Roland Habersetzer

Amakusa Shirō  – Gottes Samurai

Der Aufstand von Shimabara

Historischer Roman

Aus dem Französischen von Frank Elstner

Palisander

Der Verlag dankt Dr. Janett Kühnert, Norbert Wölfel, Dr. Sven Hensel und Jens Regner (Chemnitz) sowie Sascha Germer (Berlin) für die fachliche Unterstützung bei der Redaktion.

Deutsche Erstausgabe

1. Auflage November 2013

Titel der Originalausgabe: Amakusa Shiro, samouraï de Dieu

© 2012 by Edition Amalthée

Deutsch von Frank Elstner

© 2013 by Palisander Verlag, Chemnitz

Alle Rechte vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (durch Fotografie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden.

Schutzumschlaggestaltung: Claudia Lieb, München

Einbandgestaltung: Claudia Lieb, München

Lektorat: Palisander Verlag

Redaktion & Layout: Palisander Verlag

1. digitale Auflage: Zeilenwert GmbH 2014

ISBN 9783938305713

www.palisander-verlag.de

Der Autor

Roland Habersetzer, Jahrgang 1942, ist seit 1957 Praktizierender der Kampfkünste. Bereits 1961 erhielt er den 1. Dan und wurde so zu einem der ersten französischen »Schwarzgurte« im Karate. Zu recht wird er sowohl als Spezialist der japanischen Kampfkünste (Budō) als auch der chinesischen (Wushu) angesehen. Nachdem er verschiedene Graduierungen in Frankreich, Japan und China erhalten hatte, wurde Roland Habersetzer im April 2006 in Japan durch O-Sensei Tsuneyoshi Ogura (Schüler von Yamaguchi Gōgen und Gima Makoto) der 9. Dan, Hanshi, sowie der Titel eines Sōke (Meister-Gründer) für seinen eigenen Kampfkunststil »Tengu no michi« (Tengu ryū Karatedō, Kobudō, Hōjutsu) verliehen. Damit wurden seine außerordentlichen Bemühungen bei der Verbreitung der Kampfkünste und die hohe Effektivität seines Wirkens gewürdigt. Nicht zuletzt stellt dies auch die Legitimierung seines eigenen Konzepts der Praxis der Kampfkünste dar, des »Weges des Tengu« (»Tengu no michi«).

Im Jahre 1968 erschien Roland Habersetzers erstes populärwissenschaftliches Buch über die Kampfkünste. Heute besteht sein Werk aus nahezu 80 Büchern, was ihn zum Autor der weltweit bedeutendsten Buchreihe auf diesem Gebiet werden lässt. Seine Bücher, die in mehrere Sprachen übersetzt worden sind, gelten in allen frankophonen Ländern als historisches, technisches und pädagogisches Standardwerk. Auch in vielen anderen Ländern besitzen sie hohes Ansehen.

Sein erster Roman, »Li, le Mandchou«, erschien im Jahre 1976 bei Trévise, in der Folge veröffentlichte er drei weitere Romane mit kampfkunstbezogener Handlung im renommierten französischen Verlag Pygmalion. Ein Band mit Erzählungen über berühmte Samurai und Rōnin wurden 1988 im Verlag Amphora publiziert. Er erschien 2008 in deutscher Übersetzung im Palisander Verlag.

Roland Habersetzer

Centre de Recherche Budo – Institut Tengu

(CRB-IT)

7b, rue du Looch

67530 Saint-Nabor (Frankreich)

www.tengu.fr

Deutsche CRB-Website:

www.wslang.de/​karatecrb

Es hat mir stets gefallen, eine Arbeit zu Ende zu bringen 

Ich habe immer daran geglaubt, dass Versprechen gehalten werden müssen 

Vor langer Zeit habe ich versprochen, dass ich eines Tages all den vergessenen Namen eines der stürmischsten Ereignisse, die das Land der aufgehenden Sonne erlebt hat, neues Leben verleihen würde 

Bewunderung und jugendliche Begeisterung haben mich dieses Versprechen geben lassen 

Das Leben hat mir endlich die Möglichkeit gewährt, es zu erfüllen.

Roland Habersetzer

Inhaltsverzeichnis

Cover

Titel

Impressum

Der Autor

Zitat

Vorbemerkung

Zur Geschichte

Teil I – Der Gesandte des Himmels

Teil II – Die Märtyrer

Zurück zur Geschichte

Ein gehaltenes Versprechen

Anhang

Illustrationen

Einige historische Daten zum Aufstand

Die wichtigsten historischen Persönlichkeiten

Glossar

Quellen

Weitere Bücher

Fußnoten

Vorbemerkung

Bereits in meinem Buch »Die Krieger des alten Japan« ist eine Erzählung dem Shimabara-Aufstand gewidmet, jenem sechs Monate dauernden Bürgerkrieg, der zu Beginn des 17. Jahrhunderts den Süden Japans verheerte. Ein Krieg, der das Potential hatte, das Shōgunat der Tokugawa ins Wanken zu bringen. Mit meinem Roman wollte ich mich den Personen, die darin verwickelt waren, noch weiter nähern, jenen Kriegern, Bauern und Priestern, die sich um ihren jungen charismatischen Anführer scharten, dem sie den Namen Amakusa Shirō verliehen hatten und in dem sie den Boten des Christengottes sahen. Von einigen dieser Helden sind uns die Namen noch heute bekannt, aber die meisten von ihnen bleiben für immer anonyme Akteure in einer menschlichen Tragödie seltenen Ausmaßes. Sie sollen auf den Seiten dieses Buches wieder auferstehen, mit ihrem Glauben, ihrer Kraft, ihren Schwächen, ihren Leidenschaften, ihren inneren Widersprüchen, den Versuchungen, denen sie ausgesetzt waren, ihren Siegen und Niederlagen in einem dramatischen Kampf gegen die Obrigkeit. Sie alle spielen ihre Rolle in diesem Roman, der die Ereignisse trotz gewisser literarischer Freiheiten genauso schildert, wie sie stattgefunden haben. All diese Männer und Frauen zeigten menschliche Größe in ihrem Willen, eine bessere Welt zu errichten, und sei es um den Preis des eigenen Lebens. Ihr Beispiel zeigt, welche Kraft einer Idee innewohnen kann, wenn sie die Menschen beseelt. Das mussten selbst viele der Samurai, Rōnin und Ninja anerkennen, die im Auftrag der Obrigkeit gegen sie kämpften.

Roland Habersetzer, Herbst 2012

Zur Geschichte

Am Ende des 16. Jahrhunderts erlebte Japan einen gewaltigen Kampf um die Herrschaft im Lande. Der junge Tokugawa Ieyasu war entschlossen, den Klan des 1598 verstorbenen Toyotomi Hideyoshi von der Macht zu verdrängen. In der Schlacht von Sekigahara im Jahre 1600 erlitt der Toyotomi-Klan eine vernichtende Niederlage. In der Folge leisteten die unterlegenen daimyō dem Sieger den Treueeid. 1603 ließ Tokugawa Ieyasu sich zum Shōgun ernennen. Dies erscheint als ein gerechter Lohn für seine geschickte Politik, durch die er das Land geeint hatte. Eine schier endlose Reihe von Bürgerkriegen hatte Japan zuvor nicht zur Ruhe kommen lassen. Unter der Herrschaft der Tokugawa begann eine lange Epoche politischer Stabilität. Erst die Meiji-Revolution 1868 beendete die Macht dieses Klans, als der neue Kaiser Mutsuhito die Entscheidung fällte, sein Land in ein modernes Zeitalter zu führen.

