© 2013 Claudia Liath

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Fotos: Claudia Liath

Herstellung und Verlag: BoD - Books on Demand, Norderstedt

ISBN 978-3-7322-7213-6

INHALT

Für Jolly

Die Phytotherapie

In der Phytotherapie, der Pflanzenheilkunde, findet sich das älteste Therapieverfahren überhaupt und der Ursprung der modernen Medikamentenmedizin. Die Behandlung von Krankheiten mit Kräutern hat jedoch nicht nur beim Menschen eine lange Tradition, auch Tiere wurden mit diversen Kräuterextrakten kuriert. Meist geschah dies im Rahmen eines Rituals, bei dem zugleich die Krankheiten verursachenden Wesenheiten verscheucht werden sollten. Anders als bei der heutigen Reparaturmedizin, die sich hauptsächlich auf die körperlichen Beschwerden konzentriert, wurden neben dem Körper auch Geist und Seele in den Heilungsprozess mit einbezogen.

Wissenswert: Schamanen widmen ihre Aufmerksamkeit dem Feinstofflichen und verbinden dort, wo es nötig ist, verloren gegangene Seelenteile oder Organseelen mit dem großen Ganzen1.

Bis ins letzte Jahrhundert ist auch das Besprechen, das Zitieren von Reimen und / oder Beschwörungsformeln, bekannt. Dabei handelt es sich um Wortmagie, mit der die Krankheit vertrieben werden soll. Im zweiten Merseburger Zauberspruch bedient Odin sich des Galdr, des Sprachzaubers oder Zauberliedes, um ein lahmendes Pferd zu heilen.

Aus dem Mittelalter kennt man neben Beschwörungen und Gebeten eine ganze Reihe wissenschaftlicher Schriften, die jedoch kaum zwischen Tierhaltung und Tiermedizin trennten und deren Behandlungsmethoden oftmals tierschutzrelevant anmuten. Wie die Humanmedizin basierte auch die Tiermedizin zu einem großen Teil auf der damals anerkannten „Säfte-Lehre“ (Humoraltheorie), die unter anderem auf Hippokrates zurückgeht. Dabei wurden die vier Körpersäfte Blut, gelbe Galle, schwarze Galle und Schleim mit Eigenschaften wie feucht, trocken, heiß und kalt den vier Elementen (Feuer, Erde, Luft, Wasser) zugeordnet. Um gesund zu sein, musste sich alles in einem ausgewogenen Verhältnis zueinander befinden. Überwog ein Saft, kam es hingegen zu entsprechenden Krankheitssymptomen. Die Signaturenlehre wiederum ging davon aus, dass die für ein Organ heilsamen Pflanzen eine ähnliche Form oder Farbe aufwiesen, beispielsweise die Walnuss für das Gehirn, gelbe Blüten für Leber und Galle, rote Blüten für das Blut.

Aus heutiger Sicht waren viele der damaligen Praktiken unsinnig und grausam. Einige jedoch enthielten bereits gute Lösungsansätze und sind in abgewandelter Form erhalten geblieben. Zu den Behandlungsmethoden, die auch in der modernen Zeit noch ihre Berechtigung haben, zählt mit Sicherheit die Pflanzenheilkunde, die in den letzten Jahren einen unglaublichen Aufschwung erlebt. Bei dieser Therapieform werden Beschwerden und Krankheiten mit Hilfe pflanzlicher Wirkstoffe behandelt. Ebenso dient sie der Vorbeugung oder Nachsorge. Man verwendet Pflanzenteile wie Rinde, Blatt, Kraut, Frucht, Same, Blüte oder Wurzel / Rhizom, die entweder als Frischpflanze zum Einsatz kommen oder zu Extrakten, Teemischungen, Säften, Salben, Tinkturen und vielem mehr weiterverarbeitet werden. Im weitesten Sinne lassen sich auch Heilmittel wie Bierhefe oder Heilerde der Pflanzenheilkunde zuordnen.

Diese Behandlungsweise setzt ein nicht unerhebliches Wissen um die Wirkungs- und Lebensweise der verschiedenen Pflanzen voraus, denn es kommt nicht nur auf die Dosierung an, auch Wechselwirkungen der Pflanzen untereinander oder die Auswirkungen unterschiedlicher Umwelteinflüsse müssen bedacht werden. So ist die Wirkung einer Pflanze oftmals abhängig von Jahres- und Tageszeit, Standort und / oder Alter.

Jeder, der selbst sammelt, muss unbedingt Heil- und Giftpflanzen sicher voneinander unterscheiden können.

Die Phytotherapie ist eine Unterkategorie der Naturheilkunde, wobei etwas Pflanzliches als Oberbegriff dabei im Einzelfall leicht irreführend ist, denn viele Medikamente enthalten neben synthetisierten Inhaltsstoffen auch pflanzliche Komponenten. Ebenso ist rein pflanzlich nicht gleichzusetzen mit homöopathisch, da die Homöopathie sich auch anderer Stoffe (Tiergifte, Mineralsalze, Metalle, Nosoden = Krankheitsprodukte wie Eiter, Blut, Gewebe) bedient. Ein signifikanter Unterschied zur Homöopathie besteht darin, dass sich die Wirkungsweise der Phytotherapie innerhalb des naturwissenschaftlichen, analytisch-rationalen Weltbildes erklären lässt. Wichtig ist auch die unterschiedliche Beziehung von Dosis und Wirkung, denn während in der Phytotherapie die Höhe der Dosis die Stärke der Wirkung bestimmt, verhält es sich bei der Homöopathie genau andersherum.

Überdies bedeutet rein pflanzlich nicht, dass keine Nebenwirkungen auftreten können. Nicht wenige Kräuter sind in diesem Zusammenhang grenzwertig - während der eine darauf schwört, lehnt der andere sie rigoros ab.

! Kräuter sind gerade in Mode, doch ihre Verabreichung birgt auch Gefahren, denn viele Pflanzen sind für Pferde giftig - die meisten jedoch erst bei massenhafter Aufnahme in den Organismus. Wer mit Kräutern arbeitet sollte daher niemals vergessen, dass es sich dabei um hochwirksame Stoffe handelt, die in hoher Dosierung eher schaden als heilen. Auch Pflanzen, die vom Menschen gut vertragen werden, können beim Pferd schwere Vergiftungen auslösen.

