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Nr. 1435

 

Im Halo der Galaxis

 

Die Blockadebrecher in Not – Computerviren schlagen zu

 

von Clark Darlton

 

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Die Galaktiker, die aus Tarkan zurückkehrten, haben sich aufgrund der Effekte eines Stasisfelds bei ihrer Heimreise um fast sieben Jahrhunderte verspätet. Doch schwerer noch als der Umstand, dass man ins Jahr 1143 NGZ zurückkehrt, statt ins Jahr 448, wiegt die Tatsache, dass die Menschheitsgalaxis vom Rest des Universums durch eine Barriere total abgeschottet ist.

Viele Raumfahrer, die im Lauf der Zeit diese Barriere zu überwinden versuchten, sind daran kläglich gescheitert – und unseren Tarkan-Rückkehrern ergeht es im Grunde nicht anders. Perry Rhodan und Co. haben jedoch nach ihrer Begegnung mit Roi Dantons Freihändlern, der Gefangennahme eines Cantaro und der Beschäftigung mit dem von Waringer entwickelten Pulswandler allen Grund dazu, den sogenannten Chronopuls-Wall, der sie von der Heimat trennt, erneut anzugehen.

Im Februar 1144 NGZ startet schließlich das Unternehmen. Die CIMARRON und die BLUEJAY fliegen los, um mit Hilfe des von Geoffry Waringer entwickelten Pulswandlers die Barriere zu durchstoßen und in die Milchstraße einzudringen.

Anfänglich ist der wagemutige Vorstoß von Erfolg begleitet doch bald geraten die Blockadebrecher in Not – und ein Drama spielt sich ab IM HALO DER GALAXIS ...

Die Hauptpersonen des Romans

 

 

Perry Rhodan – Sein Durchbruch wird zum Debakel.

Daarshol – Der Cantaro erweist sich erneut als listenreich.

Gucky – Der Ilt gründet das »Triumvirat der Kleinen«.

Beodu und Salaam Siin – Guckys Freunde.

Ian Longwyn – Erster Pilot der CIMARRON.

1.

 

Der erste Versuch Perry Rhodans, den Chronopuls-Wall, der die Milchstraße vom übrigen Universum abschirmte, zu durchbrechen, konnte getrost als Teilerfolg bezeichnet werden. Aber die Enttäuschung war groß genug, einen gewissen Pessimismus aufkommen zu lassen, der jedoch nicht von jedermann geteilt wurde.

Dem von Geoffry Waringer entwickelten Pulswandler war es zwar gelungen, drei von der CIMARRON ausgeschleuste Erkundungssonden den Weg durch den Wall zu ermöglichen, jedoch war eine der Sonden, nachdem sie fünfzig Lichtjahre jenseits der Sperre zurückgelegt hatte, ohne ersichtlichen Grund explodiert und zerstört worden. Der Chronopuls-Wall war demnach zu überwinden, aber jenseits der Wahnsinnssperre lauerte erneut ein Hindernis.

War es ein zweiter, noch nicht identifizierter Wall?

Perry Rhodan war fest entschlossen, eine Antwort auf diese entscheidende Frage zu finden. Es gab an Bord der CIMARRON niemanden, der das bezweifelt hätte.

Rhodan hatte zur letzten Lagebesprechung gebeten.

Es war der 11. Februar 1144 NGZ.

 

*

 

»Es könnte ein Fehler sein«, sagte Rhodan mit Nachdruck, »jetzt länger zu warten. Die Vernichtung unserer Sonde ist wahrscheinlich von jenen, die den Wall installierten, registriert worden. Je weniger Zeit wir ihnen zu Gegenmaßnahmen lassen, desto besser für uns. Auch bin ich dafür, das geplante Unternehmen ohne große Eskorte durchzuführen. Lediglich die BLUEJAY wird uns begleiten.«

»Will ich auch meinen«, murmelte Pedrass Foch, der rehabilitierte Drakist, im Hintergrund.

Rhodan sah kurz in seine Richtung, ehe er fortfuhr: »Die CIMARRON wird gemeinsam mit der BLUEJAY den Chronopuls-Wall durchbrechen. Beide Schiffe bleiben ständig in Kontakt und entfernen sich niemals außer Sichtweite – und das meine ich optisch. Du, Pedrass, wirst als Vertreter der Organisation Drake an Bord der CIMARRON sein, ebenso unser Gefangener, der Cantaro Daarshol. Könnte sein, dass er uns ungewollt wertvolle Tipps gibt.«

»Oder das Gegenteil«, sagte Ian Longwyn, Erster Pilot, laut genug, um nicht überhört werden zu können.