Aber 21 Jahre nach dem Tod Tokugawa Ieyasus kam es zu einem kurzen, doch blutigen Zwischenspiel. Einige Monate lang geriet im äußersten Süden des Landes, auf der Insel Kyūshū, die festgefügte Ordnung, die er im ganzen Land etabliert hatte, ins Wanken. Hier, weit entfernt von der Hauptstadt Edo, dem heutigen Tokio, brach ein Aufstand der Christen (kirishitan) aus, der genau genommen eine religionsübergreifende Revolte der gesamten Bauernschaft darstellte, die hier seit Jahrzehnten unbarmherzig unterdrückt und ausgebeutet worden war.

Von den Philippinen aus waren in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts missionierende Jesuiten nach Japan gelangt und hatten erfolgreich damit begonnen, ihren Glauben im Inselreich zu verbreiten. Kaum hatte der erste Tokugawa-Shōgun die Macht ergriffen, erließ er Edikte, die die verstärkte Verfolgung der Anhänger des fremden Glaubens forderten. Ieyasu befahl, die Kirchen zu zerstören, und er verlangte, dass die konvertierten Japaner entweder dazu gebracht würden, ihrem Glauben abzuschwören oder dass sie, wenn sie unbeugsam blieben, hingerichtet würden. Auf diese Weise sollte der Buddhismus, den er als bedroht ansah, zu seiner alten Stärke zurückfinden. Kyūshū, vor allem aber die Halbinsel Shimabara und die Amakusa-Inseln, wurden zum Schauplatz einer unbarmherzigen Christenverfolgung. Zwischen 1614 und 1635 starben nahezu 300 000 Christen, die sich weigerten, abzuschwören, darunter zahlreiche ausländische Jesuiten. Die Bewohner Kyūshūs stumpften allmählich ab unter dem ständigen Schrecken, mit dem sie leben mussten; nur so konnten sie die unaufhörlichen Gewalttaten der Gouverneure von Nagasaki ertragen, die sich geschworen hatten, die fremde Religion auszulöschen. Es durfte in Japan nur einen einzigen Gott geben, den Kaiser, den Tennō, der als Sohn des Himmels galt.

Zahlreiche Christen schworen unter dem Druck der Verfolgungen und den Schrecken der Folter ihrem Glauben ab. Andere zogen sich, seelisch und körperlich geschunden, in entlegene Winkel auf dem Lande zurück, um sich als Landarbeiter durchzuschlagen.

Doch die Steuern, die auf die Ernten erhoben wurden, waren dermaßen hoch, dass das, was den Bauern blieb, oft kaum zum Überleben reichte. Die örtlichen daimyō pressten buchstäblich das Allerletzte aus den armen Insulanern, um die hohen Ausgaben bestreiten zu können, die ihrem Rang entsprachen.

Aber unter diesen Bauern, deren Leben in den Augen der Machthaber nichts galt, verbargen sich zahlreiche Samurai, die ihre Einkünfte und ihre Privilegien als Berufskrieger verloren hatten, weil sie sich unter ihrem christlichen daimyō Konishi Yukinaga, dem einstigen Herrscher über diese Provinzen, zu dessen Glauben bekehrt hatten. Armut und Elend hatten sie bitter im Herzen werden lassen, aber dennoch hatte alles Unglück ihrer Moral nichts anhaben können. Immer noch war die Erinnerung an die Zeit des Ruhmes ihres Lehnsherrn in ihnen lebendig, jene Zeit, in der Disziplin und die Bewahrung der Tradition zu den wichtigsten Dingen in ihrem Leben zählten. Und so verharrten diese tapferen Männer lange Zeit in Stille, bis zu dem Tag, an dem offensichtlich wurde, dass ihnen tatsächlich keine andere Wahl mehr blieb, als zu kämpfen. Als sie dies begriffen, entschlossen sie sich, einen Aufstand zu initiieren. Und so erhob sich, völlig unerwartet für die Herrschenden, die gequälte Bauernschaft in einer gewaltigen Revolte.

Dies war der Aufstand von Shimabara (Shimabara-no-ran). An der Spitze der Erhebung standen fünf Rōnin, ehemals Samurai im Gefolge von Konishi Yukinaga. Ihre Namen lauteten Ashizuka Chūemon (Chidzuka Zenzaemon) – er war der Rangälteste –, Mori Sōi (Sōiken), Ōye Matsuemon, Ōye Genyemon und Yamada Emonsaku (Zenzaemon). Sie waren es, die in jenem schicksalhaften Herbst des Jahres 1637 den erst 17-jährigen Masuda Shirō Tokisada als charismatischen Anführer der Rebellion auswählten. Ihm folgend stürzten sich Zehntausende japanischer Christen in ein Abenteuer, aus dem es kein Zurück geben konnte, da sie es wagten, sich der Macht ihres Shōguns in den Weg zu stellen.

Masuda Shirō Tokisada wurde rasch zum Symbol des Widerstands gegen die Unterdrückung und die Ungerechtigkeit. Tatsächlich aber bleibt er eine höchst geheimnisvolle Persönlichkeit. Niemand weiß, ob er beim Aufstand von Shimabara tatsächlich die Befehlsgewalt innehatte oder ob er nur den Willen der fünf Rōnin vollstreckte, die seine Ausstrahlung für ihre Zwecke nutzen.

Wir kennen heute zahlreiche Einzelheiten über die Geschehnisse jener Tage, aber die wirkliche Persönlichkeit des jungen Anführers bleibt im Nebel verborgen. Er stammte aus der in der Provinz Higo gelegenen Stadt Udo. Sein Vater war der christliche Bauern-Samurai Masuda Yoshitsugu (Jinbei). Seit er zwölf Jahre alt war, befand sich Shirō häufig in Nagasaki, wo er für chinesische Händler arbeitete und in einer christlichen Familie Unterricht bekam. Wahrscheinlich war es dort, wo er in aller Heimlichkeit getauft wurde und den portugiesischen Namen Jerónimo Machondano Chico (Maxondanoxiro) erhielt. Es heißt, schon in sehr jungen Jahren habe sich seine Begabung für Literatur und für alle Formen der Kunst gezeigt. Und die Legende ergänzt: Er sei fähig gewesen, Vögel dazu zu bringen, sich auf seiner Hand niederzulassen und dort sogar Eier zu legen. Manch einer habe ihn gar über das Meer wandeln sehen, in der Nähe eines glühenden Kreuzes, das aus dem Wasser aufgetaucht sei … Man verlieh ihm messianische Eigenschaften, wie sie erforderlich waren, um die Masse der Bauern, Christen wie Nichtchristen, aus ihrer dumpfen Lethargie herauszureißen. Seine Jugendlichkeit, sein helles Gesicht und seine brennenden Augen trugen das ihre dazu bei: Amakusa Shirō wurde der Engel des Himmels (Tendō), ein neuer Jesus Christus (Yaso Kirishito), der Abgesandte Gottes (Deusu). Seine anziehende Persönlichkeit schlug jeden, der in seine Nähe kam, in den Bann. Seine Botschaft, die er unermüdlich wiederholte, besagte, dass »ein jegliches Ding auf dieser Erde und ein jegliches Wesen, welches auch immer sein Rang sei, denselben Ursprung hätten und von gleicher Natur seien« (Tenchi dōkon banbutsu ittai, issai shujo fusen kisen). Diese großzügige und auf die Gleichheit aller gerichtete Sichtweise fand offene Ohren bei den einfachen Leuten auf den südjapanischen Inseln, die Hunger litten und unter dem unerbittlichen Druck der Tyrannei von einer besseren Welt träumten.

