Mein Dank geht an Peter Windsheimer für das Design des Titelbildes.

Für Schäden, die durch falsches Herangehen an die Übungen an Körper, Seele und Geist entstehen könnten, übernehmen Verlag und Autor keine Haftung.

Copyright © 2013 by Christof Uiberreiter Verlag

Castrop Rauxel • Germany

Herstellung und Verlag:

BoD – Books on Demand GmbH, Norderstedt

ISBN 978-3-7386-9476-5

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Inhaltsangabe:

Vorwort:

Da Anion immer wieder gesagt hat, dass okkulte Geschichten am besten hermetischen Probleme beleuchten, haben wir uns entschlossen, eine wirklich gute Sammlung von okkulten Geschichten und wirklich interessanten Berichten herauszugeben. Vorab muss ich noch sagen, dass es leider nur sehr wenig okkulte Literatur gibt, die aussagekräftig ist. Unsere Romane, Kurzgeschichten und Tatsachenberichte würden leider untergehen, da sie großteils unbekannt sind. Sie wurden in den frühen 20ern in okkulten Zeitschriften wie „Psyche“, „Die magischen Blätter“, „Dido“, „ZfO“, „Prana“, „Lotusblühten“, „Weiße Fahne“, „Asgard“ und anderen veröffentlicht und wer kann heutzutage behaupten, alle gelesen zu haben. Wohl die Wenigsten.

Aus diesem Grund veröffentlichen wir all die Geschichten, die gut, sinnvoll und die wir gefunden haben. Ich hoffe, unsere Leser sind mit dem 4. Band dieser Reihe der hermetischen Literatur zufrieden.

1. Das Problem der Ich-Spaltungen

Fra. Amenophis

Jeder Interessierte, der sich mit Parapsychologie oder einer entsprechenden Disziplin der Esoterik beschäftigt, hat vielleicht kaum jemals diese Bezeichnung gehört, oder aber er konnte in den einschlägigen Schriften niemals etwas genaueres über diesen Begriff erfahren. Im täglichen Leben, in den Tageszeitungen, stößt man ab und zu auf Notizen, wonach ein bisher völlig unauffällig, gut bürgerlich lebender Mensch plötzlich von einer fixen Idee erfasst wird und behauptet, ein ganz anderer zu sein, als das Standesamt ihn seit seiner Geburt nachweist. Ein ähnlicher Vorgang tritt manchmal bei Frauen während ihres Klimakteriums (Wechseljahre) ein, wenn der Gesamtkreislauf hormonell umgestimmt wird, was sich bekanntlich über Jahre hinaus erstreckt. In solchen Fällen spricht die medizinische Wissenschaft von Schizophrenie (Bewusstseinsspaltung) und je nach dem Grade der Erkrankung wird der betreffende Mensch u. U. in eine Nervenklinik eingewiesen. Auch rein seelische Erschütterungen, wie sie z. B. während und nach diesem letzten Kriege alle Bevölkerungsschichten betroffen haben, war der Anlass zu sogen. Bewusstseinstörungen. Sicher gehören auch viele Fälle von sogen. Besessenheit, sei sie nun permanent oder temporär, in dieselbe Kategorie, wenn es auch mit dem bisherigen Wissen um diese Dinge sehr schwer ist, den wahren Grund für diese Krankheiten der Seele zu erkennen.

Oberflächlich gesehen, könnte man sie in das große Reservoir der Hysterie einordnen, denn hier wie da scheint die Imagination eine hervorragende Rolle zu spielen. Aber streng genommen muss man sich sagen, dass die Auslösung solcher spontaner Erkrankungen sicher in andern Bewusstseinsschichten gesucht werden müsste, als gemeinhin angenommen wird.

Schon ein völlig gesunder Mensch, seelisch und körperlich vollkommen normal, kann u. U. in sich zwei widerstreitende Stimmen hören, wenn er mit sich selbst im Zweifel darüber ist, ob er etwas tun oder lassen soll, diese Feststellung, die sicher Goethe bewogen hat zu sagen: „Zwei Seelen wohnen, ach, in meiner Brust . . .“ Man hört eine relativ gute Stimme und eine relativ böse Stimme, neben einem Engel wohnt ein Teufel, neben einem wahren Menschen ein Tier. Man hat sich daran gewöhnt, die gute Stimme als die Stimme des Gewissens anzusehen, die andere aber als die des Versuchers.

Wie aber kommen diese Stimmen in ihrer diametralen Qualität in den Menschen hinein?

Hierauf werden die Biologen gerne eine plausible Erklärung geben und auf die ontogenetischen Gesetze verweisen, die solange als einzig wahr genommen werden müssen, bis das Gegenteil bewiesen werden kann.

Jeder Mensch trägt eben die Summe aller Eigenschaften seiner Ahnen in sich, vom Mineralreich über das Pflanzen- und Tierreich bis hin zum Menschenreich, die guten Eigenschaften, wie die schlechten, die tierischen, wie die menschlichen. Trotzdem kann diese so exakt erscheinende Theorie noch nicht das Alpha und Omega der Erkenntnis sein, da sie viele nicht befriedigen kann.

Es muss natürlich zugegeben werden, dass die körperlichen Eigenschaften, also alle, die die Konstitution des Menschen betreffen, ebenso wie gewisse Neigungen und Gewohnheiten, dazu Dispositionen zu Erkrankungen auf diese Weise an die leiblichen Nachkommen weitergegeben werden als biologische Vererbung.

Aber gibt es nicht genug andere Fälle, da die Nachkömmlinge alter Geschlechterreihen, bei denen die Eigenschaften und Handlungen der Ahnen in einer Familienchronik genauestens der Nachwelt überliefert wurden, in ihren seelischen und bewussten Äußerungen gänzlich aus dem nun zu erwartenden Rahmen fielen, obwohl die physische Erscheinung sich völlig ahnentreu verhielt!

Es darf auch nicht vergessen werden, dass alten Familien plötzlich ein Genie erwuchs, für dessen Qualitäten keinerlei Anhalt in der Ahnentafel gefunden werden konnte, ebenso wie die Nachfahren von genialen Vertretern der Menschheit immer der Mittelmäßigkeit oder gar der Borniertheit verfielen!

Hier aber steht die Theorie der Erbbiologie am Scheidewege; solche Fälle lassen sich nicht einfach wegeskamotieren, obwohl häufig versucht wird mit billigen Erklärungen darüber hinwegzuvoltigieren.

Vielleicht aber kann die theoretische und experimentelle Esoterik hier einiges Licht in das Dunkel werfen, selbstverständlich nur dann, wenn man die Theorie von der Reinkarnation (Wiedergeburt) als Ausgangspunkt dazu benutzt, diese Lehre, die leider heute noch sehr umstritten ist, da sie sich in der üblichen Form noch nicht beweisen lässt.