Darüber hinaus gehören inzwischen viele der traditionellen Heilpflanzen zu den Giftpflanzen, während im Gegenzug chemische Substanzen und synthetisch generierte Wirkstoffe als viel sicherer angepriesen werden. Und Wirkstoffe sind dabei das Schlagwort: Es ist unbestritten, dass Pflanzen wirken. Das Wie und Warum jedoch wurde bislang kaum erforscht. Also ist man dazu übergegangen, einzelne Wirkstoffe aus der Pflanze zu isolieren (in der Hoffnung, diese synthetisch nachbauen zu können) um sie in überhöhter Dosierung zahlreichen Versuchstieren zu verabreichen. Erkranken oder sterben diese daran, ist das angeblich der sichere Beweis für die Giftigkeit der Pflanze. Das Zusammenspiel der unterschiedlichen Inhaltsstoffe wird dabei so wenig berücksichtigt wie die Anpassung eines Körpers an seine Umwelt.

Diese verfälschten Experimente haben dazu geführt, dass zahlreiche Kräuter inzwischen rezeptpflichtig sind oder als giftig angesehen werden. Zu allem Überfluss wurde dann noch die bunte Kräuterwiese durch überdüngtes Kuhgras ersetzt. Der sattgrüne und hoffnungslos überdüngte Grasacker, auf dem jedes Kräutlein umgehend eliminiert wird, bestimmt mittlerweile flächendeckend das Landschaftsbild. Auf dem Markt existieren vorwiegend auf Hochleistung getrimmte Gräser, deren Zuckergehalt durch züchterische Auslese drastisch erhöht wurde.

Pferd mit seinem überaus empfindlichen Verdauungssystem ist jedoch als hochspezialisierter Pflanzenfresser auf viele verschiedene Geschmacksrichtungen und die Zufuhr unterschiedlicher Nährstoffe angewiesen. Evolutionsgeschichtlich betrachtet ist der Speiseplan zweigeteilt.

In der richtigen Dosierung sind darüber hinaus zahlreiche vermeintlich giftige Pflanzen wichtige Futter- und Heilpflanzen. Dass immer mehr Pflanzen zu Giftpflanzen erklärt werden, schränkt das ehemals breite Nahrungsspektrum erheblich ein.

Die Pflanzenheilkunde in der Praxis

Wie die meisten Tiere lieben auch Pferde den Geschmack von Kräutern und fressen sie ausgesprochen gern, so dass man ihnen mit diversen Kräutertees, Frischpflanzen oder Pflanzenölen eine große Freude machen kann. Dabei geht es nicht allein um Abwechslung auf dem Speiseplan, denn die meisten Kräuter besitzen über ihren kulinarischen Wert hinaus eine nicht unerhebliche Heilwirkung. Meistens verabreicht man sie vorbeugend, unterstützend oder zur Nachbehandlung. Kräuter werden zur Blutreinigung sowie zur Förderung des Stoffwechsels empfohlen, beispielsweise im Frühling, nach Infekten, Medikamentengaben oder Vergiftungen. Bei nasskalter Witterung stärken sie das Immunsystem und senken gleichzeitig das Risiko von Infekten. Auch chronische Leiden der Atemwege, der Verdauung, des Bewegungsapparates oder des Stoffwechsels lassen sich gut mit Kräutern behandeln. Im Gegensatz zur Schulmedizin mit ihrer häufig durchschlagenden Wirkung (die in akuten Fällen durchaus erwünscht ist), handelt es sich bei der Pflanzenheilkunde um ein ganzheitliches, aber langsames Therapieverfahren, bei dem der Effekt später einsetzt, dafür aber meist recht nachhaltig.

Wichtig:

Von der Futtermittelindustrie werden spezielle Kräutermischungen sowie Kräutermüsli angeboten. Diese enthalten häufig neben Kräutern unbekannter Qualität auch Füllstoffe2, Lockstoffe und synthetische Zusatzstoffe, die erst nach einer Weile zu gesundheitlichen Beschwerden führen, wie zum Beispiel allergischem (chronischen) Husten oder Problemen im Verdauungstrakt. Nicht nur die Praxis, zu viele oder gegensätzliche Wirkstoffe miteinander zu kombinieren, auch der Einsatz ätherischer Öle kann eine ganze Reihe von Krankheiten auslösen, die zunächst nicht mit einer Futtermittelallergie in Verbindung gebracht werden. Dazu gehören vor allem Beschwerden der Atemwege (Kurzatmigkeit, allergische Bronchitis), Reizungen im Verdauungstrakt, Headshaking, sowie diverse Hautleiden (Ekzeme, Juckreiz, nässende Stellen). Auch massive Wesensveränderungen wurden beobachtet.

Dass darüber hinaus unzählige Pferde einen massiv gestörten Stoffwechsel aufweisen, führen Experten unter anderem auf die beliebten angereicherten Futtermittel und Futterzusätze zurück.

Besondere Vorsicht ist immer bei tragenden / laktierenden Stuten und Allergikern geboten.

Inhaltsstoffe von Pflanzen

Alle heilkräftigen Pflanzen enthalten die unterschiedlichsten Wirkstoffe, die sich (in Bezug auf die Behandlung von Pferden) in vier relevante Gruppen einteilen lassen, nämlich: Ätherische Öle, Bitterstoffe, Schleimstoffe und Gerbstoffe.

Ätherische Öle sind flüchtige und leicht zu lösende Substanzen. Sie kommen in vielen Pflanzen natürlich vor, insbesondere Gewächsen mit intensivem und aromatischem Geruch. Dort findet man sie in diversen Pflanzenteilen, zum Beispiel Drüsenhaaren, Öldrüsen oder Früchten. Vor allem Küchenkräuter wie Thymian, Salbei, Pfefferminze oder Basilikum sind reich an ätherischen Ölen, zu denen unter anderem Thymol und Lavandulin gehören. Ätherische Öle erfüllen einige wichtige Funkionen: Sie schützen die Pflanze vor Pilzbefall, Insekten (Freßfeinden), Bakterien und Viren oder unterstützen ganz allgemein den Selbstheilungsprozess. Darüber hinaus locken einige Pflanzen mit ihrem Wohlgeruch Insekten zur Bestäubung an. Ebenso vielfältig wie ihre Aufgaben ist ihr Wirkspektrum. Ätherische Öle gelten als entzündungshemmend, antibakteriell, desinfizierend, durchblutungsfördernd, entkrampfend und auswurffördernd. Allerdings weisen sie gleichzeitig eine stark reizende Wirkung auf.

Sämtliche Ätherischöldrogen sind wasser-, alkohol- und fettlöslich und werden in der Regel durch Wasserdampfdestillation, Pressung und Kaltauszug gewonnen. In der Küche löst man sie für gewöhnlich durch Überbrühen aus den Pflanzenteilen. Für ein optimales Ergebnis sollte das sprudelnd kochende Wasser zuvor leicht abkühlen. Samen und Früchte, die ätherische Öle enthalten, wie Anis, Fenchel oder Wacholderbeeren werden zuvor leicht angequetscht, was die Freisetzung der Wirkstoffe fördert.