Die fünf Rōnin hatten sich also darauf geeinigt, im Namen Shirōs zu handeln, nicht nur aufgrund seines natürlichen jugendlichen Charismas, sondern auch, weil er keiner der rivalisierenden Gruppierungen angehörte, die einen Anspruch darauf hätten erheben können, in diesem Aufstand die Führung zu übernehmen. Und noch bevor er selbst vor die Augen der Abertausenden Unterdrückten trat, die nur allzu gern daran glauben wollten, was ihnen die Gerüchte zugetragen hatten, begeisterte man sich für einen Plan, der ihm zugeschrieben wurde: Ein Marsch nach Norden, um sich mit ausländischen christlichen Truppen zu vereinen; dann die Festung von Ōsaka einzunehmen und auf Edo zu marschieren. Die verhassten daimyō würden unterwegs gefangengenommen werden. Ein neues Zeitalter würde in Japan erstehen!

Voll Hoffnung drängten sich die Menschen am Anfang jenes Herbstes des Jahres 1637 um die Kohlenbecken, die in die Lehmböden der elenden Hütten eingelassen waren, während sich draußen im Wind und in der Kälte die Geister tummelten und der Mond am Himmel aufstieg und die Wipfel der Bäume und die Silhouetten der Berge in ein bläuliches Licht tauchte 

Alle Ereignisse, die in diesem Buch erzählt werden, wie auch ihr zeitlicher Ablauf und die Namen der Orte, an denen sie sich abspielten, sind historisch belegt. Viele der Personen, die auf diesen Seiten auftreten, haben tatsächlich existiert. Der Leser findet sie im Anhang aufgelistet. Ihre Gespräche und konkreten Verhaltensweisen wurden hingegen vom Autor ersonnen. Das gleiche gilt für »Shirōs Tagebuch«, aus dem im Verlauf der Erzählung immer wieder zitiert wird. Die Tagebucheinträge sind gemäß der japanischen Ära Kan’ei (1624 - 1643) datiert, die der Endzeit der Herrschaft des Kaisers Go-Mizuno-o und dem Beginn der Herrschaft des Meishō-Kaisers entspricht.

Japanische Begriffe werden im Text kursiv angezeigt, dies soll es dem Leser erleichtern, sie im Glossar dieses Buches wiederzufinden. Ausgenommen davon sind Begriffe, die heute als weitestgehend bekannt vorausgesetzt werden können oder deren Bedeutung sich eindeutig aus dem Text selbst ergibt.

Was die Personen – seien sie historisch oder nicht – angeht, so werden ihre Namen gemäß dem japanischen Brauch angegeben: Zuerst wird der Familienname genannt und danach der Vorname.

Die beiden Landkarten im Anhang erlauben es, die Ereignisse räumlich einordnen zu können.

Teil I

Der Engel des Himmels

»Nachdem fünfmal fünf Jahre vergangen sein werden, wird ein außergewöhnlicher junger Mann in Japan erscheinen. Ohne etwas studiert zu haben, wird er ein Wissender sein. Dies wird geschehen. Und die Wolken werden glühen, im Westen wie im Osten. Ein toter Baum wird eine Blauregenblüte austreiben. Die Menschen werden auf ihren Häuptern das Zeichen des Kreuzes tragen. Weiße Banner werden auf dem Meer und den Flüssen schwimmen und über den Bergen und den Ebenen schweben. Dann wird die Zeit gekommen sein, Jesus zu huldigen.«

Aus der Hankan-Prophezeiung

 

1

Arima, Shimabara, Dezember 1637

Und immer wieder dieses Klagen und Schluchzen, das die Stille der Nacht zerriss. Voll Qual und Verzweiflung. Von Zeit zu Zeit, wenn der Wind sich drehte, wurden die peinigenden Laute unterbrochen. Dann klangen sie wieder auf, doch jedes mal ein wenig schwächer. Ein Wesen im Todeskampf.

Im ausgemergelten Gesicht von Kenzō Shibata zuckte kein Muskel, aber seine Fäuste waren geballt. Der Bauer wandte den Kopf leicht in Richtung des Mannes, der sich zu seiner Linken befand, gleich ihm an einen Baumstamm gelehnt. Im Dunkeln waren noch mehr reglose Silhouetten zu erahnen, die mit der Nacht zu verschmelzen schienen. Es herrschte eine Atmosphäre gespannter Aufmerksamkeit.

Mori Sōiken streichelte mit der linken Hand den feingearbeiteten Griff seines Schwertes, der von Zeit zu Zeit im Licht des durch die Äste scheinenden Mondes auffunkelte. Seine Ruhe war unerschütterlich, sein Geist unglaublich präsent. Kenzō Shibata wusste, dass der alte Samurai fähig war, die Klinge jederzeit mit tödlicher Schnelligkeit zu ziehen. Aber dies würde erst im entscheidenden Moment geschehen 

Bald schon. Sobald das grobe Gelächter und die johlenden Gesänge endlich verstummen würden, die die schrecklichen Klagelaute immer wieder übertönten. Hinter den Fenstern des befestigten Wohnsitzes von Nobuyuki Kishi, dem vom daimyō eingesetzten Steuereintreiber, sah man inmitten tanzender Lichter die unförmigen Schatten seiner Leute sich bewegen.

Die kleine Okita würde wohl nicht mehr zu retten sein. Und zweifelsohne war dies besser so. Über all der Scham und all den Schmerzen musste sie längst den Verstand verloren haben. Ja, es wäre besser, wenn sie stürbe. Es ging schließlich nicht nur darum, das Mädchen den Händen der Söldner zu entreißen. Das war genau genommen nur für ihren Vater Yoshio Sato, den shōya von Fukaiemura, von Bedeutung, der die Männer davon überzeugt hatte, ihm auf seinem Pfad der Rache zu folgen. Kenzō Shibata, wie die meisten anderen aus dem Dorf, war noch aus vielen anderen Gründen dabei. Hinter Bäumen oder zwischen Bambusgestrüpp verborgen, warteten sie, Geisterschatten gleich, voll Hass und mühsam beherrschtem Drang zu Gewalttaten, auf ihre Stunde. Wären die anderen dort in dem Haus weniger betrunken, wären sie vermutlich misstrauisch geworden angesichts der sonderbaren Stille, die im Wald herrschte. Kein Tier ließ wie sonst seinen Ruf erschallen. Aber wer würde sich schon vor dem Unvorstellbaren fürchten? Es war für die Leute des Steuereintreibers ein Abend wie jeder andere.

