Hast du meine Warnung damals überhaupt gelesen?«

Er startete ein Holo, das sich sowohl vor seinem als auch vor Sturus Gesicht aufbaute. Der Friedensgedanke ist so tief in der cairanischen Psyche verwurzelt, dass ein kriegerischer Akt – und als solcher kann die Strafversetzung eines ganzen Planeten betrachtet werden – zu kollektivem Entsetzen führen kann. Die möglichen Konsequenzen sind latente Ablehnung des Regierungshandelns und nachlassender Einsatz bei der Befehlsbefolgung. Dies bereitet den Boden für konkretere Gefahren: Jedweder Auslöser kann zu dezentralen Widerstandsbewegungen führen, die nicht notwendiger-, aber möglicherweise kritische Infrastruktur des Sternenrads oder des Trajekts als Ziel wählen.

»Der Durchbruch der Terraner«, erklang Unapeshes Stimme durch die Darstellung, »war dieser Auslöser.«

»Du hast also gewarnt, dass irgendwann, irgendwo aus irgendeinem Grund jemand unzufrieden werden könnte«, stellte Sturu fest. »Exzellente Arbeit. Geht es noch konkreter? Wer steckt hinter dem Widerstand, wie halten wir ihn auf?«

»Geheimdienstarbeit braucht Zeit«, sagte Unapeshe mit enervierender Ruhe. »Das Einschleusen von Spionen und Rekrutieren von Informanten dauert Jahre. Wie soll das gelingen bei einer Gruppe, die sich erst vor wenigen Wochen gefunden hat?«

»Mit anderen Worten: Du hast das Problem nicht rechtzeitig erkannt, und ich muss es nun lösen.«

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Illustration: Swen Papenbrock

Unapeshe totenschädelhafter Kopf ruckte hoch. »Was hast du vor?«

»Bis zum Abschluss des Trajekts lasse ich keine Komplikationen zu«, antwortete der Konsul. »Ich muss ein Exempel statuieren, das jede Lust auf Widerstand im Keim erstickt.«

Nun zeigte sich ein goldener Schimmer in den dunklen Tiefen von Unapeshes Augenhöhlen. »Was hast du vor?«, wiederholte er.

»Truppen auf Gihad.«

Der Schimmer erlosch. Unapeshe schwieg.

»Was?«, fuhr Sturu ihn an. Es war das erste Mal in dem Gespräch, dass seine Gereiztheit sich in seinem Tonfall niederschlug.

»Du willst einen Fehler mit einem größeren Fehler korrigieren«, sinnierte der Geheimdienstler. »Das Problem auf Gihad ist: Die örtlichen Sicherheitskräfte stehen hinter den Aufständischen. Wer sagt dir, dass es bei den Soldaten nicht ebenso ist?«

Ärger brodelte in Sturu hoch und vertrieb den letzten Rest von Mattigkeit.

Unapeshe fuhr unbeeindruckt fort. »Möglicherweise bringst du gut ausgerüstete und gut ausgebildete Kämpfer dazu, sich den Zivilisten anzuschließen.«

Nachdem er fertig war, schwieg Unapeshe erwartungsvoll.

Der Konsul rang seinen Ärger nieder und dachte nach. Lange. »Gut«, sagte er schließlich. »Kein Militär auf Gihad. Jedenfalls nicht wie geplant. Aber wir müssen trotzdem etwas gegen diese Widerständler tun.« Seinen Ärger hatte er im Griff, aber er musste feststellen, dass dafür nun Verzweiflung von ihm Besitz ergreifen wollte. »Unsere Leute müssen verstehen, wer da eingedrungen ist. Das ist Perry Rhodan! Er gefährdet das Trajekt, unser Volk, unsere ganze Zukunft! Mach den Aufständischen klar, dass sie ihre Hoffnung auf ein Monster setzen!«

»Du forderst eine Desinformationskampagne?«, vergewisserte sich Unapeshe.