Aber für den Esoteriker ist es auf Grund vieler praktischer Erfahrungen auf dem Gebiet der Mystik und Magie zur Gewissheit geworden, dass das Ego (Selbst) des Menschen nicht nur ewig, d. h. von unvordenklichen Zeiten her bis in undenkliche Zukünftigkeit existiert, sondern auch in immerwährendem Wechsel Form und Gestalt annimmt, sei es auf dieser Erde oder einem andern Planeten. Denn Form und Gestalt ist immer da, muss da sein, will das Ego eine selbstbewusste Wesenheit sein.

In jedem dieser Daseinszustände entwickelt das Ego analog seiner Form und seiner Umwelt ein persönliches Ich, das sich durch die Lebenserfahrungen mannigfacher Art immer mehr formt und ganz spezifisch stabilisiert, bis es nach dem Verlust der Form, des Körpers im Tode, d. h. beim Übergang in eine andere Formwelt, durch Assimilation seiner erworbenen Erfahrensbereiche, die ja die eigentliche Struktur des persönlichen Ichs bilden, allmählich seines Zusammenhalts beraubt wird und in seiner Struktur als persönliches Ich zerfällt, während das Ego an Eigenwert durch das Kompendium der Erfahrungen bereichert und vergrößert wird.

Dieses ist in Kürze die allgemeine These, die in ihrem logischen Aufbau an sich nichts zu wünschen übrig lässt.

Mit jedem Erdenleben entsteht demnach ein neues persönliches Ich, bestehend aus der Summe der bisherigen Ichs, die im Unterbewusstsein, d. i. der sogen. Seeleninhalt, verankert sind und dem sich im Laufe des neuen Lebens durch die Umweltseinflüsse neu heranbildenden Ich.

So müsste also jeder Mensch der heutigen Zeit eine mehr oder weniger große Anzahl von Erfahrungs-Ichen seiner früheren Inkarnationen seit der Bewusstwerdung zu einem Komplex zusammengeschweißt in sich bergen.

Da aber das Unterbewusstsein dem normalen Sterblichen nicht konkret bewusst werden kann, muss ihm dieser Wissensbereich als Chimäre, als okkult, d. h. verborgen, gelten und man kann es niemand übel nehmen, wenn er sich diesen Dingen gegenüber ablehnend verhält.

Man ist aber doch erstaunt, wenn sich in Gefahrenmomenten ein unbekanntes Etwas aus dem Unbewussten meldet und seine Stimme warnend erhebt. Man bezeichnet das dann wissenschaftlich gerne als instinktmäßiges Verhalten der erbbiologischen Anlagen, die durch die Situation geweckt wurden, um alsdann zur Tagesordnung überzugehen.

Dem Nachdenklichen aber könnte es erscheinen, als ob ein früheres Ich, d.h ein bestimmter Erfahrensbereich, wie eine Blase an die Oberfläche des Unterbewusstseins steigt und spontan dem Menschen bewusst wird, um der gegebenen Forderung der Stunde im Leben des neuen Ichs zu dienen.

Genügend Beispiele ließen sich für solche Fälle anführen und jedem wird vielleicht ein solcher Fall aus eigenem Leben erinnerlich sein, es dürfte sich jedoch erübrigen, weiter darauf einzugehen oder solche Fälle hier anzuführen, da die illustrierten Zeitschriften sich gerade diese Themen als dankenswertes Feuilleton zu Nutze machen.

Wenn nun die Präexistenz des Menschen auch nur in einem einzigen Falle bewiesen werden könnte, so wäre über diese Probleme nichts mehr zu schreiben, weil alle es dann glauben könnten, gleichgültig, ob sich jeder einzelne daran erinnern könnte oder nicht.

Aber da es heute noch nicht so weit gediehen ist, muss man noch mit den „okkulten“ Beweisen der sogen. „Seher“ vorlieb nehmen.

Wenn aber z. B einem heute lebenden Menschen durch einen wirklichen Seher, deren es in Europa leider nur sehr wenige gibt, eröffnet werden würde, wer und was er in den letzten verflossenen drei Inkarnationen auf dieser Erde gewesen ist, so müsste dieser Mensch ohne Voreingenommenheit, ohne Suggestion oder Autosuggestion an seinen Anlagen, seinen Talenten und an seinen bereits im Leben abgelaufenen Handlungen, ebenso wie aus seinen geheimen Neigungen und verdrängten Komplexen ersehen können, dass beispielsweise ein Seemann, ein Arzt, ein Krieger in ihm steckt.

Diese drei Teil-Iche bilden sein heutiges Geburts-Ich, das als Basis des jetzigen werden Ichs dient, um ein ganz neues persönliches Ich zu schaffen durch die jetzigen Umwelts- und Schicksalserfahrungen.

Da man als ziemlich sicher annehmen kann, dass auch unsere heutige Männerwelt in früheren Inkarnationen als weibliche Vertreter des homo sapiens über diese Erde gepilgert sind, ebenso wie ein Teil der heutigen Frauenwelt sicher schon einmal in männlichen Körpern wohnten, so werden deshalb viele Menschen bei der Überprüfung ihres eigentlichen inneren Wesenskerns entsprechend widerstreitende Gefühle und Bestrebungen in sich entdecken, die anders kaum zu erklären wären.

Will jedoch der Mensch über alle diese Fragen eine authentische Antwort haben, so muss er sich schon selbst bemühen, d. h. er muss sich den von Altertum überkommenen Disziplinen und Exerzitien ernsthaft widmen, kurz gesagt, den sogen. Weg der geistigen Wiedergeburt beschreiten, damit ihm die Wahrheit offenbart wird.

Das ist jedoch nicht so einfach, als dass man leichtfertig an diese Dinge herangehen könnte, denn der heutige Mensch ist unter den derzeitigen unnatürlichen Lebensbedingungen ein hochempfindliches Nervenbündel geworden und könnte seelischen und leiblichen Schaden bis zur Selbstaufgabe nehmen.

So muss man sich also zunächst mit der Feststellungen begnügen, die anerkannte Mystiker und Magier auf diesem Wege machten oder auch mit den Schilderungen mancher bevorzugter oder auch bedauernswerter Menschen, die durch Spontan-Erlebnisse hinter den Schleier der Maya schauten und oft dabei seelischen Schaden erlitten.

