Friedrich Schiller


Kabale und Liebe



Ein bürgerliches Trauerspiel

Impressum



Klassiker als ebook herausgegeben bei RUTHeBooks, 2016


ISBN: 978-3-945667-01-9


Für Fragen und Anregungen: info@ruthebooks.de


RUTHeBooks
Am Kirchplatz 7
D 82340 Feldafing
Tel. +49 (0) 8157 9266 280
FAX: +49 (0) 8157 9266 282
info@ruthebooks.de
www.ruthebooks.de

 

 

Inhalt



Personen

Erster Akt

Erste Szene
Zweite Szene
Dritte Szene
Vierte Szene
Fünfte Szene
Sechste Szene
Siebente Szene

Zweiter Akt

Erste Szene
Zweite Szene
Dritte Szene
Vierte Szene
Fünfte Szene
Sechste Szene
Siebente Szene

Dritter Akt

Erste Szene
Zweite Szene
Dritte Szene
Vierte Szene
Fünfte Szene
Sechste Szene

Vierter Akt

Erste Szene
Zweite Szene
Dritte Szene
Vierte Szene
Fünfte Szene
Sechste Szene
Siebente Szene
Achte Szene
Neunte Szene

Fünfter Akt

Erste Szene
Zweite Szene
Dritte Szene
Vierte Szene
Fünfte Szene
Sechste Szene
Siebente Szene
Letzte Szene

 

 

Personen



Präsident von Walter, am Hof eines deutschen Fürsten

Ferdinand, sein Sohn, Major

Hofmarschall von Kalb

Lady Milford, Favoritin des Fürsten

Sekretär Wurm, Haussekretär des Präsidenten

Miller, Stadtmusikant oder, wie man sie an einigen Orten nennt, Kunstpfeifer

dessen Frau

Luise, dessen Tochter

Sophie, Kammerjungfer der Lady

ein Kammerdiener des Fürsten

verschiedene Nebenpersonen

Letzte Szene




Ferdinand - der Präsident - Sekretär Wurm und Bediente, welche alle voll Schrecken ins Zimmer stürzen; darauf Miller mit Volk und Gerichtsdienern, welche sich im Hintergrund sammeln


Präsident den Brief in der Hand:

Sohn, was ist das? Ich will doch nimmermehr glauben.

Ferdinand wirft ihm das Glas vor die Füße:

So sieh, Mörder!

Präsident taumelt hinter sich - alle erstarren - eine schreckhafte Pause:

Mein Sohn, warum hast du mir das gethan?

Ferdinand ohne ihn anzusehen:

O ja freilich! Ich hätte den Staatsmann erst hören sollen, ob der Streich auch zu seinen Karten passe? Fein und bewundernswerth, ich gesteh's, war die Finte, den Bund unsrer Herzen zu zerreißen durch Eifersucht. Die Rechnung hatte ein Meister gemacht, aber Schade nur, daß die zürnende Liebe dem Draht nicht so gehorsam blieb wie deine hölzerne Puppe.

Präsident sucht mit verdrehten Augen im ganzen Kreise herum:

Ist hier Niemand, der um einen trostlosen Vater weint?

Miller hinter der Szene rufend:

Laßt mich hinein! Um Gottes willen! Laßt mich!

Ferdinand:

Das Mädchen ist eine Heilige, für sie muß ein Anderer rechten.

Er öffnet Millern die Thüre, der mit Volk und Gerichtsdienern hineinstürzt

Miller in der fürchterlichsten Angst:

Mein Kind! Mein Kind! Gift, Gift, schreit man, sei hier genommen worden; Meine Tochter! Wo bist du?

Ferdinand führt ihn zwischen den Präsident und Luisens Leiche:

Ich bin unschuldig. Danke Diesem hier.

Miller fällt an ihr zu Boden:

O Jesus!

