Selma Lagerlöf


Unsichtbare Bande

Erzählungen

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Klassiker als ebook herausgegeben bei RUTHeBooks, 2016


ISBN: 978-3-944869-82-7


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Die Geisterhand



Gerade als es ein Uhr schlug, kam jemand und klingelte an der Glocke des Doktors. Das erste Läuten hatte keinen Erfolg, aber als das zweite und dritte Läuten verrieten, daß es unerschütterlicher Ernst war, kam Doktors Karin durch die Küchentür, um zu sehen, was es gebe. Und als Karin eine Weile unterhandelt hatte, mußte sie sich darein finden, den Doktor zu wecken. Sie klopfte an die Schlafzimmertür.

"Es ist jemand da von der Braut des Herrn Doktor. Der Herr Doktor muß hin."

"Ist sie krank?" ertönte es von drinnen.

"Sie wissen nicht, was ihr fehlt. Sie glauben, daß sie etwas 'gesehen' hat."

"Ja, ich lasse grüßen und komme."

Der Doktor fragte nicht weiter. Er liebte es nicht, das Mägdegeschwätz über seine Braut zu hören.

Eine wunderliche Sache ist's mit diesem Aberglauben, dachte er, während er sich ankleidete. Nun liegt doch das Haus mitten in der Stadt, nicht das geringste Romantische daran. Ein ganz gewöhnliches, häßliches, altes Haus, eingerichtet wie alle andern in dem Viertel. Aber der Geisterspuk nistet sich dort fest.

Wenn es noch in einem finstern Gäßchen läge oder ein wenig außerhalb der Stadt in irgendeinem verwilderten Garten, wo unheimliche alte Bäume die Fensterscheiben peitschten in solch einer stürmischen Winternacht! Aber es hat die Kirche und die Sparkasse und die Kaserne und die Zuckerfabrik ganz in der Nähe! Sollte man nicht glauben, daß die Zuckerfabrik mit allem ihrem Rasseln und Kochen und den großen glühenden Dampfkesseln es dem Gespenst unbehaglich machen müßte? Aber nein, durchaus nicht.

Auf seine Weise konnte das Gespenst Bewunderung verdienen. Es hatte Energie, unglaubliche Energie und die Fähigkeit, sich im Bewußtsein der Leute zu erhalten. Man gab wohl zu, daß es sich jetzt etwa zwanzig Jahre nicht hatte sehen lassen, seit die Fräulein Burmann in die Geisterzimmer gezogen waren. Aber hatte jemand es vergessen? Das zeigte sich ja jetzt: bloß weil Ellen ganz plötzlich krank geworden war, mußte es gleich heißen, sie hätte etwas gesehen.

Daß sie sich vor etwas erschreckt hätte, ja, das war wohl nicht unmöglich. Sie war wie prädestiniert, Gespenster zu sehen, weil sie ihr ganzes Leben mit den zwei nervösen, alten Tanten verbracht hatte. Und daß es ein Gespenst im Hause gab, hatte sie wohl immer gehört und geglaubt. Von Kindheit auf war ihre Phantasie durch das alles aufgereizt.

Als er das erstemal auf Krankenbesuch bei den Tanten gewesen war, hatte sie ihm gleichsam triumphierend gesagt: "Hier ist das Geisterzimmer," in einem Ton, als zeige sie eine Familienkostbarkeit.

"Sehen Sie, Herr Doktor, es geht nicht an, in diesem Zimmer Karten zu spielen."

"Ach, warum nicht?"

"Ja, wenn einer der Spielenden den geringsten Fehler macht, den allerunbedeutendsten Kniff, da kommt eine Hand und legt sich neben ihm auf den Spieltisch."

"Was für eine Hand?"

"Eine alte, häßliche Hand mit schweren Diamantringen auf den krummen Fingern und mit echten Spitzen ums Handgelenk."

"Nun und dann?"

"Ja, man sieht nichts als die Hand."

"Aber woher kommt das?"

"Das weiß niemand, sie hat sich immer hier gezeigt."

Sie hatte das sehr keck erzählt; aber wer konnte wissen, wer konnte wissen? Sie glaubte wohl an den Spuk.

"So kommt sie, sehen Sie, Herr Doktor, kommt die Tischkante heraufgeschlichen, dicht neben dem, der spielt. Hu, und dann weist sie mit einem großen, gekrümmten Finger auf eine der Karten! Sie hat Nägel wie Klauen, gekrümmt und spitzig."

Nein wirklich, daran glauben konnte sie doch wohl nicht. Sie hatte ja gerade das Gespensterzimmer zu ihrem Zimmer erwählt ...

Der Doktor jagte an der großen Zuckerfabrik vorüber, wo die Arbeit die ganze Nacht fortging, und gelangte über die hohe Steintreppe in das Haus.

Gott erbarme sich, auch er war nahe daran, zu erschrecken. Im Stiegenhaus stand eine lange Gestalt, ganz in einen schwarzen Schal eingerollt. Tante Malin war selbst heruntergekommen, um ihm die Stiege hinaufzuleuchten.

"Wie geht es Ellen?" fragte der Doktor.

"Wie gut von dir, daß du so rasch gekommen bist," sagte Tante Malin. "Ich weiß nicht, was sie hat. Du mußt kommen und selbst sehen."

Sie sprang beinahe die Stiegen hinauf, so alt sie war. Der Doktor bekam erst jetzt den lebendigen Eindruck, daß wirklich Gefahr im Verzuge wäre.

Ärgerlich, wenn nun jetzt etwas dazwischen kommen sollte, mit dem kleinen Mädchen dort oben, das er sich zur Frau gewählt hatte! Er hatte in seinem ganzen Leben keine gesehen, die ihm besser gepaßt hätte. Recht schön, und keine andern Verwandten als die zwei alten Tanten, und natürlich streng erzogen, ans Heim gewöhnt, tüchtig im Häuslichen, friedfertig.

Als sie ins Vorzimmer kamen, wendete sich Tante Malin wieder an ihn.

"Wir erwachten mitten in der Nacht davon, daß sie so furchtbar schrie, und wir haben sie seitdem nicht beruhigen können. Wir wußten uns keinen andern Rat, als dich holen zu lassen."

Sie öffnete die Tür zu Ellens Zimmer, steckte den Kopf hinein und sagte, daß er gekommen sei. Gleich darauf wurde er eingelassen.

Drinnen war es so hell, daß er im ersten Augenblick kaum etwas sehen konnte. Sie hatten wohl alles hereingebracht, was es in der Wohnung an Lampen und Leuchtern gab. In dieser Beleuchtung wurde es einem klar, daß dies einst, in den Glanzzeiten des Hauses, der Festsaal gewesen war.

Also hier hatten sie an den Spieltischen gesessen, und gerade da hatte die Gespensterhand sich gezeigt. Das mußte einen Schrecken und einen Aufstand gegeben haben! Man brauchte nur seine Braut anzuschauen, um zu wissen, wie sie ausgesehen haben mochten.

Sie saß mitten im Zimmer in einem großen Lehnstuhl, sie hielt sich ganz aufrecht, sah sich mit wunderlich wandernden Blicken um, war bleich, von einer richtigen Totenfarbe, ihre Zähne schlugen aufeinander, und sie bebte.

