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Cover

Vorwort

Stellaris 31

Vorwort

»Der Ewige Welpe« von Michelle Stern

Stellaris 32

Vorwort

»Hüllen« von Dietmar Schmidt

Stellaris 33

Vorwort

»Lykk« von Wim Vandemaan

Stellaris 34

Vorwort

»Ein Missetäter der übelsten Sorte« von Miriam Pharo

Stellaris 35

Vorwort

»Virelli« von Roman Schneifer

Stellaris 36

Vorwort

»Migräne« von Andreas Suchanek

Stellaris 37

Vorwort

»Eine Frage des Instinkts« von Roman Schleifer

Stellaris 38

Vorwort

»Exo-Progressionen« von Michael Marrak

Stellaris 39

Vorwort

»Carusos Stimme« von Sophie Kasper & Wim Vandemaan

Stellaris 40

Vorwort

»Die Zuverlässigkeit aus Stahl« von Michael G. Rosenberg

Impressum

 

Das Raumschiff STELLARIS lädt ein zu einer besonderen Reise in das Perryversum

 

Die STELLARIS ist ein besonderes Raumschiff: Seit vielen Jahren reist sie durch das Universum der PERRY RHODAN-Serie, bemannt von einer wechselnden Besatzung, unter wechselnder Leitung und mit wechselnden Zielen. Die Abenteuer, die ihre Besatzung und Passagiere erleben, sind Thema zahlreicher Geschichten ...

Unterschiedliche Autoren verfassten die Kurzgeschichten rings um das Raumschiff STELLARIS. Sie werden seit Jahren regelmäßig im Mittelteil der PERRY RHODAN-Hefte veröffentlicht – hier präsentieren wir die Folgen 31 bis 40 in einer Sammlung.

Mit dabei sind Kurzgeschichten von Michelle Stern, Dietmar Schmidt, Wim Vandemaan, Miriam Pharo, Roman Schleifer, Andreas Suchanek, Michael Marrak, Sophie Kasper und Michael G. Rosenberg. Zu lesen gibt es humoristische Geschichten, Krimis und phantasievolle Reisen durch die unbekannten Gebiete der heimatlichen Milchstraße …

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Folge 31: »Der Ewige Welpe« von Michelle Stern

 

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Titelillustration: Till Mantel von der Alligator Farm,

Herausgeber des PERRY RHODAN-Comics

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Liebe Leserinnen und Leser,

 

die STELLARIS ist ein Frachter der Minerva-Klasse, eines von vielen Millionen Raumschiffen, die zwischen den Welten der Milchstraße verkehren.

Mit ihrem Rumpfdurchmesser von 200 Metern und einem Volumen von annähernd fünf Millionen Kubikmetern ist die STELLARIS eine Welt für sich. Sie befördert Passagiere ebenso wie Handelsgüter. Ihre Kapitänin: Sourou Gashi.

Etwas mehr als 200 Besatzungsmitglieder bevölkern derzeit die STELLARIS, um in drei Schichten die Raumtüchtigkeit des Schiffs jederzeit und unter allen Umständen zu gewährleisten. Zu viele? Könnte man nicht eine Menge Arbeit den Robotern und Schiffshirnen überlassen?

Wenn der Schiffsbetrieb auch meist Routine ist, weiß doch jeder Raumfahrer: Raumfahrt wird niemals ganz zur Gewohnheit. Dazu ist das Weltall ein zu wunderbarer Ort.

In der folgenden Geschichte kommt die STELLARIS buchstäblich auf den Hund. Mit ihrer Story »Der Ewige Welpe« trägt sich eine junge Autorin ins Logbuch des Schiffes ein, deren Beiträge zum (NEO-)Perryversum bereits mehrfach die Leser begeistert haben: »Geteilte Unsterblichkeit«, das PERRY RHODAN EXTRA 13, »Geheimplan Quinto-Center«, der dritte Band der ATLAN-Trilogie, »Sternensplitter«, und PERRY RHODAN NEO 18, »Der erste Thort«.

 

Zu den Sternen!

Euer

Hartmut Kasper

Folge 31

Der Ewige Welpe

von Michelle Stern

 

Sourou Gashi streckte genüsslich die Beine aus und lehnte sich im Konturensessel ihres Wohnbereichs zurück. Ihr gegenüber saß ihre Stellvertreterin Bifonia Glaud und hob eine leere Flasche vom Tisch. »Oh je«, sagte Bifonia. »Das war's mit dem guten Zeug. Das Beste, was Karidus zu bieten hat. Neben den Männern.«

Sourou grinste, ihr Kopf fühlte sich angenehm schwer an. Der Karidus-Wein war über viele Lichtjahre hinweg das begehrteste Getränk und tatsächlich das Einzige, wofür der Hinterwäldlerplanet Karidus berühmt geworden war.

Wenn man von den häufigen Regierungsumstürzen absah.

Vergnügt hob Sourou das Glas und betrachtete die bernsteinfarbene Flüssigkeit mit den grünen Schlieren. »Zu schade, dass der junge Darrik geflohen ist.« Sie kicherte. Der Wein lockerte die Zunge und das Zwerchfell. »Den hätte ich gern mal als Passagier mitgenommen.«

Bifonia stellte die Flasche mit einem wehmütigen Blick ab. »Da wäre ich dabei gewesen. Ich verstehe einfach nicht, warum niemand Darrik unterstützt hat. Das wäre endlich ein Regierungsoberhaupt mit neuen Ideen geworden. Nicht wie die verknöcherten alten Sesselwärmer dieser Magis-Dynastie. Wusstest du, dass es der achte Regierungsumsturz in den letzten einhundert Jahren war? Die Magis schaffen es immer wieder, das Parlament unter ihre Kontrolle zu bringen.«

»Mhm«, machte Sourou wenig geistreich. In Gedanken war sie bei dem jungen Politiker mit den kastanienbraunen Haaren und dem feurigen Blick, dessen Bild derzeit durch alle planetaren Netze ging. Da konnte so mancher Kalif kaum mithalten.

Aber eben nur kaum.

Bifonia stand auf. »Ich muss dann. Die Schicht ruft. Weißt du was über den Neuen?«

»Frank Egorius Tan.« Sourou ließ den Namen auf der Zunge zergehen. »Mit dem wirst du noch deinen Spaß haben. Soweit ich informiert bin, ein ehemaliger Raumsoldat. Pessimistisch und misstrauisch bis hin zum Verfolgungswahn. Deswegen wollten sie ihn wohl nicht mehr haben.«

»Du übertreibst.« Mit zusammengezogenen Brauen blickte Bifonia auf Sourou hinab. »Ich werde ihm eine faire Chance geben, sich an Bord einzuleben und wohlzufühlen.«

»Natürlich. Du machst das schon.« In Gedanken war Sourou beim Wein. Das Wissen, zwei ganze Frachträume voll des köstlichen Tropfens geladen zu haben, wärmte ihr die Wangen.

Bifonia legte den Kopf schief. »Du solltest dir vor deiner Schicht nicht mehr zu viel gönnen. Mit deinem Gesicht könnte man die Notbeleuchtung ersetzen. Das Zeug scheint dir zu Kopf zu steigen.« Sourou grinste. »Aye, Ma'am«, sagte sie ironisch, während sie wieder an den Ex-Soldaten Tan dachte. »Ich werde meine Pflicht gewissenhaft erfüllen.«

 

*

 

Frank Egorius Tan betrachtete sich flüchtig im Reflektor seines Multikoms. Sein Holo sah passabel aus. Die schwarzen Haare lagen ordentlich an, der Anzug saß, die Stiefel waren geputzt. So konnte er sich in der Zentrale melden. Routiniert berührte er ein Sensorfeld am Kom-Armband. Aus einem fingernagelgroßen Fach rollte ein winziges Kügelchen heraus, das er auf seine Handfläche fallen ließ und zum Mund führte. Es handelte sich um ein swoonsches Natur-Präparat, auf das sein Großonkel Dittmar schwor und das Frank bislang jede Nervosität genommen hatte.

Das Schott glitt auf; mit ernstem Gesicht und selbstsicheren Schritten betrat er sein neues Arbeitsreich. Als Funker hatte er bereits auf Militärschiffen Erfahrung gesammelt und war sicher, einen guten Job machen zu können.

Er näherte sich Bifonia Glaud, der stellvertretenden Kapitänin. In der Zentrale saß bereits jeder an seinem Platz.

Es wunderte Frank, dass sich niemand zu ihm drehte.

»Guten Morgen«, sagte er und ging auf die Funkstation zu.

»Guten Morgen«, kam es aus verschiedenen Richtungen fröhlich zurück, doch irgendwie ohne rechtes Interesse.

Irritiert trat Frank an seinen Arbeitsplatz heran, als er das leere Körbchen entdeckte. Es stand mitten auf dem Sessel. Ein Hundekörbchen, wie es seine selige Mutter glücklich gemacht hätte, mit rosa Flausch und hellblauem Plüsch mit aufgedruckten lilafarbenen Pfotenabdrücken. Die unzumutbare Farbzusammenstellung ließ ihn blinzeln. Einen Moment starrte Frank das Körbchen einfach nur an; er kämpfte um Fassung.

»Ich verstehe«, sagte er steif. »Ein Scherz für Neuankömmlinge, was? So ein Zivilisten-Ding. Haha!« Keiner lachte. Bifonia Glaud drehte sich zu ihm um, ihr Blick schien durch ihn hindurchzugehen. »Dein Platz ist leider schon belegt, Tan. Nicht so schlimm, oder?«

Frank erstarrte. Glaud hielt einen Welpen in den Armen. Das Tier maß nicht mehr als dreißig Zentimeter. Es erinnerte ihn an eine terranische Beagle-Nachzucht, zweifarbig, Alter höchstens elf Wochen. Riesige schwarze Augen blickten ihn über eine blassroséfarbene Nase treuherzig an.

»Was soll das heißen, mein Platz ist schon belegt?« Konsterniert berührte er sein Multikom, als könnte es ihm Halt geben.

Bifonia Glaud lächelte. »Das ist Cooper Lees Platz. Wir wollten ihm einen anderen Platz geben, aber es stellte sich heraus, dass dieser Kontursessel einfach die perfekte Position hat. Es zieht nicht von der Lüftungsanlage her, bei der Temperaturregulierung liegt dieser Punkt abseits der Kühlschneise, und man kann die meisten Bildschirme der Mitarbeiter bequem einsehen. Außerdem liegt er optimal zwischen allen anderen Arbeitsplätzen, sodass jeder in einer freien Minute Cooper Lee streicheln kann, wenn er schläft und dabei unruhig wird. Wir haben in der letzten halben Stunde einen Rotationsplan erstellt. Möchtest du dich eintragen?«

»Also ...« Frank fehlten die Worte. Er hasste Hunde. Seine Eltern hatten verschiedene Rassen gezüchtet. Ihre Wohnung auf Ferrol hatte mehr bewegliche Hunde-Holos besessen als Bilder von ihm und seiner Schwester Tiffany.

Besonders gegen Beagles hegte Frank einen unterschwelligen Groll, weil seine Mutter die Hunde immer den eigenen Kindern vorgezogen hatte. Seine Hand berührte flüchtig den Magen in Erinnerung an ein Geschwür, an dem er mit sechzehn Jahren gelitten hatte.

Frank sammelte sich. Die alte Wut half ihm, die stellvertretende Kapitänin streng anzusehen. »Bifonia Glaud, du kannst nicht mit einem Hund auf dem Arm ein Schiff führen.«

»Warum nicht? Wir haben Sprachsteuerung.«

»Aber ...« Das Gefühl, gegen eine Wand zu laufen, breitete sich wie ein dumpfer Schmerz in Franks Körper aus. Er senkte die Stimme, weil es ihm peinlich war, dass ausgerechnet er – der Neue – die stellvertretende Kommandantin zur Räson bringen musste. »Das ist gegen jede Vorschrift. Ein Tier hat in einer Zentrale nichts verloren. Schon gar nicht auf einem Arbeitsplatz, auf dem sein Körbchen abgestellt wird.«

Bifonia Glaud hob den Welpen hoch. Das Tier starrte Frank aus großen schwarzen Knopfaugen an. Die langen cremefarbenen Ohren rahmten ein Gesicht, das niedlicher nicht hätte aussehen können und ganze Kinderscharen zu Quietschausbrüchen bewegt hätte. »Magst du etwa keine Hunde?«, fragte sie.

»Nein, Madam, wenn ich ehrlich bin, nicht.«

Glauds Lächeln wurde breiter. »Ich verstehe. Es geht also um eine persönliche Animosität unter Kollegen. Aber Lee war zuerst da. Was hältst du davon, wenn du dir freinimmst?«

»Freinehmen? Das ist mein erster Tag!«

»Na eben. Geh es locker an.« Bifonias Kopf wies zur Tür. »Husch, husch.«

Wortlos drehte sich Frank um und verließ die Zentrale. Das konnte er nicht hinnehmen. Wenn das ein Scherz sein sollte, ging er zu weit. Auch auf einem zivilen Schiff sollte ein gewisser Anstand auf der Tagesordnung stehen.

Verärgert nahm Frank den direkten Weg zu Sourou Gashi. Zu seiner Erleichterung musste er keinen Termin vereinbaren, die Kommandantin ließ ihn in ihren persönlichen Arbeitsraum eintreten. Ihre Bewegungen wirkten im Gegensatz zu ihrem Erstgespräch verlangsamt, sie schwankte kaum merklich, als sie sich setzte.

»Frank Egorius Tan«, sagte sie überrascht. »Solltest du nicht in der Zentrale sein?«

»Madam Kapitänin, ich muss einen Vorfall melden. In der Zentrale befindet sich ein Hund, der meinen Arbeitsplatz besetzt. Ich nehme an, dies ist ein Scherz, und möchte dich bitten, das zu unterbinden.«

Die Kommandantin runzelte die Stirn. »Ein Hund? Das wäre neu. Bist du sicher, dass es kein gregorisches Huftier ist?«

Frank schwieg verunsichert. Sollte das ein Witz sein, oder wurden Neulingen üblicherweise Huftiere vorgesetzt?

Gashi schüttelte den Kopf. »Ich seh's mir an.« Sie fand zu ihrer alten Beweglichkeit zurück, zog ihre Dienstkleidung zurecht und begleitete ihn zur Zentrale.

Angespannt hielt Frank den Atem an. Sein Platz war frei, Bifonia Glaud stand zwei Schritte entfernt an einem Terminal und schien in ihre Arbeit vertieft. Sie blieb von ihnen abgewandt stehen. War es also tatsächlich ein Spaß, der ihn vor der Kommandantin hatte bloßstellen sollen? Frank spürte das Brennen seiner Wangen. Er musste etwas sagen, um nicht als Lügner und Querulant dazustehen. »Madam Kapitänin, ich versichere dir ...«

Gashi schnitt ihm mit einer harschen Geste das Wort ab. »Bifonia, was geht vor?«

Bifonia Glaud drehte sich lächelnd zu ihnen um. Frank erstarrte. Sie hielt das Untier auf den Armen. »Dal«, stieß er hervor. »Dieser Hund besetzt meinen Platz.«

Gashi trat vor und legte ihre Hand zärtlich unter das Hundemäulchen. Sie sah den Welpen an und wirkte dabei abwesend. Verklärt meinte sie: »Natürlich besetzt der Welpe deinen Platz. Dieser Platz hat die perfekte Position. Er ist zentral, es zieht nicht von der Anlage her, bei der Temperaturregulierung liegt dieser Punkt abseits der Kühlschneise, und man kann die meisten Bildschirme einsehen.«

Frank öffnete die Lippen. Er wusste weder vor noch zurück. Seine Hand wanderte unbewusst zum Kügelchen-Fach an seinem Kom. Hatten die beiden Frauen sich abgesprochen? »Aber ... Madam Kapitänin, das ist ein Hund, kein Besatzungsmitglied.«

Sourou Gashi hörte ihm gar nicht mehr zu. Ihre Aufmerksamkeit war ganz auf den Welpen gerichtet. Sie streichelte die überproportional großen Tatzen, kraulte die Langöhrchen und stieß einen Entzückungslaut aus, als das Tier ein schweratmiges Geräusch von sich gab, als litte es an Asthma. »Er mag mich!«

Es wurde Frank unheimlich. Der Hund wirkte wie ein ganz normales Tier, doch was war, wenn es sich um etwas ganz anderes handelte? Einen Roboter oder eine Waffe?

Aufgeschreckt wandte er sich an Bifonia Glaud. »Hat der Hund irgendwelche ... Anweisungen gegeben?«, fragte er vorsichtig.

Bifonia hob den weißspitzigen Schwanz des Hundes an und streichelte ihn. »Mach dich nicht lächerlich, Tan. Hunde können nicht sprechen.«

»In Ordnung«, lenkte Frank ein. Was auch immer vor sich ging, es wich definitiv vom Alltag der STELLARIS ab. Er musste zum Bordarzt. Vielleicht sonderte das Tier eine Substanz ab, die Menschen beeinflusste, oder es lag eine Form von Suggestion vor.

Sonderbar war nur, dass er im Gegensatz zu den anderen dagegen immun zu sein schien. »Ich gehe dann.«

Glaud wedelte mit der Hand, als wollte sie Fliegen vertreiben. »Ja, ja. Du willst dich bestimmt auf den Landausflug vorbereiten.«

Frank zuckte im Gehen zusammen, blieb stehen und drehte sich um. Sein Herzschlag beschleunigte. »Landausflug?«, echote er alarmiert.

»Oh, hatte ich das nicht erwähnt?« Glaud blickte nach wie vor auf den Welpen, Frank würdigte sie keines Blickes. »Wir landen in drei Stunden zwischen. Dauert nicht lang. Hat sich so ergeben.«

»Wo landen wir?«

»Irgend so ein Mond. Warus oder so. Und nun geh endlich!«

Frank presste die Zähne zusammen. Das änderte alles. In der Zentrale drehte die Besatzung wegen eines Hundes durch, und das Schiff machte einen außerplanmäßigen Halt. War das eine Verschwörung? Sollte die STELLARIS gekapert werden? Er musste handeln.

Im Laufschritt erreichte Frank die Krankenstation und forderte den Bordmediker an. Zu seinem Ärger war es ein Ara; mit den Angehörigen dieses Volkes kam er nicht gut zurecht. Der leitende Mediker, ein steinalter Mann namens Pracco, bat ihn Platz zu nehmen. Auf der Haut seiner Glatze spiegelte sich das Kunstlicht. Er hatte araische Musik im Hintergrund laufen, ein Stück, das seine Klienten vermutlich beruhigen sollte, Frank aber aufgrund seiner Fremdartigkeit disharmonisch erschien.

Frank setzte sich unruhig in den Pneumosessel und schilderte die Lage. »Ich denke«, schloss er zügig, »dass eine ernsthafte Gefahr besteht. Aufgrund meiner militärischen Vorkenntnisse komme ich zu einem klaren Ergebnis: Das Schiff wird bedroht.«

Pracco sah ihn zweifelnd an. Er zwinkerte aus zu klein wirkenden Augen. »Und was soll ich nun tun? Auf einen Verdacht hin handeln?«

»Ist das nicht besser, als hinterher verantwortlich für ein großes Unglück zu sein?«, wies Frank ihn scharf zurecht.

Langsam nickte Pracco. »Also gut. Wir entfernen den Hund aus der Zentrale. Ich werde mich von dem Tier fernhalten und es nicht ansehen. Da du laut deinen Aussagen immun gegen den Welpen bist, wirst du ihn hinaustragen, damit er untersucht werden kann.« Der Mediker rief über sein Multikom den Sicherheitsdienst.

Frank wären Kampfroboter lieber gewesen.

Im Schutz von drei Männern und Frauen des Dienstes machten sich Frank und Pracco auf den Weg. Frank trug einen großen Tragebehälter und eine Decke aus der Krankenstation bei sich.

Er hatte mit Widerstand in der Zentrale gerechnet, doch wie schon zuvor wurde von den Neuankömmlingen keine Notiz genommen. Man bemerkte zwar, dass sie da waren, grüßte sie beiläufig, aber Frank hatte das Gefühl, sie hätten ebenso gut nackt Lepso-Rumba tanzen können, und es hätte niemanden interessiert.

»Siehst du, was ich meine?«, fragte Frank aufgekratzt. »Das ist nicht normal.«

»Ja«, stimmte Pracco aus drei Metern Entfernung zu. »Die Besatzung verhält sich ungewöhnlich. Vielleicht sind Psi-Kräfte am Werk. Geh vor! Verwahre den Welpen.«

Entschlossen ging Frank auf seinen als so perfekt angepriesenen Platz zu. Der Welpe lag unter den streichelnden Händen Sourou Gashis und gab hechelnde Laute von sich. Frank hob den Hund hoch und presste ihn an seine Brust.

»Was soll das?«, fuhr Gashi ihn an.

Zumindest nahm sie ihn nun wahr. Frank steckte den Welpen in die Box, schloss sie und schlug die Decke darüber. »Tierärztliche Untersuchung«, sagte er knapp. Mit Verrückten zurechtzukommen hatte er gelernt – in seiner Dienstzeit und zu Hause bei seinen hundeverliebten Eltern. Man musste sie ernst nehmen. Vielleicht konnte er Gashi so überlisten. »Du willst sicher nicht, dass der kleine Lee Schaden nimmt, oder?«

Der Welpe fing an, in seinem Gefängnis kläglich zu fiepen und zu jaulen. Die Besatzungsmitglieder drehten die Köpfe, einige standen auf und näherten sich mit raschen Schritten.

Frank begann zu schwitzen, er sah nach dem Sicherheitsdienst. »Es dauert nicht lang«, versprach er Gashi. Hastig hob er die Box hoch und eilte in Richtung Schott. Da grub sich eine kräftige Hand in seinen Unterarm.

»Warte!«, sagte Pracco streng. »Hörst du denn nicht, dass der Hund herauswill?«

Frank verwünschte sich innerlich, dass er nicht zum Schott gerannt war. Er überlegte, den Mediker niederzuschlagen, blickte aber zuerst auf die drei Männer und Frauen des Sicherheitsdienstes. Ihre grimmigen Gesichter machten ihm Angst. Inzwischen umringten ihn gut zwanzig Menschen, der Kreis wurde mit jeder Sekunde enger. Eine Mitarbeiterin der Bordsicherheit legte die Hand auf ihren Strahler.

Frank spürte deutlich, dass die Stimmung gekippt war. »Merkt ihr denn nicht, wie der Hund euch beeinflusst?«, fragte er verzweifelt.

Wie die anderen, ignorierte Pracco die Frage. Er sah hypnotisiert auf den Behälter mit dem jaulenden Welpen. »Vielleicht jucken ihn die Öhrchen«, vermutete er lautstark. »Er könnte Kamillenloser brauchen. Ich muss ihn untersuchen, um sicherzugehen. Nicht, dass es Karidus-Zecken sind, die können zu Fellausfall führen.«

Die Menge schob sich näher, Frank erhielt einen unsanften Ellbogenstoß von Bifonia Glaud. Pracco und Gashi rissen ihm die Box aus den Armen, die Sicherheitsleute drängten Frank ab.

Sourou Gashi drehte sich zornig zu ihm um. »Verschwinde, Tan! Ich werde deine Unkameradschaftlichkeit und dein Querulantentum in deine Personaldatei eintragen lassen.«

Frank fühlte sich, als würde er den Boden unter den Füßen verlieren. Er sah zur Funkstation. Konnte er Hilfe rufen? Etwas musste geschehen, und zwar schnell. Doch gegen diese Übermacht kam er nicht an.

»Ich schreibe dich mit sofortiger Wirkung krank«, warf Pracco ein. »Du hast ein Mannschaftsmitglied in eine Box gesperrt. Du bist unzurechnungsfähig.«

»Was?« Frank öffnete den Mund und schloss ihn wieder. Er musste sich zwingen, ruhig zu bleiben. Wenn er die Nerven verlor, war es vorbei. »Ich meine ... du hast völlig recht, Pracco. Ich begebe mich unverzüglich auf die Krankenstation.«

Fluchtartig drängte er sich an Pracco vorbei und verließ die Zentrale. Er joggte mehrere Gänge, nahm einen Antigravlift. Niemand folgte ihm.

Schwer atmend lehnte er sich gegen die Wand gegenüber des Hydroponischen Gartens. Sein Blick fiel auf eine mannshohe fleischfressende Pflanze. Was sollte er tun? Als Raumsoldat hatte er keine Karriere gemacht. Im Grunde lag es ihm nicht, Verantwortung zu übernehmen. Er informierte den Ranghöheren, und der kümmerte sich darum – so lief das.

Nur in dieser Situation war alles anders. Wen konnte er außer Gashi und Pracco informieren? Und wie waren seine Aussichten auf Erfolg? Auch STELLATRICE konnte ihm nicht helfen, da er offiziell von Pracco als unzurechnungsfähig erklärt worden war. Die Positronik würde ihn bestenfalls ins Bett schicken.

Ein Rat seiner älteren Schwester Tiffany fiel ihm ein: »Wenn dein Weg nicht zum Ziel führt, nimm einen anderen.«

Frank stieß sich von der Wand ab. Aufgeben würde er nicht. Das kam nicht infrage. Er musste das tun, wozu der Sicherheitsdienst nicht fähig war: Nachforschungen anstellen, zum Beispiel herausfinden, woher der Hund kam. Irgendwem musste das Tier gehören, oder stellte es sich nur dumm und war eigentlich intelligent?

Frank aktivierte sein Multikom. Er hatte Zugriff auf die Passagierliste. Viele Personen flogen nicht mit ihnen nach Terra, lediglich fünf – drei Männer, zwei Frauen. Er stutzte, als er bei einer Frau den Vermerk »Haustier« fand.

»Also doch«, murmelte er. »Karla Magisa Nagir, du warst das. Du hast das Untier auf Karidus an Bord geschafft.« Er fand die Kabinennummer, die man Nagir zugewiesen hatte.

Konnte er es riskieren, ohne Waffen dort aufzutauchen? Eigentlich sollte die Passagierin keine Waffe besitzen. Das wäre STELLATRICE aufgefallen. Die Bordpositronik beging in dieser Beziehung sicher keine Fehler. Aber vielleicht hatte der Welpe auch da eine Beeinflussung erreicht, nicht bei STELLATRICE, sondern bei der Besatzung.

Schweiß sammelte sich unter Franks Armen, als er an die Zwischenlandung auf dem fremden Mond dachte. Er hatte keine Zeit, lange nachzudenken. Vielleicht besaß die Frau besondere Kräfte, oder sie hatte es anderweitig geschafft, die Positronik zu überlisten. Er brauchte eine Waffe, und er wusste, dass der Kugelraumer darüber verfügte. Die Waffen wurden in Sicherheitsschränken aufbewahrt. Da er sich mit Schiffen der MINERVA-Klasse auskannte, ahnte er, wo sie zu finden waren. Einen Mitarbeiter des Sicherheitsdienstes zu überwältigen traute sich Frank nicht zu. Er brauchte den Kode.

Frank hob das Multikom und atmete tief ein. Er rief die Kommandantin über Funk. Es dauerte trotz höchster Prioritätseinstellung über drei Minuten, bis Gashi die Verbindung annahm. In der Zeit hätte das ganze Schiff explodieren können.

»Ja?«, fragte Gashi ungnädig. »Der Hund schläft, du störst, Tan.«

»Das tut mir leid.« Sein Magen krampfte, so sehr hasste er es zu lügen. »Ich wollte mich für mein Auftreten entschuldigen.«

»Ja, ja, schon gut«, Gashi hatte einen fiebrigen Glanz in den Augen. Sie wirkte wie eine Drogensüchtige und wandte sich bereits ab, als wollte sie die Verbindung beenden.

»Warte«, bat Frank hastig. »Kannst du mir den Kode für den Waffenschrank in Sektor C geben?«

»Warum?« Gashi klang misstrauisch, jedoch lange nicht so alarmiert, wie sie es unter normalen Bedingungen sein sollte.

»Um Lee zu beschützen«, improvisierte Frank. »Ein fremder Mond ist gefährlich. Es wird gut sein, für den Zwischenhalt vorsichtig zu sein. Wir wollen den Welpen nicht unnötig gefährden, oder?«

»Der Welpe ...« Sourou überlegte. Eine Weile schwieg sie. Hatte sie ihn vergessen?

Frank blickte ungeduldig auf den Chronometer. Bis zur Zwischenlandung waren es nur noch zwei Stunden. »Bitte, Madam Kapitänin. Der Kode.«

»Ach ja ...« Gashis Stimme verlor sich. »Ich schicke ihn rüber.« Die Verbindung brach ab.

Frank atmete tief ein. Zwanzig Sekunden bangte er, ob Gashi seine Anfrage sofort wieder vergessen hatte, dann kam die Zugangsnummer.

»Also los«, murmelte er, um sich selbst Mut zu machen, und rannte zum Waffenschrank.

 

*

 

Mit einem Strahler ausgestattet stand er nur wenige Minuten später vor der Tür zu Karla Magis Nagirs Kabine. Frank berührte den Sensor. »Mach auf, Nagir, ich muss mit dir sprechen.«

Er hob den Strahler und zielte auf die Tür. Halb erwartete er, von STELLATRICE deswegen angesprochen zu werden, doch die sonst allsehende und allwissende Bordpositronik schwieg. Ob Gashi sie beeinflusst hatte?

»Wer ist da?«, fragte eine melodische Stimme zurück. Über dem Sensor flimmerte ein Bildschirm auf, und das Gesicht einer goldfarbenen Frau mit Mandelaugen und Glatze erschien.

»Mein Name ist Frank Egorius Tan. Öffne die Tür, oder ich bin gezwungen zu schießen!«

Die Tür glitt zurück. Sicher wusste Nagir, dass der Stahl der Tür auf Dauer kein Hindernis für seine Waffe darstellte, trotzdem wunderte sich Frank über die prompte Reaktion. Adrenalin ließ seine Hände leicht zittern. War das eine Falle?

»Komm rein«, sagte die kaum einen Meter sechzig große Frau mit einem Handwinken. Sie wirkte nicht im Mindesten von der Waffe beeindruckt.

Frank rechnete jeden Moment mit einem Hinterhalt.

»Jetzt komm schon rein und setz dich!«, sagte Nagir nachdrücklich. »Ich nehme an, es geht um den Welpen?«

Frank ließ die Waffe ein Stück sinken, hob sie jedoch sofort wieder an. Er blieb im Raumzugang stehen. »Ja, es geht um den Welpen. Ich will Antworten. Planst du, die STELLARIS zu kapern?«

Nagir lachte auf; es klang vergnügt. Verstand sie nicht, dass eine tödliche Waffe auf sie gerichtet war?

»Aber nein«, sagte die Goldhäutige mit einem bezaubernden Lächeln. »Astarsius muss auf einen sicheren Planeten gebracht werden. Er ist nur ein Passagier und der Mond eine Zwischenstation. Dem Schiff wird nichts geschehen. In zwei Stunden ist der ganze Spuk vorbei.«

»Astarsius?«

Nagir trat einen Schritt auf ihn zu.

»Bleib stehen!«, fuhr Frank sie an. »Und halt die Hände hoch!« Das lange Gewand der Kariduserin war hervorragend geeignet, um darin eine Waffe zu verbergen.

Sie hielt inne. »Der Welpe heißt so.«

»Was hast du wirklich vor?«

»Das habe ich bereits gesagt.« Nagirs Lächeln verschwand. »Der Welpe wird auf einen Planeten gebracht, der in keinem Logbuch erwähnt wird. Astarsius und ich werden auf dem Mond von Bord gehen. Mehr geschieht nicht.«

Franks Armmuskeln verkrampften, so fest hielt er den Strahler. Sagte Nagir die Wahrheit? »Was hat es mit dem Welpen auf sich? Wie beeinflusst er die Menschen?«

Nagir starrte ihn unverwandt an. »Viel erstaunlicher finde ich, dass du gegen ihn immun bist. Das habe ich in zwanzig Jahren bisher erst in vier Fällen erlebt. Keiner davon lag außerhalb der Familie. Hast du Vorfahren auf Karidus?«

»Ich stelle die Fragen«, wies Frank sie zurecht. »Und du antwortest. Also, wie wirkt das Untier auf Lemurerabkömmlinge? Macht es das bewusst?«

Nagir setzte sich aufreizend langsam in den Sessel. Sie hielt die Arme dabei weiterhin erhoben, wirkte aber nach wie vor nicht beeindruckt, dass auf sie eine Waffe gerichtet war.

»Astarsius stammt aus einem sehr seltenen Wurf-Geschlecht. Es fiel der Familie Magis vor mehreren Jahrhunderten zu. Seitdem hüten wir diese außergewöhnlichen Tiere. Ihre Beeinflussung ist eine Paragabe, sie benutzen sie nicht bewusst. Es ist eher eine Art Überlebensinstinkt des Jungtiers, da die Hunde aus einem Gebiet mit sehr vielen natürlichen Feinden stammen. Die Gabe bringt selbst die gefräßigste Tarrik-Bestie dazu, die Welpen zu hüten wie ein eigenes Junges.«

Frank zählte eins und eins zusammen. »Es gab einen Umsturz auf Karidus. Hast du den Welpen dafür eingesetzt?«

Nagir schwieg, doch er las die Antwort in ihrem trotzigen Gesichtsausdruck. Das war also das Geheimnis der Magis-Dynastie. Immer, wenn es brenzlig wurde, holten sie einen Welpen mit Paragabe auf den Planeten und beeinflussten das Parlament zu ihren Gunsten.

»Es stimmt also.« Frank ließ den Strahler ein Stück sinken. »Und was ist deine Aufgabe?«

»Ich bin die Hüterin des Ewigen Welpen. Es ist mir möglich, seine Wirkung über einfache Befehle zu dämpfen oder zu verstärken. Durch seine Fähigkeiten ist er für meine Familie von größter Bedeutung. Sein Leben steht über meinem.«

Frank betrachtete sie nachdenklich. Die ganze Geschichte klang verrückt. In welche Geschichte war er da hineingeraten? Eine Hüterin für ein Tier, das die Gabe hatte, eine Regierung zu stürzen.

Aber er glaubte Nagir. Gerade weil sie so ruhig blieb. Sie wirkte auf ihn wie ein Mensch, der sein Leben einem höheren Ziel untergeordnet hatte. Er wusste, dass es nur wenige Intelligenzwesen gab, die beim Anblick einer auf sie gerichteten Mündung so ruhig blieben. Nagir würde wie eine Soldatin sterben, wenn er abdrückte, im Glauben an eine größere Sache.

Frank trat einen Schritt zurück. »Was die Magis tun, ist ein Verbrechen. Es ist Diktatur aus dem Verborgenen. Das darf so nicht weitergehen. Karidus hat eine gerechte Demokratie verdient.«

Zum ersten Mal erkannte er Angst in Nagirs Gesicht. Die Mandelaugen weiteten sich, die goldene Haut wurde eine Nuance blasser. »Was hast du vor?«

»Das ist kein Tier. Das ist eine Waffe. Ich werde es beenden.« Frank drückte im Betäubungsmodus ab.

 

*

 

Frank betrat die Zentrale so leise, wie er konnte. Er hatte seine Dienstjacke ausgezogen und sie über den Strahler gelegt. Wie schon zuvor beachtete ihn niemand, und auch er sprach niemanden an. Lautlos suchte er sich eine strategisch günstige Position.

Er kniete in den Schatten einer Konsole und beobachtete Sourou Gashi, die dem im Körbchen liegenden Welpen über das Mäulchen strich. Mit hämmerndem Herzen wartete er auf seine Chance. Er fühlte sich wie ein Attentäter und versuchte sich klarzumachen, dass er für eine gerechte Sache kämpfte. Wenn der Welpe erst betäubt oder tot war, endete sicher sein Einfluss auf die Besatzung, und die Regierung von Karidus konnte von Sourou Gashi über den unglaublichen Betrug informiert werden.

Nervös öffnete Frank das Fach an seinen Armband-Kom. Er sah hinab, als keine Pille auf seine Handfläche fiel. Das Fach war leer. Er dachte an seinen Großonkel Dittmar, der ihm das Präparat geschenkt hatte. Wie hatte er es genannt?

Vor ihm entstand Bewegung und er unterbrach seine Gedanken. Gashi trennte sich von dem Welpen und ging zu ihrem Platz. Bifonia Glaud setzte sich zur Ablösung in Marsch, aber sie hatte noch ein paar Schritte zu gehen, bis sie den Hund auf dem Sessel an der Funkkonsole erreicht haben würde. Frank hob den Strahler. Das war der Moment, auf den er gewartet hatte. Unbeachtet von allen musste er nur auf den Auslöser drücken.

Der Welpe drehte den Kopf und blickte ihn an, als würde er die Gefahr instinktiv spüren. Er lag ganz ruhig, die Ohren aufgestellt, und fixierte Frank aus dunklen Augen.

In Frank stieg die alte Wut auf, der Hass auf Hunde und auf seine Eltern.

Die roséfarbene Nase des Welpen zuckte, er blinzelte Frank verschwörerisch zu.

Bifonia Glaud kam näher. Gleich würde sie den Hund erreicht haben, dann könnte Frank den Schuss vorerst vergessen.

Ihm brach der Schweiß aus, seine Hand zitterte. Er wollte auslösen, doch der Blick des Tieres hielt ihn in seinem Bann. Was konnte der Welpe dafür, dass die Menschen fehlerhaft waren? Das Tier war so jung, es musste beschützt werden, es ...

Frank biss sich schmerzhaft auf die Unterlippe. Warum machte er sich plötzlich solche Gedanken?

Bifonia Glaud blieb stehen – jemand hatte sie angesprochen. Die Schussbahn war frei.

Aber Frank konnte nicht schießen. Er zitterte am ganzen Körper. Der Welpe legte den Kopf im Polster ab und schloss die Augen. Zusammengerollt lag er im Körbchen, Unschuld ausstrahlend. Frank wollte nur noch eins: ihn beschützen. Verzweifelt kämpfte er gegen diesen Wunsch an.

Was ging da vor? Warum war er plötzlich nicht mehr immun? Hatte der Welpe seine Kräfte verstärkt? Ein Gedanke quälte ihn, der aus seinem Unterbewusstsein heraufdrang und mit jedem Augenblick mächtiger wurde.

»Karidus-Globuli«, flüsterte er leise. »So nannte Dittmar das Präparat.«

Frank berührte das Armband des Koms und stöhnte auf. Er musste in seine Kabine, er ...

Der Welpe begann leise zu schnarchen. Seine Hinterpfötchen zuckten.

Benommen ließ Frank die Waffe sinken. Was hatte er eben gedacht? Er wusste es nicht mehr. Wichtig war nur der Welpe, der dort lag und der im Schlaf gestreichelt werden wollte.

Langsam stand Frank auf, ging zum Funkerplatz hinüber und fuhr zärtlich über das cremefarbene, seidige Fell.

 

*

 

Zwei Stunden später

Sourou Gashi musterte den ehemaligen Raumsoldaten vor sich. »Ich weiß, ich habe schon hundert Mal gefragt, Tan: Bist du wirklich sicher?«

»Ja«, sagte Frank Egorius Tan fest. »Ich bin mir sicher. Ich habe mich verliebt, und dieser Liebe will ich folgen. Bitte hab Verständnis dafür.«

»Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich sagen, du wirst beeinflusst.«

Tan seufzte. »Das sind wir alles schon durchgegangen. Ich habe die Papiere unterschrieben und ausführlich erklärt, dass ich mir von Anfang an nicht sicher war wegen des Jobs. Ich passe nicht zur Crew, Gashi, das weißt du. Und ich bin in der Probezeit. Ich kann jederzeit ohne Angabe von Gründen kündigen, oder?«

Sourou nickte zögernd. Sie schob Tan einen Mikrochip zu. »Also gut. Deine Dokumente. Viel Glück, Tan. Wir müssen weiterfliegen, also verlass das Schiff bitte schnell.«

»Danke!« Zum ersten Mal sah Sourou Gashi das Lächeln in Frank Egorius Tans Gesicht. »Ich habe meine Bestimmung gefunden.« Tan stand auf und reichte ihr die Hand.

Sourou Gashi begleitete ihn zum Schott. Davor wartete bereits die exotische Frau mit der goldenen Haut und der Glatze, die sie als Passagier von Karidus für ein paar zusätzliche Galax an Bord genommen hatten.

Tan trat zu der Goldhäutigen und streichelte den jungen Hund auf ihrem Arm. Zusammen gingen die beiden den Gang hinunter.

Sourou Gashi blickte dem ungleichen Paar nach. Sonderbar, dachte sie, als die beiden eine Gangbiegung nahmen und aus ihrem Blickfeld verschwanden.

Da behauptet Tan, in dieser Frau die Liebe seines Lebens gefunden zu haben, aber er sieht sie kein einziges Mal an. Er hat nur Augen für den Welpen.

 

ENDE

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