Alle Ätherischöldrogen nach dem Überbrühen immer abgedeckt mindestens zehn Minuten lang ziehen lassen.

Aber Vorsicht: Viele Pflanzen mit einem hohen Gehalt an ätherischem Öl können überdosiert - oder bei empfindlichen Pferden - unterschiedliche Beschwerden auslösen, zum Beispiel Haut- und Schleimhautreizungen, Verdauungsstörungen, Allergien oder allergiebedingte Atemwegserkrankungen. Darüber hinaus können auch Nieren und Leber in Mitleidenschaft gezogen werden.

Vielen sind Ätherische Öle eher als handelsübliches Fläschchen ein Begriff, wobei die Industrie auf unterschiedliche Verfahren zurückgreift um die wertvollen Inhaltsstoffe zu extrahieren. Durch Kaltauszug / Kaltpressung, Wasserdampf, den Einsatz chemischer Lösungsmittel oder Enfleurage (ein veraltetes Verfahren) werden die Substanzen um ein Vielfaches effektiver entzogen als mit haushaltsüblichen Mitteln. Die auf diese Weise gewonnenen Extrakte enthalten hochkonzentrierte, Haut und Schleimhäute reizende Essenzen aus Blüten, Kräutern, Gehölzen, Wurzeln oder Früchten, die aufgrund ihrer entzündungshemmenden, keimabtötenden, schleimlösenden oder abschwellenden Wirkung zur Behandlung von Atemwegserkrankungen, Hautleiden, Lahmheiten sowie Muskel- und Gelenkbeschwerden eingesetzt werden. Als Zusatz einer Creme reichen dafür bereits wenige Tropfen aus.

Diese Öle dürfen niemals unverdünnt (ohne Trägeröl) aufgetragen und auf keinen Fall direkt eingegeben werden. Bei der Verwendung ätherischer Öle muss zudem sichergestellt sein, dass alle verwendeten Öle zu 100 % naturrein sind. Künstliche Substanzen haben sich als wirkungslos erwiesen und sind in den meisten Fällen sogar schädlich. Gemeinhin verweist der Zusatz absolue auf den Einsatz von Lösungsmitteln.

Ein Tropfen ätherisches Öl enthält umgerechnet die Wirkmenge von etwa 45 Litern Tee!

! Für die Behandlung von Tieren sind konzentrierte ätherische Öle im Grunde genommen vollkommen ungeeignet. Da sie extrem ätzend wirken können, sollten sie weder zum Inhalieren verwendet noch in die Nüstern geträufelt werden. Desgleichen ist es nicht ratsam, ätherische Öle mit Wasser verdünnt über das Heu zu versprengen.

Bitterstoffe entschlacken und entgiften. Sie fördern die Verdauung und regen die Bildung körpereigener Flüssigkeiten an - dazu gehören Verdauungssekrete ebenso wie Schweiß oder Harn. Auch auf die Entgiftungsorgane haben sie eine positive Wirkung. Pflanzen wie Enzian, Andorn, Tausendgüldenkraut, Löwenzahn oder Beifuß weisen einen hohen Gehalt an Bitterstoffen auf, der für den strengen Geschmack verantwortlich ist. Zu den reinen Bitterpflanzen zählt man Löwenzahn, Wegwarte, Tausendgüldenkraut und Enzian.

Viele Pflanzen wie der Hopfen, Schafgarbe oder Frauenmantel enthalten auch Bitterstoffe, die zwar unterstützend wirken, aber nicht signifikant die Heilwirkung bestimmen. Sie werden daher nicht zu den reinen Bitterstoffdrogen gerechnet. Andere enthalten als Wirkstoff Scharfstoffe (Ingwer, Pfeffer) oder ätherische Öle (Wermut, Engelwurz). Bitterstoffhaltige Pflanzen, speziell Löwenzahn und Tausendgüldenkraut, können extrem bitter sein. Sie sollten sparsam dosiert und vor allem ungesüßt verabreicht werden, da sie sonst einen Großteil ihrer Wirkung verlieren. Die in Blättern enthaltenen Bitterstoffe gewinnt man, wie bei ätherischen Ölen, vorrangig durch das Überbrühen mit heißem Wasser. Wurzeln werden zerkleinert, in kaltem Wasser angesetzt und 20 – 30 min abgedeckt leicht wallend gekocht.

Schleimstoffe quellen in Verbindung mit Wasser zu einer zähen, gallertartigen Flüssigkeit auf. Man findet sie hauptsächlich in der Wurzel oder der Samenhülle. Der Schleim, der (vereinfacht) aus unterschiedlichen Zuckerverbindungen besteht, wirkt abschwellend, entzündungshemmend und reizmildernd auf körpereigenen Schleim der Atemwege und Verdauung. Spitzwegerich, Lindenblüten, Huflattich, Eibisch, Leinsamen oder Beinwell zählen zu den Schleimdrogen. Pflanzenschleime sind temperaturempfindlich und werden daher im Kaltauszug gewonnen, indem man die Pflanzenteile mindestens 24 Stunden in kaltem Wasser ziehen lässt. Eine Ausnahme bildet der Leinsamen, welcher Blausäure enthält, die sich erst beim Kochen verflüchtigt. Weil sich Schleimstoffe wie ein Film über die Wände der Verdauungsorgane legen, können Nährstoffe schlechter aufgenommen werden. Zur Vorbeugung von Mangelerscheinungen daher nicht länger als eine Woche anwenden. Auch Medikamente sollten zeitlich versetzt verabreicht werden.

Gerbstoffe oder Tannine hemmen die Zersetzung von Gewebe, indem sie lösliche/quellbare Proteine in unlösliche / unquellbare umwandeln und werden seit der Antike zum Gerben von Leder eingesetzt. Sie haben eine zusammenziehende (adstringierende), blutstillende, entzündungshemmende, antitoxische, antivirale und antibakterielle Wirkung. Darüber hinaus binden sie Schwermetalle und Gifte im Körper. Ferner hemmen Tannine eine übermäßige Sekretbildung und schützen die Kapillaren. Man findet sie vorwiegend in Rinde und Blättern. Gerbstoffreich sind unter anderem Eichenrinde, Himbeere, Brombeere, Odermennig, Blutwurz oder Salbei. Die Inhaltsstoffe werden hauptsächlich in Form einer Abkochung gewonnen. Überdosiert können Tannine die Magenschleimhaut sowie den Verdauungstrakt empfindlich reizen.