Der Lehnstuhl war mitten ins Zimmer gerückt. Es war einer mit freien Füßen. Kein Möbel stand in der Nähe, nichts konnte darunter verborgen liegen und plötzlich hervorkriechen.

Sie achtete nicht auf die, die hereinkamen. Sie hielt jetzt die Augen fest, ganz fest auf den Schatten des Schrankes geheftet, der sich gegen die Ecke des Kachelofens streckte. Sie hatte den Schatten wohl im Verdacht, daß er ihr irgendeinen häßlichen Streich spielen wolle. Sie zog die Röcke an sich, wie um bereit zu sein, zu fliehen, wenn der Schatten sich verdichtete und sich als etwas entpuppte, vielleicht als eine große Hand mit Fingern und Klauen. Der Doktor rückte also in aller Eile eine Lampe hinüber, so daß ihr Licht in die Ecke fiel. Sie sank wieder in den Stuhl.

Nun kam Tante Berta und stattete denselben Rapport ab wie Tante Malin.

"Wir erwachten davon, daß sie schrie, als wäre sie wahnsinnig geworden, und so ist sie dann die ganze Zeit gewesen. Sie will nur Licht haben, immer mehr Licht. Was, glaubst du, kann das sein?"

"Ein Schrecken, nichts als ein Schrecken," flüsterte der Doktor.

So, nun waren ihre Blicke bemüht, sich hinter eine Gardine einzubohren. Er ging einmal ums Zimmer. Es konnte ja möglich sein, daß er entdeckte, was sie erschreckt hatte. Auf dem Schreibtisch lag ein tintenbekleckstes Briefpapier. Sie hatte etwas zu schreiben begonnen, aber die Feder war ihr aus der Hand gefallen und übers Papier gerollt. Ein Billett, das er ihr spät abends geschickt hatte, um zu fragen, ob sie und die Tanten am nächsten Tag einen Ausflug mit ihm machen wollten, lag dicht daneben.

Es war offenbar, daß sie sich an den Schreibtisch gesetzt hatte, um ihm zu antworten. Sie hatte eben "Mein gel ..." geschrieben. Dann war sie erschrocken und hatte die Feder fallen lassen.

Der Doktor fühlte, wie die Blicke der Tanten ihm folgten. Sie wunderten sich wohl, daß er kein Wort zu Ellen sagte. Das erste, was er tun mußte, war, alle aus dem Zimmer zu bringen, sowohl Tante Malin als auch Tante Berta und das Hausmädchen, damit sie den Schrecken nicht in ihr wach erhielten.

"Ich glaube, sie wird mir schon alles erzählen, wenn ich allein mit ihr sprechen kann," sagte er und hatte rasch das Zimmer ausgeräumt.

Er zog einen Sessel heran und setzte sich neben sie.

Wunderbar, wie viele Gesichter ein Mensch haben kann! Er hätte Ellen kaum wiedererkannt. Ruhe, friedvolle Ruhe war das Hauptmerkmal ihres Aussehens. Er war davon bezaubert worden, daß er sie immer gleich ruhig fand: eine förmliche Meisterin in der Kunst, die Tanten zu behandeln. Sie sah kaum von der Stickerei auf, wie sehr sie auch zankten. Und dann hatte er einmal gleichsam eine Offenbarung gehabt. Einmal, als er heimkam, vermeinte er eines Abends eine zarte, geneigte Gestalt im Lampenscheine am Arbeitstisch sitzen zu sehen. Er hatte ein deutliches Bild des feinen Nackens und der kleinen Hände empfangen. Das ganze Zimmer war durch sie geschmückt. Darauf hatte er um sie angehalten.

Und jetzt! Nur bleiches Entsetzen und aufgescheuchte Wildheit. Gerade, was er nicht wollte. Eine hysterische Frau! Ah, Gott behüte, Gott behüte!

"Sag, Ellen, was hast du?"

Sie antwortete nicht.

"Mir mußt du es sagen, verstehst du?" sagte er ein bißchen streng.

Sie heftete die Augen auf ihn, es war, als blitze ein Schimmer von Hoffnung in ihnen auf.

"Du wirst ruhig werden, wenn du es sagst."

Es war schade um ihre schönen, hellen Augen. Sie hatten auf dem, mit dem sie gesprochen hatte, immer mit einem Schimmer geruht, so still wie der der Sonne. Sie waren vielleicht glänzender jetzt. Aber das war ein Glanz, nach dem er eigentlich gar nicht fragte.

Sie kämpfte heftig mit sich selbst. Sie konnte den Unterkiefer nicht still halten. Sie stopfte ein Taschentuch zwischen die Zähne, damit man nicht hörte, wie sie aufeinanderschlugen.

Endlich hörte er sie ein paar Worte sagen. Sie saß da und schlug mit der einen Hand auf die andre und dachte laut. "Ich muß es ihm sagen. Ich muß, ich muß. Sie kommt sonst wieder. Ja, sie kommt wieder."

Dann begann sie zu sprechen, und er wurde wunderlich herabgestimmt dabei. Es glich am ehesten der Stimmung, die über einen kommt, wenn man im Frack in einem feierlichen Aufzug geht, und es kommt ein Platzregen. Man fühlt, wie man seine ganze Größe und Würde einbüßt.

Sie gestand mit einem Male, daß sie ihn nicht lieb hätte. Sie hätte ihn gern heiraten wollen, aber bloß um von daheim wegzukommen.

Hätte es sich nicht um ihn selbst gehandelt, er hätte darüber lachen können, wie dieses Kind sich nach einem Mann gesehnt hatte. Nach dem ersten besten. Sie war so fest entschlossen, fortzukommen. Es war der Tanten wegen. Zwar waren die ja sehr gut gegen sie gewesen und wußten selbst nicht, wie sie sie quälten.

Sie sah ihn mit verzweifelten Augen an und bettelte gleichsam, er möchte sie doch verstehen und für sie fühlen. Er wußte ja, wie die Tanten waren, er hatte sie ja viele Jahre hindurch behandelt. Sie waren so eigen, so eigen, so voll fixer Ideen und Beängstigungen. Tante Malin erwartete immer eine Feuersbrunst, Tante Berta glaubte immer, daß sie auf der Straße überfahren werden würde. Er wußte, wie sie waren. Und, wenn sie, Ellen, weiter bei ihnen bliebe, würde sie ebenso wunderlich werden.

Aber sie wollte ein ordentlicher Mensch werden. Und sie hatte die Tanten gebeten, fortgehen und arbeiten zu dürfen. Das hatten die natürlich nicht erlauben wollen. Da könnte er doch begreifen, daß ihr nichts andres übrig geblieben wäre, als zu heiraten.

Der Doktor konnte es nicht lassen, sie zu fragen, ob sie bei einer Verheiratung mit jemand, aus dem sie sich nichts machte, nicht gefürchtet hätte, ein noch ärgeres Leben führen zu müssen, als hier bei den Tanten.

Ach nein, ärger könnte es wohl nie sein. Ein Mann wäre wenigstens manchmal fort. Die Tanten wären den ganzen Tag zu Hause.