Ferdinand:

In wenig Worten, Vater. Sie fangen an mir kostbar zu werden. Ich bin bübisch um mein Leben bestohlen, bestohlen durch Sie. Wie ich mit Gott stehe, zittre ich, doch ein Bösewicht bin ich niemals gewesen. Mein ewiges Loos falle, wie es will, auf Sie fall' es nicht. Aber ich hab' einen Mord begangen, mit furchtbar erhobener Stimme einen Mord, den du mir nicht zumuthen wirst, allein vor den Richter der Welt hinzuschleppen. Feierlich wälz' ich dir hier die größte, gräßlichste Hälfte zu; wie du damit zurecht kommen magst, siehe du selber. Ihn zu Luisen hinführend Hier, Barbar! Weide dich an der entsetzlichen Frucht deines Witzes, auf dieses Gesicht ist mit Verzerrungen dein Name geschrieben, und die Würgengel werden ihn lesen. Eine Gestalt wie diese ziehe den Vorhang von deinem Bette, wenn du schläfst, und gebe dir ihre eiskalte Hand. Eine Gestalt wie diese stehe vor deiner Seele, wenn du stirbst, und dränge dein letztes Gebet weg. Eine Gestalt wie diese stehe auf deinem Grabe, wenn du auferstehst und neben Gott, wenn er dich richtet.

Er wird ohnmächtig - Bediente halten ihn

Präsident eine schreckliche Bewegung des Arms gegen den Himmel:

Von mir nicht, von mir nicht, Richter der Welt, fordre diese Seelen, von Diesem!

Er geht auf Wurm zu

Sekretär Wurm auffahrend:

Von mir?

Präsident:

Verfluchter, von dir! Von dir, Satan! Du, du gabst den Schlangenrath. Über dich die Verantwortung, ich wasche die Hände.

Sekretär Wurm:

Über mich? Er fängt gräßlich an zu lachen Lustig! Lustig! So weiß ich doch nun auch, auf was Art sich die Teufel danken. Über mich, dummer Bösewicht? War es mein Sohn? War ich dein Gebieter? Über mich die Verantwortung? Ha! bei diesem Anblick, der alles Mark in meinen Gebeinen erkältet! Über mich soll sie kommen! Jetzt will ich verloren sein, aber du sollst es mit mir sein. Auf! Auf! Ruft Mord durch die Gassen! Weckt die Justiz auf! Gerichtsdiener, bindet mich! Führt mich von hinnen! Ich will Geheimnisse aufdecken, daß Denen, die sie hören, die Haut schauern soll.

Will gehen

Präsident hält ihn:

Du wirst doch nicht, Rasender?

Sekretär Wurm klopft ihn auf die Schulter:

Ich werde, Kamerad! Ich werde! Rasend bin ich, das ist wahr, das ist dein Werk, so will ich auch jetzt handeln wie ein Rasender, Arm in Arm mit dir zum Blutgerüst! Arm in Arm mit dir zur Hölle! Es soll mich kitzeln, Bube, mit dir verdammt zu sein!

Er wird abgeführt

Miller der die ganze Zeit über, den Kopf in Luisens Schooß gesunken, in stummem Schmerz gelegen hat, steht schnell auf und wirft dem Major die Börse vor die Füße:

Giftmischer! Behalt dein verfluchtes Gold! Wolltest du mir mein Kind damit abkaufen?

Er stürzt aus dem Zimmer

Ferdinand mit brechender Stimme:

Geht ihm nach! Er verzweifelt. Das Geld hier soll man ihm retten. Es ist meine fürchterliche Erkenntlichkeit. Luise! Luise! Ich komme. Lebt wohl. Laßt mich an diesem Altar verscheiden.

Präsident aus einer dumpfen Betäubung zu seinem Sohn:

Sohn Ferdinand! Soll kein Blick mehr auf einen zerschmetterten Vater fallen?

Der Major wird neben Luisen niedergelassen

Ferdinand:

Gott dem Erbarmenden gehört dieser letzte.

Präsident in der schrecklichsten Qual vor ihm niederfallend:

Geschöpf und Schöpfer verlassen mich. Soll kein Blick mehr zu meiner letzten Erquickung fallen?