Was sie tun würden, würde nie vergeben werden. Gegen seinen Herrn und Meister aufzustehen, konnte nur mit dem Sieg oder dem Tod enden, einem Tod, dessen Schrecken jede Vorstellungskraft übersteigen würde.

Wir werden alle sterben, dachte Kenzō Shibata. Sicher nicht an diesem Abend, denn sie hatten den Vorteil der Überraschung auf ihrer Seite. Aber der nächste Tag würde schnell kommen … Er bedauerte nichts. Das, was sie planten, musste endlich getan werden. Das Martyrium, das die kleine Okita durchleiden musste, hatte selbst die Zweifelndsten entschlossen werden lassen. Das Gesicht des alten Bauern verzerrte sich vor Bitterkeit und Hass. Früher oder später hätten die neuen Steuern, die der Bezirksgouverneur ihnen auferlegt hatte, sie ohnehin getötet. Langsam zwar, aber sicherer als jede Krankheit. So, wie sie bereits vielen Kindern und Alten das Leben gekostet hatten, für die es nicht mehr genug zu Essen gegeben hatte. Und Woche für Woche wurden Hunderte – selbst schwangere Frauen und Kinder – Opfer der grässlichsten Foltern durch die Häscher des daimyō, die sich an Einfallsreichtum für ihre Grausamkeiten gegenseitig zu übertrumpfen suchten. Sie labten sich daran, dass die Berichte von ihren Schreckenstaten sich im ganzen Land verbreiteten. Im ganzen Süden Japans machte man Jagd auf jene, die sich geweigert hatten, ihrem christlichen Glauben abzuschwören. Nun – die Zeit war gekommen, sich zur Wehr zu setzen. Sie würden sich nicht mehr wie Schlachtvieh die Kehle durchschneiden lassen. Das war beschlossene Sache. So würden sie vielleicht etwas eher sterben, aber sie würden als Männer den Tod finden. Und nicht in Einsamkeit.

Warum der alte Mori Sōiken wohl mitgekommen war? Als einziger von all den alten Samurai Konishis, die aufgrund der unbarmherzigen Erlasse des Shōguns ihr Dasein heute als einfache hyakushō fristeten. Um dem shōya beizustehen, hatte er gesagt. Aber es musste noch einen anderen Grund geben, den die Leute aus dem Dorf nicht zu ergründen versucht hatten. Bauern pflegten sich zu entfernen, oder sie verbeugten sich tief, wenn ein Krieger sich näherte. Sie stellten ihm keine Fragen … Kenzō wollte es fast so scheinen, als hätte Mori auf eine solche Gelegenheit nur gewartet. Aber wie dem auch sein mochte: Was zählte, war, dass er an diesem Abend an ihrer Seite stand.

Mori gab Kenzō Shibata ein knappes Zeichen mit dem Kopf. Dieser zeigte auf gleiche Weise an, dass er verstanden hatte. Gleich würde es beginnen. Er konnte nicht verhindern, dass er plötzlich am ganzen Leibe zitterte. Sollte bekannt werden, dass er bei diesem Überfall dabei war, dann bedeutete dies das Todesurteil für seine ganze Familie, bis hin zum kleinen Enkelsohn, den seine älteste Tochter gerade erst zur Welt gebracht hatte. Noch könnte er sich zurückziehen, ins Dunkel verschwinden, zurück ins Dorf eilen und am nächsten Tag aufs Feld gehen, als wäre all dies nie geschehen … Ein leichter Wind ließ das Laub in den Bäumen rascheln und trug das kaum noch vernehmbare Wimmern Okitas herbei. Nein, er würde bleiben. Es hatte das Gefühl, dass das Leben des Mädchens gerade erlosch, dort in dem Haus, wo die Schatten der Häscher tanzten, die sie entführt hatten. Ihn durchlief ein eisiger Schauer. Kenzō Shibata wusste wieder genau, warum er sich hier befand mit all den anderen, in diesem Wald, der vielleicht ihr Grab würde. Er dachte an ihre Zusammenkunft beim shōya einige Stunden zuvor.

»Ich habe euch stets so gut verteidigt, wie ich es vermocht habe … Heute bin ich es, der euch darum bittet, mich zu verteidigen.« Yoshio Sato, der Dorfvorsteher von Fukaiemura, verstummte. Er blickte zu Boden, das Gesicht verzerrt vom Schmerz, der ihn von innen her auffressen wollte. Um ihn versammelt hockten die Männer des Dorfes. Sie waren in seine bescheidene Lehmhütte geeilt und schwiegen nun unbehaglich. Die Luft war geschwängert vom Rauch des Kohlenbeckens am Boden der Hütte.

Schließlich sprach der shōya weiter, mit knappem Atem und verstörtem Blick: »Ihr wisst alle, was sie mit ihr gemacht haben. Okita. Ich habe nur noch sie … Habt ihr eine Ahnung davon, was die Söldner von Nobuyuki Kishi meinem Kind angetan haben?« schrie er plötzlich, wobei er aufsprang, so dass die Männer, die direkt vor ihm hockten, zurückschreckten, als wären sie von einer Lanze bedroht worden. –»Berichte, Sakai!« fuhr er mit grollender Stimme fort, die plötzlich an das Knurren eines großen Hundes erinnerte. Der Hass krümmte seinen Körper.

Mit kaum vernehmbarer Stimme bestätigte daraufhin Sōjurō Sakai das, was die Leute befürchtet hatten, als der kleine Trupp Soldaten das Dorf verlassen hatte, mit der Tochter des shōya als Geisel, da die Gemeinde nicht in der Lage gewesen war, die neuen Steuern aufzubringen. Einer der Folterknechte, berauscht von sake, war aus dem Kerker, in den man das Mädchen verschleppt hatte, gekommen und Sakai begegnet, der gerade schwer mit einem Bündel aus dürrem Holz beladen auf dem Weg in sein Dorf war. Der Betrunkene brüstete sich vor ihm über die »Behandlung«, die sie dem Mädchen angedeihen ließen. Als er sah, wie der Bauer sich von ihm mit entsetztem Gesichtsausdruck abwandte und trotz der schweren Last auf seinen Schultern wie ein Hase davoneilte, brach er in rohes Gelächter aus und ging wieder zurück ins Haus des Steuereintreibers. Er genoss die Wirkung, die seine vulgären Worte und die obszönen Gesten, mit denen er sie begleitet hatte, erzeugt hatten. Er war sicher, dass seine Beschreibung der hinter den Mauern des Hauses begangenen Missetaten nun sehr rasch im Dorf die Runde machen würde, bei diesem Gesindel, das in die Schranken gewiesen werden musste.

»Sie … sie haben sie nackt angebunden … und sie haben sich an ihr vergangen … Sie haben sie mit glühendem Holz gefoltert und ihr kochendes Wasser in die Wunden gegossen«, brachte Sōjurō Sakai hervor.