Kräuter ernten und aufbewahren

Kräuter verarbeiten

Kräuteröl: Einen Kräuterauszug in Öl bezeichnet man als Mazerat3. Weiterhin unterscheidet man zwischen Ölmazeraten auf Ölbasis und Wassermazeraten auf Wasserbasis. Während Mazerate auf Wasserbasis nicht lange haltbar sind, können Ölmazerate im günstigsten Fall monatelang verwendet werden.

Es gibt zwei Arten der Herstellung: Beim Kaltauszug werden die Pflanzenteile (meistens Blätter oder Blüten) mit Öl luftdicht übergossen und in die Sonne gestellt, bis Öl, Licht und Wärme die löslichen Stoffe herausgefiltert haben. Für gewöhnlich dauert die Herstellung eines Mazerates 4-6 Wochen. Diese Methode kann man bei allen (hitze-)empfindlichen Pflanzenteilen anwenden. Weil sie sehr zeitaufwendig ist, werden meist Pflanzen verarbeitet, deren ätherische Öle sich schnell verflüchtigen und daher leicht löslich sind, zum Beispiel Ringelblumenblüten oder Basilikum. Verwendet man weniger Öl, wird der Auszug intensiver. Eventuell wird auch mehrmals angesetzt, bis die gewünschte Stärke erreicht ist. Zuletzt das fertige Produkt in Braunglasflaschen abfüllen und dunkel und kühl lagern.

Rezept: 200 Gramm getrocknete oder 300 Gramm gut angetrocknete Kräuter, Blüten oder andere Pflanzenteile mit 1 Liter gutem Öl übergießen und drei bis vier Wochen lang ziehen lassen. Täglich kräftig schütteln. Anschließend gut abseihen und in dunklen Flaschen an einem kühlen Ort aufbewahren.

Heißauszug: Bei diesem Verfahren werden kleingeschnittene Kräuterteile im Öl für längere Zeit auf maximal 70 - 80°C erhitzt, anschließend abgefiltert und in dunkle Flaschen gefüllt. Gut geeignet ist diese schnelle Methode für relativ unempfindliche Kräuter (Rosmarin, Salbei), ganze Beeren (Wacholder), Gewürze (Senf, Pfeffer) oder auch Wurzeln (Ingwer, Beinwell, Baldrian).

Mazerate dienen zum Einreiben sowie als Grundlage für Salben und Cremes und können (sofern ein hochwertiges Öl verwendet wird) auch innerlich verabreicht werden: Bei Magen-Darm-Beschwerden 2x täglich 20-30 Tropfen Fenchel- oder Kümmelöl über das Futter geben.

Arnikaöl: Muskelschwäche, Quetschungen, Prellungen – nicht an Stellen, die beleckt werden können.

Beinwellöl: Regeneration von Knorpel und Gewebe, Knochenbrüche, Blutergüsse.

Blutwurzöl: schneller Wundverschluss.

Engelwurzöl: Nervenschmerzen, Verspannungen.

Johanniskrautöl / Rotöl: Insektenstiche, Verbrennungen, Narben, Nervenschmerzen – erhöht die Lichtempfindlichkeit und könnte einen Sonnenbrand begünstigen.

Kamillenöl: Verspannungen, Nervenschmerzen, kleinere Wunden und Verletzungen.

Klettenwurzelöl: Schuppen, Ekzeme, Juckreiz, Geschwüre.

Königskerzenöl (Blüten): Atemwegserkrankungen, Verbrennungen, Nerven und Narbenschmerzen

Lavendelöl (kühlend): Verbrennungen, Sonnenbrand, Insektenstiche, Juckreiz.

Pfefferminzöl (kühlend): Insektenstiche, Muskelbeschwerden, Grundlage für Tigerbalsam.

Ringelblumenöl: Schlecht heilende Wunden, Drüsenschwellungen, Entzündungen, Pilzbefall, wunde, rissige Haut.

Schlüsselblumenöl: Rheuma, Nervenschmerzen.

Thymianöl: Husten, Katarrh (der Atemwege).

Nadelbaumöl: fördert allgemein die Durchblutung.

Tinktur: Eine Tinktur ist ein Auszug auf alkoholischer Basis. Für eine Urtinktur werden die Pflanzenteile im Verhältnis 1:5 mit 70%igem, Alkohol übergossen und ungefähr einen Monat lang stehen gelassen, bis die begehrten Inhaltsstoffe vom Alkohol herausgezogen wurden. Handelsüblicher hochprozentiger Alkohol reicht für den Hausgebrauch normalerweise aus. Täglich schütteln. Dunkel und nicht zu kühl lagern. Als Faustregel für einen Liter Flüssigkeit gelten 150-200 Gramm getrocknete oder 300-400 Gramm frische Pflanzenteile.

Tinkturen sind hochkonzentrierte Lösungen, die lange haltbar sind und vor der Eingabe 1:10 mit Wasser verdünnt werden sollten. Für Kompressen oder Umschläge 1:1 – 1:5. Darüber hinaus schätzt man sie als konservierenden Zusatzstoff von Salben und Cremes.

Kräutercreme: Eine Creme soll in die Haut einziehen und dort die Heilung anregen oder die betroffenen Stellen unter der Haut (Sehnen, Muskeln) positiv beeinflussen.

10 g reines Öl oder mit Kräutern versetzter Ölauszug (Öl-Mazerat)

25 g Tinktur oder Wasserauszug (Bei einem reinen Wasserauszug etwas Alkohol zugeben, damit die Creme länger haltbar bleibt)

15 g destilliertes Wasser

1-2 Tl Emulsan oder Tegomuls

Öl oder Ölmazerat mit Emulsan vermischen. Tinktur und Wasser mischen. Beide Mischungen im Wasserbad auf ca. 70°C erwärmen, bis das Emulsan sich aufgelöst hat. Dann herausnehmen, die Wasserphase unter die Fettphase schlagen und die Creme abkühlen lassen.

Tipp: Zwei bis drei Bienenwachsplättchen, in der Fettphase erwärmt, beschleunigen die Heilung.

Kräutersalbe: Salben sollen auf der betroffenen Stelle eine dicke Schicht bilden, um auf diese Weise einerseits die Heilung zu beschleunigen und andrerseits das Eindringen von Keimen zu verhindern. Sie können allerdings auch eine bereits gebildete Kruste aufweichen und die Wunde erneut öffnen.