Im Verlaufe der Exerzitien zur Wiedergeburt (es ist darunter eine geistige zu verstehen oder nach der Gnosis die Schaffung des pneumatischen Leibes) wird jeder Beflissene grauenerregende Tiergestalten oder fratzenhafte Wesenheiten zu sehen bekommen, die für ihn genau so wirklich sind, wie die Erscheinungen der empirischen Umwelt. Es besteht keinerlei Unterschied zwischen dem Sehvermögen des inneren Auges und dem des körperlichen; eines erscheint ebenso wie das andere als Spiegelbild und wird von einem Sehzentrum wahrgenommen, das nichts mit dem entsprechenden Partikel des Gehirns zu tun hat. Und der Mensch muss sich mit diesem „Spiegelbild“ auseinandersetzen, ob er will oder nicht, was an die Selbstbeherrschung die größten Anforderungen stellt.

So erscheint meistens der „Hüter der Schwelle“ dem mystischen oder magischen Schüler als ein Wesen halb Mensch, halb Tier, mit schreckenerregendem Anblick, sodass man schwören könnte, einen Teufel oder Dämon zu erblicken. Oder er erscheint auch als weibliches verführerisches Wesen, das die Begierde anstachelt, wie z. B. bei der Versuchung des Heiligen Antonius, oft aber auch als ein gütiges harmonisches Wesen.

Aus dem ersten Beispiel versuchte man den Durchgang der Monade durch das Tierreich abzuleiten, doch ist diese Frage völlig umstritten. Das eine könnte als ziemlich sicher angenommen werden, nämlich dass die Summe der Teil-Iche, der Komplex aus allen früheren persönlichen Ichen, in seiner Struktur eben noch nicht ganz menschlich, aber auch nicht mehr ganz tierisch ist, dieses auf die bisherigen menschlichen Erfahrensbereiche bezogen.

Jedenfalls stellt der „Hüter der Schwelle“ allegorisch die Qualitäten des Gesamt-Ich-Komplexes dar und man kann hier demnach nicht von einer anormalen Spaltung sprechen.

Ohne die Möglichkeit des tatsächlichen Vorhandenseins von Wesenheiten die wir Dämonen, Teufel oder Engel in unserer menschlichen Terminologie zu nennen pflegen, in Frage zu stellen – (denn welche Vorstellungen und Imaginationen sind nicht seit Bestehen der Menschheit auf diesem Planeten zu allen Zeiten und allen Epochen durch böse oder gute Menschen geschaffen worden) – dürfte es sich in diesen vorgenannten Fällen fast ausschließlich um eine Spaltung des Gesamt-Ichs und der zufälligen Wiederbelebung einzelner Teil-Iche handeln.

Durch entsprechende Exerzitien – die den Zusammenhang des derzeitigen irdischen Ichs zu lockern in der Lage sind, diesen „Gang zu den Müttern“, ebenso wie durch eine zufällige innere Schockwirkung, wird das Unterbewusstsein erweckt und es tritt dann meistens eine Aufspaltung der normalerweise zusammengeschweißten Teil-Iche ein und der Mensch wähnt sich vor dem Abyssus, dem Abgrund aller Scheußlichkeiten stehen zu sehen.

ES muss an dieser Stelle wiederholt und besonders betont werden, dass ja alle Erfahrungen eines Lebens, seien es nun solche rein persönlicher Art oder auch solche durch Lektüre oder Anschauung (auch Kino) oder vom Hörensagen, im persönlichen Ich im Unterbewusstsein unweigerlich registriert werden, also auch alle Scheußlichkeiten und Sensationen, die man gehört, gesehen oder gelesen hat, ohne dabei körperlich beeinträchtigt zu werden, bilden einen unverlierbaren Bestandteil des persönlichen Ichs. Selbst jede Imagination irgendwelcher Art, gute oder schlechte, ist ein Baustein dazu.

Gerade in der heutigen Zeit können wir schon an den kurzfristigen Auswirkungen bei der Jugend feststellen, wie die Scheußlichkeiten, die Verrohung eines Krieges im Verein mit zur Früherotik anreizenden Bilderschriften oder Sensationsfilmen, wie einflussnehmend gerade diese außerhalb des persönlichen Erfahrensbereiches stehenden Anschauungsbereiche auf die Bildung des persönlichen Ichs sind.

Und wer weiß, welche Taten uns noch aus früheren Inkarnationen anhaften, sodass man es direkt als Gnade anzusehen hat, dass der Schleier der Maya über unser Erinnerungsbewusstsein gebreitet ist.

Zwar wird der Schüler, der ohne leiblichen Meister sich auf dieses so gefährliche Gebiet der Exerzitien gewagt hat, eine lange Zeit brauchen, bis ihm klar geworden ist, dass alle Stimmen, die er hörte, alle Gestalten, die er gesehen, nicht oder nur in den seltensten Fällen wirkliche Dämonen, Teufel oder Engel, sondern die wiedererweckten Teil-Iche früherer Daseinsformen sind. Nehmen wir folgendes Beispiel:

Einem Schüler, der sich zu den magischen Praktiken hingezogen fühlt, vermeint bei einer magischen Evokation (Anrufung) die Anwesenheit und die Stimme des zuständigen Planeten-Dämons zu hören und zu empfinden. Dieses bestätigt sich scheinbar insofern, als er viele Ratschläge für seine magische Praxis und sonstige Aufklärungen erhält. Wie derselbe später über einen Seher feststellen durfte, war der Schüler bereits in einem früheren Leben ein bedeutender Magier gewesen, sodass hier wohl das diesbezüglich Teil-Ich in ihm erweckt worden war und ihm so alle bereits einmal erworbenen Erfahrungen auf diesen Gebiet vermittelte.

Oder nehmen wir als abschließendes und vielleicht verständlichstes Beispiel das sogenannte „Innerste Gericht“, vor dem wohl jeder Mystiker und Magier gestanden haben muss, über das jeder offene Beflissene zumindestens ein Wort verloren hat, sobald er in seiner inneren Entwicklung eine bestimmte Stufe erreichte.

Hier scheinen sich eine größere Anzahl von Wesenheiten anderer Sphären zu einen Gerichtshof über den Schüler zusammengefunden zu haben. Jeder dieser Richter stellt mehrere Fragen an den Schüler bzgl. seines Zieles, das er bei seinen Übungen verfolgt. Und wehe, wenn der Schüler aus rein egoistischen Motiven des Machthungers oder aus Neugier in diese verschlossenen Gebiete eingedrungen ist! Der Verfasser zählte bei solcher Gelegenheit nicht weniger als 36 Richter, die auf Grund ihrer Verschiedenheit in Frage und Ton und Sprache auf ganz verschiedene Lebens- und Bildungs- bzw. Gefühlsstellung schließen ließen.

Es konnten neben ganz brutalen und rücksichtslosen, ja sehr niederträchtigen auch recht feinsinnige, zur Satyre geneigte, ja sogar priesterlich religiöse Wesen unterschieden werden. Aber diese „Inneren Richter“ sind keine fremden Wesenheiten, sondern die Teil-Iche aus den früheren Inkarnationen, von dem Willen zur Wiedergutmachung aller früher gemachter Fehler durchpulst und von der Einsicht der Notwendigkeit zur Besserung in jedem gegenwärtigen Leben beseelt, (siehe das sogen. Totengericht der ägyptischen Mythologie).