»Er wird ständig überwacht werden«, hielt Rhodan ihm entgegen, aber es klang nicht sehr überzeugend. Alle wussten, wie gefährlich der Cantaro sein konnte. »Ich rechne jedoch damit, dass sein Verlangen, zur Milchstraße zurückzukehren, echt ist und er daher keinen Versuch unternehmen wird, das geplante Unternehmen zu gefährden. Sato Ambush ist für den Pulswandler verantwortlich. Hat noch jemand eine Frage?«

»Wann starten wir?«

Das war Ian Longwyn, heute ganz in Grün gekleidet.

»In drei Stunden.«

»Ich habe eine Bitte«, ertönte eine helle Stimme aus der Ecke des Raumes. Dort saß Gucky mit überschlagenen Beinen auf dem Boden. »Nur eine bescheidene Bitte«, fügte er hinzu.

Rhodan blieb ernst, als er nickte.

»Wird wohl nicht so schlimm sein«, hoffte er.

Der Mausbiber erhob sich und kam nach vorn geschlendert.

»Es geht um Salaam Siin, Rhodan. Er äußerte schon dir gegenüber den Wunsch, diesmal dabei sein zu dürfen, aber du hast abgelehnt. Ich möchte seinen Wunsch hiermit noch einmal wiederholen. Nehmen wir ihn doch mit.«

Rhodan wartete eine Sekunde, ehe er den Kopf schüttelte.

»Tut mir leid, aber mein Entschluss steht fest. Der Ophaler ist noch zu schwach nach der schweren Verletzung, die er auf Oppakh erlitten hat. Vor uns liegt eine gefährliche Aufgabe, da wird jede Hand gebraucht.«

»Der Doc, Sedge Midmays, hat sich um ihn gekümmert. Siin ist so gut wie gesund.«

»Kann er denn schon wieder singen?«

»Das nicht gerade«, wand sich Gucky verlegen. »Aber wozu auch singen? Noch mal: Lass ihn mitkommen.«

»Nein!« Das klang kategorisch. »Ich habe meine Gründe, abgesehen davon, dass sich Siin noch schonen muss. Sieht er das nicht ein?«

»Ist ja schließlich sein Membrankranz, der gelitten hat. Und er muss am besten wissen, was er sich zumuten kann. Außerdem ist es nie gut, wenn ein Genesender zu lange im Bett bleibt.«

»Ich werde mir das für den Fall merken, wenn du krank sein solltest«, deutete Rhodan ironisch an. »Vergiss also den Ophaler im Augenblick und sei froh, dass du dabei bist.«

Gucky erweckte den Anschein völliger Niedergeschlagenheit, als er auf seinen Platz in der Ecke zurückwatschelte und sich dort niederließ.

Niemand hatte bemerkt, dass es in seinen Augenwinkeln verräterisch funkelte. Schon deshalb nicht, weil Rhodan erneut das Wort ergriff, um letzte Anweisungen zu geben.

 

*

 

Das mit Salaam Siin war eine kleine Story für sich.

Dass Gucky sich mit dem ebenso großen – oder kleinen – Beodu angefreundet hatte, war kein Geheimnis. Wann immer es möglich war, steckten die beiden zusammen. Nicht mehr lange, und sie würden als unzertrennlich gelten. Der Rüssel Beodus störte den Mausbiber längst nicht mehr, und seine entsprechenden Bemerkungen störten keinen, am allerwenigsten Beodu selbst.

Die beiden Freunde leisteten Salaam Siin in der Krankenstation oft und gern Gesellschaft. Mehr als einmal musste Midmays sie mit sanfter Gewalt aus dem Krankenzimmer hinauswerfen.

Später wurde Siin in ein kleines Sanatorium auf Phönix verlegt, aber der Bordarzt der CIMARRON pflegte und beobachtete ihn auch dort weiter. Und natürlich hörten auch die Besuche der beiden Freunde Gucky und Beodu nicht auf.

Salaam Siin, ehemals gefeierter Singlehrer von Mardakaan, war knapp anderthalb Meter groß und überragte damit Beodu und Gucky um ein gutes Stück. Immerhin war er kleiner als die Terraner, was den Beginn der Dreierfreundschaft nur begünstigte.

In einer von Beodu angeregten »Feierstunde« beschlossen die drei so unterschiedlichen Freunde, einen Bund fürs Leben zu schließen, wie der Mausbiber es ausdrückte. Schließlich, so betonte er, müsse man zusammenhalten, um sich gegen Terraner und andere größere Intelligenzen behaupten zu können. In aller Loyalität, selbstverständlich.

Und so gründeten sie das »Triumvirat der Kleinen«.

 

*

 

Noch während Rhodan die abschließenden Worte sprach, teleportierte Gucky aus dem Schiff. Ein zweiter Sprung brachte ihn in das Sanatorium, in das man Salaam Siin gelegt hatte. Er hoffte, dass niemand sein plötzliches Verschwinden bemerkte, und wenn es doch einer registrierte, dass er sich nichts dabei dachte.