Ferdinand reicht ihm seine sterbende Hand

Präsident steht schnell auf:

Er vergab mir!

zu den Andern

Jetzt euer Gefangener!

Er geht ab, Gerichtsdiener folgen ihm, der Vorhang fällt




Erster Akt

Erste Szene



Zimmer beim Musikus

Miller steht eben vom Sessel auf und stellt sein Violoncell auf die Seite - An einem Tisch sitzt Frau Millerin noch im Nachtgewand und trinkt ihren Kaffee


Miller schnell auf- und abgehend:

Einmal für allemal! Der Handel wird ernsthaft. Meine Tochter kommt mit dem Baron ins Geschrei. Mein Haus wird verrufen. Der Präsident bekommt Wind, und kurz und gut, ich biete dem Junker aus.

Frau:

Du hast ihn nicht in dein Haus geschwatzt; hast ihm deine Tochter nicht nachgeworfen.

Miller:

Hab' ihn nicht in mein Haus geschwatzt; hab' ihm 's Mädel nicht nachgeworfen; wer nimmt Notiz davon? Ich war Herr im Haus. Ich hätt' meine Tochter mehr coram nehmen sollen. Ich hätt' dem Major besser auftrumpfen sollen oder hätt' gleich Alles Seiner Excellenz, dem Herrn Papa, stecken sollen. Der junge Baron bringt's mit einem Wischer hinaus, das muß ich wissen, und alles Wetter kommt über den Geiger.

Frau schlürft eine Tasse aus:

Possen! Geschwätz! Was kann über dich kommen? Wer kann dir was anhaben? Du gehst deiner Profession nach und raffst Scholaren zusammen, wo sie zu kriegen sind.

Miller:

Aber, sag mir doch, was wird bei dem ganzen Commerz auch herauskommen? Nehmen kann er das Mädel nicht; Vom Nehmen ist gar die Rede nicht, und zu einer daß Gott erbarm? Guten Morgen! Gott, wenn so ein Musje von sich da und dort, und dort und hier schon herumbeholfen hat, wenn er, der Henker weiß! was als? gelöst hat, schmeckt's meinem guten Schlucker freilich, einmal auf süß Wasser zu graben. Gib du Acht! gib du Acht! und wenn du aus jedem Astloch ein Auge strecktest und vor jedem Blutstropfen Schildwache ständest, er wird sie, dir auf der Nase, beschwatzen, dem Mädel Eins hinsetzen und führt sich ab, und das Mädel ist verschimpfiert auf ihr Lebenlang, bleibt sitzen, oder hat's Handwerk verschmeckt, treibt's fort.

Die Hand vor der Stirn Jesus Christus!

Frau:

Gott behüt' uns in Gnaden!

Miller:

Es hat sich zu behüten. Worauf kann so ein Windfuß wohl sonst sein Absehen richten? Das Mädel ist schön, schlank, führt seinen netten Fuß. Unterm Dach mag's aussehen, wie's will. Darüber guckt man bei euch Weibsleuten weg, wenn's nur der liebe Gott parterre nicht hat fehlen lassen. Stöbert mein Springinsfeld erst noch dieses Kapital aus; he da! geht ihm ein Licht auf, wie meinem Rodney, wenn er die Witterung eines Franzosen kriegt, und nun müssen alle Segel dran, und drauf los, und ich verdenk's ihm gar nicht. Mensch ist Mensch. Das muß ich wissen.

Frau:

Solltest nur die wunderhübsche Billeter auch lesen, die der gnädige Herr an deine Tochter als schreiben thut. Guter Gott! da sieht man's ja sonnenklar, wie es ihm pur um ihre schöne Seele zu thun ist.

Miller:

Das ist die rechte Höhe. Auf den Sack schlägt man, den Esel meint man. Wer einen Gruß an das liebe Fleisch zu bestellen hat, darf nur das gute Herz Boten gehen lassen. Wie hab' ich's gemacht? Hat man's nur erst so weit im Reinen, daß die Gemüther topp machen, wutsch! nehmen die Körper ein Exempel; das Gesind macht's der Herrschaft nach, und der silberne Mond ist am End nur der Kuppler gewesen.