Nun, da sie schon so offenherzig wäre, ob es ihr nie in den Sinn gekommen wäre, ihn lieb zu haben? Sie schüttelte den Kopf; das war etwas, was ganz außerhalb des Denkbaren lag. Und warum? Ob er zu häßlich wäre? Nein; sie schlug beteuernd die Augen auf. Ob er langweilig wäre? Sie machte eine abwehrende Handbewegung. Was für ein Fehler also an ihm wäre? Er sei zu kalt. Ja so, er war zu kalt.

Der Doktor machte ein paar Schritte durchs Zimmer. Das war doch unglaublich, daß ein solches Kind da herumgegangen war und etwas Derartiges zusammengebraut hatte. Hatte sich von ihm küssen lassen, ohne eine Spur von Neigung für ihn zu empfinden. Und sie hatte ihre Rolle gar nicht schlecht gespielt. Er war der Betrogne gewesen. Und daß er so unsympathisch sein sollte, daß ein junges Mädchen gar nicht daran denken könnte, ihm gut zu sein ...!

Aber natürlich hatte sie bei den beiden Alten ein elendes Leben geführt. Er konnte schon begreifen, daß ihr viel daran gelegen hatte, sich zu verheiraten. Das war ihr wohl wie eine Erlösung fürs ganze Leben gewesen. Sie legte ihr Bekenntnis ab, ohne irgendein Erbarmen zu zeigen. Es fiel ihr gar nicht ein, daß sie ihn verletzte. Sie mußte wohl glauben, daß er gepanzert sei, ganz eisenhart.

Ihre Stimme erhob sich plötzlich zu einem Schrei. "Du weißt ja," sagte sie, "daß alle, die falsch spielen, in diesem Zimmer hier die Hand sehen. Ich habe sie gesehen. Ich saß dort, dort." Und sie wendete sich heftig zum Schreibtisch. "Dort hab' ich sie gesehen."

"Glaubst du nicht, daß ich sie gesehen habe?" fuhr sie fort und bohrte ihre Augen in ihn, als wolle sie die Wahrheit hervorzwingen.

"Laß mich hören, wie es war," sagte er beruhigend.

"Ja, du weißt doch, daß du mir am Abend geschrieben hattest, und ich wollte die Antwort schreiben, bevor ich mich niederlegte. Aber als ich mich an den Schreibtisch setzte, wurde ich unruhig und saß lange da und dachte, denn ich wußte nicht, wie ich die Überschrift schreiben sollte. Ich mußte ja 'geliebter' schreiben, aber das kam mir nicht recht vor. Es war das erstemal, daß ich an dich schrieb. Ich fand, daß es schrecklich war, etwas zu schreiben, was nicht wahr war, aber schließlich schien es mir, daß ich nicht weniger schreiben könnte."

"Ist ein so großer Unterschied zwischen dem, was man schreibt, und dem, was man sagt?"

"Du hattest mich nicht gefragt, ob ich dich liebte, nur ob ich deine Frau werden wollte ..."

"Ah so!"

"Aber da, in demselben Augenblick, in demselben Augenblick, als ich begonnen hatte, das Wort zu schreiben, war die Hand da. Sie kam über die Tischkante heraufgeglitten, und ich glaube, ich saß da und starrte sie ein paar Sekunden an, bevor ich begriff, was es war. Ich schrie nicht gleich. Ich konnte gleichsam nicht verstehen, daß es etwas Übernatürliches war. Aber da legte sie sich über das Papier und zeigte mit den gekrümmten Fingern auf das Wort da.

Ich glaube, sie war froh, sie zitterte förmlich vor Freude. Es war, als wolle sie die Buchstaben an sich scharren, es war falsches Spiel. Da wollte sie mit dabei sein.

Sie kam gekrochen, auf den gelben Fingern, wie eine große Spinne. Gerade als hätte sie Eile. Es war so lange her, seit sie Anlaß gehabt hatte, hervorzukommen. Nun mußte sie sich sputen. Sie griff förmlich nach der Feder mit den feuchten, knochigen Fingern. Es war ja falsches Spiel. Da wollte sie mit dabei sein.

Ich schrie auf, als wäre es eine Schlange, und da verschwand sie, aber ich weiß nicht, ob sie nicht noch hier ist. Ich glaube, ich fühle, daß sie sich noch im Zimmer befindet. Und wenn sie wiederkommt, sterbe ich. Ich war nahe daran, zu sterben."

"Nein, sie darf nicht wiederkommen," sagte er tröstend.

"Ich weiß, daß ich eins tun muß," sagte sie, "ich muß es tun, damit sie nicht wiederkommt. Aber es ist so furchtbar hart."

Sie nahm den Verlobungsring vom Finger, steckte ihre kalte, zitternde Hand in die des Doktors und ließ den Ring zurück. Dann weinte sie in der Bitterkeit der Entsagung.

Der Doktor sagte nichts, er legte die Fingerspitzen aufeinander und ließ den Ring dazwischen hin und her gleiten.

Es wäre nicht so schwer, mit der Geisterhand fertig zu werden wie mit dem andern, meinte er. Die Hand hatte gleichsam seine Partei ergriffen, ihm ein wenig Rache verschafft. Er fühlte Sympathie für sie.

Es ist wohl mit manchen Leuten so, dachte er, daß das Gewissen in der einen oder andern Weise über sie kommt, wie sehr sie auch versuchen, es zu betrügen. Es hat seine eignen verschwiegnen Wege. Da hatte nun seine kleine Braut alles aufs beste ausgeklügelt, um ein gutes Heim zu bekommen. Bloß ein bißchen Heuchelei brauchte sie sich aufzuerlegen, und alles Glück der Welt war ihr eigen. Und da kommt das Gewissen ganz still heran und gräbt seine Mine tief unten in der Seele und sprengt endlich alle Klugheit, alle Berechnung in einem Augenblick in die Luft.

Ja ja, ja ja. Sie hatte wohl geglaubt, daß sie so ein ganzes Leben würde weiterlügen können. Hatte wohl gesehen, wie es andern geglückt war. Aber da stellt es sich heraus, daß sie aus feinerm Stoff gemacht ist. Es liegt ein Nachteil darin, einer verfeinerten Rasse von Gewissensmenschen anzugehören. Wenn man es am wenigsten erwartet, ist die Gewissenshalluzination da.

Natürlich nimmt sie dann die Form an, die am nächsten zur Hand liegt. Es war ja sonnenklar, daß das Gewissen in diesem Zimmer zu einer Geisterhand werden mußte.

Er saß noch immer da und spielte mit dem Ring und ließ ihn von einem Finger zum andern gleiten. Er fühlte etwas andres als Zorn darüber, daß er sie nicht hatte gewinnen können. Er war beinahe betrübt. Sie fing jetzt wohl an, sich seiner zu erinnern, zu denken, daß ihm ein Unrecht widerfahren sei, denn sie beugte sich hinab und küßte seine Hand. "Verzeih mir," sagte sie.