Beodu, der nicht an der Besprechung teilgenommen hatte, war bereits in dem lichtdurchfluteten Krankenzimmer bei dem Patienten.

Als der Mausbiber erschien, richtete Siin sich im Bett auf.

»Nun? Was hat er gesagt?«

»Ja«, schloss sich Beodu an. »Was hat er gesagt?«

Gucky schnaufte, als hätte er einen Baumstamm eine Meile weit geschleppt. Mit einem erstaunlichen elastischen Satz nahm er auf der Bettkante Platz, ehe er den Kopf schüttelte.

»Nein, hat er gesagt«, gab er lakonisch Auskunft.

Salaam Siin sank in die Kissen zurück.

»O nein!«, krächzte er enttäuscht und verlor Farbe. »Das kann er mir doch nicht antun! Ich bin gesund – oder wenigstens fast. Ich fühle mich wohl, ehrlich! Und da soll ich nicht dabei sein, wenn wir in die Milchstraße fliegen?«

Gucky legte ihm die Pfote auf die Brust.

»Er meint es nicht böse, Salaam, glaube mir, aber ich habe alles getan, um ihn zu überzeugen, dass deine Teilnahme an der Expedition deinem Gesundheitsprozess nur dienlich sein kann. Es war leider umsonst. Er war so stur wie ein Mehlsack.«

»Soll ich es mal versuchen?«, erbot sich Beodu.

Gucky winkte entschieden ab.

»Wenn ich es nicht geschafft habe, dann kannst du auf den Knien herumrutschen, ohne etwas zu erreichen. Ich fürchte, wir werden uns etwas anderes einfallen lassen müssen.«

Salaam Siin fuhr aus den Kissen hoch, als hätte ihn etwas ins Hinterteil gebissen.

»Etwas einfallen ...? Ja, genau, aber was?«

»Ich denke nach«, winkte der Mausbiber ab und schloss die Augen.

Die beiden starrten ihn fast ehrfürchtig an, wie er dachte. Er würde Freund Siin nicht im Stich lassen, das wussten sie, wenn sie auch nicht die geringste Ahnung hatten, woran Gucky dachte.

Wie sollte Rhodan umgestimmt werden?

Stur wie ein Mehlsack, überlegte Beodu bei sich. Wenn ich bloß wüsste, wie stur ein Mehlsack sein kann. Was ist überhaupt ein Mehlsack?

Als der Mausbiber die Augen wieder öffnete, sahen sie ihn erwartungsvoll an. Sie wagten kaum zu atmen.

»Ich hab's!«, verkündete der Ilt mit unverhohlener Genugtuung.

Seine Augen strahlten unmissverständlich den festen Willen zu einem Komplott, zu einer richtigen Verschwörung aus.

Er fixierte seine beiden Freunde mit einem Blick, als wolle er sie hypnotisieren.

»Was hast du?«, erkundigte sich Beodu, der es vor Aufregung und Spannung kaum noch aushielt. Er rutschte auf seinem Stuhl unruhig hin und her. »Nun rede endlich!«

»Ja, rede!«, schloss sich auch Salaam Siin der Bitte an. Er sprach ohne melodiöses Beiwerk, weil die noch nicht völlig verheilte Verletzung ihn daran hinderte. »Hast du wirklich eine Idee, wie Rhodan umzustimmen wäre?«

»Nicht direkt«, gab Gucky unumwunden zu, aber seine Augen funkelten noch immer triumphierend. »Wir sind doch eine verschworene Gemeinschaft, oder nicht?« Als die beiden eifrig bejahten, fuhr er fort: »Na also! Dann dürfen wir uns ja einig sein. Wir werden Perry nämlich überhaupt nicht fragen, ob Salaam an der Expedition teilnehmen darf oder nicht. Wir werden ...«

Salaam Siin fuhr abermals aus den Kissen hoch.

»Was sagst du da? Ihn nicht fragen? Wie soll ich dann mitkommen dürfen?«

»Von dürfen hat niemand etwas verlauten lassen«, drückte Gucky sich äußerst vornehm aus. »Es wird keiner gefragt. Du kommst einfach mit, und damit hat es sich. Du bist einverstanden, Beodu?«

»Ich ... ich ...«

»Danke, das genügt«, gab sich der Ilt zufrieden, und an Siin gerichtet, vergewisserte er sich: »Du natürlich auch, Salaam?«

Der Ophaler wirkte leicht angeschlagen. Er hatte die Überraschung wohl noch nicht völlig überwunden. Ein heiseres Krächzen war alles, was Siin hervorbrachte.