Die Versammelten waren niedergeschlagen und zutiefst verletzt beim Gedanken an ihre kleine Okita. Sie sahen sie vor sich mit ihrem Kinderlächeln, ihrer weichen Haut, ihrem grazilen Gang … Es war nicht nur sie, die die Männer des Gouverneurs geschändet und beschmutzt hatten; es waren sie alle, das ganze Dorf. Ihnen allen war vor Augen geführt worden, dass sie nichts als Sklaven waren. Ob es sich um neue Steuern auf die Ernten oder um den Kampf gegen die letzten Anhänger der fremden Religion handelte, alles war den allmächtigen daimyō und ihren Handlangern recht, um im Namen des Kaisers und des Shōguns selbst ihre schlimmsten Missetaten zu rechtfertigen, und dies bereits seit Jahren. So viele Männer, Frauen und Kinder waren bereits gestorben durch Entbehrungen und Misshandlungen, oder sie waren niemals wiedergesehen worden, nachdem die Söldner sie entführt hatten. Wie lange konnten die Menschen das alles noch hinnehmen?

»Und morgen?« fragte Yoshio Sato unvermittelt. »Wer ist da an der Reihe? Deine Frau vielleicht, Sanji? Deine Töchter, Daigo? Und du, Atsuo, vielleicht brennen sie dir auch eines Tages die Haut vom Leibe, weil du mit deinen Steuern im Rückstand bist, oder sie nehmen dir das Augenlicht wie dem ehrwürdigen Shashi Kizaemon! – Der Tag wird kommen, an dem sie uns alle heimsuchen.«

Der anklagende Zeigefinger des shōya wies auf einen nach dem anderen. Die Männer sanken noch mehr in sich zusammen, und ihre Augen wichen seinem Blick aus. Was sollte es bringen, sich gegen den Lehnsherrn zur Wehr zu setzen? Seit Jahrhunderten hatte es immer wieder Revolten gegeben, und jede war im Blut erstickt worden.

»Wir können nichts tun, Yoshio Sato …«

»Was sollen wir denn ihren Schwertern und ihren Lanzen entgegensetzen?«

Der shōya erwiderte: »Greift zu euren Dreschflegeln, euren Sicheln, euren Mistgabeln und euren Stöcken! Es gibt tausend Möglichkeiten, ihnen den Tod zu bringen!«

»Aber nach ihnen kommen andere, viele andere, nicht wahr? Sie werden das Dorf dem Erdboden gleich machen!«

»Wir werden nicht einmal ein Grab haben …«

»So versteht doch, Yoshio-san, ich weiß, dass wir alle für dieses neue Unglück verantwortlich sind, aber diesmal waren die Abgaben wirklich zu hoch! Das Jahr war zu trocken. Wir konnten unmöglich genügend Reis ernten. Uns bleibt nichts, aber auch gar nichts …«

»So wollt ihr also lieber Hungers sterben in euren Hütten?« fragte Yoshio Sato entmutigt.

»Uns verhungern zu lassen nützt ihnen doch überhaupt nichts! Wer soll denn dann die Felder bestellen? Der Herr Matsukura braucht schließlich seine vierzigtausend koku Reis.«

Mori Sōiken erhob sich und trat in den Lichtkreis. Alle Blicke richteten sich erwartungsvoll auf ihn. Man schätzte ihn als den echten Samurai, der er einst gewesen und der er im Bewusstsein der Bauern stets geblieben war. Er war kein Bauer wie die anderen. In seiner Familie betete man noch immer offen zu dem fremden Gott, und seine Kinder wurden in Ehrfurcht vor der Tradition erzogen. Mori Sōiken hatte seine Söhne in der Kunst des Schwertkampfes unterrichtet, so, wie er sie einst praktiziert hatte im Dienste des großen Konishi Yukinaga, den er auf seinem Korea-Feldzug begleitet hatte. »Der shōya hat recht«, sagte er. »Warum darauf warten, dass der Tod uns im Schlaf holt? Ich werde Yoshio-san mit meinen Söhnen begleiten!«

Sofort standen zwei junge Männer auf und stellten sich, ohne ein Wort zu sagen, neben ihn. Der alte Krieger ließ seinen kalten Blick über die noch Zaudernden gleiten.

»Können wir denn nicht erst einmal versuchen, den Herrn Matsukura zu bitten …«, warf jemand mit zögerlicher Stimme ein.

Mori Sōiken fiel ihm ins Wort. »Es ist zu spät dafür. Wie weit wollt ihr euch noch erniedrigen lassen?«

»Wir müssen zu Yaso beten …«

Der Rōnin wandte sich einem kleinen Bauern zu, der zum Zeichen der Demut mit der Stirn den Boden berührte. Mit einem spöttischen Lächeln, das der Mann nicht sehen konnte, sagte er: »Und tatenlos das Martyrium erwarten? Auch ich weiß zu beten. Man darf nie aufhören zu beten. Aber jetzt ist der Moment gekommen, unseren Glauben zu verteidigen!«

Seine Stimme war laut geworden. Unruhe entstand unter den Versammelten, man hörte Gemurmel.

»Wenn Mori-san bei uns ist, werden auch andere Samurai folgen. Er hat recht, wir sind doch keine Hunde. Gott wird mit uns sein!«

»Wir werden sie überrumpeln!«

»So ist es, sie werden nicht das geringste ahnen …«

Mori Sōiken stand reglos, das ernste, hagere Antlitz belebt von dem Spiel aus Schatten und Licht, das von den Flämmchen, die im Kohlenbecken flackerten, herrührte. Er glich einer steinernen Skulptur, unerschütterlich, Zuversicht spendend. Endlich sagte er: »Gut. Wir werden also Yoshio Sato folgen, sobald die Nacht anbricht. Kommt nicht mit leeren Händen …«

Er verneigte sich langsam vor dem shōya, richtete sich wieder auf und verließ mit raschen Schritten die Hütte, gefolgt von seinen beiden Söhnen.

Kenzō Shibata eilte ihm nach. »Entschuldigt, Mori-san …«

»Hai

»Kommt Ihr mit Euren Schwertern?«

Der Rōnin wandte sich um und musterte ihn, ohne seine Überraschung zu verbergen. »Ha! Glaubst du denn, ich würde kommen, um euch zuzusehen?«

»Aber nein! Sumimasen … Entschuldigt, ich bitte Euch … Wir werden also heute abend sicher den Sieg erringen? Verzeiht meine dumme Frage …«

Mori Sōiken galt als ein Mann, auf den man sich vollkommen verlassen konnte. Es hieß, dass er seine Kunst im Umgang mit dem Schwert in jungen Jahren von einem Tengu aus dem Gebirge erlernt hatte. Auch wenn er seine Waffe nur noch in größter Einsamkeit zu ziehen pflegte, um für sich allein zu üben, so hatte er noch immer den Ruf, dass seine Klinge, »die von selbst aus der Scheide sprang«, den sicheren Tod brachte, sobald sie hervorschnellte. Er besaß eine Ausstrahlung, die jeden davon abhielt, ihn auf die Probe zu stellen.

Statt einer Antwort lachte Mori Sōiken laut auf, und mit entschlossenem Schritt ging er weiter. In seinem Bauch saß ein Gefühl von Kraft, wie er es seit langer Zeit nicht mehr empfunden hatte. Das, was er tun würde, erfüllte ihn mit großer Zuversicht. Endlich, endlich war der Moment gekommen, auf den er so lange gewartet hatte. Er ahnte, dass die Ereignisse sich nun überschlagen würden, so dass der Plan Wirklichkeit werden konnte, den er mit seinen auf Amakusa gebliebenen Kameraden, ersonnen hatte.

Tatsächlich war Mori einer von fünf alten christlichen Samurai, die geschworen hatten, die Missetaten der daimyō, die mit Billigung des weit entfernten Shōguns ganz Kyūshū im Würgegriff ihrer Gewalt hielten, nicht mehr ungestraft hinzunehmen. Sie waren Rōnin geworden und lebten zurückgezogen. Sie bearbeiteten den Boden wie einfache Bauern, um bei der Obrigkeit in Vergessenheit zu geraten.

Mori Sōiken war hier im Auftrag Ashizuka Chūemons, des Anführers der Gruppe, zu der noch Yamada Emonsaku sowie die Brüder Ōye Matsuemon und Ōye Genyemon gehörten. Diese waren auf der Insel Amakusa geblieben, um im Geheimen den Auftritt jenes Gesandten des Himmels vorzubereiten, des Tendō, dem jungen Masuda Shirō. Sie planten, ihn in dieser Rolle an die Spitze der gewaltigen Erhebung zu stellen, die kurz vor ihrem Ausbruch stand in den Provinzen von Hizen, Chikugo, Higo und Satsuma bis zu den südlichen Inseln, auf denen die Flamme zuerst aus der Glut schlagen würde.

Der Rōnin Mori Sōiken war beauftragt worden, das Terrain für den Christenaufstand auf der der Halbinsel Shimabara vorzubereiten, in allen Dörfern, die zwischen dem Vulkangebirge Unzen und dem Meer im Süden lagen. Hier wohnte er, hier kannte man ihn. Niemand hatte seinen einstigen Rang vergessen als Offizier in der Leibgarde des noch immer betrauerten christlichen daimyō Konishi Yukinaga. Konishi hatte kraft seiner Befehlsgewalt ausländischen Priestern gestattet, in den Provinzen des Südens die Lehren von Yaso – Jesus – zu verbreiten. Es schadete Moris Ansehen in den Augen der Landbevölkerung nichts, dass er seinen Rang verloren hatte, nachdem sein Meister in Ungnade gefallen war und den Tod gefunden hatte.

Es sollte auf Amakusa beginnen, mit der bevorstehenden Ankunft des Tendō, und dann sollte der Aufstand die Meerenge überspringen und sich rasch nach Norden ausweiten, wie ein gewaltiger Flächenbrand. Aber jetzt loderte hier ganz unerwartet eine Flamme auf, die eigentlich auf jener Insel hätte entzündet werden sollen … Das war eine unerwartete Situation, aber er fühlte sich in der Lage, sie unter Kontrolle zu halten, bis seine Kameraden von Amakusa herbeikommen würden, zusammen mit diesem Masuda Shirō. Es kam gar nicht in Frage, eine Entwicklung, die, wie er spürte, unaufhaltsam war, zurückhalten zu wollen, und sei es nur für wenige Tage. So würden die Dinge eben schneller ins Rollen kommen. Der Feind musste mit einem massiven frontalen Angriff überrumpelt werden, ihm durfte keine Zeit bleiben, sich zu sammeln.

Oh nein, diese Aussicht missfiel ihm keineswegs, nach all den schweren Jahren des Untätigseins.

Die Nacht war plötzlich noch finsterer geworden. Wolken verdüsterten den Mond. Die heiseren Stimmen im Wachhaus waren verstummt, eine Laterne nach der anderen erlosch. Kenzō Shibata umklammerte den Baum, der ihn verbarg, als ob die rauhe Rinde der Kiefer ihn beruhigen könnte. Seit einiger Zeit schon hörte man keinen Laut mehr von Okita. War sie schon tot? Wie viele ihrer Peiniger mochten noch im Haus geblieben sein? Abgestumpft vom sake würden sie wohl gar nicht begreifen, dass sie es nun waren, die der Tod ereilte.

Er zuckte zusammen, als er einen Ast knacken hörte. Er suchte mit den Augen den Rōnin Mori, aber bei dem Baum, hinter dem dieser gerade noch gestanden hatte, war seine Silhouette nicht mehr zu sehen. In diesem Moment bemerkte er, dass der Wald sich belebt hatte, als ob jeder Baum sich plötzlich verdoppelt hätte. Überall um ihn herum hatten die Schatten sich in Bewegung gesetzt, erst zögerlich, dann immer entschlossener, im Einklang miteinander. Ihr Ziel war das Haus auf der Lichtung, in dem nun keine Laterne mehr brannte. Kenzō Shibata spürte nichts mehr von der Kälte der Nacht. Zorn stieg in ihm auf, und er hatte das Gefühl, dass eine Feuerkugel in seiner Brust loderte. Am liebsten hätte er all seinen Hass herausgebrüllt. Er packte seinen Stock und eilte den anderen nach.

Die Offiziere des auf der Burg Moritake von Shimabara residierenden mächtigen Gouverneurs Hayashi Hyōemon, des Beauftragten des daimyō Matsukura Shigeharu für das Gebiet von Arima, hatten allzu tiefes Vertrauen in die Macht, die sie repräsentierten. Wovor hätten sie sich auch schützen sollen? Nobuyuki Kishi, der Steuereintreiber, der für die Entführung der kleinen Okita verantwortlich war, hatte nicht den geringsten Grund, des Nachts seine Türen ernsthaft bewachen zu lassen. Der einzige Wachposten döste vor sich hin, vom Alkohol benebelt; er hatte nicht einmal mehr Gelegenheit, Furcht zu empfinden, bevor sein Blut an die Wand spritzte.

Die Männer drangen in das Haus ein. Das Massaker nahm seinen Lauf. Rasch. Gnadenlos. Niemanden verschonend.

Schweiß und Blut bedeckte die Angreifer. Noch immer zitterten sie von all dem Hass, den sie so lange in sich zurückgehalten hatten. Nach der Raserei die Stille. Tiefes Erschrecken angesichts der eigenen Tollkühnheit. Das Erwachen würde schlimm werden. Die kleine Okita hatten sie nicht retten können 

»Es ist geschehen …«

Hätte der alte Shashi Kizaemon noch seine Augen besessen, hätte er es den drei Männern, die in sein Haus gekommen waren, das etwas abseits vom Dorf stand, nahe dem Bach, auch ohne diese Worte angesehen. Mori Sōiken und seine beiden Söhne standen vor dem alten Vasallen Konishis. Noch immer waren sie ein wenig außer Atem, und ihre Kleidung war mit Blut befleckt. Der alte Mann kniete im Zentrum des domo. Sein Haar war weiß, und den oberen Teil seines Gesichts bedeckte eine Platte aus Hartleder, die mit Hilfe einer Kordel aus feiner Seide an seinem Kopf befestigt war. Zwei schmale dunkle Schlitze im Leder schienen einen unaufhörlich anzustarren, aber jedermann wusste, dass hinter der Maske leere Augenhöhlen in einem von Narben übersäten Antlitz gähnten. Shashi Kizaemon war während der Herrschaftszeit des schrecklichen daimyō Katō Kiyamosa, genannt »Schlächter der Christen«, gefoltert worden. Dieser hatte ihm das Gesicht mit Schlägen verunstalten und ihm dann die Augen ausbrennen lassen, nachdem er sich geweigert hatte, seinem Glauben abzuschwören. Selbst die ana-tsurushi, die schreckliche Grubenfolter, hatte seinen Willen nicht brechen können. Nachdem man ihn geblendet hatte, ließ man ihn unter Hohngeschrei laufen, damit er, ein zerstörter Mensch, auf den Straßen umherirren möge. So hatten seine Peiniger es sich vorgestellt.

Mit der Zeit vergaß ihn die Obrigkeit in seinem kleinen Dorf, so wie viele der alten Krieger des großen Konishi Yukinaga. Diese jedoch vergaßen nichts. Sie holten ihre Waffen regelmäßig aus dem Versteck, damit der Rost sie nicht zerfraß. Shashi Kizaemon war ihr Ältester. Sie suchten seinen Rat, und sein Wort galt viel für all die Samurai und Rōnin, die überall auf der Halbinsel von Shimabara auf Rache sannen. Von Shimabara bis Amakusa war die Geschichte seines Lebens bekannt.

»Es ist zu Ende gebracht, Shashi-san …«

Der Alte spürte, dass ihm das Kinn leicht zitterte, aber er verharrte in seiner Haltung.

»Ihr überrascht mich, Mori-san. Erscheint Euch das Ganze nicht etwas zu einfach? Seit wann messt Ihr Euch im Schwertkampf mit Betrunkenen?«

»Oh, Ihr wisst es bereits …«

»So ist es.«

»Wir mussten es tun!«

»Seid Ihr Euch dessen so sicher?« fragte der Alte mit seiner brüchigen Stimme.

Mori Sōiken trat noch näher und hockte sich auf der Matte vor dem Maskierten nieder. Mit plötzlicher Lebhaftigkeit rief er: »Gewiss, Shashi-san! – Die Zeit des Hankan ist gekommen! So erinnert Euch doch …«

»Ich erinnere mich.«

»Die Zeit ist gekommen, dass wir für Yaso in den Kampf ziehen! Ein Engel wird kommen, so steht es geschrieben. Der Tendō …«

»Ein Engel? Tatsächlich? – Ich kann in Eurem Herzen lesen, Mori-san, und ich erkenne mehr, als ich mit den Augen sehen könnte.«

Ein flüchtiges Lächeln umspielte die Mundwinkel des Blinden. Mori Sōiken zuckte mit den Schultern. Er war verstimmt. Konnte der alte Krieger wirklich seine Gedanken lesen?

»Nun, wie auch immer. – Der Aufstand braut sich zusammen; das Geschwür wird aufplatzen. Die Zeit der Heimlichkeit geht zu Ende. Wir werden wieder offen kämpfen können und die Kränkung, die dem Andenken von Konishi-sama angetan wurde, auslöschen. Nach all dieser Zeit! Es ist nicht wichtig, wer den Weg weist, wenn es nur der rechte ist.«

»Kämpfen. – Mit den … Bauern?« Der alte Krieger veränderte leicht seine Haltung, und sein Mund verzog sich herablassend.

»Shashi-san, heißt es in den Lehren von Yaso nicht auch, dass alle Menschen gleich seien?«

»Ich weiß, ich weiß … Aber wie wollt Ihr unsere Bauern gegen die wohlorganisierten Truppen von Matsukura Shigeharu einsetzen? Was zählt denn der kleine Sieg von letzter Nacht? Ein paar betrunkene Soldaten, die im Schlaf überrascht wurden. Die Rache wird schrecklich sein!«

Matsukura Shigeharu, der verabscheuungswürdige daimyō von Shimabara … Mori Sōiken brachte sein Gesicht ganz dicht an das des Blinden und sprach: »Ehrwürdiger Shashi Kizaemon, Ihr wart dem großen Konishi Yukinaga näher als sonst einer von uns. Niemand könnte besser für Redlichkeit und Mut stehen als Ihr. Die Stunde ist gekommen. Jetzt! Ihr wisst, dass Matsukura Shigeharu sich derzeit in Edo befindet, dreißig Tagesreisen entfernt. Bevor er aus der Hauptstadt zurückkehrt, ist hier alles vollbracht.«

»Aber Matsukura wird zurückkehren. Und er wird Nobuyuki Kishi und seine Leute rächen. Zudem hat sich Hayashi Hyōemon während seiner Abwesenheit in der Festung von Shimabara bestens verschanzt.«

»Er müsste zuerst einmal den gesamten Distrikt von Takaku zurückerobern. Er wird zu spät kommen. Die Nachricht wird sich im ganzen Land verbreiten. Wir werden Tausende und Abertausende sein. Niemand liebt die Tokugawa!«

»Das ist es also …« Der alte Samurai nickte bedächtig. »Es ist ein gefährliches Spiel, Mori Sōi.«

»Ich glaube nicht, dass Ihr wirklich so denkt. Ihr seid noch nie vor der Gefahr zurückgeschreckt, und dieses Spiel lohnt die Mühe! Der Schlag muss schnell und mit großer Härte erfolgen. Ein einziges Wort von Euch wird alle Gefolgsleute von Konishi-sama sich uns anschließen lassen, und ihnen werden Tausende gequälte Bauern folgen, die nach Gerechtigkeit dürsten. Wir alle brauchen Euch.«

»Mich, einen blinden Alten? – Eure katana sind mehr wert als mein Wort.«

Mori Sōiken lächelte die Maske an. Er schenkte dem Alten einen Blick voll Bewunderung und Ehrfurcht. Er wusste, was Shashi Kizaemon einst im Kampf zu leisten vermochte. Selbst blind würde er noch fähig sein, jeden Gegner in seiner Reichweite mit dem Schwert niederzustrecken, so sehr hatte sich das Wahrnehmungsvermögen des Blinden geschärft. Mori Sōiken, der doch selbst ein Meister des Schwertkampfes war, hatte seinen Söhnen auf dem Weg hierher erzählt, dass der alte Samurai einer der größten Experten im Kampf war, den er je kennengelernt hatte. Sie sollten die Augen weit aufsperren und von ihm lernen.

»Yamada Emonsaku befindet sich in Ōyano und Ōye Genyemon in Shizuka. Überall auf Amakusa gärt die Revolte.« Und Mori Sōiken wiederholte, jede einzelne Silbe betonend: »Wir brauchen Euch.«

»Ist es wahr, dass Matsura Shigenobu auf dem Weg nach Nagasaki ist?«

»Das wisst Ihr also auch?«

»Warum nimmt er das Risiko auf sich, an einen Ort zu gehen, wo er seit seiner Flucht gesucht wird?«

»Verzeiht, dass ich versucht habe, es Euch zu verheimlichen, Shashi-san … Wir gedachten Euch in Kürze damit zu überraschen. Aber es ist wahr: Shigenobu hat den Auftrag, den jungen Masuda Shirō Tokisada zu holen.«

»Wie doch die Zeit vergeht«, sagte der Blinde. »Ich erinnere mich noch bestens an Shirō als Kind. Shigenobu hatte aus ihm bereits einen echten kleinen Samurai geformt, bevor er ihn bei dieser Familie in Nagasaki vor Matsukuras Häschern versteckte. Das unaufhörliche Predigen seines Vaters, meines Freundes Jinbei, hat seine ganze Familie gefährdet.«

»Erinnert Euch doch der Zeichen bei seiner Geburt! Dieses Jahr ist genau das richtige. Die Zeit des Hankan ist gekommen!« drängte Mori Sōiken.