Es war merkwürdig, wie weich sie war. Wenn sie sich darüber klar geworden war, daß sie ein Unrecht getan hatte, wußte sie gar nicht, was sie alles anfangen sollte, um es zu sühnen. Es hatte wirklich keinen Zweck, sie länger zu quälen. Er brauchte ja nur gerade heraus zu sprechen, zu sagen, daß er nicht viel besser gewesen war als sie. Räsonnement auf beiden Seiten. Die eine hatte ein Heim, der andre eine Haushälterin gesucht. Es würde sie beruhigen, das zu hören.

Er wollte ihr sagen, daß es keine so bittre Enttäuschung für ihn hatte werden können. Er war nicht so furchtbar verliebt gewesen, auch er nicht.

Ja gewiß, er hatte ja keinen Anlaß, die Qual länger hinauszuziehen. Das beste war, ein Ende zu machen. Alle zur Ruhe kommen zu lassen und morgen unverlobt zu erwachen.

Als er sich erhob, um zu gehen, traten ihm die Tränen in die Augen. Es tat ihm doch weh, sie zu verlieren. Und nun war es das, was er ihr sagte.

Er begann damit, ihr unzusammenhängende Dinge zu sagen, daß sie ein Gewissensmensch sei, daß sie der feineren Rasse von Nervenmenschen angehöre, die gerade jetzt angefangen hätten, hier und dort aufzutauchen. Sie sei ihm gerade darum teuer. Gerade um dessentwillen, was ihr in dieser Nacht widerfahren sei, fiele es ihm schwer, auf sie zu verzichten.

Sie sei frei, ja, natürlich, aber wenn sie einmal könne und wolle.

Er sah sie erstaunt an. Quälte sie das nicht? Nein, jetzt erst verschwand die Starrheit aus ihren Zügen, und die Augen wurden ruhig. Sie saß mit halbgeöffnetem Munde und lauschte.

Er sprach davon, wie er das Leben für sie hätte ordnen wollen, sprach davon, wie er sich nach ihr gesehnt hätte. Er sprach ganz anders davon, als er vor einer halben Stunde gesprochen hätte. Aber er sah es auch ganz anders, jetzt, da er sie verlieren sollte. Er sprach viel schöner, als er es sich zugetraut hätte. Das Zusammenleben mit einem weichen, liebenswerten Wesen, ja, gerade das Zusammenleben mit ihr, nahm sich auf einmal sehr hold für seine Phantasie aus, und er sagte es ihr.

Als er näher trat und ihr die Hand zum Abschied reichte, kamen ihm noch einmal die Tränen in die Augen. Sie war so schön, gerade jetzt, die Farbe entzündete sich wieder auf ihren Wangen, sie war wie eine frischerblühte Blume. Sie sah ebenso froh aus wie jemand, der einer Todesgefahr entronnen ist.

Der Doktor stand mit ihrer Hand in der seinen und zog seine Schlüsse so rasch wie nie zuvor.

Sie verstand sich natürlich selbst nicht, nicht im geringsten. Ah! Er schöpfte tief Atem. Alle Niedergeschlagenheit war fort. Ein jubelndes Siegesgefühl durchblitzte ihn. Nur mit einer einzigen Anstrengung hatte er sich ihre Liebe ersprochen. Sie hatte ja nur gebraucht, daß er zeigte, daß er sie lieb hatte.

Er nahm den Verlobungsring und steckte ihn ihr ruhig wieder auf den Ringfinger. "Keine Torheiten," sagte er, als sie die Hand wegziehen wollte.

"Aber," sagte sie. "Ich weiß nicht, ich wage nicht ..."

"Ich wage es, ich," sagte der Doktor, "ich war nie so, daß ich vor dem Glück davongelaufen bin."

Er ging ins Vorzimmer hinaus, fand seinen Überrock und kam wieder herein, um seine Zigarre anzuzünden.

"Arme Kleine," sagte er, während er ein paar Züge machte. "Bist jetzt wie gebunden und gefesselt, mich zu lieben, sollte ich meinen. Sonst kommt noch die Hand dort und preßt dir das Leben aus."

 

 

Inhalt



Peter Nord und Frau Fastenzeit

1

2

3

4

Die Legende vom Vogelnest

Das Hünengrab

Die Vogelfreien

Reors Geschichte

Waldemar Attertag brandschatzt Visby

Mamsell Friederike

Der Roman einer Fischersfrau

Mutters Bild

Ein gefallener König

Ein Weihnachtsgast

Onkel Ruben

Das Flaumvögelchen

1

2

3

4

Unter den Kletterrosen

Die Grabschrift

Römerblut

Die Rache bleibt nicht aus

Die Geisterhand

 

 

Peter Nord und Frau Fastenzeit



1


So traulich wie ein Heim steht das kleine Städtchen vor mir. Es ist so klein, daß ich alle seine Winkel und Ecken kennen lernen, mit jedem Kinde gut Freund werden und alle Hunde beim Namen rufen konnte. Wer über die Straße ging, wußte, bei welchem Fenster er den Blick aufschlagen mußte, um ein schönes Gesicht hinter der Scheibe zu erblicken, und wer durch den Stadtpark wanderte, kannte die Zeit, wann er da gehen mußte, um die Person zu treffen, die er treffen wollte.

Auf die schönen Rosen im Nachbargarten war man fast ebenso stolz, als wenn sie im eignen gestanden hätten. Geschah etwas, was kleinlich oder gewöhnlich war, so schämte man sich, als wäre es in der eignen Familie passiert, aber bei dem allergeringsten Ereignis, einer Feuersbrunst oder einer Marktschlägerei, brüstete man sich und sagte: "Seht nur, welches Gemeinwesen! Geschehen solche Dinge anderswo? Welche wunderbare Stadt!"

Und in dieser meiner geliebten Stadt verändert sich nichts. Komme ich wieder einmal hin, so werde ich dieselben Häuser und Kaufläden wiederfinden, die ich von altersher kenne, dieselben Gruben im Steinpflaster werden mich zu Fall bringen, dieselben steifen Lindenhecken, dieselben rundgeschnittenen Fliedersträucher meinen bewundernden Blick fesseln. Wieder werde ich sehen, wie der alte Ratsherr, der die ganze Stadt regiert, mit elefantenschweren Schritten die Straße hinabgewandert kommt. Patriarch und Vorsehung, welch ein Gefühl der Sicherheit hat man nicht, wenn man dich so wandern sieht! Und der taube Halfvorson wird noch immer in seinem Garten umhergehen und graben, während seine wasserklaren Augen suchend starren, als wollten sie sagen: "Alles, alles haben wir durchforscht, jetzt Erde, wollen wir uns bis in dein Innerstes bohren."

Aber wer nicht mehr da sein wird, das ist der kleine runde Peter Nord. Ihr wißt doch, der kleine Wermländer, der in Halfvorsons Kramladen stand, er, der die Kunden mit seinen kleinen mechanischen Erfindungen und seinen weißen Mäusen unterhielt. Von ihm ist eine ganze Geschichte zu erzählen. Über alles und alle in der Stadt gibt es Geschichten. Nirgends geschehen so wunderliche Dinge.