Frau:

Sieh doch nur erst die prächtigen Bücher an, die der Herr Major ins Haus geschafft haben. Deine Tochter betet auch immer draus.

Miller pfeift:

Hui da! Betet! Du hast den Witz davon. Die rohen Kraftbrühen der Natur sind Ihro Gnaden zartem Makronenmagen noch zu hart. Er muß sie erst in der höllischen Pestilenzküche der Belletristen künstlich aufkochen lassen. Ins Feuer mit dem Quark. Da saugt mir das Mädel, weiß Gott, was als für? ... überhimmlische Alfanzereien ein, das läuft dann wie spanische Mucken ins Blut und wirft mir die Handvoll Christenthum noch gar auseinander, die der Vater mit knapper Noth soso noch zusammenhielt. Ins Feuer, sag' ich. Das Mädel setzt sich alles Teufelsgezeug in den Kopf; über all dem Herumschwänzen in der Schlaraffenwelt findet's zuletzt seine Heimath nicht mehr, vergißt, schämt sich, daß sein Vater Miller der Geiger ist, und verschlägt mir am End einen wackern ehrbaren Schwiegersohn, der sich so warm in meine Kundschaft hineingesetzt hätte. Nein! Gott verdamm mich! Er springt auf, hitzig Gleich muß die Pastete auf den Herd, und dem Major; ja ja, dem Major will ich weisen, wo Meister Zimmermann das Loch gemacht hat.

Er will fort

Frau:

Sei artig, Miller. Wie manchen schönen Groschen haben uns nur die Präsenter

Miller kommt zurück und bleibt vor ihr stehen:

Das Blutgeld meiner Tochter? Schier dich zum Satan, infame Kupplerin! Eh will ich mit meiner Geig' auf den Bettel herumziehen und das Concert um was Warmes geben; eh will ich mein Violoncello zerschlagen und Mist im Sonanzboden führen, eh ich mir's schmecken lass' von dem Geld, das mein einziges Kind mit Seel' und Seligkeit abverdient. Stell den vermaledeiten Kaffee ein und das Tobackschnupfen, so brauchst du deiner Tochter Gesicht nicht zu Markt zu treiben. Ich hab mich satt gefressen und immer ein gutes Hemd auf dem Leib gehabt, eh so ein vertrackter Tausendsasa in meine Stube geschmeckt hat.

Frau:

Nur nicht gleich mit der Thür ins Haus! Wie du doch den Augenblick in Feuer und Flammen stehst! Ich sprech ja nur, man müss' den Herrn Major nicht disguschthüren, weil Sie des Präsidenten Sohn sind.

Miller:

Da liegt der Haas im Pfeffer. Darum, just eben darum muß die Sach noch heut auseinander. Der Präsident muß es mir Dank wissen, wenn er ein rechtschaffener Vater ist. Du wirst mir meinen rothen plüschenen Rock ausbürsten, und ich werde mich bei Seiner Excellenz anmelden lassen. Ich werde sprechen zu seiner Excellenz: Dero Herr Sohn haben ein Aug auf meine Tochter; meine Tochter ist zu schlecht zu Dero Herrn Sohnes Frau, aber zu Dero Herrn Sohnes Hure ist meine Tochter zu kostbar, und damit basta! Ich heiße Miller.

Zweite Szene



Sekretär Wurm - die Vorigen


Frau:

Ah guten Morgen, Herr Sekertare! Hat man auch einmal wieder das Vergnügen von Ihnen?

Sekretär Wurm:

Meinerseits, meinerseits, Frau Base! Wo eine Cavaliersgnade einspricht, kommt mein bürgerliches Vergnügen in gar keine Rechnung.

Frau:

Was Sie nicht sagen, Herr Sekertare! Des Herrn Majors von Walter hohe Gnaden machen uns wohl je und je das Bläsier; doch verachten wir darum Niemand.