»Nein, eine Informationskampagne«, korrigierte Sturu. »Rhodan ist gefährlich.«

»Unsere Datenbanken sind voll von entsetzlichen Geschichten über ihn. Sie sind allesamt ausgedacht«, merkte der Agent an. »Ich zweifle, ob sich davon jemand täuschen lässt.«

»Ich gewinne den Eindruck, du willst unsere Probleme gar nicht lösen«, sagte der Konsul scharf. »Darf ich dich erinnern, dass du geschworen hast, Schaden vom cairanischen Volk abzuwenden?«

»Ich handle nach Fakten, nicht nach Wünschen«, versetzte der Agent. »Das hilft bei der Erfüllung dieses Eides.«

»Tu, was ich dir befehle!« Wütend beendete der Konsul das Gespräch.

 

*

 

So renitent Unapeshe war: In manchem hatte er recht. Konsul Sturu änderte den Befehl für die Soldaten, die auf Gihad niedergehen würden. Sie würden nicht die Aufstände niederschlagen, sondern publikumswirksam eine Legatin verhaften, die Sicherheitskräfte gegen das eigene Volk eingesetzt hatte. Das würde die Lage für Erste befrieden, lange genug, bis das Problem Rhodan gelöst war.

Noch während er den Befehl abfasste, blinkt das nächste violette Warnlicht auf. Mit Prioritätskennzeichen.

Sturu nahm das Gespräch gereizt entgegen. »Ja?«

»Wir wissen, wo Rhodan ist!«, meldete sein Adjutant.

Die Müdigkeit kehrte schlagartig zurück. »Das nächste unklare Ortungsergebnis, das nur einen einzigen, völlig unwiderlegbaren Schluss zulässt?« Er hob seinen Becher mit dem inzwischen abgekühlten Sud an die Lippen.

»Nein«, sagte sein Helfer verwirrt. »Ein Bericht von Legatin Noinolidse. Sie hat mit ihm gesprochen.«

Bedächtig stellte Sturu den Becher zurück. »Sag das noch einmal.«

2.

 

Dupa Emuladsu stand in der Zentrale der RAS TSCHUBAI und starb innerlich.

Der Mensch Perry Rhodan war ins Sternenrad eingedrungen. Er hatte ein Ding der Unmöglichkeit vollbracht und den Weißen Schirm durchbrochen.

Rhodans Helfer hatten Emuladsus Sohn Aipu aus den Fängen der cairanischen Regierung befreit und an Bord der RAS TSCHUBAI gebracht.

Nach diesen zwei eigentlich undenkbaren Ereignissen hatte sie alle Hoffnung auf die Terraner gesetzt. Der Glaube an ihn hatte ihr den Mut gegeben, Purai Noinolidse über den Mund zu fahren, der Legatin des Planeten Ghibona. Sie hatte von Noinolidse verlangt, mit Konsul Sturu zu sprechen – dem Mann, der für Aipus Entführung verantwortlich war und höchstwahrscheinlich auch für das Verschwinden ihrer sieben anderen Kinder.

Mit Rhodan im Rücken war sie sich für einen Moment unbesiegbar vorgekommen. Doch nun zeigte sich: Der Terraner hatte nicht einmal den Anflug eines Plans!

Die RAS TSCHUBAI war entdeckt. 10.000 cairanische Kampfschiffe warteten nur auf Befehl und Gelegenheit, sie zu zerstören. Rhodans Konterplan war gewesen, die Lichtschleusen im Weißen Schirm zu öffnen und Verstärkung ins Sternenrad zu lassen – aber ohne jede Ahnung, wie er das bewerkstelligen sollte.