Er war ein Bauernjunge, der kleine Peter Nord. Er war klein und rund, er war braunäugig und hatte ein lachendes Gesicht. Sein Haar war heller als Birkenlaub im Herbst, die Wangen waren rot und flaumig. Und ein Wermländer war er. Niemand, der ihn sah, konnte glauben, daß er aus einem andern Lande komme. Mit prächtigen Eigenschaften hatte ihn die treffliche Heimat ausgerüstet. Hurtig war er bei seiner Arbeit, rasch mit den Fingern, flink mit der Zunge, klar im Kopfe. Und dazu ein Narr, gutmütig und hoch hinaus, gefällig und streitlustig, neugierig und plapperhaft. Der Tollkopf, er war nicht imstande, einem Bürgermeister größre Ehrfurcht zu zeigen, als einem Bettler. Aber Herz hatte er, verliebt war er jeden zweiten Tag, und die ganze Stadt zog er ins Vertrauen.

Die Arbeit im Laden verrichtete dieses glücklich veranlagte Kind in irgendeiner übernatürlichen Weise. Die Kunden wurden bedient, während er die weißen Mäuse fütterte. Geld wurde gewechselt und gezählt, während er seine kleinen, selbstgehenden Wagen mit Rädern versah. Und indes er den Kunden von seiner allerletzten Verliebtheit erzählte, ließ er das Litermaß nicht aus den Augen, aus dem der braune Sirup sich sachte herabringelte. Und es machte den bewundernden Zuhörern Spaß, zu sehen, wie er plötzlich über den Ladentisch sprang und auf die Straße stürzte, wo er mit einem vorbeigehenden Gassenjungen einen Strauß ausfocht, um dann mit ruhiger Stirn in den Laden zurückzukehren und den Knoten an einem Paket zu knüpfen oder ein Stück Stoff fertig zu messen.

War es nicht natürlich, daß er der Günstling der ganzen Stadt wurde? Wir fühlten uns alle verpflichtet, bei Halfvorson einzukaufen, seit Peter Nord hingekommen war. Und selbst der alte Ratsherr war stolz, wenn Peter Nord ihn in eine dunkle Ecke zog und ihm den Käfig mit den weißen Mäusen zeigte. Es war sehr spannend und aufregend, die Mäuse zu zeigen, denn Halfvorson hatte ihm verboten, sie im Laden zu halten.

Da aber kamen mitten in dem heller werdenden Februar ein paar trübe Tage mit nebligem Tauwetter. Peter Nord wurde auf einmal ernst und still. Er ließ die weißen Mäuse ihren Drahtkäfig benagen, ohne sie zu füttern. Er versah seine Obliegenheiten tadellos. Er balgte sich nicht mit den Gassenjungen. Konnte Peter Nord es vielleicht nicht vertragen, daß das Wetter umgeschlagen hatte?

Ach nein, die Sache war die, daß er einen Fünfzigkronenschein oben auf einem der Wandbretter gefunden hatte. Er hatte geglaubt, daß er mit einem Stoffballen hinaufgeschleudert worden war, und ganz unbemerkt hatte er ihn unter einen Pack gestreiften Kattun geschoben, der damals unmodern war und nie von den Wandbrettern heruntergenommen wurde.

Der Knabe hegte in seinem Herzen einen unbändigen Groll gegen Halfvorson, der ihm eine ganze Mäusefamilie totgeschlagen hatte, und nun wollte er sich rächen. Noch sah er die weiße Mutter mitten unter ihren hilflosen Jungen vor sich. Sie hatte keinen einzigen Versuch gemacht zu fliehen, sondern war in unerschütterlichem Heldenmut auf ihrem Platz liegen geblieben und hatte den herzlosen Mörder aus roten brennenden Augen angestarrt. Verdiente dieser nicht auch eine angstvolle Stunde? Peter Nord wollte sehen, wie er totenbleich aus dem Kontor stürzte und nach dem Fünfzigkronenschein suchte. Er wollte dieselbe Angst in seinen wasserklaren Augen sehen, die er in den granatroten der weißen Maus erblickt hatte. Der Krämer sollte nur suchen, er sollte den ganzen Laden umkehren, bevor Peter Nord ihn die Banknote finden ließ.

Aber der Fünfzigkronenschein blieb den ganzen Tag in seinem Versteck liegen, ohne daß jemand danach fragte. Er war ganz neu, bunt und leuchtend und hatte die Zahl Fünfzig groß in allen Ecken. Wenn Peter Nord allein im Laden war, lehnte er eine Leiter an die Regale und kletterte zu dem Kattunballen hinauf. Dann zog er den Fünfzigkronenschein hervor, entfaltete ihn und bewunderte seine Schönheit. Mitten im eifrigsten Handeln konnte er Angst bekommen, daß dem Fünfzigkronenschein etwas zugestoßen sei. Dann tat er, als suchte er etwas auf dem Wandbrett und tastete unter dem Kattunballen herum, bis er den glatten Schein unter seinen Fingern rascheln fühlte.

Dieser Schein hatte mit einem Male eine übernatürliche Gewalt über ihn erlangt. Ob wohl etwas Lebendiges darin war? Die von breiten Ringen umgebenen Zahlen waren wie saugende Augen. Der Knabe küßte sie alle und flüsterte. "Solche wie du möchte ich viele haben, furchtbar viele."

Er begann sich allerlei Gedanken über den Schein zu machen, und darüber, daß Halfvorson nicht danach fragte. Vielleicht gehörte er gar nicht Halfvorson? Vielleicht lag er schon lange im Laden? Vielleicht hatte er überhaupt keinen Besitzer mehr?

Gedanken sind ansteckend. Beim Abendbrot hatte Halfvorson angefangen, von Geld und Geldmenschen zu sprechen. Er erzählte Peter Nord von allen den armen Jungen, die Reichtümer gesammelt hatten. Er begann mit Whittington und schloß mit Astor und Jay Gould. Halfvorson kannte ihre ganze Geschichte, er wußte, wie sie gestrebt und entbehrt, was sie erfunden und gewagt hatten. Er wurde ganz beredt, als er auf alles dies kam. Er durchlebte die Leiden der jungen Geldmenschen, er begleitete sie bei ihren Erfolgen, er jubelte bei ihrem Sieg. Peter Nord hörte ganz gespannt zu.

Halfvorson war vollkommen taub, aber dies war kein Hindernis für ein Gespräch, denn er las einem alles, was man sagte, von den Lippen ab. Hingegen konnte er seine eigne Stimme nicht hören. Die rollte darum so wunderlich eintönig dahin, wie das Tosen eines fernen Wasserfalls. Aber diese wunderliche Art zu sprechen bewirkte es, daß alles, was er sagte, einem im Ohr nachhallte, so daß man es viele Tage nicht abschütteln konnte. Armer Peter Nord!

"Was unumgänglich notwendig ist, um reich zu werden," sagte Halfvorson, "das ist der Heckepfennig. Aber den kann man nicht verdienen. Merke dir, den haben alle auf der Straße gefunden, oder zwischen dem Futter und dem Oberstoff eines Rockes, den sie auf einer Auktion gekauft haben, oder sie haben ihn im Spiel gewonnen, oder von einer schönen und barmherzigen Dame als Almosen bekommen. Aber nachdem sie im Besitze dieser gesegneten Münze waren, ist ihnen alles geglückt. Der Geldstrom sprudelte daraus hervor wie aus einer Quelle. Das erste, was nottut, Peter Nord, das ist der Heckepfennig."