»Ihr glaubt also an diese Prophezeiung? Er soll es wirklich sein, der Engel, der vom Himmel gesandt wurde?«

»Die Alten aus Ōyano haben es gesagt. – Und wir, wir brauchen Shirō … Jetzt. Versteht Ihr, Shashi-sama

Mori Sōiken hatte den Alten mit einer Höflichkeitsform angeredet, die Personen von Adel vorbehalten war. Sein Tonfall war sehr ernst, seine Hochachtung aufrichtig.

Die Mundwinkel des Blinden zuckten leicht. Er war überrascht. Dann machte er eine kleine Geste mit seiner fragil wirkenden Hand und wandte sich Mori auf eine Weise zu, dass dieser das Gefühl hatte, er würde von ihm bis in die Tiefen seines Wesens ergründet. Shashi Kizaemon wusste genau, dass der Rōnin und seine Freunde, als sie sich im vergangenen Monat mit den Anführern der Bauern auf der kleinen Insel Yushima getroffen hatten, alles vorbereitet hatten. Er spürte ihre Ungeduld, den Feind herauszufordern, ungeachtet dessen, dass sie inzwischen allesamt für Krieger, die auf dem Feld kämpfen wollten, in einem recht vorgerückten Alter waren. Alles in ihm brannte darauf, sich auf ihre Seite zu schlagen, im Andenken an den Mann, den er unter dem Namen Don Agostinho – so lautete der Taufname des großen daimyō Konishi Yukinaga – verehrt hatte. Mit diesem war er einst in die Schlacht von Sekigahara gezogen, hatte an seiner Seite gekämpft und mit ihm verloren. Und wie Mori, Ashizuka, Yamada und viele andere Samurai seines Lehens, die sich seinem Beispiel folgend hatten bekehren lassen, hatte er als Christ ihm nicht in den Tod folgen dürfen.

Aber das alles lag so lange zurück, und er wusste, was für eine schreckliche Verantwortung auf ihm lasten würde, wenn er das wahnwitzige Unterfangen unterstützte. Sollten sie wirklich aus der Verborgenheit treten, in der sie immerhin überlebt hatten, trotz allem? Und wenn es sich in Wahrheit um einen heimtückischen Plan der Spione des Shōguns handelte, geschickt suggeriert, den sie in ihrer Naivität auszuführen helfen würden? Ihn schauderte es bei dem Gedanken an die Zehntausenden Seelen aus all den armen Bauernfamilien, die bereit waren, einigen Tausend Kriegern zu folgen, die ihrerseits vor allem eine persönliche Rechnung mit den Machthabern in Edo zu begleichen hatten. Was wäre, wenn sie auf diese Weise nur einer ihnen weit überlegenen Macht die Möglichkeit geben würden, sie zu Staub zu zermalmen?

Shashi Kizaemon war bereits hoch in den Sechzigern. Sollte er nach all den Jahren der Zurückgezogenheit der Stimme der Vernunft oder der des Gefühls folgen? Er hätte nicht erwartet, dass er sich eines Tages in solch einem Zwiespalt befinden würde, den er wie einen Riss in seinem Wesen empfand. Wie ein Fieber hatte es ihn gepackt – überraschend für sich selbst. Er musste dieses Fieber abklingen lassen, in sein Herz wieder Stille einkehren lassen, damit er die Antwort auf all diese Fragen vernehmen konnte, die ihm niemand als sein Deusu geben konnte.

»Es reicht für heute abend, Mori-san, ich bitte Euch. Verzeiht, aber ich bin müde.«

Mori Sōiken erhob sich rasch und verneigte sich tief. »Verzeiht mir, Shashi-san, dass ich Eure Ruhe gestört habe. Es tut mir leid …« Er fragte: »Gestattet Ihr mir, dass ich morgen wiederkomme, Shashi-san

»Bitte vergebt einem verbrauchten alten Mann … Es wäre nutzlos.«

»Wollt Ihr Euch uns wirklich nicht anschließen? Bald werden unsere katana wieder in der Sonne blitzen.«

»Das meinige bleibt in seiner Scheide. Verzeiht … Dieses Abenteuer kommt zu spät für den alten Krieger, der ich geworden bin. Ich werde für euch beten.«

Mori Sōiken gab seinen Söhnen ein Zeichen. Er konnte seine Enttäuschung nicht verbergen. Die drei Männer wollten gerade die Hütte verlassen, als die ruhige Stimme des Alten sie zurückhielt: »Wie viele wart ihr heute abend, Mori-san

»Oh – etwa zwanzig.«

»Wenn ihr nicht nachlasst, werden es tausend mal mehr, zehntausend mal mehr sein, und keine Macht wird euch aufhalten können. Das Feuer, das ihr heute entzündet habt, könnt ihr nicht mehr beherrschen. – Gab es Verluste auf eurer Seite?«

»Vier Männer«, gab Mori Sōiken zu. »Sie hatten keine Waffen …«

»Und Okita?«

»Es war zu spät … Und für sie war es wohl besser so.«

»Shikata-ga-nai …«

»Ja, da kann man nichts machen. – Wir wünschen Euch eine gute Nacht, Shashi-sama. Bitte entschuldigt uns.«

Die schwere Holztür glitt zu und schloss sich hinter den drei Verschwörern.

Die Maske schien noch lange in Richtung des Eingangs zu blicken, reglos in der wieder eingekehrten Stille, als ob ihr leerer Blick die Nacht durchbohren könnte, die Mori Sōiken und seine Söhne aufgenommen hatte. Niemand mehr konnte die Flammen aufhalten, in denen sie vielleicht alle umkommen würden. Doch so sehr sich Shashi Kizaemon auch mühte, es wollte ihm nicht mehr gelingen, in die gelassene Geisteshaltung zurückzukehren, die einem Mann seines Alters geziemte. Schlimmer noch: Etwas in ihm weigerte sich beharrlich, das Geschehene zu bedauern. Es arbeitete in seinem Gesicht, und die wenigen weißen Bartstoppeln an seinem Kinn zitterten für einen Moment. Er gestattete seinem Körper, ein wenig in sich zusammenzusinken, damit die Rückenschmerzen nachließen, jetzt, wo er vor niemandem mehr seine Gebrechlichkeit verbergen musste.

Es musste endlich Gerechtigkeit geschehen in diesem Landstrich, wo Gott seit allzu langer Zeit allzu viele Dinge hatte geschehen lassen. Der alte Krieger tastete sanft mit den Fingern seiner linken Hand nach dem Kreuz aus Zedernholz an seiner Brust, direkt auf der Haut, sorgfältig verborgen unter dem Gewand. Wie alt fühlte er sich plötzlich in seinem Körper! Und wie jung im Herzen. Dort war noch immer soviel Liebe für diesen Yaso Kirishito, der es vollbracht hatte, den Menschen die einzig wahre Botschaft zu überbringen, die im Leben zählt, die der Liebe und des Mitgefühls für ihresgleichen.

Bis an sein Lebensende würde er das unterdrückte Volk von Kyūshū lieben. Der Gedanke, dass er diesen Menschen noch einmal von