»Ausgezeichnet!«, legte der Ilt das als Zustimmung aus. »Dann ist ja alles klar. Ich werde Salaam heimlich an Bord der CIMARRON bringen und ihn dort verstecken. Sind wir erst einmal unterwegs, kann niemand ihn zurückschicken. Womit auch?«

Beodu fand seine Sprache wieder.

»Und wenn er entdeckt wird, Gucky? Was dann? Rhodan wird wütend sein, auf uns alle drei. Schließlich handelt es sich um ein sehr wichtiges Experiment.«

»Genau, Beodu! Und eben deshalb dürfen wir nicht fehlen. Was soll denn der ganze Zirkus ohne uns? Außerdem habe ich Sehnsucht nach der guten, alten Milchstraße.«

»Aber, aber ...«, japste Salaam Siin und verfärbte sich.

»Kein Aber!«, befahl der Ilt und warf einen Blick auf die Wanduhr. »Wir haben noch knapp zwei Stunden. Ich begebe mich zurück auf die CIMARRON und sondiere die Lage. Du kommst besser mit, Beodu. Wir müssen uns noch um ein Versteck für Salaam umsehen.«

Dieser schien sich von seiner ersten Überraschung erholt zu haben.

»Wenn das nur gut geht, Gucky. Ich habe mehr Angst um dich als um mich, wenn Rhodan dahinterkommt.«

»Keine Sorge«, winkte der Mausbiber ab. »Was glaubst du, wie viele Anpfiffe ich schon hinter mir habe? So eine große Zahl, um das auszudrücken, gibt es überhaupt nicht. Bleib ruhig liegen. Ich hole dich dann ab, wenn alles klar ist. Bis man dich hier vermisst, sind wir schon ein paar Lichtjahre entfernt.«

Siin sank in die Kissen zurück und schloss die Augen.

Nun sah er wirklich richtig krank aus.

Gucky nahm Beodus Rüssel in die Pfote.

»Der ist ungemein praktisch beim Teleportieren«, verriet er dem Verdutzten und peilte das Ziel an. »Und noch etwas: Mach nicht einen so schuldbewussten Eindruck! Dir sieht man ja das schlechte Gewissen an der Schnorchelspitze an. Dabei hängt alles von dir ab, denn du kannst dich an Bord unauffällig bewegen, ich kaum. Und Salaam schon gar nicht.« Sie hörten noch das erleichtert klingende Aufstöhnen des Ophalers, ehe sie entmaterialisierten.

 

*

 

Die letzten Vorbereitungen zum Start liefen reibungslos.

Der Pulswandler, Waringers Vermächtnis, wurde von Sato Ambush und seinen Helfern einer letzten Überprüfung unterzogen. Das Gerät besaß eine Länge von drei Metern, eine Höhe von einem und eine Tiefe von eins Komma zwei Metern. Man hatte es in einem unbenutzten Raum nahe dem Kontrollraum untergebracht. Seine Energie bezog der Pulswandler aus den Gravitrafspeichern der CIMARRON.

Start in einer Stunde.

Rhodan unternahm noch einen letzten Rundgang und überzeugte sich davon, dass alles in bester Ordnung war. Ian Longwyn begleitete ihn.

»Eigentlich kann nichts schiefgehen, Ian. Wir werden nicht an derselben Stelle durchdringen, an der wir die Soden losschicken. Danach allerdings ist Vorsicht geboten, wenn es uns nicht so ergehen soll wie der explodierten Sonde. Dieses zweite Hindernis bereitet mir einiges Kopfzerbrechen.«

»Es muss etwas anderes als der Chronopuls-Wall sein«, meinte Longwyn.

»Aber was? Warum explodierte die Sonde?«

»Da kann man nur spekulieren. Dieses Hindernis bereitet mir natürlich auch eine Menge Kopfzerbrechen.«

»Wir werden vorsichtig sein müssen. Aber unser erstes Ziel ist, den Wall selbst zu durchbrechen. Dann sehen wir weiter«, beendete Rhodan das Gespräch.

Kurz suchten sie noch Sato Ambush auf, der mit seinem Team eine letzte Überprüfung des von Waringer entwickelten Geräts vornahm.

»Alles klar?«, erkundigte sich Rhodan und deutete auf den fest montierten Pulswandler.

»Ich denke schon, Perry. An uns jedenfalls soll es nicht liegen. Nur eins beunruhigt mich noch immer.«

Rhodan sah ihn fragend an.

»Und das wäre?«

»Daarshol!«

Rhodan zog die Augenbrauen hoch.

»Der gefangene Cantaro? Er wird ständig bewacht. Außerdem scheint sein Widerstandswille gebrochen zu sein nach seinem letzten Fluchtversuch. Was kann er schon anrichten?«