Halfvorsons Stimme klang immer dumpfer und dumpfer. Der junge Peter Nord saß wie betäubt da und sah eitel Gold vor sich. Auf dem Tuche des Eßtisches stapelten sich Haufen von Dukaten auf, auf dem Fußboden wogte es weiß von Silber, und die wirren Muster der schmutzigen Tapeten verwandelten sich in Bankscheine, groß wie Tischtücher. Aber gerade vor seinen Augen flatterte die Zahl Fünfzig, von breiten Ringen umgeben, und lockte ihn wie die schönsten Augen. "Wer weiß," lächelten die Augen, "vielleicht ist der Fünfzigkronenschein droben auf dem Wandbrett solch ein Heckepfennig?"

"Merke nun wohl," sagte Halfvorson, "nächst dem Heckepfennig sind noch zwei Dinge für den notwendig, der es weit bringen will. Arbeit, eisenharte Arbeit, Peter Nord, heißt das eine Ding; und das andre heißt Verzicht. Verzicht auf Liebe und Spiel, auf Plaudern und Lachen, auf den Morgenschlummer und den Abendspaziergang. Wahrlich, wahrlich, zwei Dinge sind notwendig für den, der das Glück erobern will. Arbeit heißt das eine, und das andre Verzicht."

Peter Nord sah aus, als wenn er weinen wollte. Freilich wollte er reich, freilich wollte er glücklich werden, aber das Glück sollte nicht so ängstlich kommen, nicht so sauer erworben sein. Ganz von selbst sollte sie sich einstellen, Frau Fortuna. Wenn Peter Nord sich gerade mit den Gassenjungen balgte, dann sollte die edle Dame ihre Sänfte an der Ladentür halten lassen und dem Wermlandjungen den Platz an ihrer Seite anbieten. Aber jetzt grollte Halfvorsons Stimme noch immer in seinen Ohren. Sein ganzes Hirn ward davon erfüllt. Er glaubte nichts andres, wußte nichts andres. Arbeit und Verzicht, Arbeit und Verzicht, das war das Leben und des Lebens Ziel. Er begehrte nichts andres, er wagte nicht zu glauben, daß er sich je etwas andres gewünscht hatte.

Am nächsten Tage getraute er sich gar nicht, den Fünfzigkronenschein zu küssen, er wagte es nicht einmal, ihn anzusehen. Er war still und gedrückt, ordentlich und fleißig. Alle seine Obliegenheiten versah er so tadellos, daß jeder merken konnte, daß etwas mit ihm los sein mußte. Der alte Ratsherr hatte Mitleid mit dem Jungen und tat, was er konnte, um ihn zu trösten.

"Gehst du heute abend auf den Fastnachtsball?" fragte der Alte. "So, so, nein? Ja, dann will ich dich einladen, Peter Nord. Und laß mich sehen, daß du hinkommst, sonst erzähle ich Halfvorson, wo du deinen Mäusekäfig hast."

Peter Nord seufzte und versprach, auf den Ball zu gehen.

Fastnachtsball, man denke, daß Peter Nord auf den Fastnachtsball sollte. Peter Nord sollte alle schönen Damen der Stadt sehen, fein, weiß gekleidet, blumengeschmückt. Aber Peter Nord durfte natürlich mit keiner einzigen von ihnen tanzen. Nun, das war ihm auch einerlei. Er war nicht in der Laune zu tanzen.

Auf dem Balle lehnte er in einer Tür und machte nicht einen Schritt zum Tanze. Einige hatten ihn zu überreden versucht, aber er war standhaft gewesen und hatte nein gesagt. Er könne diese Tänze nicht. Auch würde keine von diesen feinen Damen mit ihm tanzen wollen. Er war allzu gering für sie.

Aber wie er so dastand, begann es in seinen Augen zu funkeln und zu leuchten, und er fühlte, wie die Freude durch alle Glieder zuckte. Es kam von der Tanzmusik, es kam vom Blumenduft, es kam von allen den schönen Gesichtern, die er vor sich hatte. Nach einem kleinen Weilchen schon war er so strahlend froh, daß, wenn Freude Feuer wäre, die Flammen lichterloh um ihn aufgelodert wären. Und wenn die Liebe es wäre, wie so viele behaupten, dann wäre es ihm auch nicht besser ergangen. Er war immer in irgendein schönes Mädchen verliebt, aber bis jetzt immer nur in eine zugleich. Doch als er jetzt alle diese schönen Damen auf einmal sah, da verheerte nicht mehr eine einzige Flamme das sechzehnjährige Herz, sondern es war ein ganzer Waldbrand.

Von Zeit zu Zeit sah er auf seine Stiefel herab, die nichts weniger als Ballschuhe waren. Aber wie hätte er mit den breiten Absätzen den Takt stampfen und sich auf den dicken Sohlen im Kreise drehen können! In seinem Innern war etwas, was an ihm riß und zerrte, ihn wie einen geschlagnen Ball in den Tanzsaal schleudern wollte. Er widerstand noch ein Weilchen, obgleich die Bewegung in ihm immer stärker wurde, je weiter die Nacht fortschritt. Er wurde ganz schwindlig und lebenswarm. Heißa, er war nicht mehr der arme Peter Nord! Er war der junge Wirbelwind, der das Meer aufpeitscht und den Wald umreißt.

Ganz plötzlich wurde eine Hambopolka gespielt. Da geriet der Bauernjunge ganz außer sich. Er fand, daß diese wie seine eigne Wermländer Polka klang.

In einem Nu stand Peter Nord mitten im Saale. Alle feinen Herrenmanieren waren von ihm abgeglitten. Er war nicht mehr auf dem Rathausballe, sondern daheim in der Scheune, beim Mittsommernachtstanz. Er ging mit krummen Knien und zog den Kopf zwischen die Schultern. Ohne aufzufordern, schlang er einer Dame den Arm um den Leib und riß sie mit sich. Und dann begann er Polka zu tanzen. Das Mädchen folgte ihm halb widerwillig, beinahe geschleift. Sie war nicht im Takt, sie wußte gar nicht, was dies für ein Tanz war. Aber plötzlich ging alles wie von selbst. Das Geheimnis des Tanzes offenbarte sich ihr. Die Polka trug sie, hob sie empor, sie hatte Flügel an den Füßen, sie wurde so leicht wie Luft. Es war ihr, als flöge sie dahin. Denn die Wermlandpolka ist der wunderbarste Tanz. Sie verwandelt die schwerfüßigen Söhne der Erde. Lautlos schweben sie auf zolldicken Sohlen über ungehobelte Scheunendielen. Sie wirbeln umher, so leicht wie das Laub im Herbststurm. Diese Polka ist weich, hurtig, still, gleitend. Ihre edlen, maßvollen Bewegungen befreien die Körper, so daß sie sich leicht, elastisch schwebend fühlen.

Während Peter Nord seinen heimatlichen Tanz tanzte, wurde es still im Ballsaal. Anfangs lachte man, aber allmählich dämmerte es allen auf, daß dies Tanz war, dieses Dahinschweben in gleichmäßigen raschen Wirbeln, ja wahrlich, wenn irgendetwas Tanz war, so war es dies.

Plötzlich bemerkte Peter Nord mitten in seinem Taumel, daß rings um ihn eine wunderliche Stille herrschte. Er blieb plötzlich stehen und fuhr sich mit der Hand über die Stirne. Keine schwarze Scheunendiele, keine laubgeschmückten Wände, keine hellblaue Sommernacht, keine muntre Bauerndirne war in der Wirklichkeit zu erblicken, in die er jetzt schaute. Er schämte sich und wollte sich fortschleichen.

Aber schon war er umringt und bestürmt. Die jungen Damen drängten sich um den Ladenjungen und riefen: "Ach tanzen Sie mit uns, tanzen Sie mit uns!"

Sie wollten diese Polka lernen. Alle wollten sie sie lernen. Der Ball kam ganz aus dem Geleise und war jetzt wie eine Tanzschule. Alle versicherten, daß sie bisher gar nicht gewußt hätten, was tanzen heiße. Und Peter Nord ward ein großer Mann an diesem Abend.

Er mußte mit allen den feinen Damen tanzen, und sie waren über die Maßen freundlich gegen ihn. Er war ja nur ein Junge und übrigens solch ein fröhlicher Tollkopf. Man konnte nicht anders als ihn verziehen.

Da fühlte Peter Nord, daß dies das Glück war. Der Günstling der Damen zu sein, es wagen, mit ihnen zu sprechen, sich mitten in dem strahlenden Lichte zu bewegen, gefeiert und verhätschelt zu werden, ja gewiß, das war das Glück.

Und als der Ball zu Ende war, war er zu glücklich, um selbst darüber betrübt zu sein. Er hatte das Bedürfnis, heimzukommen, um in Ruhe alles das zu überdenken, was ihm an diesem Abend widerfahren war.

Halfvorson war unverheiratet, aber er hatte eine Nichte im Hause, die im Kontor arbeitete. Sie war arm und von Halfvorson abhängig, aber sie benahm sich recht hochmütig gegen ihn und gegen Peter Nord. Sie hatte viele Freunde unter den angeseheneren Leuten der Stadt und wurde in Familien eingeladen, in die Halfvorson nie kommen konnte. Sie und Peter Nord gingen zusammen von dem Balle nach Hause.

"Wissen Sie, Nord," fragte Edith Halfvorson, "daß Halfvorson wegen verbotnen Branntweinhandels angeklagt werden wird? Sie könnten mir wirklich sagen, Nord, wie es sich mit dieser Sache verhält."

"Ach, das ist gar nicht der Mühe wert, solch ein Aufhebens davon zu machen," sagte Peter Nord.

Edith seufzte. "Natürlich wird etwas daran sein. Und dann gibt es Prozeß und Geldstrafen und Schande ohne Ende. Ich möchte so gerne wissen, wie die Sache steht."

"Es ist wohl am besten, nichts zu wissen," sagte Peter Nord.

"Sehen Sie, Nord, ich will in die Höhe kommen," fuhr Edith fort, "und Halfvorson mit hinaufziehen, aber er plumpst mir immer wieder hinunter. Ganz unversehens tut er etwas, was auch mich unmöglich macht. Ich sehe ihm jetzt an, daß er etwas im Schilde führt. Wissen Sie nicht, Peter, was es ist? Es wäre gut, es zu wissen."

"Nein," sagte Peter Nord, nicht ein Wort mehr konnte er sagen. War es menschlich, mit ihm, der von seinem ersten Balle kam, von derlei zu sprechen?

Hinter dem Laden befand sich ein kleiner Verschlag für den Ladenjungen. Da saß Peter Nord von heute und ging mit Peter Nord von gestern ins Gericht. Wie blaß und feige der Kerl aussah. Jetzt sollte er hören, was er war. Ein Dieb und ein Geizhals. Kannte er das siebente Gebot? Von Rechts wegen sollte er eine Tracht Prügel haben. Ja, das sollte er.

Gott sei gedankt und gelobt, daß er ihn auf den Ball geführt und seinen Sinn geändert hatte. Pfui, wie häßlich es in ihm ausgesehen hatte, aber jetzt war alles anders. Als ob der Reichtum es wert wäre, daß man ihm Gewissen und Seelenruhe opferte?! Als ob er soviel wert wäre wie eine weiße Maus, wenn man dabei nicht vergnügt sein durfte! Er klaschte in die Hände und rief jubelnd: "Frei, frei, frei!" Nicht die leiseste Sehnsucht, den Fünfzigkronenschein zu besitzen, war mehr in seiner Seele. Wie gut war es doch, glücklich zu sein.

Als er sich niedergelegt hatte, nahm er sich vor, Halfvorson zeitig am nächsten Morgen die fünfzig Kronen zu zeigen. Dann aber bekam er Angst, daß der Krämer am nächsten Tag vor ihm in den Laden kommen, den Schein suchen und ihn finden könnte. Dann würde er wohl glauben, daß Peter Nord ihn versteckt hatte, um ihn zu behalten. Dieser Gedanke ließ ihm keine Ruhe. Er versuchte sich ihn aus dem Sinne zu schlagen, aber es gelang ihm nicht. Er konnte nicht einschlafen. Da stand er auf, schlich sich leise in den Laden und tastete nach dem Fünfzigkronenschein. Dann schlummerte er süß ein mit der Banknote unter dem Kopfkissen.

Eine Stunde später wurde er geweckt. Ein greller Lichtschein fiel ihm blendend in die Augen, eine Hand griff suchend unter sein Kopfkissen und eine grollende Stimme zankte und fluchte.

Ehe noch der Knabe recht wach war, hatte Halfvorson schon die Banknote in der Hand und zeigte sie zwei Frauen, die in der Tür zum Verschlage standen. "Seht ihr, daß ich recht hatte," sagte Halfvorson, "seht ihr, daß es der Mühe wert war, euch zu wecken und als Zeuginnen mitzunehmen. Seht ihr, daß er ein Dieb ist!"

"Nein, nein, nein," schrie der arme Peter Nord. "Ich wollte nicht fehlen. Ich habe den Schein ja nur aufgehoben."

Halfvorson hörte ja nichts. Die beiden Frauen standen mit dem Rücken zum Verschlage, wie fest entschlossen, weder zu hören noch zu sehen.

Peter Nord hatte sich im Bette aufgesetzt. Er sah mit einem Male jämmerlich schwach und klein aus. Seine Tränen strömten. Er jammerte laut.

"Onkel," sagte Edith, "er heult."

"Laß ihn heulen!" sagte Halfvorson, "laß ihn nur heulen!" Und er trat näher und sah den Knaben an. "Kann mir schon denken, daß du heulst, mein Lieber," sagte er. "Aber das verfängt bei mir nicht."

"Oh, oh!" rief Peter Nord, "ich bin kein Dieb. Ich habe den Schein nur zum Spaß versteckt, um Sie zu ärgern. Ich wollte Sie wegen der Mäuse strafen. Ich bin kein Dieb. Kann niemand mich hören? Ich bin kein Dieb."

"Onkel," sagte Edith, "hast du ihn jetzt genug gequält, können wir vielleicht gehen und uns niederlegen?"