So stand sein Schiff allein gegen die erdrückende Übermacht, ohne eine Idee, ohne Chance, ohne Hoffnung. Rhodans Terraner und Emuladsu selbst, sie war sich ihres Anteils der Schuld voll bewusst, hatten Aipus Leben nicht gerettet, sondern beendet. Entweder ihr Sohn starb bei der Zerstörung des Schiffs, oder nach dessen Eroberung auf dem Planeten Ghibona, im Hyperschub-Dom des Sternenrads.

Das war das Schicksal, das Sturu ihm von Beginn an zugedacht hatte. Die Flucht und die Zusammenarbeit mit den Terranern hatten daran nichts geändert, sondern alles nur noch schlimmer gemacht: Emuladsu hatte das Leben ihrer sieben verschollenen Kinder wahrscheinlich gleich mitzerstört.

Dass sie selbst bei dem Angriff auf die RAS TSCHUBAI umkommen würde, fiel schon gar nicht mehr ins Gewicht.

»Wir werden hier sterben«, sagte sie leise. Es war keine Anklage, nur eine Feststellung.

»Werden wir nicht.«

Emuladsu war überrascht, dass Rhodan sie überhaupt gehört hatte. Sie drehte sich langsam zu ihm. »Warum glaubst du das? Gibt es einen Grund zur Hoffnung? Einen nachvollziehbaren?«

»Erfahrung«, sagte Rhodan. »Die Lage ist heikel, ja. Aber dass die Legatin deine Gesprächsbitte an den Konsul weitergeleitet hat, ist ein gutes Zeichen.«

»Du willst mit dem Mann verhandeln, der meinen Sohn zum Tod verurteilt hat.«

»Dein Sohn lebt.«

»Er lebt noch. Und meine anderen sieben Kinder habe ich bei seiner Rettung verloren.«

»Was wir vielleicht hätten verhindern können, wenn du uns vor dem Risiko gewarnt hättest. Aber zugegeben: Dafür brauchen wir noch eine Lösung. Wir werden eine finden.«

Emuladsu lachte bitter. Schöne Worte, aber nach wie vor kein Plan. »Was tun wir also?«, fragte sie.

»Wir warten«, antwortete Rhodan.

»Worauf?«

»Auf eine Idee. Oder eine Gelegenheit«, sagte er leichthin. »Früher oder später stellt sich immer eine ein.«

Emuladsu senkte den Blick und gedachte ihrer Familie, die sie nie wieder zu Gesicht bekommen würde.

3.

 

»Er hat ein Raumschiff auf meinen Planeten abstürzen lassen!«, ereiferte sich Legatin Purai Noinolidse.

Das passte zu Sturus Bild von Rhodan. In völliger Rücksichtslosigkeit verfolgte der Terraner seine Ziele. Er hatte den jungen Cairaner Aipu Emuladsu entführen lassen, zum zweiten Mal bereits. Wer dabei litt, wer dabei starb – das war den Terranern völlig egal.

Rhodans Arroganz zeigte sich auch darin, dass er das Gespräch mit Noinolidse verweigerte. Er wollte mit niemand Geringerem als Ataidse Sturu selbst sprechen.

Das war gleich in mehrfacher Hinsicht ein Fehler. Rhodan bestand also darauf, mit einem überlegenen Gegner zu verhandeln? Das sollte er haben. Sturu würde die Gefahr erstens schneller und zweitens gründlicher beseitigen, als alle Noinolidses des Sternenrads es vermocht hätten. Zugleich würde er noch die Zweifler in der Bevölkerung zurück auf die richtige Seite ziehen.

»Ich übernehme die Verhandlungen«, informierte Sturu die Legatin. »Kümmere du dich um die Aufräumarbeiten an der Absturzstelle.«

Nachdem diese Nebensächlichkeit delegiert war, kümmerte er sich um das Wesentliche. Tatsächlich hielt sich die RAS TSCHUBAI in der Sonne Cayunin versteckt, einem der drei Orte, wo man sie vermutet hatte. Mittlerweile standen dem einzelnen Terranerschiff mehr als 10.000 Kampfeinheiten entgegen.