Die übliche Herstellung einer Salbe: 1-2 El Melkfett (alternativ Shea- oder Kakaobutter, Lanolin, Wollwachsalkohole oder Schweinefett) in einem kleinen Topf schmelzen, dann 1 El Blätter oder Blüten hinzugeben, einige Zeit ziehen, dann abkühlen lassen. Nach einem Tag erneut erhitzen, in flüssigem Zustand die festen Bestandteile abseihen und abfüllen. Ferner kann man einen fertigen Ölauszug unterrühren oder einige Tropfen ätherisches Öl verwenden.

Tipp: Beim Abkühlen ein wenig fertige Zinksalbe aus der Apotheke in die stockende Masse rühren. Zink beschleunigt die Heilung und wird besonders für Ekzemer empfohlen. Glycerin wiederum wirkt rückfettend.

Kräutergel: Ein Gel ist überaus vielfältig einzusetzen. Es zieht schnell ein und fettet darüber hinaus nicht.

100 ml Flüssigkeit (verdünnte Tinktur, Aufguss, Absud oder Kaltauszug)

2 Tl Sofortgelatine (ohne kochen)

im Kühlschrank einige Stunden lang stocken lassen, bei Bedarf leicht nachdicken.

Empfohlene Zusätze: Etwas Glycerin wirkt rückfettend. Alkohol oder Essig verlängert die Haltbarkeit, desinfiziert, kühlt und wirkt Schwellungen entgegen. Ätherische Öle verlängern die Haltbarkeit und unterstützen die Wirkung. Honig oder Propolis beschleunigt die Heilung und verlängert die Haltbarkeit.

Kräuterauflagen: Auflagen eignen sich wunderbar zur punktuellen Behandlung. Je nach Größe der zu behandelnden Stelle ein Baumwolltuch mit Kräutern füllen und für 8 – 10 Minuten in kochendes Wasser geben. So warm wie möglich - aber ohne das Tier zu verbrühen - auf die betroffene Stelle legen. Für eine Breiauflage wickelt man die gekochte Masse (Senfmehl, Kartoffeln, Leinsamen, Kräuter) oder zerstampfte Rohmasse (Kürbis, Borretsch) in ein dicht gewebtes Tuch und legt dieses auf die zu behandelnde Stelle. Ferner können Kompressen verwendet werden. Um diese herzustellen, taucht man ein Tuch in den Aufguss oder Absud und legt es lauwarm auf die betreffende Stelle. Haferauszüge beispielsweise lindern Gelenkbeschwerden, Rosmarin Arthritis und Muskelschmerzen, Beinwell regeneriert beschädigtes Gewebe. Ein Heublumensack wird lediglich im Wasserdampf erhitzt und möglichst warm aufgelegt.

Kräutertee / Aufguss: 2-3 El getrocknete oder 6 – 10 El frische Kräuter mit 500 ml heißem (aber nicht kochendem) Wasser überbrühen, 10 min abgedeckt ziehen lassen und abseihen. Gut gekühlt bis zu zwei Tage haltbar.

Beim Aufgießen von Tee ist zu beachten, dass viele Wirkstoffe ihre Wirksamkeit in zu heißem Wasser verlieren. Wenngleich zum Abtöten von schädlichen Mikroorganismen sprudelnd kochendes Wasser empfohlen wird, beträgt die optimale Temperatur für das Brühwasser etwa 80°C. Werden statt getrockneter Kräuter frische Pflanzenteile verwendet, braucht man mindestens die doppelte Menge, da frische Kräuter einen höheren Wassergehalt haben als Trockenkräuter. Solange sie verfügbar sind, sollten jedoch möglichst frische Kräuter verabreicht werden.

Soll der Sud zum Trinkwasser gegeben werden, rechnet man ungefähr 3-5 El Pflanzenmaterial auf 1 L Wasser / 2x täglich. Die Eingabe über das Trinkwasser eignet sich vor allem für die Daueranwendung von herzstärkenden oder stoffwechselfördernden Pflanzen wie Weißdorn oder Löwenzahn. Auch bei Durchfall oder Atemwegsbeschwerden kann man die heilsamen Kräuter dem Wasser zusetzen.

Kaltauszug: 2-3 El getrocknete oder 6 El frische Kräuter mit 500 ml kaltem Wasser übergießen. Danach abgedeckt mindestens zehn Stunden lang ziehen lassen. Anschließend abfiltern, gekühlt aufbewahren und innerhalb von zwei Tagen verbrauchen. Die Wirkung wird verstärkt, wenn man die abgefilterten Pflanzenteile erneut mit 100 ml heißem Wasser übergießt, nochmals ziehen lässt und abfiltert. Nach dem Abkühlen können beide Auszüge gemischt werden.

Zum Auslaugen keine metallischen Gefäße verwenden.

Pflanzenpreßsaft: Die Behandlung mit (Frisch-)Pflanzensäften gehört zu den weniger bekannten Therapiemethoden und wird häufig unterschätzt, denn Pflanzenpreßsaft enthält noch beinahe alle Vitalstoffe in unveränderter Form. Man kann den Saft am besten selbst pressen oder ihn fertig im Reformhaus kaufen. Handelsübliche Fertigsäfte aus dem Supermarkt enthalten oftmals unerwünschte Zusatzstoffe.

Frischpflanzensäfte regen die Selbstheilungskräfte des Körpers an, unterstützen das Immunsystem und regulieren den Stoffwechsel. Außerdem haben sie eine entsäuernde Wirkung, die vor allem bei Gelenkbeschwerden geschätzt wird. Eine Saftkur dauert mindestens vier und höchstens zwölf Wochen. Abhängig von Alter, Gewicht, Konstitution und Grad der Erkrankung rechnet man durchschnittlich zweimal täglich 2 bis 5 El. Pferde, die im Gegensatz zum Menschen kaum Fertignahrung, Süßigkeiten oder Fast-Food gewohnt sind, nehmen im Regelfall auch die herb-bitteren Säfte hervorragend an. Wird die Aufnahme verweigert, könnte man den Saft mit Kräutertee oder im Haferschleim verdünnt anbieten. Nicht geeignet zum Verdünnen ist Fruchtsaft.

Aloe Vera Saft: blutreinigend, vitalstoffreich, hemmt das Wachstum von Bakterien, Pilzen und Viren, aktiviert die körpereigene Abwehr.

Andornsaft: stärkt Verdauung und Leber, lindert Atemwegsbeschwerden.

Artischockensaft: stärkt die Leber.

Baldriansaft: bei Nervosität und Unruhe.

Bärlauchsaft: stärkt den Darm, blutreinigend.

Birkensaft: hilft dem Körper beim Ausscheiden von Giftstoffen ohne die Nieren zu reizen, bei Übersäuerung und Gelenkbeschwerden.

Brennesselsaft: Stoffwechselbeschwerden, Mineralstoffmangel, Übersäuerung – altes Blutreinigungsmittel.

Echinacea-Saft (Sonnenhut): stärkt das Immunsystem.

Fenchelsaft: stärkt die Darmflora, abtötende Wirkung auf Pilze.

Hafersaft: allgemein stärkend, lindernde Wirkung bei Hautleiden.

Holundersaft: reinigend, entgiftend, das Immunsystem stärkend.

Huflattichsaft: bei Atemwegsbeschwerden.

Ingwersaft: bei Gelenkbeschwerden, insgesamt verdauungsfördernd.

Knoblauchsaft: stärkend, fördert die Blutzirkulation, keimhemmend im Verdauungstrakt, enthält wertvollen Schwefel.

Löwenzahnsaft: blutreinigend, entschlackend, stärkt Darm und Leber.

Melissensaft: stärkt das Nervensystem.

Mistelsaft: stärkt Herz und Kreislauf.

Rosmarinsaft: regt den Kreislauf an.

Rote-Bete-Saft: stärkend, anregend, kann in Leckerlis verbacken werden.

Salbeisaft: bei Entzündungen der Schleimhaut von Maul und Rachen, antibakteriell, schweißhemmende Wirkung.

Sanddornsaft: vitalstoffreich, die enthaltenen Fettsäuren unterstützen den Hautstoffwechsel.

Schafgarbensaft: stärkt Leber und Verdauungstrakt.

Spitzwegerichsaft: stärkt die Atemwege.

Thymiansaft: bei Atemwegsbeschwerden mit hartnäckigem Hustenreiz, auswurffördernd, krampflösend, antibakteriell und antiviral.

Weißdornsaft: stärkt Herz und Kreislauf.

Wermutsaft: bei Verdauungsbeschwerden.

Zinnkrautsaft: mineralstoffreich, das Bindegewebe stärkend.

Wichtig: Durchfall oder Kotwasser kann eine durchaus normale Reaktion auf den Saft bedeuten. Bei anhaltenden Beschwerden sollte die Therapie jedoch entweder abgebrochen oder ein anderer Saft verwendet werden.

Kräuter mischen und dosieren

Kräuter gehören zu den Phytotherapeutika (pflanzlichen Medikamenten), die im Gegensatz zu synthetischen Arzneimitteln bereits als einzelnes Kraut eine Vielzahl unterschiedlicher Inhaltsstoffe aufweisen. Weil jede einzelne Pflanze für sich bereits ein Vielstoffgemisch darstellt, sollten daher nicht zu viele Wirkstoffe miteinander kombiniert werden.

Wissenswert: Die traditionelle Kräuterheilkunde verwendet beim Menschen Mischungen aus drei, fünf, sieben und neun unterschiedlichen Kräutern, die in ihrer Wirkungsweise möglichst genau aufeinander abgestimmt sind.

Einzelkräuter sind empfehlenswert für die dauerhafte Zugabe oder eine gezielte Behandlung. Auch Pferde, die auf diverse Substanzen allergisch reagieren, vertragen einzelne Kräuter besser als Kräutermischungen.

Wo ein Einzelkraut nicht ausreicht, oder Wirkung und Geschmack ergänzt werden sollen, mischt man die Kräuter untereinander. Kräutermischungen sollten nicht mehr als fünf verschiedene Kräuter enthalten, die sich vorzugsweise in ihrer Wirkung unterstützen. Für Allergiker dürfen höchstens drei verschiedene Kräuter zusammengestellt werden. Nach einer Pause kann dann (sofern erforderlich) mit anderen Wirkstoffen ein weiteres Krankheitsbild behandelt werden.

Die übliche Kräutermischung besteht aus Hauptkräutern und Ergänzungskräutern. Als Hauptkraut wählt man für gewöhnlich auch in höherer Dosierung ungiftige Kräuter mit guter und / oder vielseitiger Heilwirkung. Hauptkräuter machen den größten Teil einer Mischung aus und bilden die Grundlage einer Kräuter- oder Teemischung. Bei Pferden sind dies häufig Brennesseln, Islandmoos, Lindenblüten, Eibisch, Frauenmantel, Birkenblätter oder Zinnkraut, die ein breites Wirkspektrum abdecken.

Eine Kräutermischung kann bis zu drei Hauptkräuter enthalten. Für eine gezielte Behandlung kombiniert man dabei Pflanzen mit ähnlicher Wirkung, die abweichende Wirkschwerpunkte aufweisen, beispielsweise Fenchel (entkrampfend), Kümmel (Gase abführend) und Beifuß oder Frauenmantel (beide zusammenziehend und beruhigend) bei Verdauungsstörungen. Mischungen, mit denen mehrere oder vielfältige Leiden behandelt werden, enthalten hingegen Kräuter, die sich in ihrer Wirkung unterstützen. Beispielsweise Lindenblüten (schweißtreibend, Herzschutz, Fieber), Mädesüß (Fieber und Schmerzen), Königskerze oder Malve (schleimlösend) bei Atemwegsbeschwerden.

Ergänzungskräuter werden der Mischung hinzugefügt um die Heilwirkung zu erweitern, den Geschmack zu verbessern oder die Mischung zusammenzuhalten. Zu den Ergänzungskräutern gehören unter anderem Weißdorn (durchblutungsfördernd), Thymian (schleimlösend), Teufelskralle (entzündungshemmend) oder Kümmel (verdauungsfördernd). Die Beimengung von ergänzenden Kräutern ist immer vom Einzelfall abhängig. Hagebutten stärken die Abwehr, Malve schützt die Schleimhäute, Johannisbrot unterstützt die Verdauung und führt wertvolle Vitalstoffe zu.

Geschmacksverbesserer werden vor allem bei sehr wählerischen Pferden eingesetzt. Dazu gehören alle sehr aromatisch duftenden Pflanzen mit einem hohen Gehalt an ätherischen Ölen, wie zum Beispiel Anis, Fenchel, Minze, Melisse oder Kamille.

Damit sich bei längerer Lagerung die kleineren oder leichteren Pflanzenteile nicht am Boden absetzen, werden Kräuter zur Stabilisierung empfohlen, die ein Entmischen verhindern. Geeignet sind dazu alle faserigen oder wolligen Pflanzenteile, die nicht mehr als 15% der Mischung ausmachen sollten. Man nimmt dazu Beifuß, Salbei, Spitzwegerich oder Himbeerblätter. Ferner eignen sich junge Blätter von Buche oder Birke.

Wichtig: Weil Blüten und Blätter leichter sind als Wurzeln oder Rinde spielt beim Mischen die Mengenangabe eine wichtige Rolle. Werden unterschiedlich schwere Pflanzenteile miteinander kombiniert, unterscheidet man zwischen Gewicht und Volumen. Nach Gewicht werden in der Regel größere Mengen zusammengestellt, oder Mischungen, bei denen das Mengenverhältnis sehr genau stimmen muss. Volumen-Angaben sind schnell zusammengemischt und für einen schnellen Verbrauch geeignet. Bei der Mengenangabe „Teile“ sollte ein Hinweis nicht fehlen, ob es sich dabei um Gewichtsteile (Gramm) oder Volumenteile (Tl, El oder Joghurtbecher) handelt.

Optimal aufbewahrt werden Kräutermischungen in einer Papiertüte oder einem dunklen Glas. Auch spezielle Teedosen sind empfehlenswert. Kleinere Mischungen oder Tagesportionen können durchaus in eine praktische Plastiktüte abgefüllt werden, die sie vor Luftfeuchtigkeit schützt. Vor dem Verabreichen werden die Kräuter gründlich durchmischt, am besten mit einem Löffel.

Vor jeder Behandlung empfiehlt sich eine Testmischung, die für etwa 3-4 Tage ausreicht. Bei einem mittelschweren Pferd wären das ungefähr 200 Gramm. Für den häufigen Gebrauch oder eine Kur rechnet man dann mindestens die fünffache Menge. Schnell zusammengestellt und beliebt ist ferner die 10-Gramm- Mischung, bei der jeweils 10g Pflanzenmaterial zu einer Mischung kombiniert werden.

Kräuter in Form von Aufguss oder Absud zu verwenden hat gleich mehrere Vorteile:

Dosierung für Kräuter und Kräutermischungen für eine Kur:

Aufguß: 1-2 El getrocknete Kräuter auf 200-250 ml Wasser / 2x täglich. Damit die Inhaltsstoffe erhalten bleiben, den Aufguß und Absud immer abgedeckt etwa 15 min ziehen lassen.

Futterzusatz: bis 500 kg Körpergewicht 30 - 40g, über 500 kg Körpergewicht 50 - 60g auf 2x täglich verteilt. Faustregel: 15-20 g / 100 kg Körpergewicht. Menge bei Bedarf erhöhen oder reduzieren.

Ausnahme: Ingwer, Mittelmeerkräuter, Mönchspfeffer, Meerrettich, Teufelskralle, Knoblauch, Klette, diverse Bitterkräuter und Adaptogene, die niedriger dosiert werden müssen. Faustregel: 3-6 g / 100 kg Körpergewicht. Tinkturen immer 1:2 mit Wasser verdünnen, man rechnet etwa 2xtäglich 20 ml. Bei Bedarf erhöhen oder reduzieren.

Dosierung für Kräuter und Kräutermischungen als ständige Zugabe:

Aufguss: ½ -1 El getrocknetes Kraut auf 200 ml Wasser / 2x täglich

Futterzusatz: bis 500 kg Körpergewicht 10 – 15 g, über 500 kg Körpergewicht 20 - 30 g täglich, auf 2x verteilt.

Bitterkräuter, Knoblauch, Ingwer, Mittelmeerkräuter, Adaptogene, Meerrettich, Teufelskralle als Dauerzusatz 2-4 g / 100 kg Körpergewicht.

Ständige Futterzusätze sind geeignet zur Vorbeugung (Prophylaxe) sowie bei chronischen Krankheiten (vor allem Stoffwechselstörungen). Trotzdem sollte hin und wieder eine Pause eingelegt werden um den Gewöhnungseffekt zu vermeiden. Auch will der Einsatz von Kräutern vor Vorbeugung beim gesunden Pferd gut überlegt sein, denn auch diese zusätzliche Gabe kann den Stoffwechsel enorm belasten.

! Die angeführten Dosierungen sind gängige Richtwerte, die, je nach Wirkung, individuell nach oben oder unten korrigiert werden können.

Kräutertee, Kräutermischungen oder Frischpflanzensaft nicht zeitgleich mit Medikamenten verabreichen.

Tipps:

Wissenswert: In der Regel wissen Pferde sehr genau, was dem Organismus fehlt und nehmen diese Stoffe gezielt auf. Wer Angst vor einer Überdosierung hat, kann seinem Pferd die Wahl lassen, indem er die heilkräftigen Pflanzen / Pflanzenteile nicht unter das Futter mischt, sondern sie hin und wieder separat anbietet.

Wichtig vor jeder Behandlung: Erstellen Sie ein Gesamtbild des Tieres aus Alter, Gesundheitszustand und allgemeiner Lebenssituation. Obgleich sich nicht zwangsläufig hinter jeder Krankheit ein psychischer Auslöser verbirgt, sind es vielfach kleine Veränderungen in der Haltung, beim Reiten oder im Umgang, die zu körperlichen Beschwerden führen können. Erschwerend kommt hinzu, dass Pferde nur sehr selten Unwohlsein oder Schwäche zeigen.

Die Annahme, ein krankes Pferd müsse zwangsläufig Krankheitsanzeichen zeigen, ist weit verbreitet, aber falsch. Sogar dann, wenn der Allgemeinzustand ganz offensichtlich keinen Anlass zur Sorge gibt, kann das Tier bereits schwer erkrankt sein, da es im Gegensatz zu anderen Haustieren noch sehr seinen Urinstinkten verhaftet ist - und diese sagen ihm, dass ein schwaches Tier eine leichte Beute darstellt. Wenn der Körper merklich reagiert, beispielsweise mit Abmagerung, Apathie, Hautirritationen oder Lahmheiten, ist es längst 5 nach 12. Jede Änderung im Verhalten kann daher auf eine ernste Ursache hinweisen.

Zu den Warnzeichen, dass etwas nicht stimmt, können gehören:

Selbstverständlich hat die Kräutermedizin ihre Grenzen. Man kann ein altes Tier nicht per Zauberkraut in ein junges verwandeln, oder ein krankes in ein gesundes. Organschäden, chronische Erkrankungen, körperliche Einschränkungen sowie Alters- und Verschleißerscheinungen können nicht geheilt, sondern bestenfalls gelindert werden. Auch vorsorglich gegen falsche Haltungsbedingungen, Reiterfehler oder Überbelastung verabreicht, kann man mit Kräutern keine Wirkung erzielen.

Man kann mit Kräutern aber sicherlich die Lebensqualität verbessern, chronische Erkrankungen wenigstens lindern, die Leistungsfähigkeit erhalten, in der Gefangenschaft ein natürlicheres Futterangebot simulieren oder den Lebensabend lebenswerter gestalten. Im Regelfall verabreicht man Kräuter zur Prophylaxe, Unterstützung oder Nachbehandlung, wobei man kleinere Erkrankungen durchaus in Eigenregie behandeln kann. Sollten sich die Symptome jedoch nicht innerhalb von drei Tagen merklich bessern, muss der Tierarzt gerufen werden.

! Die Phytotherapie ersetzt keinesfalls die tierärztliche Diagnose. Alle akuten Symptome wie Lahmheiten, Verdacht auf Knochenbruch, heftiger Husten, ein akuter Asthmaanfall oder eine massive allergische Reaktion, der Verdacht auf Kolik, Kreuzverschlag, Hufrehe, Vergiftungserscheinungen, Fieber, wässriger oder blutiger Durchfall sowie Wunden und Verletzungen, die über einen kleinen Riß oder eine Abschürfung hinausgehen, sind nur eine kleine Auswahl der Symptome, die vom Tierarzt abgeklärt werden müssen.

Die Behandlung mit Pflanzen erfordert darüber hinaus viel Zeit, denn Ziel ist nicht die schnelle Gesundung, sondern den Körper zu stabilisieren um auf lange Sicht einen Zustand von Gesundheit herzustellen. Hinzu kommt, dass viele Pflanzen ihre volle Wirkung ohnehin erst nach längerem Verabreichen entfalten. Für Menschen, die lediglich das zum Sportgerät degradierte Lebewesen Pferd schnell wieder nutzen wollen, ist diese Art der Behandlung nicht geeignet.

Wichtig: Bitte zuerst im Pflanzenindex nachschlagen, ob die Pflanze für das Individuum geeignet ist.


1 Man geht davon aus, dass sich durch verstörende Ereignisse, beispielsweise körperliche oder psychische Traumata wie Unfälle, Operationen, schwere Verletzungen oder Stress, einzelne Teile der Seele zum Selbstschutz abspalten. Kehren diese Teile aus Furcht nicht zurück, kann es zu schweren Störungen kommen, was sich bei Tieren vorwiegend in Form von allgemeiner Schwäche, Unlust, Depressionen und Verspannungen äußert.

2 Beliebt ist Melasse, die (neben Futtermilben) als hochgradig allergieauslösend angesehen wird.

3 Ein Mazerat beschreibt in der ursprünglichen Definition einen Kaltauszug auf der Basis von Wasser als Lösungsmittel. Der Begriff wird ebenfalls für Auszüge auf Ölbasis (im Kalt- oder Heißauszug) verwendet.

Die Atemwege

Atemwegserkrankungen sind zusammen mit Lahmheiten der häufigste Grund, warum ein Pferd nicht mehr geritten werden darf und nach Verdauungsbeschwerden die zweithäufigste Todesursache. Und die Zahl der chronisch kranken Pferde steigt kontinuierlich an. In Deutschland leiden mehr als 60 % der Pferde an (wiederkehrenden) Erkrankungen der Atemwege. Die Ursachen sind vielfältig: Am weitesten verbreitet sind Haltungsfehler, bei denen es dem Pferd an frischer Luft und Bewegung mangelt, die zur Reinigung der Lunge erforderlich sind, denn auch die Lunge muss „trainiert“ werden. Insbesondere stehende Luft in geschlossenen Ställen / Boxenhaltung ist eine enorme Belastung für die Atemwege. Fehler in der Haltung sind leider immer menschengemacht.

Feinstaub, der beinahe ungehindert bis in die Tiefen der Atemwege eindringt, ist der gefährlichste Auslöser für Beschwerden der Atemwege. Um Staub und andere Schwebteilchen aus der Luft zu filtern, besitzen Nase, Rachen, Luftröhre und Lunge feuchte Schleimhäute sowie feine Härchen, die Staub und andere feine Partikel auffangen. Bei Feinstaub ist das anders, denn die mikroskopisch kleinen Schwebteilchen werden von den Schleimhäuten nicht gefiltert und passieren nur zu leicht die körpereigenen Abwehrsysteme. Gelangt Feinstaub in die Lunge und / oder übersteigt die Menge die Toleranzgrenze des Immunsystems, lassen gesundheitliche Beschwerden nicht lange auf sich warten.

Wissenswert: Im normalen Staub der Umgebung sind häufig Mucoraceen (Köpfchenschimmel) enthalten, die zu den Jochpilzen gehören und sich bevorzugt auf organischem Material (Dung, Pflanzen, Brot, faulende Früchte, verwesende Körper) ansiedeln. Bei einer Infektion sind meist die Schleimhäute der Atemwege (Nasennebenhöhlen, Lunge) befallen. Als besonders anfällig gelten Pferde mit Vorerkrankungen des Stoffwechsels oder geschädigtem Immunsystem. Beim Menschen sorgen Mucoraceen für heftige allergische Reaktionen.

Die meisten aufgefangenen Schadstoffe werden im Schleim gebunden und entweder ausgehustet oder durch die Nase ausgeschieden, ehe sie in die Bronchien gelangen können. Husten ist in diesem Fall ein normaler Reflex, mit dem die Luftwege gereinigt werden. Daneben tritt er auf, wenn das mucozililäre Reinigungssystem der Atemwege überlastet ist. Funktioniert diese Selbstreinigung der Atemwege nur eingeschränkt (Krankheit, Bewegungsmangel), kommt es zu gesundheitlichen Beschwerden. Viele Pferde sind bereits lange vor dem Ausbruch erster Symptome erkrankt.

Ursächlich für einen akuten Atemwegsinfekt / akuten Pferdehusten (akute Bronchitis), der häufig mit Nasenausfluss und Fieber einhergeht, sind in der Regel virale und bakterielle Erreger, die unter anderem Herpes, Influenza (Viren), Lungenentzündung und Druse (Bakterien) verursachen. Meistens folgt durch das angegriffene Immunsystem auf eine (akute) Virusinfektion eine (chronische) bakterielle Erkrankung. Kombinationen aus Viruserkrankungen und bakterieller (Folge-)Infektion stehen darüber hinaus in Verdacht, zahlreiche Allergien sowie Leberschäden zu begünstigen4. Gemeinhin gilt ein akuter Infekt als Wegbereiter für ein chronisches Leiden.

Auch Parasiten wie Lungenwürmer rufen häufig Husten hervor. Daneben können Herz-Kreislauf-Erkrankungen (ältere Pferde husten aufgrund nachlassender Herzleistung), innere Blutungen, Organschäden (Kehlkopf, Lunge, Herz) oder Tumore