Miller verdrießlich:

Dem Herrn einen Sessel, Frau. Wollen's ablegen, Herr Landsmann?

Sekretär Wurm legt Hut und Stock weg, setzt sich:

Nun! nun! und wie befindet sich denn meine Zukünftige oder Gewesene? Ich will doch nicht hoffen; kriegt man sie nicht zu sehen; Mamsell Luisen?

Frau:

Danken der Nachfrage, Herr Sekertare. Aber meine Tochter ist doch gar nicht hochmüthig.

Millerärgerlich, stößt sie mit dem Ellenbogen:

Weib!

Frau:

Bedauern's nur, daß sie die Ehre nicht haben kann vom Herrn Sekertare. Sie ist eben in der Meß, meine Tochter.

Sekretär Wurm:

Das freut mich, freut mich. Ich werd' mal eine fromme, christliche Frau an ihr haben.

Frau lächelt dumm-vornehm:

Ja ... aber, Herr Sekertare

Miller in sichtbarer Verlegenheit, kneipt sie in die Ohren:

Weib!

Frau:

Wenn Ihnen unser Haus sonst irgend wo dienen kann; mit allem Vergnügen, Herr

Sekretär Wurm macht falsche Augen:

Sonst irgendwo! Schönen Dank! Schönen Dank! Hem! hem! hem!

Frau:

Aber ...wie der Herr Sekertare selber die Einsicht werden haben.

Miller voll Zorn seine Frau vor den Hintern stoßend:

Weib!

Frau:

Gut ist gut, und besser ist besser, und einem einzigen Kind mag man doch auch nicht vor seinem Glück sein. Bäurisch-stolz Sie werden mich ja doch wohl merken, Herr Sekertare?

Sekretär Wurm rückt unruhig im Sessel, kratzt hinter den Ohren und zupft an Manschetten und Jabot:

Merken? Nicht doch ... O ja ... Wie meinen Sie denn?

Frau:

Nu ... nu ... ich dächte nur ; ich meine, hustet weil eben halt der liebe Gott meine Tochter barrdu zur gnädigen Madam will haben ...

Sekretär Wurm fährt vom Stuhl:

Was sagen Sie da? Was?

Miller:

Bleiben sitzen! Bleiben sitzen, Herr Secretarius! Das Weib ist eine alberne Gans. Wo soll eine gnädige Madam herkommen? Was für ein Esel streckt sein Langohr aus diesem Geschwätze?

Frau:

Schmähl du, so lang du willst. Was ich weiß, weiß ich und was der Herr Major gesagt hat, das hat er gesagt.

Miller aufgebracht, springt nach der Geige:

Willst du dein Maul halten? Willst du das Violoncell am Hirnkasten wissen? Was kannst du wissen? Was kann er gesagt haben? Kehren sich an das Geklatsch nicht, Herr Vetter; Marsch du, in deine Küche! Werden mich doch nicht für des Dummkopfs leiblichen Schwager halten, daß ich oben aus woll' mit dem Mädel? Werden doch das nicht von mir denken, Herr Secretarius?

Sekretär Wurm:

Auch hab' ich es nicht um Sie verdient, Herr Musikmeister. Sie haben mich jederzeit den Mann von Wort sehen lassen und meine Ansprüche auf Ihre Tochter waren so gut als unterschrieben. Ich habe ein Amt, das seinen guten Haushälter nähren kann; der Präsident ist mir gewogen; an Empfehlungen kann's nicht fehlen, wenn ich mich höher poussieren will. Sie sehen, daß meine Absichten auf Mamsell Luisen ernsthaft sind, wenn Sie vielleicht von einem adeligen Windbeutel herumgeholt

Frau:

Herr Sekertare Wurm! Mehr Respect, wenn man bitten darf

Miller:

Halt du dein Maul, sag' ich ... Lassen Sie es gut sein, Herr Vetter! Es bleibt beim Alten. Was ich Ihnen verwichenen Herbst zum Bescheid gab, bring' ich heut wieder. Ich zwinge meine Tochter nicht. Stehen Sie ihr an; wohl und gut, so mag sie zusehen, wie sie glücklich mit Ihnen wird. Schüttelt sie den Kopf, noch besser, in Gottes Namen wollt' ich sagen; so stecken Sie den Korb ein und trinken eine Bouteille mit dem Vater. Das Mädel muß mit Ihnen leben; ich nicht. Warum soll ich ihr einen Mann, den sie nicht schmecken kann, aus purem klarem Eigensinn an den Hals werfen? Daß mich der böse Feind in meinen eisgrauen Tagen noch wie sein Wildpret herumhetzt, daß ich's in jedem Glas Wein zu saufen; in jeder Suppe zu fressen kriege: Du bist der Spitzbube, der sein Kind ruiniert hat.

Frau:

Und kurz und gut; ich geb meinen Consenz absolut nicht; meine Tochter ist zu was Hohem gemünzt, und ich lauf' in die Gerichte, wenn mein Mann sich beschwatzen läßt.

Miller:

Willst du Arm und Bein entzwei haben, Wettermaul?

Sekretär Wurm zu Millern:

Ein väterlicher Rath vermag bei der Tochter viel, und hoffentlich werden Sie mich kennen, Herr Miller?

Miller:

Daß dich alle Hagel! 's Mädel muß Sie kennen. Was ich alter Knasterbart an Ihnen abgucke, ist just kein Fressen fürs junge naschhafte Mädel. Ich will Ihnen aufs Haar hin sagen, ob Sie ein Mann fürs Orchester sind; aber eine Weiberseel' ist auch für einen Kapellmeister zu spitzig. Und dann von der Brust weg, Herr Vetter; ich bin halt ein plumper gerader deutscher Kerl, für meinen Rath würden Sie sich zuletzt wenig bedanken. Ich rathe meiner Tochter zu Keinem, aber Sie mißrath ich meiner Tochter, Herr Secretarius! Lassen mich ausreden. Einem Liebhaber, der den Vater zu Hilfe ruft, trau' ich, erlauben Sie, keine hohle Haselnuß zu. Ist er was, so wird er sich schämen, seine Talente durch diesen altmodischen Kanal vor seine Liebste zu bringen. Hat er's Courage nicht, so ist er ein Hasenfuß, und für den sind keine Luisen gewachsen. Da! hinter dem Rücken des Vaters muß er sein Gewerb an die Tochter bestellen. Machen muß er, daß das Mädel lieber Vater und Mutter zum Teufel wünscht, als ihn fahren läßt, oder selber kommt, dem Vater zu Füßen sich wirft und sich um Gotteswillen den schwarzen gelben Tod oder den Herzeinigen ausbittet. Das nenn' ich einen Kerl! das heißt lieben! Und wer's bei dem Weibsvolk nicht so weit bringt, der soll, auf seinem Gänsekiel reiten.

Sekretär Wurm greift nach Hut und Stock und zum Zimmer hinaus:

Obligation, Herr Miller!

Miller geht ihm langsam nach:

Für was? für was? Haben Sie ja doch nichts genossen, Herr Secretarius! Zurückkommend Nichts hört er, und hin zieht er. Ist mir's doch wie Gift und Operment, wenn ich den Federfuchser zu Gesichte krieg'. Ein confiscierter widriger Kerl, als hätt' ihn irgend ein Schleichhändler in die Welt meines Herrgotts hineingeschachert. Die kleinen tückischen Mausaugen, die Haare brandroth; das Kinn herausgequollen, gerade als wenn die Natur für purem Gift über das verhunzte Stück Arbeit meinen Schlingel da angefaßt und in irgend eine Ecke geworfen hätte. Nein! eh ich meine Tochter an so einen Schuft wegwerfe, lieber soll sie mir; Gott verzeih mir's.

Frau spuckt aus, giftig:

Der Hund! Aber man wird dir's Maul sauber halten!

Miller: