Charles Dickens


Oliver Twist

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Klassiker als ebook herausgegeben bei RUTHeBooks, 2016


ISBN: 978-3-944869-22-3


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Kapitel 53



Was weiter noch zu berichten ist


Noch vor Ablauf von drei Monaten wurden Rose Fleming und Harry Maylie in der Dorfkirche getraut. Es war dieselbe Dorfkirche, von der Harry zu ihr gesprochen und die jetzt der Schauplatz seiner künftigen Tätigkeit als junger Geistlicher sein sollte. Mrs. Maylie zog zu ihnen, um ihren Lebensabend bei ihnen zu genießen. Die Teilung des Vermögens zwischen Monks und Oliver ergab für jeden etwa dreitausend Pfund. Zwar hätte Oliver Anspruch auf das ganze Vermögen erheben können, aber Mr. Brownlow wollte den älteren Bruder nicht der Möglichkeit berauben, seine früheren Verfehlungen wieder gutzumachen und ein ehrenhaftes Leben zu beginnen.

Monks zog sich mit seinem Anteil nach Amerika zurück, vergeudete dort sein Geld in kurzer Zeit und verfiel bald wieder in seinen alten Lebenswandel. Schließlich erlag er einem Anfall seines alten Leidens und starb im Gefängnis. Die meisten Verbrechergenossen Fagins kamen zu ähnlichem Ende.

Mr. Brownlow adoptierte Oliver. Nicht weit von dem Pfarrhause, wo seine lieben Freunde wohnten, kaufte er sich mit ihm und der alten Haushälterin, Mrs. Bedwin, an und erfüllte damit den Wunsch Olivers, der ihn über alles liebte. Doktor Losberne kehrte bald wieder nach Chertsey zurück, hielt es aber dort nicht mehr lange aus, und in der Furcht, ein alter vergrämter Junggeselle zu werden, übertrug er bald seine Praxis seinem Assistenten, zog aufs Land und widmete sich der Gärtnerei, angelte, tischlerte und genas im Handumdrehen. Zwischen ihm und Mr. Grimwig wurde ein inniger Freundschaftsbund geschlossen, und demzufolge kommt Mr. Grimwig zu ihm sehr oft auf Besuch. Dann pflanzt, angelt und tischlert auch er mit großer Begeisterung und versäumt es natürlich nie, die sonntäglichen Predigten des jungen Herrn Pfarrers zu kritisieren, und zwar abfällig. Natürlich versichert Mr. Losberne dem Gemaßregelten immer unter dem Siegel der Verschwiegenheit, Mr. Grimwig sei im Gegenteil heimlich vom Gegenteil dessen überzeugt, was er gesagt habe. Mr. Noah Claypole, der als Kronzeuge gegen Fagin nach englischem Gesetz freigesprochen wurde, war sich lange nicht klar, wie er weiterhin sein Leben führen sollte, ohne sich dabei allzusehr anzustrengen. Schließlich wurde er öffentlicher Spitzel und fand dabei ein anständiges Auskommen. Wöchentlich einmal geht er aus Berufsgründen in Charlottens Begleitung aus; Charlotte, immer sauber gekleidet, fällt dann vor der Türe eines mitleidigen Gastwirtes in Ohnmacht, der ihr, um sie wieder zu sich zu bringen, für anderthalb Pence Schnaps reicht. Noah Claypole klagt dann den Mann am nächsten Tage bei der Polizei an wegen Bruch der Sabbatruhe und unberechtigten Verkaufes geistiger Getränke. Die Hälfte der Strafe, die der barmherzige Wirt zu zahlen hat, wandert in seine Tasche. Zuweilen fällt Mr. Noah Claypole auch selbst in Ohnmacht, und Charlotte zeigt das Ergebnis an. Aber die Summe bleibt sich jedesmal gleich.

Mr. und Mrs. Bumble, die ihre Ämter verloren haben, gerieten nach und nach in Not und wurden schließlich Armenhäusler im selben Kirchspiel, wo sie dereinst über andre das Zepter geschwungen. Mr. Bumble soll sogar einmal die Äußerung getan haben, daß man im Arbeitshaus getrennt von seiner Gattin leben müsse, sei doch wenigstens ein Trost.

Die Herren Giles und Brittles sind immer noch in ihren alten Stellungen. Ersterer hat es zu einer Glatze gebracht, und Mr. Brittles ist ein Graukopf geworden. Sie schlafen im Pfarrhaus und sind so um das Wohl Olivers, Mr. Brownlows und Doktor Losbernes, sowie des Pfarrerehepaars bemüht, daß bis heute im Dorfe noch niemand weiß, bei wem von den dreien sie eigentlich angestellt sind.

Der junge Mr. Charley Bates, durch die Verbrechen Sikes' tief erschüttert, ging lange darüber mit sich zu Rate, ob es denn nicht am Ende besser sei, ein ehrenhaftes Leben zu führen. Er wendete bald den Schauplätzen seiner Vergangenheit den Rücken und faßte den Entschluß, in einer neuen Sphäre tätig zu sein. Eine Zeitlang litt er viel, arbeitete aber auch fleißig. Da er nicht nachließ, blieb auch der Erfolg nicht aus. Er war zuerst Tagelöhner bei einem Bauern, dann Knecht bei einem Fuhrmann, aber jetzt ist er der fidelste aller Viehtreiber in ganz Northamptonshire.

Wie gerne möchte ich noch länger bei einigen mir so lieb gewordenen Personen verweilen. Ich möchte Rose Maylie schildern in der ganzen Anmut ihrer jugendlichen Weiblichkeit, wie sie auf dem stillen ruhigen Lebenspfad, der ihr beschieden, reiches mildes Licht ausgoß über alle, die in ihr Bereich kamen. Ich möchte sie schildern, wie sie im Winter im trauten Familienkreis am Ofen und im Sommer in der Laube saß, von den Ihrigen umgeben. Ich möchte ihr hinaus auf die sonnenbeschienenen Felder folgen und auf ihren abendlichen Spaziergang im Mondschein und dem holden Klang ihrer süßen Stimme lauschen. Möchte schildern, wie glücklich sie sich fühlte mit Oliver, dem Sohn ihrer toten Schwester. Wie gern möchte ich noch einmal die kleinen frohen Gesichter vor Augen haben, die sich später um ihr Knie scharten und ihrem munteren Geplauder lauschten, und mir das fröhliche Lachen vor die Seele zurückrufen, das mir immer noch in den Ohren klingt. Wie gern würde ich so manchen Blick, so manchen Gedanken, so manches Wort wieder zurückrufen; wie Mr. Brownlow sich täglich bemühte, den Geist seines lieben Adoptivkindes Oliver mit Schätzen des Wissens zu füllen, und ihn immer mehr und mehr lieb gewann, je herrlicher sich seine Natur entfaltete und je üppiger die gelegte Saat aufsproß, ... doch alles dies sind Dinge, die nicht erzählt zu werden brauchen ...

Beim Altar der alten Dorfkirche steht eine weiße Marmortafel, auf der nur ein einziges Wort zu lesen ist: Agnes. Unter diesem Grabstein ruht kein Sarg. Möge es noch viele, viele Jahre dauern, bevor ein andrer Name darauf stehen wird. Wenn aber die Toten je zurückkehren zur Erde, um Orte, die sie durch Liebe geheiligt haben, zu besuchen – durch eine Liebe, die das Grab überdauert, in Liebe zu denen, die sie gekannt haben im Leben –, dann glaube ich, daß der Schemen von Agnes gar oft in diesem feierlichen Winkel weilen mag. Ich glaube es darum nicht weniger, weil dieser Winkel in einer Kirche liegt, und weil Agnes, wenn auch aus Schwäche, so doch aus Liebe gefehlt hat.

 

 

Inhalt




Kapitel 1 - Schildert den Ort, wo Oliver auf die Welt kam, sowie die Umstände seiner Geburt

Kapitel 2 - Wie Oliver Twist aufwuchs, erzogen und verpflegt wurde

Kapitel 3 - Berichtet, wie Oliver Twist beinahe eine Anstellung bekommen hätte, die nichts weniger als eine Sinekure gewesen wäre

Kapitel 4 - Oliver erhält eine Stelle und tritt ins öffentliche Leben

Kapitel 5 - Oliver bekommt einen neuen Horizont und wohnt zum erstenmal einem Leichenbegängnis bei

Kapitel 6 - Oliver rafft sich, durch Noah gereizt, zu tatkräftigem Handeln auf

Kapitel 7 - Oliver bleibt verstockt

Kapitel 8 - Oliver wandert nach London und trifft mit einem sehr seltsamen jungen Gentleman zusammen

Kapitel 9 - Enthält weitere Einzelheiten über den liebenswürdigen alten Herrn und seine hoffnungsvollen Zöglinge

Kapitel 10 - Oliver gewinnt Einblick in die Charaktereigenschaften seiner neuen Kollegen, bezahlt aber seine Erfahrung sehr teuer

Kapitel 11 - Der Polizeikommissar Mr. Fang zeigt sich als außerordentlich tüchtiger Justizbeamter

Kapitel 12 - Oliver findet eine bessere Pflege als je zuvor und unsere Geschichte kehrt wieder zu dem menschenfreundlichen Mr. Fagin und seinen jungen Schützlingen zurück

Kapitel 13 - Einige neue Personen werden vorgestellt

Kapitel 14 - Eine bemerkenswerte Prophezeiung eines gewissen Mr. Grimwick über Oliver Twist

Kapitel 15 - Zeigt, wie überaus lieb der alte Jude und Miss Nancy Oliver Twist hatten

Kapitel 16 - Was aus Oliver wurde, nachdem ihn Nancy mit Beschlag belegt hatte

Kapitel 17 - Zu Olivers Unglück kommt ein großer Mann nach London

Kapitel 18 - Wie Oliver seine Zeit in Gesellschaft seiner hochachtbaren Freunde verbrachte

Kapitel 19 - Es wird ein höchst bemerkenswerter Plan gefaßt

Kapitel 20 - Oliver wird Mr. William Sikes übergeben

Kapitel 21 - Unterwegs

Kapitel 22 - Der Einbruch

Kapitel 23 - Enthält den wesentlichsten Teil einer anmutigen Unterredung zwischen Mr. Bumble und einer Dame und erbringt gleichzeitig den Beweis dafür, daß auch ein Kirchspieldiener in manchen Punkten äußerst empfindlich sein kann

Kapitel 24 - Handelt von einer sehr armen Person

Kapitel 25 - Handelt abermals von Mr. Fagin und Konsorten

Kapitel 26 - Eine höchst geheimnisvolle Person erscheint

Kapitel 27 - Eine frühere Unhöflichkeit, mit der wir eine Dame im Stiche gelassen, wird wieder gut gemacht

Kapitel 28 - Olivers weitere Abenteuer

Kapitel 29 - Handelt von den Bewohnern des Hauses

Kapitel 30 - Was die Damen und Doktor Losberne von Oliver hielten

Kapitel 31 - Eine kritische Situation

Kapitel 32 - Handelt von dem glücklichen Leben, das Oliver bei seinen gütigen Freunden zu führen begann

Kapitel 33 - Das Glück Olivers und das seiner Freunde erleidet einen plötzlichen Stoß

Kapitel 34 - Ein junger Herr betritt den Schauplatz, und Oliver erlebt ein neues Abenteuer

Kapitel 35 - Das Resultat von Olivers Abenteuer und eine Unterredung von ziemlicher Wichtigkeit zwischen Harry und Rose

Kapitel 36 - Ein kurzes Kapitel, aber immerhin nicht unwichtig, da es das Vorhergehende erörtert und zum Nachfolgenden einen Schlüssel bietet

Kapitel 37 - Ein Kontrast, der im Ehestande nicht ungewöhnlich ist

Kapitel 38 - Was sich zwischen Mr. und Mrs. Bumble und Mr. Monks bei ihrer nächtlichen Zusammenkunft begab

Kapitel 39 - Einige alte Bekannte treten auf, und Fagin und Monks stecken die Köpfe zusammen

Kapitel 40 - Eine seltsame Unterredung

Kapitel 41 - Neuerliche Enthüllungen, die den Beweis erbringen, daß Überraschungen wie Unglücksfälle selten allein kommen

Kapitel 42 - Ein alter Bekannter Olivers reift zu einem öffentlichen Charakter heran

Kapitel 43 - Der Baldowerer in der Patsche

Kapitel 44 - Nancy wird verhindert, ihr Versprechen einzulösen

Kapitel 45 - Noah Claypole wird von Fagin als Spion verwendet

Kapitel 46 - Nancy erfüllt ihr Versprechen

Kapitel 47 - Verhängnisvolle Folgen

Kapitel 48 - Sikes' Flucht

Kapitel 49 - Monks und Mr. Brownlow treffen zusammen

Kapitel 50 - Vergebliche Verfolgung

Kapitel 51 - Mehr als ein Geheimnis wird aufgedeckt und ein Heiratsantrag wird gemacht, bei dem von Mitgift nicht die Rede ist

Kapitel 52 - Fagins letzte Nacht

Kapitel 53 - Was weiter noch zu berichten ist

 

 

Kapitel 1



Schildert den Ort, wo Oliver auf die Welt kam, sowie die Umstände seiner Geburt


Unter andern öffentlichen Gebäuden in einer gewissen Stadt, die ich nicht nennen, der ich aber auch andrerseits keinen erdichteten Namen beilegen möchte, befand sich eines, wie es wohl die meisten Städte, ob groß oder klein, besitzen, nämlich ein Arbeitshaus; und in diesem wurde eines Tages der kleine Weltbürger geboren, dessen Name dieses Buch trägt.

Lange Zeit, nachdem der Arzt des Kirchspiels ihm zum Eintritt in diese Welt der Mühen und Sorgen geholfen, schien es recht zweifelhaft, ob er lange genug würde am Leben bleiben, um überhaupt einen Namen nötig zu haben.

Obwohl ich nicht behaupten möchte, daß es vielleicht ein glücklicher oder beneidenswerter Umstand wäre, der einem menschlichen Wesen zustoßen könnte, in einem Arbeitshaus geboren zu werden, so schien es doch in diesem besondern Fall für Oliver Twist das Beste, was sich augenblicklich für ihn ereignen konnte. Immerhin war es mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden, ihn so weit zu bringen, daß er sich der Aufgabe des Atmens selbst unterzog, und eine Weile lang lag er als kleiner Weltbürger nach Luft schnappend auf einer Wollmatratze, bedenklich hin und her schwankend, ob er sich für diese oder jene Welt entscheiden sollte, wobei sich die Wage beträchtlich mehr für das Jenseits als für das Diesseits neigte. Wäre Oliver in diesem kritischen Zeitabschnitt von besorgten Großmüttern, ängstlichen Tanten, erfahrenen Ammen und Ärzten voll tiefer Weisheit umgeben gewesen, er hätte selbstverständlich die Stunde nicht überlebt. Da jedoch niemand zugegen war als ein armes altes Weib, das überdies infolge des ungewohnten Genusses von Bier sich in ziemlich angeheiterter Stimmung befand, und da auch der Kirchspielarzt die Sache ganz gewohnheitsmäßig behandelte, so focht Oliver seinen Kampf mit der Natur auf eigene Faust aus. Und die Folge davon war, daß er nach kurzem Kampfe atmete, nieste und endlich den Bewohnern des Arbeitshauses die Tatsache kund und zu wissen gab, daß er der Gemeinde eine neue Last aufgebürdet habe – das heißt, entschlossen sei am Leben zu bleiben. Er erhob zu diesem Zweck ein so lautes Geschrei, wie man es von einem Kind männlichen Geschlechtes füglich nur erwarten durfte.

Als Oliver diesen ersten Beweis selbständiger Tätigkeit gab, bewegte sich eine Flickendecke, die nachlässig über eine eiserne Bettstelle geworfen war, und das bleiche Gesicht einer jungen Frau erhob sich matt von dem harten Kissen, und eine schwache Stimme hauchte mühsam die Worte: "Lassen Sie mich das Kind sehen; dann will ich gern sterben."

Der Arzt, der, das Gesicht dem Feuer zugewandt, am Kamin saß und sich die Hände wärmte, trat bei diesen Worten der jungen Frau an das Kopfende des Bettes und sagte mit mehr Freundlichkeit im Ton, als man von ihm wohl erwartet hätte: "Sie haben durchaus keinen Grund, ans Sterben zu denken."

"I Gott bewahre," mischte sich die Wärterin ein und versenkte in ihrer Tasche eine grüne Flasche, von deren Inhalt sie sich bisher in einer verschwiegenen Ecke mit sichtlichem Behagen gestärkt hatte. "I Gott bewahr, wenn sie erst amal so alt g'worden is wie ich, Herr Doktor, und dreizehn Kinder g'habt hat und ihr erst alle gestorben sein werden wie mir bis auf zwei, die jetzt mit mir zusamm im Arbeitshaus sin, dann wird sie schon auf vernünftigere Gedanken kommen. Gott o Gott, denken Sie sich doch nur was es heißt, Mutter sein von so an hübschen kleinen Buberl; vergessens dös net."

Ihre tröstlichen Worte schienen indes ihre Wirkung zu verfehlen, denn die Wöchnerin schüttelte den Kopf und streckte nur stumm ihre Arme nach dem Kinde aus. Der Arzt reichte es ihr, sie preßte ihre kalten blutleeren Lippen heftig auf die Stirn des Kindes, fuhr sich mit der Hand über das Gesicht, blickte wild umher, schauderte zusammen, sank zurück – und starb. Sie rieben ihr Brust, Hände und Schläfen, aber das Herz hatte für immer zu schlagen aufgehört. Sie sprachen auf sie ein von Hoffnung und Zukunft, aber Hoffnung und Zuversicht waren der Armen seit langem fremd geworden.

"Es ist vorbei mit ihr, Mrs. Thingummy," sagte der Arzt schließlich.

"Ja, ja die Arme," sagte die Wärterin und bückte sich nach dem Pfropfen der grünen Flasche, der auf das Kissen gefallen war, als sie sich niedergebeugt, um das Kind aufzunehmen. "Das arme Kleine."

"Sie brauchen nicht nach mir zu schicken, wenn das Kind schreien sollte," sagte der Arzt und zog sich mit großer Sorgfalt seine Handschuhe an. "Es wird wahrscheinlich unruhig werden, dann geben Sie ihm etwas Haferschleim." Damit setzte er seinen Hut auf und fragte, als er auf seinem Weg zur Tür an dem Bett vorüberkam. "Es war eine recht hübsche Person, wo ist sie denn hergekommen?"

"Man hat sie gestern nacht hergeschafft," erwiderte die alte Frau, "auf Befehl des Herrn Vorstands. Man hat sie auf der Gasse liegend gefunden. Sie muß hübsch weit hergekommen sein, denn ihre Schuhe waren zerrissen; aber wo sie herkommen ist oder wohin sie hat gehen wollen, weiß niemand."

Der Arzt beugte sich über die Tote und ergriff ihre linke Hand. "Die alte Geschichte," murmelte er kopfschüttelnd, "kein Ehering, wie ich sehe. Also gute Nacht."

Damit ging er zu seinem Abendessen, und die Wärterin setzte sich, nachdem sie noch einmal der grünen Flasche zugesprochen, auf einen Stuhl in der Nähe des Kamins und begann das Kind in Windeln zu wickeln.

Da sah man wieder, wie wahr das Wort ist, daß Kleider Leute machen: bisher in ein Tuch gehüllt und in sonst nichts, hätte Oliver ebensogut das Kind eines Adeligen wie das eines Bettlers sein können, aber jetzt, wo er in dem alten Kattunsteckkissen untergebracht war, dessen Farbe in langjährigem Dienst zu einem häßlichen Gelb verschossen war, sah man ihm sofort das Waisenkind des Arbeitshauses an, das nur dazu da war, durch die Welt geknufft zu werden, verspottet und verachtet von jedermann und von niemand bemitleidet. Oliver schrie aus vollem Halse. Hätte er gewußt, daß er eine Waise war und nur der Barmherzigkeit von Kirchenvorstehern ausgeliefert, hätte er wahrscheinlich noch viel lauter geschrien.

Kapitel 2



Wie Oliver Twist aufwuchs, erzogen und verpflegt wurde


Die nächsten acht bis zehn Monate war Oliver das Opfer systematischer Säuglingsfürsorge. Er wurde mit der Flasche aufgezogen. Von der elenden Lage des kleinen Waisenjungen machte man seitens der Vorstände des Arbeitshauses pflichtgemäß denen des Kirchspiels Meldung, worauf von letzteren in aller Form die Anfrage einlief, ob sich denn nicht im "Hause" eine Frauensperson befände, die in der Lage sei, Oliver seine natürliche Nahrung reichen zu können. Der Vorstand des Armenarbeitshauses erwiderte darauf untertänigst, daß dies leider nicht der Fall sei, worauf die Kirchspielbehörde den hochherzigen Entschluß faßte, Oliver in ein etwa drei Meilen entferntes Zweigarmenhaus bringen zu lassen, wo etwa zwanzig andre kleine Übertreter des Zuständigkeitsgesetzes unter der mütterlichen Aufsicht und ohne allzusehr mit Nahrung oder Kleidung behelligt zu werden auf dem Stubenfußboden umherkollerten, was mit achteinhalb Pence pro Kopf und Woche in Rechnung gestellt wurde. Mit achteinhalb Pence läßt sich nicht viel bestreiten, aber die würdige Hausdame war eine kluge und erfahrene Frau und wußte, wie leicht sich Kinder überfressen können und was ihnen zuträglich ist; andrerseits aber auch, was ihr selbst zuträglich war. Sie verwendete daher den größeren Teil des Kostgeldes zu ihrem eigenen Wohl und verstand es auf diese Weise, die gesetzliche Grausamkeit noch um ein Beträchtliches zu vertiefen; sie bewies damit, wie weit sie es in der Experimentalphilosophie auf eigene Faust gebracht hatte.

Wohl jeder kennt die Geschichte des bekannten Experimentalphilosophen, der sich vorgenommen hatte, einem Pferde das Fressen abzugewöhnen, und diese Theorie so vorzüglich in die Praxis umsetzte, daß er sein Pferd bis auf einen Strohhalm pro Tag heruntertränierte und zweifelsohne ein außerordentliches, kräftiges, jedem Futter abholdes Tier aus ihm gemacht haben würde, wäre es nicht leider vierundzwanzig Stunden vor dem ersten kompletten Fasttag gestorben. Leider waren die Erfolge der erwähnten trefflichen Kostfrau nicht selten, was die Kirchspielkinder anbelangte, von gleichem Mißerfolg gekrönt, indem die Kleinen entweder vor Kälte oder Hunger, oder weil sie sich tödlich verletzten oder verbrannten, frühzeitig starben und zu ihren Vätern, die sie nie gekannt, versammelt wurden.

Stellten wirklich einmal die Vorstände schärfere Nachforschungen als sonst nach dem Verbleib irgend eines Waisenkindes an, oder mischte sich das Gericht hinein und beschwerte sich den Kopf mit überflüssigen Fragen, so schützte das Zeugnis und die Aussage des Arztes und des Kirchspieldieners die Treffliche jedesmal gegen Ungemach. Jedesmal hatte der erstere dann die Leichen geöffnet und begreiflicherweise nichts darin gefunden, oder letzterer beschwor rastlos, was dem Kirchspiel paßte, und lieferte damit einen Beweis seiner Hingebung und Selbstaufopferung. Besuchte das Vorstandskollegium von Zeit zu Zeit einmal die Zweiganstalt des Arbeitshauses, so versäumte es nie, jedesmal Tags zuvor den Kirchspieldiener vorauszusenden, damit auch alles in Ordnung sei. Und jedesmal sahen dann die Kleinen reinlich und gut genährt aus – –! Was konnte man mehr verlangen.

Daß dieses Pflege- und Ernährungssystem ein allzu kräftiges Gedeihen der Kinder zur Folge gehabt hätte, ließ sich nicht erwarten, und so zeigte sich denn auch Oliver Twist von seinem neunten Geburtstage an als ein schwaches, bläßliches, im Wachstum zurückgebliebenes Kind. Dennoch lebte, ob von Natur oder als Erbschaft seiner Vorfahren, in Olivers Brust ein kräftiger energischer Geist, der dank der strengen Diät des Hauses Raum genug hatte, sich noch weiter zu entfalten.

Es war an Olivers neuntem Geburtstage. Während er diese Feier im Kohlenkeller zusammen mit zwei andern jungen Herrn beging, die sich gleich ihm von einer ordentlichen Tracht Prügel erholten, die ihnen zuteil geworden, weil sie sich erfrecht hatten hungrig gewesen zu sein, wurde Mrs. Mann, die treffliche Pflegefrau, durch das plötzliche Erscheinen Mr. Bumbles, des Kirchspieldieners, der seine Schritte dem Gartenpförtchen zulenkte, in Schrecken gesetzt.

"Du mein Gott, Mr. Bumbles, sind Sie's wirklich?" rief Mrs. Mann und steckte den Kopf anscheinend hocherfreut aus dem Fenster. "Susanna! Holen Sie gleich den kleinen Oliver herauf und die beiden andern Lausbuben und waschen Sie sie – ach, Mr. Bumbles, wie ich mich freue, Sie wieder einmal zu sehen!"

Mr. Bumble war nun aber ein wohlbeleibter und ebenso heißblütiger Herr, und daher rüttelte er anstatt auf diese freundliche Bewillkommnung in höflicher Weise zu antworten, wütend an der Gartenpforte und stieß mit dem Fuß in einer Weise dagegen, wie sie eben nur ein Kirchspieldiener beherrscht.

"Gott im Himmel," rief Mrs. Mann aus dem Zimmer stürzend – die drei Jungen hatte man inzwischen weggebracht –, "ich habe ganz vergessen, daß ich der lieben Kleinen wegen das Gattertor von innen verriegelt habe. So spazieren Sie doch weiter, Sir. Bitte, treten Sie ein, Mr. Bumble."

Ihre Einladung war von einem so freundlichen Lächeln begleitet, daß es sicherlich sogar das Herz eines Kirchenpresbyters erweicht haben würde; dennoch besänftigte es den Kirchspieldiener nicht im mindesten.

"Nennen Sie das einen respektvollen Empfang, Mrs. Mann?" fragte Mr. Bumble und faßte seinen Amtsstab noch fester, "daß Sie die Kirchspielbeamten an Ihrer Türe warten lassen, wenn sie in Parochialangelegenheiten und in betreff der Parochialkinder hierher kommen? Sie wissen doch, Mrs. Mann, daß Sie von der Parochialbehörde angestellt sind und von der Parochialbehörde bezahlt werden!"

"Ich erzählte gerade einem paar der lieben Kleinen, Mr. Bumble, derentwegen Sie so freundlich sind sich herzubemühen, daß Sie kommen würden," wendete Mrs. Mann mit großer Unterwürfigkeit ein.

Mr. Bumble hatte eine sehr hohe Meinung von seiner Rednergabe und seiner amtlichen Wichtigkeit. Er hatte soeben die eine entfaltet und die andre gewahrt. Er schlug daher einen milderen Ton an.

"Nun, nun, Mrs. Mann," sagte er, "ich bezweifle das ja gar nicht. Lassen Sie mich aber jetzt hinein, Mrs. Mann. Ich komme in Geschäften und habe Ihnen etwas mitzuteilen."

Mrs. Mann führte den Kirchspieldiener in ein kleines Sprechzimmer, bot ihm einen Sessel an und legte dienstbeflissen seinen dreieckigen Hut und seinen Amtsstab auf den Tisch. Mr. Bumble wischte sich den Schweiß von der Stirn, blickte wohlgefällig auf seinen Dreispitz und lächelte. Wirklich und wahrhaftig, er lächelte! Aber Kirchspieldiener sind eben auch nur Menschen, daher lächelte Mr. Bumble.

"Sie dürfen jetzt nicht beleidigt sein wegen dem, was ich Ihnen sagen will," begann Mrs. Mann mit bestrickender Liebenswürdigkeit. "Sie haben einen weiten Weg hinter sich, sonst würde ich gar nicht davon anfangen, aber sagen Sie, wollen Sie nicht ein Gläschen nehmen?"

"Nicht einen Tropfen, nicht einen Tropfen," wehrte Mr. Bumble ab und schwenkte seine Rechte in würdevoller, aber freundlicher Weise.

"Sie werden mir gewiß den Gefallen tun," beharrte Mrs. Mann auf ihrer Bitte, den Ton, in dem die Weigerung gesprochen worden, aber auch die begleitende Gebärde wohl erfassend. "Nur ein ganz kleines Gläschen mit einem bißel kaltem Wasser und einem Stückchen Zucker?"

Mr. Bumble hüstelte.

"Nur ein ganz kleines Gläschen," wiederholte Mrs. Mann ihre Bitte in dringendem Ton.

"Was ist es denn?" fragte der Kirchspieldiener.

"Ach Gott, ich muß immer ein bißerl davon hier haben, daß ich den lieben Kleinen eine kleine Herzstärkung geben kann, wenn ihnen nicht recht gut ist, Mr. Bumble," erwiderte Mrs. Mann, öffnete ein Schränkchen und holte eine Flasche und ein Glas her vor. "Es ist Genevre, ich will Ihnen nichts vormachen, Mr. Bumble, es ist nur Genevre."

"Geben Sie denn den Kindern Schnaps, Mrs. Mann?" fragte der Kirchspieldiener und verfolgte mit den Blicken den interessanten Prozeß der Mischung.

"O mein, ich tue's halt, so teuer es auch kommen mag," versetzte die Pflegefrau. "Sie wissen doch, ich könnt die armen Kleinen niemals nicht leiden sehen."

"Nein, nein," sagte Mr. Bumble zustimmend, "Sie können es nicht. Sie sind überhaupt eine sehr humane Frau" – dabei setzte sie das Glas vor ihn hin – "ich werde nicht versäumen, bei der nächsten besten Gelegenheit es den Vorständen gegenüber zur Sprache zu bringen, Mrs. Mann", (dabei zog er das Glas näher zu sich) "Sie fühlen wie eine Mutter", (dabei ergriff er das Glas) "ich trinke hiermit auf Ihre Gesundheit, Mrs. Mann" (dabei goß er das Glas zur Hälfte hinunter). "So und jetzt wollen wir vom Geschäft reden," sagte er und holte ein ledernes Taschenbuch hervor. "Der Knabe, der in der Waisentaufe den Namen Oliver Twist bekommen hat, wird heute neun Jahre alt."

"Gottes Segen über ihn," warf Mrs. Mann dazwischen und konnte nicht umhin, sich die Augen mit der Schürze zu trocknen.

"Trotz der ausgeschriebenen Belohnung von zehn Pfund, und später sogar von zwanzig Pfund, und trotz der geradezu übernatürlichen Anstrengungen des Kirchspiels," fuhr Mr. Bumble fort, "sind wir nicht imstande gewesen, seinen Vater zu eruieren oder in Erfahrung zu bringen, wie seine Mutter hieß, was sie war und woher sie stammte."

Mrs. Mann hob erstaunt die Hände gen Himmel, dachte einen Augenblick nach und fragte: "Wie kommt es denn dann, daß er überhaupt einen Namen hat?"

Der Kirchspieldiener warf sich in die Brust und antwortete: "Den hab ich erfunden."

"Sie, Mr. Bumble?"

"Jawohl, ich, Mrs. Mann. Wir benennen unsre Zöglinge immer nach dem Alphabet. Zuletzt hielten wir bei S – Swubble, so nannte ich das vorletzte Waisenkind, und der nächste war ein T – Twist; ich habe ebenfalls den Namen erfunden. Wenn wieder einer kommt, wird er Unwin heißen, und der Nächstfolgende Vilkins. Ich habe mir schon eine ganze Reihe von Namen ausgedacht, durchs ganze Alphabet hindurch; und wenn ich bei Z angekommen bin, fange ich beim A wieder an."

"Ja, ja, Sie sind halt fast ein Dichter," sagte Mrs. Mann.

"Nun, nun, mag sein," gab der Kirchspieldiener zu, durch dieses Kompliment sichtlich geschmeichelt; "mag sein, Mrs. Mann." Damit trank er sein Glas aus und setzte hinzu: "Oliver ist jetzt schon viel zu alt, um noch länger hier bleiben zu dürfen. Deshalb hat die Behörde beschlossen, ihn wieder zurück ins Arbeitshaus zu nehmen. Ich bin selber hergekommen, um ihn abzuholen. Wo steckt er?"

"Ich werde ihn sogleich holen," sagte Mrs. Mann und ging zur Türe.

Gleich darauf erschien sie wieder mit Oliver, der inzwischen gewaschen, gestriegelt und angekleidet worden war.

"Mach ein Buckerl vor dem Herrn, Oliver," sagte sie.

Oliver machte einen Kratzfuß, der zur Hälfte dem Kirchspieldiener und zur andern Hälfte dem Dreispitz auf dem Tische galt.

"Willst du mit mir gehen, Oliver?" fragte Mr. Bumble feierlichst.

Oliver wollte schon antworten, daß er jederzeit aufs bereitwilligste mit wem immer fortzugehen willens sei, blickte aber zufällig dabei Mrs. Mann an, die hinter den Stuhl des Kirchspieldieners getreten war und Oliver mit fürchterlicher Miene mit der Faust drohte. Er begriff sofort, denn er wußte nur zu gut, was diese Faust alles vermochte.

"Kommt sie auch mit?" fragte er schüchtern.

"Nein, sie kann nicht mitkommen," sagte Mr. Bumble, "aber sie wird dich schon zuweilen besuchen dürfen."

Das war gewiß kein besonderer Trost für Oliver, aber trotz seiner Jugend hatte er Grütze genug, sich zu stellen, als verließe er das Haus nur ungern, und überdies waren ihm die Tränen infolge des ewigen Hungerleidens und der erst vor kurzem erfahrenen Züchtigung näher als das Lachen. Wiederholt umarmte ihn Mrs. Mann und gab ihm, was er am meisten brauchte, nämlich ein großes Stück Butterbrot, damit er im Arbeitshaus nicht allzu hungrig ankäme. Damit war die Sache abgemacht. Mit dem Stück Brot in der Hand und seiner kleinen Waisenjungenkappe aus braunem Tuch auf dem Kopf, wurde er sogleich von Mr. Bumble aus dem fürchterlichen Heim geführt, wo niemals der Strahl eines freundlichen Blickes die Finsternis seiner ersten Kinderjahre erhellt hatte. Dennoch konnte er Tränen kindlichen Schmerzes nicht zurückdrängen, als sich das Gartentor hinter ihm schloß; verließ er doch seine Leidensgefährten, die einzigen Kameraden, die er je gekannt, und jetzt zum erstenmal, seit er wußte, was Erinnerung ist, wurde ihm das Gefühl gänzlicher Verlassenheit in der großen weiten Welt bewußt.

Mit schnellen Schritten eilte Mr. Bumble vorwärts, und der kleine Oliver klammerte sich an seine mit Goldborten besetzten Schöße, trottete neben ihm her und fragte, als sie kaum eine Viertelmeile hinter sich hatten, ob sie bald am Ziele wären. Auf diese öfters wiederholten Fragen gab Mr. Bumble jedesmal nur sehr kurze und brummige Antworten, denn die Milde, die der Genevre mit heißem Wasser gemischt in seinem Gemüt vielleicht erzeugt haben müßte, war längst verflogen, und er fühlte sich wieder Kirchspieldiener vom Scheitel bis zur Sohle.

Oliver war noch nicht eine Viertelstunde innerhalb der Mauern des Arbeitshauses und hatte kaum ein zweites Stückchen Brot verschlungen, als Mr. Bumble, der ihn der Obhut einer alten Frau inzwischen anvertraut, zurückkehrte und ihm erklärte, die Herren Vorstände hätten befohlen, er solle unverzüglich vor ihnen erscheinen.

Oliver, der keine besonders klare Vorstellung von dem hatte, was ein Vorstand alles sein kann, war von dieser überraschenden Mitteilung förmlich betäubt und wußte nicht, ob er lachen oder weinen sollte. Es blieb ihm jedoch keine Zeit über diesen Punkt ins reine zu kommen, denn Mr. Bumble versetzte ihm eins mit dem Stock über den Kopf, um seine Geisteskräfte zu erwecken, und eins über den Rücken, um ihn zur Eile anzuspornen. Dann befahl er, ihm zu folgen, und führte ihn in ein großes weißgetünchtes Zimmer, in dem acht oder zehn wohlbeleibte Herren um einen Tisch herumsaßen. Zu oberst in einem Armstuhl, der ein bißchen höher war als die übrigen, ein ganz besonders wohlbeleibter Herr mit einem kugelrunden roten Kopf.

"Mach' den Herrn Vorständen deine Verbeugung," befahl Mr. Bumble.

Oliver wischte sich die Tränen aus den Augen und, da er nicht recht begriff, wer von den Anwesenden die Herren Vorstände sein könnten, machte er instinktiv und aufs Geratewohl einen Kratzfuß.

"Wie heißt du, Junge?" fragte der Herr auf dem hohen Stuhl.

Oliver zitterte am ganzen Leib, denn der Anblick so vieler Gentlemen brachte ihn gänzlich außer Fassung. Mr. Bumble versuchte ihn durch eine kräftige Berührung mit seinem Kirchspieldienerstab zu belehren, und das hatte zur Folge, daß er wiederum anfing zu weinen. Er antwortete daher mit leiser und zaghafter Stimme, und das veranlaßte einen Herrn in einer weißen Weste auszurufen, er wäre ein dummer Junge – das beste Mittel, ihm Mut einzuflößen.

"Junge," begann der Herr in dem hohen Stuhl abermals, "höre jetzt, was ich dir zu sagen habe. Du weißt doch, daß du ein Waisenkind bist?"

"Was ist das, Sir?" fragte der unglückliche Oliver.

"Er ist wirklich ein dummer Junge, ich hab' mir's gleich gedacht," sagte der Herr mit der weißen Weste.

"Du weißt doch," nahm der erste Herr wieder das Wort, "daß du weder Vater noch Mutter hast und vom Kirchspiel erzogen wirst?"

"Ja," antwortete Oliver unter Tränen.

"Warum heulst du?" fragte der Herr mit der weißen Weste, denn es war doch höchst auffallend, daß Oliver weinte. Welchen Grund konnte er nur haben?

"Ich hoffe, du betest doch jeden Abend," fragte ein anderer Gentleman in barschem Ton, "und betest für die, die dir zu essen geben und für dich sorgen, so wie es einem Christenmenschen geziemt."

"Ja, Sir," hauchte Oliver. In Wirklichkeit hatte er jedoch nie gebetet, weil es ihn niemand gelehrt hatte.

"Man hat dich hierhergerufen," fuhr der Präsident fort, "um dich erziehen zu lassen, und damit du ein nützliches Handwerk lernst." – "Du wirst also morgen früh um sechs Uhr anfangen Werg zu zupfen," setzte der mürrische Gentleman mit der weißen Weste hinzu.

Zum Dank für die Ankündigung dieser beiden Wohltaten machte Oliver unter Nachhilfe des Kirchspieldieners einen tiefen Kratzfuß vor den "Herren Vorständen" und wurde dann in einen großen Saal gesteckt, wo er sich auf einem harten rauhen Bett in den Schlaf weinen durfte.

Der arme Oliver ahnte nicht, wie er so dalag und schlief, daß die Herren Vorstände noch am selben Tage zu einem Entschluß gelangten, der von größtem Einfluß auf sein künftiges Geschick sein sollte.

Die Herren Vorstandsmitglieder waren äußerst kluge Männer von tiefer philosophischer Einsicht, und kaum hatten sie ihre Tätigkeit dem Arbeitshause und was damit zusammenhing zugewendet, so fanden sie auch sofort heraus, was ein gewöhnlicher Sterblicher kaum jemals entdeckt hätte, nämlich: daß es darin den Armen ganz über Gebühr gut gehe. Als wäre das Arbeitshaus nichts als ein öffentliches Vergnügungslokal für die ärmeren Klassen, eine Kneipe, in der man nichts zu bezahlen brauche, ein Ort, an dem man auf Kosten der Gemeinde Frühstück, Mittagessen, Tee und Abendbrot einnehmen könne – ein Elysium aus Ziegelsteinen und Mörtel, in dem gescherzt und gespielt, in Wirklichkeit aber nicht gearbeitet würde. Wir sind die richtigen Männer, um hier Ordnung zu schaffen, sagte sich die Vorstandschaft. Und so ordneten sie denn an, daß alle armen Leute die Wahl haben sollten – von Zwang könne natürlich keine Rede sein –, entweder langsam und nach und nach im Arbeitshaus zu verhungern, oder schnell und plötzlich außerhalb. Von diesem Gesichtspunkte aus schlossen sie mit den Wasserwerken einen Vertrag über Lieferung einer unbegrenzten Menge Trinkwassers und mit einem Getreidehändler einen ebensolchen, was die jeweilige Lieferung von kleinen Quantitäten Hafermehl anbelangte, und gaben täglich drei Portionen Haferschleim aus und außerdem zweimal wöchentlich eine Zwiebel dazu pro Mahlzeit und Sonntags eine halbe Semmel.

Im ersten Halbjahr nach Olivers Ankunft war das System bereits in vollem Gange. Der Raum, in dem die Knaben ihr Essen bekamen, war eine Art Küche, und der Koch, von ein paar Frauenzimmern unterstützt, teilte ihnen aus einem Kupferkessel ihre drei Portionen Hafer zu – einen Napf voll und nicht mehr, ausgenommen, wie gesagt, die Sonn- und Feiertage, wo ein nicht allzu großes Stückchen Brot dazukam. Die Näpfe auszuwaschen war überflüssig, da die Jungen mit ihren Löffeln sowieso so lange darin herumkratzten, bis alles wieder glänzend war. Und wenn sie mit ihrer Tätigkeit fertig waren, was nie allzulange Zeit in Anspruch nahm, da die Löffel beinahe so groß waren wie die Näpfe selber, – saßen sie da und starrten auf den Kupferkessel mit so gierigen Augen, als ob sie am liebsten sogar die Ziegelsteine, aus denen der Herd aufgebaut war, verschlungen hätten, und saugten dabei an ihren Fingern in der Hoffnung, dort vielleicht noch irgendwo ein verirrtes Tröpfchen Haferschleim aufzulecken. Kinder pflegen nämlich einen vortrefflichen Appetit zu haben.

Drei Monate lang hatten Oliver und seine Kameraden die Qualen langsamen Hungertodes durchgemacht und waren kaum mehr imstande, diesen Zustand länger zu ertragen. Ein für sein Alter sehr großer Junge, dessen Vater Koch gewesen war, gab eines Tages sei nen Gefährten zu verstehen, wenn er nicht bald eine Schüssel Haferschleim pro Tag mehr bekomme, so würde er sich nicht helfen können und müsse höchst wahrscheinlich eines Nachts seinen Schlafnachbar auffressen. Dieser Vielfraß hatte ein wildes hungriges Auge, und seine Reden riefen große Angst unter seinen Kameraden hervor. So beratschlagten sie untereinander, und es wurde gelost, wer von ihnen nach dem Abendessen zum Speisemeister gehen und noch um einen Napf bitten solle. Das Los fiel auf Oliver.

Der Abend kam, und die Jungen nahmen ihre Plätze ein. Der Speisemeister stellte sich in seiner weißen Kochschürze an den Kessel, der Haferbrei wurde ausgeteilt und ein langes Tischgebet gesprochen. Als die Mahlzeit vorüber war, flüsterten die Jungen untereinander, gaben Oliver Winke, und die ihm Zunächstsitzenden stießen ihn mit den Ellbogen an. Der Hunger machte ihn alle Rücksichten vergessen. Er stand auf, trat mit Napf und Löffel vor den Koch hin und sagte mit bebender Stimme:

"Ich bitte um Verzeihung, Sir, ich möchte noch um ein wenig bitten."

Der Koch, ein feister rotbackiger Mann, wurde blaß wie der Kalk an der Wand. In maßlosem Staunen starrte er einige Sekunden den kleinen Rebellen an und mußte sich am Kessel festhalten, um nicht umzufallen. Die beiden Frauenzimmer waren geradezu gelähmt vor Entsetzen, und auch die Jungen konnten vor Furcht kein Wort hervorbringen.

"Was?" fragte der Koch endlich mit schwacher Stimme.

"Ich bitte, Herr," wiederholte Oliver, "ich möchte noch etwas haben."

Der Koch gab ihm eins mit dem Löffel über den Kopf, faßte ihn dann am Arm und schrie laut nach dem Kirchspieldiener.

Die Herren Vorstände saßen gerade zusammen bei einer Beratung, als Mr. Bumble in höchster Erregung ins Zimmer stürzte und dem Herren auf dem hohen Stuhl meldete:

"Mr. Limbkins, ich bitte um Verzeihung, Sir, Oliver Twist hat mehr zu essen verlangt."

Alles fuhr auf. Entsetzen malte sich auf allen Gesichtern.

"Mehr?" rief Mr. Limbkins. "Kommen Sie zu sich, Bumble! Antworten Sie mir klar und deutlich. Verstehe ich recht? Er hat mehr gefordert als die ihm von der Vorstandschaft festgesetzte Ration?"

"Jawohl, Sir."

"Der Bursche kommt noch an den Galgen," ächzte der Gentleman mit der weißen Weste. "Denken Sie an mich, der Bursche kommt noch an den Galgen."

Niemand widersprach, und es entspann sich eine lebhafte Diskussion. Auf Befehl der Vorstandschaft wurde Oliver augenblicklich eingesperrt, und am nächsten Morgen hing ein Anschlagzettel an der Außenseite des Tores des Arbeitshauses, auf dem eine Belohnung von fünf Pfund ausgesetzt war für jeden, der die Gemeinde der weiteren Fürsorge für Oliver Twist enthöbe; mit anderen Worten: es wurden fünf Pfund jedermann angeboten, der Oliver Twist als Lehrling oder Laufburschen zu sich nähme.

"In meinem ganzen Leben war ich noch von nichts so fest überzeugt," sagte der Gentleman mit der weißen Weste, als er am nächsten Morgen an das Tor klopfte und den Zettel las, "wie ich jetzt davon überzeugt bin, daß der Bursche noch einmal an den Galgen kommen wird."

Kapitel 3



Berichtet, wie Oliver Twist beinahe eine Anstellung bekommen hätte, die nichts weniger als eine Sinekure gewesen wäre


Eine Woche lang blieb Oliver nach seiner Missetat in dem finstern Raum, in den ihn die Herren Vorstände hatten sperren lassen, in Haft. Hätte er den gehörigen Respekt vor der Prophezeiung des Gentlemans mit der weißen Weste gehabt, würde er sich zweifellos vermittels eines Taschentuches an einem Haken in der Mauer aufgehängt haben. Aber dazu fehlte ihm vor allem ein Taschentuch – ein solcher Luxus war strenge verpönt –, und zweitens war er noch zu sehr Kind. Er weinte daher nur Tag und Nacht und bedeckte sich mit seinen kleinen Händen die Augen, um nicht in die Finsternis starren zu müssen, oder er kroch in einen Winkel und versuchte zu schlafen. Aber jedesmal fuhr er wieder vor Angst und Entsetzen aus seinem unruhigen Schlummer auf und drückte sich noch dichter an die Mauer, als böte ihm selbst ihre harte kalte Fläche noch ein wenig Schutz gegen die Finsternis und Einsamkeit, die ihn rings umgab.

Um gerecht zu sein, dürfen wir nicht verschweigen, daß es ihm andererseits an Bewegung und geistlichem Zuspruch nicht fehlte. Was die Leibesübungen betraf, wurde ihm angesichts des kalten Wetters, das gerade herrschte, die Vergünstigung zuteil, sich jeden Morgen unter der Pumpe in einem gepflasterten Hof waschen zu dürfen, und zwar in Gegenwart Mr. Bumbles, der durch wiederholte Anwendung seines Amtstabes eventuellen Erkältungen vorbeugte und bewirkte, daß von Zeit zu Zeit ein prickelndes Gefühl Olivers Körper durchdrang. Was die Anregung anbelangte, wurde er jeden zweiten Tag in den Saal geführt, wo die Zöglinge ihr Mittagessen verzehrten, und vor ihren Augen als warnendes Beispiel öffentlich ausgepeitscht. Hinsichtlich religiösen Zuspruchs wurde er Abend für Abend zur Gebetstunde mit Fußtritten in denselben Raum befördert und durfte dort zuhören, wie die anderen beteten, daß Gott sie bewahren möge, so sündhaft zu werden wie ein gewisser Oliver Twist. So standen die Sachen.

Da begab es sich eines Morgens, daß der Schornsteinfegermeister Mr. Gamfield auf der Landstraße langsam seines Weges zog. Tief in Gedanken, woher er sich seine Hausmiete, derentwegen er bereits wiederholte Male gemahnt worden, sich beschaffen solle. So sehr sich Mr. Gamfield auch den Kopf zerbrach, immer wieder war das Resultat, daß ihm fünf Pfund fehlten, um die dringende Schuld begleichen zu können. In diesem Augenblick bemerkte er den Zettel, der am Tor des Arbeitshauses hing.

"Höhhh – brrr" – rief Mr. Gamfield seinem Esel zu.

Der Esel war jedoch ebenso wie sein Herr tief in Gedanken versunken und wahrscheinlich mit der Berechnung beschäftigt, ob er einen oder zwei Kohlstrünke bekommen würde, wenn er die beiden Säcke Ruß, mit denen der Karren beladen war, an Ort und Stelle gebracht haben würde, und so trottete er daher, den Zuruf seines Herrn mißachtend, weiter.

Mr. Gamfield widmete ihm einen schweren Fluch, rannte hinter ihm her und gab ihm einen Schlag auf den Schädel, wie ihn eben nur ein Eselskopf auszuhalten vermag, führte ihn dann durch einen heftigen Riß am Zügel, der ihm fast den Unterkiefer ausrenkte, zu Gemüt, daß hier niemand andres zu befehlen habe als Mr. Gamfield, und gab ihm schließlich einen zweiten Hieb auf den Kopf zum Zweck, um ihn bis zu seiner Rückkehr in der nötigen Betäubung zu erhalten. Nachdem er diese Vorsichtsmaßregeln getroffen, schritt er auf das Tor zu, um den Anschlagzettel zu lesen. Der Gentleman mit der weißen Weste stand gerade, die Hände auf dem Rücken, vor dem Tor. Er hatte das Zerwürfnis und seine Folgen zwischen Mr. Gamfield und dem Esel beobachtet und lächelte höchst vergnügt, als der Mann nähertrat, um den Zettel zu lesen. Auf den ersten Blick erkannte er, daß Mr. Gamfield der richtige Gebieter für Oliver Twist war. Auch Mr. Gamfield lächelte, als er den Anschlag las, denn fünf Pfund waren gerade die Summe, die er brauchte. Was den Lehrburschen anbetraf, so war Mr. Gamfield hinsichtlich der Beköstigung im Arbeitshaus zu genau unterrichtet, um nicht sofort einzusehen, daß ein Waisenzögling die entsprechend schmächtige Statur haben müsse, die ein Schornsteinfegerjunge braucht. Er buchstabierte den Zettel noch einmal von A bis Z durch, berührte den Rand seiner Pelzmütze und wandte sich an den Gentleman mit der weißen Weste.

"Ist da der Lehrbub herinnen, den wo das Arbeitshaus abzugeben hat?" begann er.

"Wünschen Sie etwas von ihm?" forschte der Gentleman mit der weißen Weste.

"Wenn's der Gemeinde recht wär, daß er a leichts angenehms Handwerk lernt, dös Schornsteinfegerhandwerk nämlich, so brauchet i' gerad an Lehrling und könnt ihn glei' mitnehmen."

"Treten Sie näher," rief der Gentleman mit der weißen Weste.

Mr. Gamfield lief zuvörderst noch einmal zurück, um dem Esel einen dritten Schlag auf den Kopf zu geben und ihn am Zügel zu reißen, auf daß er es sich nicht beifallen ließe, in der Abwesenheit seines Herrn durchzugehen. Dann folgte er dem Gentleman mit der weißen Weste in das Zimmer, das Oliver zum erstenmal betreten hatte.

"Es ist ein etwas schmutziges Handwerk," sagte Mr. Limbkins, als Mr. Gamfield seinen Wunsch noch einmal wiederholt hatte.

"Es soll schon hie und da ein Junge im Schornstein erstickt sein," wendete ein anderer Gentleman ein.

"Jetzt dös kummt bloß daderher," erklärte Mr. Gamfield, "weil 's a so üblich is, nasses Stroh im Kamin anzuzünden, damit die Buabn runterkommen. Dös gibt mehr Rauch als wie a Flamm. Aber i halt nix von der Method; der Rauch macht nur, daß die Buabn alleweil einschlafen. I zünd lieber glei a frischs Feuer an; dös is des beste Mittel, um ihna auf die Bein zu helfen. Da müassens arbeiten aus Leibeskräften, sunst verbrennens iahna die Haxen."

Dem Gentleman in der weißen Weste schien diese Schilderung großes Vergnügen zu bereiten, aber seine Heiterkeit wurde durch den strafenden Blick, den ihm Mr. Limbkins zuwarf, im Keim erstickt. Ein paar Minuten berieten die Herren Vorstände miteinander, jedoch in so leisem Ton, daß nur hin und wieder ein paar Worte wie: "Ersparnis" oder "guter Eindruck bei der Abrechnung" hörbar wurden. Endlich stockte die im Flüsterton geführte Unterhaltung und Mr. Limbkins begann, nachdem die Herren mit feierlicher Miene ihre Plätze wieder eingenommen hatten:

"Wir haben Ihren Vorschlag in Erwägung gezogen, können aber nicht darauf eingehen."

"Unter keinen Umständen," bekräftigte der Herr in der weißen Weste.

"Nein, unter keinen Umständen," erklärten die übrigen Herren Vorstände.

Mr. Gamfield war sich bewußt, daß er bei Gericht in Verdacht stand, drei oder vier Lehrjungen im Kamin fahrlässigerweise haben ersticken lassen, und kam daher auf die Vermutung, das Vorstandskollegium könne möglicherweise in ganz unbegreiflicher Laune ein Haar in der Suppe gefunden haben. Da er das alberne Gerücht nicht weiter breitgetreten zu sehen wünschte, drehte er nur wortlos seine Mütze in den Händen und ging langsam zur Türe.

"Sie wolln ihn also net bei mir eintreten lassen?" fragte er, die Hand auf der Klinke.

"Nein," erwiderte Mr. Limbkins fest. "Zum mindesten müßten Sie mit einer geringeren als der ausgesetzten Summe zufrieden sein, da das Schornsteinfegergewerbe denn doch ein bißchen schmutzig ist."

Mr. Gamfields Gesicht hellte sich auf. Schnell trat er wieder an den Tisch heran und fragte:

"Also, was wollens denn geben, meine Herrn? Seins doch net so hart gegen an armen Gewerbtreibenden."

"Ich sollte meinen, drei Pfund zehn Schilling wären mehr als genug," gab Mr. Limbkins zur Antwort.

"Da sind noch zehn Schillinge zu viel," warf der Gentleman in der weißen Weste hin.

"Na also," versetzte Mr. Gamfield, "sagen mer also vier Pfund, meine Herren, und Sie sin ihm los und die Sach is in Ordnung."

"Drei Pfund zehn Schillinge," wiederholte Mr. Limbkins fest.

"Kommen S', teiln mer die Differenz, meine Herrn," drängte Mr. Gamfield. "Drei Pfund fünfzehn Schillinge."

"Nicht einen Penny mehr," war die Antwort.

"Sie sin verdammt hart zu mir, meine Herrn," sagte Gamfield niedergeschlagen.

"Ach was, Unsinn," erwiderte der Herr in der weißen Weste. "Sie machen noch ein gutes Geschäft, auch wenn Sie gar kein Geld für ihn bekämen. Seien Sie nicht dumm und nehmen Sie ihn, er ist gerade der Junge, den Sie brauchen. Geben Sie ihm hie und da den Stock zu kosten, das wird ihm nur gut tun; und die Erhaltung wird sich auch nicht sehr teuer stellen. Er ist hier nicht besonders verwöhnt worden – hahaha!"