Sie stehen in jeder Inkarnation, als Teil-Iche zusammengeschlossen in dem jeweils gegenwärtigen persönlichen Ich am Scheidewege, jedes auf seine Art versuchend, den rechten Weg zu weisen.

„Wohl dem, der frei von Schuld und Fehle bewahrt die kindlich reine Seele“ . . . ihm kann auch das „Innerste Gericht“ nicht bange machen, wie jenem Jüngling im Altertum, der freventlich aus Neugier den Schleier der Maya vom Bild zu Sais entfernte und der daraus erfolgenden Selbstkritik nicht standhalten konnte, sondern tot umfiel.

Am Ende dieser Betrachtung angelangt, fragt es sich nun, ob es sich überhaupt empfiehlt, diesen Schleier der Maya zu heben oder nicht!?

Es ist schwer, darauf eine Antwort zu geben, da ein solches Unterfangen sicher nur von demjenigen ertragen werden wird, der in seinem Innersten dazu gedrängt wird. Neugier und andere Motive müssen ausschließen, da dadurch kein Segen, sondern nur Leid entspringen kann. Das soll uns sicher auch das Gleichnis vom „Verschleierten Bild zu Sais“ lehren.

2. Freimaurerei

Rudolf von Sebottendorf

Viel geschmäht und verdammt, viel gelobt und gerühmt, bildet die Freimaurerei einen geheimnisvollen Bund, der die ganze Menschheit als Bunderkette umschlingen soll. Wir wollen keine Geschichte der Freimaurerei schreiben – auch nicht für und gegen sie sein. Was aber für die Leser von Belang sein dürfte, ist die Frage nach dem Ursprung der Freimaurerei, nach ihrer Symbolik und nach dem, was sie heute darstellt.

Der Ursprung der Freimaurerei ist uralt, so alt wie das Menschengeschlecht überhaupt, wenn man das Wesen der „königlichen Kunst“ als solche fasst; das sagt auch die maurische Legende durch die Feststellung, dass Adam der erste Maurer gewesen ist. Immer hat es ja Männer gegeben, die eine höhere Erkenntnis zu bewahren hatten und die diese Erkenntnis von Mund zu Ohr ihre Jünger lehrten. Denn es ist ein ebenso uraltes Gesetz, dass das „Letzte“ nicht niedergeschrieben werden durfte – einfach aus dem Grunde nicht, weil man es nicht niederschreiben konnte; denn dieses „Letzte“ muss jeder erleben, es kann nicht gelehrt werden.

Darum waren die alten Meister nur Wegweiser, und sie richteten als Wegsteine die Symbole auf. Damit gaben sie es dem Jünger oder Lehrling an die Hand, selbst bis zum „Letzten“ vorzudringen. Da nun viele berufen, wenige ausgewählt sind, ist es klar, dass eine große Menge abseits dieses Weges blieb. Und diese Menge schloss sich eng zusammen, bildete die Symbolik nach ihrem gröberen Verständnis aus. Nach und nach vergaß man sogar den Sinn der Symbolik, und so erstarrte die Maurerei – wie die Kirche – zu einer Organisation, die die königliche Kunst bis aufs Wort vergessen hatte. Die Symbole und die Legende der Maurerei sind für den größten Teil der heutigen Maurer leeres Wort; nur wenig versuchen tiefer zu schürfen, und die Wenigsten finden das Gold.

Die Form der heutigen Maurerei datiert seit dem Jahre 1717, als sich in England die Logen von den Bauhütten trennten und sich eigene Gesetze gaben; damit begannen die Maurer nach politischer Macht zu streben. Es waren bald zwei Richtungen zu unterscheiden, die romanische und die germanische Maurerei; die erstere ist heute völlig entartet, sie ist ein politischer Machtfaktor in allen romanischen Ländern geworden. Die germanische Maurerei hat sich bis zu Ende des letzten Jahrhunderts weniger mit Politik beschäftigt.

Es ist möglich, dass die deutsche Maurerei sich wieder auf sich besinnt und das wird, was sie sein sollte – eine Lebensschule, welche einen ganzen Mann und den vollen Einsatz seiner Person fordert. Wer in diesem Sinne sich dem Orden anschließt wird leichter den Weg finden; es ist eben nicht jedem gegeben, allein den einsamen Höhen zuzustreben.

Und doch, wer die letzte Erkenntnis erringen will, muss allein sein und nur der inneren Stimme gehorchen können, das zeigte auch die Maurerei bei der Aufnahme des Lehrlings, der im dunklen Zimmer eine Zeitlang allein gelassen wurde.

Aufgabe des Maurerlehrlings war es nun, sich eingehend mit der Symbolik des Ordens zu beschäftigen. Vermittelt doch ein Symbol eine ganze Reihe von Gedanken, die auszusprechen sehr viel Zeit erfordern würde. – Schon der Anblick des siebeneckigen Schurzfells sagt zu dem Wissenden ganze Bände; der heutige Maurer erkennt daran meistens nur, ob der betreffende Bruder Lehrling, Geselle oder Meister ist. – Die Arbeit am „rauhen Stein“ ist die Lehrlingsarbeit. Die Maurerei zeigt dem Eintretenden den Weg. An ihm selbst liegt es, ihre Erkenntnis zu erlangen, wenn er gewissenhaft dieser Arbeit nachkommen will.

Der Umkreis der Lehrlingsarbeit wird durch die Säule Jakin bezeichnet, die das Losungswort dieses ersten Grades ist; in andern Mysterien ist sie das Symbol des Phallus; wie Boas, die Arbeit des Gesellen, das Symbol des Weiblichen ist; die Vereinigung beider ist der Meistergrad. Angedeutet durch das viereckige Schurzfell, das durch die dreieckige Klappe durchdrungen wird. Der Meister bearbeitet die Worte „Mac benak“, der Sohn lebt durch den Vater.

Diese drei ersten Grade werden die blauen Grade der Maurerei genannt und sind in den Logen der ganzen Welt im Ritual fast gleich. Da die heutige Maurerei bis zum Weltkriege ein gemeinsames Bureau unter dem Leiter Quartier le tente in Genf unterhielt, standen den Angehörigen der anerkannten Logen alle Logen der Welt offen, wenn sie, mit einem Logenpass versehen, Eintritt in eine fremde Loge heischten. Dadurch erwuchsen dem Maurer natürlich viele Vorteile, und da es außerdem bekannt ist, dass die Logen Wohltaten erweisen, ihren Zugehörigen Unterstützung und Förderung zuteil werden lassen, so darf man sich nicht wundern, dass sich Leute in die Logen drängten, die rein materielle Zwecke verfolgten. Nach und nach erlangten diese Leute das Übergewicht und so kam es, dass die Arbeit der Logen immer materieller wurde.

Wir wollen uns nun in den folgenden Blättern mit dem Ursprung der Maurerei eingehend beschäftigen, dann die Symbolik der Maurerei betrachten.

Horneffer sagt: „Die Freimaurerei will die bewusste Schaffenstätigkeit des Menschen anregen und organisieren, daher wählt sie als Symbole vorwiegend die Hilfsmittel und Erzeugnisse menschlichen Kunstfleißes. In einem prägnanteren Sinne als bei allen anderen Mysterienbünden kann man daher von der Freimaurerei sagen, dass sie ein Arbeitsbund und ihr Kult ein Werkkult ist. Dem Maurer ist die Werktätigkeit alles; der Mensch ist ihm ein Maurer, d. h. ein planmäßig und unermüdlich Arbeitender.“

Das trifft tatsächlich für die Entwicklung zu, in der sich die Bruderschaft heut befindet, nicht aber für das, was sie früher war und was sie sein sollte; sie ist erst durch die materialistische Denk- und Sinnesrichtung der Führer und des größten Teils der Mitglieder zu dem besonderen Platz in der Reihe der Mysterienbunde gekommen, dass sie die körperliche Arbeit und das nüchterne Berufsleben in den Vordergrund stellt; gerade darum bleibt jetzt der im Materiellen, im Nüchternen und Kleinlichen stecken; die Symbole sind Gewichte geworden, die den heutigen Maurer am Staube festhalten; es sind nicht mehr Flügel, die ihn aufwärts zur Sonne tragen.

Jeder Mysterienbund hat das Ziel: Den Menschen Gott gleich zu machen. Wir finden dieses Meisterstück als den wahren Inhalt aller Mysterien, nur durch den Tod kann der Menschensohn zum wahren Leben gelangen; aus den Trümmern nur kann der neue Tempel gebaut werden; nimmt man es rein materialistisch, so heißt es: Zerstört erst die Welt, errichtet sie, dann kann das neue Leben erblühen. Und so ist ganz folgerichtig der Bolschewismus und der Nihilismus die äußerste Konsequenz, die letzte Folge der romanischen politischen Maurerei, wie sie z. B. die Loge Alsace-Lorraine verfolgt, deren Großmeister Isaak Cremieux, der Begründer der „alliance israelite universelle“ war.

Unsere deutsche Maurerei steht heut am Scheideweg; wie sich die monistische Weltanschauung, die ja aus dem Materialismus geboren ist, zu einer anderen höheren Erkenntnis wandelt, so muss auch die Maurerei zu dem alten Grunde zurückkehren. Dieser Grund ist aber die Lehre dass „wie oben so unten“ der Mensch nur das Abbild des Makrokosmos ist, dass jede Arbeit am Einzelwesen einsetzen muss. Jeder Maurer, und das ist der Sinn der maurischen Symbolik, muss den Tod als Mensch erleben, um dann der Herrscher des Todes zu werden. Die Kunst, die königliche Kunst der Rosenkreuzer war es gewiss zu zerstören, um aus dem Vernichteten eine neue Synthese zu bilden; wer aber dies nicht symbolisch versteht, dem ist eben die höhere Erkenntnis verschlossen.

Und darum irrt auch Horneffer, wenn er zwischen Magie und Rosenkreuzertum und Freimaurertum einen Unterschied findet. Sie sollten ein und dasselbe sein, sie wieder zur Einheit zu bringen, wäre die Aufgabe, die die Maurerei zu erfüllen hätte. Wohlverstanden, die deutsche Maurerei, denn sie ist noch fähig dazu. Gelingt es ihr, die Fesseln abzustreifen, die Materialismus und Mammonismus ihr anlegten, dann würde die deutsche Maurerei die Königin der Welt werden.

Also zurück zum geheimnisvollen Urquell; das ist der Weg, den die deutsche Maurerei gehen muss. Die Wegweiser sind die Symbole, ihren verschütteten Sinn aufzudecken, muss ihr Bestreben sein. Sie muss von neuem die Arbeit am rauhen Stein beginnen, in einem anderen Sinne als bisher.

Wohl wird dem Maurerlehrling bei der Aufnahme gesagt, dass es seine Arbeit sei, den rauhen Stein zu bearbeiten, aber es muss ihm jetzt gesagt werden und es muss darauf gehalten werden, dass diese Arbeit auch ausgeführt wird. Höhere Erkenntnis ist nur durch den Willen zur Tat, durch unablässige Arbeit an sich selbst zu erreichen; Bezähmung der Begierden, Stärkung des Willens, kurz der Tod des bisherigen Menschen ist der Sinn der Arbeit. Wie aus dem unbehauenen Stein durch die Arbeit des Steinmetzen der behauene Stein wird, so soll der Freimaurerlehrling durch die unablässige Arbeit an sich selbst ein andrer werden, dann ist er ja nur geeignet weiter zu wandern, um das Meisterwerk kennen zu lernen.

Das Schurzfell, welches dem Lehrling nach der Aufnahme umgebunden wird, ist ein Quadrat mit aufgesetzten Dreieck, also fünfeckig. Das Fünfeck soll ihn an den Femstern, das alte Zeichen des Mikrokosmos erinnern; der Mensch besteht aus den fünf Elementen: Wasser,, Feuer, Luft, Erde und dem alles durchdringenden Äther. Diese fünf Elemente wieder werden durch die fünf Vokale a, e, i, o, u ausgedrückt. Solange der Lehrling nicht seine Seele erkannt hat, die über den vier Elementen Wasser, Feuer, Luft und Erde steht, solange ist er eben Lehrling und darf das Dreieck des Schurzes nicht nach unten schlagen.

Wir haben hier auch eine andre Deutung des geheimnisvollen altgermanischen Wortes „alu“, das wir auf vielen Talismanen finden. (Vgl. Amulette und Talismane, Talisverlag) a der erste – u der letzte Vokal. Ich bin der Anfang und das Ende, sagt die Bibel und in der Bhagavad Gita lesen wir, ich bin das a und das o. – A ist der Geist der Allheit, des Anfangs, der Erhabenheit; u ist die Empfänglichkeit; l oder die laf Rune bedeutet 1. Entstehung, 2. Leben und 3. das Ende. Verbindet man diese drei Bedeutungen mit den Vokalen, so erhält man drei verschiedene Ausdeutungen, die für magische Operationen tieferen Sinn haben. Unsere rein materialistische Weltanschauung hat den Sinn für solche Dinge verloren. Heute aber ist bereits erkannt worden, dass Gedanken Kräfte sind, wie viel mehr sind es nicht Worte, ohne Vokale gibt es keine Worte.

Wir haben fünf Vokale und zurzeit fünf Tattwas, das sind kurz gesagt Kräfte, in denen die Natur schwingt, jeder Vokal hat seine besonderen Eigenschaften und ist dadurch mit den Kräften des Alls verbunden; wer die Vokale richtig aussprechen kann, kann sich unter gewissen Bedingungen diese Kräfte nutzbar machen. Das ist aber nur Menschen mit reiner Seele gestattet. Der Lehrling soll aber rein und gut werden, damit er diese Kräfte später zum Wohle der Menschheit, nicht aus Eigennutz gebrauchen kann. Das bedeutet Arbeit am rauhen Stein. –

Um zu dieser Arbeit tauglich zu werden, muss er natürlich eine Vorbereitung durchmachen; früher musste der Aufzunehmende fasten, heute ist die ganze Aufnahme Zeremonie, eine sinnverwirrende, schnelle Folge von symbolischen Handlungen.

Es ist ganz klar, dass diese symbolischen Vorgänge nur von dem kleinsten Teile der Auf- und Angenommenen in ihrer ganzen Wichtigkeit gewürdigt werden, die meisten sind froh, „den alten Zopf“ überwunden zu haben und denken nicht mehr darüber nach, was die Reisen durch Wasser, Luft, Erde und Feuer zu bedeuten haben, warum der zu Initiierende die Schuhe ablegen, alles Gold, Silber und Eisen abgeben muss.

Nicht drei von hundert heutigen Meistermaurern werden sagen können, warum bei Lehrlingslogen die drei großen Lichter außerhalb des Tapis stehen, während sie bei der Gesellenloge auf dem Tapis gestellt sind; sie wissen nicht, dass es dieselbe Sprache ist, wie sie das Schurzfell spricht. Die drei außerhalb der vier; wieder also der Hinweis auf die heilige Fünfzahl, die zur Siebenzahl wird. Fünf Maurer bilden eine gerechte, sieben Maurer eine gerechte und vollkommene Loge. Vergleichen wir damit eine alte Figur der Rosenkreuzer und uralte arische Weisheit, so erhellt, dass alle das Eine sagen wollen: Wir, die jetzige Menschheit befindet sich noch im Lehrlingsstadium, fünf Sinne, fünf Vokale sind uns erst offenbar – aber sieben Sinne, sieben Vokale gibt es und die zwei verlorenen wiederzufinden, ist die Aufgabe der Menschenlehrlinge; das ist das Suchen nach dem wahren Meisterwert und das ist auch wieder nur der Sinn des Bruderbundes. Nicht mehr in diesem Leben kann das verlorene Meisterwerk gefunden werden; durch den Tod, nach dem wir vollkommene Meister geworden, wird es uns offenbar. Das ist die rechtverstandene königliche Kunst. Vom Sterben und von Neuem geboren werden, die spagyrische Kunst vom Vernichten und dem Aufbau des Neuen; in diesem Sinne ist auch das Wort Christi zu verstehen vom Abbrechen des Tempels und seinem Wiederaufbau. Wenn Horneffer und mit ihm der größte Teil der heutigen Maurerei sich nur auf die exoterische Auslegung der Symbole beschränken will, die Maurerei als einen Bund fasst, der das nüchterne Berufsleben in den Vordergrund stellt und gemäß der rein materiellen Denkweise die esoterische Bedeutung als überlebten Formelkram abtut, so, gräbt er damit der deutschen Maurerei das Grab.

Gegen diese materialistische Lehrart muss die deutsche Maurerei ganz energisch Front machen. Gelingt es hie und da einen Jünger der „ehemals“ königlichen Kunst zum Studium der Symbole zu bringen, zum Nachdenken, was er in der Loge tut, so würde man auch bald in den deutschen Logen das Atmen des neuen Geistes spüren, dann würde die Maurerei wieder wirklich eine königliche Kunst werden.

3. Okkulte Vorgänge in Italien

A. Nally-Rutenberg

Wer, wie ich, lange Zeit in Italien gelebt hat, namentlich im Süden der Halbinsel, in Neapel, Calabrien, Sizilien, – der erfährt eine Unzahl von Ereignissen, die alle in das Gebiet des Spiritismus gehören Die alten Schlösser in den zerklüfteten Gebirgen, die zerfallenen Häuser in den uralten Städten, die einsamen elenden Hütten der Landbewohner – sie alle sind eine Heimstätte für Geister- und Gespenstergeschichten.

Eine liebe Freundin von mir, in deren Haus ich lange Zeit in Neapel gelebt habe, Madame Chavaneau-Nasdone, – sie ist die Frau eines französischen Ingenieurs, – pflegte mir oft dergleichen Begebenheiten, die sie selbst erlebt halte, zu erzählen. Ich will hier eine davon kurz mitteilen.

Madame Chavaneau brachte als junges, kaum 18 jähriges Mädchen mit ihrer verheirateten Schwester einige Zeit in einem alten Felsennest in Calabrien zu, wo ihr Schwager, ein macante di campagna, auf dem Lande vielfach in Geschäften zu tun hatte. So waren die beiden Schwestern meistens auf sich selbst angewiesen. Sie wohnten in einem alten weitläufigen Hause, das im Mittelalter als Gerichtsgebäude des Städtchens gedient hatte und in dem auch eine Folterkammer gewesen war. Meiner Freundin Giovannina war es oft gar nicht geheuer in ihrem großen verräucherten Zimmer. Des Nachts hörte sie häufig, ganz in ihrer Nähe, ein Schlagen an der Wand, wie von Pferdehufen. Es befand sich aber überhaupt kein Stall für Pferd oder Esel im Hause.

Eines Abends ging Nina, – es war schon ganz dunkel und der Mond schien nur spärlich – zum Keller hinunter, um für das Abendessen Wein herauf zu holen, während die Schwester oben den Esstisch deckte. Trillernd stieg das junge Mädchen die Treppe hinunter und kam dann fröhlich mit dem Wein zurück, sich auf ihr Abendbrot, – Salat und Eier, – freuend und nichts weniger als an Geistergeschichten denkend. Doch, – als sie die Tür, die zur Treppe hinauf führte, öffnete, erblickte sie plötzlich ein altes hässliches Weib, das ihr den Weg versperrte. Die Alte war gekleidet wie eine Bäuerin; sie trug eine Art Kappe auf dem Kopfe. Dies alles sah Nina ganz deutlich. Aber seltsam! Die Frau hatte keine Beine; sie schien gleichsam auf ihren Knien zu stehen. Erschrocken wich Nina zurück und öffnete, rasch den anderen Teil der zweiflügligen Tür.

Aber ebenso geschwind war das Gespenst in die neue Öffnung gehopst und grinste von hier aus das junge Mädchen an. Und dieses Spiel wiederholte sie immer wieder von neuem, so dass Nina absolut keinen Durchgang fand. Wohin sie auch trat, immer stand die Alte vor ihr!

Schließlich brach die Geängstigte in laute Hilferufe aus, so dass die Schwester, die von ihrem Zimmer aus den Lärm vernommen hatte, eilig mit der Lampe in der Hand heruntergelaufen kam. Im Nu war da der Spuk verschwunden, und die an allen Gliedern zitternde Nina konnte endlich frei durch die Tür schreiten.

Eine andere, minder unheimliche Begebenheit erlebte das junge Mädchen später in demselben Hause. Eines Morgens, als es noch dämmerig war, erwachte Nina und erblickte zu ihrer Verwunderung am Fenster eine weibliche Gestalt, ganz in Weiß gehüllt. Es war eine schöne junge Frau, von der nur das Profil zu sehen war, mit langem, über die Schulter herabhängendem schwarzen Haar. Am Fensterriegel hatte Nina ihr Handtuch zum Trocknen befestigt, und an diesem schien die Gestalt sich die Hände abzuwischen. Während meine Freundin sich noch darüber wunderte, wie diese Frau in das Zimmer gekommen sein konnte, da die Tür doch fest verriegelt war, entschwand plötzlich die Erscheinung!

Als Nina dann den Hausbewohnern diese seltsame Geschichte erzählte, erfuhr, sie, dass vor einem Jahre hier in ihrem Zimmer eine schöne junge Frau im Kindbette gestorben sei. Diese Frau hatte sehr langes schwarzes Haar gehabt.

Auch ein seltsamer Fall von Spaltung der Persönlichkeit ereignete sich bei meinem letzten Aufenthalt in Neapel. Ein Freund von mir, der alte Graf Alfieri, erhielt eines Morgens früh die traurige Nachricht von dem plötzlichen Tode der Schwiegertochter seines beste Freundes, des Marchese N. Während der Graf noch ganz erschüttert von dieser schmerzlichen Kunde war, klingelte es draußen. Man öffnete, und der Marchese, der früher niemals den Freund besucht hatte, erschien ganz unerwartet. Er wurde in den Salon genötigt, und Alfieri stellte ihm die Damen des Hauses vor, bei der er wohnte; auch die Töchter derselben kamen herein, und alle sprachen dem alten Herrn ihre Teilnahme aus über den schweren Verlust, der ihn betroffen hatte. Und der Marchese erzählte dann ganz aufgeregt, dass die Ärzte nicht die geringste Ahnung davon hätten, woran eigentlich die junge Frau gestorben sei, und dass dies ihn am meisten bekümmere. Man hatte sie im anderen Falle vielleicht doch noch retten können! – Er blieb wohl eine halbe Stunde; dann empfahl er sich, und wurde von der ganzen Familie hinausgeleitet.

Gleich am Abend desselben Tages ging der Graf diesen Besuch zu erwidern. Im Hause seines Freundes empfing ihn dessen Sohn, dem er natürlich von dem Besuche seines Vaters erzählte. Der junge Mann war auf das äußerste erstaunt. „Mein Vater soll bei Ihnen gewesen sein?“ rief er aus. Aber das ist ja ganz unmöglich! Mein Vater ist den ganzen Tag über im Bett geblieben und hat sich vor kurzem erst erhoben, um einen kleinen Spaziergang zu machen!“

Der Graf verstand den Zusammenhang. Doch deutete er sich ihn so, dass er glaubte, die Tote selbst sei in Gestalt ihres Vaters zu ihm gekommen! An die Verdoppelung seines Freundes, dessen Astralkörper ihn besucht hatte, daran dachte er nicht. – Die Damen aber daheim, denen er Mitteilung von dem seltsamen Ereignis machte, waren darüber sehr erschrocken und erklärten ganz entschieden: „Wenn der Marchese noch einmal kommen sollte, dann lassen wir ihn gewiss nicht herein! Auf keinen Fall! Er ist doch ein zu unheimlicher Gast!“

4. Das Menschen-Ich und seine Vererbungslehre

Amenophis

Die Wissenschaft lehrt in der Vererbungstheorie und der größte Teil der heutigen Kulturwelt glaubt, dass der Mensch das Produkt aus den väterlichen und mütterlichen Vererbungsfaktoren (Chromosomen) zuzüglich der Einflüsse von Erziehung, Milieu und Zeittendenz ist.

Der erfahrene Geisteswissenschaftler, der sich über die materiellmechanistische Denkart der großen Masse erhoben hat, weiß dagegen, dass diese Theorie nur zum Teil richtig ist und ein erdwärts strebendes Menschen-Ich seine eigenen und besonderen Qualitäten mit sich bringt, resultierend aus den Erfahrungen früherer Erdenleben und den damit verbundenen karmischen Verpflichtungen.

Was wir die physische Geburt nennen, ist nur der erste sichtbare Schritt zur Inkarnation auf der materiellen Ebene. Ein neuer Mensch entsteht ja nicht allein aus dem befruchteten Eikeim. Was aus dem Mutterleib geboren wird, ist zunächst gar nicht das aus den Geistesreichen herabsteigende Menschen-Ich, sondern ein aus den familiären und rassischen Kräften geformtes Gewand oder geprägtes Vererbung- und Überlieferungsmodell. Allerdings hat das Ich gewisse zwingende Beziehungen zu diesem Gewand, diesem Modell, sonst hätte es nicht eine bestimmte Rasse, Volk, Familie und Elternpaar gewählt.

Aber trotzdem passen diese gelieferten Vererbungsgewänder nicht vollständig zum Ich; sie müssen von diesem erst umgewandelt, zugeschnitten werden. In weiterem Sinne gehören zur Vererbung noch die Traditionsströmungen des Volkes und der Zeit, in die es hineingeboren wurde und die es täglich im Laufe des Erdendaseins beeinflussen, mit denen es sich auseinanderzusetzen hat.

Diese überaus wichtige Arbeit wird allgemein stufenmäßig vom Ich bewältigt. Das sind die bekannten Perioden des 7., 14., 21. und 28. Lebensjahres und häufig ist das Ich mit dem 28. oder 35. Jahr, manchmal noch später, erst „voll geboren“, also völlig inkarniert.

Nur „starke Iche“ (Individualitäten) gelangen zur vollen Ich-Geburt in ihrer Inkarnation. Der Durchschnittsmensch bleibt meistens in den Vererbungs- und Traditionsgewändern stecken und die Entwicklung ist dann mit den Zwanzigerjahren ein für allemal abgeschlossen. Alles wird zur Routine, zur Phrase, zur Konvention, mit einem Wort, er wird zum Philister.

Ist es dann ein Wunder, wenn diese Menschen an die Allmacht von Vererbung, Tradition und Milieu glauben und nichts verstehen können und wissen wollen von wiederholten Erdenleben und einem vorkonzeptionellen Dasein des Menschen-Ich auf geistigen Ebenen!

Doch ebenso wie die Geburt des Menschen für die Mutter mit Schmerzen verbunden ist, ist auch die Arbeit des Menschen-Ich an seinem Erdenkörper bis zur völligen Ergreifung desselben mit schmerzhaften geistig-seelischen Entwicklungskrisen und sogar mit körperlichen Erkrankungen verbunden. Weil eben das Menschenschicksal sich durch den Zusammenfluss zweier gesonderter Bereiche vollzieht, die mitgebrachte Karmaprägung des Ich aus den Geisteswelten und die oben genannten irdischen Vererbungsfaktoren, ist das Umschmelzen dieser Gegebenheiten oder die Auseinandersetzung mit ihnen durch geistig-seelische Krisen gekennzeichnet.

Schon die Kinderkrankheiten, wie Masern, Röteln, Scharlach und Verdauungsschäden sind die allerbesten Anzeichen dafür. Jedoch die wesentlichen Entwicklungskrisen spielen sich im Jugendalter auf geistigseelischem Gebiet ab.

Durch die Erziehung im Elternhaus und in der Schule wird der junge Mensch in eine Schablone gepresst, die den moralischen, ethischen und volklichen Zeittendenzen entspricht.

Er muss sich z. B. dem Nationalstolz anpassen, andere Völker hassen oder verachten, sie als seine Feinde betrachten, obwohl er nicht einsehen kann, warum Feindschaft oder Hass bestehen soll zwischen Wesen, die Menschenantlitz gleich ihm tragen und die ihm nichts zuleide getan haben.

Das Erwachen zum Geschlechtsträger ist eine weitere Krise, die dazu beiträgt, ihn in Unsicherheit zu stürzen.

Sofern er Elten oder Lehrer hat, die ihm die hohen und zeitlosen ethischen Menschheitswerte in dieser Zeit nahebringen, wird er daran erstarken und in sich soviel Individualität entwickeln, um nicht ein Mitläufer in der breiten Masse zu werden. Auf der anderen Seite aber, wie es in der heutigen Zeit so klar zutage tritt, werden die Jugendlichen in ihrer seelischen Unsicherheit hin- und hergeworfen, müssen alle Grade von seelischem Fieber und Schüttelfrost durchmachen, geraten in seelisch missleitete Ekstasen und verfallen zum Schluss in Depressionen und Verzweiflung, die letzten Endes zu Kriminalität oder Selbstmord führen. Diese Jugendlichen sind nicht in der Lage, sich mit den Vererbungsfaktoren ihrer Körper auseinanderzusetzen. Deshalb fühlen sie sich nur in größerer Gemeinschaft stark genug, den Aufgaben, die Umgebung und Zeitgeist an sie stellen, in dieser Anonymität gerecht zu werden.

Es ist der Atavismus des Herdentriebes längst abgelebter Menschheitsperioden, dem sie sich in die Arme werfen, um ihr Unvermögen hinsichtlich des ichhaften Ergreifens ihres Körpers zu verschleiern. Die Zeit hat für diese armen Heranwachsenden die Bezeichnung „Halbstarke“ geprägt.

Nach dem Vorhergesagten ist diese Bezeichnung völlig unangebracht. In materiell-mechanistischer Denkweise sucht man nun nach den Ursachen dieser rätselvollen Entwicklung der heutigen Jugend oder wenigstens einem Teil derselben und viele Wissenschaftler von Rang und Namen sind um die Ergründung dieses Phänomens besorgt. Man ist darauf verfallen, in dem Fehlen der väterlichen Erziehungsgewalt in vielen Fällen den Grund zu erblicken oder aber im Unvermögen der Elternschaft, ihre heranwachsenden Kinder mit den nötigen ethischen Impulsen zu versehen.

Das letztere könnte man u. U. als einen Grund gelten lassen, wenn auch die dazu herangezogenen Erklärungen nicht ausreichen.

Der Leser wird über den ganzen Fragenkomplex durch Funk und Tagesblätter genügend informiert sein, sodass es sich an dieser Stelle erübrigt, darauf näher einzugehen.

Die heutigen Elternpaare, deren Kinder nun zu den Heranwachsenden gehören, wurden schon von einer Zeit geformt da man die religiösen Anschauungen auf ein Abstellgleis geschoben hatte, diese religiösen Anschauungen, die ihren Voreltern das Rückgrat bedeuteten, durch deren Stütze sie sich normal und zeitgemäß entwickeln konnten.

Die Maximen einer rückschrittlichen völkischen Idee trugen ihr Teil dazu bei, den Menschen zur Selbstüberschätzung zu führen, ohne dass auch die hierfür notwendigen Qualitäten überhaupt gegeben waren. Danach brach die Katastrophe herein und die Menschen hatten keine Zeit mehr, außer an die Befriedigung ihrer animalischen Bedürfnisse noch an ihre geistigseelische Entwicklung zu denken.

Wohl suchten manche ihre Zuflucht wieder in der Religion, aber die nachfolgende Zeit des Wiederaufstieges ließ die Gier nach Wiedererlangung der verlorenen materiellen Güter in den Vordergrund treten. Hand in Hand damit ging ein phänomenaler Fortschritt auf medizinischem Gebiet, der den Menschen zum größten Teil auch die noch vorhandene Sorge um den Körper und dessen Gesundheit abnahm, was ihnen zum Freibrief für die restlose Ausnutzung der lange entbehrten irdischen Genüsse wurde.

Diese Generation hatte nie Zeit gehabt, die Vererbungs- und Traditionskräfte in sich zu überwinden, in sich individuelle Impulse zu entwickeln, um sich daraus ein persönliches Schicksal zu formen. Danach aber wurden sie zu alt und zu träge. In ihrer Kraftlosigkeit und Ohnmacht den geistig-seelischen Erfordernissen gegenüber sind sie trotz einer gewissen „Scheingesundheit“ doch krank am ungeborenen, in den Traditions- und Vererbungshüllen steckengebliebenen Ich.

Welche Vererbungsfaktoren und welche Hilfe in der Erziehung können solche Elternpaare ihren heranwachsenden Kindern schon geben!

Jeder sich neu, inkarnierende Mensch steht vor der Schicksalsfrage: „Wie verdaue ich meine Eltern, wie meine Lehrer?“ – „Wie verdaue ich, was sie mir als Vererbungskräfte und kulturelle Güter weitergeben?“

Selbst das hochwertigste Überlieferte muss vom Ich-Wesen verdaut, umgewandelt werden. Sonst ist es nicht Nahrung, sondern „GIFT“! –