"Ich kann mir schon denken, daß sich das greulich anhört," sagte Halfvorson, "aber da läßt sich nichts machen." Er war ganz munter, förmlich ausgelassen. "Ich habe lange ein Auge auf dich gehabt, mein Lieber," sagte er zu dem Knaben. "Immer hattest du irgend etwas wegzustecken, wenn ich in den Laden kam. Aber jetzt bist du ertappt. Jetzt habe ich Zeugen gegen dich, und jetzt hole ich die Polizei."

Der Junge stieß einen gellenden Schrei aus. "Kann mir denn niemand helfen, kann mir denn niemand helfen?" rief er. Aber nun war Halfvorson schon verschwunden, und die Frau, die dem Haushalt vorstand, kam auf ihn zu.

"Geschwind, aufgestanden und in die Kleider, Peter Nord! Halfvorson holt die Polizei und indessen kannst du dich davonmachen. Das Fräulein geht wohl in die Küche und packt dir ein bißchen Proviant ein. Ich will unterdessen deine Sachen zusammensuchen."

Das furchtbare Weinen hörte sogleich auf. Nach einem kleinen Weilchen war der Junge fertig. Er küßte den beiden Frauen die Hand, demütig wie ein geschlagner Hund. Und dann eilte er fort.

Sie blieben in der Tür stehen und sahen ihm nach. Als er verschwunden war, seufzten sie erleichtert auf.

"Was wird Halfvorson jetzt sagen?" sagte Edith.

"Er wird ganz froh sein," antwortete die Haushälterin. "Er hat das Geld dem Knaben absichtlich hingelegt, glaube ich. Er wollte ihn nur los sein."

"Warum denn? Der Junge war doch der beste, den wir seit Jahr und Tag im Laden gehabt haben."

"Er wollte ihn wohl bei der Branntweingeschichte nicht zum Zeugen haben."

Edith stand stumm da und atmete heftig. "Wie gemein, wie gemein," murmelte sie. Sie ballte die Fäuste gegen das Kontor und gegen das kleine Guckloch in der Tür, durch das Halfvorson in den Laden sehen konnte. Sie hatte selber nicht übel Lust, von all dieser Niedrigkeit fort in die Welt zu fliehen.

Ganz rückwärts im Laden hörte sie ein Geräusch. Sie lauschte, trat näher, ging dem Tone nach und fand endlich hinter einer Heringstonne den Käfig mit Peter Nords weißen Mäusen.

Sie hob ihn auf, stellte ihn auf den Ladentisch und öffnete das Türchen. Maus um Maus eilte heraus und verschwand hinter Kisten und Tonnen.

"Möget ihr gedeihen und euch vermehren," sagte Edith, "laßt mich sehen, daß ihr Schaden anrichtet und euern Herrn rächt."


2


Freundlich und zufrieden lag das kleine Städtchen unter seinem roten Berg da. Es war so in Grün eingebettet, daß der Kirchturm noch gerade daraus hervorragte. Garten an Garten kletterte auf schmalen Terrassen die Anhöhen hinan, und wenn sie nach dieser Richtung nicht weiter konnten, stürzten sie sich mit Sträuchern und Bäumen quer über die Straße und breiteten sich zwischen den zerstreuten Häusern und dem schmalen Erdstreif darunter aus, bis der breite Fluß ihnen Halt gebot.

In der Stadt war es ganz still und stumm. Kein Mensch war zu sehen, nur Bäume und Sträucher und hie und da ein Haus. Das einzige Geräusch, das man hörte, war das Rollen der Kugel über die Kegelbahn, und das klang wie ferner Donner an einem Sommertag. Es gehörte mit zu der Stille.

Doch jetzt knirschte das holprige Steinpflaster des Marktes unter genagelten Absätzen. Der Laut grober Stimmen schlug an die Wand des Rathauses und der Kirche, hallte vom Berg wider und eilte unbehindert die lange Straße hinab. Vier Wanderer störten die Vormittagsruhe.

Ach, die süße Stille, der jahrelange Feierfriede! Wie erschraken sie! Man konnte förmlich sehen, wie sie die Bergpfade hinaufflüchteten.

Einer der Lärmenden, die in das Städtchen einbrachen, war Peter Nord, der Junge aus Wermland, der vor sechs Jahren des Diebstahls bezichtigt aus der Stadt geflohen war. Die mit ihm gingen, waren drei Tagediebe aus der großen Handelsstadt, die nur ein paar Meilen entfernt lag.

Wie war es dem kleinen Peter Nord ergangen? Gut war es ihm ergangen. Er hatte den allervernünftigsten Freund und Begleiter gefunden.

Als er an jenem dunklen, regenschweren Februarmorgen aus dem Städtchen fortlief, da sangen und klangen die Polkamelodien ihm im Ohre. Und eine von ihnen war hartnäckiger als alle andern.

Es war die, die sie alle beim großen Rundtanz gesungen hatten:

Nun ist es wieder Weihnachtsfest,
Ja, ja, Weihnachtsfest.
Und dann ist Ostern nicht mehr weit,
Doch leider, leider ists nicht so,
Nein, nein, ists nicht so,
Nach Weihnacht kommt die Fastenzeit.

Das hörte der kleine Flüchtling so deutlich, so deutlich. Und damit drang die Weisheit, die in dem alten Reigen verborgen liegt, in den kleinen genußsüchtigen Wermländerjungen ein, drang in jede Fiber, vermischte sich mit jedem Blutstropfen, nistete sich in Hirn und Mark ein. So ist es, so ist es gemeint … Zwischen Weihnachten und Ostern, zwischen den Festen der Geburt und des Todes kommt die Fastenzeit des Lebens. Vom Leben soll man nichts verlangen. Es ist eine arme kalte Fastenzeit. Man darf ihm nie glauben, wie es sich auch verstellen mag. Im nächsten Augenblick ist es wieder grau und häßlich. Kann nichts dafür, das arme Ding, versteht es nicht besser!

Und Peter Nord war beinahe stolz, daß er dem Leben sein tiefstes Geheimnis abgelauscht hatte.

Und er glaubte, die gelbe, bleiche Frau Fastenzeit in Bettlergestalt, die Aschenrute in der Hand, über die Erde schleichen zu sehen. Und er hörte, wie sie ihn anknurrte: "Du wolltest das Fest der Freude und der fröhlichen Laune mitten in jener Fastenzeit feiern, die man Leben nennt. Darum soll Schimpf und Schande dein Los sein, bis du dich besserst."

Aber er hatte sich gebessert, und Frau Fastenzeit hatte ihn beschützt. Er hatte nicht weiter als bis in die große Handelsstadt fliehen müssen, denn er wurde gar nicht verfolgt. Und dort im Arbeiterviertel hatte Frau Fastenzeit ihre sichre Wohnstatt. Peter Nord wurde Arbeiter in einer Fabrik. Er wurde stark und energisch. Er wurde ernst und sparsam. Er hatte schmucke Sonntagskleider, er erwarb sich einige Kenntnisse, er lieh sich Bücher aus und ging zu Vorträgen. Eigentlich war von dem kleinen Peter Nord nichts mehr übrig als das flachsblonde Haar und die braunen Augen.